Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 276/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 58/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 27. Februar 2001 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeit vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990; ausschlaggebend ist, ob sein damaliger Arbeitgeber, der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane, ein Produktionsbetrieb war.
Der am ... 1945 geborene Kläger absolvierte vom 01. September 1968 bis zum 31. Juli 1971 eine Fachschulausbildung an der Ingenieurhochschule L. und erwarb den entsprechenden Abschluss (Ingenieur-Urkunde der Ingenieurhochschule L., Abteilung Fachschulausbildung, vom 30. Juli 1971). Vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 arbeitete er als Wartungsingenieur beim VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane.
Den Antrag des Klägers vom 23. September 1999, diese Beschäftigungszeit als solche der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festzustellen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 2000 ab. Zwar erfülle der Kläger die persönlichen Merkmale für eine Anerkennung, nämlich die Berechtigung zum Führen des Grades eines Ingenieurs und eine entsprechende Tätigkeit, jedoch sei der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane kein volkseigener Produktionsbetrieb oder ein gleichgestellter Betrieb gewesen. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2000 zurück.
Dagegen hat sich die am 02. Juni 2000 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet: Bereits daraus, dass sein ehemaliger Arbeitskollege W. P. in dieAVtI aufgenommen worden sei, ergebe sich, dass der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane ein volkseigener Produktionsbetrieb beziehungsweise ein gleichgestellter Betrieb gewesen sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide berufen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. Februar 2001 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Zeit vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI festzustellen.
Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, es folge der Rechtsprechung des jetzt erkennenden Senats (Urteil vom 25. Juli 2000, Aktenzeichen L 2 RA 40/00), wonach nicht auf den Wortlaut der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVtI abzustellen sei. Denn in § 1 der Versorgungsordnung der AVtI vom 17. August 1950 werde lediglich auf volkseigene beziehungsweise ihnen gleichgestellte Betriebe abgestellt. Nur die Zweite Durchführungsbestimmung regele, dass es sich um Produktionsbetriebe handeln müsse. Darauf komme es nach der Rechtsprechung des 2. Senats des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg jedoch nicht an.
Gegen dieses der Beklagten am 30. März 2001 zugestellte Urteil hat diese am 12. April 2001 Berufung eingelegt.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei auch die Zweite Durchführungsbestimmung zu berücksichtigen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 30. Juni 1998 (B 4 RA 11/85 R) nicht nur die Versorgungsordnung, sondern auch die Zweite Durchführungsbestimmung hierzu als fachlichen Anknüpfungspunkt herangezogen. Daher komme es - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - darauf an, ob es sich bei dem VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane um einen Produktions- oder einen Dienstleistungsbetrieb handele. Da Letzteres der Fall sei, könne der Kläger nicht in die AVtI einbezogen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 27. Februar 2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Bevollmächtigten des Klägers das Urteil des BSG vom 10. April 2002 (B 4 RA 5/02 R) zur Stellungnahme zugeleitet.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die beigezogene Akte der Beklagten zur Versicherungsnummer ... sowie die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Zeit vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu AVtI und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Der Bescheid vom 11. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR 1950 Seite 844) - AVtI-VO - in Verbindung mit der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR 1951 Seite 487) - 2. DB zur AVtI-VO - liegen nicht vor. Der Kläger erfüllt zwar die in seiner Person erforderlichen Voraussetzungen zur Einbeziehung, hat die entsprechende Tätigkeit jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt.
Als Rechtsgrundlage kommt § 8 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, sowie die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben. Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Der Kläger unterliegt zunächst nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, da bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes am 01. August 1991 weder der Versorgungsfall des Alters noch der der Invalidität eingetreten war.
Der Kläger war auch nicht Inhaber einer bei In-Kraft-Treten des AAÜG bestehenden Versorgungsanwartschaft, denn nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist.
Die Beklagte - als zuständiger Versorgungsträger für die AVtI (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 1 AAÜG) - hat nach dieser Vorschrift eine Zugehörigkeit des Klägers zur AVtI für die streitige Zeit nicht festzustellen, denn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG liegen beim Kläger nicht vor.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.
Es handelt sich hierbei um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems nach Anlage 1 und 2 AAÜG bestehen. Bezogen auf die AVtI ist dies die im streitigen Zeitraum gültige AVtI-VO und die 2. DB zur AVtI-VO.
Das BSG hatte es zunächst allerdings abgelehnt, das Recht des Beitrittsgebietes nach den Regelungen dieser Rechtsordnung anzuwenden. Vielmehr seien die Texte der in den Anlagen 1 und 2 AAÜG aufgelisteten Versorgungsordnungen - als insoweit bundesrechtlich relevante Fakten - nach Maßgabe des Bundesrechts, insbesondere nach Sinn und Zweck des § 5 AAÜG hinsichtlich deren Bedeutung zu bestimmen. Auf die praktische Durchführung und auf die Auslegung der Versorgungsordnung seitens der ehemaligen DDR komme es nicht an. Dasselbe gelte hinsichtlich der zu den Versorgungsordnungen erlassenen Durchführungsbestimmungen. Als "geronnene" Verwaltungspraxis der DDR seien derartige Bestimmungen von vornherein keine vom Bundesrecht in Bezug genommenen tatsächlichen Gegebenheiten und demgemäß im Zusammenhang damit nicht von entscheidender Bedeutung (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 63/69 R -, teilweise abgedruckt in SGb 2000, Seite 540, bezogen auf die 1. DB zur so genannten Pädagogenversorgung).
Diese Rechtsprechung und das Urteil des erkennenden Senats vom 25. Juli 2000 (L 2 RA 40/00) mag Grund dafür gewesen sein, dass das Sozialgericht die 2. DB zur AVtI-VO, in der auf die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb abgestellt wird, unbeachtet gelassen hat.
Jedoch bereits in den Urteilen vom 12. Juni 2001 (B 4 RA 117/00 R und B 4 RA 107/00 R) hat das BSG klargestellt, dass grundsätzlich alle im Zusammenhang mit dem jeweiligen Versorgungssystem erlassenen Rechtsvorschriften des Beitrittsgebiets, insbesondere also Durchführungsbestimmungen, auch bundesrechtliche Bedeutung haben. Dementsprechend hat es in diesen Entscheidungen ohne weiteres die 2. DB zur AVtI-VO angewandt. Vertieft hat das BSG die Rechtsprechung zu dieser Problematik in einer Anzahl von Entscheidungen am 09. und 10. April 2002, unter anderem in dem Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 5/02 R, in dem es festgestellt hat, dass es nicht ausreiche, dass der Betroffene in irgendeinem volkseigenen Betrieb (VEB) gearbeitet habe. Es müsse sich vielmehr gerade um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt haben (so auch BSG vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - und vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R).
Der Betrieb, in dem der Kläger gearbeitet hat, war offensichtlich kein Produktionsbetrieb des Bauwesens. Es handelte sich jedoch auch nicht um einen industriellen volkseigenen Produktionsbetrieb.
Ein notwendiges Merkmal eines solchen Betriebes sei (BSG, a. a. O.), dass sein Hauptzweck in der industriellen Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation beziehungsweise Produktion von Sachgütern bestehe (vgl. BSG vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R). Ob der Staat DDR die versorgungsrechtlich begünstigten volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie (und des Bauwesens) darüber hinaus auch noch nach weiteren Sachkriterien von (nicht erfassten) volkseigenen Betrieben dieser Wirtschaftsbereiche und wie er sie im Einzelnen von volkseigenen Betrieben in anderen Bereichen der Volkswirtschaft unterschieden habe, brauche nicht geklärt zu werden. Es könne offen bleiben, ob eine zusätzliche versorgungsrechtliche Einschränkung mit Blick auf die Zuordnung der volkseigenen Produktionsbetriebe zu den verschiedenen in der DDR vorhanden gewesenen Industrieministerien vorliege. Es reiche auch nicht aus, einen Betrieb als volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne der AVtI zu qualifizieren, dass in dem Statut eines der zuletzt bestehenden acht Industrieministerien, nämlich des Ministeriums für Elektrotechnik und Elektronik, vom 09. Januar 1975 (GBl. DDR I Seite 347) auch der Bereich der Datenverarbeitung benannt werde. Denn aus der Zuordnung der "Datenverarbeitung" zu einem Industrieministerium folge nicht, dass jeder volkseigene Betrieb, der sich irgendwie mit Datenverarbeitung befasst habe, industrielle Produktion von Sachgütern als Hauptzweck betrieben und deshalb versorgungsrechtlich zu dem Ausschnitt aus den volkseigenen Betrieben gehört habe, für den generell eine zusätzliche Versorgung in der AVtI vorgesehen war.
Nach diesen Feststellungen, denen der Senat folgt, war der Beschäftigungsbetrieb des Klägers kein Produktionsbetrieb. Der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane der DDR war - ebenso wie der VEB Datenverarbeitungszentrum Potsdam (der Betrieb, der Grundlage der zitierten Entscheidung des BSG war) - ein Dienstleistungsbetrieb. Sein Hauptzweck war die Verarbeitung von Daten, nicht aber die industrielle Herstellung von Sachgütern. Ein Betrieb der industriellen Produktion im Sinne der AVtI kann im Bereich einer "Datenverarbeitung" - im weitesten Sinne - allenfalls vorliegen, wenn hauptsächlich Sachgüter produziert werden, die der "Hardware" (Computer, Computerteile, Halbleiter, Disketten, CDs etc.) zuzurechnen sind oder für die "Software" auf Datenträger aufgebracht wurde. Dagegen sei weder die Entwicklung von Software-Programmen noch die eigentliche Datenverarbeitung und Anwendung von Software-Programmen eine industrielle Produktion. Dabei handele es sich um eine Dienstleistung, das heißt eine Herstellung von immateriellen Gütern (BSG, a. a. O.). Als ein solcher Datenverarbeitungsbetrieb war der Betrieb des Klägers ein Dienstleistungsbetrieb, und zwar für die Finanzorgane der DDR, und damit kein industrieller Produktionsbetrieb. Der Datenverarbeitungsbetrieb des Klägers war auch kein Betrieb, der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt war. Unter die dort ihrer Art nach aufgeführten Einrichtungen und Betriebe fällt ein Datenverarbeitungsbetrieb nicht.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass ein ehemaliger Vorgesetzter des Klägers in die AVtI einbezogen war. Der Senat hat nicht zu prüfen, ob dies unter den dargestellten Umständen zu Recht erfolgt war oder ob eine Einbeziehung aufgrund eines Einzelvertrages mit Anspruch auf Altersversorgung erfolgt war (§ 1 Abs. 3 2. DB).
Da der Senat sich der Rechtsprechung des BSG anschließt, war auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen. Insbesondere ist durch die umfangreiche Rechtsprechung des BSG vom 09. und 10. April 2002 keine klärungsbedürftige Rechtsfrage mehr zu erkennen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeit vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990; ausschlaggebend ist, ob sein damaliger Arbeitgeber, der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane, ein Produktionsbetrieb war.
Der am ... 1945 geborene Kläger absolvierte vom 01. September 1968 bis zum 31. Juli 1971 eine Fachschulausbildung an der Ingenieurhochschule L. und erwarb den entsprechenden Abschluss (Ingenieur-Urkunde der Ingenieurhochschule L., Abteilung Fachschulausbildung, vom 30. Juli 1971). Vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 arbeitete er als Wartungsingenieur beim VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane.
Den Antrag des Klägers vom 23. September 1999, diese Beschäftigungszeit als solche der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festzustellen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 2000 ab. Zwar erfülle der Kläger die persönlichen Merkmale für eine Anerkennung, nämlich die Berechtigung zum Führen des Grades eines Ingenieurs und eine entsprechende Tätigkeit, jedoch sei der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane kein volkseigener Produktionsbetrieb oder ein gleichgestellter Betrieb gewesen. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2000 zurück.
Dagegen hat sich die am 02. Juni 2000 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet: Bereits daraus, dass sein ehemaliger Arbeitskollege W. P. in dieAVtI aufgenommen worden sei, ergebe sich, dass der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane ein volkseigener Produktionsbetrieb beziehungsweise ein gleichgestellter Betrieb gewesen sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide berufen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. Februar 2001 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Zeit vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI festzustellen.
Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, es folge der Rechtsprechung des jetzt erkennenden Senats (Urteil vom 25. Juli 2000, Aktenzeichen L 2 RA 40/00), wonach nicht auf den Wortlaut der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVtI abzustellen sei. Denn in § 1 der Versorgungsordnung der AVtI vom 17. August 1950 werde lediglich auf volkseigene beziehungsweise ihnen gleichgestellte Betriebe abgestellt. Nur die Zweite Durchführungsbestimmung regele, dass es sich um Produktionsbetriebe handeln müsse. Darauf komme es nach der Rechtsprechung des 2. Senats des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg jedoch nicht an.
Gegen dieses der Beklagten am 30. März 2001 zugestellte Urteil hat diese am 12. April 2001 Berufung eingelegt.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei auch die Zweite Durchführungsbestimmung zu berücksichtigen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 30. Juni 1998 (B 4 RA 11/85 R) nicht nur die Versorgungsordnung, sondern auch die Zweite Durchführungsbestimmung hierzu als fachlichen Anknüpfungspunkt herangezogen. Daher komme es - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - darauf an, ob es sich bei dem VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane um einen Produktions- oder einen Dienstleistungsbetrieb handele. Da Letzteres der Fall sei, könne der Kläger nicht in die AVtI einbezogen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 27. Februar 2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Bevollmächtigten des Klägers das Urteil des BSG vom 10. April 2002 (B 4 RA 5/02 R) zur Stellungnahme zugeleitet.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die beigezogene Akte der Beklagten zur Versicherungsnummer ... sowie die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Zeit vom 06. Dezember 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu AVtI und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Der Bescheid vom 11. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR 1950 Seite 844) - AVtI-VO - in Verbindung mit der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR 1951 Seite 487) - 2. DB zur AVtI-VO - liegen nicht vor. Der Kläger erfüllt zwar die in seiner Person erforderlichen Voraussetzungen zur Einbeziehung, hat die entsprechende Tätigkeit jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt.
Als Rechtsgrundlage kommt § 8 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, sowie die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben. Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Der Kläger unterliegt zunächst nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, da bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes am 01. August 1991 weder der Versorgungsfall des Alters noch der der Invalidität eingetreten war.
Der Kläger war auch nicht Inhaber einer bei In-Kraft-Treten des AAÜG bestehenden Versorgungsanwartschaft, denn nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist.
Die Beklagte - als zuständiger Versorgungsträger für die AVtI (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nr. 1 AAÜG) - hat nach dieser Vorschrift eine Zugehörigkeit des Klägers zur AVtI für die streitige Zeit nicht festzustellen, denn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG liegen beim Kläger nicht vor.
§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.
Es handelt sich hierbei um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems nach Anlage 1 und 2 AAÜG bestehen. Bezogen auf die AVtI ist dies die im streitigen Zeitraum gültige AVtI-VO und die 2. DB zur AVtI-VO.
Das BSG hatte es zunächst allerdings abgelehnt, das Recht des Beitrittsgebietes nach den Regelungen dieser Rechtsordnung anzuwenden. Vielmehr seien die Texte der in den Anlagen 1 und 2 AAÜG aufgelisteten Versorgungsordnungen - als insoweit bundesrechtlich relevante Fakten - nach Maßgabe des Bundesrechts, insbesondere nach Sinn und Zweck des § 5 AAÜG hinsichtlich deren Bedeutung zu bestimmen. Auf die praktische Durchführung und auf die Auslegung der Versorgungsordnung seitens der ehemaligen DDR komme es nicht an. Dasselbe gelte hinsichtlich der zu den Versorgungsordnungen erlassenen Durchführungsbestimmungen. Als "geronnene" Verwaltungspraxis der DDR seien derartige Bestimmungen von vornherein keine vom Bundesrecht in Bezug genommenen tatsächlichen Gegebenheiten und demgemäß im Zusammenhang damit nicht von entscheidender Bedeutung (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 63/69 R -, teilweise abgedruckt in SGb 2000, Seite 540, bezogen auf die 1. DB zur so genannten Pädagogenversorgung).
Diese Rechtsprechung und das Urteil des erkennenden Senats vom 25. Juli 2000 (L 2 RA 40/00) mag Grund dafür gewesen sein, dass das Sozialgericht die 2. DB zur AVtI-VO, in der auf die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb abgestellt wird, unbeachtet gelassen hat.
Jedoch bereits in den Urteilen vom 12. Juni 2001 (B 4 RA 117/00 R und B 4 RA 107/00 R) hat das BSG klargestellt, dass grundsätzlich alle im Zusammenhang mit dem jeweiligen Versorgungssystem erlassenen Rechtsvorschriften des Beitrittsgebiets, insbesondere also Durchführungsbestimmungen, auch bundesrechtliche Bedeutung haben. Dementsprechend hat es in diesen Entscheidungen ohne weiteres die 2. DB zur AVtI-VO angewandt. Vertieft hat das BSG die Rechtsprechung zu dieser Problematik in einer Anzahl von Entscheidungen am 09. und 10. April 2002, unter anderem in dem Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 5/02 R, in dem es festgestellt hat, dass es nicht ausreiche, dass der Betroffene in irgendeinem volkseigenen Betrieb (VEB) gearbeitet habe. Es müsse sich vielmehr gerade um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt haben (so auch BSG vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - und vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R).
Der Betrieb, in dem der Kläger gearbeitet hat, war offensichtlich kein Produktionsbetrieb des Bauwesens. Es handelte sich jedoch auch nicht um einen industriellen volkseigenen Produktionsbetrieb.
Ein notwendiges Merkmal eines solchen Betriebes sei (BSG, a. a. O.), dass sein Hauptzweck in der industriellen Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation beziehungsweise Produktion von Sachgütern bestehe (vgl. BSG vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R). Ob der Staat DDR die versorgungsrechtlich begünstigten volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie (und des Bauwesens) darüber hinaus auch noch nach weiteren Sachkriterien von (nicht erfassten) volkseigenen Betrieben dieser Wirtschaftsbereiche und wie er sie im Einzelnen von volkseigenen Betrieben in anderen Bereichen der Volkswirtschaft unterschieden habe, brauche nicht geklärt zu werden. Es könne offen bleiben, ob eine zusätzliche versorgungsrechtliche Einschränkung mit Blick auf die Zuordnung der volkseigenen Produktionsbetriebe zu den verschiedenen in der DDR vorhanden gewesenen Industrieministerien vorliege. Es reiche auch nicht aus, einen Betrieb als volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne der AVtI zu qualifizieren, dass in dem Statut eines der zuletzt bestehenden acht Industrieministerien, nämlich des Ministeriums für Elektrotechnik und Elektronik, vom 09. Januar 1975 (GBl. DDR I Seite 347) auch der Bereich der Datenverarbeitung benannt werde. Denn aus der Zuordnung der "Datenverarbeitung" zu einem Industrieministerium folge nicht, dass jeder volkseigene Betrieb, der sich irgendwie mit Datenverarbeitung befasst habe, industrielle Produktion von Sachgütern als Hauptzweck betrieben und deshalb versorgungsrechtlich zu dem Ausschnitt aus den volkseigenen Betrieben gehört habe, für den generell eine zusätzliche Versorgung in der AVtI vorgesehen war.
Nach diesen Feststellungen, denen der Senat folgt, war der Beschäftigungsbetrieb des Klägers kein Produktionsbetrieb. Der VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane der DDR war - ebenso wie der VEB Datenverarbeitungszentrum Potsdam (der Betrieb, der Grundlage der zitierten Entscheidung des BSG war) - ein Dienstleistungsbetrieb. Sein Hauptzweck war die Verarbeitung von Daten, nicht aber die industrielle Herstellung von Sachgütern. Ein Betrieb der industriellen Produktion im Sinne der AVtI kann im Bereich einer "Datenverarbeitung" - im weitesten Sinne - allenfalls vorliegen, wenn hauptsächlich Sachgüter produziert werden, die der "Hardware" (Computer, Computerteile, Halbleiter, Disketten, CDs etc.) zuzurechnen sind oder für die "Software" auf Datenträger aufgebracht wurde. Dagegen sei weder die Entwicklung von Software-Programmen noch die eigentliche Datenverarbeitung und Anwendung von Software-Programmen eine industrielle Produktion. Dabei handele es sich um eine Dienstleistung, das heißt eine Herstellung von immateriellen Gütern (BSG, a. a. O.). Als ein solcher Datenverarbeitungsbetrieb war der Betrieb des Klägers ein Dienstleistungsbetrieb, und zwar für die Finanzorgane der DDR, und damit kein industrieller Produktionsbetrieb. Der Datenverarbeitungsbetrieb des Klägers war auch kein Betrieb, der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt war. Unter die dort ihrer Art nach aufgeführten Einrichtungen und Betriebe fällt ein Datenverarbeitungsbetrieb nicht.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass ein ehemaliger Vorgesetzter des Klägers in die AVtI einbezogen war. Der Senat hat nicht zu prüfen, ob dies unter den dargestellten Umständen zu Recht erfolgt war oder ob eine Einbeziehung aufgrund eines Einzelvertrages mit Anspruch auf Altersversorgung erfolgt war (§ 1 Abs. 3 2. DB).
Da der Senat sich der Rechtsprechung des BSG anschließt, war auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen. Insbesondere ist durch die umfangreiche Rechtsprechung des BSG vom 09. und 10. April 2002 keine klärungsbedürftige Rechtsfrage mehr zu erkennen.
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