L 2 RA 104/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 4 RA 119/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 104/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. März 2001 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 09. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2000 verpflichtet, die Zeit vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu einem Zehntel zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem für die Zeit vom 01. August 1956 bis 30. Juni 1990 nebst Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Die im ... 1931 geborene Klägerin, die von Oktober 1948 bis Juli 1956 ein Studium an der Hochschule für angewandte Kunst B.-W. bzw. der Schauspielschule B. absolvierte, war vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 als Schauspielerin beim K.-Theater in F. (O.) beschäftigt. Danach war sie von Januar 1962 bis Dezember 1990 als freiberufliche Schauspielerin bzw. freiberufliche Künstlerin tätig. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) trat sie nicht bei.

Mit Bescheid der Sozialversicherung vom 10. Januar 1991 wurde ihr Altersrente ab 01. Januar 1991 in Höhe von 624 DM monatlich gewährt. Diese Rente wird seit 01. Januar 1992 als Regelaltersrente geleistet (Bescheid vom 28. November 1991). Ihr liegen 45 Jahre einer versicherungspflichtigen Tätigkeit und ein beitragspflichtiges Durchschnittseinkommen von 512 DM zugrunde. Da sich daraus zu Dezember 1991 eine monatliche Rente von 744,13 DM ergab, die hinter dem um 6,84 v. H. erhöhten Monatsbetrag der Rente für Dezember 1991 in Höhe von 767,11 DM zurückblieb, gewährte die Beklagte einen Auffüllbetrag von 22,98 DM. Zum 01. Januar 1992 errechnete sich daraus insgesamt eine Leistung von 853,82 DM (monatliche Rente von 830,84 DM zuzüglich Auffüllbetrag von 22,98 DM).

Im Juni 1999 beantragte die Klägerin - neben der Änderung des Rentenbescheides - , die Tätigkeit als freiberufliche Künstlerin als Mitgliedschaft in dem entsprechenden Versorgungssystem zumindest ab 17. Januar 1975 anzuerkennen. Sie fügte eine Bescheinigung des Verbandes Bildender Künstler der Deutschen Demokratischen Republik vom 11. Februar 1975 bei. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin am 17. Januar 1975 als Kandidat in diesen Verband aufgenommen worden ist.

Mit Bescheid vom 09. Dezember 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler (AVfbK) lägen nicht vor. Laut Beschluss des Sekretariats des Zentralkomitees der SED vom 16. November 1988 seien mit Wirkung ab 01. Januar 1989 zur Sicherung höherer Krankengeld- und Rentenansprüche freischaffender Bildender Künstler die Bedingungen für die freiwillige zusätzliche Rentenversicherung verbessert worden. Dies habe überwiegend den Personenkreis betroffen, der bereits Rentner gewesen sei. Der übrige Personenkreis habe, um Ansprüche aus dieser Zusatzversorgung zu erlangen, der FZR angehören und für das volle Einkommen Beiträge entrichten müssen. Die Zugehörigkeit zum Verband bildender Künstler der Deutschen Demokratischen Republik genüge nicht.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin eine Missachtung der in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüche unter Verletzung des Einigungsvertrages (EV) und des Grundgesetzes (GG) geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2000 zurück: Eine Einbeziehung in die AVfbK komme nicht in Betracht, da neben der Mitgliedschaft im Verband bildender Künstler die Entrichtung von Beiträgen zur FZR mindestens ab 01. Dezember 1989 erforderlich gewesen sei. Eine Zugehörigkeit zur Altersversorgung der künstlerischen Intelligenz (AVI) scheide aus, da diese eine feste Anstellung in einer künstlerischen Einrichtung der DDR vorausgesetzt habe.

Dagegen hat die Klägerin am 29. Februar 2000 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Außerdem hat sie Berücksichtigung der Ansprüche auf zusätzliche Altersversorgung geltend gemacht.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) u. a. vom 24. März 1998 (B 4 RA 27/97 R) komme es nicht auf die Zugehörigkeit zur FZR an. Entscheidend sei vielmehr, dass die Klägerin mit ihrer freischaffenden künstlerischen Tätigkeit konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt habe, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei. Damit seien die Voraussetzungen der AVfbK erfüllt. Gleiches gelte für die AVI, denn eine feste Anstellung in einer künstlerischen Einrichtung im Zeitpunkt des Eintrittes des Versorgungsfalles sei nach der Rechtsprechung des BSG irrelevant. Es sei allein § 5 der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Juli 1951 (AVI-VO) maßgebend. Aufgrund der Situation in den Jahren 1989/1990 sei es nicht üblich gewesen, für kurz vor dem Eintritt in das Rentenalter stehende Künstler den rückwirkenden Beitritt zur FZR zu ermöglichen. Für die Klägerin könne es nicht zum Nachteil gewertet werden, dass der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland diesen Schritt verhindert habe. Die Verfahrensweise der Beklagten führe dazu, dass der Klägerin eine Lebensstandard wahrende Vollversorgung vorenthalten würde.

Mit Urteil vom 27. März 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Voraussetzungen zur Einbeziehung in die AVI bzw. die AVfbK seien nicht erfüllt. Nach § 11 Abs. 1 AVI-VO habe eine zusätzliche Altersversorgung nur gewährt werden dürfen, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einer der unter § 6 AVI-VO genannten Einrichtungen befunden habe. Die Klägerin habe jedoch während ihres gesamten Berufslebens nicht in einem angestellten Arbeitsrechtsverhältnis, sondern in einer freiberuflichen Tätigkeit gestanden. Eine Zugehörigkeit zur AVfbK scheide aus, weil die Klägerin nicht der FZR beigetreten sei. Da somit die Voraussetzungen für die Einbeziehung in eine zusätzliche Altersversorgung bis zur Schließung der Systeme am 30. Juni 1990 nicht vorgelegen hätten und im Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) keine Anspruchsgrundlage für eine nachträgliche Einbeziehung zu finden sei, habe das Klagebegehren keinen Erfolg.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 11. Juni 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 05. Juli 2001 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie zusätzlich vorträgt:

Wie das BSG ausdrücklich festgestellt habe, habe es in der DDR keine Mitgliedschaftszeiten gegeben. Versorgungszusagen seien in vielen Bereichen erst kurz vor dem Leistungsfall gemacht worden, so auch im Bereich der AVI, ohne dass dies negative Auswirkungen gehabt habe. Für eine nachträgliche Zuerkennung sei nach dem BSG ausreichend, dass für die Zeiten des festen Engagements der Klägerin an einzelnen Theatern, wie dem K.-Theater F. (O.), dem P. H.-O.-Theater, dem D. Theater B., der DEFA und dem Deutschen Fernsehfunk die Voraussetzungen der AVI, nämlich eine Tätigkeit als Schauspielerin an dieser Einrichtung, bestanden habe. Dazu bedürfe es nicht der durchgängigen Tätigkeit im Angestelltenverhältnis. Ein Beschäftigungsverhältnis für die Zeit ab 1962 könne allerdings nicht anhand von Arbeitsverträgen belegt werden.

Die AVfbK sei mit Wirkung vom 01. Januar 1989 eingeführt worden, wobei zunächst mit der Zuerkennung von Zusagen für jene Künstler begonnen worden sei, die unmittelbar vor der Rente gestanden hätten bzw. schon Rentner gewesen seien. Es sollten Härtefallregelungen für Künstler getroffen werden, die bereits Rentner gewesen seien oder wegen ihres Alters in der FZR keinen angemessenen Rentenanspruch mehr hätten erwerben können. Diese Besonderheit müsse bei der nachträglichen Zuerkennung berücksichtigt werden, so dass demzufolge die FZR-Zuerkennung ebenso wie die Zuerkennung im Zusatzversorgungssystem selbst nachträglich erfolgen müsse. Ansonsten komme es zu einer Ungleichbehandlung gegenüber nachträglich aufgenommenen Ingenieuren und den freischaffenden bildenden Künstlern, denen eine zusätzliche Altersversorgung zugesagt worden sei.

Die diskriminierend geringe Versichertenrente von 744,16 Euro zum 01. Juli 2002 entspreche nicht einer Lebensstandard wahrenden Vollversorgung, wie diese durch das Zusatzversorgungssystem vorgesehen gewesen sei. Das BSG habe im Übrigen die unverhältnismäßig nachteiligen Auswirkungen seiner Rechtsprechung verkannt. Im EV, der den Eigentums-, Bestands- und Vertrauensschutz insgesamt gerecht und angemessen gestaltet habe, fehle eine ergänzende Härtefallregelung, weil Härten wegen der Kompliziertheit der Materie nicht hätten ausgeschlossen werden können. Es habe auch an einer realistischen Einschätzung gefehlt, dass die angestrebte Gleichstellung nicht zum 30. Juni 1995 zu erreichen gewesen sei. Für spätere Zugangsrentner ohne zusätzliche Versorgungsansprüche, zu denen die Klägerin gehöre, hätten sich die Erwartungen aus dem EV nicht erfüllt, da sie keine Gelegenheit zum Aufbau einer eigenen Gesamtversorgung nach dem Beitritt der DDR gehabt hätten. Die bis zum 30. Juni 1990 bereits erworbenen Anwartschaften seien ersatzlos beseitigt worden. Dies stelle eine Ungleichbehandlung gegenüber den Bestandsrentnern dar und sei auch nicht mit einem großen Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu begründen. Die tatsächlichen Auswirkungen der Rechtsprechung des BSG würden nicht gesehen, weil es entgegen dem BSG kein schichtenspezifisch "gegliedertes Alters- und Invalidenrentenversorgungssystem" gegeben habe. Vielmehr seien ein Großteil der Intelligenz und Freiberufler gemäß den Grundsätzen der sozialistischen Ordnung benachteiligt worden. Schließlich lasse die Rechtsprechung unberücksichtigt, dass die Lebenslage der Rentner nicht allein durch die Höhe ihrer Rente, sondern auch durch das soziale und wirtschaftliche Umfeld in der DDR geprägt gewesen sei.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie die Berücksichtigung von Ansprüchen auf zusätzliche Altersversorgung nicht mehr geltend macht,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. März 2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2000 zu verpflichten, der Klägerin einen neuen Bescheid zu erteilen, in dem die beantragte Mitgliedschaft im Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler, hilfsweise in einem anderen einschlägigen Versorgungssystem, für die Zeit vom 01. August 1956 bis 30. Juni 1990 nachträglich anerkannt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Zwar könnte die Zeit vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 nach §§ 5 a und 6 AVI-VO als Pflichtbeitragszeit anerkannt werden, da deren Voraussetzungen erfüllt seien. Nach der neuesten Rechtsprechung des BSG sei das AAÜG für diese Zeit jedoch nicht anwendbar, da der Klägerin weder eine positive Versorgungszusage erteilt worden sei noch sie am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt habe, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 09. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2000 ist zum Teil rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI und das während dieser Zeit erzielte Arbeitsentgelt feststellt.

Im Übrigen, soweit also die Zeit vom 01. August 1958 bis 30. Juni 1990 im Streit ist, ist die Berufung hingegen unbegründet.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, sowie die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben. Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist.

Die Beklagte - als zuständiger Versorgungsträger für die AVI (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Anlage 1 Nr. 4 AAÜG), wie im Übrigen auch für die AVfbK und die zusätzliche Versorgung der künstlerisch Beschäftigten in Theatern, Orchestern und staatlichen Ensembles - AVkB - (Anlage 1 Nrn. 16 bzw. 14) - hat nach dieser Vorschrift eine Zugehörigkeit der Klägerin zur AVI für die Zeit vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 festzustellen, denn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG liegen vor.

Die Auffassung der Beklagten, eine Zugehörigkeit bestehe nur dann, wenn zum 30. Juni 1990 noch eine Beschäftigung ausgeübt wurde, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre, verkennt die von ihr zitierte neuere Rechtsprechung des BSG, wie sie insbesondere im Urteil vom 09. April 2002 (B 4 RA 41/01 R) zum Ausdruck kommt.

Maßstabsnorm ist insoweit § 1 Abs. 1 AAÜG. Danach gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.

Dahinstehen kann, ob die Klägerin am 01. August 1991 einen Anspruch auf Versorgung im Sinne eines Vollrechts hatte. Das BSG hat in der o. g. Entscheidung insoweit zur Abgrenzung gegenüber einer Anwartschaft darauf abgestellt, ob bis zu diesem Zeitpunkt ein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten war.

Ein solcher Versorgungsfall lag zu dem genannten Zeitpunkt vor, denn die Klägerin vollendete im Januar 1991 das 60. Lebensjahr. Nach § 8 Buchstabe a AVI-VO umfasste die zusätzliche Altersversorgung bei Frauen von der Vollendung des 60. Lebensjahres an eine monatliche Altersrente. Diesem Anspruch stand zwar bei Vollendung des 60. Lebensjahres § 11 Abs. 1 AVI-VO entgegen, wonach die zusätzliche Altersversorgung (nur) gewährt wurde, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einer der unter § 6 genannten Einrichtungen befand. Diese Vorschrift wurde jedoch zum 01. August 1991 wegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG unbeachtlich, denn danach gilt der von § 11 Abs. 1 AVI-VO mittelbar angeordnete Verlust der Versorgungsanwartschaft nach Ausscheiden aus einem Anstellungsverhältnis zu einer der unter § 6 genannten Einrichtungen als nicht eingetreten. Damit hatte die Klägerin kraft Bundesrechts jedenfalls ab 01. August 1991 einen materiellen Anspruch auf die zusätzliche Altersversorgung, da sie durch ihre Beschäftigung vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 eine entsprechende Anwartschaft zuvor erworben hatte.

Allerdings ist der am 01. August 1991 entstandene Anspruch auf die zusätzliche Altersversorgung bisher noch nicht durch Bescheid festgestellt. Deswegen könnte insoweit noch kein Anspruch, sondern lediglich eine Anwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG vorliegen. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn zumindest bestand zum 01. August 1991 eine Anwartschaft, die die von der Klägerin begehrte Feststellung begründet.

Die Beschäftigung vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 begründete eine Anwartschaft.

Der bundesrechtliche Ausdruck "Anwartschaft" umschreibt (auch) im Recht des AAÜG, so das BSG in der o. g. Entscheidung, eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene, in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw. Versorgungsfalles erfüllt sind. Ob eine Versorgungsanwartschaft bestanden habe, bestimme sich allein bundesrechtlich und vorrangig aufgrund der originär bundesrechtlichen Regelungen des EV. Soweit der EV selbst versorgungsrechtliche Vorgaben nicht enthalte, ordne er u. a. in Nr. 9 EV Buchstabe b Satz 2 an, dass bis zur Überführung der erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung (zum 31. Dezember 1991) die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Systeme (nur) nachrangig und lückenfüllend weiter anzuwenden seien. Demzufolge seien die Regelungen der Versorgungssysteme lediglich ab 03. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 und nur als sekundäres (und partielles) Bundesrecht anzuwenden.

Mit Blick auf diesen bundesrechtlichen Anwendungsbefehl des EV und den Zeitpunkt der Überführung konnten, so dass BSG, "Ansprüche" aus einem Versorgungssystem gegen den jeweiligen Versorgungsträger noch bis spätestens zum 31. Dezember 1991 entstehen, sofern ab 03. Oktober 1990 eine Anwartschaft bestanden hatte. Ab dem 01. Juli 1990 sind hingegen Neueinbeziehungen grundsätzlich nicht mehr rechtswirksam.

Die Klägerin hatte am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Versorgungsanwartschaft in der AVI erfüllt.

Nach dem Einbeziehungsverbot in Nr. 9 Buchstabe a Satz 1 zweiter Halbsatz EV, das an § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) anknüpfte, erfasst der EV nur solche Personen, die bereits vor dem 01. Juli 1990 von der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren. Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 EV bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft.

Eine solche Versorgungszusage wurde der Klägerin jedoch zu keinem Zeitpunkt erteilt.

Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Aufhebungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist. In diesem Fall galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Auch ohne Versorgungszusage galten ferner Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System - zumindest für sie - ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war. Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren.

Die Klägerin gehört allerdings auch nicht zu diesen Personen.

§ 1 Abs. 1 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen aber gegenüber dem EV in begrenztem Umfang erweitert. Er hat insoweit das Neueinbeziehungsverbot des EV modifiziert. So findet nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG das AAÜG über den Kreis der vom EV Erfassten hinaus auch dann Anwendung, wenn jemand eine früher erworbene "Anwartschaft" rechtmäßig wieder "verloren" und damit am 01. August 1991 (und am 03. Oktober 1990) gerade keine Anwartschaft hatte, also nicht "einbezogen" war. Unter anderem deshalb ist § 1 Abs. 1 AAÜG verfassungskonform auszulegen, so das BSG. Ein mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarender Wertungswiderspruch sei zu vermeiden. Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen gewesen seien, aber nach dem zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regeln eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten, dürften nicht anders (eventuell schlechter) behandelt werden, als diejenigen, die eine solche Zusage zuvor rechtmäßig verloren hatten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R unter Hinweis auf die beiden weiteren Urteile vom selben Tag B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 3/02 R).

Zu diesem Personenkreis rechnet die Klägerin. Sie zählt - entgegen der Auffassung der Beklagten - gerade deswegen zu dem vom AAÜG begünstigten Personenkreis, weil sie am 30. Juni 1990 eben nicht in einem Anstellungsverhältnis zu einer der von § 6 AVI-VO genannten Einrichtungen stand. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG und der vom BSG entwickelten verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG überhaupt nicht bedurft.

Nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage hätte die Klägerin aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage aufgrund der zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der AVI gehabt.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt. Es handelt sich hierbei grundsätzlich um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems bestanden. Bezogen auf die AVI sind dies die AVI-VO, die Erste Durchführungsbestimmung zur AVI-VO vom 26. September 1951 - GBl DDR 1951, 879 - (1. DB zur AVI-VO), die Zweite Durchführungsbestimmung zur AVI-VO vom 11. Juni 1959 - GBl DDR I 1959, 612 - (2. DB zur AVI-VO) und die Verordnung zur Änderung der AVI-VO vom 13. Mai 1959 - GBl DDR I 1959, 521 - (2. AVI-VO).

Allerdings sind nach der Rechtsprechung des BSG nicht alle Regelungen zu Bundesrecht geworden. Dies betrifft zum einen die Vorschriften über die Erteilung von Versorgungszusagen und zum anderen die Regelungen, die eine bewertende oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors einer staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen. Bundesrecht sind nur diejenigen Regelungen geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns verstanden werden können (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem beantwortet sich somit unter diesen Umständen rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel entscheidend danach, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach (abstrakt-generell) zu denjenigen gehörte, derentwegen entsprechend der - nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden - Versorgungsordnung und ggf. weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war (so schon Urteile des BSG vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R, und B 4 RA 107/00 R).

Nach § 1 AVI-VO wurde für die Intelligenz an den wissenschaftlichen, medizinischen, pädagogischen und künstlerischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik über den Rahmen der Sozialversicherung hinaus eine zusätzliche Altersversorgung eingeführt. Nach § 5 Buchstabe a AVI-VO galten als Angehörige der künstlerisch tätigen Intelligenz: Intendanten und deren Stellvertreter, Opern- und Schauspieldirektoren, Direktoren von Schauspiel-, Musik- und Tanzschulen und Schulen für bildende Kunst, Regisseure, Dramaturgen, Kapellmeister, Ballettmeister und Choreographen, Chordirektoren, Orchesterdirektoren, Bühnenbildner, Sänger, Schauspieler (nicht Komparsen), Solotänzer, Korrepititoren, Filmregisseure und Filmdramaturgen.

Nach § 6 AVI-VO waren wissenschaftliche, künstlerische, pädagogische und medizinische Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne des § 1 AVI-VO: wissenschaftliche und künstlerische Akademien, Universitäten und Hochschulen, Forschungsinstitute, wissenschaftliche und künstlerische Bibliotheken, Kunstsammlungen und Museen und ihnen entsprechende künstlerisch-wissenschaftliche Einrichtungen, öffentliche Theater- und Kulturorchester (einschließlich solcher von Organisationen, soweit sie von der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten anerkannt waren), künstlerische Einrichtungen des Films und des Rundfunks in der Deutschen Demokratischen Republik, alle Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens sowie alle Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens.

Erfasst wurden allerdings nur solche Personen, die in einem Anstellungsverhältnis zu einer der unter § 6 AVI-VO genannten Einrichtungen standen. Dies folgt aus § 11 Abs. 1 AVI-VO. Danach konnte nur diesem Personenkreis die zusätzliche Altersversorgung gewährt werden. Dies wird auch belegt durch § 5 1. DB zur AVI-VO. Danach erlosch die Anwartschaft auf zusätzliche Altersversorgung mit Austritt aus einer unter § 6 AVI-VO genannten Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik, wenn andere Gründe als Altersgrenze, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Berufungen in öffentliche Ämter sowie in demokratische Organisationen vorlagen. Zusätzliche Altersversorgung durfte nicht an Personen gewährt werden, die bei In-Kraft-Treten der AVI-VO sich nicht mehr in einem Anstellungsverhältnis zu einer unter § 6 AVI-VO genannten Einrichtungen befanden. Diese Regelungen machen deutlich, dass allein solche Personen begünstigt waren, die in einem Anstellungsverhältnis standen. Freiberuflich Tätige gehörten zu diesem Personenkreis mangels Anstellungsverhältnis nicht.

Die Klägerin erfüllte im Zeitraum vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 die genannten Voraussetzungen.

Sie war als Schauspielerin am K.-Theater F. (O.) (abhängig) beschäftigt, wie die Eintragungen im Sozialversicherungsausweis belegen. Davon geht auch ersichtlich die Beklagte aus. Soweit in § 6 AVI-VO hinsichtlich der in Frage kommenden Einrichtungen von "öffentliche Theater- und Kulturorchester" gesprochen wird, handelt es sich offenkundig um ein Redaktionsversehen. Gemeint sind ersichtlich "öffentliche Theater und Kulturorchester". Ein anderes Verständnis dieser Vorschrift hätte zur Folge, dass die in § 5 Buchstabe a AVI-VO genannten Schauspieler zwar von der Versorgungsordnung erfasst waren, soweit sie in künstlerischen Einrichtungen des Films und des Rundfunks beschäftigt waren. Solche Schauspieler hingegen, die in einem weiteren Tätigkeitsbereich, am Theater als dem originären und ursprünglichen Ort schauspielerischen Schaffens in einem Anstellungsverhältnis standen, stünden außerhalb des Versorgungssystems. Für eine solche Differenzierung gibt es keinen sachlichen, innerhalb der Systematik der AVI angelegten Grund. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, welche weitere Bedeutung dem Begriff "Theaterorchester" neben dem Begriff "Kulturorchester" zukommen könnte, die nicht von letzterem Begriff bereits umfasst wird.

Für die nachfolgende Zeit ist eine Beschäftigung in einem Anstellungsverhältnis nicht belegt. Für die Zeit vom 01. August 1958 bis 31. Dezember 1961 ist schon nicht nachgewiesen, dass die Klägerin überhaupt irgendeiner Beschäftigung oder Tätigkeit nachging. Die Sozialversicherungsausweise enthalten dazu keine Angaben. Für die Zeit ab 01. Januar 1962 ergibt sich aus den vorgelegten Sozialversicherungsausweisen lediglich eine freiberufliche Tätigkeit als Schauspielerin. Arbeitsverträge hat die Klägerin für diese Zeiten nicht vorlegen können. Selbst aus ihrem eigenen Vortrag folgt nicht, dass sie als Schauspielerin oder als sonstige Künstlerin in einem Beschäftigungsverhältnis stand. So gab sie in ihrem im Juni 1999 gestellten Antrag an, als freiberufliche Künstlerin gearbeitet zu haben.

Die Versicherungspflicht der freiberuflich tätigen Künstler war zunächst in § 3 Buchstabe b Verordnung über die Sozialpflichtversicherung vom 28. Januar 1947 (Gesetz- und Verordnungsblatt der Provinzialregierung Mark Brandenburg 1947, 138) - VSV - geregelt, wonach alle selbständig Erwerbstätigen, die keine Arbeitskräfte beschäftigten, einschließlich der Heimarbeiter und selbständig in der Land- und Forstwirtschaft Arbeitenden, der Sozialversicherungspflicht unterlagen. Für die freiberuflich tätigen Künstler galt die VSV bis zur Aufhebung am 01. Januar 1971 durch § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Aufhebung bzw. Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung vom 15. Dezember 1970 (GBl DDR II 1970, 773). Sie wurde durch die Verordnung über die Sozialpflichtversicherung der in eigener Praxis tätigen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und der freiberuflich tätigen Kultur- und Kunstschaffenden vom 15. Dezember 1970 (GBl DDR II 1970, 770) - Ärzte- und Künstler-SVO 1970 - zu diesem Zeitpunkt (§ 11 Abs. 1 Ärzte- und Künstler-SVO 1970) abgelöst, die in § 1 Abs. 2 festlegte, dass freiberuflich tätige Kultur- und Kunstschaffende, die Mitglieder des Deutschen Schriftstellerverbandes, des Verbandes Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler oder des Verbandes bildender Künstler der Deutschen Demokratischen Republik waren, freiberuflich tätige Künstler der Unterhaltungskunst, die im Besitz eines Berufsausweises waren, freiberuflich tätige Künstler der darstellenden Kunst und freiberuflich tätig Musikerzieher mit staatlicher Unterrichtserlaubnis (nachstehend Kultur- und Kunstschaffende genannt) bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten pflichtversichert waren, wenn ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit mindestens 900 Mark im Kalenderjahr betrugen. Zum 01. Januar 1978 wurde die Ärzte- und Künstler-SVO 1970 durch die Verordnung über die Sozialpflichtversicherung der in eigener Praxis tätigen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und der freiberuflich tätigen Kultur- und Kunstschaffenden vom 09. Dezember 1977 (GBl DDR I 1978, 1) ersetzt (§ 33 Abs. 1 und 2 Buchstabe a Ärzte- und Künstler-SVO 1977), die jedoch keine Änderung brachte. Nach § 1 Buchstabe b Ärzte- und Künstler-SVO 1977 waren bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten (nachfolgend Sozialversicherung genannt), pflichtversichert freiberuflich tätige Kultur- und Kunstschaffende, die Mitglieder des Schriftstellerverbandes der Deutschen Demokratischen Republik, des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler der Deutschen Demokratischen Republik oder des Verbandes bildender Künstler der Deutschen Demokratischen Republik waren, Künstler der Unterhaltungskunst, die eine Zulassung nach der Zulassungsordnung Unterhaltungskunst hatten, Künstler der darstellenden Kunst und Musikerzieher mit staatlicher Unterrichtserlaubnis (nachfolgend Kultur- und Kunstschaffende genannt), wobei nach Satz 2 dieser Vorschrift Voraussetzung für die Pflichtversicherung war, dass ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit mindestens 900 Mark im Kalenderjahr betrugen. Die Ärzte- und Künstler-SVO 1977 blieb bis zum 31. Dezember 1991 in Kraft (Anlage II zum EV, Kap. VIII, Sachgebiet F, Abschnitt III, Nr. 5). Für die sonstigen freiberuflich tätigen Kultur- und Kunstschaffenden galten ab 01. Januar 1971 identische Regelungen, wobei jedoch diese bei der Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik pflichtversichert waren (§ 2 Abs. 1, § 1 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Verordnung über die Sozialpflichtversicherung der Inhaber privater Betriebe, der freiberuflich Tätigen und anderer selbständig Tätigen vom 15. Dezember 1970 (GBl DDR II 1970, 771) - SVO - StVers 1970, § 1 Abs. 1 Buchstabe f und Abs. 2, § 23 Abs. 1, § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 13 Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Januar 1975 (GBl DDR I 1975, 141 und § 1 Buchstabe f, § 19 Abs. 1, § 121 Abs. 1 und 2 Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik vom 09. Dezember 1977 (GBl DDR I 1978, 1).

Die freiberuflich Tätigen hatten ihren Beitrag selbst zu zahlen. Für die Feststellung der Versicherungspflicht sowie die Festsetzung und den Einzug der Beiträge war zunächst das Finanzamt (§ 1 Verordnung über die Zahlung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung an die Finanzämter vom 14. Dezember 1950 - GBl DDR 1950, 1195) und später der Rat des Kreises bzw. Stadtkreises, Abteilung Finanzen (§ 2 Abs. 2 Anordnung über die Zahlung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung bei der Deutschen Versicherungs-Anstalt (SV-Veranlagungsrichtlinien) vom 27. März 1957 - GBl DDR II 1957, 157; § 1 Abs. 2 Erste Durchführungsbestimmung zur Ärzte- und Künstler-SVO 1970 vom 29. Dezember 1970 - GBl DDR II 1971, 64; § 2 Abs. 2 Erste Durchführungsbestimmung zur SVO-StVers 1970 - GBl DDR II 1971, 66; § 6 Abs. 2 Ärzte- und Künstler-SVO 1977; § 27 Abs. 1 SVO-StVers 1975; § 25 Abs. 2 SVO-StVers 1977) zuständig.

Die Eintragungen in den Sozialversicherungsausweisen belegen eine solche freiberufliche Tätigkeit. Die erzielten Arbeitsverdienste wurden nicht durch einen Betrieb, wie bei (abhängig) Beschäftigten, sondern durch den Rat des Kreises - Abteilung Finanzen eingetragen, der zugleich in der Spalte "Name und Sitz des Betriebes" erscheint.

Die freiberufliche Tätigkeit als Schauspielerin gehört auch nicht zum Geltungsbereich der AV-kB (Anlage 1 Nr. 14 AAÜG).

Nach § 1 Anordnung über die zusätzliche Versorgung der künstlerisch Beschäftigten in Theatern, Orchestern und staatlichen Ensembles vom 03. September 1985 (AVkB-AO) galten die Bestimmungen dieser Anordnung für künstlerisch Beschäftigte, die in einem Arbeitsrechtsverhältnis zu einem Theater, Orchester, staatlichen Ensemble oder einer anderen künstlerischen Einrichtung entsprechend der Zuordnungsanordnung des Ministers für Kultur standen und eine in der Anlage genannte künstlerische Tätigkeit ausübten.

Bei der Klägerin lag schon die Grundvoraussetzung für die Einbeziehung in dieses Versorgungssystem, nämlich das Bestehen eines Arbeitsrechtsverhältnisses, nicht vor.

Schließlich bestand auch keine Zugehörigkeit zur AVfbK.

Diese zusätzliche Altersversorgung beruhte auf dem Beschluss des Präsidiums des Ministerrates der DDR über den Vorschlag zur Verbesserung der Rentenversorgung für freischaffende bildende Künstler vom 02. Dezember 1988 (abgedruckt in Aichberger II, a.a.O. Nr. 170), mit dem der Beschluss des Sekretariats des ZK der SED vom 16. November 1988 über den Vorschlag zur Verbesserung der Rentenversorgung für freischaffende bildende Künstler bestätigt wurde.

Nach Ziffer 2 dieses Beschlusses (abgedruckt als Anhang) erhielt der Minister für Kultur das Recht, gemeinsam mit dem Staatssekretär für Arbeit und Löhne im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Verbandes bildender Künstler verdienstvollen freischaffenden bildenden Künstlern eine zusätzliche Altersversorgung der künstlerischen Intelligenz zu gewähren, die (entweder) bereits Rentner waren (oder) ab Einführung der Verbesserung für ihr volles Einkommen bis zur Höchstgrenze Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung zahlten und wegen ihres Alters damit keinen angemessenen Rentenanspruch mehr erwerben konnten.

Der Klägerin wurde eine solche zusätzliche Altersversorgung nicht gewährt.

Ein Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung durch eine nach dem 30. Juni 1990 zu treffende Entscheidung besteht nicht, weil dies dem oben dargelegten Neueinbeziehungsverbot entgegenstünde. Ziffer 2 dieses Beschlusses stellt im Übrigen keine abstrakt-generelle Regelung dar; es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Ministers für Kultur. Diese Regelung ist deswegen unbeachtlich, weil sie in Anwendung der o. g. Grundsätze des BSG nicht zu Bundesrecht wurde.

Entgegen ihrer Ansicht erleidet die Klägerin dadurch weder einen ungerechtfertigten rentenrechtlichen Nachteil, noch wird überhaupt in in der DDR erworbene Rechtspositionen eingegriffen.

Ziffer 2 des Beschlusses vom 02. Dezember 1988 steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Ziffer 1 dieses Beschlusses, die nicht eine zusätzliche Altersversorgung, sondern ausschließlich die Rentenversicherung in der allgemeinen Sozialversicherung betrifft. Nach Ziffer 1 dieses Beschlusses wurden zur Sicherung höherer Krankengeld- und Rentenansprüche freischaffender bildender Künstler ihre Bedingungen für die freiwillige zusätzliche Rentenversicherung verbessert. Dazu wurde die bisherige Höchstgrenze für die Bemessung der eigenen Beitragsleistung zur freiwilligen zusätzlichen Rentenversicherung von gegenwärtig 1200 Mark bis 2400 Mark steuerpflichtige Einkünfte im Monat erhöht.

Ziffer 1 des Beschlusses vom 02. Dezember 1988 knüpft damit an die Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung - FZR-Verordnung - vom 17. November 1977 (GBl DDR I 1977, 395) - FZR-VO 1977 - und zugleich auch an der Verordnung über die Verbesserung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung und der Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit vom 10. Februar 1971 (GBl DDR II 1971, 121) - FZR-VO 1971 - an.

Nach § 1 Abs. 1 FZR-VO 1971 konnten alle sozialpflichtversicherten Werktätigen, die ihren ständigen Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik hatten und deren Einkommen die Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung von 600 Mark monatlich bzw. 7200 Mark jährlich überstieg, der freiwilligen Zusatzrentenversicherung beitreten. § 1 Abs. 1 FZR-Verordnung 1977 bestimmte insoweit, dass der freiwilligen Zusatzrentenversicherung alle sozialpflichtversicherten Werktätigen beitreten konnten, deren Einkommen die Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung von 600 Mark im Kalendermonat bzw. 7200 Mark im Kalenderjahr überstieg. Zu diesen Werktätigen gehörten insbesondere auch die freiberuflich tätigen Kultur- und Kunstschaffenden, soweit sie, wie aus § 1 Abs. 1 FZR-VO 1971 bzw. § 1 Abs. 1 FZR-VO 1977 hervorgeht, sozialpflichtversichert waren. Dies folgt mittelbar aus § 2 Abs. 3 FZR-VO 1971 bzw. § 4 Abs. 2 Buchstabe b FZR-VO 1977, wonach die Beitrittserklärung von freiberuflich tätigen Kultur- und Kunstschaffenden beim Rat des Kreises, Abteilung Finanzen abzugeben war.

Der Beitrag zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung betrug nach § 11 Abs. 1 FZR-VO 1977 für freiberuflich tätige Kultur- und Kunstschaffende 20 v. H. des Einkommens über 7200 Mark bis 14400 Mark jährlich. Dasselbe galt bereits nach § 6 FZR-VO 1971.

Die freiberuflich tätigen Kultur- und Kunstschaffenden hatten damit nicht die Möglichkeit, wie dies für Arbeiter, Angestellte und Mitglieder sozialistischer Produktionsgenossenschaften vorgesehen war, zu wählen, ob sie für das tatsächliche Einkommen über 600 Mark monatlich bzw. 7200 Mark jährlich (also das tatsächliche Einkommen) oder nur für das Einkommen über 600 Mark bis 1200 Mark monatlich bzw. 7200 Mark bis 14400 Mark jährlich Beiträge zahlten (§ 8 Abs. 2 FZR-VO 1977). Für letztgenannten Personenkreis galt zwar ursprünglich ebenfalls, dass der Beitrag höchstens für das Einkommen bis 1200 Mark monatlich bzw. 14400 Mark jährlich erhoben wurde (§ 5 Abs. 1 Satz 2 FZR-VO 1971). Mit § 1 der Dritten Verordnung über die weitere Verbesserung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung und der Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit vom 29. Juli 1976 (GBl DDR I 1976, 393) - 3. FZR-VO 1971 - wurde für diesen Personenkreis jedoch bereits ab 01. Januar 1977 (§ 7 Abs. 1 3. FZR-VO 1971) die Möglichkeit dieser Wahl eröffnet.

Mit Ziffer 1 des Beschlusses vom 02. Dezember 1988 war im Hinblick darauf bezweckt, den freischaffenden bildenden Künstlern eine, wenn auch nicht unbegrenzte, so doch weitere rentenrechtliche Versicherung ihres Einkommens bis 2400 Mark monatlich einzuräumen. Ziffer 2 des Beschlusses vom 02. Dezember 1988 nimmt ausschließlich auf diese Verbesserung Bezug, wenn dort darauf abgestellt wird, dass eine zusätzliche Altersversorgung der künstlerischen Intelligenz solchen bildenden Künstlern gewährt werden kann, die ab Einführung der Verbesserung für ihr volles Einkommen bis zur Höchstgrenze Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung zahlen und wegen ihres Alters damit keinen angemessenen Rentenanspruch mehr erwerben können.

Die Klägerin war von dieser Verbesserung - in der allgemeinen Sozialversicherung - nicht betroffen, denn sie gehörte nicht der FZR an. Dies ist letztendlich der Grund, weshalb der erworbene Rentenanspruch zu der nach Ansicht der Klägerin diskriminierenden Rentenhöhe von 744,16 Euro zum 01. Juli 2002 führt. Für die Rentenhöhe ist nicht die Überführung der erworbenen Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland, sondern die Klägerin selbst verantwortlich, indem sie ein erzieltes höheres Arbeitseinkommen nicht in der FZR versicherte. Soweit ihr Arbeitseinkommen die in der DDR geltende Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht haben sollte, erhält die Klägerin zu Recht nur die aus diesem versicherten Arbeitseinkommen herrührenden Leistungen. Angesichts dessen kann sie nicht geltend machen, sie werde gegenüber denjenigen freiberuflich bildenden Künstlern gleichheitswidrig benachteiligt, die in die AVfbK einbezogen wurden. Diese Einbeziehung bezweckte nach Ziffer 2 des Beschlusses vom 02. Dezember 1988 sowohl für die dort bezeichneten Rentner als auch diejenigen Künstler, die demnächst das Rentenalter erreichten, aus dem Arbeitseinkommen, das den Betrag von 1200 Mark monatlich überstieg und nach dem bisherigen Recht nicht versichert werden konnte, eine zusätzliche Altersversorgung zu leisten. Ein entsprechendes Schutzbedürfnis bestand hingegen nicht für solche freiberuflich bildenden Künstler wie die Klägerin, die entweder ein solches Arbeitseinkommen nicht erzielten oder die ihr Arbeitseinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze der DDR gar nicht versichert hatten.

Eine Verletzung von Vorschriften des GG, insbesondere von Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Wie bereits dargelegt, wird die Klägerin gegenüber denjenigen freiberuflich bildenden Künstlern, die in die AVfbK einbezogen wurden, nicht gleichheitswidrig behandelt. Dasselbe gilt für die von der Klägerin angesprochene Gruppe der Ingenieure. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R und B 4 RA 107/00 R; Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R) sind Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz allein für solche Ingenieure festzustellen, die nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regeln eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Entsprechendes trifft für die Klägerin mit Ausnahme der Zeit vom 01. August 1956 bis 31. Juli 1958 aber nicht zu.

Eine Verletzung von Eigentum kommt ebenso wenig in Betracht, denn die Klägerin hatte nach den Regelungen der DDR keine weiteren Anwartschaften; soweit Anwartschaften bestanden, wird diesen durch den Urteilstenor Rechnung getragen. Ein Eingriff in eine eigentumsgeschützte Rechtsposition scheidet bei dieser Sachlage aus.

Die Berufung hat daher nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin im Verhältnis zum geltend gemachten Gesamtzeitraum nur in geringem Umfang obsiegt hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen. Der Senat weicht insbesondere nicht von der Rechtsprechung des BSG ab.
Rechtskraft
Aus
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