L 13 V 8/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 42 V 345/95
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 V 8/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Januar 1999 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz -BVG-.

Die 1914 geborene Klägerin ist die Witwe des am 18. Mai 1912 geborenen und am 23. März 1950 verstorbenen ehemaligen Kriegsteilnehmers W G (Herr G.), mit dem sie in erster Ehe verheiratet war. Die am 12. März 1959 neu eingegangene Ehe mit dem W S endete am 4. Januar 1984 mit dessen Tod.

Herr G., der Angehöriger der Deutschen Kriegsmarine war, geriet im Oktober 1944 bei Abwehrkämpfen um H in englische Kriegsgefangenschaft. Er wurde aus dieser, während der er nach den Unterlagen der deutschen Dienststelle (WASt) „u.a. in Belgien“ festgehalten worden war, zum 1. August 1947 entlassen. Die Kopie der am 24. März 1950 vom Standesbeamten in B-L ausgestellten Todesurkunde weist als Todesursache „Herzschwäche, Myokardinfarkt“ aus. Herr G. starb im O-Z-Krankenhaus.

Mit dem am 27. Dezember 1993 bei dem Beklagten eingegangenen Antrag auf Bewilligung einer Witwenversorgung machte die Klägerin geltend, ihr früherer Ehemann habe als Kriegsgefangener in Belgien, wohin er am 8. August 1945 verlegt worden war, schwere Arbeit im Bergwerk verrichten müssen. Er habe 800 m tief in den Stollen einfahren und liegend in 30 cm Höhe Kohle abbauen müssen. Er sei auch einmal verschüttet worden. Bei seiner Entlassung sei er schwer herzkrank gewesen. Der von ihm dann konsultierte Arzt Dr. K, der seinerzeit im O-Z-Krankenhaus tätig gewesen sei, habe ihren Mann, der kaum noch habe laufen können, mit Strophanthin-Spritzen versorgt. Die gemeinsame Tochter G, geboren am 10. April 1937, habe nach seinem Tode bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres eine Kriegswaisenrente erhalten. Diese ist durch einen im April 1955 ungültig gestempelten Versicherungsausweis der Versicherungsanstalt Berlin für G belegt.

Aus einem in der Verwaltungsakte des Beklagten befindlichen Kriegskrankenblatt des Marinelazaretts S ist außerdem ersichtlich, dass sich der frühere Ehemann der Klägerin dort wegen eines Steißbeinabszesses und Haemorrhoiden vom 23. August 1943 bis zum 1. Oktober 1943 in stationärer Behandlung befunden hatte und nach deren Abheilung als gesund zu seiner alten Einheit entlassen worden war.

Die vom Beklagten um eine Beurteilung des Sachverhalts ersuchte Internistin Dr. T erklärte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10. Mai 1995, für die Zeit des Kriegsdienstes oder der Gefangenschaft seien keine Herz-, Kreislauferkrankungen belegt. Aus der amtlich bescheinigten Todesursache einer Herzschwäche, Myokardinfarkt könne zwar auf das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit geschlossen werden. Ein Zusammenhang dieser Krankheit mit den kriegs- und gefangenschaftsbedingten Lebensumständen des Herrn G. (schwere körperliche Arbeit, Unterernährung) bestehe nicht. Es sei von anlagebedingten regressiven Veränderungen der Koronargefäße im Sinne einer Koronarsklerose auszugehen.

Durch Bescheid vom 22. Mai 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 1995 lehnte der Beklagte die Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach § 38 Abs. 1 BVG ab. Die zum Tode des Herrn G. führende koronare Herzerkrankung stelle nach versorgungsärztlicher Beurteilung eine eigenständige Entwicklung dar. Es handele sich bei dem Myokardinfarkt um ein Akutgeschehen, für das die besonderen kriegs- bzw. gefangenschaftseigentümlichen Verhältnisse nicht als ursächlich im Sinne des BVG gewertet werden könnten. Es gebe auch keine medizinisch fundierten Hinweise dafür, dass gegebenenfalls weitere Gesundheitsstörungen, die auf Tatbestände im Sinne des § 1 BVG zurückzuführen seien, für das Ableben des Herrn G. ursächlich gewesen seien. Auch aus der Zahlung einer Halbwaisenrente an die Tochter der Klägerin ab 1950 könnten keine Ansprüche hergeleitet werden.

Das hiergegen angerufene Sozialgericht hat im Termin vom 13. Mai 1998 die Klägerin und deren Tochter G als Zeugen über die gesundheitliche Situation des Herrn G. in der Zeit nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft und vor seinem Tod vernommen. Außerdem hat es Auszüge aus einem in einem anderen Rechtsstreit erstatteten Gutachten des Internisten/Kardiologen Dr. H vom 2. Februar 1995 wegen der darin enthaltenen Ausführungen zu den Auswirkungen einer Dystrophie auf die Funktionsfähigkeit des Herzens mit Hinweisen auf entsprechende medizinische Fachliteratur zur Gerichtsakte genommen (Bl. 44 bis 61 GA).

Durch Urteil vom 8. Januar 1999, das gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das Sozialgericht den Beklagten dazu verurteilt, der Klägerin nach ihrem am 23. März 1950 verstorbenen Ehemann W G Hinterbliebenenrente nach dem BVG zu gewähren. Zu diesem Ergebnis sei es, ausgehend vom frühen Tod des Herrn G. im Alter von 37 Jahren und 2 1/2 Jahre nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft wegen „Herzschwäche, Myokardinfarkt“ unter Auswertung aller medizinischen Unterlagen, Würdigung der Zeugenaussagen sowie unter Anwendung der Grundsätze von § 15 KOVfG (Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung) gekommen. Das Gericht habe insbesondere aufgrund der Angaben der Klägerin und der Zeugin sowie unter Zugrundelegung der sonstigen vorhandenen Unterlagen die Überzeugung gewonnen, dass Herr G. infolge der Umstände der Kriegsgefangenschaft eine Herzschwäche erlitten habe, mit der er nach Hause entlassen worden sei, und die sich bis zu seinem Tode nicht nennenswert gebessert habe. Der Auffassung des Beklagten, es habe eine anlagebedingte Koronarsklerose zum Tode des Geschädigten geführt, könne aus medizinischer Sicht nicht gefolgt werden. Bei diesem habe zur Zeit seines Todes eine Herzschwäche und ein Myokardinfarkt vorgelegen. Die Herzschwäche sei kriegsbedingt gewesen. Zur Begründung seiner Auffassung hat das Gericht auf die in dem beigezogenen Gutachten gemachten Ausführungen zu Dystrophieleiden bei den aus der Kriegsgefangenschaft Entlassenen Bezug genommen. Hiernach könne davon ausgegangen werden, dass bei Herrn G. keine Rückbildung der Dystrophie bis zu seinem Tode erfolgt sei, so dass die Herzschwäche zusammen mit dem Myokardinfarkt dessen Tod wesentlich mitverursacht habe.

Gegen das am 5. März 1999 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten vom 25. März 1999. Er hält daran fest, dass der Tod des Herrn G. nicht ursächlich mit dessen geschwächtem Gesundheitszustand nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft in Zusammenhang gebracht werden könne. Die vom Gesetz geforderte hinreichende Wahrscheinlichkeit lasse sich weder mit den Angaben der Klägerin und der Aussage ihrer Tochter noch mit dem in anderer Sache ergangenen Gutachten des Dr. H begründen. Der Beklagte bezieht sich insoweit u.a. auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Internisten Dr. D vom 23. März 1999 und vom 10. August 1999.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Januar 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat weitere medizinische Ermittlungen geführt und den Internisten Prof. Dr. Th zum medizinischen Sachverständigen ernannt, dem u.a. die Frage vorgelegt worden war, ob sich aufgrund der Unterlagen bzw. aufgrund des Vortrags der Klägerin und ihrer Tochter im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren oder medizinisch-wissenschaftlich begründbar die Auffassung vertreten lasse, der Tod des Herrn G. sei auf Kriegsfolgeschäden zurückzuführen. In seinem Gutachten vom 24. Januar 2000 hat der medizinische Sachverständige dargelegt, dass nach dem Akteninhalt und dem Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Ermittlungen keine der üblicherweise anerkannten Herzerkrankungen als Ursache des Todes von Herrn G. in Betracht komme, insbesondere auch nicht die vom Sozialgericht unterstellte Herzschwäche nach Unterernährung. Diese Erkrankung sei extrem selten und dann wohl auf eine zweite Erkrankung zurückzuführen, die das Herz betreffe und unabhängig von den Ursachen der Unterernährung sei. Als Todesursache denkbar sei nach seiner Auffassung jedoch die Infektion eines Herzmuskels, wie sie unter den Bedingungen der Kriegsgefangenschaft und der Zwangsarbeit häufige Todesursache gewesen sei. Aus der Reihenfolge der Todesursachen im Sterbebuch des Standesamtes Lichtenberg könne kein eindeutiger Rückschluss zur mutmaßlichen Kausalkette gezogen werden. Es sei möglich, dass die Grundkrankheit an erster Stelle und die eigentlich zum Tode führende Komplikation an der letzten Stelle genannt worden sei. Es könne aber auch bei den Todesursachen zu einem Wechsel der Terminologie gekommen sein.

Auf die daraufhin vom Beklagten vorgelegte Stellungnahme des Dr. D vom 20. März 2000 hat sich Prof. Dr. Th mit Schreiben vom 3. Juli 2000 geäußert.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird außerdem auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte mit dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen und den versorgungsärztlichen Stellungnahmen und auf die Versorgungsakte des Beklagten vom Az.:, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach §§ 1, 38, 44 BVG.

Nach §§ 38 Abs. 1 Satz 1, 84 a BVG hat eine Witwe aus dem Beitrittsgebiet frühestens ab dem 1. Januar 1991, hier: ab Antragstellung (vgl. § 44 Abs. 4 BVG) einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Beschädigte an den Folgen einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG verstorben ist. Diese Voraussetzungen sind weder originär (b) noch in Verbindung mit § 85 BVG (a) erfüllt.

a) Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass ihre Tochter G nach dem Tode des Herrn G. von der Versicherungsanstalt B eine Waisenrente, die nach Lage der Dinge eine Kriegsopferrente gewesen sein dürfte, erhalten hatte. Der Rentenbezug ist nur durch einen Versicherungsausweis für Rentner belegt, nicht auch durch den der Bewilligung mutmaßlich zugrundeliegenden Bescheid. Eine Bindungswirkung des mutmaßlich erteilten Bescheides für die hier zu beurteilende Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer Kriegsbeschädigung des Herrn G. und seinem Tod für die Bewilligung der hier streitigen Hinterbliebenenrente an die Klägerin besteht nicht. § 85 BVG schreibt vor, dass eine frühere Entscheidung auch nach dem BVG verbindlich ist, soweit nach vor dem 1. Oktober 1950 geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften über die Frage des ursächlichen Zusammenhanges einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG entschieden worden ist. Diese Vorschrift gilt zunächst nur für den Beschädigten selbst, ist aber im Wege der ausdehnenden Auslegung auch auf die Fälle anzuwenden, in denen schon nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften über den Anspruch der Hinterbliebenen und damit über den ursächlichen Zusammenhang des Todes des Beschädigten mit einem schädigenden Vorgang entschieden worden ist (BSGE 8, S. 16, 18). Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung einer Entscheidung über eine Waisenrente nicht auf die Entscheidung über die Witwenrente (BSG 11 S. 194 ff.). Außerdem dürfte in dem der Waisenrentenbewilligung zugrundeliegendem Bescheid naturgemäß keine Entscheidung über ein mutmaßliches Kriegsleiden und dessen Zusammenhang mit dem Tode des Herrn G. getroffen worden sein.

b) Der Senat sieht sich - anders als das Sozialgericht - aufgrund des Ergebnisses der Ermittlungen im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren außerstande, festzustellen, dass der Tod des Herrn G. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG war. Wahrscheinlichkeit ist in diesem Sinne gegeben, wenn nach Abwägung aller maßgeblichen Umstände mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.

Der Senat hält es in Würdigung des insoweit widerspruchsfreien Vortrags der Klägerin und unter Beachtung der Beweiserleichterung von § 15 KOVfG für nachvollziehbar, dass Herr G. nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft zum 1. August 1947 erschöpft und durch unzureichende Ernährung geschwächt sowie krank war. Aus der Behandlung des Herrn G. mit Strophanthin-Spritzen durch den Hausarzt in Berlin ist nach dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. Th auf das seinerzeitige Vorliegen von Schwäche und Luftnot zu schließen. An welcher Erkrankung Herr G. gelitten hatte, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen. Die Kopie einer Gefangenenkarte (Bl. 26 der Versorgungsakte) weist eine Überstellung des Herrn G. aus englischer Gefangenschaft an Belgien am 8. August 1945 aus. Die für die Eintragung von Krankheiten vorgesehene Spalte ist leer geblieben. Auch das Krankblatt des Marinelazaretts S weist nach der Abheilung der dort behandelten Leiden eine beschwerdefreie Person aus. Eine sorgfältige Anamnese über die Zeit der Gefangenschaft und die Nachkriegszeit ist mithin nicht möglich. Objektive Messdaten aus diagnostischen Erhebungen oder klinische Befunde seines früheren Hausarztes fehlen. Bekannt ist lediglich die auf schriftliche Anzeige der Verwaltung des O-Z-Krankenhauses in die Sterbeurkunde eingetragene Todesursache „Herzschwäche, Myokardinfarkt“ (in eben dieser Reihenfolge). Überzeugende medizinische und rechtliche Überlegungen darüber, ob der Tod des Herrn G. auf ein mutmaßlich in der Kriegsgefangenschaft erworbenes Grundleiden zurückzuführen ist, lässt die in der Sterbeurkunde eingetragene Todesursache nach Auffassung des Senats nicht zu. Der vom Sozialgericht in seinem Urteil entwickelten Theorie, Herr G. habe sich infolge der Entbehrungen der Kriegsgefangenschaft eine Dystrophie zugezogen, die die Entwicklung des zum Tode führenden Myokardschadens begünstigt habe, überzeugt den Senat nicht. Die vom Sozialgericht vertretene Auffassung beruht auf allgemeinen Erfahrungen der von ihm im Urteil zitierten Fachliteratur. Mit dieser generalisierten Betrachtungsweise lässt sich der vorliegende Sachverhalt, in dem es an einer interpretationsfähigen Krankheitsgeschichte des Herrn G. fehlt, nicht in den Griff bekommen. Jede Beurteilung setzt eine individuelle Prüfung voraus (vgl. BSGE 11, S. 50, 53). Ist diese aufgrund fehlender Unterlagen nicht möglich und kommen mehrere Alternativen für den Tod des Herrn G. in Betracht, insbesondere - wie hier - eine sich schicksalhaft entwickelnde Erkrankung der Herzkranzgefäße, dann lässt sich eine nachvollziehbare Kausalbeziehung zwischen der Kriegsgefangenschaft und dem Tode des Beschädigten im Sinne einer Wahrscheinlichkeit nicht herstellen.

Der Beklagte rügt zudem zu Recht, dass Herzschwäche nach Unterernährung nach dem Kriege extrem selten aufgetreten ist und dass sich hieraus die vom Gesetz geforderte Wahrscheinlichkeit keinesfalls begründen lasse. So sieht es auch der medizinische Sachverständige Prof. Dr. Th als sehr unwahrscheinlich an, dass die Herzerkrankung des Herrn G. Folge einer in der Gefangenschaft erlittenen Unterernährung sei.

Prof. Dr. Th begünstigt demgegenüber in seinem Gutachten eher die Annahme einer Infektion des Herzmuskels, die unter den Bedingungen der Kriegsgefangenschaft und der Zwangsarbeit eine häufigere Todesursache gewesen sein soll. Eine Herzmuskelentzündung, so führte er aus, könne schmerzlos zu Herzschwäche führen, die die - aus den Angaben der Klägerin bekannten - Symptome des Herrn G. erkläre. Hiermit lässt sich nach Auffassung des Senats allenfalls die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den aus wissenschaftlichen Erkenntnissen und allgemeinen Erfahrungen bekannten Misshelligkeiten der Kriegsgefangenschaft als angeschuldigte Ursache und dem 2 ½ Jahre nach der Entlassung eingetretenen Tod des Herrn G. begründen. Die für einen Zusammenhang sprechenden Umstände sind auch bei dieser Alternative aus einer ganzen Reihe von als Todesursache möglichen Herzerkrankungen bei vernünftiger Abwägung des medizinischen Sachverhalts ohne Überzeugungskraft. Denn es fehlt an medizinischen Belegen über das mutmaßliche Schadensereignis (hier: über die Gefangenschaft), über den eingetretenen Schaden (Erkrankungen als Folgen der Gefangenschaft), über dessen Entwicklung nach der Entlassung und über deren ursächliche Bedeutung für den Tod des Herrn G ... Bei dieser Beweislage sind alle Erwägungen zum Kausalzusammenhang zwischen Gefangenschaft und Tod des Herrn G. rein spekulativ. Die Beweissituation erlaubt es auch hier nicht, eine nachvollziehbare Kausalbeziehung herzustellen. Dass der medizinische Sachverständige Prof. Dr. Th das offenbar anders sieht, bindet das Gericht nicht. Die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen beschränkt sich darauf, dem Gericht das erforderliche Tatsachenmaterial zu liefern. Es ist zwar üblich, dass der Sachverständige auch danach befragt wird, ob er die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs als gegeben ansehe. Die Beantwortung dieser Frage kann indessen für das erkennende Gericht nur Anhaltspunkte für seine eigene Einschätzung liefern. Dieses kann immer dann von der Bewertung des Sachverständigen abweichen, wenn der Sachverständige erkennbar einen Rechtsbegriff - wie hier - unzutreffend interpretiert hat.

Die neben der zur vermutlichen Todesursache geführte Diskussion, welche Schlussfolgerungen aus der Reihenfolge der Eintragungen in der Sterbeurkunde zu ziehen sind, ist ohne Bedeutung für die hier streitige Zusammenhangsfrage. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, hierauf einzugehen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved