L 4 KR 23/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 64/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 23/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Versorgung ihrer Versicherten mit Heilmitteln vor Leistungserbringung und nach erfolgter ärztlicher Verordnung von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen darf.

Kläger ist der Berufsverband für Physiotherapeuten im Land Brandenburg. In ihm sind selbständig tätige Masseure, medizinische Bademeister sowie Physiotherapeuten organisiert, die gemäß § 124 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -SGB V- für die Abgabe von Leistungen der physikalischen Therapie zugelassen worden sind. Der Verband hat über den VDB-Physiotherapieverband e. V. mit der Beklagten, diese vertreten durch den AOK-Bundesverband/Bonn am 04. Januar 1993 einen Vertrag nach § 125 SGB V über physiotherapeutische Behandlungen geschlossen. Der Vertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 1

Geltungsbereich und Gegenstand des Vertrages

1. Dieser Vertrag gilt:

1. Für die Krankenkassen in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen.

2. für die Mitglieder der Berufsverbände, sofern sie die Anerkennungserklärung (Anlage 1) unterzeichnen und ihnen die Zulassung erteilt worden ist und 3. für Behandler, die nicht Mitglied eines Berufsverbandes sind, sofern sie die An- erkennungserklärung (Anlage 1) unterzeichnen und ihnen die Zulassung erteilt worden ist.

(2) Dieser Vertrag regelt:

1. Die Einzelheiten der Versorgung mit Leistungen der Physiotherapie für Anspruchs- berechtigte der Krankenkassen in den oben genannten Ländern. 2. Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. 3. Art und Umfang der Leistungen. 4. Vergütung und Abrechnung der Leistungen.

§ 5

Form und Abgabe der Leistungen

(1) Die Leistungen, die nach diesem Vertrag erbracht werden können, sind in der Anlage 4 beschrieben. Zur Abgabe dieser Leistungen sind die Zugelassenen im Rahmen der nachgewiesenen Qualifikation berechtigt. Die Leistung setzt eine ärztliche Verordnung voraus. Die ärztliche Verordnung ist nicht übertragbar; sie gilt nur für die Person, für die sie ausgestellt ist.

(2) Die Annahme von ärztlichen Verordnungen und die Ausführung der verordneten Leistungen nach Absatz 1 ist nur gestattet, wenn sich die Zulassung auf jede der verordneten Leistungen erstreckt. Eine teilweise private Ausführung der ärztlichen Verordnung ist nicht zulässig. Im Hinblick auf die ärztliche Verordnung unterliegt der Zugelassene der Schweigepflicht. Ausgenommen von dieser Regelung sind die Angaben im Sinne des SGB X für die leistungspflichtige Krankenkasse sowie für die beauftragte Abrechnungsstelle gemäß § 8 Absatz 7.

(6) Art, Umfang und Zeitpunkt (Intervalle) der Ausführung verordneter Leistungen bestimmt der Arzt. Fehlt eine solche ärztliche Vorschrift, so ist die erste Leistung grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach der Ausstellung der Verordnung abzugeben und weiterhin mindestens eine Leistung wöchentlich. Die Unterbrechung einer Behandlungsserie von mehr als zehn Tagen verlangt grundsätzlich eine Neuverordnung.

(7) An den Anspruchsberechtigten dürfen nur die ärztlich verordneten Leistungen abgegeben werden. Es ist unzulässig, anstelle der ärztlich verordneten Leistungen andere Leistungen abzugeben. Nicht in Anspruch genommene Leistungen dürfen den Krankenkassen nicht - und vorzeitig beendete Behandlungen nur in dem tatsächlich erbrachten Umfang - berechnet werden.

§ 6

Den Anspruchsberechtigten steht die Wahl unter den zugelassenen Leistungserbringern frei. Die Krankenkassen beeinflussen diese frei Wahl nicht.

§ 7

Vergütung der Leistungen

1. Die ausgeführten vertraglichen Leistungen werden nach der jeweiligen Vergütungsvereinbarung (Anlage 5) vergütet. Hierzu werden gesonderte Kündigungsfristen vereinbart. Die in den Vergütungsvereinbarungen genannten Preise sind Höchstpreise (§ 125 SGB V). Mit den Vergütungen sind sämtliche Kosten einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer abgegolten.

2. Für die erbrachten Leistungen dürfen mit Ausnahme des gesetzlichen Kostenanteile des Versicherten Zahlungen oder Zuzahlungen nicht gefordert werden.

Nach der Fortgeltungsklausel des § 11 des Vertrages gilt der Vertrag bei Kündigung solange fort, bis ein neuer Vertrag geschlossen worden ist. Die Beklagte hat den Vertrag gekündigt, ein neuer Vertrag ist noch nicht abgeschlossen.

Mit einem Faltblatt "Massagen und Krankengymnastik Neuregelung ab 01. April 2000" wandte sich die Beklagte an ihre Mitglieder und führte u. a. aus:

"Ab 01. April 2000 sind Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor Beginn der Behandlung von Ihrer AOK zu genehmigen. Diese Zustimmung dient Ihrer Sicherheit: So können Sie sich darauf verlassen, dass die AOK als gesetzliche Krankenkasse die Kosten übernehmen darf und der Physiotherapeut seine Leistungen mit uns abrechnen kann.".

Der Bundesverband des Klägers VDB-Physiotherapieverband e. V. wurde mit Schreiben vom März 2000 über die ab 01. April 2000 von der Beklagten beabsichtigte Einführung einer Genehmigungspflicht für Massagen und Krankengymnastik informiert. Dort wird u. a. ausgeführt:

"Damit die Mitglieder Ihres Verbandes sichergehen, dass wir verordnete Leistungen übernehmen, haben wir sie gebeten, bei Verordnungen ab Ausstellungsdatum 01. April 2000 nicht ohne Genehmigung tätig zu werden."

Die Beklagte teilte auch dem Kläger mit Schreiben vom 27. März 2000 mit, dass sie an der Umsetzung der Genehmigungspflicht für Krankengymnastik und Massagen zum 01. April 2000 festhalte.

Am 27. April 2000 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben und geltend gemacht, dass die Beklagte sich unzulässigerweise das Recht vorbehalte, die Verordnung von Krankengymnastik und Massage inhaltlich zu genehmigen. Dieses Recht könne sie auch nicht aus § 19 SGB IV herleiten, da danach auf die Regelungen der jeweiligen Sozialversicherung Bezug genommen werde.

Die Beklagte sei weder durch Vertrag noch durch Gesetz zur Einführung einer Genehmigungspflicht berechtigt. Aus § 69 SGB V folge, dass eine Genehmigungspflicht nur dann eingeführt werden könne, wenn dieses gesetzlich oder vertraglich geregelt sei. Gemäß § 69 SGB V sei über § 125 Abs. 2 SGB V die Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln abschließend geregelt worden. Die Erbringung von Heilmitteln sei vertraglich geregelt, durch die vertraglichen Regelungen sei eine Genehmigung der ärztlich verordneten Leistungen nicht mehr möglich. Der Arzt handele mit der Verordnung mit Wirkung für die Krankenkasse und sei dabei der zuständige Leistungserbringer. Mit Ausstellung der Verordnung und Überbringung der Verordnung sei ein Behandlungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte habe generell durch ihren Vertrag mit dem Kläger auf Genehmigungen verzichtet. Sie beschränke sich bei der beabsichtigten Prüfung nicht auf den Umfang der Leistung, sondern ziele auch auf eine andere Qualität des Heilmittels. Eine Genehmigung von Hilfsmitteln sei demgegenüber möglich, weil diesbezüglich eine andere Regelung getroffen sei. Bei Abweichung des Leistungserbringers von der ärztlichen Verordnung könne der Leistungserbringer einem Schadensersatzanspruch des Patienten ausgesetzt sein. Auch § 30 Abs. 8 Bundesmanteltarifvertrag Ärzte - BMV-Ä - könne nicht als Grundlage für die Einführung einer Genehmigungspflicht dienen. Die Tätigkeit eines Vertragsarztes könne nicht eingeschränkt werden. Zur ärztlichen Behandlung gehöre auch die Behandlung, die vom Arzt angeordnet worden sei. Eine Änderung könne nur mit den Ärzten erfolgen.

Der Kläger hat einen Vertrag mit der Beklagten, eine Information der AOK, ein Schreiben der AOK, eine Abschrift eines Urteils des Sozialgerichts Magdeburg, Urteil vom 18. Mai 2000, S 16 KR 138/98 zur Gerichtsakte gereicht.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die Abgabe von Heilmitteln (hier: Massage und Krankengymnastik) von einer vorherigen Genehmigung durch die Beklagte abhängig zu machen, sofern ordnungsgemäße vertragsärztliche Verordnungen vorliegen, hilfsweise, festzustellen, dass die Mitglieder des Klägers als zugelassene Heilmittelerbringer berechtigt sind, Heilmittel (hier: Massagen und Krankengymnastik) aufgrund vertragsärztlicher Verordnungen abzugeben, auch wenn die Leistungsabgabe zuvor nicht gesondert von der Beklagten genehmigt wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Unzulässigkeit der Klage mit der Begründung geltend gemacht, auch die Feststellungsklage sei unzulässig.

Im Rahmen eines von dem Kläger betriebenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Potsdam (Az.: S 7 KR 87/00 ER) hat die Beklagten mitgeteilt, dass sie bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Genehmigungspflicht aussetze.

Im sozialgerichtlichen Verfahren hat die Beklagte geltend gemacht, das Faltblatt sei nur für Patienten bestimmt gewesen. Die Durchführung eines Antrags- und Bewilligungsverfahrens für die Heilmittelversorgung sei zulässig. Dieses entspreche der Systematik der sozialrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 19 SGB IV und auch der Sozialgesetzbücher I und X. Abweichende Regelungen existierten nicht. In diesem Fall verbliebe es bei der Entscheidung der Krankenkassen über die Leistungsgewährung.

Bis 31. März 2000 sei die Versorgung der Heilmittel den Vertragsärzten übertragen worden. Mit der Einführung der Genehmigungspflicht werde das Vertretungsverhältnis derart geändert, dass die Ärzte hinsichtlich einer bindenden Verpflichtung zur Leistungserbringung ohne Vertretungsmacht handeln würden.

Die vertraglichen Regelungen mit dem Kläger und den diesem Vertrag beigetretenen Physiotherapeuten stünden der Einführung eines Genehmigungsverfahrens nicht entgegen. Ein Verzicht auf eine Genehmigung von Verordnungen ergebe sich aus dem geschlossenen Vertrag nicht, der Vertrag enthalte keine Ausführungen zur Genehmigung. Es gehe nur um die Genehmigungspflicht der verordneten Leistungen gegenüber dem Versicherten und nicht gegenüber Physiotherapeuten. Es solle dabei einzig und allein eine unwirtschaftliche Leistungserbringung verhindert werden. Inhaltliche Änderungen der Verordnungen könnten dagegen nur von den Ärzten vorgenommen werden.

§ 106 SGB V ermögliche die Prüfung der Wirtschaftlichkeit bei den Vertragsärzten im Nachhinein, verbiete aber nicht eine vorherige Prüfung. Bei den Heilmitteln handele es sich um Pflichtleistungen, diese könnten auch nicht durch eine Satzung ausgeschlossen worden. Eine Genehmigungspflicht ändere daran nichts.

Mit Urteil vom 08. Mai 2001 hat das Sozialgericht unter Klageabweisung im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, in Form des Informationsblattes von Mitte März 2000 die Kostenübernahme für von einem Vertragsarzt verordnete Krankengymnastik und Massage von einer Vorinanspruchnahme zu erteilenden Zustimmung der Beklagten abhängig zu machen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig sei, da sich die eingeführte Genehmigungspflicht mittelbar auf den Kläger auswirke. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die von ihr ab dem 01. April 2000 beabsichtigte Genehmigungspflicht für ärztlich verordnete Krankengymnastik und Massagen lediglich in Form von Schreiben an die Berufsverbände der Physiotherapeuten und durch Faltblätter gegenüber den Versicherten einzuführen. Der von der Beklagten gewählte Weg zur Einführung einer Genehmigungspflicht für Heilmittel sei unzulässig. Hinsichtlich der Faktoren Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit der zu erbringenden Leistungen und der Art und Weise der Leistungserbringung obliege der Beklagten die Entscheidung. Dieses könne, wie von der Beklagten beabsichtigt, über eine vorherige Genehmigungspflicht geregelt und geprüft werden. Wie sich jedoch aus §§ 92, 125 SGB V ergebe, seien die Einzelheiten über die Versorgung mit Heilmitteln so auch über die Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit in Rahmenempfehlungen, Richtlinien bzw. in Versorgungsverträgen mit den einzelnen Leistungserbringern bzw. ihren Berufsverbänden zu regeln. Der von der Beklagten und dem Kläger geschlossene Vertrag regele keinen Verzicht auf ein Genehmigungsrecht für Heilmittel. Die Beklagte müsse sich ihr jahrelanges tatsächliches Verwaltungshandeln gegenüber den Leistungserbringern und den Versicherten als Verzicht auf eine vorherige Genehmigungspflicht zurechnen lassen.

Gegen das ihr am 23. Mai 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Juni 2001 eingelegte Berufung der Beklagten. Die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften ließen auch eine Genehmigungspflicht für Heilmittel zu. Sinn und Zweck eines Antrages im verfahrensrechtlichen Sinne bestehe nach dem Verständnis der Beklagten darin, das Verwaltungsverfahren einzuleiten, im Rahmen dessen die Anspruchsvoraussetzungen der beantragten Leistungen zu prüfen und - wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen - die Leistung ggfs. auch zu versagen. Der Einfluss des BMV-Ä auf das Versicherungsverhältnis zwischen den Versicherten und der Beklagten könne dahinstehen, da sich die Genehmigungspflicht für Heilmittel aus § 19 SGB IV ergebe. Der BMV-Ä sei darauf gerichtet, die Ansprüche der Versicherten gegenüber der Krankenkasse zu verwirklichen. Der Vertragsarzt sei dazu berufen, in medizinischer Hinsicht die Anspruchsvoraussetzungen des Versicherten mit bindender Wirkung für die Kasse festzustellen. Die Krankenkasse könne dem Versicherten zwar die Leistungen nicht versagen, weil sie die Diagnose für falsch oder z. B. die verordnete Leistungsart medizinisch nicht für notwendig halte. Der Vertragsarzt könne aber nicht versicherungsrechtliche oder sonstige leistungsrechtliche Voraussetzungen für die Leistungserbringung mit Bindungswirkung für die Beklagte entscheiden. Diese Kompetenz sei bei der Beklagten verblieben. Ihr obliege die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der verordneten Leistungen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V, die von der medizinischen Notwendigkeit abzugrenzen sei. Dies könne auch erst beurteilt werden, wenn eine konkrete ärztliche Verordnung vorliege. Eine Mehrbelastung des Versicherten durch die erforderliche Überbringung bzw. Übersendung der Verordnungen zum Zwecke der Prüfung führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsverfahrens.

Sie verweise auf die Bestimmungen zur Genehmigung von Verordnungen für Hilfsmittel und häusliche Krankenpflege. Auch die Heilmittelrichtlinien ab 01. Juli 2000 würden ihre Auffassung stützen. Wenn in diesen Richtlinien bestimmte Leistungen im Hinblick auf die Verordnung der Genehmigungspflicht unterworfen würden, bedeute dies nicht, dass dadurch eine Genehmigungspflicht ausgeschlossen sei. Die Richtlinien könnten nur § 19 SGB IV konkretisieren.

Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V könnten ebenfalls keine Grundlage gegen die Einführung einer zusätzlichen Verpflichtung bilden, diesen käme keine rechtliche Verbindlichkeit zu. Der Vertrag vom 04. Januar 1993 enthalte keine Aussage zu einer Genehmigungspflicht oder -freiheit der Leistungen. Vergütungsvereinbarungen hätten keinen Einfluss auf die Frage der vorherigen Genehmigungspflicht von Leistungen. Wenn eine

Genehmigungspflicht nicht bestanden hätte, hätte die Beklagte auch nicht nach Auffassung des Sozialgerichts jahrelang darauf verzichten können. Die Annahme, dass der jahrelange Verzicht auf eine Genehmigung die Einführung einer Genehmigungspflicht hindere, würde ein solches Verfahren unmöglich machen. Ausgangspunkt sei aber die gegenüber dem Versicherten zu erbringende Leistung und nicht der zwischen den Beteiligten bestehende Vertrag. Die zwischen den Krankenkassen und Leistungserbringern geschlossenen Verträge dienten allein der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Krankenversicherungsträger.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Mai 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält unter Hinweis auf die gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Der gewählte Weg zur Einführung eines Genehmigungsverfahrens sei unzulässig. Die Heilmittelversorgung, ähnlich der Arzneimittelversorgung ein Massengeschäft, kenne die vorherige Genehmigungspflicht nicht. Die Beklagte sei, wenn nicht andere Regelungen vorhanden seien, auf eine nachträgliche Prüfung beschränkt. Dies schließe auch ein Antragsverfahren nach § 19 SGB IV aus. Ausschließlich vom Regelfall abweichende Verordnungen seien nach Ziffer 11.5 als begründungspflichtige Verordnung vor ihrer Durchführung von der Krankenkasse zu genehmigen. Die Bundesrahmenempfehlung regele weiter in ihrem § 5 einen entsprechenden Sachverhalt.

Leistungserbringer seien nach der Rahmenempfehlung nach § 125 SGB V nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die ärztlichen Verordnungen anzunehmen und vertragsärztlich verordnete Maßnahmen durchzuführen. Mit dem Vertrag vom 04. Januar 1993 sei zudem geregelt worden, dass ein Genehmigungsverfahren nicht stattzufinden habe.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 8 BMV-Ä, der nicht für Heilmittelerbringer gelte, lägen nicht vor, da keine Vorschriften bzw. Regelungen für den Heilmittelbereich der Krankenkassen vorlägen. Der Leistungsanspruch des Versicherten sei zudem nicht anders zu beurteilen, als der Anspruch auf Leistungserbringung durch den Leistungserbringer. Für beide sei letztlich die Heilmittel-Richtlinie ausschlaggebend. Fehler bei der Verordnung rechtfertigten eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V und keine vorherige Einwirkung der Krankenkassen.

Beigezogen ist die Akte des Sozialgericht Potsdam zum Aktenzeichen S 7 KR 87/00 ER.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und auf die beigezogene Gerichtsakte des Sozialgerichts Potsdam Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die mit Urteil des Sozialgerichts Potsdam getroffene Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, in Form eines Informationsblattes von Mitte März 2000 die Kostenübernahme für von einem Vertragsarzt verordnete Krankengymnastik und Massage von einer vor Inanspruchnahme zu erteilenden Zustimmung der Beklagten abhängig zu machen.

Die von dem Kläger vor dem Sozialgericht erhobene Feststellungsklage ist zulässig.

Der Kläger begehrt die Feststellung des Nichtbestehens von weiteren Rechten der Beklagten aus dem zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Vertrag vom 4. Januar 1993. Dieses Begehren kann er mit der Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG - verfolgen. Mit dieser Klageart kann auch die Feststellung des Bestehens einzelner Rechte oder Pflichten aus einem bestehenden Rechtsverhältnis beansprucht werden (Meyer-Ladewig, 7. Auflage, § 55 SGG, Anm. 6). Das insoweit erforderliche berechtigte Interesse folgt aus dem Vortrag, dass das von der Beklagten eingeführte Verfahren Auswirkungen auf das Vergütungsverfahren habe und zudem die Berechtigung der Mitglieder des Klägers, für die der Vertrag ausgehandelt worden ist, verordnete Leistungen genehmigungsfrei an Versicherte abzugeben, tangiere.

Die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Gestaltungs- und Leistungsklagen steht der Zulässigkeit nicht entgegen, da der Subsidiaritätsgrundsatz grundsätzlich nicht bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts greift (Meyer-Ladewig, a.a.O. , Anm. 9 b, BSG, Urteil vom 26.01.2000, Aktenzeichen B 6 KA 47/98 R, SozR 3-2500 § 311 Nr. 6). Eine Gestaltungsklage (Anfechtungsklage) wäre auch mangels einer anfechtbaren Regelung nicht zulässig.

Das Faltblatt, gerichtet an alle Mitglieder der Beklagten und nicht individuell konkretisiert an den Kläger, stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - dar. Ein solcher wäre vorliegend ohnehin kaum zulässig, denn auf Leistungserbringerebene handelt die Beklagte nicht durch Verwaltungsakt oder sonst im Rahmen eines hoheitlichen Über/Unterordnungsverhältnisses, sondern durch Verträge. Eine Allgemeinverfügung gemäß § 31 Satz 2 SGB X liegt mit dem Faltblatt ebenfalls nicht vor. Allgemeinverfügungen sind Verwaltungsakte, die sich nicht an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richten oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betreffen. Bei einer Allgemeinverfügung wird eine konkret generelle Regelung getroffen.

Die Ausführungen in dem Faltblatt enthalten mit der Aufforderung, Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen ab 01. April 2000 vor Leistungserbringung genehmigen zu lassen, keinen Regelungsgehalt gem. § 31 SGB X, da damit keine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt wird, die ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, ändert, aufhebt oder verbindlich feststellt (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 4. Auflage, § 31, Anm. 24). Die Beklagte hat Hinweise zu einem neuen Verfahren erteilt und keine Rechte des Versicherten materiell-rechtlicher Art geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt, weshalb der Kläger keine zulässige Anfechtungsklage erheben konnte. Dieses gilt auch für das an ihn gerichtete Schreiben der Beklagten, mit dem das Genehmigungsverfahren erläutert worden ist. Auch hierbei handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt.

Die mit dem Feststellungsantrag erhobene Klage ist begründet. Die Beklagte ist nicht berechtigt, im Rahmen der Versorgung ihrer Mitglieder die Verordnungen von krankengymnastischen Leistungen und Massagen eines Kassenarztes vor der Leistungserbringung in dem von ihr beabsichtigten gesonderten Verwaltungsverfahren zu prüfen und zu genehmigen. Dies gilt auch im Verhältnis zu den insoweit in Anspruch genommenen Leistungserbringen. Das Sozialgericht hat zu Recht die tenorierte Feststellung getroffen.

Die Beklagte hat sich des grundsätzlich bestehenden Rechts, im Rahmen eines Antragsverfahrens ärztlich verordnete Heilmittel in Form von krankengymnastischen Leistungen und Massagen vor Leistungserbringung zu prüfen durch andere Verfahrensweisen in der Leistungserbringung begeben. Soweit sie nunmehr das Recht für sich in Anspruch nimmt, durch das Faltblatt aus März 2000 ein Genehmigungsverfahren für ärztlich verordnete Leistungen der Krankengymnastik und Massagen zum 01. April 2000 gegenüber ihren Versicherten und auch gegenüber den vom Kläger vertretenen Leistungserbringen einzuführen und diese Absicht im sozialgerichtlichen Verfahren bekräftigt hat, ist sie in der gegenwärtigen Situation hierzu nicht berechtigt. Sie darf zwar grundsätzlich auch über die Bewilligung von Heilmitteln im Rahmen eines Antrags- bzw. Genehmigungsverfahrens entscheiden, eine derartige Entscheidung liegt jedoch auch ohne die von ihr jetzt beabsichtigte Neuregelung vor.

Die grundsätzliche Berechtigung der Beklagten zur Prüfung von Leistungsansprüchen im Rahmen der Leistungserbringung folgt aus dem Recht der sozialen Krankenversicherung nach dem SGB V als Leistungsrecht und den Vorschriften über das Sozialverwaltungsverfahren nach dem SGB X.

Gemäß § 2 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die im dritten Kapitel des SGB V genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs. 1 SGB V). Dabei erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit nichts anderes geregelt ist. Zur Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen Verträge mit Leistungserbringern. Diese dann auf der Grundlage des vierten Kapitels des SGB V geschlossenen Verträge ändern nichts daran, dass Schuldner der dem Versicherten zu erbringenden Leistungen die Krankenkassen bleiben. Die Ansprüche nach dem SGB V auf bestimmte Leistungen bestehen gegenüber der Sozialverwaltung, den Krankenkassen, die bei der Erbringung der Leistungen die im SGB V normierten Grundsätze zur Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit ( §§ 2, 12 SGB V) zu beachten haben. Im Rahmen der Leistungsverwaltung ist ein Verwaltungsverfahren zur Erbringung und Prüfung der gesetzlichen Leistungen üblich.

Nach § 11 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbrüchen, zur Früherkennung von Krankheiten und zur Behandlung einer Krankheit. Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind (§ 11 Abs. 4 SGB V). Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte keinen Anspruch auf Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, diese dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Diesen Regelungen zu den grundsätzlich zu beanspruchenden Leistungen ist immanent, dass eine Überprüfung der Anspruchsberechtigung - notwendigerweise im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens - erfolgt. Ein Verwaltungsverfahren ist auch für die Erbringung von krankengymnastischen Leistungen und Massagen nicht ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat das Verfahren zur Leistungserbringung für alle Leistungsbereiche einheitlich in den gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung, Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV – und zwar in § 19 SGB IV – Antragsverfahren - geregelt. Nur wenn in den besonderen Vorschriften der Sozialversicherung ein Antragsverfahren generell für alle oder einzelne Leistungen nicht vorgesehen bzw. ausgeschlossen ist, kommt es auf ein solches nicht an. Im übrigen ist mit dem SGB X das Sozialverwaltungsverfahren für alle Sozialleistungsbereiche einheitlich geregelt worden.

Das Verwaltungsverfahren ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages ein (§ 8 SGB X). Von dieser gesetzlichen Definition werden daher auch die Besonderheiten solcher Leistungsbereiche erfasst, bei denen die Erbringung von Leistungen auf der Grundlage von Verträgen erfolgt wie im Rahmen des SGB V nach § 72 ff. SGB V. Das durchzuführende Verwaltungsverfahren ist, soweit nicht anders geregelt, nicht an bestimmte Formen gebunden, es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen (§ 9 SGB X). Über die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens entscheidet gem. § 18 SGB X die zuständige Behörde, im Rahmen des SGB V die Beklagte, sofern sie nicht von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss.

Diese Regelungen sind Grundlage für das Handeln der Beklagten als durch das SGB V zur Leistung gegenüber den Mitgliedern verpflichtete Stelle (Behörde). Dieses schließt Prüfungs- und Genehmigungsverfahren generell ein.

Ein Antragsverfahren nach § 19 SGB IV im Sinne eines bei der Krankenkassen zu stellenden Antrages im Rahmen der Krankenbehandlung ist - jedenfalls auf den ersten Blick - nicht erkennbar. Gem. § 15 Abs. 2 SGB V kann der Versicherte durch Vorlage seiner Krankenversicherungskarte ärztliche und zahnärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen, ohne dass er hierfür zuvor die Krankenkasse einschalten müsste. Eines an die Krankenkasse gerichteten Leistungsantrages bedarf es nicht (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V § 15 Anm. 4). Durch das SGB V ist ein "normales" Verwaltungsverfahren - Beginn mit dem anspruchsauslösenden Antrag bei dem Krankenversicherungsträger, Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen, Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen, d.h. eine streng verfahrensrechtlich Überprüfung des Vorliegens eines Anspruchs - nicht vorgesehen (BSG, Urt. v. 16. 12. 1993, Az.: 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 281). Das BSG (a.a.O.) geht aber nicht davon aus, dass überhaupt ein Verwaltungsverfahren ausgeschlossen ist, wenn es ausführt: " Das SGB V schließt ( ...) durch ein ( ...) Rechtskonkretisierungskonzept (die streng verfahrensrechtliche Überprüfung) derart aus, dass das normale Verwaltungsverfahren nur noch dann und nur insoweit stattfinden darf, als das gesetzliche Spezialkonzept einen Rückgriff hierauf zulässt oder objektiv versagt" ...

Ein Antragsverfahren und damit die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens ist daher auch bei Leistungen nach dem SGB V nicht ausgeschlossen. Das Verfahren ist vielmehr lediglich für den Beginn der Krankenbehandlung nicht über einen unmittelbar bei dem Sozialversicherungsträger zu stellenden Antrag geregelt. Den Antrag i. S des § 19 SGB IV stellt der Versicherte vielmehr mit der Vorlage der Krankenversicherungskarte und dem Willen zur Entgegennahme von Leistungen durch den als Vertragsarzt zugelassenen Leistungserbringer. Ein Antrag ist nämlich jede Erklärung durch die jemand Sozialleistungen begehrt (v. Wulffen a.a.O., § 18 Anm. 5). Mit dem Antrag wird der erkennbare Wille zum Ausdruck gebracht, von einem Initiativrecht, gesetzliche Leistungen von der Beklagten zu beanspruchen, Gebrauch zu machen. Der Versicherte gibt gegenüber dem zur Leistungserbringung zugelassenen Vertragsarzt eine empfangsbedürftige Willenserklärung ab, indem er erklärt, dass er die ihm nach den Vorschriften des SGB V zustehende Sachleistung von der Beklagten beanspruchen möchte (Krauskopf, a.a.O.). Der zugelassene Vertragsarzt nimmt den Antrag als Vertreter der Krankenkasse entgegen. Gibt nämlich der Vertragsarzt im Rahmen der Verordnung einer Leistung nach dem SGB V schon mit Wirkung für die Krankenkasse eine Willenserklärung ab (BSG, Urt. v. 17.01.1996, 3 RK 26/94, SozR 3-2500 § 129), so nimmt er erst recht eine Erklärung des Versicherten als Vertreter der Krankenkasse entgegen, diese verordnete Leistung als Sachleistung der Beklagten erhalten zu wollen. In der Verordnung des Heilmittels liegt dann die Leistungsbewilligung, die auch die Beklagte im Rahmen der bisherigen Handhabung bindet. Die gem. § 92 Abs.1 Nr.6 SGB V erlassene Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinie/HMR in der Fassung vom 06. Februar 2001 (Bundesanzeiger Beilage Nr. 118 a) in Kraft ab 01. Juli 2001 – HMR – und die bisherige Praxis der Beklagten, die Vertragsärzte über die Verabreichung von Heilmitteln in Form von Krankengymnastik und Massagen entscheiden zu lassen, lassen keinen Raum für die Aufnahme eines weiteren Genehmigungsverfahrens gegenüber den Versicherten oder Leistungserbringern nach erfolgter ärztlicher Verordnung von krankengymnastischen Leistungen und Massagen.

Dem nach § 95 SGB V zugelassenen Vertragsarzt obliegt es, den konkreten Inhalt der ärztlichen Leistung und damit auch der erforderlichen Versorgung mit Heilmitteln zu bestimmen (BSG, Urt. v. 18. 05 1989, Az.: 6 RKa 10/88, BSGE 65, 94 - 100; Urt. v. 16.12.1993, Az.: 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 280; Urt. v. 16.09.1997, Az.: 1 RK 28/95, BSGE 81, 54, 61; BSG, Urt. v. 09. Juni 1998, Az.: B 1 KR 18/96 R, BSGE 82, 158, 161). Grundsätzlich hat das Gesetz die Konkretisierung und Erfüllung des subjektiven öffentlichen Rechts auf Gewährung einer Leistung der kassenärztlichen Versorgung übertragen, der Arzt ist damit die "Schlüsselfigur" im Leistungsrecht nach dem SGB V (BSG, Urt. v. 16. 12.1993, Az.: 4 RK 5/92, a.a.O.). Der Arzt stellt damit die Konkretisierung des Leistungsanspruchs gemäß § 27 SGB V auf Krankenbehandlung fest und damit, dass sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankenbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst dabei auch die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Damit ist die Leistung von krankengymnastischen Leistungen und Massagen als Heilmittel Teil der Krankenbehandlung gemäß § 27 SGB V.

Der zu beanspruchende Umfang und der Inhalt der Krankenbehandlung folgt nicht allein aus § 27 SGB V und auch nicht aus § 32 SGB V, wonach Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln haben, soweit sie nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Die vertragsärztliche Versorgung umfasst auch die Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V). Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens ist der Vertragsarzt zudem bei der Verordnung von Krankenbehandlung und Heil- und Hilfsmitteln an die Richtlinien der Bundesausschüsse gem. § 92 SGB V und durch Verträge der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Verbänden der Beklagten gebunden (§ 72 Abs. 2 SGB V) und hat damit zu gewährleisten, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemeinen anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse auch über seine Verordnung gewährleistet ist.

Die Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Hilfsmittel-Richtlinie - in der Fassung vom 17. Juni 1992, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 06. Februar 2001 (Bundesanzeiger 2001, Nr. 102 S. 11037) zum 01. Juli 2001 und die Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinie/HMR in der Fassung vom 06. Februar 2001 (Bundesanzeiger Beilage Nr. 118 a) in Kraft ab 01. Juli 2001 regeln u.a. die Art und den Umfang der zu verordnenden Leistung bei der Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. Dieses wird schon im Richtlinientext der HMR unter I. allgemeine Grundsätze deutlich, wenn dort ausgeführt ist, dass die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 beschlossenen Richtlinien der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemeinen anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln dienen sollen. Der Bundesmanteltarifvertrag Ärzte vom 19. 12. 1994 (DÄBl. 1995 Heft 9 S. 455) in der Fassung der Änderungen durch Beschlüsse mit Wirkung vom 01. 07. 2000 (DÄBl. 2000 Heft 28/29 S. A-1996), mWz. 01. 07. 2001 (DÄBl. 2001 Heft 26 S. A. 1776 –BMV-Ä - regelt den Umfang der vertragsärztlichen Versorgung, zu der auch die Verabreichung der Verordnung von Heilmitteln gehört. Auch hier sind Grundsätze der vertragsärztlichen Versorgung festgelegt. Hierbei entscheidet der Kassenarzt über das Recht des Versicherten gegenüber der Krankenkasse in medizinischer Hinsicht verbindlich, soweit er sich im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung, d.h. die für ihn durch Richtlinien oder Vertrag geltende Grundsätze der Versorgung bewegt (BSG, Urt. v. 16. 12. 1993, Az.:4 RK 5/92, a.a.O.).

Dabei ändert aber weder die grundsätzliche Bestimmung des Behandlungsinhalts und damit des Anspruches des Versicherten seitens des Arztes noch der Umstand, dass in vielen Bereichen bisher kein Genehmigungsverfahren erfolgt ist, etwas an der generellen Berechtigung der Beklagten, über das Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen selbst zu entscheiden (BSG, Urt. v. 18. 05.1989, Az.: 6 RKa 10/88, a.a.O., S. 98 abw.v. BSG, Urt. v. 31. Juli 1963, 3 RK 92/59 = BSGE 19, 270).

Aus dem Umstand, dass für einige im Rahmen der Krankenbehandlung nach §§ 27, 73 Abs. 2 SGB V verordnete Leistungen, so für die Versorgung mit Zahnersatz, Hilfsmitteln und häuslicher Krankenpflege im Gesetz, in Richtlinien oder im BMV-Ä ein Genehmigungsverfahren vorgesehen ist (§ 30 Abs.4 SGB V, § 27 Abs. 3 BMV-Ä, § 30 Abs.8 Satz 1 BMV-Ä) folgt ebenfalls nicht, dass generell für andere Leistungsbereiche mit ärztlichen Verordnungen ein Genehmigungsverfahren ausgeschlossen ist. Sofern im Gesetz oder in Verträgen ein spezielles Genehmigungsverfahren vorgesehen ist, werden von der Leistungsverwaltung nur Rechte wahrgenommen, die ihr grundsätzlich zustehen (BSG, Urt. v. 18. 05.1989, Az.:6 RKa 10/98, a.a.O.). Demgegenüber zeigt der Umstand, dass für den Bereich der Arzneimittelversorgung aufgrund vertragsärztlicher Verordnung gem. § 29 BMV-Ä ein Genehmigungsverfahren oder Überprüfungsverfahren nach erfolgter ärztlicher Verordnung ausgeschlossen worden ist, dass den zur Ausgestaltung der Leistungsansprüche berufenen Ausschüsse und Vertragsparteien die Möglichkeit eines Genehmigungsausschlusses bekannt ist und dieses auch genutzt wird.

Aus dem BMV-Ä folgt explizit kein Ausschluss eines Genehmigungsverfahrens durch die Beklagte bei der Erbringung von Heilmitteln. Nach § 30 Abs. 8 Satz 1 BMV-Ä ist nur die Abgabe von Hilfsmitteln aufgrund der Verordnung eines Vertragsarztes von einer Genehmigung durch die Krankenkasse abhängig, soweit nichts anderes geregelt ist. Grundsätzlich bedarf die Abgabe von Heilmitteln keiner Genehmigung, soweit die Bestimmungen der Krankenkasse nichts anderes vorsehen (§ 30 Abs. 8 SGB V).

Für die Erbringung von Heilmitteln aufgrund von Verordnungen eines Vertragsarztes ist ein solcher Ausschluss eines Genehmigungsverfahrens also explizit auch nicht geregelt. In den nunmehr ab 01. Juli 2001 geltenden HMR findet sich auch kein ausdrücklicher Ausschluss eines Genehmigungsverfahrens. Die Regelung, dass der Therapeut an die ärztliche Verordnung gebunden ist, beinhaltet jedenfalls nicht, dass keine anderen, zusätzlichen Voraussetzungen für die Leistungserbringung geschaffen werden können.

Auch aus dem Vertrag des Klägers mit der Beklagten vom 01. April 1993 folgt jedenfalls kein Ausschluss eines Verwaltungsverfahrens. Der Vertrag regelt, dass die Mitglieder des Klägers berechtigt und verpflichtet sind, die verordneten Leistungen aufgrund und in dem Umfang der Verordnung des Kassenarztes zu erbringen. Diese Leistungen werden dann auch vergütet.

Sofern die Beklagte, wie dieses mit dem Faltblatt gegenüber den Versicherten zum Ausdruck gebracht worden ist, die ärztliche Verordnung überprüfen und genehmigen möchte, wird der Versicherte gegenüber den Mitgliedern des Klägers auch weiter eine ärztliche Verordnung vorlegen, die ausgeführt werden kann. Ein Genehmigungs- oder Sichtvermerk der Krankenkasse wird an dem Umstand, dass eine Verordnung für die Erbringung eines Heilmittels vorliegen muss, nichts ändern, so dass der Vertrag auch weiter durchgeführt werden kann. Auch wird nicht etwa die freie Wahl des Leistungserbringers durch den Versicherten (§ 6 des Vertrages) von einem Genehmigungsverfahren berührt. Die ärztliche Verordnung berechtigt den Versicherten nach Genehmigung auch weiterhin, die Leistung von einem von ihm unter den zugelassenen Leistungsanbietern ausgewählten Physiotherapeuten in Anspruch zu nehmen. Auch hat die Beklagte mit dem zwischen den Beteiligten fortgeltenden Vertrag vom 04. Januar 1993 nicht etwa auf eine Genehmigung von ärztlich verordneter Krankengymnastik und Massage vor Leistungserbringung verzichtet. Eine solche Bestimmung ist dem Vertrag nicht zu entnehmen.

Nach alledem ist die Beklagte grundsätzlich befugt, im Rahmen des dargestellten Antragsverfahrens über ärztlich verordnete Heilmittel zu entscheiden und dabei die erwähnten Gesichtspunkte der Notwendigkeit, des Ausreichens und der Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Die Befugnis besteht allerdings nur dort, wo eine derartige Prüfung erforderlich ist, die gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen in bezug auf den einzelnen Anspruch des jeweiligen Versicherten festzustellen und die Krankenkasse ihre Entscheidungsbefugnis nicht - an den Kassenarzt - abgegeben hat. Den einzelnen Versicherten darf die Beklagte nur dann im Rahmen einer derartigen Prüfung in Anspruch nehmen, wenn sich nur auf diese Weise – also durch eigene Prüfung seitens der Beklagten - klären lässt, ob gerade er die Voraussetzungen für die Krankenbehandlung und damit für das verordnete Heilmittel erfüllt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Maßgeblich für die hier zu beurteilende physikalische Therapie ist, ob sie den genannten Kriterien entspricht, also ob sie für den einzelnen Versicherten zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich ist. Dabei ist die Zweckmäßigkeit regelmäßig anzunehmen, denn bei den in Betracht kommenden Diagnosen dürfte physikalische Therapie regelmäßig zur Krankheitsbeeinflussung geeignet sein. Dementsprechend stützt sich die Beklagte auch im wesentlichen auf das Erfordernis einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. Eine derartige Prüfung ist jedoch bereits im Rahmen des dargestellten Verfahrens bei der Verordnung des Heilmittels durch den Vertragsarzt erfolgt. Nach Auffassung des Senats steht bei der beabsichtigten -erneuten und durch die Beklagte vorzunehmende - Wirtschaftlichkeitsprüfung die Prüfung der vertragsärztlichen Verordnung und damit nicht das Verhältnis zum Versicherten im Vordergrund, weshalb die Beklagte auch nicht berechtigt ist, vom Versicherten die geforderte Vorlage der Verordnung vor Beginn der Behandlung zu verlangen.

Die Beklagte hat nicht dargetan, wie sie im Einzelfall innerhalb des Versicherungsverhältnisses die Wirtschaftlichkeit verordneter Heilmittel, insbesondere der hier streitigen physikalischen Therapie abweichend von dem durch sie mit der Durchführung des "Verwaltungsverfahrens" beauftragten Vertragsarzt prüfen will. Nach ihrer Darlegung in der mündlichen Verhandlung geht es ihr insbesondere um die Einschaltung des MDK, wobei dieser nicht im Rahmen einer eigenen Untersuchung des jeweiligen Patienten, sondern nach Aktenlage feststellen soll, ob die Diagnose das verordnete Heilmittel in der verordneten Quantität rechtfertigt. Der MDK ist dabei auf die vom Vertragsarzt mitgeteilte Diagnose angewiesen und dabei ebenso wie der Vertragsarzt auf Erfahrungswerte hinsichtlich der Art und der Anzahl abzugebender Heilmittel.

Wie ausgeführt hat der Versicherte den Antrag auf die Leistung durch Aufsuchen des Vertragsarztes und Vorlage seiner Versicherungskarte, verbunden mit einem Behandlungswunsch gestellt. Diesen Antrag hat der Vertragsarzt durch Aufnahme der Behandlung als Vertreter der Beklagten Krankenkasse angenommen. Im weiteren Verlauf treffen den Versicherten dann lediglich Mitwirkungspflichten (§§ 60 ff SGB I). Letztere verpflichten ihn aber nur dann, wenn sich der Versicherungsträger die erforderlichen Kenntnisse nicht einfacher auf andere Weise verschaffen kann (§ 65 Abs.1 Nr.3 SGB I).

Den Versicherten treffen auch in Bezug auf die vertragsärztlich verordnete physikalische Therapie lediglich Mitwirkungspflichten. Dies folgt daraus, dass der Vertragsarzt im Hinblick auf diese Leistung ermächtigt ist, den Antrag entgegenzunehmen und darüber zu entscheiden. Auch hinsichtlich der verordneten Heilmittel entscheidet der Vertragsarzt also ebenso wie bei den von ihm selbst erbrachten ärztlichen Leistungen zu Lasten der Krankenkasse über die dabei maßgeblichen Faktoren wie Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit.

Die Beklagte strebt eine grundlegende Änderung nicht in Bezug auf die Versicherten oder den Kläger, sondern im Verhältnis zu ihren Vertragsärzten an. Auch bisher ist bereits regelmäßig über die von der Beklagten genannten maßgeblichen Faktoren wie Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit entschieden worden, nämlich in dem beschriebenen untypischen Verwaltungsverfahren unter Beteiligung der Vertragsärzte. Andernfalls hätte die Beklagte bisher ihre Pflichten aus dem SGB V und dem SGB X, die sie jetzt für sich in Anspruch nimmt, nicht wahrgenommen. Davon kann jedoch keine Rede sein, denn bisher hat die Beklagte, wie andere Krankenversicherungsträger auch, die maßgeblichen Faktoren von den Vertragsärzten prüfen und entscheiden lassen, die Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis somit auf die Vertragsärzte verlagert. Die Beklagte hat zur Begründung ihres Anliegens auch ausgeführt, dass sie nunmehr diese Faktoren nicht mehr in die "alleinige" Entscheidung der Vertragsärzte geben will.

In Änderung der bisher gehandhabten Praxis soll die Prüfung aus der Hand der Vertragsärzte und wieder unmittelbar zu ihr zurückgeführt werden. Diese Verlagerung ist aber nicht über das Verhältnis der Krankenkasse zum jeweiligen Versicherten oder zu den vom Kläger vertretenen Physiotherapeuten zu regeln, sondern - da es sich um eine Veränderung im Verhältnis zu den Vertragsärzten handelt - im Verhältnis zum verordnenden Vertragsarzt.

Mit den HMR in der Fassung vom 06. Februar 2001 (BAnz. Beil. Nr. 118a) des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen , in dem die Beklagte auch über ihren Bundesverband vertreten ist, wurden auch mit Wirkung für die Beklagte detaillierte Regelungen zur einheitlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln beschlossen. Dabei wurden erstmals in einem Katalog Heilmittel konkreten Indikationen zugeordnet. Dabei sind auch die Verordnungsmengen für die Heilmittelversorgung für den Regelfall festgelegt worden. Andere als die in dem Katalog aufgeführten Regelverordnungen sind begründungspflichtige Verordnungen, die der Beklagten vorzulegen sind (II 11.5 HMR). Die Richtlinien sollen " einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln" dienen (I 1. HMR). Die Richtlinien sind für die Vertragsärzte verbindlich. Mit dieser Richtlinie ist folglich auch die Annahme des Vorliegens von Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit verordneter Physiotherapie abweichend von bisherigen Gepflogenheiten geregelt und zwar dergestalt, dass nur eine bestimmte Anzahl von Behandlungen verordnungsfähig und damit bezogen auf den jeweiligen Krankheitsfall als wirtschaftlich anzunehmen ist. Nur in bestimmten Fällen soll dabei eine zusätzliche Überprüfung durch die Krankenkassen möglich sein. Dies belegt, dass es grundsätzlich bei der Zuständigkeit der Vertragsärzte für die Leistungsbewilligung unter Beachtung auch der Wirtschaftlichkeitskriterien verbleiben soll. Auch der BMV-Ä setzt konsequent voraus, dass ein gesondert durchzuführendes Verwaltungsverfahren über die Beklagte bei der Heilmittelversorgung im Rahmen von Regelverordnungen nicht vorgesehen ist. Die für die Vertragsärzte verbindliche Vordruckvereinbarung gem. Anlage 2 zum BMV-Ä sieht im für die Heilmittelversorgung vorgesehenen Muster 13 nur eine Genehmigung der Krankenkasse bei Verordnung außerhalb des Regelfalles vor. Die Vertragsparteien des BMV-Ä sind dabei offenbar davon ausgegangen, dass keine andere Bestimmung der Krankenkassen i.S. des § 30 Abs.8 S.2 BMV-Ä ergangen ist.

Wenn die Beklagte jetzt entgegen der gerade neu abgeschlossenen Vereinbarung die Wirtschaftlichkeitsprüfung in eigene Hände nehmen will, ist dies "venire contra factum proprium", also widersprüchlich. Die Beklagte nimmt damit ein Recht für sich in Anspruch, welches sie in den Verhandlungen mit der Vertragsärztlichen Bundesvereinigung offensichtlich nicht hat durchsetzen wollen oder können oder welches für sie dort keine Rolle gespielt hat.

Ein Prüfungsrecht, dessen sie sich in den Verhandlungen begeben hat, welches aber in bezug auf die abgeschlossene Vereinbarung nicht nur von marginaler Bedeutung ist, kann jedenfalls nicht im Verhältnis zu den Versicherten mit den Mitteln hoheitlichen Verwaltungshandelns und damit auch nicht gegenüber dem Kläger aufgenommen werden. Es geht nämlich bei der beabsichtigten Prüfung offensichtlich darum, nach der Verordnung durch den Vertragsarzt festzustellen, ob der Vertragsarzt seinen durch die Richtlinien übernommenen Verpflichtungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise nachgekommen ist. Hierfür stellt das SGB V aber andere Mittel zur Verfügung, nämlich die Prüfung beim Vertragsarzt gem. § 106 SGB V. Zuzugeben ist der Beklagten dabei zwar, dass die von ihr angestrebte Prüfung regelmäßig nur vor der Verabreichung der Physiotherapie vorgenommen werden kann, weil insbesondere der Zustand des Patienten nur vor der Behandlung unverändert ist. Dies ist allerdings keine neue Erkenntnis, sondern war schon vor dem Abschluss der neu vereinbarten Richtlinien bekannt, wie auch das vorliegende Verfahren zeigt, welches aus der Zeit vor Abschluss der Vereinbarung datiert. Eine Änderung der Handhabung des bisherigen "Verwaltungsverfahrens" zur Verordnung und damit Bewilligung von Heilmitteln ist trotz offensichtlicher Bedeutung gerade dieses Gesichtspunktes nicht erfolgt. Deshalb ist eine jetzt einseitige Veränderung durch die Beklagte im Verhältnis zu ihren Versicherten und zum Kläger, die damit zugleich auch in die Rechte der Vertragsärzte eingreift, nicht zulässig.

Der Senat misst der entschiedenen Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, bei ärztlich verordneten Leistungen der Physiotherapie und Massage vor Leistungserbringung gegenüber den Versicherten eine Genehmigung durch sie zu verlangen, grundsätzliche Bedeutung zu. Die Revision war zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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