L 4 KR 37/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 6/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 37/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Juli 2001 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine geschlechtsanpassende Operation in der Klinik Sanssouci in Potsdam.

Der 1961 geborene Kläger führt als Selbständiger einen Getränkemarkt mit Imbiss. Er beantragte unter Vorlage eines Schreibens der Klinik Sanssouci in Potsdam vom 18. Mai 1998 - mit dem für den Eingriff eine Gesamtsumme von 74 500,00 DM ausgewiesen wurde - die operative Geschlechtsanpassung Frau zum Mann. Nach der Beschreibung der Klinik Sanssouci sollten in einem Operationstermin folgende Schritte durchgeführt werden:

Scheidenentfernung, Mikrochirurgische Entnahme eines Haut-Gefäß-Nerven-Lappens vom linken Unterarm unter Einsatz eines OP-Mikroskops, Plastische Deckung des Entnahmefeldes mit Spalthaut, Plastischer Aufbau eines Penoids (Penisersatzplastik), Mikrochirurgischer Gefäßanschluss der Schlag- und Blutadern sowie der Nerven des Penoids in der Mittelinie, Verlängerungsplastik der weiblichen Harnröhre mit den kleinen Schamlippen, Bildung einer neuen Harnröhre, so das es dem Patienten möglich ist, im Stehen zu urinieren, Verlagerung der Klitoris an die Penoidbasis zur Erhaltung der sexuellen Erregbarkeit, Oberschenkel-hautstraffung zur Deckung der Spalthautentnahmestellen"

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen - MDK - stellte nach Aktenlage fest, dass die medizinischen Voraussetzungen für die operative Maßnahme gegeben seien. Für die Operation kämen als Vertragskrankenhäuser das St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main und das Klinikum Rechts der Isar der TU München und als Nicht-Vertragskrankenhaus die Klinik Sanssouci in Potsdam in Betracht. Die Ergebnisse der Klinik Sanssouci in Potsdam seien, soweit sie veröffentlicht worden seien, gut. Von dem Gutachter wurde empfohlen, im Wege einer Einzelfallentscheidung die geschlechtsanpassenden Operationen in dieser Klinik ausführen zu lassen.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 1998 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme der stationären Behandlung in der Klinik Sanssouci in Potsdam mit der Begründung ab, dass gesetzliche Krankenkassen Krankenhausbehandlungen nur in zugelassenen Krankenhäusern erbringen dürften und die Klinik Sanssouci in Potsdam eine Privatklinik sei. Dem Kläger wurde empfohlen, die Operation im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main oder dem Klinikum Rechts der Isar der TU München durchführen zu lassen.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch begehrte der Kläger eine "Einzelfallentscheidung" und machte geltend, dass nur der Operateur Dr. D. der Klinik Sanssouci in Potsdam für eine geschlechtsangleichende Operation eine Erfolgsgarantie gebe. Die vorgeschlagenen anderen Krankenhäuser könnten nur einen mäßigen Erfolg vorweisen. Die dort durchgeführten Operationen seien vom medizinischen Standpunkt aus mit großen Risiken behaftet, ignorierten Ästhetik und Menschenwürde, beendeten seinen Leidensdruck nicht endgültig und bedeuteten für die Beklagte ein extrem hohes Kostenrisiko. Nach Vorstellungsgesprächen in der Klinik St. Markus in Frankfurt/Main und im Klinikum Rechts der Isar habe er von der Durchführung einer Operation in diesen Häusern Abstand genommen. Allein die Klinik Sanssouci in Potsdam garantiere erfolgreiche, ästhetische und funktionell ansprechende geschlechtsangleichende Operationen von Frau zu Mann durch Dr. D ... Mit der Fallpauschale von 74 500,00 DM für eine Operation in der Klinik Sanssouci seien sämtliche notwendig werdenden Korrekturoperationen innerhalb eines Jahres abgegolten. Dr. D. sei Facharzt für plastische und rekonstruktive Chirurgie und könne dadurch eine sehr komplikationsarme Operation gewährleisten. Dr. D. habe innerhalb der letzten zwölf Jahre über 130 Frau-zu-Mann-Anpassungen durchgeführt und verfüge weltweit über die größten Erfahrungen auf diesem Gebiet. Die Operation könne bei Dr. D. in unmittelbarer Nachbarschaft seines Wohnortes durchgeführt werden. Die Beklagte trage aufgrund der Kostenpauschale der Klinik Sanssouci in Potsdam keinerlei Kostenrisiko im Vergleich zu den anderen Krankenhäusern. Die Kosten könnten eher minimiert werden. Der Kläger verwies auf Zustimmungen anderer Krankenkassen im Wege von "Einzelfallentscheidungen" zu Operationen in Potsdam und legte entsprechende Schreiben von anderen Krankenkassen vor.

Der Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1998 wies den Widerspruch zurück. Die Erforderlichkeit einer stationären Behandlung sei unstrittig. Der grundsätzlich gegebene Anspruch auf vollstationäre Behandlung beschränke sich jedoch nur auf zugelassene Einrichtungen, zu denen die Klinik Sanssouci in Potsdam nicht gehöre. Ermessen sei ihr nicht eingeräumt.

Der Kläger hat am 18. Januar 1999 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass eine Ausübung des Ermessens durch die Beklagte nicht erkennbar sei. Allein durch Verweis auf die Möglichkeit einer Operation in einer Vertragsklinik könne die Übernahme der Kosten einer Operation durch Dr. D. nicht abgelehnt werden. Das einzig standardisierte Operationsverfahren auf dem Gebiet der Geschlechtstransformationsoperationen habe Herr Dr. D. entwickelt. Es führe bei kürzester Behandlungsdauer zu bestmöglichen medizinischen Ergebnissen. Andere Verfahren differierten hiervon erheblich und führten zu teilweise katastrophalen Ergebnissen. Dieses könne ihm nicht zugemutet werden. Er hat nochmals auf Entscheidungen anderer Krankenversicherungsträger und deren Begründungen zur Kostenübernahme von Operationen in der Klinik Sanssouci in Potsdam verwiesen. Zudem seien bei Operationen in den von der Beklagten benannten Krankenhäusern insgesamt bis zu sieben Operationen zur Geschlechtsanpassung erforderlich, auch sei dort mit einer längeren Arbeitsunfähigkeit zu rechnen. In der Klinik Sanssouci würden alle erforderlichen Operationsschritte in einer Sitzung durchgeführt, die Liegezeit betrage 12 bis 16 Tage, die Arbeitsunfähigkeit nur vier bis sechs Wochen. Nach der Entlassung aus der Klinik Sanssouci in Potsdam könne der Betroffene im Stehen Wasser lassen und nach ca. acht Monaten erfolge der Einsatz der Erektionsprothese und der Hodenimplantate. Bei 130 erfolgreich durchgeführten Operationen in der Klinik Sanssouci in Potsdam sei es nicht zu einem einzigen Prothesenverlust gekommen. Nur in 10 v. H. Fällen komme es zu Stenosen und Fisteln, die ambulant oder während eines kurzeitigen stationären Aufenthalts behandelt werden könnten.

Für die schlechten Ergebnisse der Kliniken St. Markus in Frankfurt/Main und Rechts der Isar in München hat der Kläger Zeugen benannt und deren "Leidenswege" geschildert sowie Bildmaterial zu in der Klinik in Frankfurt/Main und der Klinik Sanssouci in Potsdam durchgeführten Operationen zur Gerichtsakte gereicht. Weiter hat der Kläger eine Beschreibung der Operation zur Geschlechtsanpassung Frau zu Mann der Klinik Sanssouci in Potsdam vom Juni 1999, eine ärztliche Bescheinigung des Dipl.-Med. H.-J. L. vom 08. Juli 1999, eine Dokumentation über die Erfahrung eines Betroffenen in Frankfurt/Main und den Abdruck eines Artikels der Zeitschrift "Der Spiegel" zur Gerichtsakte gereicht. Die bei einer Operation durch die Klinik Sanssouci in Potsdam entstehenden Kosten würden unter die "Sowieso-Kosten" einer Behandlung in einem der Vertragskrankenhäuser fallen, so dass die Beklagte zur Übernahme dieser Kosten nach Maßgabe der Vorschriften des § 13 Abs. 2 SGB V verpflichtet sei. Da mit den Fachgutchten des MDK und den beigebrachten Informationen ausreichende Kenntnisse über die Operationen in der Klinik Sanssouci in Potsdam vorlägen, könne es nicht darauf ankommen, dass die Beklagte Veröffentlichungen des Operateurs vermisse.

Der Kläger hat beim Sozialgericht beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1998 zu verurteilen, die Kosten für die stationäre Behandlung des Klägers in der Klinik Sanssouci im Rahmen einer geschlechtsanpassenden Operation zu übernehmen.

Die Beklagte hat demgegenüber ausgeführt, dass die medizinischen Voraussetzungen für die beabsichtigte Operation gegeben seien. Ein Vergleich der Behandlungserfolge beider Krankenhäuser sei ihr nicht möglich. Eine Einzelfallentscheidung zugunsten des Klägers sei vorstellbar, wenn festgestellt werde, dass "alle von den Vertragshäusern vorgenommenen operativen Eingriffe im Vergleich zur Klinik Sanssouci in Potsdam jeglichen Qualitätsanspruch vermissen ließen." Dieses sei nicht feststellbar gewesen. Die Beklagte hat eine Anfrage ihrerseits an die AOK Hessen und deren Antwort hierauf vom 04. November 1999 zur Gerichtsakte gereicht.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten nach Aktenlage des Dr. Dr. med. J. C. B., Chefarzt der Abteilung für Plastische Chirurgie des Martin-Luther-Krankenhauses in Berlin vom 17. Mai 2000 eingeholt. Hinsichtlich der vom Sozialgericht gestellten Beweisfragen hat der Gutachter im Wesentlichen ausgeführt, dass in der Bundesrepublik Deutschland seit 1998 für die geschlechtsanpassende Operation Frau zu Mann nahezu ausschließlich das Verfahren der Penoidkonstruktion über einen freien mikrovaskulären Unterarmlappen von der nichtdominanten Hand durchgeführt werde. Da die Frau-Mann-Geschlechtsanpassung ein komplexes Verfahren darstelle, sei es unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung und auch unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll, diese Eingriffe auf wenige Zentren zu konzentrieren. Hier hätten sich die Klinik für Plastische Wiederherstellungschirurgie im Klinikum Rechts der Isar in München sowie das St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main mit den Operateuren Dr. K. E. und Prof. Dr. S. etabliert. Ein von Dr. D. entwickeltes Verfahren sei in der wissenschaftlichen Literatur nicht bekannt. Einschlägige Publikationen von Herrn D. lägen nicht vor, eine wissenschaftliche Anerkennung könne nicht erfolgen. Die angeführten 123 Fälle der Frau-zu-Mann-Anpassung mit dem freien Unterarmlappen durch Dr. D. seien nicht dokumentiert, die angegebene Komplikationsrate lückenhaft und nicht nachvollziehbar. Gutachterlich könne nicht belegt werden, dass das Verfahren des Dr. D. kostengünstiger sei. Anhand der Unterlagen sei es nicht möglich, das medizinische Risiko in der vom Kläger gewünschten Klinik zu beurteilen. Aus den Kliniken in Frankfurt/Main und München lägen nachvollziehbare und dokumentierte Komplikationsraten vor, die den Kriterien einer Qualitätssicherungsmaßnahme entsprächen. Die Kapazitäten für eine Geschlechtsumwandlung in den Vertragskrankenhäusern seien ausreichend, eine Wartezeit auf einen Operationstermin von vier bis sechs Monaten sei angesichts der Größe des Eingriffes und der Anamnese zumutbar.

Der vom Sozialgericht am 10. Juli 2001 gehörte Sachverständige Dr. E. vom St. Markus-Krankenhaus, Klinik für Plastische Chirurgie in Frankfurt/Main hat ausgeführt, dass er seit 1980 geschlechtsanpassende Operationen in dieser Klinik durchführe. Davon seien 280 Operationen nach der Leistenlappenmethode und 46 nach der Unterarmlappenmethode durchgeführt worden. Bei letzterer gehe es vordergründig um den Aufbau einer funktionierenden Harnröhre, was das größte medizinische Problem darstelle. Weltweit sei bei der Unterarmlappenmethode von einer Komplikationsrate von 50 bis 80 v. H. auszugehen, an seinem Krankenhaus liege die Komplikationsrate bei knapp 50 v. H., wobei hierbei notwendige Nachbehandlungen der Harnröhre sowie leichte und schwierige Komplikationen einbezogen seien. Nach einer an seiner Klinik durchgeführten Studie über das Ergebnis von 20 mit der Unterarmlappenmethode Operierten habe es bei 20 v. H. der Betroffenen Komplikationen gegeben, die eine Nachoperation erforderlich gemacht hätten. Fünf v. H. seien schwierige Komplikationen gewesen. In wie vielen Fällen der 46 Operierten keine Nachoperation notwendig geworden seien, könne er nicht angeben. Kleinere Eingriffe durch den Urologen, wie z. B. Dehnungen, zählten nicht zu den Nachoperationen. Bei der Unterarmlappenmethode seien, wenn bei den Betroffenen bereits Brust, Gebärmutter und Eierstöcke entfernt worden seien, grundsätzlich zwei Operationen, eine für den Penisaufbau und später eine für die Einbringung des Implantats, notwendig. Der stationäre Aufenthalt dauere drei bis vier Wochen, die gesamte Arbeitsunfähigkeit fünf bis sechs Wochen. Im Vergleich zu den ihm nicht direkt bekannten Ergebnissen des Dr. D. läge grundsätzlich die gleiche Operationsmethode vor. Ihm sei jedoch aus Aussagen von Herrn D. bekannt, dass er einen kleineren Penis aus dem Unterarmlappen herstelle, was auch weniger Probleme bei dem Aufbau der Harnröhre bringe.

Das Sozialgericht hat weiter eine Auskunft der Landesärztekammer Brandenburg vom 25. Oktober 1999 und eine Auskunft des Gesundheitsamtes Potsdam vom 17. April 2001 beigezogen und mit Urteil vom 10. Juli 2001 die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe die Kostenübernahme für eine Operation in einem Vertragskrankenhaus erklärt. Der geltend gemachte Kostenübernahmeanspruch scheitere daran, dass der Kläger beabsichtige, die Leistung von einem nicht zugelassenen Krankenhaus erbringen zu lassen. Eine Bedarfslücke in der Versorgung für die notwendige Operation in einem nicht zugelassenen Krankenhaus liege nicht vor. Die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass eine qualitäts- und bedarfsgerechte Krankenbehandlung in einem Vertragskrankenhaus nicht möglich sei.

Gegen das ihm am 02. August 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 03. September 2001 (Montag) eingelegte Berufung des Klägers. Er führt ergänzend aus, dass die Klinik Sanssouci in Potsdam dem Grunde nach aufgrund der dort angewandten Operationsmethode in den Krankenhausplan aufzunehmen wäre. Die überwiegende Mehrzahl transsexueller Patienten der Klinik Sanssouci in Potsdam seien gesetzlich versicherte Patienten und hätten dennoch auf dem Wege der Einzelfallentscheidung eine Kostenübernahmeerklärung für eine Operation in der Klinik Sanssouci in Potsdam bekommen. Die dort durchgeführte Operation dauere sieben bis neun Stunden, dabei würden vorzugsweise alle notwendigen Schritte zur Geschlechtsanpassung in einer Operation durchgeführt. Die Weiterbehandlung könne durch Ärzte am Wohnort des Patienten erfolgen. Es liege bereits ein Qualitätsunterschied darin, dass die von dem Kläger bevorzugte Operationsmethode in der Klinik im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main seit 1993 durchgeführt werde und bis zum 10. Juli 2001 46 Patienten nach dieser Unterarmlappenmethode operativ behandelt worden seien, während in der Klinik Sanssouci in Potsdam die von Dr. D. Anfang der 80-iger Jahre entwickelte Methode angewandt werde. Der Sachverständige E. habe ausgeführt, dass insbesondere die aus der Unterarmhaut zu bildende Neo-Urethrea regelmäßig Komplikationen bereite, weil nicht verhindert werden könne, dass kleine Härchen im Gewebe verblieben. Bei der Operationsmethode der Klinik Sanssouci in Potsdam würden so gut wie keine postoperativen Komplikationen auftreten. Der Kläger hat einen Auszug aus einem von Herrn Prof. Dr. P. im Auftrage des Sozialgerichts Hamburg erstatteten Gutachten zur Gerichtsakte gereicht und darauf verwiesen, dass dieser Sachverständige die Kostenübernahme für eine geschlechtsanpassende Operation in der Klinik Sanssouci in Potsdam auf der Grundlage einer vergleichenden Betrachtung verschiedener weltweiter Publikationen und der Inaugenscheinnahme der tatsächlichen Operationsergebnisse der Klinik Sanssouci empfehle. Aus dem Gutachten erschließe sich, dass Dr. D. Ergebnisse publiziere und zur Diskussion stelle. Dieser Sachverständige gelange zu der Einschätzung, dass in der Klinik Sanssouci in Potsdam derzeit die beste Behandlungsmöglichkeit in Europa zur Verfügung stehe.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Juli 2001 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 16. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 10. Dezember 1998 verurteilt, die Kosten für die stationäre Behandlung des Klägers in der Klinik Sanssouci für eine geschlechtsanpassenden Operation zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. E. der Auffassung, dass die vom Kläger begehrte geschlechtsanpassende Operation in einem Vertragskrankenhaus erbracht werden könne. Die im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main angewandte Operationstechnik unterscheide sich nicht von derjenigen der Privatklinik Sanssouci in Potsdam. Ungewöhnlich sei an der Behandlung in der Privatklinik Sanssouci in Potsdam allein die Operationszeit von bis zu neun Stunden. Angesichts der fehlenden repräsentativen, wissenschaftlich aufbereiteten Daten sei eine Relativierung der vom Kläger und der Klinik Sanssouci in Potsdam in den Vordergrund gestellten Zahlen erforderlich. Der Kläger begehre eine ausgesuchte, exquisite Behandlung, die eine gesetzliche Krankenkasse nach der Konzeption des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - nicht zu leisten habe. In dem Gutachten des Prof. Dr. P. würden die Operationsergebnisse des Dr. D. am besten abschneiden. Gleichwohl werde die Frage, ob eine ausreichende Versorgung in einem Vertragskrankenhaus möglich sei, bejaht. Eine solche Behandlung sei in den Vertragskrankenhäusern gewährleistet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und den Ausführungen der Sachverständigen Dr. Dr. B. und Dr. E. und des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 16. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1998 ist rechtmäßig.

Der Kläger hat den Bescheid nur insoweit angefochten, als die Beklagte die Übernahme der Kosten für die von dem Kläger begehrte operative Geschlechtsanpassung Frau zum Mann in der Klinik Sanssouci in Potsdam abgelehnt hat, nicht aber soweit sie ihre Leistungsverpflichtung zur Erbringung der von dem Kläger begehrten stationären Behandlung zur Geschlechtsanpassung Frau zum Mann grundsätzlich anerkannt hat. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm Kosten für eine in der Klinik Sanssouci in Potsdam durchgeführte Operation Frau zum Mann erstattet.

Gemäß § 2 Abs. 2 SGB V hat der Kläger nur Anspruch auf Gewährung von Sach- und Dienstleistungen durch die Beklagte. Die zu gewährenden Sachleistungen werden von der Beklagten über durch Verträge gebundene Leistungserbringer erbracht, § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB V. Gemäß § 13 Abs. 1 SGB V darf die Beklagte anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten, wie von dem Kläger begehrt, nur dann erstatten, soweit dieses im SGB V oder im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX - vorgesehen ist.

Die Möglichkeit einer Kostenerstattung sieht § 13 Abs. 2 SGB V für den als Selbständiger gemäß § 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - freiwillig bei der Beklagten versicherten Kläger vor, wonach freiwillige Mitglieder anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen können. Die Wahl der Kostenerstattung tritt dabei an die Stelle der von der Beklagten zu gewährenden Sachleistung. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 SGB V dürfen aber auch im Rahmen der gewählten Kostenerstattung nur die gesetzlich vorgesehenen Leistungserbringer in Anspruch genommen werden. Der Kreis der zur Leistungserbringung zugelassenen Personen oder Einrichtungen wird durch § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht erweitert (BSG, Urteil vom 23. November 1995, Az.: 1 RK 5/94, SozR 3-2500 § 13 Nr. 9; BSG, Urteil vom 25. September 2000, Az.: B 1 KR 5/99 R, SozR 3-2500 § 13 Nr. 22; Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung - Kommentar - (Krauskopf), § 13 Anm. 11). Der Kläger hätte daher nur dann einen Anspruch auf Kostenerstattung für die von ihm begehrte Behandlung in der Klinik Sanssouci in Potsdam, wenn er auch einen Anspruch auf die Sachleistung durch die Klinik Sanssouci hätte. Dieser ist jedoch nicht gegeben.

Die bei dem Kläger durchzuführende, als Sachleistung zu erbringende, operative Geschlechtsanpassung Frau zum Mann muss stationär in einem Krankenhaus erfolgen. Versicherte haben gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf vollstationäre Behandlung in zugelassenen Krankenhäusern. Zugelassene Krankenhäuser sind gemäß § 108 SGB V Hochschulkliniken im Sinne des Hochschulbauförderungsgesetzes, Plankrankenhäuser oder Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen oder den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Die Klinik Sanssouci in Potsdam als Privatklinik erfüllt diese Voraussetzungen nicht und ist kein zugelassenes Krankenhaus, so dass der Kläger grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Erbringung einer Sachleistung durch dieses Krankenhaus hat. Hintergrund der Einschränkung der Leistungspflicht der Krankenkassen auf die Leistung durch zugelassene Krankenhäuser ist u. a. die bei einem zugelassenen Krankenhaus mögliche Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Krankenhausbehandlungen. Die Landesverbände der Krankenkassen, die Verbände der Ersatzkassen und der Landesausschuss des Verbandes der privaten Krankenversicherung können gemeinsam die Wirtschaftlichkeit, Leistungsfähigkeit und Qualität der Krankenhausbehandlung eines zugelassenen Krankenhauses durch ein bestellten Prüfer untersuchen lassen (§ 113 Abs. 1 SGB V). Krankenhäuser sind dabei verpflichtet, dem Prüfer und seinen Beauftragten Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen (§ 113 Abs. 2 SGB V). Würde die Wahlmöglichkeit gemäß § 13 Abs. 2 SGB V für freiwillig Versicherte auf Kostenerstattung für Behandlungen in nichtzugelassenen Krankenhäusern erstreckt, brächte dies mit sich, dass Leistungserbringer über die Kostenerstattung für den Versicherten an der Leistungserbringung teilhaben, ohne dass sie einer Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung unterlägen (BSG, Urteil vom 23.11.1995, Az.: 1 RK 5/94, a. a. O.; BSG, Urteil vom 12.03.1996, Az.: 1 RK 13/95, VersRecht 1997, S. 1030 - 1033).

Die Beklagte wäre zur Übernahme der Kosten für die Behandlung in der Klinik Sanssouci in Potsdam nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V verpflichtet. Danach hat die Krankenkasse einem Versicherten für selbstbeschaffte Leistungen Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit diese Leistungen notwendig waren und die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.

Die Beklagte hat keine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht. Die Kostenerstattungspflicht bei Selbstbeschaffung von Leistungen ist auf Notfälle im Sinne des § 76 Abs. 1 SGB V beschränkt. Der Kläger begehrt die Kostenübernahme nicht für eine Notfallbehandlung, eine Behandlung, die aus medizinischen Gründen umgehend erfolgen muss und für die in der gebotenen Eile kein Vertragsarzt (für die kassenärztliche Behandlung zugelassener Arzt) herbeigerufen werden kann (BSG, Urteil vom 25. April 1992, BSGE 34, 172; Krauskopf in: Krauskopf, § 76 Anm. 11).

Die Beklagte hat einen Leistungsanspruch des Klägers auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kostenerstattungsanspruch des § 13 Abs. 3 SGB V ist dabei nicht in jedem Fall schon dann ausgeschlossen, wenn die Sachleistung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus erfolgen soll (BSG, Urteil vom 24. September 1996, Az.: B 1 RK 33/95, BSGE 79, 125, 126). Kostenerstattung für eine notwendige Sachleistung, die in einem nicht zugelassenen Krankenhaus erbracht wird, kommt auch dann in Betracht, wenn die Sachleistung durch zugelassene Leistungserbringer nicht unter zumutbaren Bedingungen möglich ist (BSG, Urteil vom 24. September 1996, a. a. O., S. 127, BSG, Urteil vom 25. September 2000, Az.: B 1 KR 5/99 R, SozR 3-2500 § 13 Nr. 22). Bei Vorliegen solcher "Versorgungslücken" oder einem "Systemversagen" besteht der Anspruch auf Gewährung der Sachleistung bzw. Kostenerstattung auch für Leistungen nicht zugelassener Leistungserbringer (BSG, Urteil vom 16. September 1997, Az.: 1 RK 32/95, BSGE 81, 73 - 85).

Ein Systemversagen bzw. eine Versorgungslücke liegt nicht vor. Die Beklagte kann dem Kläger die geschuldete Leistung in einem zugelassenen Krankenhaus erbringen. Sie schuldet gemäß §§ 12 Abs. 1, 39 Abs. 1 SGB V die Krankenhausbehandlung, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß der Notwendigkeit nicht überschreitet (§ 12 Abs. 1 SGB V). Die Krankenhausbehandlung muss dabei alle Leistungen umfassen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung des Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Nicht geschuldet ist die geeignetste und wirksamste Leistung, wenn eine qualitativ oder auch quantitativ geringere Leistung ausreichend und zweckmäßig ist (Kiesling in: Krauskopf, § 12 Anm. 8; Igl in: GK - SGB V, § 12 Anm. 24 - 27 ), ein Anspruch auf optimale Versorgung besteht nicht (BSG, Urteil vom 16. Juni 1999, Az.: B 1 KR 4/98 R, SozR 3-2500 § 18 Nr. 4). Ausreichend ist eine Leistung, die nach Art und Umfang genügt, um die jeweilige Zielsetzung der Leistung zu erreichen (LSG Nds., Urteil vom 21. Oktober 1998, Az.: L 4 KR 81/97). Notwendig sind die Maßnahmen, die zur Erreichung des Behandlungsziels, im Falle des Klägers eine Krankenbehandlung im Krankenhaus zur Linderung von Krankheitsbeschwerden (§ 27 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 39 Abs. 1 SGB V) unentbehrlich oder unvermeidlich sind. Dabei wird das Maß der Notwendigkeit hauptsächlich durch den medizinischen Zweck der Leistung bestimmt.

Die Beklagte kann nach Überzeugung des Senats auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. Dr. B. und der Ausführungen des Sachverständigen Dr. E. die für den Kläger notwendige Sachleistung, nämlich die geschlechtsanpassende Operation Frau zum Mann wie sie von der Klinik Sanssouci in den zur Verwaltungsakte und zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen beschrieben ist, in dem Vertragskrankenhaus St. Markus-Krankenhaus Frankfurt/Main erbringen. Bei der Prüfung der Notwendigkeit der Sachleistung ist in erster Linie von der von dem Kläger begehrten Geschlechtsanpassung und nicht vordergründig von der Operationsmethode, auf die der Kläger grundsätzlich wohl auch Anspruch hätte ( BSG, Urteil vom 27. April 1989, Az.: 9 RV 9/88, SozR 3100 § 18 Nr. 11), auszugehen. Sowohl Dr. Dr. B. als auch Dr. E. haben angegeben, dass in der Klinik St. Markus in Frankfurt/Main eine geschlechtsanpassende Operation Frau zum Mann durchgeführt werden kann, wobei in diesem Vertragskrankenhaus ebenfalls die Sachleistung mit der von dem Kläger gewünschten Operationsmethode durchgeführt wird. Bei der geschlechtsanpassenden Operation ist insbesondere die Schaffung eines Penoidaufbaus vorgesehen, was sowohl in der Klinik Sanssouci in Potsdam als auch im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main durchgeführt wird, wobei dies in beiden Krankenhäusern mit der Unterarmlappenmethode erfolgt. Auch aus dem von dem Kläger in Auszügen zur Gerichtsakte gereichten Gutachten des Prof. Dr. P. geht hervor, dass im Klinikum St. Markus Frankfurt/Main die Unterarmlappenmethode angewandt wird. Der dort angeführte Operateur Prof. Dr. S. ist im St. Markus-Krankenhaus Frankfurt/Main tätig.

Soweit der Kläger unter Beifügung von Bildmaterial über nichtgelungene Operationen in der Klinik St. Markus in Frankfurt/Main vorträgt, dass dort bei der Operation die Ästhetik und die Menschenwürde ignoriert werde, sein Leidensdruck durch eine nicht sorgfältige Operation nicht endgültig beseitigt werde, konnte der Senat dem nach den Ausführungen des Dr. E. und des Dr. Dr. B. nicht folgen. Dr. E. hat in Kenntnis der in der Klinik Sanssouci Potsdam beabsichtigten Operation ausgeführt, dass auch in der Klinik St. Markus und von ihm diese Operation durchgeführt werde. Lediglich bei der Schaffung der Harnröhre komme es zu einem Unterschied im Ergebnis, da wegen der unterschiedlichen Länge der Harnröhre (bei den Konstruktionen im Krankenhaus St. Markus in Frankfurt/Main sind die Harnröhren länger) mehr Material vom Unterarm verwendet werden müsse. Hiernach ist nicht erwiesen, dass im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt Main der Penoidaufbau nicht alle Funktionen erbringt, die erforderlich sind. Es mag sein, dass bei Schaffung eines kleineren Penoidaufbaus in der Klinik Sanssouci in Potsdam, worauf auch Dr. E. hingewiesen hat, möglicherweise für den Kläger nach seiner Empfindung ästhetischere Ergebnisse geschaffen werden. Dass aber nach Operationen im Krankenhaus St. Markus in Frankfurt/Main nur unästhetische oder nur nicht der ärztlichen Kunst entsprechende Ergebnisse erzielt werden, ist nach Auffassung des Senats keinesfalls belegt. Es ergibt sich insbesondere auch nicht aus den Auszügen aus dem Gutachten des Prof. Dr. P ... Die Beschreibung der Operationsergebnisse mit Komplikationsraten des St. Markus-Krankenhauses Frankfurt/Main (Bl. 210 der Gerichtsakte, Seite 10 des Gutachtens) entspricht im Wesentlichen der Darstellung des Dr. E. hinsichtlich der Komplikationsrate. Die Infektionsrate wird mit 20 v. H. angegeben, es werden auch Komplikationen durch Fistelbildungen wiedergegeben. Die weiteren Ausführungen des Prof. Dr. P. zu Ergebnissen des Kranhauses St. Markus in Frankfurt/Main beziehen sich auf von ihm offenbar persönlich begutachtete Operationsergebnisse (Seite 14 des Gutachtens). Dabei zeigt die Darstellung des Prof. Dr. P. ("was ich zu sehen bekommen habe, war einfach zu monströs", "[ ...] fand diese Penisse [ ...] zu schmächtig") eine sehr subjektive Sicht des Gutachters, die über die objektive Qualität der Operationsergebnisse, insbesondere deren Funktionalität wenig aussagt.

Das Krankenhaus St. Markus in Frankfurt/Main unterliegt, anders als die Klinik Sanssouci in Potsdam, als zugelassenes Krankenhaus gemäß § 113 SGB V einer Qualitätskontrolle. Allein daraus kann zwar nicht der Schluss gezogen werden, dass in jedem Falle in einem Vertragskrankenhaus auch dem medizinischen Standard entsprechende Operationen durchgeführt werden. Aus der Stellungnahme des AOK Landesverbandes Hessen vom 04. November 1999, als Vertragspartner des St. Markus-Krankenhauses Frankfurt/Main in die Qualitätskontrolle eingebunden, geht hervor, dass nur ein erfolgloser Regress angestrengt worden ist und nur eine erforderliche Nachbehandlung bekannt geworden ist. Schwerwiegende Komplikationen dürften dem Vertragspartner wohl bekannt werden. Wie von Dr. Dr. B. bemängelt, liegen keine verlässlichen Dokumentationen über die Operationserfolge der Klinik Sanssouci Potsdam vor. Für die Klinik St. Markus in Frankfurt/Main liegen hingegen Angaben vor, auf die auch Dr. Dr. B. und auch Prof. Dr. P. Bezug nimmt. Auch der Sachverständige Dr. E. verweist auf eine durchgeführte Studie und auf aufgetretene Komplikationen bei durchgeführten Operationen. Die Komplikationsrate von 20 v. H., die der Sachverständige angibt, erscheint angesichts einer weltweiten Komplikationsrate von 50 v. H. bis 80 v. H. bei geschlechtsanpassenden Operationen vertretbar, zumal bei der Angabe der Komplikationsrate von 20 v. H. alle Komplikationen, also auch leichte Komplikationen wie Fistelbildungen, die auch von der Klinik Sanssouci angegeben werden, enthalten sind. So werden von dem Klinikleiter der Klinik Sanssouci Potsdam, Dr. med. K., 1999 Fistelbildung bei 15 bis 20 v. H. der Operierten angegeben, so dass hier keine gravierende Abweichung zu den Ergebnissen des Krankenhauses St. Markus Frankfurt/Main erkannt werden kann.

Das von dem Kläger eingereichte Bildmaterial über negative Ergebnisse im St. Markus-Krankenhaus Frankfurt/Main durchgeführter Operationen, führt nicht zu der Annahme, dass dort keine Operation in sachgerechter Weise durchgeführt wurde. Der Kläger hat Einzelbeispiele dargelegt und dafür auch Zeugenbeweis angetreten; diese Einzelergebnisse wären ihm nicht zumutbar. Der Senat unterstellt, dass die Schilderungen des Klägers über unzulängliche Operationsergebnisse zutreffend sind und kann deshalb auf die Vernehmung der Zeugen verzichten. Die Zeugen hat der Kläger offensichtlich in Selbsthilfegruppen kennen gelernt, wobei Prof. Dr. P. auf Seite 10 des eingereichten Gutachtenauszuges darauf hingewiesen hat, dass dort "häufig ... gerade die unzufriedenen Patienten ... dort ihre lehrreichen Erfahrungen zu Protokoll geben". Einzelbeispiele führen jedoch nicht zu der Annahme, dass eine ausreichende und zumutbare Versorgung des Klägers nicht sichergestellt ist. Nach Aussage des Sachverständigen Dr. E. sind bis zum Zeitpunkt seiner Vernehmung 49 geschlechtsanpassende Operationen nach der Unterarmlappenmethode durchgeführt worden. Das eingereichte Bildmaterial -von dem nicht bekannt ist, welche Operationsmethode damit dokumentiert sein soll- und die geschilderten Leidenswege benannter Zeugen bestätigen die Darstellung des Sachverständigen Dr. E., dass es bei Operationen zu Komplikationen gekommen ist. Es widerlegt nicht die Annahme, dass die überwiegende Mehrzahl der Operationen ohne schwere Komplikationen verlaufen ist und ist auch nicht geeignet die Annahme zu begründen, dass von Vornherein eine ausreichende und zumutbare Versorgung in Anwendung der Unterarmlappenmethode nicht gewährleistet ist. Der vom Kläger angeführte Gutachter Prof. Dr. P. kommt in seinem Gutachten zwar zu der Feststellung, dass die beste Behandlungsmethode in Potsdam (Sanssouci Klinik) zur Verfügung steht. Die für einen Anspruch des Klägers relevante Frage danach, ob eine Möglichkeit der ausreichenden Versorgung in einem Vertragskrankenhaus bestehe, bejaht der Gutachter aber auch im Hinblick auf die Versorgung im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main( Seite 13 des Gutachtens). Ebenfalls wird dieses von dem Gutachter Dr. Dr. B. bejaht.

Sofern der Kläger vorträgt, dass er in der Klinik Sanssouci die beste Versorgung bekommen könnte und bezüglich der Veröffentlichung der Ergebnisse der Klinik die Vernehmung des Klinikleiters angeregt hat, geht auch der Senat davon aus, dass die Ergebnisse in Potsdam nach den Erkenntnissen des MDK in dem Gutachten im Verwaltungsverfahren, den Ausführungen des Dr. E. und den Ausführungen des Prof. Dr. P. sehr gut sind. Eine Beschreibung der Operationsmethode und Ergebnisse des Klinikleiters lag dem Senat vor. Offenbar lagen dem Gutachter P. auch solche Unterlagen der Klinik vor. Der hohe Standard der Versorgung in der Klinik Sanssouci, den der Senat unterstellt, mag Grund für die Empfehlungen des MDK und des Prof. Dr. P. sein, eine Operation dort durchführen zu lassen, bei Gewährleistung einer ausreichenden und zumutbaren Versorgung in einem Vertragskrankenhaus führt dieses aber nicht zu einem gesetzlichen Anspruch auf Versorgung dort.

Auch sind dem Kläger die von Dr. E. geschilderten Operationsbedingungen im Rahmen der von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden "ausreichenden" Versorgung zumutbar. Der Kläger verweist zur Annahme der Unzumutbarkeit darauf, dass bei der Operationsmethode im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main mehrere Operationen durchgeführt würden und damit eine Mehrbelastung verbunden sei. Durch die Aussage des

Dr. E. ist dies widerlegt. Die geschlechtsanpassende Operation in der Klinik Sanssouci in Potsdam erfolgt nach der mit den in der Gerichtsakte enthaltenen Beschreibungen der Klinik in zwei Operationsschritten. In einem ersten Schritt werden Brust, Gebärmutter und Vagina entfernt und es erfolgt der Penoidaufbau mit Harnröhre. In einem zweiten Operationsschritt erfolgt die Implantation der Erektionsprothese und der Hoden. Auch im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main sind zur vollständigen Geschlechtsanpassung zwei Operationen, nämlich der Penoidaufbau und die Einsetzung des Implantats, notwendig. Auch hinsichtlich der Krankenhausverweildauer ergibt sich im Vergleich zur in der Klinik Sanssouci in Potsdam geplanten Maßnahme bei den im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main durchgeführten Operationen keine wesentliche Abweichung. Der Klinikaufenthalt wird von der Klinik Sanssouci in Potsdam für eine geschlechtsanpassende Operation mit ca. 14 bis 16 Tagen angegeben, für das St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main wird die Verweildauer von Dr. E. mit ca. drei bis vier Wochen angegeben. Ebenfalls bei der zu erwartenden Arbeitsunfähigkeit nach der Operation kommt es nicht zu gravierenden - unzumutbaren - Abweichungen. Die Arbeitsunfähigkeit für die im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main durchgeführten Operationen wird mit fünf bis sechs Wochen, von der Klinik Sanssouci in Potsdam wird angegeben, dass die Patienten sechs Wochen nach der Operation ihre Arbeit wieder aufnehmen könnten. Auch hinsichtlich des zeitlichen Umfanges der Operationen im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main und der Klinik Sanssouci in Potsdam ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit einer Operation zur Geschlechtsanpassung im St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main. Selbst wenn die so genannte "all in one"-Methode in der Klinik St. Markus-Krankenhaus in Frankfurt/Main nicht durchgeführt werden sollte, wird auch nach den eingereichten Unterlagen der Klinik Sanssouci die Operation lediglich "vorzugsweise" - also nicht zwingend - in einer Operation durchgeführt, was jedenfalls vom Zustand des Patienten abhängen dürfte.

Letztlich folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger zwei Kinder im Alter von 17 und 15 Jahren in seinem Haushalt zu versorgen hat, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme der Versorgung in einem Krankenhaus in Frankfurt/Main. Da die Krankenhausverweildauer für beide Krankenhäuser nicht erheblich unterschiedlich ist, ergeben sich keine unzumutbaren Unterschiede für die Versorgung der Kinder. Der Kläger muss auch in jedem Fall für die Dauer des Krankenhausaufenthaltes zur Aufrechterhaltung seines selbständigen Geschäftsbetriebes eine Aushilfe beschäftigen. Dieses ist dem Kläger auch für mögliche Nachbehandlungen, sofern sie denn überhaupt in der die Operation durchführenden Klinik vorgenommen werden müssen und nicht durch einen Urologen in Wohnortnähe erfolgen können, zuzumuten.

Der Senat hält auf der Grundlage der Ausführungen des Dr. Dr. B. auch die Kapazitäten des St. Markus-Krankenhaus Frankfurt/Main für ausreichend. Die von Dr. Dr. B. angegebene Wartezeit von vier bis sechs Wochen für Operationstermine ist zumutbar. Aus den von dem Kläger vorgebrachten Kostenargumenten kann kein Anspruch auf Kostenerstattung folgen. Selbst wenn in diesem Einzelfall die Behandlung des Klägers in der nicht zugelassene Klinik Sanssouci in Potsdam geringere Kosten verursachen würde, rechtfertigt dieses nicht die Abkehr von dem Grundsatz der Leistungserbringung durch zugelassene Leistungserbringer. Die gesetzlichen Regelungen zur Wirtschaftlichkeit von Leistungen (§§ 2, 12 SGB V) und zur Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Beklagte (§ 113 SGB V) zielen nicht nur auf eine Kostenbegrenzung im einzelnen Behandlungsfall ab, sondern auf eine Überprüfbarkeit der Leistungserbringer in einer Vielzahl von Behandlungsfällen (BSG, Urteil vom 23. November 1996, Az.: 1 RK 5/94, a. a. O.). Wenn die Beklagte Kosten eines nicht zugelassenen Leistungserbringers nur aus Wirtschaftlichkeitsgründen zu tragen hätte, könnten diese weder in die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 113 SGB V noch in Berechnungen der Gesamtvergütung oder von Budgetierungen einfließen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass von der Beklagten zumindest diejenigen Kosten erstattet werden, zu deren Erstattung die Beklagte bei Inanspruchnahme einer Leistung durch einen zugelassenen Leistungserbringer verpflichtet wäre. Für eine vom Kläger begehrte und vom MDK empfohlene Einzelfallentscheidung ist nach dem Gesetz kein Raum. Da der Beklagten im Rahmen des § 13 Abs. 2 SGB V kein Ermessen eingeräumt ist, kann sie auch nicht teilweise Kosten für von nicht zugelassenen Leistungserbringern erbrachte Sachleistungen erstatten, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB V nicht erfüllt sind. Auf die Klärung der Höhe der für die begehrte Operation der Beklagten bei Versorgung in einem Vertragskrankenhaus entstehenden Kosten kommt es daher nicht an.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzung hierfür (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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