L 14 AL 195/00

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 60 AL 1556/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 195/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juli 2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März kn. 1999 dahin geändert, dass eine Sperrzeit nur vom 1. bis 21. Januar 1999 eingetreten ist und sich die Dauer des Anspruchs der Klägerin auf Arbeitslosengeld um 21 Tage mindert; die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 22. Januar bis 4. Juni 1999 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin sechs Siebtel der ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe und dessen Auswirkungen auf die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Die 1962 geborene Klägerin war vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1991 bei einer Bank in F) und ab dem 1. Januar 1992 bei der G e.G. („Bank“) in B als Bankangestellte“ beschäftigt, zuletzt im Empfang des Beratungszentrums. Eine Banklehre oder eine andere einschlägige Berufsausbildung hat die Klägerin nicht abgeschlossen. Im Juli oder August 1998 teilte der Leiter des Bereiches Personal der Bank ihr mit, dass im Zusammenhang mit bzw. auf Grund der Verschmelzung zweier weiterer Banken mit der Bank ihr Arbeitsplatz wegfallen werde und ein anderer für sie geeigneter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe, und bot ihr die Aufhebung des Arbeitsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung an; sollte die Klägerin dazu nicht bereit sein, werde ihr Arbeitsverhältnis gekündigt werden.

Die Klägerin sprach danach mit dem Betriebsrat, der für sie keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit sah.

Ebenfalls im Juli/August 1998 schloss der bei der Bank gebildete Gesamtbetriebsrat mit der Bank eine „Betriebsvereinbarung als Interessenausgleich und Sozialplan“, die u.a. den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31. Dezember 1999 vorsah.

Am 27. August 1998 schlossen die Klägerin und die Bank einen Aufhebungsvertrag, „um eine wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes betriebsbedingte Kündigung im Zusammenhang mit der Fusion ... zu vermeiden“, wonach die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 1998 aus den Diensten der Bank ausschied. Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhielt sie eine Abfindung in Höhe von 47.000,00 DM brutto.

Am 23. November 1998 meldete sich die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 1999 arbeitslos und beantragte, ihr Arbeitslosengeld zu gewähren.

Mit zwei Bescheiden vom 26. Februar 1999 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar bis 25. März 1999 fest; außerdem ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit und des Erhalts einer Entlassungsentschädigung vom 26. März bis 4. Juni 1999. Die Dauer des Anspruches auf Arbeitslosengeld mindere sich um (91 + 71 =) 162 Tage.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein, da ihr wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes zum selben Zeitpunkt gekündigt worden wäre; eine weitere Beschäftigung wäre auf Grund ihrer unzureichenden Ausbildung nicht möglich gewesen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 1999 zurück.

Die Klägerin hat am 12. April 1999 Klage mit dem Ziel erhoben, die beiden Bescheide vom 26. Februar 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1. Januar bis 4. Juni 1999 zu gewähren. Sie hat wiederholt, dass ihr Arbeitsplatz weggefallen sei. Auch der Betriebsrat habe keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gesehen. Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung zum selben Zeitpunkt habe sie dann entsprechend der Betriebsvereinbarung den Aufhebungsvertrag geschlossen.

Die Beklagte gewährte der Klägerin ab dem 5. Juni 1999 Arbeitslosengeld. Die Bank hat dem Sozialgericht mitgeteilt, dass der Klägerin konkret und unmittelbar eine arbeitgeberseitige Kündigung gedroht habe, wenn sie dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht zugestimmt hätte. Das Beschäftigungsverhältnis wäre durch die arbeitgeberseitige Kündigung zum selben Zeitpunkt beendet worden wie durch den Aufhebungsvertrag. Diese Kündigung wäre zu diesem Zeitpunkt auch arbeitsrechtlich zulässig, also rechtmäßig gewesen. Auf Grund der Fusion seien Stellen im Tätigkeitsbereich der Klägerin entfallen. Da eine andere Beschäftigung auf Grund ihrer Qualifikation ausgeschieden sei, wäre eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen worden.

Das Sozialgericht hat einen Personalreferenten der Bank (R V) als Zeugen gehört, der bekundet hat, dass die Bank ungeachtet der Betriebsvereinbarung, nach der betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 1999 ausgeschlossen seien, auf Grund anwaltlicher Beratung auch eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung für zulässig gehalten habe. Dies habe unabhängig von dem Ausgang in einem eventuellen Kündigungsrechtsstreit geschehen sollen.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 21. Juli 2000 die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar bis 4. Juni 1999 habe. Bis zum 25. März 1999 ruhe der Anspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit von zwölf Wochen, da die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hätte nach der Betriebsvereinbarung nicht vor dem 31. Dezember 1999 beendet werden können. Eine Kündigung zum 31. Dezember 1998 wäre arbeitsrechtlich nicht zulässig gewesen. Darüber hinaus ruhe der Anspruch auch für die Zeit vom 26. März bis zum 4. Juni 1999, da wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Sperrzeit von zwölf Wochen eingetreten sei und die Klägerin eine Abfindung erhalten habe.

Gegen das ihr am 12. September 2000 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 11. Oktober 2000 eingelegten Berufung.

Die Klägerin, die seit dem 15. Dezember 1999 selbständig tätig ist, wiederholt und vertieft ihr früheres Vorbringen. Sie meint zudem, dass eine Kündigung zum 31. Dezember 1998 zwar möglicherweise gegen die Betriebsvereinbarung (die betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 1999 ausschließe) verstoßen hätte, jedoch nicht ohne Weiteres unwirksam gewesen wäre, da die Betriebsvereinbarung nur die Betriebspartner binde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juli 2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1. Januar bis 4. Juni 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, die sie für unbegründet hält. Zwar sei davon auszugehen, dass die Klägerin nicht mehr auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt worden wäre, jedoch wäre ihr in keinem Fall gekündigt worden. Die Betriebsvereinbarung, die einen Ausschluss von Kündigungen bis Ende 1999 vorgesehen habe, sei noch bis zum 31. Dezember 2001 verlängert worden. Nach dieser Vereinbarung sei eine Kündigung nicht zulässig gewesen. Auch hätte das Arbeitsverhältnis nicht innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründe, ohne eine Sperrzeit geendet. Eine Kündigung zum gleichen Zeitpunkt sei rechtlich nicht zulässig gewesen.

Beide Beteiligte haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden seien.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Auskünfte der Bank vom 17. April 2000 und 5. April 2001, die Aussage des vom Sozialgericht gehörten Zeugen R V (Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 21. Juli 2000), die Sitzungsniederschrift vom 20. November 2001 sowie die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte (Stamm-Nr. ), die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich beide Beteiligte damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG) Berufung erweist sich in dem sich aus dem Urteilsausspruch ergebenden Umfang als begründet. Die Klägerin kann die Gewährung von Arbeitslosengeld bereits, aber auch erst ab dem 22. Januar 1999 beanspruchen, da zwar eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe eingetreten ist, diese aber nur drei Wochen umfasst. Dementsprechend ruht der Anspruch nicht über den 21. Januar 1999 hinaus und mindert sich seine Dauer nur um die Tage der Sperrzeit (21 Tage).

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB III) tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind hier erfüllt:

Die Klägerin hat durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 27. August 1998 ihr Arbeits- und damit einhergehend ihr Beschäftigungsverhältnis zum 31. Dezember 1998 gelöst und dadurch zumindest grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Einen anderen Arbeitsplatz hatte sie nicht in Aussicht. Unerheblich ist insoweit, dass das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis auch ohne den Abschluss des Aufhebungsvertrages auf Grund einer von der Bank ausgesprochenen Kündigung zum selben Zeitpunkt geendet hätte und von wem der Anstoß dazu ausging. All diese Umstände sind für die Ursächlichkeit des Abschlusses des Aufhebungsvertrages für die Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses und ihre anschließende Arbeitslosigkeit ohne Bedeutung.

Die Klägerin hatte für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund. Es kann dahinstehen, inwieweit der Auffassung der Beklagten zu folgen ist, ein wichtiger Grund sei anzuerkennen, wenn eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist, ohne dass der Arbeitslose hierzu durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten dafür Anlass gegeben hat, die Kündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat, wirksam geworden wäre, diese Kündigung arbeitsrechtlich zulässig gewesen wäre und dem Arbeitslosen nicht zuzumuten war, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten, um objektive Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung für sein berufliches Fortkommen zu vermeiden (vgl. Durchführungsanweisungen der Beklagten DA 1.73 zu § 144 SGB III).

Der Senat lässt in diesem Zusammenhang ausdrücklich unentschieden, ob die der Klägerin von der Bank in Aussicht gestellte Kündigung rechtswidrig bzw. - selbst falls sie gegen die Betriebsvereinbarung verstoßen hätte - gegenüber der Klägerin rechtsunwirksam gewesen wäre. Dies ist jedenfalls nicht so offensichtlich, wie die Beklagte meint.

Zum einen haben sich - soweit ersichtlich - weder das Bundessozialgericht noch das Bundesarbeitsgericht dazu geäußert, ob und gegebenenfalls inwieweit (nicht nur in Tarifverträgen, sondern auch) in Betriebsvereinbarungen der Ausschluss von Kündigungen wirksam vereinbart werden kann. Aber selbst wenn durch Betriebsvereinbarungen die Zulässigkeit (ordentlicher) Kündigungen - aus betriebsbedingten oder auch anderen Gründen - wirksam ausgeschlossen werden kann, steht dies nicht in jedem Fall der Zulässigkeit und Wirksamkeit einer - hier von der Bank nach deren dem Sozialgericht erteilten Auskunft vom 17. April 2000 erwogenen - außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund entgegen (vgl. zur Zulässigkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung eines tarifvertraglich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers in „Extremfällen“ BAG, Urteile vom 13. und 27. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 bzw. 2 AZR 367/01 -, DB 2003, 210 bzw. 102).

Zum anderen ist die hier einschlägige Betriebsvereinbarung ausdrücklich „als Interessenausgleich (und Sozialplan)“ vereinbart worden. § 113 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bestimmt indes, dass Arbeitnehmer, die in Folge dessen, dass ein Unternehmer von einem mit dem Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund abweicht, entlassen werden, (nur) die Zahlung einer Abfindung verlangen können. Die Wirksamkeit der Entlassung wird durch die Abweichung vom Interessenausgleich jedoch nicht berührt. Diese Regelung könnte den Schluss zulassen, dass auch hier eine von der Bank ausgesprochene Kündigung gegenüber der Klägerin wirksam gewesen wäre (sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt gewesen wären), selbst falls sie gegen die Betriebsvereinbarung verstoßen hätte. Dem ist jedoch nicht weiter nachzugehen.

Denn selbst wenn die der Klägerin in Aussicht gestellte („angedrohte“) Kündigung rechtmäßig bzw. ihr gegenüber rechtswirksam gewesen wäre und auch unabhängig davon, hatte die Klägerin keinen wichtigen Grund, dem Ausspruch der Kündigung durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages zuvorzukommen.

Grundsätzlich ist es dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 100/01 R -). Ein solcher Umstand liegt allerdings nicht in der Zahlung einer Abfindung oder ähnlichen Leistung, was die Klägerin im Übrigen selbst nicht anzunehmen scheint. Auch der Umstand allein, dass der Arbeitgeber eine Kündigung zum selben Beendigungszeitpunkt ausgesprochen hätte, kann nicht als wichtiger Grund angesehen werden. Ein wichtiger Grund kann lediglich dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitnehmer durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung für sein berufliches Fortkommen ergeben würden (BSG, ebenda). Ob und inwieweit sich allgemein eine einverständliche Lösung des Beschäftigungsverhältnisses positiv auf die Eingliederungsmöglichkeiten des Arbeitslosen auswirken und damit der Solidargemeinschaft zu Gute kommen kann (was das BSG anzunehmen scheint, vgl. Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 65/01 R -, SozR 3-4300 § 144 Nr. 8), ist hier nicht abschließend zu erörtern. Empirische Untersuchungen, die die verlässliche Annahme gestatteten, allgemein oder auch nur für bestimmte Altersgruppen würden unabhängig von den tatsächlich bestehenden Beendigungsgründen durch Aufhebungsverträge die Eingliederungsmöglichkeiten eines Arbeitslosen gesteigert, dürften jedenfalls nicht vorliegen.

Im vorliegenden Fall besteht auch kein Anhalt anzunehmen, die Klägerin hätte durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages sich durch eine Kündigung ergebende Nachteile für ihr berufliches Fortkommen vermeiden oder ihre Eingliederungsmöglichkeiten verbessern können. Abgesehen davon, dass die Klägerin dies selbst nicht anführt, ist nicht ersichtlich, dass bzw. inwieweit sich ihre Eingliederungsmöglichkeiten, die entscheidend dadurch erschwert gewesen sein dürften, dass sie eine Berufsausbildung augenscheinlich nicht abgeschlossen hat, durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages hätten gesteigert werden können, zumal sie selbst mittelfristig andere berufliche Pläne hatte, die sie dann auch verwirklicht hat.

Die nach alledem gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III eingetretene Sperrzeit umfasst hier allerdings nicht zwölf, sondern nur drei Wochen, da das Arbeitsverhältnis zum selben Zeitpunkt ohne eine Sperrzeit geendet hätte (§ 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III).

Wie die Beklagte selbst - im Anschluss an das Urteil des BSG vom 6. Juli 1991 (7 RAr 124/90, DBlR 3850 a AFG/§ 119) - annimmt (Durchführungsanweisung DA 3.2 zu § 144 SGB III), liegt ein solcher Fall auch vor, wenn der Arbeitgeber ohne Verschulden des Arbeitslosen bereits entschlossen war, das Arbeitsverhältnis innerhalb der erforderlichen Frist zu beenden. Genau dies ist hier zur Überzeugung des Senats der Fall: Nicht nur hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr von dem dafür zuständigen Vertreter der Bank unmissverständlich klargemacht wurde, dass ihr zum selben Zeitpunkt (31. Dezember 1998) gekündigt werden würde, falls sie dem Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht zustimmen sollte. Ebenso hat die Bank in ihrer dem Sozialgericht erteilten Auskunft vom 17. April 2000 eindeutig und unmissverständlich mitgeteilt, dass der Klägerin andernfalls zum selben Zeitpunkt gekündigt worden wäre. Dies hat der dazu vom Sozialgericht als Zeuge vernommene Personalreferent der Bank nochmals bestätigt und, dies ergibt sich gleichfalls aus der dem Senat erteilten Auskunft vom 5. April 2001. In diesen Aussagen und Auskünften findet die Mutmaßung der Beklagten (in der Berufungserwiderung vom 22. Mai 2001), der Klägerin „wäre ... in keinem Fall gekündigt worden“ keinerlei Stütze.

Vernünftige Zweifel daran, dass die Bank die der Klägerin in Aussicht gestellte Kündigung entgegen dieser Ankündigung nicht ausgesprochen hätte, sind auch nicht etwa deshalb veranlasst, weil eine solche Kündigung - möglicherweise - rechtswidrig (aber ebenso möglicherweise gleichwohl rechtswirksam) gewesen wäre. Denn ein Arbeitgeber ist selbstverständlich nicht gehindert, eine von ihm auch nur möglicherweise für rechtswidrig gehaltene Kündigung auszusprechen und das Risiko einzugehen, einen darauf folgenden Rechtsstreit beim Arbeitsgericht zu verlieren. Dazu wird ein Arbeitgeber um so eher bereit sein, wenn er sich - wie hier - entschieden hat, einen bestimmten Arbeitsplatz wegfallen zu lassen, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den davon betroffenen Arbeitnehmer danach nicht mehr besteht und er zudem - wie hier die Bank - von vornherein bereit ist, wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht unerhebliche finanzielle Leistungen an den Arbeitnehmer zu erbringen.

Auch wäre die Klägerin nicht gehindert gewesen, eine solche - möglicherweise rechtswidrige - Kündigung hinzunehmen. Selbst die Hinnahme einer offensichtlich“ rechtswidrigen Kündigung im Hinblick auf eine zugesagte finanzielle Vergünstigung durch den Arbeitnehmer führt weder zum Eintritt einer Sperrzeit (so jetzt eindeutig BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 89/01 R -, SozR 3-4100 § 119 Nr. 24) noch zu anderen arbeitsförderungsrechtlichen Nachteilen. Tatsächlich hat sich die Klägerin ja auch mit der Beendigung ihres Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses angesichts der von der Bank getroffenen unternehmerischen Entscheidung und einer fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit abgefunden. Dass die Sperrzeit nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III nur dann drei Wochen umfasst, wenn die Kündigung, zu deren Ausspruch der Arbeitgeber entschlossen war, rechtmäßig gewesen wäre, ist weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts noch den Durchführungsanweisungen der Beklagten zu entnehmen, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob dies hier der Fall gewesen wäre.

Da nach alledem die hier auf Grund der Arbeitsaufgabe eingetretene Sperrzeit nur drei Wochen umfasst, mindert sich die Dauer des Anspruchs der Klägerin gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III nur um die Tage der Sperrzeit (drei Wochen), nicht jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer.

Der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ruht auch nicht über den 22. Januar 1999 hinaus. Dafür wäre nach § 117a Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) der Eintritt einer Sperrzeit von acht Wochen Voraussetzung. Die hier eingetretene Sperrzeit umfasst allerdings nur drei Wochen. Es kann danach unentschieden bleiben, ob diese Vorschrift hier überhaupt noch anwendbar war, was im Hinblick darauf zweifelhaft erscheinen könnte, dass nach § 427 Abs. 6 Satz 1 SGB III in der ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung § 117 a AFG nicht mehr anzuwenden ist. Denn nach dieser Vorschrift ist § 242 x Abs. 3 AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung - nur! - weiterhin anzuwenden, „soweit es um die Anwendung des § 106 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung geht“. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten datiert zwar vom 31. März 1999, er ist jedoch erst mit seiner Bekanntgabe an die Klägerin am oder nach dem 1. April 1999 wirksam geworden (§ 39 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB X]), als § 117a AFG nicht mehr anzuwenden war.

Danach mindert sich die Dauer des Anspruchs der Klägerin auch nicht um weitere 71 Tage.

Die auf § 193 SGG beruhende Kostenentscheidung trägt dem überwiegenden Erfolg der Klägerin Rechnung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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