L 4 KR 31/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 10 KR 82/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 31/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. Juni 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am ... 1936 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1997 bei der Beklagten als Rentner freiwillig versichert.Für die Durchführung dieser Versicherung hat der Kläger nicht das Kostenerstattungsverfahren gewählt. Er leidet an einer therapieresistenten Pollenallergie und ist nach eigenen Angaben zumindest seit 1995 bei einer Heilpraktikerin in Behandlung. Im Mai 2000 beantragte der Kläger unter Einreichung einer Rechnung der Heilpraktikerin A. R. vom 22. Mai 2000 die Erstattung von DM 1224,65 (= 626,15 EUR) für folgende Leistungen der Heilpraktikerin in der Zeit vom 01. Februar 2000 bis 06. April 2000: Untersuchung, Beratung, Eigenblutinjektionen und Akupunktur bei Pollenallergie, chronische Sinusitis, Desensibilisierung. Beigefügt wurde ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin M. v. D. vom 23. Mai 2000, eine Verordnung von der Heilpraktikerin vom 01. Februar 2000 und eine Rechnung der Punkt-Apotheke in B. vom 01. März 2000.

Mit Bescheid vom 31. Mai 2000 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten mit der Begründung ab, dass außervertragliche Leistungen nur im Einzelfall dann erstattet werden könnten, wenn innerhalb des Vertragssystems trotz intensiver Bemühungen eine medizinisch notwendige Leistung nicht erbracht werden konnte und diese Leistung als letztes Mittel zur erfolgversprechenden Therapie angesehen werden könne. Für die bei dem Kläger vorliegenden Erkrankungen habe ein solcher Nachweis nicht vorgelegen.

Der Kläger machte mit Widerspruch vom 16. Juni 2000 geltend, dass er seit 25 Jahren an einer Pollenallergie leide. 20 Jahre lang hätten Schulmediziner erfolglos versucht, ihm zu helfen. Nach einer fünfjährigen Behandlung durch eine Heilpraktikerin könne eine merkliche Besserung der Allergie festgestellt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04. August 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, dass freiwillige Mitglieder für die Dauer der freiwilligen Versicherung anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen könnten. Dabei dürften nur die im 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch – SGB V -genannten Leistungserbringer in Anspruch genommen werden. Nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V könnten Versicherte unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten frei wählen. Andere Ärzte dürften nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Bei der in Anspruch genommenen Therapeutin habe es sich um eine Heilpraktikerin und somit um eine nicht zugelassene Behandlerin gehandelt. Außervertragliche Leistungen könnten in besonderen Einzelfällen erstattet werden, die Voraussetzungen dafür lägen aber nicht vor.

Hiergegen hat der Kläger am 09. August 2000 vor dem Sozialgericht Freiburg Klage erhoben, die mit Beschluss vom 06. September 2000 an das Sozialgericht Cottbus verwiesen worden ist.

Vor dem Sozialgericht hat der Kläger geltend gemacht, dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin in vergangenen Jahren regelmäßig Kosten für die Behandlung der Allergien bei Heilpraktikanten übernommen hätte.

Er hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. August 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1224,65 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat vor dem Sozialgericht Cottbus beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass kein Nachweis vorläge, dass die Krankheit des Klägers nicht von einem Facharzt, zum Beispiel einem Allergologen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung auf Dauer erfolgreich behandelt werden könne. Dem Attest der Hausärztin könne nicht entnommen werden, welche ärztlichen und fachärztlichen Behandlungen bisher durchgeführt worden seien. Eine Kostenübernahme sei im Rahmen einer Einzelentscheidung nicht möglich. Einem Attest vom 08. Oktober 1985 der Dermatologischen Klinik in B. sei zu entnehmen, dass durch die von Januar 1978 bis 1980 erfolgte präsaisonale Hyposensibilisierung eine deutliche Besserung der Beschwerden eingetreten sei. Es sei eine Weiterbehandlung empfohlen worden, ob diese durchgeführt worden sei, könne nicht festgestellt werden. Eine Kostenerstattung für eine Behandlung durch einen Nichtvertragspartner könne nicht erfolgen.

Das Sozialgericht hat nach Beiziehung eines Befundberichts des Facharztes für Allgemeinmedizin M. v. D. vom 07. März 2001 mit Urteil vom 20. Juni 2001 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht auf die Ausführungen der Beklagten mit dem Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass vom Heilpraktiker erbrachte Leistungen nicht zum Leistungsumfang in der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Es sei darüber hinaus zweifelhaft, ob die von der Heilpraktikerin R. durchgeführte Behandlung von einem Arzt angeordnet worden sei. Der Allgemeinmediziner habe in seinem Attest die Durchführung eines biologischen Heilverfahrens lediglich befürwortet. Heilpraktiker seien zudem keine ärztlichen Hilfspersonen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

Gegen das ihm am 19. Juli 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03. August 2001 Berufung eingelegt. Er begehrt die Erstattung der ihm entstandenen Behandlungskosten. Eine Behandlung durch einen Vertragspartner der Beklagten sei bisher nicht geboten gewesen, weil die Kosten der Heilpraktikerbehandlung zuvor immer von der Beklagten übernommen worden seien. Eine Einschränkung dahingehend, zukünftig nur noch Leistungen des Vertragssystems zu gewähren, sei nicht erfolgt. Die Notwendigkeit der Behandlung sei von der Beklagten in den vergangenen Jahren anerkannt worden, denn es sei bei gleicher Sach- und Rechtslage ein Kostenzuschuss für Behandlungen erfolgt. Auch bei einer Ermessensausübung sei die ständige gleichbleibende Verwaltungspraxis geboten. Die Beklagte habe weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren Beweise dafür vorgelegt, dass eine schulmedizinische Behandlung erfolgreich gewesen sei. Seine Erkrankung sei einer konservativen Behandlung unzugänglich. Dieses werde insbesondere durch die bis zum Jahre 1989 erfolglos durchgeführte Hyposensibilisierung deutlich. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme außervertraglicher Leistungen, nämlich die Behandlung durch einen Heilpraktiker lägen vor, weil er trotz intensiver Bemühungen keinen Facharzt/Allergologen gefunden habe, der die für ihn erfolgreiche Eigenblutinjektion und Akupunktur durchführe. Damit sei er auf die Inanspruchnahme der u. a. auch kostengünstigeren und außervertraglichen Leistung gezwungen. Der Kläger hat angeregt, den Abschlussbericht der Behandlung im Krankenhaus B.-N. aus dem Jahre 1978 beizuziehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. Juni 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 626,15 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung vom 01. August 2001 abzulehnen und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20.06.2001 zu bestätigen.

Sie hält das Urteil für zutreffend. Die bereits 1978 begonnene Hyposensibilisierung im Krankenhaus N. sei trotz Empfehlung der genannten Klinik nicht fortgesetzt worden. Auch weitere fachärztliche Behandlungen seien nicht attestiert worden. Außervertragliche Leistungen könnten im besonderen Einzelfall nur dann erstattet werden, wenn innerhalb des Vertragssystems - trotz intensiver Bemühungen - eine medizinisch-notwendige Leistung nicht erbracht werden könne und diese Leistung als letztes Mittel einer erfolgsversprechenden Therapie angesehen werde. Die Beklagte hat einen übertragenen Text aus einem Brief an Frau Dr. med. R. T. vom 08. Oktober 1985 des Krankenhauses N. zur Gerichtsakte gereicht.

Das Gericht hat erfolglos versucht, Behandlungsunterlagen des Klägers über dessen durchgeführte Hyposensibilisierung von 1978 bis 1980 im Original vom Krankenhaus N. beizuziehen. Das Krankenhaus N. hat mit Schreiben vom 10. Januar 2001 mitgeteilt, dass Unterlagen des Klägers nicht mehr vorhanden seien, ambulante Unterlagen würden nur 10 Jahre aufgehoben werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ) ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist unbegründet. Die Ablehnung des von dem Kläger geltend gemachten Anspruches auf Übernahme der Kosten für die in Anspruch genommenen Leistungen durch den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 04. August 2000 ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 13 SGB V, nach denen die Beklagte zur Erstattung von Kosten verpflichtet wäre, liegen nicht vor.

Danach darf die Beklagte Kosten anstelle der nach § 2 Abs. 2 SGB V zu erbringenden Sach- oder Dienstleistung nur erstatten, soweit dieses in § 13 Abs. 2, Abs. 3 SGB V vorgesehen ist.

Der Kläger hat als freiwilliges Mitglied der Beklagten gegenüber der Beklagten für die Durchführung der freiwilligen Versicherung nicht das Kostenerstattungsverfahren anstatt der Sach- oder Dienstleistung gewählt, so dass ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 2 SGB V ausscheidet. Danach können freiwillige Mitglieder für die Dauer der freiwilligen Versicherung die Kostenerstattung wählen. Für diese Wahl ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber der Krankenkasse Voraussetzung mit der Wirkung, dass bei allen Leistungen die Kosten erstattet werden und der Versicherte sich nicht je nach Behandler für eine Sachleistung oder eine Kostenerstattung entscheiden kann. Eine solche Wahl für die Durchführung der freiwilligen Versicherung hat der Kläger nicht getroffen, wobei allerdings auch im Falle der Wahl zur Kostenerstattung nur Kosten für grundsätzlich als Sachleistung geschuldete Behandlungsmethoden erstattet werden könnten; die Kostenerstattung erweitert die bestehenden Leistungsansprüche nicht. Auch für ihn kommt damit ein Kostenerstattungsanspruch nur unter denselben Bedingungen in Frage, wie er auch für Pflichtversicherte in § 13 Abs. 3 SGB V geregelt ist.

Danach sind Kosten für selbstbeschaffte Leistungen dann zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch Kosten entstanden sind (§ 13 Abs.1 1. Alt. SGB V).

Bei den ab Februar 2000 bis April 2000 in Anspruch genommenen Leistungen der Heilpraktikerin handelte es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung. Ob eine dringende Behandlungsbedürftigkeit bestanden hat, beurteilt sich nach medizinischen Kriterien. Der übliche Beschaffungsweg, das heißt die Inanspruchnahme einer Sachleistung, muss mit einer für den Versicherten unvermeidbaren Verzögerung und mit medizinischen Risiken verbunden sein, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährden könnte oder der für den Versicherten nicht zumutbar ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 1996, Az.: 1 RK 22/99, BSGE 77, 227, SozR 3-2500 § 29 Nr. 3). Neben Notfällen, dringender Behandlung durch einen Nichtvertragsarzt kommen auch alle durch Systemstörungen und Versorgungslücken hervorgerufene dringliche Bedarfslagen in Frage.

Eine Notfalllage, dass eine sofortige Behandlung erforderlich und dem Kläger die Inanspruchnahme eines Vertragsarztes nicht zumutbar war, lag nicht vor. Dieses geht schon aus dem Attest des behandelnden Arztes M. v. D. vom 23. Mai 2000 hervor, worin die Durchführung eines biologischen Heilverfahrens befürwortet, nicht aber eine Dringlichkeit attestiert wird. Des Weiteren ergibt sich aus dem von dem behandelnden Arzt eingereichten Befundbericht keine Notfalllage zu Beginn des Jahres 2000. Eine Krankenbehandlung bei dem Arzt infolge eines Notfalles ist nicht dokumentiert, eine Befundung vor der durchgeführten Behandlung im Februar 2000 fand nicht statt. Als Befund wird im April 2000, mithin nach Beginn der heilpraktischen Behandlung, eine saisonale Rhinitis allergica mit konjunktivalen Beschwerden angegeben, die medikamentös behandelt wurde.

Auch ein Systemversagen oder eine Versorgungslücke im Sinne einer Unaufschiebbarkeit ist nicht festzustellen. Ein Systemversagen mit Anspruch auf Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Leistungen, die infolge eines Versagens des gesetzlichen Sachleistungssystems nicht erbracht worden sind, ist z. B. dann gegeben, wenn der Versicherte nicht weiß, dass der ärztliche Leistungserbringer ihm eine Fremdleistung verschaffen wollte und die gewählte Kostenerstattung auf einer Verordnung oder Verschaffung eines Vertragsbehandlers beruhte. Der Versicherte muss die Fremdleistung im schutzwürdigen Vertrauen als für ihn kostenfreie Kassenleistung entgegengenommen haben (Höfler in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V Anm. 8, BSG, Urt. vom 23.10.1996, Az.: 4 RK 2/96, BSGE 79, 190-197). Dieses liegt hier nicht vor. Der Kläger hat die Leistungen nicht aufgrund ärztlicher Verordnung als "Sachleistung" entgegengenommen, sondern von der nichtärztlichen Heilpraktikerin A. R., die ihm die Leistung auch direkt in Rechnung gestellt hat. Dies gilt auch für die verabreichten Medikamente durch die Apotheke. Eine ärztliche Verordnung lag den Leistungen damit nicht zugrunde, somit konnte daraus auch kein Vertrauen auf eine Leistung innerhalb des gesetzlichen Systems folgen. Lediglich eine Empfehlung des Arztes für Allgemeinmedizin vom 23. Mai 2000 nach erfolgter Leistungserbringung empfahl die vorher erhaltenen Leistungen. Aus dieser im Nachhinein ausgestellten Bescheinigung konnte bei Behandlungsbeginn kein Vertrauen entstehen. Da der Kläger gegenüber der Beklagten nicht die Kostenerstattung für die Durchführung seiner Versicherung gewählt hatte und andere Leistungen als Sachleistungen der Beklagten über die Chipkarte ohne eigene (Vor-) Finanzierung entgegengenommen hat, war für ihn ersichtlich, dass die in Anspruch genommenen Leistungen nicht als Sachleistungen durch die Beklagte erbracht werden. Ihm gegenüber wurde auch nicht suggeriert, dass es sich um eine Sachleistung der Beklagten handelte, andernfalls hätte die Heilpraktikerin ihm die Leistungen nicht in Rechnung gestellt.

Eine Versorgungslücke als Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 1. Alt. SGB V lag ebenfalls nicht vor. Eine solche Versorgungslücke ist dann gegeben, wenn eine i.S. des § 27 SGB V notwendige und von der Krankenkasse geschuldete Sachleistung im System der gesetzlichen Krankenkasse durch eine zugelassene Behandlungsmethode oder einen zugelassenen Leistungserbringer nicht oder nicht zumutbar erbracht werden kann und daher das Beschaffungssystem versagt (BSG, Urt. v. 16.09.1997, Az.: 1 RK 28/95, BSGE 81, 54-73). Diese Voraussetzungen liegen allein deshalb nicht vor, weil auch für solche Behandlungen die ärztliche Verantwortung in Form einer hier nicht vorliegenden ärztlichen Verordnung unverzichtbar ist. Dieses folgt aus § 15 Abs.1 SGB V. Danach werden ärztliche Behandlungen von Ärzten erbracht. Wenn Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich sind, dürfen diese nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und verantwortet werden (§ 15 Abs.1 Satz 2 SGB V).

Gemäß § 27 SGB V haben Versicherte zwar Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst dabei die ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung, die zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe, Krankenhausbehandlung, medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation sowie Belastungserprobung und Arbeitstherapie. Der Arztvorbehalt gem. § 15 SGB V gilt, da damit sichergestellt werden soll, dass die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft Grundlage der medizinischen Versorgung ist und eine ausreichende Ausbildung, Kontrolle und Überwachung von Heilpersonen gewährleistet ist (BSG, Urt. v. 12.05.1993, Az.: 6 Rka 21/91, BSGE 72, 227 (230), Urt. v. 01.03.1979, Az.: 6 Rka 13/77, BSGE 48, 47 n.Rechtsl. RVO), auch für besondere Heilmethoden und sogenannte neue Behandlungsmethoden.

Unabhängig davon, dass mit dem als "Attest" bezeichneten Schreiben des behandelnden Arztes M. v. D. vom 23. Mai 2000 die Durchführung eines biologischen Heilverfahrens befürwortet und somit weder angeordnet noch für (zwingend) erforderlich gehalten wird und unabhängig davon, dass aus dem Attest nicht hervorgeht, dass eine "Eigenblutinjektion und Akupunktur", also die konkret in Anspruch genommene Behandlung überhaupt befürwortet wird, datiert dieses Attest vom 23. Mai 2000 und damit zeitlich nach der erfolgten Leistungserbringung durch die Heilpraktikerin. Damit war die vorher erbrachte Leistung nicht von dem Arzt verantwortet worden. Hier hat die Heilpraktikerin selbständig die Behandlung erbracht und sie auch dem Kläger in Rechnung gestellt. Diese selbständige Leistungserbringung eines Heilpraktikers gehört aber nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Beschluss vom 22. Januar 1998, Az.: B 1 KR 30/97 B). Eine Inanspruchnahme eines Arztes war dem Kläger auch möglich, da er wegen seiner Erkrankung auch bei einem Arzt in Behandlung war. Wie sich aus dem Befundbericht des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin M. v. D. vom 07. März 2001 ergibt, wurde bei dem Kläger im Januar 1973 bis 1980 eine präsaisonale Hyposensibilisierung durchgeführt, eine solche Hyposensibilisierung fand erneut von 1985 bis 1989 statt. Die Behandlungen erfolgten im Krankenhaus N., örtlicher Bereich B. (1985 und ebenfalls 1978). In beiden Berichten wird ausgeführt, dass eine Hyposensibilisierung zur Behandlung der Pollenallergie durchgeführt werden sollte. Nach Angabe des behandelnden Arztes in dem Befundbericht trat auch eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes ein.

Danach steht auch fest, dass unabhängig davon, dass keine ärztliche Verordnung der erhaltenen Leistung vorliegt, die Leistung nicht die einzige Behandlungsmethode war, zumal sich seit 1985 auch die "schulmedizinische" Behandlung von Allergien weiterentwickelt haben dürfte.

Die von dem Kläger gewählte Behandlung wäre auch dann nicht von der Beklagten als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung geschuldet, wenn ein Arzt sie verordnet hätte, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Systemversagen vorliegt.

Die Eigenblut- und Akupunkturbehandlung gehört nicht zu den nach § 27 SGB V von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Bei der Überprüfung des einem Kostenerstattungsanspruch zugrunde liegenden Sachleistungsanspruchs ist vom therapeutischen Gesamtkonzept auszugehen, eine getrennte Beurteilung der einzelnen Elemente ist unzulässig (BSG, Urt. v. 16.09.1997, Az.: 1 RK 28/95, BSGE 81 54-73 – Bioresonanztherapie), so dass hier von der Akupunkturbehandlung auszugehen ist, die eine neue Behandlungsmethode darstellt, da sie nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen gehört (BSG, Urt. v. 16.09.1997, Az.: 1 RK 17/95, MedR 1998, 230-239 – Akupunktur). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf Antrag in den Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr. 5 SGB V ( Richtlinie über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gem. § 135 Abs.1 SGB V – BUB-RL -) eine Empfehlungen abgegeben haben (§ 135 Abs.1 SGB V). Nach diesem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 16.09.1997, Az.: 1 RK 17/95, a.a.O.) darf eine Behandlungsmethode solange nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, bis eine Empfehlung gem. § 135 Abs.1 Satz 2 SGB V des Ausschusses vorliegt BSG, Urt. v. 16. 09. 1997, Az.: 1 RK 32/95, BSGE 81, 73-85). Gem. Anlage B (nicht anerkannte Methoden) der BUB-RL in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2000 ist die Akupunktur mit Ausnahme bei drei hier nicht relevanten Indikationen und im Rahmen eines Modellversuchs zur Behandlung einer bei dem Kläger nicht vorliegenden Erkrankung als Methode unter Ziff. 31 aufgenommen, deren diagnostischer bzw. therapeutischer Nutzen nicht festgestellt werden kann (Anl. B BUB-RL). Wenn eine Prüfung einer Methode – wie hier – vorliegt und eine Empfehlung nicht abgegeben worden ist, kommt ein Systemmangel nicht in Betracht (BSG, Beschluss v. 29.09.1998 (Elektroakupunktur), Az.: B 1 KR 36/97 B, zitiert nach juris). Ein Kostenerstattungsanspruch ist nur möglich, wenn das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Vorliegen der für die Prüfung erforderlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird (BSG, Urt. v. 3.04.2001 (ICSI), Az.: B 1 KR 22/00 R, BSGE 88, 51-62).

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten gemäß § 13 Abs. 3 2. Alt. SGB V nach Selbstbeschaffung einer zuvor zu Unrecht abgelehnten Leistung kommt unabhängig davon, dass die Beklagte die erhaltenen Leistung nicht als Sachleistung schuldete, bereits deshalb nicht in Betracht, weil dem Kläger die Kosten der Selbstbeschaffung nicht nach einer ablehnenden Entscheidung der Beklagten entstanden sind (BSG, Urteil vom 15. April 1997, Az.:1 K 31/96, SozR 3-2500 § 13 Nr. 15), der Kläger vielmehr erst nach der erfolgten Behandlung die Erstattung der Kosten beantragt hat. Die Beklagte hatte daher vor Behandlungsbeginn nicht die Möglichkeit, über eine Leistungsgewährung zu entscheiden. Der Kläger hatte sich schon für eine Selbstbeschaffung auf eigene Rechnung entschieden.

Sofern der Kläger geltend macht, dass die Beklagte in der Vergangenheit die ihm durch eine Behandlung der Heilpraktikerin entstandenen Kosten zumindest teilweise erstattet habe, folgt daraus nicht der Anspruch, dass die Beklagte auch die Kosten für die Behandlungen ab 01. Februar 2000 bis April 2000 zu erstatten hat, da aus einer möglicherweise rechtswidrigen Leistung in der Vergangenheit, jedenfalls wenn – wie hier - einzelne Leistungsabschnitte betroffen sind, kein Anspruch auf weitere Leistungen ohne gesetzliche Grundlage folgt. Eine neue Behandlungsfolge wegen einer erneuten oder wiederholt auftretenden Krankheit setzt eine neue Entscheidung der Beklagten voraus. Insoweit folgt auch aus der Satzung der Beklagten kein Anspruch. Sofern dort mit Wirkung ab 01.Juli 2001 Leistungen der Akupunktur im Rahmen eines Modellversuches vorgesehen sind, erfüllt der Kläger diese (zeitlichen) Voraussetzungen nicht.

Auch folgt kein Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Unabhängig davon, ob der Beklagten überhaupt ein Beratungsfehler angelastet werden kann oder ob eine Erstattungspraxis in der Vergangenheit einen Hinweis darauf erfordert hätte, dass in der Zukunft keine Leistungen mehr erstattet würden, reicht der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nur so weit, wie der in § 13 Abs. 3 SGB V vorausgesetzte Kausalzusammenhang (BSG, Urteil vom 24. September 1996, Az.: 1 RK 33/95, SozR 3-2500 § 13 Nr. 11). Mit dem Herstellungsanspruch kann damit nur ein Anspruch durchgesetzt werden, den der Anspruchsteller bei rechtmäßigem Verhalten des Leistungsträgers gehabt hätte. Dies wäre - wie dargestellt - nur insoweit möglich gewesen, als die Inanspruchnahme einer zustehenden Sachleistung - wozu Heilpraktikerbehandlung nicht gehört - durch das Unvermögen und eine (vorherige) Ablehnung der Krankenkasse wesentlich mitverursacht worden ist. Der Herstellungsanspruch führt nicht zur Korrektur von außerhalb des Verwaltungsverfahrens eingetretenen Tatsachen (BSG, Beschluss vom 15. März 1989, Az.: B 11 Ar 1/89, zitiert nach juris). In derartigen Fällen kommen nur Schadensersatzansprüche in Betracht, die vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Berufungsverfahrens.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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