Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RA 5297/98-5
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 93/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1944 geborene Kläger hatte nach eigenen Angaben von 1959 bis 1962 den Beruf des Gas-Wasser-Installateurs erlernt. Nach Ende der Lehrzeit war er zunächst in diesem Beruf tätig und arbeitete ab 1981 als angestellter Geschäftsführer in dem Unternehmen für Gas-Wasser-Installation und Gasheizungen Sch. Vom 7. Oktober 1988 bis 1. Februar 1997 war der Kläger - unter Entrichtung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung - als selbständiger Geschäftsführer der Sch GmbH tätig. Seit dem 1. September 1998 ist er arbeitsunfähig krank.
Im Dezember 1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. D, der in seinem Gutachten vom 23. Februar 1998 nach Veranlassung einer computertomographischen Untersuchung der Lendenwirbelsäule (Bericht von Dr. H vom 19. Februar 1998) noch leichte bis mittelschwere Arbeiten - auch als Gas-Wasser-Installateur - für zumutbar erachtete (chronisches Lumbalsyndrom bei Zustand nach lumbaler Nucleotomie mit Defektsymptomatik, degenerative Veränderungen). In seinem Gutachten vom 4. März 1998 bescheinigte der Facharzt für Innere Medizin Dr. H dem Kläger aus seiner fachlichen Sicht noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten (Diabetes mellitus Typ II B, chronische Bronchitis, arterieller Hypertonus, Hyperlipidämie, Nierenzyste links, vertebragenes Schmerzsyndrom, Nikotinabusus). Mit Bescheid vom 30. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Es liege weder BU noch EU vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von der Ärztin für Innere Medizin Dr. N vom 6. April 1999 (Behandlung des Klägers seit April 1993) und von dem Augenarzt Dr. S vom 12. April 1999. Das SG hat den Orthopäden Dr. M als Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In diesem Gutachten vom 28. März 2000 hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei dem Kläger ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit pseudoradikulärer Irritation S1 links, ein Zustand nach Nucleotomie wegen Bandscheibenprolaps der unteren Lendenwirbelsäule 1986, Adipositas mit myostatischer Rumpfinsuffizienz, ein Typ-II Diabetes mellitus, ein Hypertonus, eine chronische Bronchitis sowie Nikotinabusus vorliegen würden. Der Kläger könne täglich regelmäßig noch körperlich leichte Tätigkeiten - unter Beachtung der dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen - im Wechsel der Haltungsarten vollschichtig verrichten. In der Ausübung geistiger Arbeiten bestünden keine Einschränkungen.
Mit Urteil vom 20. Oktober 2000 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger sei schon nicht berufsunfähig, weil er in seinem bisherigen Beruf als Geschäftsführer eines Hand-werksbetriebes noch vollschichtig tätig sein könne. Es handele sich hierbei um eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten. Dieses verbliebene Leistungsvermögen entspreche den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M, welche die Kammer ihrer Entscheidung zu Grunde lege. Die Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens sei nicht angezeigt, weil Dr. M bei seiner Beurteilung den Befund über die Computertomographie vom 19. Februar 1998 (Dr. H) berücksichtigt habe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1998 zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat - nach Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Neurochirurgen Dr. R vom 21. März 2002 - auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Neurochirurgie V als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 13. Dezember 2002 (Untersuchung am 27. Juni 2002) die folgenden Diagnosen mitgeteilt: chronisch rezidivierende Lumbalgie mit pseudoradikulärer Ausstrahlung ins linke Bein bei stattgehabter Bandscheibenoperation in der Etage L5/S1, fortgeschrittene Osteochondrose im operierten Segment der Lendenwirbelsäule, nahezu vollständige Blindheit auf dem rechten Auge, Diabetes Typ II, Bluthochdruck, chronische Bronchitis. Der Kläger könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten in allen Haltungsarten - unter Beachtung der bezeichneten qualitativen Leistungseinschränkungen - verrichten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze, wegen der medizinischen Feststellungen auf die eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. M und von dem Arzt V Bezug genommen.
Die Akten der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Das Gericht hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen EU oder auch nur auf Gewährung von Rente wegen BU für die Zeit ab 1. Dezember 1997. Denn er war und ist schon nicht berufsunfähig.
Der von dem Kläger erhobene Anspruch bestimmt sich noch nach den §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), weil der Kläger seinen Rentenantrag im Dezember 1997 gestellt hat und Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (auch) für Zeiträume vor dem 1. Januar 2001 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. EU besteht hingegen bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM bzw. den entsprechenden Gegenwert in Euro übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI). Da die EU an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als die BU, folgt aus der Verneinung von BU ohne weiteres das Fehlen von EU (ständige Rechtsprechung: vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14. Juli 1999 -B 13 RJ 65/97 R- nicht veröffentlicht).
Der Kläger war und ist nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Erst recht liegen bei ihm daher die Voraussetzungen der EU nicht vor.
Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige Beruf“ des Versicherten (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 -B 13 RJ 43/99 R-). Nach diesen Grundsätzen ist als „bisheriger“ Beruf des Klägers der Beruf des angestellten Geschäftsführers in einem Unternehmen für Gas-Wasser-Installation und Gasheizungen der rentenrechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Kläger bei der Fa. Sch ab 1981 bis 6. Oktober 1988 und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt. Die danach verrichtete Tätigkeit eines selbständigen Geschäftsführers der Sch GmbH hat bei der rentenrechtlichen Beurteilung außer Betracht zu bleiben, weil der Kläger als Selbständiger ausschließlich freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Für die Bestimmung des Hauptberufs sind aber nur versicherungspflichtige Beschäftigungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 11. September 1980 - 1 RJ 94/79 = SozR 2200 § 1246 Nr. 66 m.w.N.).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Kläger auch noch gesundheitlich in der Lage, diesen seinen bisherigen Beruf als angestellter Geschäftsführer eines Gas-Wasser-Installationsbetriebes weiterhin vollschichtig zu verrichte. Denn mit seinem nach den Leistungsbeurteilungen von Dr. M und dem Arzt V, die der Senat seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt, noch vorhandenen Restleistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten in allen Haltungsarten ohne stärkere Witterungs- bzw. Umwelteinflüsse kann der Kläger einer Beschäftigung als angestellter Geschäftsführer eines Gas-Was-ser-Installationsbetriebes, bei der mittelschwere bzw. schwere Lasten nicht zu heben und zu tragen sind, weiterhin vollschichtig nachgehen. Nach der eigenen Auskunft des Klägers vom 7. Oktober 1999 handelt es sich dabei um eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten. Sie besteht nach den Angaben des Klägers, die der Senat seinen Feststellungen zu Grunde legt, in der Arbeitsüberprüfung der Handwerker, der Arbeitsbeschaffung, dem Materialeinkauf, dem Erstellen und Errechnen von Montagezetteln für Rechnungen sowie der Erledigung von Post und Finanzen und der täglichen Arbeitseinteilung für die Handwerker. Diese Arbeiten stellen allesamt körperlich leichte Tätigkeiten im ständigen Wechsel der Haltungsarten dar und ermöglichen es dem Kläger auch - wie von dem Sachverständigen V gefordert - beim Auftreten von Beschwerden aus eigenem Entschluss einen Haltungswechsel durchzuführen. Alle gehörten Gutachter bzw. Gerichtssachverständigen haben dem Kläger insoweit übereinstimmend ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit der Rentenantragstellung im Dezember 1997. Zur Überzeugung des Senats war und ist der Kläger damit noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten in allen Haltungsarten ohne stärkere Witterungs- bzw. Umwelteinflüsse, ohne einseitige körperlich Belastungen und ohne Überkopfarbeiten bzw. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und in Zwangshaltungen vollschichtig zu verrichten.
Dr. M und auch der Arzt V haben unter eingehender Würdigung der Vorbefunde eine ausführliche, in jeder Hinsicht sachliche und an Hand der erhobenen Befunde nachvollziehbare und damit einsichtige Beurteilung abgegeben. Zu dem Gutachten des Arztes V hat sich der Kläger nicht geäußert. Auch gegen die von Dr. M getroffenen Feststellungen hat er keine durchgreifenden Einwendungen erhoben. Dr. M hat seiner Beurteilung u.a. den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagte zu Grunde gelegt. Darin befindet sich auch ein Bericht von Dr. H über die computertomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule des Klägers vom 19. Februar 1998. Es ist nicht ersichtlich, dass Dr. M diesen Bericht nicht bzw. unzureichend berücksichtigt hätte. Es ist auch nicht erkennbar, welchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn eine unmittelbare Auswertung der CT-Filme durch den gerichtlichen Sachverständigen selbst hätte bringen können, zumal der Arzt V in seinem nachfolgend erstellten Gutachten vom 13. Dezember 2002 darauf hingewiesen hat, dass es zur Beurteilung ausreiche, die radiologische Einschätzung auf das vom Kläger selbst vorgelegte Bildmaterial aus den Jahren 2000 bzw. 2001 zu stützen. Auch aus diesen Befunden der bildgebenden Verfahren lässt sich indes kein Bandscheibenvorfall des Klägers herleiten.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 20. Februar 2002 hat die Beweisaufnahme auch keinerlei Einschränkungen seiner geistigen Leistungsfähigkeit ergeben. Insbesondere auch die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers ist durch die bei ihm vorhandenen Leiden nicht beeinträchtigt. Die erhebliche Sehschwäche des rechten Auges, die nach Angaben des Klägers bereits seit dessen 15. Lebensjahr besteht, hat diesen nicht gehindert, den Beruf des Gas-Wasser-Installateurs zu erlernen und diesen Beruf nachfolgend auch vollwertig auszuüben ebenso wie die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Geschäftsführer. Der behandelnde Augenarzt Dr. S hat hierzu in seinem Befundbericht vom 12. April 1999 mitgeteilt, dass lediglich Arbeiten nicht verrichtet werden könnten, die ein vollwertiges räumliches Sehen verlangen. Einschränkungen zumindest für die von dem Kläger während seines gesamten Berufslebens ausgeführten Tätigkeiten sind damit nicht feststellbar. Schließlich hat auch Dr. S keine quantitative Leistungsminderung für zumindest körperlich leichte Tätigkeiten erkennen können.
Kann der Kläger nach alledem mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen noch in seinem bisherigen Beruf als angestellter Geschäftsführer eines Gas-Wasser-Installationsbetriebes vollschichtig tätig sein, so ist er nicht nur nicht berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 Satz 4 1. Halbsatz SGB VI), sondern erst recht nicht erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz SGB VI). Denn EU erfordert noch weitergehende Einschränkungen als die, die bei der BU gegeben sein müssen.
Ob der Kläger einen seinem Restleistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhält, kann dahinstehen. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage spielt für die Feststellung von BU oder EU, wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hatte, keine Rolle (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz, § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 2. Halbsatz SGB VI). Auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden neuen Erwerbsminderungsrentenrecht besteht kein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, weil die nunmehr geltenden Rechtsvorschriften noch weitergehende Leistungsvoraussetzungen normieren als das bisherige Erwerbsminderungsrentenrecht (vgl. §§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 - BGBl. I, S. 1827).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1944 geborene Kläger hatte nach eigenen Angaben von 1959 bis 1962 den Beruf des Gas-Wasser-Installateurs erlernt. Nach Ende der Lehrzeit war er zunächst in diesem Beruf tätig und arbeitete ab 1981 als angestellter Geschäftsführer in dem Unternehmen für Gas-Wasser-Installation und Gasheizungen Sch. Vom 7. Oktober 1988 bis 1. Februar 1997 war der Kläger - unter Entrichtung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung - als selbständiger Geschäftsführer der Sch GmbH tätig. Seit dem 1. September 1998 ist er arbeitsunfähig krank.
Im Dezember 1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. D, der in seinem Gutachten vom 23. Februar 1998 nach Veranlassung einer computertomographischen Untersuchung der Lendenwirbelsäule (Bericht von Dr. H vom 19. Februar 1998) noch leichte bis mittelschwere Arbeiten - auch als Gas-Wasser-Installateur - für zumutbar erachtete (chronisches Lumbalsyndrom bei Zustand nach lumbaler Nucleotomie mit Defektsymptomatik, degenerative Veränderungen). In seinem Gutachten vom 4. März 1998 bescheinigte der Facharzt für Innere Medizin Dr. H dem Kläger aus seiner fachlichen Sicht noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten (Diabetes mellitus Typ II B, chronische Bronchitis, arterieller Hypertonus, Hyperlipidämie, Nierenzyste links, vertebragenes Schmerzsyndrom, Nikotinabusus). Mit Bescheid vom 30. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Es liege weder BU noch EU vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von der Ärztin für Innere Medizin Dr. N vom 6. April 1999 (Behandlung des Klägers seit April 1993) und von dem Augenarzt Dr. S vom 12. April 1999. Das SG hat den Orthopäden Dr. M als Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In diesem Gutachten vom 28. März 2000 hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei dem Kläger ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit pseudoradikulärer Irritation S1 links, ein Zustand nach Nucleotomie wegen Bandscheibenprolaps der unteren Lendenwirbelsäule 1986, Adipositas mit myostatischer Rumpfinsuffizienz, ein Typ-II Diabetes mellitus, ein Hypertonus, eine chronische Bronchitis sowie Nikotinabusus vorliegen würden. Der Kläger könne täglich regelmäßig noch körperlich leichte Tätigkeiten - unter Beachtung der dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen - im Wechsel der Haltungsarten vollschichtig verrichten. In der Ausübung geistiger Arbeiten bestünden keine Einschränkungen.
Mit Urteil vom 20. Oktober 2000 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger sei schon nicht berufsunfähig, weil er in seinem bisherigen Beruf als Geschäftsführer eines Hand-werksbetriebes noch vollschichtig tätig sein könne. Es handele sich hierbei um eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten. Dieses verbliebene Leistungsvermögen entspreche den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M, welche die Kammer ihrer Entscheidung zu Grunde lege. Die Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens sei nicht angezeigt, weil Dr. M bei seiner Beurteilung den Befund über die Computertomographie vom 19. Februar 1998 (Dr. H) berücksichtigt habe.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1998 zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat - nach Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Neurochirurgen Dr. R vom 21. März 2002 - auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Neurochirurgie V als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 13. Dezember 2002 (Untersuchung am 27. Juni 2002) die folgenden Diagnosen mitgeteilt: chronisch rezidivierende Lumbalgie mit pseudoradikulärer Ausstrahlung ins linke Bein bei stattgehabter Bandscheibenoperation in der Etage L5/S1, fortgeschrittene Osteochondrose im operierten Segment der Lendenwirbelsäule, nahezu vollständige Blindheit auf dem rechten Auge, Diabetes Typ II, Bluthochdruck, chronische Bronchitis. Der Kläger könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten in allen Haltungsarten - unter Beachtung der bezeichneten qualitativen Leistungseinschränkungen - verrichten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze, wegen der medizinischen Feststellungen auf die eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. M und von dem Arzt V Bezug genommen.
Die Akten der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Das Gericht hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen EU oder auch nur auf Gewährung von Rente wegen BU für die Zeit ab 1. Dezember 1997. Denn er war und ist schon nicht berufsunfähig.
Der von dem Kläger erhobene Anspruch bestimmt sich noch nach den §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), weil der Kläger seinen Rentenantrag im Dezember 1997 gestellt hat und Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (auch) für Zeiträume vor dem 1. Januar 2001 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. EU besteht hingegen bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM bzw. den entsprechenden Gegenwert in Euro übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI). Da die EU an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als die BU, folgt aus der Verneinung von BU ohne weiteres das Fehlen von EU (ständige Rechtsprechung: vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14. Juli 1999 -B 13 RJ 65/97 R- nicht veröffentlicht).
Der Kläger war und ist nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Erst recht liegen bei ihm daher die Voraussetzungen der EU nicht vor.
Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige Beruf“ des Versicherten (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 -B 13 RJ 43/99 R-). Nach diesen Grundsätzen ist als „bisheriger“ Beruf des Klägers der Beruf des angestellten Geschäftsführers in einem Unternehmen für Gas-Wasser-Installation und Gasheizungen der rentenrechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Kläger bei der Fa. Sch ab 1981 bis 6. Oktober 1988 und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt. Die danach verrichtete Tätigkeit eines selbständigen Geschäftsführers der Sch GmbH hat bei der rentenrechtlichen Beurteilung außer Betracht zu bleiben, weil der Kläger als Selbständiger ausschließlich freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Für die Bestimmung des Hauptberufs sind aber nur versicherungspflichtige Beschäftigungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 11. September 1980 - 1 RJ 94/79 = SozR 2200 § 1246 Nr. 66 m.w.N.).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Kläger auch noch gesundheitlich in der Lage, diesen seinen bisherigen Beruf als angestellter Geschäftsführer eines Gas-Wasser-Installationsbetriebes weiterhin vollschichtig zu verrichte. Denn mit seinem nach den Leistungsbeurteilungen von Dr. M und dem Arzt V, die der Senat seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt, noch vorhandenen Restleistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten in allen Haltungsarten ohne stärkere Witterungs- bzw. Umwelteinflüsse kann der Kläger einer Beschäftigung als angestellter Geschäftsführer eines Gas-Was-ser-Installationsbetriebes, bei der mittelschwere bzw. schwere Lasten nicht zu heben und zu tragen sind, weiterhin vollschichtig nachgehen. Nach der eigenen Auskunft des Klägers vom 7. Oktober 1999 handelt es sich dabei um eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten. Sie besteht nach den Angaben des Klägers, die der Senat seinen Feststellungen zu Grunde legt, in der Arbeitsüberprüfung der Handwerker, der Arbeitsbeschaffung, dem Materialeinkauf, dem Erstellen und Errechnen von Montagezetteln für Rechnungen sowie der Erledigung von Post und Finanzen und der täglichen Arbeitseinteilung für die Handwerker. Diese Arbeiten stellen allesamt körperlich leichte Tätigkeiten im ständigen Wechsel der Haltungsarten dar und ermöglichen es dem Kläger auch - wie von dem Sachverständigen V gefordert - beim Auftreten von Beschwerden aus eigenem Entschluss einen Haltungswechsel durchzuführen. Alle gehörten Gutachter bzw. Gerichtssachverständigen haben dem Kläger insoweit übereinstimmend ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit der Rentenantragstellung im Dezember 1997. Zur Überzeugung des Senats war und ist der Kläger damit noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten in allen Haltungsarten ohne stärkere Witterungs- bzw. Umwelteinflüsse, ohne einseitige körperlich Belastungen und ohne Überkopfarbeiten bzw. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und in Zwangshaltungen vollschichtig zu verrichten.
Dr. M und auch der Arzt V haben unter eingehender Würdigung der Vorbefunde eine ausführliche, in jeder Hinsicht sachliche und an Hand der erhobenen Befunde nachvollziehbare und damit einsichtige Beurteilung abgegeben. Zu dem Gutachten des Arztes V hat sich der Kläger nicht geäußert. Auch gegen die von Dr. M getroffenen Feststellungen hat er keine durchgreifenden Einwendungen erhoben. Dr. M hat seiner Beurteilung u.a. den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagte zu Grunde gelegt. Darin befindet sich auch ein Bericht von Dr. H über die computertomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule des Klägers vom 19. Februar 1998. Es ist nicht ersichtlich, dass Dr. M diesen Bericht nicht bzw. unzureichend berücksichtigt hätte. Es ist auch nicht erkennbar, welchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn eine unmittelbare Auswertung der CT-Filme durch den gerichtlichen Sachverständigen selbst hätte bringen können, zumal der Arzt V in seinem nachfolgend erstellten Gutachten vom 13. Dezember 2002 darauf hingewiesen hat, dass es zur Beurteilung ausreiche, die radiologische Einschätzung auf das vom Kläger selbst vorgelegte Bildmaterial aus den Jahren 2000 bzw. 2001 zu stützen. Auch aus diesen Befunden der bildgebenden Verfahren lässt sich indes kein Bandscheibenvorfall des Klägers herleiten.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 20. Februar 2002 hat die Beweisaufnahme auch keinerlei Einschränkungen seiner geistigen Leistungsfähigkeit ergeben. Insbesondere auch die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers ist durch die bei ihm vorhandenen Leiden nicht beeinträchtigt. Die erhebliche Sehschwäche des rechten Auges, die nach Angaben des Klägers bereits seit dessen 15. Lebensjahr besteht, hat diesen nicht gehindert, den Beruf des Gas-Wasser-Installateurs zu erlernen und diesen Beruf nachfolgend auch vollwertig auszuüben ebenso wie die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Geschäftsführer. Der behandelnde Augenarzt Dr. S hat hierzu in seinem Befundbericht vom 12. April 1999 mitgeteilt, dass lediglich Arbeiten nicht verrichtet werden könnten, die ein vollwertiges räumliches Sehen verlangen. Einschränkungen zumindest für die von dem Kläger während seines gesamten Berufslebens ausgeführten Tätigkeiten sind damit nicht feststellbar. Schließlich hat auch Dr. S keine quantitative Leistungsminderung für zumindest körperlich leichte Tätigkeiten erkennen können.
Kann der Kläger nach alledem mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen noch in seinem bisherigen Beruf als angestellter Geschäftsführer eines Gas-Wasser-Installationsbetriebes vollschichtig tätig sein, so ist er nicht nur nicht berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 Satz 4 1. Halbsatz SGB VI), sondern erst recht nicht erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz SGB VI). Denn EU erfordert noch weitergehende Einschränkungen als die, die bei der BU gegeben sein müssen.
Ob der Kläger einen seinem Restleistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhält, kann dahinstehen. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage spielt für die Feststellung von BU oder EU, wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hatte, keine Rolle (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz, § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 2. Halbsatz SGB VI). Auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden neuen Erwerbsminderungsrentenrecht besteht kein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, weil die nunmehr geltenden Rechtsvorschriften noch weitergehende Leistungsvoraussetzungen normieren als das bisherige Erwerbsminderungsrentenrecht (vgl. §§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 - BGBl. I, S. 1827).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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