Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 75 KR 737/99 ER I
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 B 17/00 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. Dezember 1999 geändert. Die Antragsgegnerinnen werden im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage S 75 KR 737/99 bei der Versorgung ihrer Versicherten mit häuslicher Krankenpflege die Antragstellerin so zu behandeln wie die Leistungserbringer, mit denen sie am 31. August 1999 Verträge nach § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V geschlossen haben. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Beteiligten tragen die ihnen entstandenen Kosten des Verfahrens selbst.
Gründe:
Der Antragsteller - ein Träger der freien Wohlfahrtspflege - erbrachte aufgrund einer Rahmenvereinbarung vom 24. Oktober 1994, die zum 31. Dezember 1996 gekündigt wurde, Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Nach Auslaufen dieser Vereinbarung entstand zwischen den Leistungserbringern, u.a. den Trägern der freien Wohlfahrtspflege, einerseits und den Krankenkassen und ihren Verbänden andererseits Streit über den abzuschließenden Rahmenvertrag, der zu einigen Übergangsregelungen führte. Die Mehrzahl der Krankenkassen schlossen mit den Leistungserbringern, u.a. dem Antragsteller, den Rahmenvertrag vom 5. Juli 1999, der am 1. September 1999 in Kraft trat (im Folgenden Krankenkassenvertrag genannt). Der BKK-Landesverband Ost wurde von seinen Mitgliedern nicht bevollmächtigt, diesen Vertrag mit den Leistungserbringern abzuschließen. Die Betriebskrankenkassen erarbeiteten in der Folge das Vertragsangebot vom 23. August 1999 (im Folgenden BKK-Vertrag genannt), das im Vergleich zum Krankenkassenvertrag insbesondere durch eine um etwa 20 % abgesenkte Vergütung und abweichende qualitätssichernde Regelungen und Verfahrensweisen gekennzeichnet ist.
Die Antragsgegnerinnen boten dem Antragsteller sowie anderen Anbietern häuslicher Krankenpflege den Abschluss des BKK-Vertrages vom 23. August 1999 ab 1. September 1999 an. Einige Leistungserbringer schlossen den BKK-Vertrag am 31. August 1999 ab. Der Antragsteller erklärte sich hierzu nicht bereit. Er und die Antragsgegnerinnen zu 1) bis 3), 5) bis 7), 11), 12) und 14) schlossen allerdings am 6. Dezember 1999 einen Interimsvertrag mit dem Inhalt des vor dem Sozialgericht Berlin im Verfahren S 75 KR 737/99 ER geschlossenen Vergleichs. Diese Vereinbarung endete zum 31. März 1999.
Nachdem mehrere Träger der Freien Wohlfahrtspflege, u. a. der Antragssteller, sich geweigert hatten, zu den Konditionen des BKK-Vertrages Pflegeleistungen zu erbringen, informierte das von den Antragsgegnerinnen getragene BKK-Servicecenter u. a. die Krankenhäuser in einem Schreiben vom 5. Oktober 1999 darüber, dass Leistungen des Antragstellers nicht zu Lasten der Antragsgegnerinnen in Anspruch genommen werden könnten und verwiesen auf Anbieter, die den BKK-Vertrag abgeschlossen hätten.
Der Antragsteller wandte sich daraufhin an das Sozialgericht Berlin und begehrte vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel, den Versicherten der Antragsgegnerinnen zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege zur Auswahl gestellt zu werden sowie darüber hinaus die Unterlassung verschiedener Behauptungen. Mit Beschluss vom 21. Dezember 1999 hat das Sozialgericht die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache mit der gebotenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit bei summarischer Prüfung der vorliegenden Erkenntnisquellen nicht gegeben sei. Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Abschluss eines bestimmten Vertrages sei nicht ersichtlich. Die Bestimmung des § 132 a Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V- könne jedenfalls nicht dazu führen, dass ein Anspruch der Träger der freien Wohlfahrtspflege auf Abschluss von Verträgen zu ganz bestimmten Konditionen zu bejahen sei. Einen generellen Vertragsabschluss hätten die Antragsgegnerinnen jedoch nicht verweigert. Auch die geltend gemachten Unterlassungsansprüche könnten keinen Erfolg haben, da der Antragsteller nicht ausreichend substantiiert dargetan habe, wann und wo die Antragsgegnerinnen unzutreffende Behauptungen in Bezug auf den Antragsteller aufgestellt hätten.
Gegen den ihm am 10. Januar 2000 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 8. Februar 2000 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, dass er einen Anspruch auf Abschluss des Vertrages habe, den er u.a. a. mit der AOK Berlin geschlossen habe. Im Übrigen hätten die Antragsgegnerinnen auch mit privaten Anbietern Verträge geschlossen, die günstiger seien als der BKK-Vertrag. Zumindest auf solche Konditionen bestünde ein Anspruch.
Der Antragsteller beantragt,
1) den Antragsgegnerinnen aufzugeben, ihren Versicherten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Antragsteller als Leistungserbringer für häusliche Krankenpflege auf Kosten der Antragsgegnerinnen nach den Konditionen des Rahmenvertrages gemäß § 132 a Abs. 2 SGB V zur Auswahl zu stellen, der für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Dezember 2000 u. a. zwischen der Antragstellerin und der AOK Berlin (Krankenkassen-Vertrag) geschlossen worden ist, und hilfsweise, zu den Konditionen des Rahmenvertrages, der zwischen den Parteien bis zum 31. August 1999 unstreitig gegolten hat sowie höchst hilfsweise zu den Konditionen des Vertragsangebotes der Antragsgegnerinnen vom 23. August 1999,
2) hilfsweise die Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die von dem Antragsteller für Versicherte der Antragsgegnerinnen über den 1. April 2000 hinaus erbrachten Pflegeleistungen in Höhe der bis zum 31. Dezember 1998 und 31. August 1999 geltenden Vergütungssätze abzurechnen,
3) hilfsweise die Antragsgegnerinnen zu verpflichten, die am 6. Dezember 1999 auf der Grundlage des Sozialgerichtsvergleichs vom 1. Oktober 1999 (S 75 KR 737/99 ER) abgeschlossene Übergangsvereinbarung im Verhältnis zum Antragsteller bis zum 31. Mai 2000 weiter anzuwenden.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beziehen sich zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses und vertreten weiter die Auffassung, dass im Rahmen des § 132 a Abs. 2 SGB V eine weitgehende Vertragsfreiheit bestünde, die es ihnen erlaube, bestimmte Angebote zu machen, die von den Leistungserbringern dann angenommen werden könnten oder auch nicht.
Die zulässige Beschwerde (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen musste sie zurückgewiesen werden.
Die Voraussetzungen, unter denen entsprechend § 123 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- i. V. m. § 920 Zivilprozessordnung -ZPO- eine einstweilige Anordnung ergehen kann, liegen nur im Hinblick auf den zweiten Hilfsantrag zu 1) vor.
Soweit der Antragsteller seine Anträge im Beschwerdeverfahren präziser gefasst hat als vor dem Sozialgericht, liegt hierin nicht etwa eine unzulässige Antragsänderung im Sinne des § 99 SGG, sondern eine jederzeit zulässige Klarstellung vor. Die Fassung des Beschlusstenors stellt sich in der Sache nicht als Abweichung vom zweiten Hilfsantrag zu 1), sondern als eine dem Senat unter dem Gesichtspunkt der Vollstreckbarkeit der Entscheidung geeignetere Formulierung dar.
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist neben dem Eilbedürfnis (Anordnungsgrund), dass der Klage in der Hauptsache eine gewisse Aussicht auf Erfolg beigemessen werden kann (Anordnungsanspruch). Auch die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerinnen, ihren Versicherten den Antragsteller zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege zur Verfügung zu stellen, stellt eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, die nur gerechtfertigt ist, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass die Interessen des Antragstellers offensichtlich höher zu bewerten sind als die der Antragsgegnerinnen.
Dies lässt sich bei der hier gebotenen summarischen Prüfung nur im Hinblick auf den Anspruch des Antragstellers feststellen, zu den von den Antragsgegnerinnen im sogenannten BKK-Vertrag gebotenen Bedingungen vorläufig Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu erbringen.
Nach § 132 a Abs. 2 SGB V schließen die Krankenkassen mit den Leistungserbringern über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sowie über die Preise und deren Abrechnung Verträge. Die Krankenkassen haben darauf zu achten, dass die Leistungen preisgünstig erbracht werden. Sie sind aber auch verpflichtet, der Vielfalt der Leistungserbringer, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen (§ 132 a Abs. 2 Satz 3 sowie § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Vor diesem Hintergrund spricht bei summarischer Prüfung alles dafür, dass der Antragsteller in der Hauptsache einen Anspruch auf Abschluss des BKK-Vertrages mit den Antragsgegnerinnen hat, so dass er im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verlangen kann, zu diesen Bedingungen den Versicherten der Antragsgegnerinnen als Leistungserbringer zur Auswahl gestellt zu werden.
Einem solchen Anspruch können die Antragsgegnerinnen nicht entgegenhalten, dass sie den Bedarf ihrer Versicherten an Leistungen der häuslichen Krankenpflege bereits mit privaten und anderen Anbietern der freien Wohlfahrtspflege gedeckt hätten. Anhaltspunkte dafür, dass der Abschluss eines Vertrages nach § 132 a Abs. 2 SGB V von einer Bedarfsprüfung abhängt, lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. So ist den Krankenkassen in § 132 a Abs. 2 SGB V lediglich die Befugnis übertragen, Einzelheiten der Versorgung zu regeln. Nicht einmal in § 132 a Abs. 1 SGB V, der die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene verpflichtet, Rahmenempfehlungen für die häusliche Krankenpflege abzugeben, ist die Rede von einer am Bedarf ausgerichteten Planung. In § 132 a Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 bis 6 SGB V ist eine Bedarfsplanung nicht aufgeführt. Wortlaut und Regelungszusammenhang der Vorschriften schließen es bei der gebotenen summarischen Prüfung nahezu aus, dass eine Krankenkasse im Rahmen eines Vertrages nach § 132 a Abs. 2 SGB V berechtigt ist, eine "Zulassung" von Leistungserbringern nur nach Bedarf vorzunehmen. Vielmehr spricht die in Satz 3 der Vorschrift genannte Pflicht, der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege und den religiösen Bedürfnissen der Versicherten Rechnung zu tragen, dafür, dass die Antragsgegnerinnen, so sie denn überhaupt Versorgungsverträge schließen und nicht von der Möglichkeit des § 132 a Abs. 2 Satz 4 SGB V Gebrauch machen, verpflichtet sind, die Träger der freien Wohlfahrtspflege zu denselben Vertragsbedingungen "zuzulassen", die sie auch anderen Anbietern gewähren. Die Antragsgegnerinnen verkennen die die Vertragsfreiheit einschränkenden Regelungen in §§ 2 Abs. 3, 132 a Abs. 2 SGB V, wenn sie meinen, im Bereich der häuslichen Krankenpflege bestünde eine Vertragsfreiheit wie im "freien Wirtschaftsleben".
Soweit die Antragsgegnerinnen geltend gemacht haben, der Antragsteller könne sich nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine Position ertrotzen, die ihn faktisch in die Position eines Vertragspartners der Antragsgegnerinnen setze, obwohl er sich in der Hauptsache weigere, den entsprechenden Vertrag abzuschließen, übersehen sie, dass zumindest ein Anspruch des Antragstellers auf Gleichbehandlung mit den bisherigen Anbietern im Hinblick auf die Konditionen des BKK-Vertrages besteht. Die Antragsgegnerinnen verkennen die Rechtslage, wenn sie meinen, sie könnten ihr Vertragsangebot dem Antragsteller aufzwingen, ohne dass dieser im Hinblick auf den Zugang zur Leistungserbringung in einem öffentlich-rechtlichen System entsprechenden Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnte.
Da an einem Anspruch des Antragstellers auf Abschluss des BKK-Vertrages kein ernsthafter Zweifel besteht, sind an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es ist daher ausreichend, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass ihm durch das Verhalten der Antragsgegnerinnen Pflegemöglichkeiten entgehen, obwohl er - wie die entsprechende Antragstellung zeigt - auch bereit ist, vorläufig zu den Bedingungen des BKK-Vertrages zu pflegen.
Einen weitergehenden Anspruch hat der Antragsteller allerdings nicht glaubhaft gemacht. Die Prüfung der Frage, ob er darüber hinaus einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu den von ihm beanspruchten Konditionen hat, sei es in der Form des ebenfalls ab 1. September 1999 gültigen Krankenkassen-Vertrages oder der bis zum 31. August 1999 angeblich unstreitigen Regelungen, wirft schwierige Rechtsprobleme auf, die erst nach umfangreichen Ermittlungen beantwortet werden können, für die in einem auf summarische Prüfung angelegten einstweiligen Rechtsschutzverfahren kein Raum ist.
Da nach § 132 a Abs. 2 SGB V jeweils die Krankenkasse und nicht die Landesverbände der Krankenkassen oder Spitzenverbände auf Bundesebene Vertragspartner der Leistungserbringer sind, folgt aus der gesetzlichen Regelung die grundsätzliche Berechtigung der einzelnen Kasse, die Preise und Einzelheiten der Versorgung - aber auch nicht mehr - ihrer Mitglieder mit häuslicher Krankenpflege selbst mit den Leistungserbringern auszuhandeln. Daraus ergibt sich (im Regelfall), dass unterschiedliche Vertragsabschlüsse zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen unter Wettbewerbsgesichtspunkten im Gesetz angelegt sind und sich daher nicht ohne weiteres als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG) darstellen.
Ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu den von dem Antragsteller beanspruchten Konditionen könnte vor dem Hintergrund des Artikel 3 GG z. B. dann in Betracht kommen, wenn sich ergeben würde, dass die Antragsgegnerinnen einen den Vorstellungen des Antragstellers im Wesentlichen entsprechenden Vertrag mit anderen Anbietern tatsächlich geschlossen hätten und dem Antragsteller äquivalente Vertragsbedingungen ohne sachlichen Grund vorenthalten würden. Die Bejahung eines solchen Anspruches setzt aber umfangreiche Ermittlungen zu den tatsächlich mit den privaten und anderen Anbietern der freien Wohlfahrtspflege geschlossenen Verträgen, auch im Hinblick auf Abschlusszeitpunkt, Inhalt, Zusatzvereinbarungen und Geltungsdauer, voraus.
Daneben wäre die Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs auch denkbar, wenn sich nach Ermittlungen ergäbe, dass die Antragsgegnerinnen zu den von ihnen angestrebten Bedingungen nicht genügend Anbieter zur Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrages gefunden hätten und daher konkrete Versorgungslücken festgestellt werden könnten. Die Behauptung der Antragsgegnerinnen, dass die Sicherstellung der häuslichen Krankenpflege im gesamten Land Berlin durch Partner des BKK-Vertrages gewährleistet werden könne, obwohl auch weiterhin Versicherte von dem Antragsteller gepflegt würden, was seinen Grund allein in dem behutsa-men Vorgehen der Antragsgegnerinnen in den jeweiligen Pflegefällen habe, eignet sich nicht zur Überprüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Genauso gut kommt in Betracht, dass die Antragsgegnerinnen mit den bisherigen Vertragspartnern des BKK-Vertrages tatsächlich nicht in der Lage sind, die häusliche Pflege in dem erforderlichen Umfang sicherzustellen, wie dies der Antragsgegner und auch Träger freier Wohlfahrtsverbände in Parallelverfahren behauptet haben.
Letztlich bleibt ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu günstigeren als den bisher angebotenen Konditionen auch aus der Verpflichtung denkbar, die religiösen Bedürfnisse der Versicherten sowie die Vielfalt der Leistungserbringer zu berücksichtigen. Diesem an die Krankenkassen gerichteten Gebot (§§ 2 Abs. 3, 132 a Abs. 2 Satz 3 SGB V; dort ist von " ... ist ... zu beachten" bzw. "Rechnung zu tragen" die Rede) steht ein Anspruch des Versicherten im Rahmen des § 33 Satz 2 Sozialgesetzbuch/Erstes Buch -SGB I- gegenüber, so dass es zumindest nicht unproblematisch ist, einen vom Versicherten gewünschten Leistungserbringer, der bei anderen Kassen problemlos in Anspruch genommen werden könnte, aus rein finanziellen Gründen auszuschließen.
Auf derart umfangreiche und schwierige Sachverhaltsaufklärung ist das einstweilige Rechts-schutzverfahren nicht zugeschnitten. Selbst bei summarischer Prüfung kann der Senat bei dem vorliegenden widerstreitenden Tatsachenvortrag nicht feststellen, welche Pflegesituation rein tatsächlich seit dem Auslaufen der Verträge zum 31. August 1999 besteht.
In derartigen Fällen, in denen die aufgeworfenen Rechtsfragen außerordentlich kompliziert und ihr Ergebnis und damit der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist, nimmt der Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz -BVerfGG- eine Folgenabwägung vor, bei der die Erwägung, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat. Abzuwägen sind stattdessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, sich ein Anspruch im Hauptsacheverfahren aber würde nachweisen lassen, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, ohne dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegen würde. Unter Beachtung dieser Maßstäbe musste den weitergehenden Anträgen der Erfolg versagt bleiben.
Vom Antragsteller selbst ist nicht vorgetragen, dass er in seiner Existenz bedroht wäre, wenn er nicht mehr zu den Vertragspartnern der Betriebskrankenkassen gehören würde. Mit Schriftsatz vom 13. April 2000 ist insofern geltend gemacht worden, dass der Antragsteller zum 1. April 2000 18 von 101 Patienten an Partner des BKK-Vertrages verloren hat. Erst recht ist nicht zu erkennen, dass eine Existenzgefährdung des Antragstellers besteht, wenn er in Zukunft zumindest vorläufig auch zu den Konditionen pflegen muss, die offenbar von privaten Anbie-tern erfüllt werden können. Es ist ihm insoweit auch im Hinblick auf ein mögliches Unterliegen in der Hauptsache zuzumuten, sich auf die neue wirtschaftliche Situation einzustellen. Außer-dem unterliegt es keinem ernsthaften Zweifel, dass die Antragsgegnerinnen, sollten sie im Rechtsstreit in der Hauptsache unterliegen, die nachzuzahlende Vergütung auch tatsächlich nachzahlen würden.
Demgegenüber würde der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerinnen erheblich treffen, da die Ausnutzung von Wirtschaftlichkeitsreserven durch Wettbewerb auch im Rahmen der Erbringung der Leistung der häuslichen Krankenpflege im Rahmen des § 132 a SGB V vorgesehen ist. Die Eröffnung von Wirtschaftlichkeitsreserven zur Gewährleistung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung stellt jedoch eine besondere Gemeinwohlaufgabe dar, welche der Gesetzgeber nicht nur verfolgen darf, sondern der er sich nicht einmal entziehen dürfte (BVerfGE 68, 193, 218; im Ergebnis ebenso: Beschlüsse des 9. Senats des Landessozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 1999 - 9 B 105/99 KR ER und 17. Dezember 1999 - L 9 B 127/99 KR ER jeweils ergangen zur Festsetzung von Festbeträgen nach §§ 35 und 36 SGB V).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Der Antragsteller - ein Träger der freien Wohlfahrtspflege - erbrachte aufgrund einer Rahmenvereinbarung vom 24. Oktober 1994, die zum 31. Dezember 1996 gekündigt wurde, Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Nach Auslaufen dieser Vereinbarung entstand zwischen den Leistungserbringern, u.a. den Trägern der freien Wohlfahrtspflege, einerseits und den Krankenkassen und ihren Verbänden andererseits Streit über den abzuschließenden Rahmenvertrag, der zu einigen Übergangsregelungen führte. Die Mehrzahl der Krankenkassen schlossen mit den Leistungserbringern, u.a. dem Antragsteller, den Rahmenvertrag vom 5. Juli 1999, der am 1. September 1999 in Kraft trat (im Folgenden Krankenkassenvertrag genannt). Der BKK-Landesverband Ost wurde von seinen Mitgliedern nicht bevollmächtigt, diesen Vertrag mit den Leistungserbringern abzuschließen. Die Betriebskrankenkassen erarbeiteten in der Folge das Vertragsangebot vom 23. August 1999 (im Folgenden BKK-Vertrag genannt), das im Vergleich zum Krankenkassenvertrag insbesondere durch eine um etwa 20 % abgesenkte Vergütung und abweichende qualitätssichernde Regelungen und Verfahrensweisen gekennzeichnet ist.
Die Antragsgegnerinnen boten dem Antragsteller sowie anderen Anbietern häuslicher Krankenpflege den Abschluss des BKK-Vertrages vom 23. August 1999 ab 1. September 1999 an. Einige Leistungserbringer schlossen den BKK-Vertrag am 31. August 1999 ab. Der Antragsteller erklärte sich hierzu nicht bereit. Er und die Antragsgegnerinnen zu 1) bis 3), 5) bis 7), 11), 12) und 14) schlossen allerdings am 6. Dezember 1999 einen Interimsvertrag mit dem Inhalt des vor dem Sozialgericht Berlin im Verfahren S 75 KR 737/99 ER geschlossenen Vergleichs. Diese Vereinbarung endete zum 31. März 1999.
Nachdem mehrere Träger der Freien Wohlfahrtspflege, u. a. der Antragssteller, sich geweigert hatten, zu den Konditionen des BKK-Vertrages Pflegeleistungen zu erbringen, informierte das von den Antragsgegnerinnen getragene BKK-Servicecenter u. a. die Krankenhäuser in einem Schreiben vom 5. Oktober 1999 darüber, dass Leistungen des Antragstellers nicht zu Lasten der Antragsgegnerinnen in Anspruch genommen werden könnten und verwiesen auf Anbieter, die den BKK-Vertrag abgeschlossen hätten.
Der Antragsteller wandte sich daraufhin an das Sozialgericht Berlin und begehrte vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel, den Versicherten der Antragsgegnerinnen zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege zur Auswahl gestellt zu werden sowie darüber hinaus die Unterlassung verschiedener Behauptungen. Mit Beschluss vom 21. Dezember 1999 hat das Sozialgericht die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache mit der gebotenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit bei summarischer Prüfung der vorliegenden Erkenntnisquellen nicht gegeben sei. Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Abschluss eines bestimmten Vertrages sei nicht ersichtlich. Die Bestimmung des § 132 a Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V- könne jedenfalls nicht dazu führen, dass ein Anspruch der Träger der freien Wohlfahrtspflege auf Abschluss von Verträgen zu ganz bestimmten Konditionen zu bejahen sei. Einen generellen Vertragsabschluss hätten die Antragsgegnerinnen jedoch nicht verweigert. Auch die geltend gemachten Unterlassungsansprüche könnten keinen Erfolg haben, da der Antragsteller nicht ausreichend substantiiert dargetan habe, wann und wo die Antragsgegnerinnen unzutreffende Behauptungen in Bezug auf den Antragsteller aufgestellt hätten.
Gegen den ihm am 10. Januar 2000 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 8. Februar 2000 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, dass er einen Anspruch auf Abschluss des Vertrages habe, den er u.a. a. mit der AOK Berlin geschlossen habe. Im Übrigen hätten die Antragsgegnerinnen auch mit privaten Anbietern Verträge geschlossen, die günstiger seien als der BKK-Vertrag. Zumindest auf solche Konditionen bestünde ein Anspruch.
Der Antragsteller beantragt,
1) den Antragsgegnerinnen aufzugeben, ihren Versicherten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Antragsteller als Leistungserbringer für häusliche Krankenpflege auf Kosten der Antragsgegnerinnen nach den Konditionen des Rahmenvertrages gemäß § 132 a Abs. 2 SGB V zur Auswahl zu stellen, der für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Dezember 2000 u. a. zwischen der Antragstellerin und der AOK Berlin (Krankenkassen-Vertrag) geschlossen worden ist, und hilfsweise, zu den Konditionen des Rahmenvertrages, der zwischen den Parteien bis zum 31. August 1999 unstreitig gegolten hat sowie höchst hilfsweise zu den Konditionen des Vertragsangebotes der Antragsgegnerinnen vom 23. August 1999,
2) hilfsweise die Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die von dem Antragsteller für Versicherte der Antragsgegnerinnen über den 1. April 2000 hinaus erbrachten Pflegeleistungen in Höhe der bis zum 31. Dezember 1998 und 31. August 1999 geltenden Vergütungssätze abzurechnen,
3) hilfsweise die Antragsgegnerinnen zu verpflichten, die am 6. Dezember 1999 auf der Grundlage des Sozialgerichtsvergleichs vom 1. Oktober 1999 (S 75 KR 737/99 ER) abgeschlossene Übergangsvereinbarung im Verhältnis zum Antragsteller bis zum 31. Mai 2000 weiter anzuwenden.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beziehen sich zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses und vertreten weiter die Auffassung, dass im Rahmen des § 132 a Abs. 2 SGB V eine weitgehende Vertragsfreiheit bestünde, die es ihnen erlaube, bestimmte Angebote zu machen, die von den Leistungserbringern dann angenommen werden könnten oder auch nicht.
Die zulässige Beschwerde (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen musste sie zurückgewiesen werden.
Die Voraussetzungen, unter denen entsprechend § 123 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- i. V. m. § 920 Zivilprozessordnung -ZPO- eine einstweilige Anordnung ergehen kann, liegen nur im Hinblick auf den zweiten Hilfsantrag zu 1) vor.
Soweit der Antragsteller seine Anträge im Beschwerdeverfahren präziser gefasst hat als vor dem Sozialgericht, liegt hierin nicht etwa eine unzulässige Antragsänderung im Sinne des § 99 SGG, sondern eine jederzeit zulässige Klarstellung vor. Die Fassung des Beschlusstenors stellt sich in der Sache nicht als Abweichung vom zweiten Hilfsantrag zu 1), sondern als eine dem Senat unter dem Gesichtspunkt der Vollstreckbarkeit der Entscheidung geeignetere Formulierung dar.
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist neben dem Eilbedürfnis (Anordnungsgrund), dass der Klage in der Hauptsache eine gewisse Aussicht auf Erfolg beigemessen werden kann (Anordnungsanspruch). Auch die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerinnen, ihren Versicherten den Antragsteller zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege zur Verfügung zu stellen, stellt eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, die nur gerechtfertigt ist, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass die Interessen des Antragstellers offensichtlich höher zu bewerten sind als die der Antragsgegnerinnen.
Dies lässt sich bei der hier gebotenen summarischen Prüfung nur im Hinblick auf den Anspruch des Antragstellers feststellen, zu den von den Antragsgegnerinnen im sogenannten BKK-Vertrag gebotenen Bedingungen vorläufig Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu erbringen.
Nach § 132 a Abs. 2 SGB V schließen die Krankenkassen mit den Leistungserbringern über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sowie über die Preise und deren Abrechnung Verträge. Die Krankenkassen haben darauf zu achten, dass die Leistungen preisgünstig erbracht werden. Sie sind aber auch verpflichtet, der Vielfalt der Leistungserbringer, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen (§ 132 a Abs. 2 Satz 3 sowie § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Vor diesem Hintergrund spricht bei summarischer Prüfung alles dafür, dass der Antragsteller in der Hauptsache einen Anspruch auf Abschluss des BKK-Vertrages mit den Antragsgegnerinnen hat, so dass er im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verlangen kann, zu diesen Bedingungen den Versicherten der Antragsgegnerinnen als Leistungserbringer zur Auswahl gestellt zu werden.
Einem solchen Anspruch können die Antragsgegnerinnen nicht entgegenhalten, dass sie den Bedarf ihrer Versicherten an Leistungen der häuslichen Krankenpflege bereits mit privaten und anderen Anbietern der freien Wohlfahrtspflege gedeckt hätten. Anhaltspunkte dafür, dass der Abschluss eines Vertrages nach § 132 a Abs. 2 SGB V von einer Bedarfsprüfung abhängt, lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. So ist den Krankenkassen in § 132 a Abs. 2 SGB V lediglich die Befugnis übertragen, Einzelheiten der Versorgung zu regeln. Nicht einmal in § 132 a Abs. 1 SGB V, der die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene verpflichtet, Rahmenempfehlungen für die häusliche Krankenpflege abzugeben, ist die Rede von einer am Bedarf ausgerichteten Planung. In § 132 a Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 bis 6 SGB V ist eine Bedarfsplanung nicht aufgeführt. Wortlaut und Regelungszusammenhang der Vorschriften schließen es bei der gebotenen summarischen Prüfung nahezu aus, dass eine Krankenkasse im Rahmen eines Vertrages nach § 132 a Abs. 2 SGB V berechtigt ist, eine "Zulassung" von Leistungserbringern nur nach Bedarf vorzunehmen. Vielmehr spricht die in Satz 3 der Vorschrift genannte Pflicht, der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege und den religiösen Bedürfnissen der Versicherten Rechnung zu tragen, dafür, dass die Antragsgegnerinnen, so sie denn überhaupt Versorgungsverträge schließen und nicht von der Möglichkeit des § 132 a Abs. 2 Satz 4 SGB V Gebrauch machen, verpflichtet sind, die Träger der freien Wohlfahrtspflege zu denselben Vertragsbedingungen "zuzulassen", die sie auch anderen Anbietern gewähren. Die Antragsgegnerinnen verkennen die die Vertragsfreiheit einschränkenden Regelungen in §§ 2 Abs. 3, 132 a Abs. 2 SGB V, wenn sie meinen, im Bereich der häuslichen Krankenpflege bestünde eine Vertragsfreiheit wie im "freien Wirtschaftsleben".
Soweit die Antragsgegnerinnen geltend gemacht haben, der Antragsteller könne sich nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine Position ertrotzen, die ihn faktisch in die Position eines Vertragspartners der Antragsgegnerinnen setze, obwohl er sich in der Hauptsache weigere, den entsprechenden Vertrag abzuschließen, übersehen sie, dass zumindest ein Anspruch des Antragstellers auf Gleichbehandlung mit den bisherigen Anbietern im Hinblick auf die Konditionen des BKK-Vertrages besteht. Die Antragsgegnerinnen verkennen die Rechtslage, wenn sie meinen, sie könnten ihr Vertragsangebot dem Antragsteller aufzwingen, ohne dass dieser im Hinblick auf den Zugang zur Leistungserbringung in einem öffentlich-rechtlichen System entsprechenden Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnte.
Da an einem Anspruch des Antragstellers auf Abschluss des BKK-Vertrages kein ernsthafter Zweifel besteht, sind an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es ist daher ausreichend, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass ihm durch das Verhalten der Antragsgegnerinnen Pflegemöglichkeiten entgehen, obwohl er - wie die entsprechende Antragstellung zeigt - auch bereit ist, vorläufig zu den Bedingungen des BKK-Vertrages zu pflegen.
Einen weitergehenden Anspruch hat der Antragsteller allerdings nicht glaubhaft gemacht. Die Prüfung der Frage, ob er darüber hinaus einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu den von ihm beanspruchten Konditionen hat, sei es in der Form des ebenfalls ab 1. September 1999 gültigen Krankenkassen-Vertrages oder der bis zum 31. August 1999 angeblich unstreitigen Regelungen, wirft schwierige Rechtsprobleme auf, die erst nach umfangreichen Ermittlungen beantwortet werden können, für die in einem auf summarische Prüfung angelegten einstweiligen Rechtsschutzverfahren kein Raum ist.
Da nach § 132 a Abs. 2 SGB V jeweils die Krankenkasse und nicht die Landesverbände der Krankenkassen oder Spitzenverbände auf Bundesebene Vertragspartner der Leistungserbringer sind, folgt aus der gesetzlichen Regelung die grundsätzliche Berechtigung der einzelnen Kasse, die Preise und Einzelheiten der Versorgung - aber auch nicht mehr - ihrer Mitglieder mit häuslicher Krankenpflege selbst mit den Leistungserbringern auszuhandeln. Daraus ergibt sich (im Regelfall), dass unterschiedliche Vertragsabschlüsse zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen unter Wettbewerbsgesichtspunkten im Gesetz angelegt sind und sich daher nicht ohne weiteres als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG) darstellen.
Ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu den von dem Antragsteller beanspruchten Konditionen könnte vor dem Hintergrund des Artikel 3 GG z. B. dann in Betracht kommen, wenn sich ergeben würde, dass die Antragsgegnerinnen einen den Vorstellungen des Antragstellers im Wesentlichen entsprechenden Vertrag mit anderen Anbietern tatsächlich geschlossen hätten und dem Antragsteller äquivalente Vertragsbedingungen ohne sachlichen Grund vorenthalten würden. Die Bejahung eines solchen Anspruches setzt aber umfangreiche Ermittlungen zu den tatsächlich mit den privaten und anderen Anbietern der freien Wohlfahrtspflege geschlossenen Verträgen, auch im Hinblick auf Abschlusszeitpunkt, Inhalt, Zusatzvereinbarungen und Geltungsdauer, voraus.
Daneben wäre die Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs auch denkbar, wenn sich nach Ermittlungen ergäbe, dass die Antragsgegnerinnen zu den von ihnen angestrebten Bedingungen nicht genügend Anbieter zur Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrages gefunden hätten und daher konkrete Versorgungslücken festgestellt werden könnten. Die Behauptung der Antragsgegnerinnen, dass die Sicherstellung der häuslichen Krankenpflege im gesamten Land Berlin durch Partner des BKK-Vertrages gewährleistet werden könne, obwohl auch weiterhin Versicherte von dem Antragsteller gepflegt würden, was seinen Grund allein in dem behutsa-men Vorgehen der Antragsgegnerinnen in den jeweiligen Pflegefällen habe, eignet sich nicht zur Überprüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Genauso gut kommt in Betracht, dass die Antragsgegnerinnen mit den bisherigen Vertragspartnern des BKK-Vertrages tatsächlich nicht in der Lage sind, die häusliche Pflege in dem erforderlichen Umfang sicherzustellen, wie dies der Antragsgegner und auch Träger freier Wohlfahrtsverbände in Parallelverfahren behauptet haben.
Letztlich bleibt ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zu günstigeren als den bisher angebotenen Konditionen auch aus der Verpflichtung denkbar, die religiösen Bedürfnisse der Versicherten sowie die Vielfalt der Leistungserbringer zu berücksichtigen. Diesem an die Krankenkassen gerichteten Gebot (§§ 2 Abs. 3, 132 a Abs. 2 Satz 3 SGB V; dort ist von " ... ist ... zu beachten" bzw. "Rechnung zu tragen" die Rede) steht ein Anspruch des Versicherten im Rahmen des § 33 Satz 2 Sozialgesetzbuch/Erstes Buch -SGB I- gegenüber, so dass es zumindest nicht unproblematisch ist, einen vom Versicherten gewünschten Leistungserbringer, der bei anderen Kassen problemlos in Anspruch genommen werden könnte, aus rein finanziellen Gründen auszuschließen.
Auf derart umfangreiche und schwierige Sachverhaltsaufklärung ist das einstweilige Rechts-schutzverfahren nicht zugeschnitten. Selbst bei summarischer Prüfung kann der Senat bei dem vorliegenden widerstreitenden Tatsachenvortrag nicht feststellen, welche Pflegesituation rein tatsächlich seit dem Auslaufen der Verträge zum 31. August 1999 besteht.
In derartigen Fällen, in denen die aufgeworfenen Rechtsfragen außerordentlich kompliziert und ihr Ergebnis und damit der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist, nimmt der Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz -BVerfGG- eine Folgenabwägung vor, bei der die Erwägung, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat. Abzuwägen sind stattdessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, sich ein Anspruch im Hauptsacheverfahren aber würde nachweisen lassen, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, ohne dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegen würde. Unter Beachtung dieser Maßstäbe musste den weitergehenden Anträgen der Erfolg versagt bleiben.
Vom Antragsteller selbst ist nicht vorgetragen, dass er in seiner Existenz bedroht wäre, wenn er nicht mehr zu den Vertragspartnern der Betriebskrankenkassen gehören würde. Mit Schriftsatz vom 13. April 2000 ist insofern geltend gemacht worden, dass der Antragsteller zum 1. April 2000 18 von 101 Patienten an Partner des BKK-Vertrages verloren hat. Erst recht ist nicht zu erkennen, dass eine Existenzgefährdung des Antragstellers besteht, wenn er in Zukunft zumindest vorläufig auch zu den Konditionen pflegen muss, die offenbar von privaten Anbie-tern erfüllt werden können. Es ist ihm insoweit auch im Hinblick auf ein mögliches Unterliegen in der Hauptsache zuzumuten, sich auf die neue wirtschaftliche Situation einzustellen. Außer-dem unterliegt es keinem ernsthaften Zweifel, dass die Antragsgegnerinnen, sollten sie im Rechtsstreit in der Hauptsache unterliegen, die nachzuzahlende Vergütung auch tatsächlich nachzahlen würden.
Demgegenüber würde der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerinnen erheblich treffen, da die Ausnutzung von Wirtschaftlichkeitsreserven durch Wettbewerb auch im Rahmen der Erbringung der Leistung der häuslichen Krankenpflege im Rahmen des § 132 a SGB V vorgesehen ist. Die Eröffnung von Wirtschaftlichkeitsreserven zur Gewährleistung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung stellt jedoch eine besondere Gemeinwohlaufgabe dar, welche der Gesetzgeber nicht nur verfolgen darf, sondern der er sich nicht einmal entziehen dürfte (BVerfGE 68, 193, 218; im Ergebnis ebenso: Beschlüsse des 9. Senats des Landessozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 1999 - 9 B 105/99 KR ER und 17. Dezember 1999 - L 9 B 127/99 KR ER jeweils ergangen zur Festsetzung von Festbeträgen nach §§ 35 und 36 SGB V).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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