Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 47/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 159/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung von Berufskrankheiten und die Gewährung einer Verletztenrente im Überprüfungsverfahren.
Der 1941 geborene Kläger war vom 4. April 1962 bis zum 30. Juni 1991 bei der B-B GmbH Berlin im Bereich Kesselbau und Turbinenbau, von 1980 an in der Stahlkiesstrahlanlage beschäftigt.
Er machte gegenüber seinem Arbeitgeber im April 1989 geltend, er habe aufgrund der Arbeit mit Trichloräthylen und Perchloräthylen eine chronische Bronchitis erlitten. Im Mai 1991 wandte er sich an die nunmehr zuständige Beklagte, die u.a. eine Arbeitsplatzanalyse der Arbeitshygieneinspektion des Rates des Stadtbezirks-Pankow vom 19. September 1989, Röntgenbefunde und Lungenfunktionsbefunde des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin (ZAM) aus der Zeit vom 24. April 1989 bis 2. Januar 1991, eine Epikrise des ZAM vom 3. Juli 1989 und ein Schreiben des ZAM vom 15. Februar 1990 an Dr. E, Betriebspoliklinik VEB B B zur Akte nahm.
Mit Bescheid vom 4. März 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer chronischen Bronchitis, einer chronisch-ischämischen Herzkrankheit und eines arteriellen Hypertonus Stadium I als Berufskrankheiten ab. Die Asbestexposition sei von Intensität und Dauer ausreichend gewesen, um eine Asbestose auszulösen, die eingetretenen Veränderungen seien jedoch nicht ausgeprägt genug, um das Vorliegen einer asbestbedingten Berufserkrankung wahrscheinlich zu machen. Hinsichtlich der angeschuldigten aliphatischen Halogenkohlenwasserstoffe seien Zeitdauer und Dosis der Schadstoffe nicht ausreichend gewesen, um die chronisch obstruktive Bronchitis auslösen zu können. Als deren Ursache sei vielmehr eine 1984 durchgemachte Lungenentzündung anzunehmen.
Das dagegen angerufene Sozialgericht nahm weitere medizinische Unterlagen zur Akte ( u.a. ein im Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderten-Eigenschaft erstattetes Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Prof. Dr. D vom 8. November 1993) und holte ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. R Direktor des Institutes für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Epidemiologie der H-Universität zu Berlin, ein. Dieser kam in seinem Gutachten vom 16. September 1994 zu dem Ergebnis, es liege eine pulmonale Asbestose im Anfangsstadium mit einer mittelgradigen restriktiven Ventilationsstörung sowie eine chronisch obstruktive Bronchitis vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde mit 50 v.H. eingeschätzt.
Dem trat die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Arztes für Arbeitsmedizin Dr. B vom 27. Februar 1995 entgegen, der unter Berücksichtigung eines Computertomograms der Brustorgane vom 9. Dezember 1994 eine Asbestose ausschloss.
In einem weiteren vom Sozialgericht eingeholten lungenfachärztlichen Gutachten des Dr. S vom 4. Oktober 1996 gelangte dieser zu dem Ergebnis, trotz Asbeststaubexposition liege keine Asbestose vor; die chronisch-obstruktive Bronchitis sei nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit als Schlosser zurückzuführen. Es sprächen mehr Befunde gegen als für die Annahme einer Berufskrankheit.
Durch Urteil vom 18. März 1997 wies das Sozialgericht die Klage ab. Selbst wenn eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung anerkannt werde, sei es nicht wahrscheinlich, dass diese auf berufliche Ursachen zurückzuführen sei.
Der dagegen angerufene Senat holte einen Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. S vom 9. Juni 1998 ein und wies die Berufung durch Urteil vom 30. März 1999 zurück. Zur fachärztlichen Überprüfung, ob bei dem Kläger eine beruflich bedingte chronische Atemwegserkrankung vorliege, sei es erstmalig 1989 gekommen. Damals sei abschließend befunden worden, dass die chronisch-obstruktive Bronchitis mit Sicherheit nicht auf die vom Kläger angeschuldigten Lösungsmittel zurückzuführen sei. Der von der Beklagten aufgrund der Unterlagen und der Arbeitsplatzanalyse um eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage ersuchte Arbeitsmediziner Dr. B sei ebenso wie der gerichtliche Sachverständige Dr. S nach diversen eigenen Befunderhebungen zu dem Ergebnis gelangt, die vom Zentralinstitut für Arbeitsmedizin in der früheren DDR getroffenen Feststellungen, dass bei dem Kläger nicht von einer Berufskrankheit nach der Nr. 41 oder 81 ausgegangen werden könne, seien zutreffend. Die Kritik des Klägers, der Sachverständige habe nicht hinreichend gewürdigt, dass er seit 1964 durchgehend schädlichen Noxen ausgesetzt gewesen sei, verkenne, dass der Sachverständige sehr wohl eine auf das Berufsleben des Klägers zurückzuführende Atemwegserkrankung aufgrund der Arbeitsplatzbedingungen in Erwägung ziehe und in diesem Zusammenhang von einer Tätigkeit in einem potentiell gefährdenden Bereich von 1964 bis 1980 spreche. Auch die Ausführungen des Sachverständigen zu der vom Kläger als Berufskrankheit angeschuldigten Asbestose seien überzeugend. Es lägen weder die typischen röntgenologischen Zeichen für die Diagnose einer Asbeststaublungenerkrankung vor, noch habe das Computertomogramm auffällige thorakale Befunde erbracht. Der Therapieeffekt der vom Kläger genommenen Medikamente sei von dem Sachverständigen berücksichtigt worden. Die Bewertung eines Lungenleidens orientiere sich immer an dem Dauerzustand, der durch eine zumutbare Therapie erzielbar sei.
Mit seinem am 28. Dezember 1999 gestellten Überprüfungsantrag machte der Kläger geltend, die Arbeitsplatzanalyse vom September 1989 sei unzutreffend. Der Kontakt zu Lösungsmitteln, Asbest und anderen Schadstoffen habe am 4. November 1963 eingesetzt und bis Mai 1991 angedauert. Er führe die bisher nicht berücksichtigte Fettleber auf den Kontakt mit den erwähnten Giftstoffen und Dämpfen zurück. Im Übrigen beruhe das Gutachten von Dr. S auf unzureichenden Befunden.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2000 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 4. März 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 ab. Anhaltspunkte, die eine Rücknahme der Bescheide durch § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X rechtfertigen würden, hätten sich nicht ergeben. Im anschließenden Widerspruchsverfahren teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die nunmehr geltend gemachte Lebererkrankung als neue Anzeige einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 (Lebererkrankung verursacht durch Halogenkohlenwasserstoffe) angesehen und der zuständigen Berufsgenossenschaft übergeben werde.
Durch Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2000 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Verfahren vor dem Sozialgericht und Landessozialgericht zurück.
Das dagegen angerufene Sozialgericht Berlin hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2001 abgewiesen. Die Erkrankungen des Klägers im Bereich der Lunge könnten nicht als Berufskrankheiten nach den Nr. 21, 41, 81 und 82 der Berufskrankheitenliste der ehemaligen DDR anerkannt und entschädigt werden. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Arbeitsplatzanalyse vom 19. September 1989 fehlerhaft sei, zumal der Kläger bei der Erstellung des Berichts beteiligt gewesen sei. Auch habe das Gutachten von Dr. S den Vorteil, das es das für die Bewertung einer Asbestose maßgebliche Computertomogramm vom 9. Dezember 1994 eingearbeitet habe.
Gegen den ihm am 12. November 2001 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 11. Dezember 2001. Er macht unter Vorlage einer eigenen Arbeitsplatzbeschreibung und Fotos geltend, dass die Arbeitsplatzanalyse vom September 1989 falsch sei und schildert die von ihm erlittenen Unfälle und falschen Behandlungen aus der Zeit von 1964 bis 1988. Die Anzeige seines Betriebes über den Eintritt einer Berufskrankheit sei in vielerlei Punkten unrichtig. Entgegen der Feststellung des Dr. S sei er nicht als Schlosser beschäftigt gewesen. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass er im Drei-Schicht-System gearbeitet und bis zu 400 Überstunden im Jahr abgeleistet habe. Er habe eine Ausbildung als Maschinenbauer absolviert und sei im Bereich Kessel- und Turbinenbau eingesetzt gewesen, wobei er neben der Lösungsmittelexposition einer erheblichen Staubentwicklung und Schweißgasdämpfen ausgesetzt gewesen sei. Mit Asbest sei er durch das Tragen eines Asbestanzuges und die Verwendung von Asbestschnur und Asbestmatten in Kontakt gekommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 4. März 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 zurückzunehmen und ihm auf der Grundlage der Berufskrankheiten 21, 41, 81 und 82 der Liste der Berufskrankheiten vom 21. April 1981 eine Verletztenteilrente zu gewähren.
Weiterhin stellt er die Anträge aus dem Schriftsatz vom 22. Juni 2002.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, dass keine Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die beim Kläger vorliegenden Krankheitserscheinungen auf eine berufliche Tätigkeit zurückzuführen seien und verweist auf die Entscheidungsgründe sämtlicher Gerichtsentscheidungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 69 U 47/01 -) und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Streitgegenstand ist allein die Anerkennung von Berufskrankheiten und die Gewährung einer Verletztenrente. Vor diesem Hintergrund sind die im Schriftsatz vom 22. Juni 2002 gestellten Anträge unzulässig, da jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis erkennbar ist. Soweit sie als Anregungen zur ergänzenden Beweisaufnahme auszulegen sind, bestand für weitere Ermittlungen kein Anlass. Insoweit war zu berücksichtigen, dass weder die Arbeitsplatzanalyse noch die Anzeige der Berufskrankheit für die medizinische Beurteilung durch Dr. Sch maßgeblich war.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Leistungen versagenden Bescheides der Beklagten vom 4. März 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 und die Gewährung einer Verletztenteilrente auf der Grundlage einer durch die Berufskrankheiten 21, 41, 81 und 82 der Liste der Berufskrankheiten vom 21. April 1981 ausgelösten Lungenerkrankung. Nur die Lungenerkrankung ist Gegenstand des Rechtsstreites, da die Beklagte über die vom Kläger geltend gemachte Leberschädigung als Berufskrankheit noch nicht durch Bescheide entschieden hat, die Gegenstand des Rechtsstreits werden könnten.
Nach § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 4. März 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 zu Recht Entschädigungsleistungen wegen einer Berufskrankheit abgelehnt. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 30. März 1999 unter Darlegung der einschlägigen Vorschriften und einer umfänglichen Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten umfassend dargelegt. Dafür, dass diese Feststellungen unzutreffend sein könnten, ergibt sich nach dem Vortrag des Klägers kein Hinweis.
Soweit der Kläger geltend macht, es sei von einem umzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden, weil seine Belastung durch Schadstoffe unterschätzt worden sei, übersieht er, dass Dr. S in seinem Gutachten vom 6. Oktober 1996 u.a. ausgeführt hat, dass er sich der Einschätzung der ZAM nur mit Einschränkungen anschließen könne. Vielmehr sei bei dauerhafter oder mehrfacher Überschreitung der MAK-Werte eine konkrete Gefährdungssituation des Arbeitsplatzes belegt. Der Kläger sei in einem potenziell gefährdeten Bereich von 1964 bis 1980 eingesetzt gewesen, Schadstoffmessungen existierten jedoch nur aus den Jahren 1977 bis 1979 und seien mithin nur teilweise aussagekräftig.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen und der Erkrankung des Klägers nicht hergestellt werden kann. Nach dem im Unfallversicherungsrecht maßgeblichen Grundsatz der wesentlichen Bedingung, der auch im Recht der Berufskrankheiten gilt, ist eine Bedingung als ursächlich oder mitursächlich anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Hierfür reicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Ein deutliches Übergewicht für die berufliche Verursachung der Erkrankung kann jedoch - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 30. März 1999 ausgeführt hat - nicht festgestellt werden. Nach den Feststellungen von Dr. Schultebraucks existieren konkurrierend Faktoren zu den beruflichen Einwirkungen in Form von rezidivierenden Infekten. Auch verweist Dr. S auf die trotz regelmäßig schlechter Mitarbeit des Klägers bei den Lungenfunktionsprüfungen erreichten aktenkundigen günstigen Lungenfunktionsdarstellungen, die einer eingeschränkten Lungenfunktion entgegenstehen. Dies steht in Übereinstimmung mit den Feststellungen von Prof. Dr. D in seinem Gutachten vom 8. November 1993, der neben dem Hinweis auf eine erhebliche Aggravationstendenz zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ventilationsstörung auf dem Boden einer chronischen Bronchitis ganz wesentlich durch das erhebliche Übergewicht des Klägers geprägt sei.
Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten von Dr. S unzutreffend sein könnte, hat der Kläger nicht dargelegt und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Vielmehr beruht es auf einer umfassenden Untersuchung des Klägers und berücksichtigt alle ab 1989 erhobenen und zur Akte gelangten Befunde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung von Berufskrankheiten und die Gewährung einer Verletztenrente im Überprüfungsverfahren.
Der 1941 geborene Kläger war vom 4. April 1962 bis zum 30. Juni 1991 bei der B-B GmbH Berlin im Bereich Kesselbau und Turbinenbau, von 1980 an in der Stahlkiesstrahlanlage beschäftigt.
Er machte gegenüber seinem Arbeitgeber im April 1989 geltend, er habe aufgrund der Arbeit mit Trichloräthylen und Perchloräthylen eine chronische Bronchitis erlitten. Im Mai 1991 wandte er sich an die nunmehr zuständige Beklagte, die u.a. eine Arbeitsplatzanalyse der Arbeitshygieneinspektion des Rates des Stadtbezirks-Pankow vom 19. September 1989, Röntgenbefunde und Lungenfunktionsbefunde des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin (ZAM) aus der Zeit vom 24. April 1989 bis 2. Januar 1991, eine Epikrise des ZAM vom 3. Juli 1989 und ein Schreiben des ZAM vom 15. Februar 1990 an Dr. E, Betriebspoliklinik VEB B B zur Akte nahm.
Mit Bescheid vom 4. März 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer chronischen Bronchitis, einer chronisch-ischämischen Herzkrankheit und eines arteriellen Hypertonus Stadium I als Berufskrankheiten ab. Die Asbestexposition sei von Intensität und Dauer ausreichend gewesen, um eine Asbestose auszulösen, die eingetretenen Veränderungen seien jedoch nicht ausgeprägt genug, um das Vorliegen einer asbestbedingten Berufserkrankung wahrscheinlich zu machen. Hinsichtlich der angeschuldigten aliphatischen Halogenkohlenwasserstoffe seien Zeitdauer und Dosis der Schadstoffe nicht ausreichend gewesen, um die chronisch obstruktive Bronchitis auslösen zu können. Als deren Ursache sei vielmehr eine 1984 durchgemachte Lungenentzündung anzunehmen.
Das dagegen angerufene Sozialgericht nahm weitere medizinische Unterlagen zur Akte ( u.a. ein im Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderten-Eigenschaft erstattetes Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Prof. Dr. D vom 8. November 1993) und holte ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. R Direktor des Institutes für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Epidemiologie der H-Universität zu Berlin, ein. Dieser kam in seinem Gutachten vom 16. September 1994 zu dem Ergebnis, es liege eine pulmonale Asbestose im Anfangsstadium mit einer mittelgradigen restriktiven Ventilationsstörung sowie eine chronisch obstruktive Bronchitis vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde mit 50 v.H. eingeschätzt.
Dem trat die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Arztes für Arbeitsmedizin Dr. B vom 27. Februar 1995 entgegen, der unter Berücksichtigung eines Computertomograms der Brustorgane vom 9. Dezember 1994 eine Asbestose ausschloss.
In einem weiteren vom Sozialgericht eingeholten lungenfachärztlichen Gutachten des Dr. S vom 4. Oktober 1996 gelangte dieser zu dem Ergebnis, trotz Asbeststaubexposition liege keine Asbestose vor; die chronisch-obstruktive Bronchitis sei nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit als Schlosser zurückzuführen. Es sprächen mehr Befunde gegen als für die Annahme einer Berufskrankheit.
Durch Urteil vom 18. März 1997 wies das Sozialgericht die Klage ab. Selbst wenn eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung anerkannt werde, sei es nicht wahrscheinlich, dass diese auf berufliche Ursachen zurückzuführen sei.
Der dagegen angerufene Senat holte einen Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. S vom 9. Juni 1998 ein und wies die Berufung durch Urteil vom 30. März 1999 zurück. Zur fachärztlichen Überprüfung, ob bei dem Kläger eine beruflich bedingte chronische Atemwegserkrankung vorliege, sei es erstmalig 1989 gekommen. Damals sei abschließend befunden worden, dass die chronisch-obstruktive Bronchitis mit Sicherheit nicht auf die vom Kläger angeschuldigten Lösungsmittel zurückzuführen sei. Der von der Beklagten aufgrund der Unterlagen und der Arbeitsplatzanalyse um eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage ersuchte Arbeitsmediziner Dr. B sei ebenso wie der gerichtliche Sachverständige Dr. S nach diversen eigenen Befunderhebungen zu dem Ergebnis gelangt, die vom Zentralinstitut für Arbeitsmedizin in der früheren DDR getroffenen Feststellungen, dass bei dem Kläger nicht von einer Berufskrankheit nach der Nr. 41 oder 81 ausgegangen werden könne, seien zutreffend. Die Kritik des Klägers, der Sachverständige habe nicht hinreichend gewürdigt, dass er seit 1964 durchgehend schädlichen Noxen ausgesetzt gewesen sei, verkenne, dass der Sachverständige sehr wohl eine auf das Berufsleben des Klägers zurückzuführende Atemwegserkrankung aufgrund der Arbeitsplatzbedingungen in Erwägung ziehe und in diesem Zusammenhang von einer Tätigkeit in einem potentiell gefährdenden Bereich von 1964 bis 1980 spreche. Auch die Ausführungen des Sachverständigen zu der vom Kläger als Berufskrankheit angeschuldigten Asbestose seien überzeugend. Es lägen weder die typischen röntgenologischen Zeichen für die Diagnose einer Asbeststaublungenerkrankung vor, noch habe das Computertomogramm auffällige thorakale Befunde erbracht. Der Therapieeffekt der vom Kläger genommenen Medikamente sei von dem Sachverständigen berücksichtigt worden. Die Bewertung eines Lungenleidens orientiere sich immer an dem Dauerzustand, der durch eine zumutbare Therapie erzielbar sei.
Mit seinem am 28. Dezember 1999 gestellten Überprüfungsantrag machte der Kläger geltend, die Arbeitsplatzanalyse vom September 1989 sei unzutreffend. Der Kontakt zu Lösungsmitteln, Asbest und anderen Schadstoffen habe am 4. November 1963 eingesetzt und bis Mai 1991 angedauert. Er führe die bisher nicht berücksichtigte Fettleber auf den Kontakt mit den erwähnten Giftstoffen und Dämpfen zurück. Im Übrigen beruhe das Gutachten von Dr. S auf unzureichenden Befunden.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2000 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 4. März 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 ab. Anhaltspunkte, die eine Rücknahme der Bescheide durch § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X rechtfertigen würden, hätten sich nicht ergeben. Im anschließenden Widerspruchsverfahren teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die nunmehr geltend gemachte Lebererkrankung als neue Anzeige einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 (Lebererkrankung verursacht durch Halogenkohlenwasserstoffe) angesehen und der zuständigen Berufsgenossenschaft übergeben werde.
Durch Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2000 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Verfahren vor dem Sozialgericht und Landessozialgericht zurück.
Das dagegen angerufene Sozialgericht Berlin hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2001 abgewiesen. Die Erkrankungen des Klägers im Bereich der Lunge könnten nicht als Berufskrankheiten nach den Nr. 21, 41, 81 und 82 der Berufskrankheitenliste der ehemaligen DDR anerkannt und entschädigt werden. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Arbeitsplatzanalyse vom 19. September 1989 fehlerhaft sei, zumal der Kläger bei der Erstellung des Berichts beteiligt gewesen sei. Auch habe das Gutachten von Dr. S den Vorteil, das es das für die Bewertung einer Asbestose maßgebliche Computertomogramm vom 9. Dezember 1994 eingearbeitet habe.
Gegen den ihm am 12. November 2001 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 11. Dezember 2001. Er macht unter Vorlage einer eigenen Arbeitsplatzbeschreibung und Fotos geltend, dass die Arbeitsplatzanalyse vom September 1989 falsch sei und schildert die von ihm erlittenen Unfälle und falschen Behandlungen aus der Zeit von 1964 bis 1988. Die Anzeige seines Betriebes über den Eintritt einer Berufskrankheit sei in vielerlei Punkten unrichtig. Entgegen der Feststellung des Dr. S sei er nicht als Schlosser beschäftigt gewesen. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass er im Drei-Schicht-System gearbeitet und bis zu 400 Überstunden im Jahr abgeleistet habe. Er habe eine Ausbildung als Maschinenbauer absolviert und sei im Bereich Kessel- und Turbinenbau eingesetzt gewesen, wobei er neben der Lösungsmittelexposition einer erheblichen Staubentwicklung und Schweißgasdämpfen ausgesetzt gewesen sei. Mit Asbest sei er durch das Tragen eines Asbestanzuges und die Verwendung von Asbestschnur und Asbestmatten in Kontakt gekommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 4. März 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 zurückzunehmen und ihm auf der Grundlage der Berufskrankheiten 21, 41, 81 und 82 der Liste der Berufskrankheiten vom 21. April 1981 eine Verletztenteilrente zu gewähren.
Weiterhin stellt er die Anträge aus dem Schriftsatz vom 22. Juni 2002.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, dass keine Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die beim Kläger vorliegenden Krankheitserscheinungen auf eine berufliche Tätigkeit zurückzuführen seien und verweist auf die Entscheidungsgründe sämtlicher Gerichtsentscheidungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 69 U 47/01 -) und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Streitgegenstand ist allein die Anerkennung von Berufskrankheiten und die Gewährung einer Verletztenrente. Vor diesem Hintergrund sind die im Schriftsatz vom 22. Juni 2002 gestellten Anträge unzulässig, da jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis erkennbar ist. Soweit sie als Anregungen zur ergänzenden Beweisaufnahme auszulegen sind, bestand für weitere Ermittlungen kein Anlass. Insoweit war zu berücksichtigen, dass weder die Arbeitsplatzanalyse noch die Anzeige der Berufskrankheit für die medizinische Beurteilung durch Dr. Sch maßgeblich war.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Leistungen versagenden Bescheides der Beklagten vom 4. März 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 und die Gewährung einer Verletztenteilrente auf der Grundlage einer durch die Berufskrankheiten 21, 41, 81 und 82 der Liste der Berufskrankheiten vom 21. April 1981 ausgelösten Lungenerkrankung. Nur die Lungenerkrankung ist Gegenstand des Rechtsstreites, da die Beklagte über die vom Kläger geltend gemachte Leberschädigung als Berufskrankheit noch nicht durch Bescheide entschieden hat, die Gegenstand des Rechtsstreits werden könnten.
Nach § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 4. März 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 1993 zu Recht Entschädigungsleistungen wegen einer Berufskrankheit abgelehnt. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 30. März 1999 unter Darlegung der einschlägigen Vorschriften und einer umfänglichen Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten umfassend dargelegt. Dafür, dass diese Feststellungen unzutreffend sein könnten, ergibt sich nach dem Vortrag des Klägers kein Hinweis.
Soweit der Kläger geltend macht, es sei von einem umzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden, weil seine Belastung durch Schadstoffe unterschätzt worden sei, übersieht er, dass Dr. S in seinem Gutachten vom 6. Oktober 1996 u.a. ausgeführt hat, dass er sich der Einschätzung der ZAM nur mit Einschränkungen anschließen könne. Vielmehr sei bei dauerhafter oder mehrfacher Überschreitung der MAK-Werte eine konkrete Gefährdungssituation des Arbeitsplatzes belegt. Der Kläger sei in einem potenziell gefährdeten Bereich von 1964 bis 1980 eingesetzt gewesen, Schadstoffmessungen existierten jedoch nur aus den Jahren 1977 bis 1979 und seien mithin nur teilweise aussagekräftig.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen und der Erkrankung des Klägers nicht hergestellt werden kann. Nach dem im Unfallversicherungsrecht maßgeblichen Grundsatz der wesentlichen Bedingung, der auch im Recht der Berufskrankheiten gilt, ist eine Bedingung als ursächlich oder mitursächlich anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Hierfür reicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Ein deutliches Übergewicht für die berufliche Verursachung der Erkrankung kann jedoch - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 30. März 1999 ausgeführt hat - nicht festgestellt werden. Nach den Feststellungen von Dr. Schultebraucks existieren konkurrierend Faktoren zu den beruflichen Einwirkungen in Form von rezidivierenden Infekten. Auch verweist Dr. S auf die trotz regelmäßig schlechter Mitarbeit des Klägers bei den Lungenfunktionsprüfungen erreichten aktenkundigen günstigen Lungenfunktionsdarstellungen, die einer eingeschränkten Lungenfunktion entgegenstehen. Dies steht in Übereinstimmung mit den Feststellungen von Prof. Dr. D in seinem Gutachten vom 8. November 1993, der neben dem Hinweis auf eine erhebliche Aggravationstendenz zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ventilationsstörung auf dem Boden einer chronischen Bronchitis ganz wesentlich durch das erhebliche Übergewicht des Klägers geprägt sei.
Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten von Dr. S unzutreffend sein könnte, hat der Kläger nicht dargelegt und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Vielmehr beruht es auf einer umfassenden Untersuchung des Klägers und berücksichtigt alle ab 1989 erhobenen und zur Akte gelangten Befunde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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