L 1 RA 7/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 601/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RA 7/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 04. Oktober 2000 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1999 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Zeit vom 01. Januar 1960 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die für diese Zeit nachgewiesenen Arbeitsentgelte festzustellen.

Der am ... 1936 geborene Kläger erwarb am 16. Dezember 1959 die Berufsbezeichnung Ingenieur nach Ablegen der Abschlussprüfung in der Fachrichtung Kraftfahrzeugbau. Ab dem 01. Januar 1960 war er bei dem VEB Kfz-Instandsetzung F. (O.) beschäftigt, ab 01. März 1960 bei demselben Betrieb als Technischer Leiter, ab 01. Oktober 1965 als Produktionsleiter. Aufgrund Änderungsvertrag vom 10. September 1970 wurde der mit dem VEB Kfz-Instandsetzung F. (O.) geschlossene Arbeitsvertrag dahingehend geändert, dass neuer Vertragspartner das VEB Kombinat Kraftverkehr F. (O.), Kfz-Instandsetzung 12 F. (O.) wurde. Dort war der Kläger weiterhin als Produktionsleiter tätig. Ab 01. August 1973 nahm der Kläger bei dem VEB Kombinat Kraftverkehr F. (O.) eine Tätigkeit als Abteilungsleiter Technik auf. Der Stempel des Betriebes im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung weist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr den Zusatz "Betrieb: Kfz-Instandsetzung" auf. Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtete er ab 01. Januar 1972.

Am 18. März 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem.

Mit Bescheid vom 29. Juni 1999 lehnte sie den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie u. a. aus, die im VEB Kraftverkehr bzw. VEB Kfz-Instandsetzung ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der technischen Qualifikation, jedoch sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden.

Den hiergegen am 12. Juli 1999 mit der Begründung, der VEB Kfz-Instandsetzung sei zwar politisch von der Hauptverwaltung Kraftverkehr im Verkehrsministerium geleitet, habe aber als Konzentrationsbetrieb für die industrielle Instandsetzung von Kfz-Baugruppen nach Vorgaben der VVB Automobilbau gearbeitet, erhobenen Widerspruch, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 1999 zurück.

Der Widerspruchsbescheid trägt keinen Absendevermerk und ist dem Kläger am 22. September 1999 zugegangen.

Zur Begründung seiner am 20. Oktober 1999 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass mehrere Mitarbeiter des VEB Kombinat Kraftverkehr in das Zusatzversorgungssystem einbezogen worden seien.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 04. Oktober 2000 den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1999 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Zeit vom 01. Januar 1960 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es nicht erforderlich sei, dass es sich bei der ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit um eine solche in einem volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Dieses Erfordernis ergebe sich nicht aus der Versorgungsordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I Nr. 93 S. 844). Auch in der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. I Nr. 62, S. 487) sei dies nicht ausdrücklich geregelt. Zur Überzeugung der Kammer sei hinsichtlich der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nicht auf das Merkmal des Produktionsbetriebes abzustellen, vielmehr reiche es zur Überzeugung der Kammer aus, dass eine Tätigkeit als Ingenieur in einem volkseigenen Betrieb ausgeübt wurde. Selbst wenn man auf das Merkmal der Produktion abstellen wollte, hätte der Kläger zur Überzeugung der Kammer während seiner Tätigkeit bei dem VEB Kraftverkehr Kfz-Instandsetzung durch seine Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausgeübt.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 27. Dezember 2000 zugestellte Urteil am 17. Januar 2001 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Beschäftigung müsse in einem volkseigenen Produktionsbetrieb bzw. einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein. Ausweislich des Statuts des Verkehrskombinats F. (O.), dessen Kombinatsbetrieb der VEB Instandsetzungswerk gewesen sei, hätte das Kombinat die Aufgabe des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs und des öffentlichen Straßengüterverkehrs sowie der Kraftfahrzeuginstandsetzung inne gehabt. Aufgaben der industriellen Produktion seien weder dem Kombinat noch dem Kombinatsbetrieb zugewiesen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 04. Oktober 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass Punkt 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung nur eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises darstelle und nicht eine Einschränkung des Punktes 1. Dass das Verkehrskombinat zu den Produktionsbetrieben gehört habe, gehe u. a. aus dem Beschluss über die Planaufschlüsselung in den Betrieben der zentral- und örtlich geleiteten volkseigenen Industrie, der Bauwirtschaft und des Verkehrswesens vom 30. August 1962 (GBl. II, S. 555) hervor. Das Verkehrswesen sei ebenso in das System der "Zuschläge für ununterbrochene Beschäftigungsdauer" der Intelligenz in volkseigenen Produktionsbetrieben vom 24. Januar 1956 (GBl. I, S. 163) eingebunden gewesen. Er habe diese Zuschläge ab 1962 enthalten.

Der Senat hat Kopien der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 08. November 1979 (GBl. I, S. 355 - in Auszügen - ), der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 09. Februar 1967 (GBl. II, S. 121) zu den Akten genommen und den Beteiligten übersandt. Weiterhin hat der Senat bei dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) Kopien des Statuts des volkseigenen Verkehrskombinats F. (O.), gültig ab 01. Januar 1982, Erläuterungen zum Gründungsbericht zur Umwandlung der Kraftverkehrs GmbH F. (O., den Bericht über die Erstellung der DM-Eröffnungsbilanz zum 01. Juli 1990 der Kraftverkehrsgesellschaft mbH F. (O.) der T. Revisionsgesellschaft GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Erklärung über die Umbildung des VEB Kraftfahrzeuginstandhaltung F. (O.) vor dem staatlichen Notariat Frankfurt (Oder) verhandelt am 20. Juni 1990, sowie Kopien der Altregisterakten beigezogen.

Der Kläger hat noch Kopien u. a. des Ministeriums für Verkehrswesen, Hv des Kraftverkehrs, hinsichtlich des VEB Kfz-Instandhaltung F. (O) zu den Akten gereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht erhoben und damit insgesamt zulässig. Sie ist auch begründet. Denn das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Zeit vom 01. Januar 1960 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und die für diese Zeit nachgewiesenen Arbeitsentgelte festzustellen.

Die vom Kläger in Kombination erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Denn der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 und 2 AAÜG keinen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 01. Januar 1960 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte.

Die begehrten Feststellungen im Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenfeststellungsverfahrens des Rentenversicherungsträgers durchzuführen ist, setzt voraus, dass die Klägerin vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst wird. Dies ist dann der Fall, wenn aus bundesrechtlicher Sicht zum 01. August 1991 Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften bestanden haben bzw. die Voraussetzungen hierfür am 30. Juni 1990 vorgelegen haben oder wenn einmal vor dem 30. Juni 1990 nach den Gegebenheiten in der DDR in deren System eine Versorgungsanwartschaft erlangt worden war, die nach den Regeln der Versorgungssysteme bei einem Ausscheiden entfiel.

Eine Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG haben grundsätzlich alle diejenigen, die am 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage hatten, die - wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten - Leistungen aus dem Versorgungssystem hätten beziehen können. Eine Versorgungsanwartschaft hatten darüber hinaus auch diejenigen, denen vor dem 30. Juni 1990 eine solche durch Einzelfallregelung zuerkannt worden war, die mangels tatsächlicher oder rechtlicher Änderung aber noch bis zum 30. Juni 1990 hätte fortbestehen müssen, die jedoch vor dem 30. Juni 1990 rechtsstaatswidrig zurückgenommen worden war. Darüber hinaus hatten auch alle diejenigen eine Versorgungsanwartschaft erworben, denen aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, das heißt nach den insoweit vom Einigungsvertrag noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebotes umgesetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30. Juni 1990 hätte zuerkannt werden müssen. Hierzu zählen alle diejenigen, die, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, zum 01. Juli 1990 im - jetzt - rechtsstaatlichen Umfeld Leistungen aus dem Versorgungssystem hätten beanspruchen können.

Unter den Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG fallen somit auch diejenigen, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme obligatorisch im Sinne einer gebundenen Verwaltung in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätten einbezogen werden müssen, weil sie die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür insoweit erfüllt hatten. Dies war der Fall bei denjenigen, die am 30. Juni 1990 und deswegen auch am 01. August 1991 nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Qualifikation sowie der Beschäftigungsstelle aus bundesrechtlicher Sicht in das Versorgungssystem einzubeziehen waren und denen eine Zusage auf Versorgung hätte erteilt werden müssen. Aus bundesrechtlicher Sicht waren hingegen zu diesem Zeitpunkt nicht einbezogen diejenigen, die nach den Versorgungsordnungen oder Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelungen der ehemaligen DDR lediglich durch Einzelvertrag oder Einzelentscheidung oder Ermessensentscheidung hätten einbezogen werden können. Denn eine derartige Ermessensentscheidung, die auch der Erzeugung politischen und gesellschaftlichen Wohlverhaltens diente, könnte allein aus der Sicht der DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden. Sie darf infolgedessen mangels sachlicher, objektivierbarer, bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden.

In den Grenzen des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG können darüber hinaus die Vorschriften des AAÜG auch auf solche Personen Anwendung finden, die in der Vergangenheit in der DDR zwar nicht zum 30. Juni 1990, aber zu irgendeinem Zeitpunkt davor eine konkrete Versorgungszusage oder auch eine Einzelentscheidung oder eine einzelvertragliche Regelung zur Einbeziehung in das Versorgungssystem und damit eine rechtliche Position hatten, die aus bundesrechtlicher Sicht einer Versorgungsanwartschaft entsprach (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 10. April 2002, B 4 RA 34/01 R m.w.N. in SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 1 AAÜG nicht. Denn er hatte am 30. Juni 1990 keine Anwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 1 Satz 2 AAÜG erworben. Weder war ihm eine Versorgungszusage erteilt worden noch war zu seinen Gunsten eine Ermessensentscheidung ergangen noch eine einzelvertragliche Abrede getroffen worden. Er hatte nach der hier allein als Anknüpfung in Betracht kommenden Versorgungsordnung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) aus bundesrechtlicher Sicht auch keine Versorgungsanwartschaft.

Die Regelungen über die Zugehörigkeit ergeben sich hinsichtlich der AVItech aus den Texten der Verordnung (VO-AVItech) vom 17. August 1950 und aus der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) hierzu. Dabei kommt es für das Sprachverständnis grundsätzlich auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 02. Oktober 1990 an, an welchen der Bundesgesetzgeber angeschlossen hat. Die Regelungen über die Zuteilung von Versorgungszusagen des § 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung sind nicht Bundesrecht geworden, weil sie schon wegen des Einbeziehungsverbotes gegenstandslos und ferner elementar rechtsstaatswidrig waren. Ebenso wurden alle Regelungen kein Bundesrecht, die eine bewertende oder Ermessensentscheidung eines Betriebs, eines Direktors einer staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen, weil die dafür erforderlichen Entscheidungen nur auf der Grundlage des von der SED-Ideologie geprägten Systems getroffen werden könnten. Es ist im Bundesrecht schlechthin ausgeschlossen, solches nachzuholen. Denn hierdurch würde es dem Regime ermöglicht, jemanden einzubeziehen, der scheinbar die obligatorischen Voraussetzungen nicht erfüllte, während solche, die sie erfüllt hatten, u. a. schon durch das von ihnen nicht beeinflussbare Antragsverfahren ausgeschlossen werden konnten. Dieses Machtmittel diente erstrangig der Förderung von "Wohlwollen" und sanktionierte erkennbar gewordene Distanz zum SED-Regime. Schon deshalb sind nur solche Regelungen überhaupt am 03. Oktober 1990 Bundesrecht geworden, die bundesrechtlich als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns der Funktionsnachfolger verstanden werden konnten. Hierzu gehört im Hinblick auf die "Zugehörigkeit" und "Versorgungsanwartschaft" im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG für den Bereich der AVItech im Wesentlichen § 1 der Verordnung vom 17. August 1950 in der Bedeutung, die er durch § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung gefunden hat. Voraussetzung war danach die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb. Hierauf kommt es auch für die Beantwortung der bundesrechtlichen Frage, ob die Beschäftigung ihrer Art nach von diesem Versorgungssystem der technischen Intelligenz erfasst war, an. Für die Antwort kann nur auf die sprachlich abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Zweiten Durchführungsbestimmung abgestellt werden. Diese erfassten nur Beschäftigungen bei "volkseigenen Produktionsbetrieben" und bei diesen durch § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung der Art nach gleichgestellten Betrieben. Die Zweite Durchführungsbestimmung konkretisiert im Übrigen nur, was schon in § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung angeordnet worden war, nämlich die Sicherung eines gehobenen Lebensstandards u. a. für Techniker, die in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig waren. Volkseigene Produktionsbetriebe waren - anders als der Kläger meint - aber nur solche der Industrie und des Bauwesens. Denn die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wurden gerade den volkseigenen Betrieben sowie den Vereinigungen volkseigener Betriebe und in anderen wirtschaftlichen Organen in anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z. B. Handel, Dienstleistung, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenübergestellt (vgl. Urteile des BSG vom 09. April 2002, B 4 RA 42/01 R, sowie vom 10. April 2002, B 4 RA 10/02 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 5, m.w.N.). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.

Der Kläger war im hier streitigen Zeitraum nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Ob ein volkseigener Produktionsbetrieb in der Industrie und im Bauwesen vorlag, richtet sich u. a. danach, ob eine Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium erfolgte und welche wirtschaftliche Tätigkeit der Betrieb entfaltete. Soweit eine eindeutige einheitliche Zuordnung im Sinne einer industriellen Produktion oder des Bauwesens nicht feststellbar ist und/oder eine Zuordnung zu mehreren Fachministerien vorlag, kann es ggf. auch darauf ankommen, ob die industrielle Produktion dem VEB das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend oder vorherrschend gewesen ist (vgl. Urteil des BSG, vom 10. April 2002, B 4 RA 10/02 R a.a.O.).

Übergeordnetes Verwaltungsorgan des VEB Kfz-Instandsetzungsbetriebs, bei dem der Kläger ab 01. Januar 1960 tätig war, war die Bezirksdirektion für den Kraftverkehr. Dies ergibt sich aus dem Handelsregistereintrag. Übergeordnetes Organ des Rechtsnachfolgers, des VEB Kombinats Kraftverkehr F. (O.) ab 01. Januar 1970, war der Rat des Bezirkes Frankfurt (Oder). Dieser wird in den Handelsregisterauszügen auch als zuständiges Staatsorgan genannt.

Das Statut des Verkehrskombinats F. (O.), in Kraft ab 01. Januar 1982, weist sowohl den VEB Kraftverkehr F. (O.) als auch den VEB Kfz-Instandhaltung F. (O.) als Kombinatsbetriebe aus (§ 2), die juristisch und ökonomisch selbständig waren (§ 2 Abs. 2). Dem VEB Kraftverkehr als Kombinatsbetrieb oblagen insbesondere folgende Aufgaben:

1. die Beförderung von Personen

- im öffentlichen Linienverkehr und im vertragsgebundenen Berufs-, Schüler- und im Gelegenheitsverkehr mit KOM und Binnenfahrgastschiffen,

- im städtischen Nahverkehr mit Straßenbahnen und O-Bussen,

1. der Transport von Gütern im öffentlichen Gütertransport einschließlich Containerverkehr und im Stückgutverkehr sowie der damit verbundenen speziellen Leistungen sowohl im Binnen- als auch im grenzüberschreitenden und Transitverkehr

2. die Ausbildung von Kraftfahrzeugführern in Fahrschulen

3. die Wahrnehmung von dem Kombinat gemäß § 5 übertragenen staatlichen Funktionen in den territorialen Einheiten

Dem VEB Kraftfahrzeuginstandhaltung oblagen folgende Aufgaben:

1. die Ausführung von Kraftfahrzeuginstandhaltungsleistungen

2. die Durchführung von Dienstleistungen auf dem Gebiet

- des Kfz-Hilfsdienstes,

- des Kfz-Instandhaltungsservices.

Weder den genannten Registereintragungen noch dem Statut lässt sich eine eindeutige, einheitliche Zuordnung zur industriellen Produktion entnehmen. In der Zeit vom 01. Januar 1960 bis Ende Juli 1973, in der der Kläger in den Kombinatsbetrieben tätig war, lässt sich zwar die Ausführung von Kraftfahrzeuginstandhaltungsleistungen sowie die Durchführung von Dienstleistungen auf dem Gebiet des Kfz-Hilfsdienstes sowie des Kfz-Instandhaltungsservices entnehmen, eine industrielle Produktion lässt sich den Unterlagen jedoch nicht entnehmen. Ausführungen von Kraftfahrzeuginstandhaltungsleistungen, mögen sie auch sehr umfangreich gewesen sein, stellen schon sprachlich keine Produktion dar. Entsprechendes gilt für die Zeit ab 01. August 1973, in der der Kläger im Stammbetrieb als Abteilungsleiter Technik tätig gewesen ist, weshalb hier letztlich offen bleiben kann, inwieweit seine Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt noch den Aufgaben und Befugnissen der Kombinatsbetriebe zuzuordnen ist.

Es ist aber auch den übrigen vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen, dass die industrielle Produktion dem VEB Kraftfahrzeuginstandhaltung das Gepräge gegeben hat, denn weder ist die Herstellung von industriellen Produkten überwiegend oder vorherrschend gewesen. Selbst wenn man den Vortrag des Klägers im Erörterungstermin am 26. September 2002 unterstellt, ergibt sich aus dem Aufbau alter Kraftfahrzeugbaugruppen alleine noch keine industrielle Produktion. So weist der Bericht über die Erstellung der DM-Eröffnungsbilanz zum 01. Juli 1990 der Kraftverkehrsgesellschaft mbH F. (O.) als Gegenstand des Unternehmens neben der Organisation und Durchführung von Transporten, Personenbeförderung lediglich Handels-, Service- und Instandhaltungsleistungen für Fahrzeuge einschließlich des Handels mit Fahrzeugzubehör und Ersatzteilen, Abschleppleistungen und Pannendienst; Fahrschulausbildung, Bau- und industrielle Leistungen aus. Nach den Erläuterungen zum Gründungsbericht zur Umwandlung der Kraftverkehrs GmbH F. (O.) ist als Hauptmaßnahme zum Erreichen einer nach marktwirtschaftlichen Prinzipien organisierten Wirtschaftseinheit die Umwandlung des derzeitigen Fachbereichs Technik in eine selbständige Bauhofgesellschaft vorgesehen gewesen. Die Ausgliederung bzw. Umwandlung einer industriellen Produktion ist diesen Erläuterungen nicht zu entnehmen. Die Umwandlung einer industriellen Produktion wäre auch nicht in Form der Herstellung einer selbständigen Bauhofgesellschaft erfolgt, vielmehr wären hierbei Nachfolgeproduktionsbetriebe entstanden.

Die Einordnung der Betriebe, bei denen der Kläger tätig war, als Produktionsbetriebe ergibt auch nicht aus dem Beschluss über die Planaufschlüsselung in den Betrieben der zentral- und örtlich geleiteten volkseigenen Industrie, der Bauwirtschaft und des Verkehrswesens vom 30. August 1962 (GBl. II, S. 555). Diesem Beschluss ist lediglich zu entnehmen, dass auch Betriebe des Verkehrswesens einen Betriebsplan als Grundlage für die Planaufschlüsselung zu erstellen hatten. Der Beschluss stellt aber bereits unter I (Geltungsbereich) klar, dass er für alle volkseigenen Industrie-, Bau- und Verkehrsbetriebe gilt. Er selbst unterscheidet also zwischen Produktionsbetrieben im Bereich der industriellen Produktion, des Baus und des Verkehrswesens. Die Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 09. Februar 1967 ist jedoch nach ihrem § 49 Abs. 1 ausdrücklich direkt nur für die volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens anwendbar, in anderen Bereichen ist sie entsprechend anwendbar (§ 49 Abs. 2). Wenn der Beschluss über die Planaufschlüsselung in den Betrieben der zentral- und örtlich geleiteten volkseigenen Industrie, der Bauwirtschaft und des Verkehrswesens vom 30. August 1962 die Erbringung von Verkehrsleistungen als Produktion wertete, so führt dieses nicht dazu, dieses bei der Auslegung des § 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung ebenfalls zu tun. Denn die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wurden, worauf schon das Bundessozialgericht hingewiesen hat (Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 10/02 R a.a.O.), dort auch gerade den anderen wirtschaftlichen Organen in anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z. B. Handel, Dienstleistung, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenübergestellt.

Auch wenn der Kläger Zuschläge für unterbrochene Beschäftigungsdauer entsprechend der Fünften Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz - Zuschläge für unterbrochene Beschäftigungsdauer - vom 24. Januar 1956 (GBl. I S. 163) erhalten haben sollte, ist dem nicht zwingend zu entnehmen, dass es sich bei den Betrieben, in denen der Kläger tätig war, um solche volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens gehandelt haben muss. Zwar wird auch in § 2 der Fünften Durchführungsbestimmung der Begriff des volkseigenen Produktionsbetriebes verwendet, er wird hier jedoch nicht definiert. Soweit er - wie der Kläger vorträgt - bei der Anwendung der Fünften Durchführungsbestimmung weiter gefasst worden sein sollte, so dass auch Verkehrsbetriebe umfasst worden seien, so führt auch dies nicht dazu, dass der Begriff des volkseigenen Produktionsbetriebes im Sinne der Zweiten Durchführungsbestimmung entsprechend weit zu verstehen wäre.

Nach welchen Maßstäben die vom Kläger vorgetragene Einbeziehung anderer Angehöriger des VEB erfolgt ist und ob dabei von der Ermessensregelung des § 1 Abs. 1 Satz 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung Gebrauch gemacht wurde oder ob diese Mitarbeiter aufgrund eines Einzelvertrages in die Altersversorgung einbezogen worden sind, kann letztlich dahinstehen, weil schon § 1 Abs. 1 Satz 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung keine abstrakt-generelle Regelung darstellt (Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 107/00 R) und weil die Einbeziehung aufgrund eines Einzelvertrages im Vergleich zu der Ermessensentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung noch weniger nachvollziehbar, weil insoweit völlig ungeregelt ist, so dass § 1 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung ebenfalls nicht zu den nach dem BSG allein maßgebenden abstrakt-generellen Regelungen zählt.

Gerade auch im Hinblick darauf vermag der Senat einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht festzustellen. Lässt sich mangels gesicherter faktischer Beurteilungsgrundlage schon nicht feststellen, weswegen andere Mitarbeiter für eine Einbeziehung in die AVItech ausgewählt wurden, wäre jede Erweiterung des einbezogenen Personenkreises durch die vollziehende Gewalt oder die Rechtsprechung über die in § 1 Abs. 1 AAÜG selbst angelegte Modifikation hinaus, sowohl im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind, als auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG selbst verfassungswidrig. Der Einigungsvertrag (EV) hat allein die Übernahme zum 03. Oktober 1990 bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften in das Bundesrecht gewährleistet und Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten (Anlage II zum EV Sachgebiet H, Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a und a.a.O. Sachgebiet F, Abschnitt III, Nr. 8 i. V. m. § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz - RAG - , wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen wurden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgten). Eine nachträgliche Korrektur ist insoweit nicht willkürfrei möglich. Das BSG ist in seinem Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R sogar noch darüber hinausgegangen, in dem es ausgeführt hat, dass eine solche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 gegebenen abstrakt-generellen Regelungen der DDR, auch soweit sie in sich willkürlich seien, durch die vollziehende oder die rechtsprechende Gewalt nicht zulässig sei. Das Verbot der Neueinbeziehung aufgrund von "DDR-Versorgungsregelungen" sei zudem verfassungsgemäß. Dies entspricht aus den genannten Gründen auch der Auffassung des erkennenden Senats.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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