Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 87/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 194/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Juli 2001 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 05. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 verpflichtet, unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2000 die Zeiten vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971, 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971, 01. September 1972 bis 28. Februar 1974, 01. Juni 1974 bis 31. Oktober 1975 und 01. Februar 1976 bis 31. Juli 1976 als Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Zeiten vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971, 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971, 01. September 1972 bis 28. Februar 1974, 01. Juni 1974 bis 31. Oktober 1975 und 01. Februar 1976 bis 31. Juli 1976 als weitere Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (SV-MfS/AfNS) und der während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte.
Die im ...1940 geborene Klägerin war vom 01. September 1965 bis 31. März 1990 als hauptamtliche Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS) verdeckt tätig. Sie hielt sich von September 1965 beziehungsweise von Juli 1967 bis Juli 1976 in der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise in Österreich auf. Dabei wurden vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971 und 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland und von September 1972 bis Februar 1974, Juni 1974 bis Oktober 1975 und Februar 1976 bis Juli 1976 Beiträge zum österreichischen Rentenversicherungsträger entrichtet (Mitteilung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA - vom 17. April 2000).
Mit Bescheid vom 30. Mai 2000 stellte das Bundesverwaltungsamt die Zeiten vom 01. Januar 1965 bis 30. Juni 1967, 01. März 1968 bis 30. Juni 1968, 01. Februar 1971 bis 14. April 1971, 01. Januar 1972 bis 31. August 1972, 01. März 1974 bis 31. Mai 1974, 01. November 1975 bis 31. Januar 1976 und 01. August 1976 bis 31. März 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit beziehungsweise Zuordnung zum SV-MfS/AfNS fest, bescheinigte die während dieser Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte und begrenzte diese mit Ausnahme der Zeit vom 18. bis 31. März 1990 auf den jeweiligen Durchschnittsverdienst im Beitrittsgebiet.
Im Oktober 2000 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 30. Mai 2000. Sie wies darauf hin, dass sie erst ab 01. September 1965 dem MfS angehört habe. Die Zugehörigkeit zum MfS habe auch ununterbrochen während ihres Auslandsaufenthaltes in den Jahren September 1965 bis August 1976 in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bestanden. Es seien durchgängig Beiträge zur Sozialversicherung und zur Sonderversorgung gezahlt worden. Es könne nicht sein, dass die Jahre der doppelten Beitragsleistung teilweise mit noch unter 1,0 Entgeltpunkten bewertet würden.
Mit Bescheid vom 20. November 2000 verfügte das Bundesverwaltungsamt, dass eine Zeit der Zugehörigkeit beziehungsweise Zuordnung zum SV-MfS/AfNS erst ab 01. September 1965 bestehe, und erteilte dazu den entsprechenden Bescheid vom 05. Dezember 2000. Im Übrigen wies es den Überprüfungsantrag zurück. Ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen werde nicht berücksichtigt, wenn für denselben Zeitraum Beitragszeiten aus der gesetzlichen Rentenversicherung außerhalb des Beitrittsgebietes zu berücksichtigen seien.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2001 unter Hinweis auf § 6 Abs. 4 Satz 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 12. März 2001 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat den Rentenbescheid der BfA vom 11. Oktober 2000 vorgelegt und darauf verwiesen, dass ihre Auslandstätigkeit durch ihre Zugehörigkeit zum MfS begründet gewesen sei.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, dass die in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich gezahlten Rentenbeiträge und damit die entsprechenden Arbeitsentgelte in voller Höhe zu berücksichtigen seien. Dies schließe nach § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG die Berücksichtigung der Arbeitsentgelte aus der hauptberuflichen Tätigkeit beim MfS aus.
Mit Urteil vom 12. Juli 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Zwar sei die Klägerin auch in den streitigen Zeiträumen Angehörige des SV-MfS/AfNS gewesen. Wegen § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG seien jedoch trotz Zugehörigkeit keine Arbeitsentgelte zu bescheinigen. Danach werde ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen für Zeiten nicht berücksichtigt, wenn für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zu berücksichtigen seien.
Gegen das ihr am 19. September 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Oktober 2001 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie vorträgt:
Das AAÜG biete keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Nichtberücksichtigung der von der Klägerin durch ihre Tätigkeit in der Republik Österreich erzielten Arbeitsentgelte, denn § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG erfasse lediglich Beitragszeiten in der Bundesrepublik Deutschland. Im Übrigen liege ein Verstoß gegen Art. 14 und 3 Grundgesetz (GG) vor, da das der Klägerin angerechnete rentenwirksame Arbeitsentgelt im Ergebnis unter das Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet sinke. Das im Geltungsbereich der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vereinnahmte Arbeitsentgelt habe weit unter demjenigen gelegen, das während der Tätigkeit beim MfS erzielt worden sei. Die Nichtberücksichtigung dieses höheren Arbeitsentgeltes benachteilige die Klägerin, ohne dass es eine ausreichende Rechtfertigung für diese pauschale Begrenzung nach § 6 Abs. 4 AAÜG gebe. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Abbau erhöhter Anwartschaften für legitim angesehen. Eine komplette Nichtberücksichtigung des aufgrund der Zugehörigkeit zum MfS/AfNS erzielten Einkommens während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland werde jedoch vom mit der Regelung verfolgten Zweck nicht mehr getragen. Dies folge schon daraus, dass als mildere Maßnahme denkbar gewesen wäre, das im Vergleich jeweils niedrigere Einkommen nicht zu berücksichtigen, um dem Zweck des Abbaus überhöhter Anwartschaften Genüge zu tun. Der Gesetzgeber habe nicht berücksichtigt, dass die lediglich zu "Tarnzwecken" oder aus ähnlichen Gründen aufgenommenen Beschäftigungen bei weitem nicht dem Wert der tatsächlich verrichteten Arbeit entsprochen habe. Der vom Gesetzgeber gewählte Berechnungsmodus bewege sich nicht mehr im Rahmen des Art. 14 GG und sei deswegen eine unverhältnismäßige Einschränkung des Eigentumsrechts. Zwischen Mai 1967 und August 1976 sei sie nicht in die DDR zurückgekehrt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 05. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 zu verpflichten, unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2000 die Zeiten vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971, 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971, 01. September 1972 bis 28. Februar 1974, 01. Juni 1974 bis 31. Oktober 1975 und 01. Februar 1976 bis 31. Juli 1976 als Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS auch in den streitigen Zeiträumen werde grundsätzlich nicht bestritten. Dies sei zweifellos eine festzustellende Tatsache nach § 8 AAÜG. Zweck des § 6 Abs. 4 AAÜG sei es, dem Berechtigten Anwartschaften aus der Rentenversicherung der Altbundesländer beziehungsweise anderer Rentenversicherungen zu erhalten. Diese Anwartschaften hätten Vorrang vor den Anwartschaften, die sich aus den Regelungen des AAÜG für Angehörige des SV-MfS/AfNS ergäben. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob die Anwartschaften aus der Rentenversicherung niedriger als die Anwartschaften aus dem Sonderversorgungssystem seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 05. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch darauf, dass die Beklagte die geltend gemachten Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS und das während dieser Zeiten erzielte Arbeitsentgelt unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2000 feststellt.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i. V. m. § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG und § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, bestimmt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, sowie die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben. Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen bezüglich des Bescheides vom 30. Mai 2000 vor.
Dieser nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG ergangene Bescheid trifft zwar selbst keine Regelung über eine zu gewährende Sozialleistung. Er enthält lediglich Feststellungen über eine unselbständige Vorfrage, nämlich über Anspruchselemente, die für die Höhe der Rente maßgebend sind. Soweit diese Feststellungen der materiellen Rechtslage nicht entsprechen, sind sie rechtswidrig und, wenn sie ein Recht vorenthalten, Grundlage dafür, dass dem Berechtigten Sozialleistungen, also eine höhere Rente, zu Unrecht nicht erbracht werden. Daher fällt dieser Sachverhalt nicht in den Anwendungsbereich von § 44 Abs. 2 SGB X, wonach im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen ist und ansonsten auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann (im Ergebnis auch: BSG, Urteil vom 23. Juni 1998 - B 4 RA 61/97 R).
Die von der Klägerin geltend gemachten Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS rechnen, wie die Beklagte zwischenzeitlich mit Schriftsatz vom 24. Juli 2002 eingeräumt hat, ohne allerdings die entsprechenden prozessualen Konsequenzen zu ziehen, zu den festzustellenden Tatsachen.
Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem sind hierbei nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zumindest dann feststellungsfähig, wenn in diesen Zeiten eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, denn diese Zeiten gelten nach dieser Vorschrift als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung.
Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem beantwortet sich rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel entscheidend danach, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach (abstrakt-generell) zu denjenigen gehörte, derentwegen entsprechend der - nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden - Versorgungsordnung und ggf. weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet gewesen ist (vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R und B 4 RA 107/00 R).
Es erscheint zwar zweifelhaft, ob die Klägerin nach den Regelungen des SV-MfS/AfNS in dieses Versorgungssystem einbezogen war. Nach der Versorgungsordnung vom 01. Juli 1954 hatte diese Gültigkeit für Offiziere und länger dienende Unterführer und Mannschaften (Dienstzeit über drei Jahre) u. a. des Staatssekretariats für Staatssicherheit. Auch die zuletzt maßgebende Versorgungsordnung (Ordnung Nr. 7/87 über die soziale Versorgung der Berufsoffiziere, Fähnriche, Berufsunteroffiziere und Unteroffiziere auf Zeit des Ministeriums für Staatssicherheit) vom 30. September 1987 bezog ihren Geltungsbereich nach Teil I Ziffer 101 Nr. 1, Ziffer 201 Nr. 1 und Ziffer 301 Nr. 1 auf solche Angehörige, die in einem Dienstverhältnis mit einem Dienstgrad zum MfS bzw. AfNS standen.
Ein solches Dienstverhältnis mit einem Dienstgrad ist bezüglich der Klägerin nicht belegt. Die Klägerin selbst hat in ihrem Antrag auf Übergangsrente vom 01. März 1990 einen Dienstgrad nicht angegeben.
Allerdings kann dies wegen § 6 Abs. 4 Satz 3 AAÜG dahinstehen. Danach gelten, soweit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst zugrunde gelegt wird, (auch) diese Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 4 AAÜG. § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG bestimmt, dass auch für das während einer verdeckten Tätigkeit als hauptberuflicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit bezogene Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, wenn während der Zeit der verdeckten Tätigkeit eine Zugehörigkeit zu dem Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 4 AAÜG nicht bestand, ebenfalls das von § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG begrenzte jeweilige Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugelegt wird. Hauptberuflicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit in diesem Sinne sind nach § 7 Abs. 2 AAÜG Personen, die als Offiziere der Staatssicherheit im besonderen Einsatz oder in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu den Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit verdeckt tätig gewesen sind.
Die Klägerin war jedenfalls in den geltend gemachten Zeiträumen verdeckt für das MfS tätig und bezog, wie ihrem Sozialversicherungsausweis zu entnehmen ist und im Übrigen auch von ihr eingeräumt wird, vom MfS für diese Zeiträume Arbeitsentgelt. Damit gelten auch diese Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Die Klägerin hat damit Anspruch darauf, dass die geltend gemachten Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem SV-MfS/AfNS und die erzielten Arbeitsentgelte (nebst der tatsächlichen Voraussetzungen, die die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze erfordern) festgestellt werden.
Das AAÜG kennt keine Vorschrift, die es der Beklagten gestatten würde, abweichend von der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG im vorliegenden Fall zu verfahren. § 8 Abs. 2 AAÜG verweist schon nicht auf § 6 Abs. 4 AAÜG, sondern lediglich auf §§ 6 Abs. 2 und 3 sowie 7 AAÜG. § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AAÜG stellt keine Ermächtigungsgrundlage für die Beklagte dar, sondern richtet sich an den Rentenversicherungsträger. Im Übrigen ist § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG dem Wortlaut nach schon nicht einschlägig. § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG bedarf einer einschränkenden Auslegung, um einen Verstoß gegen das GG zu vermeiden.
Nach § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AAÜG wird für Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit neben Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen weiteres im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit bezogenes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht berücksichtigt. Für Zeiten nach Satz 1 wird ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht berücksichtigt, wenn für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zu berücksichtigen sind.
Soweit die Beklagte die Feststellung der in den Zeiten vom 01. September 1972 bis Februar 1974, 01. Juni 1974 bis 31. Oktober 1975 und 01. Februar 1976 bis 31. Juli 1976 erzielten Arbeitsentgelte abgelehnt hat, ist dafür eine Rechtsgrundlage, weder für die Beklagte noch für den Rentenversicherungsträger, insbesondere in § 6 Abs. 4 AAÜG, nicht ersichtlich.
Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG wird ein dem Grunde nach zu berücksichtigendes weiteres im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit beim MfS/AfNS bezogenes Arbeitsentgelt von der Anrechnung ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kann "weiteres" Arbeitsentgelt nur ein solches sein, das nicht für die (unmittelbare) Tätigkeit beim MfS/AfNS gezahlt wurde. Das der Klägerin vom MfS gezahlte Arbeitsentgelt ist damit kein "weiteres" Arbeitsentgelt, denn es stellt die originäre Gegenleistung für das Tätigwerden für das MfS aus dem Dienstverhältnis zum MfS dar.
Bei dem in § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG genannten "weiteren" Arbeitsentgelt kann es sich im Übrigen nur um solches handeln, das im Beitrittsgebiet erzielt wurde. Ein im Ausland erzieltes Arbeitsentgelt ist regelmäßig bei einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland dem Grunde nach schon nicht berücksichtigungsfähig. Dies gilt jedenfalls in Bezug auf die in Österreich erzielten Arbeitsentgelte (vgl. Art. 27 und Art. 26 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 - BGBl. II 1969, 1235 - in den Fassungen des Ersten bis Dritten Zusatzabkommens - BGBl. II 1969, 1261, BGBl. II 1975, 254 und BGBl. II 1982, 415; Art. 44 ff. Art. 48, Art. 94 Abs. 1 und 3 der Verordnung - EWG - Nr. 1408/71), wie insbesondere auch der Rentenbescheid vom 11. Oktober 2000 zeigt, der die in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten nicht rentensteigernd berücksichtigt.
Die in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erzielten versicherten Arbeitsentgelte werden wegen der insoweit abweichenden Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG nicht als "weiteres" Arbeitsentgelt von § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG erfasst.
Einzige Rechtsgrundlage, die ein beim MfS/AfNS erzieltes Arbeitsentgelt von der Anrechnung ausschließen könnte, könnte § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zu berücksichtigen sind. Beitragszeiten, die bei ausländischen Versicherungsträgern während dieses Zeitraumes zurückgelegt wurden, werden vom Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG ersichtlich nicht erfasst. Selbst die Beklagte hat keinerlei Begründung dafür gegeben, weshalb abweichend vom Wortlaut dieser Vorschrift ausländische Beitragszeiten erheblich sein könnten.
Mithin fehlt es an einer Rechtsgrundlage, die abweichend von § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG die Berücksichtigung von Arbeitsentgelt aus einer Tätigkeit beim MfS/AfNS für solche Zeiträume ausschließt, in denen die Klägerin beim österreichischen Versicherungsträger versicherungspflichtig beschäftigt war.
Soweit die Beklagte die Feststellung von Arbeitsentgelten in den Zeiträumen vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971 und 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971 abgelehnt hat, könnte dies zwar der Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG stützen.
Diese Vorschrift bietet für die Beklagte aber keine Ermächtigungsgrundlage; sie wendet sich vielmehr - ebenfalls - an den Rentenversicherungsträger, der verbindlich darüber zu entscheiden hat. Einer Auslegung dahingehend, dass der Versorgungsträger für die in § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG genannten Zeiträume nur die Feststellungen nach der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG zu treffen hat und es dem Rentenversicherungsträger obliegt zu entscheiden, ob und in welcher Höhe Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG bei der Rentenberechnung anzurechnen ist, ist schon deswegen der Vorzug zu geben, weil allein der Rentenversicherungsträger befugt ist, verbindlich zu regeln, ob für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen sind. Dies folgt schon aus der Rechtsprechung des BSG zum Verhältnis des sogenannten Entgeltbescheides zum Rentenbescheid (Urteil vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 80/95, abgedruckt in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2; Urteile vom 05. Dezember 1996 - 4 RA 84/95 und 4 RA 94/95). Das BSG hat in diesen Urteilen bezogen auf die Aufgaben des Versorgungsträgers u. a. ausgeführt: Demgegenüber haben die Versorgungsträger in dem ihnen durch § 8 Abs. 1 AAÜG zugewiesenen Aufgabenkreis der BfA als Rentenversicherungsträger vor der (von dieser vorzunehmenden) Überführung der Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung "die Daten" mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Aufgaben, Kompetenzen und Befugnisse des Versorgungsträgers sind also von vornherein ausschließlich darauf begrenzt, Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Betroffenen verbindlich festzustellen. Hierzu zählt auch die Entscheidung darüber, ob der Betroffene die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2, 3 und 5 oder des § 7 AAÜG erfüllt. Gegebenenfalls knüpft das Gesetz (nicht der Verwaltungsakt des Versorgungsträgers) hieran die Rechtsfolge, dass der Rentenversicherungsträger eine niedrigere als die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze anwenden muss. Damit haben die Versorgungsträger im Einzelfall wegen ihrer aus der Funktionsnachfolge erlangten besonderen Qualifikation nur versorgungsspezifische Tatsachen (Zeiten der Zugehörigkeit, Arbeitsentgelte, Arbeitseinkommen, Tätigkeiten in der DDR) festzustellen, die nach den §§ 5 bis 8 AAÜG für die spätere Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Höhe der SGB VI-Rente rechtserheblich sind, während diesem die Überführung und die Festsetzung der Rentenhöhe und damit u. a. die Entscheidung darüber vorbehalten ist, welcher Verdienst den Pflichtbeitragszeiten zugrunde zu legen ist. Diese Rechtsprechung hat das BSG im Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 6/01 R - , abgedruckt in SozR 3-8570 § 8 Nr. 7, fortgeführt. Der Versorgungsträger habe, so das BSG, dem Rentenversicherungsträger nicht die für die Entscheidung über den Rentenanspruch maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenzen oder die Höhe der als versichert geltenden Arbeitsverdienste vorzuschreiben. Dazu habe er auch keine Verwaltungsakte zu erlassen. Das AAÜG ermächtige den Versorgungsträger nicht dazu, dem Rentenversicherungsträger verbindlich vorzugeben, im Einzelfall ausnahmslos und allein und ungeachtet sonstiger rentenversicherungsrechtlicher Vorgaben für die Zeiten einer vom Versorgungsträger festgestellten Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ausschließlich den aus dieser Beschäftigung/Tätigkeit festgestellten Arbeitsverdienst zugrunde zu legen. Ein solches Verständnis würde u. a. schon die Möglichkeiten einer sozialpflichtversicherten Zweitbeschäftigung und des Vorhandenseins zeitgleicher (Pflicht-)Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland (§ 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG) eigentumswidrig nicht berücksichtigen. Das BSG hat in diesem Urteil auch klargestellt, dass die §§ 5 bis 7 AAÜG ein gegenüber dem SGB VI spezielles Rentenversicherungsrecht und kein Versorgungsrecht enthalten.
Mit dieser Rechtsprechung hat das BSG deutlich gemacht, dass alle Sachverhalte, die keine versorgungsspezifischen Tatsachen sind, nicht zum Aufgabenbereich des Versorgungsträgers rechnen. Ob Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vorliegen, inwieweit diese zu berücksichtigen sind und ob daneben weiteres Arbeitsentgelt anzurechnen ist, hat mit den versorgungsspezifischen Aufgaben des Versorgungsträgers nichts zu tun. Dies ist vielmehr originäre Aufgabe des Rentenversicherungsträgers im Rahmen der Rentenberechnung.
§ 6 Abs. 4 AAÜG gibt dem Versorgungsträger damit keine Befugnis, abweichend von der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG nur in einem eingeschränkten Umfang die entsprechenden Daten festzustellen. Vielmehr erweitert diese Vorschrift, soweit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erzielt wurde (§ 6 Abs. 4 Satz 3 AAÜG), gegenüber der allgemeinen Regelung die Aufgaben des Versorgungsträgers dahingehend, auch diese Tatsache festzustellen. Demgegenüber richtet sich § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AAÜG nicht an den Versorgungsträger, sondern an den Rentenversicherungsträger.
Die Beklagte hat damit Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS und die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte (nebst o. g. weiterer tatsächlicher Voraussetzungen) auch für die Zeiträume festzustellen, in denen Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet vorliegen.
Nichts anderes ergäbe sich allerdings, wenn der Beklagten die von ihr behauptete Befugnis dem Grunde nach für Zeiten, in denen Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitragsgebiet vorliegen, zugebilligt würde. Sie müsste dann zumindest für solche Zeiten, in denen das in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet versicherte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet erreicht, Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS mit einem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Umfang der jeweiligen Differenz zu diesem jeweiligen Durchschnittsentgelt feststellen. Insoweit wäre eine einschränkende verfassungskonforme Auslegung des Wortlautes des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1) geboten.
Das BVerfG hat in diesem Urteil bezogen auf § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ausgesprochen, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt ist, wenn Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen unterhalb des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet einer Begrenzung unterworfen werden. Die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG verfolgt denselben Zweck wie die Begrenzungsregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Ziel ist es, Einkommen aus einer Tätigkeit, in der im Vergleich mit anderen Personengruppen bei typisierender Betrachtung ein erheblicher Beitrag zur Stärkung oder Aufrechterhaltung des politischen Systems der Deutschen Demokratischen Republik geleistet wurde, nicht in vollem Umfang in die Rentenversicherung zu übernehmen. Damit verfolgt der Gesetzgeber zwar ein legitimes öffentliches Interesse. Der Gesetzgeber war somit berechtigt, für Angehörige des MfS/AfNS eine Sonderregelung zu treffen und Umfang und Wert der zu berücksichtigenden Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen grundsätzlich niedriger einzustufen als bei anderen Versicherten aus dem Beitrittsgebiet. Eine Begrenzung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet hat das BVerfG jedoch für verfassungswidrig gehalten. Als Begründung hat es dafür angeführt, dass die Absenkung unter den Durchschnitt nicht von dem mit der Regelung verfolgten Zweck getragen werde. So seien im Gesetzgebungsverfahren sachgebotene Anknüpfungspunkte für die Festlegung des Grenzwertes gerade auf 70 v. H. des Durchschnittsentgelts nicht genannt worden. Dass Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen bei allen von § 7 AAÜG erfassten Personen wegen politischer Begünstigung schon dann überhöht seien, wenn sie 70 v. H. des Durchschnittsentgelts überstiegen, sei nicht erkennbar. Der Wert sei so niedrig, dass er nicht mehr mit dem Wert der in den unterschiedlichen Berufen und Positionen verrichteten Arbeit in Zusammenhang gebracht werden könne, es sei denn, man hielte die Angehörigen des MfS/AfNS durchweg für deutlich unterdurchschnittlich qualifiziert, wofür im Gesetzgebungsverfahren nichts hervorgetreten sei.
Die vom BVerfG genannten Gründe sind auch bei der Auslegung des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG zu beachten. So ist kein sachgerechter Grund dafür ersichtlich, weshalb solche Personen, die Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zurückgelegt haben, eine vollständige Begrenzung ihrer Arbeitsentgelte, die sie beim MfS/AfNS erzielten, hinnehmen müssen. Sie werden, wenn der Wert dieser Beitragszeiten hinter dem Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet zurückbleibt, schlechter behandelt als die sonstigen Angehörigen des MfS/AfNS, die solche Beitragszeiten nicht haben. Ein legitimes öffentliches Interesse hierfür ist nicht ersichtlich. Der Ausschluss eines solchen Arbeitsentgelts ist bei Beachtung der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG allenfalls dann berechtigt, wenn der betroffene Angehörige des MfS/AfNS mit den in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erworbenen Beitragszeiten wenigstens das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet erreicht. Ist dies nicht der Fall, kann, wie das BVerfG zu § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bereits entschieden hat, nicht festgestellt werden, dass ein darunter liegendes Arbeitsentgelt wegen politischer Begünstigung überhöht wäre.
Hinzu kommt, dass das Arbeitsentgelt, das die Klägerin während ihres übrigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet aus ihrer Beschäftigung beim MfS/AfNS erzielte, ohne weiteres bis zum jeweiligen Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet angerechnet wird. Ein sachlicher Grund, ein solches Arbeitsentgelt nur wegen des Zurücklegens von Beitragszeiten in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet völlig außer Betracht zu lassen, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Eine Nichtberücksichtigung von Arbeitsentgelt unterhalb der genannten Grenze dürfte auch gegen das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG verstoßen. Wie das BVerfG in der oben genannten Entscheidung vom 28. April 1999 ausgeführt hat, genießen die in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen und im Einigungsvertrag nach dessen Maßgaben als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften - auch aus dem SV-MfS/AfNS - den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Daraus folge, dass nach der Überführung von Versorgungsansprüchen und -anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung jedenfalls ein Leistungsrest erhalten bleiben müsse, der den Zweck einer bedürftigkeitsunabhängigen Sicherung nach einem vollen Versicherungsleben erfülle. Ein Abbau, der diese Rentenansprüche und Rentenanwartschaften unter diese Grenze fallen lasse, schränke das Eigentum unverhältnismäßig ein. Dies gebiete, bei einer Kürzung das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet nicht zu unterschreiten. Dies sichere den genannten Personen typischerweise (gerade noch) eine Altersversorgung, die sie von sonstigen Sozialleistungen unabhängig mache.
Wenn in den streitigen Zeiträumen ein beim MfS/AfNS erzieltes Arbeitsentgelt bei uneingeschränkter Anwendung des Wortlautes des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG unberücksichtigt bliebe, so wäre ein Leistungsrest, der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erhalten bleiben muss, ersichtlich nicht vorhanden. Ein solches verfassungswidriges Ergebnis kann nur dann vermieden werden, wenn zumindest neben dem in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erzielten Arbeitsentgelt, das im Zusammenhang mit der Tätigkeit beim MfS/AfNS steht, auch das beim MfS/AfNS bezogene Arbeitsentgelt in dem Umfang angerechnet wird, dass insgesamt das Durchschnittseinkommen im Beitrittsgebiet erreicht wird.
Soweit die Beklagte meint, Zweck des § 6 Abs. 4 AAÜG sei es, dem Berechtigten - im Sinne einer staatlichen Wohltat - die Anwartschaften aus in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erzielten versicherungspflichtigen Arbeitsentgelten zu erhalten, verkennt sie die verfassungsrechtliche Situation. Es bedarf überhaupt keiner diesbezüglichen Regelung, weil diese Anwartschaften unter der Geltung des GG begründet wurden. Vielmehr wäre ein Gesetz erforderlich, um diese Anwartschaften abzuerkennen. Es ist jedoch kein sachgerechter Grund erkennbar, der einen solchen Eingriff in Eigentum rechtfertigen könnte.
Die Berufung der Klägerin hat somit Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Zeiten vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971, 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971, 01. September 1972 bis 28. Februar 1974, 01. Juni 1974 bis 31. Oktober 1975 und 01. Februar 1976 bis 31. Juli 1976 als weitere Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (SV-MfS/AfNS) und der während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte.
Die im ...1940 geborene Klägerin war vom 01. September 1965 bis 31. März 1990 als hauptamtliche Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS) verdeckt tätig. Sie hielt sich von September 1965 beziehungsweise von Juli 1967 bis Juli 1976 in der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise in Österreich auf. Dabei wurden vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971 und 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland und von September 1972 bis Februar 1974, Juni 1974 bis Oktober 1975 und Februar 1976 bis Juli 1976 Beiträge zum österreichischen Rentenversicherungsträger entrichtet (Mitteilung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA - vom 17. April 2000).
Mit Bescheid vom 30. Mai 2000 stellte das Bundesverwaltungsamt die Zeiten vom 01. Januar 1965 bis 30. Juni 1967, 01. März 1968 bis 30. Juni 1968, 01. Februar 1971 bis 14. April 1971, 01. Januar 1972 bis 31. August 1972, 01. März 1974 bis 31. Mai 1974, 01. November 1975 bis 31. Januar 1976 und 01. August 1976 bis 31. März 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit beziehungsweise Zuordnung zum SV-MfS/AfNS fest, bescheinigte die während dieser Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte und begrenzte diese mit Ausnahme der Zeit vom 18. bis 31. März 1990 auf den jeweiligen Durchschnittsverdienst im Beitrittsgebiet.
Im Oktober 2000 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 30. Mai 2000. Sie wies darauf hin, dass sie erst ab 01. September 1965 dem MfS angehört habe. Die Zugehörigkeit zum MfS habe auch ununterbrochen während ihres Auslandsaufenthaltes in den Jahren September 1965 bis August 1976 in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich bestanden. Es seien durchgängig Beiträge zur Sozialversicherung und zur Sonderversorgung gezahlt worden. Es könne nicht sein, dass die Jahre der doppelten Beitragsleistung teilweise mit noch unter 1,0 Entgeltpunkten bewertet würden.
Mit Bescheid vom 20. November 2000 verfügte das Bundesverwaltungsamt, dass eine Zeit der Zugehörigkeit beziehungsweise Zuordnung zum SV-MfS/AfNS erst ab 01. September 1965 bestehe, und erteilte dazu den entsprechenden Bescheid vom 05. Dezember 2000. Im Übrigen wies es den Überprüfungsantrag zurück. Ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen werde nicht berücksichtigt, wenn für denselben Zeitraum Beitragszeiten aus der gesetzlichen Rentenversicherung außerhalb des Beitrittsgebietes zu berücksichtigen seien.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2001 unter Hinweis auf § 6 Abs. 4 Satz 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 12. März 2001 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat den Rentenbescheid der BfA vom 11. Oktober 2000 vorgelegt und darauf verwiesen, dass ihre Auslandstätigkeit durch ihre Zugehörigkeit zum MfS begründet gewesen sei.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, dass die in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich gezahlten Rentenbeiträge und damit die entsprechenden Arbeitsentgelte in voller Höhe zu berücksichtigen seien. Dies schließe nach § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG die Berücksichtigung der Arbeitsentgelte aus der hauptberuflichen Tätigkeit beim MfS aus.
Mit Urteil vom 12. Juli 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Zwar sei die Klägerin auch in den streitigen Zeiträumen Angehörige des SV-MfS/AfNS gewesen. Wegen § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG seien jedoch trotz Zugehörigkeit keine Arbeitsentgelte zu bescheinigen. Danach werde ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen für Zeiten nicht berücksichtigt, wenn für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zu berücksichtigen seien.
Gegen das ihr am 19. September 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Oktober 2001 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie vorträgt:
Das AAÜG biete keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Nichtberücksichtigung der von der Klägerin durch ihre Tätigkeit in der Republik Österreich erzielten Arbeitsentgelte, denn § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG erfasse lediglich Beitragszeiten in der Bundesrepublik Deutschland. Im Übrigen liege ein Verstoß gegen Art. 14 und 3 Grundgesetz (GG) vor, da das der Klägerin angerechnete rentenwirksame Arbeitsentgelt im Ergebnis unter das Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet sinke. Das im Geltungsbereich der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vereinnahmte Arbeitsentgelt habe weit unter demjenigen gelegen, das während der Tätigkeit beim MfS erzielt worden sei. Die Nichtberücksichtigung dieses höheren Arbeitsentgeltes benachteilige die Klägerin, ohne dass es eine ausreichende Rechtfertigung für diese pauschale Begrenzung nach § 6 Abs. 4 AAÜG gebe. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Abbau erhöhter Anwartschaften für legitim angesehen. Eine komplette Nichtberücksichtigung des aufgrund der Zugehörigkeit zum MfS/AfNS erzielten Einkommens während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland werde jedoch vom mit der Regelung verfolgten Zweck nicht mehr getragen. Dies folge schon daraus, dass als mildere Maßnahme denkbar gewesen wäre, das im Vergleich jeweils niedrigere Einkommen nicht zu berücksichtigen, um dem Zweck des Abbaus überhöhter Anwartschaften Genüge zu tun. Der Gesetzgeber habe nicht berücksichtigt, dass die lediglich zu "Tarnzwecken" oder aus ähnlichen Gründen aufgenommenen Beschäftigungen bei weitem nicht dem Wert der tatsächlich verrichteten Arbeit entsprochen habe. Der vom Gesetzgeber gewählte Berechnungsmodus bewege sich nicht mehr im Rahmen des Art. 14 GG und sei deswegen eine unverhältnismäßige Einschränkung des Eigentumsrechts. Zwischen Mai 1967 und August 1976 sei sie nicht in die DDR zurückgekehrt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 05. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 zu verpflichten, unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2000 die Zeiten vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971, 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971, 01. September 1972 bis 28. Februar 1974, 01. Juni 1974 bis 31. Oktober 1975 und 01. Februar 1976 bis 31. Juli 1976 als Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS auch in den streitigen Zeiträumen werde grundsätzlich nicht bestritten. Dies sei zweifellos eine festzustellende Tatsache nach § 8 AAÜG. Zweck des § 6 Abs. 4 AAÜG sei es, dem Berechtigten Anwartschaften aus der Rentenversicherung der Altbundesländer beziehungsweise anderer Rentenversicherungen zu erhalten. Diese Anwartschaften hätten Vorrang vor den Anwartschaften, die sich aus den Regelungen des AAÜG für Angehörige des SV-MfS/AfNS ergäben. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob die Anwartschaften aus der Rentenversicherung niedriger als die Anwartschaften aus dem Sonderversorgungssystem seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 05. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch darauf, dass die Beklagte die geltend gemachten Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS und das während dieser Zeiten erzielte Arbeitsentgelt unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 30. Mai 2000 feststellt.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i. V. m. § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG und § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, bestimmt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, sowie die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben. Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen bezüglich des Bescheides vom 30. Mai 2000 vor.
Dieser nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG ergangene Bescheid trifft zwar selbst keine Regelung über eine zu gewährende Sozialleistung. Er enthält lediglich Feststellungen über eine unselbständige Vorfrage, nämlich über Anspruchselemente, die für die Höhe der Rente maßgebend sind. Soweit diese Feststellungen der materiellen Rechtslage nicht entsprechen, sind sie rechtswidrig und, wenn sie ein Recht vorenthalten, Grundlage dafür, dass dem Berechtigten Sozialleistungen, also eine höhere Rente, zu Unrecht nicht erbracht werden. Daher fällt dieser Sachverhalt nicht in den Anwendungsbereich von § 44 Abs. 2 SGB X, wonach im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen ist und ansonsten auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann (im Ergebnis auch: BSG, Urteil vom 23. Juni 1998 - B 4 RA 61/97 R).
Die von der Klägerin geltend gemachten Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS rechnen, wie die Beklagte zwischenzeitlich mit Schriftsatz vom 24. Juli 2002 eingeräumt hat, ohne allerdings die entsprechenden prozessualen Konsequenzen zu ziehen, zu den festzustellenden Tatsachen.
Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem sind hierbei nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zumindest dann feststellungsfähig, wenn in diesen Zeiten eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, denn diese Zeiten gelten nach dieser Vorschrift als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung.
Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem beantwortet sich rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel entscheidend danach, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach (abstrakt-generell) zu denjenigen gehörte, derentwegen entsprechend der - nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden - Versorgungsordnung und ggf. weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet gewesen ist (vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R und B 4 RA 107/00 R).
Es erscheint zwar zweifelhaft, ob die Klägerin nach den Regelungen des SV-MfS/AfNS in dieses Versorgungssystem einbezogen war. Nach der Versorgungsordnung vom 01. Juli 1954 hatte diese Gültigkeit für Offiziere und länger dienende Unterführer und Mannschaften (Dienstzeit über drei Jahre) u. a. des Staatssekretariats für Staatssicherheit. Auch die zuletzt maßgebende Versorgungsordnung (Ordnung Nr. 7/87 über die soziale Versorgung der Berufsoffiziere, Fähnriche, Berufsunteroffiziere und Unteroffiziere auf Zeit des Ministeriums für Staatssicherheit) vom 30. September 1987 bezog ihren Geltungsbereich nach Teil I Ziffer 101 Nr. 1, Ziffer 201 Nr. 1 und Ziffer 301 Nr. 1 auf solche Angehörige, die in einem Dienstverhältnis mit einem Dienstgrad zum MfS bzw. AfNS standen.
Ein solches Dienstverhältnis mit einem Dienstgrad ist bezüglich der Klägerin nicht belegt. Die Klägerin selbst hat in ihrem Antrag auf Übergangsrente vom 01. März 1990 einen Dienstgrad nicht angegeben.
Allerdings kann dies wegen § 6 Abs. 4 Satz 3 AAÜG dahinstehen. Danach gelten, soweit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst zugrunde gelegt wird, (auch) diese Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 4 AAÜG. § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG bestimmt, dass auch für das während einer verdeckten Tätigkeit als hauptberuflicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit bezogene Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, wenn während der Zeit der verdeckten Tätigkeit eine Zugehörigkeit zu dem Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 4 AAÜG nicht bestand, ebenfalls das von § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG begrenzte jeweilige Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugelegt wird. Hauptberuflicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit in diesem Sinne sind nach § 7 Abs. 2 AAÜG Personen, die als Offiziere der Staatssicherheit im besonderen Einsatz oder in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu den Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit verdeckt tätig gewesen sind.
Die Klägerin war jedenfalls in den geltend gemachten Zeiträumen verdeckt für das MfS tätig und bezog, wie ihrem Sozialversicherungsausweis zu entnehmen ist und im Übrigen auch von ihr eingeräumt wird, vom MfS für diese Zeiträume Arbeitsentgelt. Damit gelten auch diese Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Die Klägerin hat damit Anspruch darauf, dass die geltend gemachten Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem SV-MfS/AfNS und die erzielten Arbeitsentgelte (nebst der tatsächlichen Voraussetzungen, die die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze erfordern) festgestellt werden.
Das AAÜG kennt keine Vorschrift, die es der Beklagten gestatten würde, abweichend von der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG im vorliegenden Fall zu verfahren. § 8 Abs. 2 AAÜG verweist schon nicht auf § 6 Abs. 4 AAÜG, sondern lediglich auf §§ 6 Abs. 2 und 3 sowie 7 AAÜG. § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AAÜG stellt keine Ermächtigungsgrundlage für die Beklagte dar, sondern richtet sich an den Rentenversicherungsträger. Im Übrigen ist § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG dem Wortlaut nach schon nicht einschlägig. § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG bedarf einer einschränkenden Auslegung, um einen Verstoß gegen das GG zu vermeiden.
Nach § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AAÜG wird für Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit neben Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen weiteres im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit bezogenes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht berücksichtigt. Für Zeiten nach Satz 1 wird ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht berücksichtigt, wenn für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zu berücksichtigen sind.
Soweit die Beklagte die Feststellung der in den Zeiten vom 01. September 1972 bis Februar 1974, 01. Juni 1974 bis 31. Oktober 1975 und 01. Februar 1976 bis 31. Juli 1976 erzielten Arbeitsentgelte abgelehnt hat, ist dafür eine Rechtsgrundlage, weder für die Beklagte noch für den Rentenversicherungsträger, insbesondere in § 6 Abs. 4 AAÜG, nicht ersichtlich.
Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG wird ein dem Grunde nach zu berücksichtigendes weiteres im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit beim MfS/AfNS bezogenes Arbeitsentgelt von der Anrechnung ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kann "weiteres" Arbeitsentgelt nur ein solches sein, das nicht für die (unmittelbare) Tätigkeit beim MfS/AfNS gezahlt wurde. Das der Klägerin vom MfS gezahlte Arbeitsentgelt ist damit kein "weiteres" Arbeitsentgelt, denn es stellt die originäre Gegenleistung für das Tätigwerden für das MfS aus dem Dienstverhältnis zum MfS dar.
Bei dem in § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG genannten "weiteren" Arbeitsentgelt kann es sich im Übrigen nur um solches handeln, das im Beitrittsgebiet erzielt wurde. Ein im Ausland erzieltes Arbeitsentgelt ist regelmäßig bei einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland dem Grunde nach schon nicht berücksichtigungsfähig. Dies gilt jedenfalls in Bezug auf die in Österreich erzielten Arbeitsentgelte (vgl. Art. 27 und Art. 26 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 - BGBl. II 1969, 1235 - in den Fassungen des Ersten bis Dritten Zusatzabkommens - BGBl. II 1969, 1261, BGBl. II 1975, 254 und BGBl. II 1982, 415; Art. 44 ff. Art. 48, Art. 94 Abs. 1 und 3 der Verordnung - EWG - Nr. 1408/71), wie insbesondere auch der Rentenbescheid vom 11. Oktober 2000 zeigt, der die in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten nicht rentensteigernd berücksichtigt.
Die in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erzielten versicherten Arbeitsentgelte werden wegen der insoweit abweichenden Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG nicht als "weiteres" Arbeitsentgelt von § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG erfasst.
Einzige Rechtsgrundlage, die ein beim MfS/AfNS erzieltes Arbeitsentgelt von der Anrechnung ausschließen könnte, könnte § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zu berücksichtigen sind. Beitragszeiten, die bei ausländischen Versicherungsträgern während dieses Zeitraumes zurückgelegt wurden, werden vom Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG ersichtlich nicht erfasst. Selbst die Beklagte hat keinerlei Begründung dafür gegeben, weshalb abweichend vom Wortlaut dieser Vorschrift ausländische Beitragszeiten erheblich sein könnten.
Mithin fehlt es an einer Rechtsgrundlage, die abweichend von § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG die Berücksichtigung von Arbeitsentgelt aus einer Tätigkeit beim MfS/AfNS für solche Zeiträume ausschließt, in denen die Klägerin beim österreichischen Versicherungsträger versicherungspflichtig beschäftigt war.
Soweit die Beklagte die Feststellung von Arbeitsentgelten in den Zeiträumen vom 01. Juli 1967 bis 29. Februar 1968, 01. Juli 1968 bis 31. Januar 1971 und 15. April 1971 bis 31. Dezember 1971 abgelehnt hat, könnte dies zwar der Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG stützen.
Diese Vorschrift bietet für die Beklagte aber keine Ermächtigungsgrundlage; sie wendet sich vielmehr - ebenfalls - an den Rentenversicherungsträger, der verbindlich darüber zu entscheiden hat. Einer Auslegung dahingehend, dass der Versorgungsträger für die in § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG genannten Zeiträume nur die Feststellungen nach der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG zu treffen hat und es dem Rentenversicherungsträger obliegt zu entscheiden, ob und in welcher Höhe Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG bei der Rentenberechnung anzurechnen ist, ist schon deswegen der Vorzug zu geben, weil allein der Rentenversicherungsträger befugt ist, verbindlich zu regeln, ob für denselben Zeitraum Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen sind. Dies folgt schon aus der Rechtsprechung des BSG zum Verhältnis des sogenannten Entgeltbescheides zum Rentenbescheid (Urteil vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 80/95, abgedruckt in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2; Urteile vom 05. Dezember 1996 - 4 RA 84/95 und 4 RA 94/95). Das BSG hat in diesen Urteilen bezogen auf die Aufgaben des Versorgungsträgers u. a. ausgeführt: Demgegenüber haben die Versorgungsträger in dem ihnen durch § 8 Abs. 1 AAÜG zugewiesenen Aufgabenkreis der BfA als Rentenversicherungsträger vor der (von dieser vorzunehmenden) Überführung der Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung "die Daten" mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Aufgaben, Kompetenzen und Befugnisse des Versorgungsträgers sind also von vornherein ausschließlich darauf begrenzt, Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Betroffenen verbindlich festzustellen. Hierzu zählt auch die Entscheidung darüber, ob der Betroffene die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2, 3 und 5 oder des § 7 AAÜG erfüllt. Gegebenenfalls knüpft das Gesetz (nicht der Verwaltungsakt des Versorgungsträgers) hieran die Rechtsfolge, dass der Rentenversicherungsträger eine niedrigere als die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze anwenden muss. Damit haben die Versorgungsträger im Einzelfall wegen ihrer aus der Funktionsnachfolge erlangten besonderen Qualifikation nur versorgungsspezifische Tatsachen (Zeiten der Zugehörigkeit, Arbeitsentgelte, Arbeitseinkommen, Tätigkeiten in der DDR) festzustellen, die nach den §§ 5 bis 8 AAÜG für die spätere Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Höhe der SGB VI-Rente rechtserheblich sind, während diesem die Überführung und die Festsetzung der Rentenhöhe und damit u. a. die Entscheidung darüber vorbehalten ist, welcher Verdienst den Pflichtbeitragszeiten zugrunde zu legen ist. Diese Rechtsprechung hat das BSG im Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 6/01 R - , abgedruckt in SozR 3-8570 § 8 Nr. 7, fortgeführt. Der Versorgungsträger habe, so das BSG, dem Rentenversicherungsträger nicht die für die Entscheidung über den Rentenanspruch maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenzen oder die Höhe der als versichert geltenden Arbeitsverdienste vorzuschreiben. Dazu habe er auch keine Verwaltungsakte zu erlassen. Das AAÜG ermächtige den Versorgungsträger nicht dazu, dem Rentenversicherungsträger verbindlich vorzugeben, im Einzelfall ausnahmslos und allein und ungeachtet sonstiger rentenversicherungsrechtlicher Vorgaben für die Zeiten einer vom Versorgungsträger festgestellten Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ausschließlich den aus dieser Beschäftigung/Tätigkeit festgestellten Arbeitsverdienst zugrunde zu legen. Ein solches Verständnis würde u. a. schon die Möglichkeiten einer sozialpflichtversicherten Zweitbeschäftigung und des Vorhandenseins zeitgleicher (Pflicht-)Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland (§ 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG) eigentumswidrig nicht berücksichtigen. Das BSG hat in diesem Urteil auch klargestellt, dass die §§ 5 bis 7 AAÜG ein gegenüber dem SGB VI spezielles Rentenversicherungsrecht und kein Versorgungsrecht enthalten.
Mit dieser Rechtsprechung hat das BSG deutlich gemacht, dass alle Sachverhalte, die keine versorgungsspezifischen Tatsachen sind, nicht zum Aufgabenbereich des Versorgungsträgers rechnen. Ob Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vorliegen, inwieweit diese zu berücksichtigen sind und ob daneben weiteres Arbeitsentgelt anzurechnen ist, hat mit den versorgungsspezifischen Aufgaben des Versorgungsträgers nichts zu tun. Dies ist vielmehr originäre Aufgabe des Rentenversicherungsträgers im Rahmen der Rentenberechnung.
§ 6 Abs. 4 AAÜG gibt dem Versorgungsträger damit keine Befugnis, abweichend von der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AAÜG nur in einem eingeschränkten Umfang die entsprechenden Daten festzustellen. Vielmehr erweitert diese Vorschrift, soweit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erzielt wurde (§ 6 Abs. 4 Satz 3 AAÜG), gegenüber der allgemeinen Regelung die Aufgaben des Versorgungsträgers dahingehend, auch diese Tatsache festzustellen. Demgegenüber richtet sich § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AAÜG nicht an den Versorgungsträger, sondern an den Rentenversicherungsträger.
Die Beklagte hat damit Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS und die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte (nebst o. g. weiterer tatsächlicher Voraussetzungen) auch für die Zeiträume festzustellen, in denen Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet vorliegen.
Nichts anderes ergäbe sich allerdings, wenn der Beklagten die von ihr behauptete Befugnis dem Grunde nach für Zeiten, in denen Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitragsgebiet vorliegen, zugebilligt würde. Sie müsste dann zumindest für solche Zeiten, in denen das in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet versicherte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet erreicht, Zeiten der Zugehörigkeit zum SV-MfS/AfNS mit einem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Umfang der jeweiligen Differenz zu diesem jeweiligen Durchschnittsentgelt feststellen. Insoweit wäre eine einschränkende verfassungskonforme Auslegung des Wortlautes des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1) geboten.
Das BVerfG hat in diesem Urteil bezogen auf § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ausgesprochen, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt ist, wenn Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen unterhalb des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet einer Begrenzung unterworfen werden. Die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG verfolgt denselben Zweck wie die Begrenzungsregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Ziel ist es, Einkommen aus einer Tätigkeit, in der im Vergleich mit anderen Personengruppen bei typisierender Betrachtung ein erheblicher Beitrag zur Stärkung oder Aufrechterhaltung des politischen Systems der Deutschen Demokratischen Republik geleistet wurde, nicht in vollem Umfang in die Rentenversicherung zu übernehmen. Damit verfolgt der Gesetzgeber zwar ein legitimes öffentliches Interesse. Der Gesetzgeber war somit berechtigt, für Angehörige des MfS/AfNS eine Sonderregelung zu treffen und Umfang und Wert der zu berücksichtigenden Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen grundsätzlich niedriger einzustufen als bei anderen Versicherten aus dem Beitrittsgebiet. Eine Begrenzung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet hat das BVerfG jedoch für verfassungswidrig gehalten. Als Begründung hat es dafür angeführt, dass die Absenkung unter den Durchschnitt nicht von dem mit der Regelung verfolgten Zweck getragen werde. So seien im Gesetzgebungsverfahren sachgebotene Anknüpfungspunkte für die Festlegung des Grenzwertes gerade auf 70 v. H. des Durchschnittsentgelts nicht genannt worden. Dass Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen bei allen von § 7 AAÜG erfassten Personen wegen politischer Begünstigung schon dann überhöht seien, wenn sie 70 v. H. des Durchschnittsentgelts überstiegen, sei nicht erkennbar. Der Wert sei so niedrig, dass er nicht mehr mit dem Wert der in den unterschiedlichen Berufen und Positionen verrichteten Arbeit in Zusammenhang gebracht werden könne, es sei denn, man hielte die Angehörigen des MfS/AfNS durchweg für deutlich unterdurchschnittlich qualifiziert, wofür im Gesetzgebungsverfahren nichts hervorgetreten sei.
Die vom BVerfG genannten Gründe sind auch bei der Auslegung des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG zu beachten. So ist kein sachgerechter Grund dafür ersichtlich, weshalb solche Personen, die Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zurückgelegt haben, eine vollständige Begrenzung ihrer Arbeitsentgelte, die sie beim MfS/AfNS erzielten, hinnehmen müssen. Sie werden, wenn der Wert dieser Beitragszeiten hinter dem Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet zurückbleibt, schlechter behandelt als die sonstigen Angehörigen des MfS/AfNS, die solche Beitragszeiten nicht haben. Ein legitimes öffentliches Interesse hierfür ist nicht ersichtlich. Der Ausschluss eines solchen Arbeitsentgelts ist bei Beachtung der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG allenfalls dann berechtigt, wenn der betroffene Angehörige des MfS/AfNS mit den in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erworbenen Beitragszeiten wenigstens das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet erreicht. Ist dies nicht der Fall, kann, wie das BVerfG zu § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bereits entschieden hat, nicht festgestellt werden, dass ein darunter liegendes Arbeitsentgelt wegen politischer Begünstigung überhöht wäre.
Hinzu kommt, dass das Arbeitsentgelt, das die Klägerin während ihres übrigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet aus ihrer Beschäftigung beim MfS/AfNS erzielte, ohne weiteres bis zum jeweiligen Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet angerechnet wird. Ein sachlicher Grund, ein solches Arbeitsentgelt nur wegen des Zurücklegens von Beitragszeiten in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet völlig außer Betracht zu lassen, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Eine Nichtberücksichtigung von Arbeitsentgelt unterhalb der genannten Grenze dürfte auch gegen das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG verstoßen. Wie das BVerfG in der oben genannten Entscheidung vom 28. April 1999 ausgeführt hat, genießen die in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen und im Einigungsvertrag nach dessen Maßgaben als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften - auch aus dem SV-MfS/AfNS - den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Daraus folge, dass nach der Überführung von Versorgungsansprüchen und -anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung jedenfalls ein Leistungsrest erhalten bleiben müsse, der den Zweck einer bedürftigkeitsunabhängigen Sicherung nach einem vollen Versicherungsleben erfülle. Ein Abbau, der diese Rentenansprüche und Rentenanwartschaften unter diese Grenze fallen lasse, schränke das Eigentum unverhältnismäßig ein. Dies gebiete, bei einer Kürzung das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet nicht zu unterschreiten. Dies sichere den genannten Personen typischerweise (gerade noch) eine Altersversorgung, die sie von sonstigen Sozialleistungen unabhängig mache.
Wenn in den streitigen Zeiträumen ein beim MfS/AfNS erzieltes Arbeitsentgelt bei uneingeschränkter Anwendung des Wortlautes des § 6 Abs. 4 Satz 2 AAÜG unberücksichtigt bliebe, so wäre ein Leistungsrest, der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erhalten bleiben muss, ersichtlich nicht vorhanden. Ein solches verfassungswidriges Ergebnis kann nur dann vermieden werden, wenn zumindest neben dem in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erzielten Arbeitsentgelt, das im Zusammenhang mit der Tätigkeit beim MfS/AfNS steht, auch das beim MfS/AfNS bezogene Arbeitsentgelt in dem Umfang angerechnet wird, dass insgesamt das Durchschnittseinkommen im Beitrittsgebiet erreicht wird.
Soweit die Beklagte meint, Zweck des § 6 Abs. 4 AAÜG sei es, dem Berechtigten - im Sinne einer staatlichen Wohltat - die Anwartschaften aus in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet erzielten versicherungspflichtigen Arbeitsentgelten zu erhalten, verkennt sie die verfassungsrechtliche Situation. Es bedarf überhaupt keiner diesbezüglichen Regelung, weil diese Anwartschaften unter der Geltung des GG begründet wurden. Vielmehr wäre ein Gesetz erforderlich, um diese Anwartschaften abzuerkennen. Es ist jedoch kein sachgerechter Grund erkennbar, der einen solchen Eingriff in Eigentum rechtfertigen könnte.
Die Berufung der Klägerin hat somit Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.
Rechtskraft
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