Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 RJ 2132/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 RJ 11/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. März 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt die Weitergewährung einer ihr befristet zuerkannten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Juli 1999 hinaus.
Die 1954 in der T geborene Klägerin, die keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, lebt seit März 1973 in Deutschland. Zwischen April 1977 und März 1989 war sie - mit Unterbrechungen - als Büglerin und ab Oktober 1989 als Reinigungskraft beschäftigt. Ab dem 8. Februar 1994 war sie arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 22. März 1994 Krankengeld. Am 23. Dezember 1994 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch einen Arzt für Neurologie und Psychiatrie - Sozialmedizin - (Dr. K T), der eine hysterische Persönlichkeit mit Neigung zu hysterischen Anfällen und suizidalen Krisen feststellte. Die Klägerin sei in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten uneingeschränkt in allen Haltungsarten vollschichtig zu verrichten. Mit Bescheid vom 30. August 1995 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab, wogegen die Klägerin Widerspruch einlegte. Die Beklagte ließ daraufhin die Klägerin durch einen Arzt für Orthopädie (Dr. W S) untersuchen, der bei der Klägerin ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom feststellte. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens im Erwerbsleben könne von orthopädischer Seite nicht festgestellt werden. Die Klägerin könne noch schwere Arbeiten uneingeschränkt in allen Haltungsarten vollschichtig verrichten, einschließlich ihrer letzten Tätigkeit als Reinigungskraft. Danach wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 1996 zurück.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage. Das Sozialgericht bestellte eine Ärztin für Psychiatrie (Dr. B S) zur Sachverständigen, die in ihrem Gutachten vom 21. März 1997 berichtete, dass aus psychiatrischer Sicht ein depressives Syndrom bei schwerer hystrionischer Persönlichkeitsstörung mit Konversionssymptomatik und ein medikamentös bedingtes Parkinson-Syndrom bestehe. Wie weit neuroleptisch bedingte epileptiforme Anfälle bestünden, könne nicht sicher entschieden werden. Außerdem bestehe - wie bereits in dem von der Beklagten veranlassten Gutachten festgestellt - ein rezidivierendes Wirbelsäulen-Syndrom. Diese Leiden ließen nur noch eine Tätigkeit im Umfang von maximal zwei Stunden zu.
Durch Urteil vom 11. Juli 1997 änderte das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 30. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 1996 und verurteilte die Beklagte, der Klägerin aufgrund eines am 30. Januar 1996 eingetretenen Leistungsfalles Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 31. Juli 1996 bis zum 31. Juli 1999 zu gewähren; im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden seelischen Störung derzeit nicht erwerbsfähig sei; allerdings bestehe die begründete Aussicht, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben werden könne.
Im März 1999 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente über den 31. Juli 1999 hinaus. Die Beklagte ließ die Klägerin erneut durch einen Arzt für Neurologie und Psychiatrie (Dr. H. R) untersuchen, der folgende Leiden feststellte: Intoxikationszustand unklarer Genese mit psychophysischer Hemmung (Krankenhausbehandlung erforderlich), hysterische Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Somatisierungsneigung und Neigung zu psychogenen Anfällen sowie Wirbelsäulensyndrom. Es bestehe eine depressiv verzweifelte Grundstimmung mit Angstüberlagerung bei hysterieformer Symptomatik; weder liege eine schizophrene Psychose noch ein cerebrales Anfallsleiden vor. Das Leistungsvermögen sei für leichte Arbeiten uneingeschränkt in allen Haltungsarten vollschichtig erhalten.
Mit Bescheid vom 21. Juli 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente über den Ablauf des Monats Juli 1999 hinaus ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 1999 zurück.
Die Klägerin hat am 7. Oktober 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie D K-D-Z und des Arztes für Orthopädie J. G eingeholt. Es hat dann einen Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie (Dr. H-J B, Leitender Oberarzt am Krankenhaus A U) zum Sachverständigen bestellt, der die Klägerin am 2. und 23. Oktober 2000 untersucht hat. In seinem Gutachten vom 23. Oktober 2000 hat er mitgeteilt, dass eine Dysthymie bei histrionischer Persönlichkeitsstörung mit konversionsneurotisch symptomatischer Ausgestaltung in Form psychogener Anfälle bestehe sowie eine inkomplette Facialisparese links und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule leichter Ausprägung und ohne neurologische Ausfälle. Ungeachtet dessen, dass die Möglichkeiten der Klägerin, die damit verbundenen Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit zu überwinden, (auch aufgrund ihres geringen Bildungsstandes) eingeschränkt seien, sei sie noch in der Lage, täglich regelmäßig altersangemessene körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten auszuüben. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden täglich aus; Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen.
Durch Urteil vom 5. März 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Klägerin weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Sie leide an einer Dysthymie bei histrionischer Persönlichkeitsstörung mit konversionsneurotischer symptomatischer Ausgestaltung in Form psychogener Anfälle sowie einer inkompletten Facialisparese links und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Gleichwohl sei sie noch in der Lage, vollschichtig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wie der vom Gericht bestellte Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt habe. Auch sei die Klägerin in der Lage, Arbeitsplätze von ihrer Wohnung aus aufzusuchen.
Gegen das ihr am 17. April 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Mai 2001 eingelegte Berufung der Klägerin.
Die Klägerin, die sich vom 11. bis 26. September 2001 sowie erneut vom 23. bis 26. Oktober 2002 im Krankenhaus R aufgehalten und für die das Versorgungsamt Berlin mit Bescheid vom 25. September 2002 eine Behinderung mit einem Grad der Behinderung von 70 sowie die Notwendigkeit ständiger Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (Merkzeichen "B") und eine erhebliche Gehbehinderung (Merkzeichen "G") festgestellt hat, hält sich weiterhin für nicht erwerbsfähig. Ihr Gesundheitszustand, der sich verschlechtert habe, sei von dem vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen unzutreffend eingeschätzt worden. Dessen Feststellungen und Beurteilungen wichen von denen der vom Sozialgericht in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. B S ab. Insbesondere sei sie infolge ihres Anfallsleidens nicht mehr in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. März 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. Juli 1999 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, hilfsweise, von Amts wegen ein Gutachten von Frau Dr. B Seinzuholen, hilfsweise, von Frau Dr. B S ein Gutachten nach § 109 SGG erstatten zu lassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, die sie für unbegründet hält. Der vom Sozialgericht bestellte Sachverständige habe die Erkrankungen und Leiden der Klägerin zutreffend gewürdigt. Aus den nunmehr vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
Der Senat hat zwei ergänzende Stellungnahmen des vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen Dr. H-J B vom 10. Juli 2001 und 16. Mai 2002 eingeholt. Der Sachverständige hat mitgeteilt, dass kein Anlass zu einer Änderung seiner Beurteilung bestehe. Insbesondere bestünde kein Hinweis auf eine hirnorganische Ursache der aufgetretenen "Anfälle"; diese seien psychogener Natur. Die Fähigkeit der Klägerin, am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, sei dadurch nicht eingeschränkt. Die Anfälle kündigten sich an und erlaubten schützende Bergung durch Anwesende oder eine schützende Einstellung der Klägerin selbst. Ihnen sei zudem eigen, dass sie vor Publikum aufträten, dabei Ausdruck und Mitteilung zugleich seien. Die Klägerin verliere ihre Umsicht nicht. Eine ständige Begleitung sei nicht erforderlich.
Ferner hat der Senat einen Befundbericht von der die Klägerin seit dem 1. November 2001 behandelnden Ärztin für Psychiatrie I N vom 6. Februar 2003 eingeholt und schließlich in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2003 den Sachverständigen Dr. H-J B zu den von der Klägerin eingereichten ärztlichen Berichten, dem vom Senat eingeholten Befundbericht vom 6. Februar 2003 und den diesem beigefügten Berichten befragt. Der Sachverständige hat in Ergänzung seines Gutachtens vom 23. Oktober 2000 und seiner Stellungnahmen vom 10. Juli 2001 und 16. Mai 2002 erläutert, dass sich auch aus diesen Unterlagen kein Hinweis auf ein hirnorganisches (epileptisches) Anfallsleiden ergebe. Die Klägerin leide vielmehr unter dissoziativen (psychogenen) Anfällen, die einen appellativen Charakter hätten. Die bei ihr bestehenden Störungen seien ihrem Bewusstsein und handelnden Einfluss nicht entzogen. Sie könne in eine andere Tätigkeit eingewiesen werden; auch ihr Konzentrationsvermögen sei für eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 8 Stunden erhalten. Die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung sei nicht begründet und aufgrund der Diagnosen auch nicht zu begründen.
Die Klägerin hat dazu vortragen lassen, dass dem gründlichen und wissenschaftlich fundierten Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen ein anderer Bewertungsmaßstab zugrunde liege als dem der im vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. B S, die die Krankheiten der Klägerin als von ihr nicht beeinflussbar ansehe. Diese sei deshalb zu hören.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die dem Senat übersandten ärztlichen Berichte und den übrigen Akteninhalt sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Rentenakten (2 Bände), die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes Berlin sowie die Gerichtsakten des Rechtsstreites S 25/51 J 793/96, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 31. Juli 1999 hinaus, denn jedenfalls ab diesem Zeitpunkt war und ist sie weder berufs- noch erwerbsunfähig noch voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des ab dem 1. Januar 2001 geltenden Rechts.
Nach dem hier gemäß § 300 Abs. 2 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VI) noch maßgeblichen § 43 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung setzt die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und einer Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit) voraus, dass der oder die Versicherte berufsunfähig ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.). Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Berufsunfähig ist danach nicht ein Versicherter, der seinen "bisherigen Beruf" (in der Regel die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit) noch ausüben kann, aber auch nicht ein Versicherter, der zwar seinen "bisherigen Beruf" nicht mehr ausüben kann, jedoch noch eine andere ihm sozial zumutbare Tätigkeit, die er sowohl gesundheitlich wie auch fachlich bewältigen kann. Welche anderen Beschäftigungen oder Tätigkeiten dem Versicherten, der seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, sozial zumutbar sind und auf die er dementsprechend zu verweisen ist, hängt von der Wertigkeit seines bisherigen Berufes ab, der dazu einer Stufe des in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten "Mehrstufenschemas" zuzuordnen ist. Sozial zumutbar sind danach alle Vergleichsberufe derselben (oder gegebenenfalls einer höheren), aber auch die der nächstniedrigeren Stufe.
Der bisherige Beruf der Klägerin ist der einer Reinigungskraft. Diese Beschäftigung hat sie zuletzt versicherungspflichtig ausgeübt. Dafür ist keine, jedenfalls keine länger als drei Monate dauernde Anlernzeit oder Einarbeitung erforderlich. Die Klägerin behauptet auch nicht, dass sie für diesen Beruf in irgendeiner Weise längere Zeit ausgebildet worden ist. Als Reinigungskraft ist die Klägerin der Gruppe der ungelernten Arbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas zuzuordnen. Ihr sind damit sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (sozial) zumutbar, ohne dass eine bestimmte Verweisungstätigkeit ("konkret") zu benennen ist. Darauf, ob sie noch als Reinigungskraft arbeiten kann, kommt es nicht an.
Jedenfalls Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann die Klägerin aber noch vollschichtig ausüben. Zwar ist ihre Gesundheit gestört. Sie leidet unter einer Dysthymie bei histrionischer Persönlichkeitsstörung mit konversionsneurotisch symptomatischer Ausgestaltung in Form psychogener Anfälle; darüber hinaus bestehen eine imkomplette Facialisparese links sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule leichter Ausprägung und ohne neurologische Ausfälle. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des vom Sozialgericht zum Sachverständigen bestellten Arztes für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. H-J B vom 23. Oktober 2000 sowie - hinsichtlich der orthopädischen Leiden - aus dem Gutachten des von der Beklagten beauftragten Arztes für Orthopädie Dr. W S vom 26. Februar 1996. Anhaltspunkte dafür, dass die diesen Gutachten zugrunde liegenden Feststellungen nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend getroffen worden sind oder die auf ihnen beruhenden Schlussfolgerungen nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen, bestehen nicht. Insbesondere hat der vom Sozialgericht bestellte Sachverständige sowohl die Klägerin zweimal selbst untersucht wie auch die vorhandenen ärztlichen Berichte ausgewertet. Hinweise auf ein hirnorganisches (epileptisches) Anfallsleiden bestehen nicht; solche haben auch andere Ärzte, die die Klägerin untersucht haben, nicht gefunden (u.a. Prof. Dr. K, Stellungnahmen vom 2. November und 14. Dezember 1994, Dr. K T, Gutachten vom 15. Juni 1995 sowie Dr. B S, Gutachten vom 21. März 1997: "Das Anfallsleiden ist ein psychisches Fehlverhalten i.R. der Persönlichkeitsstörung und könnte mittlerweile zusätzlich medikamentös bedingt weiterunterhalten werden."). Die verschiedentlich kolportierte Diagnose eines epileptischen Anfallsleidens lässt sich aus den vorliegenden Befunden nicht ableiten, wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats erläutert hat; weder Eigen- noch Fremdanamnese noch apparative Diagnostik deuten darauf hin. Die genannten Diagnosen stellt auch die Klägerin nicht infrage, die vielmehr ausdrücklich das Gutachten des Sachverständigen als gründlich und wissenschaftlich fundiert bezeichnen lässt.
Aus den vom Senat festgestellten Gesundheitsstörungen ergeben sich jedoch keine Leistungseinschränkungen (quantitativer oder qualitativer Art), die eine zumindest körperlich leichte Arbeit im Umfang von 8 Stunden täglich ausschließen würden. Die Klägerin ist noch in der Lage, täglich regelmäßig altersangemessene körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen und im Freien im Gehen, Stehen oder Sitzen zu verrichten. Lediglich ausgesprochen einseitige körperliche Belastungen in andauernder Zwangshaltung bückend oder kniend sind zu vermeiden; ferner scheiden stressbelastete Arbeiten im Akkord und in Nachtschicht aus. In geistiger Hinsicht bestehen keine krankheitsbegründeten Einschränkungen; dass die Klägerin nur geistig sehr einfache Arbeiten ausführen kann, beruht auf ihrem geringen Bildungsstand. Für geistig einfache Arbeiten ist sie auch ausreichend konzentrationsfähig; sie kann auch in eine andere, ihrem Bildungsstand entsprechende Tätigkeit eingewiesen werden.
Besonderheiten für den Weg zur Arbeit sind nicht zu berücksichtigen. Hinweise auf ein hirnorganisches (epileptisches) Anfallsleiden, das - möglicherweise - die Fähigkeit der Klägerin, am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, einschränken könnte, bestehen - wie ausgeführt - nicht. Die bei der Klägerin auftretenden psychogenen (dissoziativen) Anfälle kündigen sich an und erlauben schützende Bergung durch Anwesende oder eine schützende Einstellung der Klägerin selbst. Ihnen ist zudem eigen, dass sie vor Publikum auftreten. Die Klägerin verliert dabei ihre Umsicht nicht. Eine ständige Begleitung ist nicht erforderlich.
Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten des vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen, dessen ergänzende Stellungnahmen im Berufungsverfahren und seine Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung. Die darin beschriebenen Leistungseinschränkungen leiten sich für den Senat nachvollziehbar aus den festgestellten Gesundheitsstörungen und Diagnosen ab. Dem steht nicht entgegen, dass dem Gutachten des Sachverständigen ein - wie die Klägerin meinen lässt - anderer "Bewertungsmaßstab" zugrunde liegen mag als dem der in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. B S. Richtig ist, dass jene meint, "(d)ie Tendenz zur theatralischen Darstellung ihrer Symptomatik (sei) Teil der Störung" der Klägerin, die nicht simuliere oder aggraviere. Demgegenüber ist der im vorliegenden Verfahren bestellte Sachverständige der Auffassung, dass die psychische Fehlhaltung nicht dem Bewusstsein der Klägerin und ihrem handelnden Einfluss entzogen und unzugänglich sei. Dieser Einschätzung, die auch der von der Beklagten beauftragte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K T teilt (Stellungnahme vom 29. April 1997), schließt sich der Senat an. Ausschlaggebend dafür sind nicht nur die theatralischen Verdeutlichungstendenzen, die auch der Sachverständigen Dr. B S aufgefallen sind ("Während der Untersuchung richtete sich die Klägerin betont schwerfällig von der Liege auf, unbeobachtetes An- und Auskleiden erfolgte jedoch zügig"), die sie freilich als Teil der Krankheit ansieht, und die auch andere Ärzte beschrieben haben (u.a. Dr. K T, Gutachten vom 15. Juni 1995, Dr. W S, Gutachten vom 26. Februar 1996). Entscheidend kommt das vom Sachverständigen Dr. B beschriebene Verhalten der Klägerin während der Exploration bei "unangenehmen" Fragen hinzu ("Die Klägerin beginnt nun ostentativ in und um die Ecken zu schauen, später auch unter den Tisch. Sie bleibt dabei jederzeit zugänglich ... Vergleichbare Verhaltensweisen werden sich im Weiteren immer dann wiederholen, wenn sie auf eine Frage nicht eingehen will oder kann, wenn das Gespräch stockt und der Rapport ausdünnt. So mag sich der naive Laie den ,Verfolgungswahn’ vorstellen. Mit psychotisch paranoidem Erleben kann dieses Verhalten indes nicht verwechselt werden."). Gestützt wird diese Einschätzung zudem durch Schilderungen in der Krankengeschichte der K-B-Nervenklinik für Januar/Februar 1996 ("Während der Visite liegt Fr. G. müde und leidend im Bett. Sie hat Kopfschmerzen und eigentlich tut es ihr überall weh. Wir ermuntern die Patientin aufzustehen. An der BT will sie nicht teilnehmen. Beim Telefonieren ist sie munter und fröhlich, nach dem Anruf liegt sie wieder leidend im Bett. Nachmittags erleben wir Fr. G. munter und fröhlich im Gespräch mit Sohn und Exehemann. Zwischendurch klagt Fr. G. über Kopfschmerzen" sowie "Fr. G. ist während der körperlichen Untersuchung sehr wehleidig, depressiv, klagt über Kopfschmerzen und Schwindel. Wenn Fr. G. sich unbeobachtet fühlt ist sie im Zusammensein mit Patienten locker, gelöst und fröhlich."). Auch der von der Beklagten beauftragte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K T sieht die Verantwortung der Klägerin für ihre persönlichkeitsbedingten Verhaltensweisen als erhalten geblieben an (Stellungnahme vom 29. April 1997). Aufgrunddessen ist der Senat überzeugt, dass die Klägerin, selbst wenn die "Verdeutlichungstendenzen" Teil ihrer Krankheit sein sollten (wie Dr. S meint), in der Lage ist, diese zu steuern und zu beherrschen und auch eine Berufstätigkeit auszuüben.
Danach besteht keine Notwendigkeit, die im vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellte Sachverständige Dr. B S mit der Erstellung eines (weiteren) Gutachtens zu beauftragen, wie von der Klägerin hilfsweise beantragt. Ohnehin bestimmt bei einer (mangels eigener Sachkunde des Gerichts erforderlichen) Beweiserhebung durch Sachverständige grundsätzlich das Prozessgericht die zuzuziehenden Sachverständigen (§ 404 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. §§ 118 Abs. 1 Satz 1, 153 Abs. 1 SGG); ein Recht eines Beteiligten, dass eine bestimmte Person zum Sachverständigen bestellt wird, besteht - abgesehen von der Regelung in § 109 SGG - nicht. Zudem ist nicht erkennbar und auch dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen, dass, worüber und aus welchen Gründen eine derartige Beweiserhebung zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes geboten sein könnte. Das von der im vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen erstellte Gutachten vom 21. März 1997 hat der Senat bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt. Es mag sein, dass diese Sachverständige bestätigen würde, dass - wie die Klägerin meinen lässt - ihrem Gutachten ein anderer "Bewertungsmaßstab" zugrunde liegt als dem des im vorliegenden Verfahren bestellten Sachverständigen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass, aus welchen Gründen und zu welchen Punkten dies zu anderen Feststellungen des Senats führen könnte. Dass und aus welchen Gründen sonst eine erneute Untersuchung der Klägerin - durch diese oder eine(n) andere(n) Sachverständige(n) - sonst geboten sein könnte, ist ebenfalls unerfindlich, zumal die Klägerin dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen ausdrücklich Gründlichkeit und wissenschaftliche Fundiertheit bestätigt.
Der weitere Hilfsantrag der Klägerin, die Ärztin Dr. B S auf ihre Kosten gutachtlich zu hören (§ 109 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG), ist abzulehnen. Zwar kommt es insoweit nicht darauf an, ob der Senat dies für erforderlich hält. Jedoch würde dadurch die Erledigung des Rechtsstreites verzögert werden. Der Antrag ist auch aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden (§ 109 Abs. 2 SGG). Dass die Sachverständige in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren Dr. B S und der im vorliegenden Verfahren bestellte Sachverständige Dr. H-J B das Leistungsvermögen der Klägerin unterschiedlich einschätzen, ist bereits durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. B vom 2. Oktober 2000 deutlich geworden, in dem er sich ausdrücklich (S. 21) damit auseinandersetzt. Dies ist auch nicht der Klägerin verborgen geblieben, die mit Schriftsatz vom 18. Juni 2002 eine "Nachbegutachtung" durch Dr. B S beantragt hat. Sie ist danach vom Berichterstatter darauf hingewiesen worden, dass nicht beabsichtigt sei, ein weiteres Gutachten oder eine Stellungnahme von Dr. B S einzuholen oder sonst von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen. Zugleich ist sie nochmals darauf hingewiesen worden, dass sie - falls sie wünschen sollte, dass ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werde - diesen innerhalb eines Monats zu benennen habe, nachdem sie einen entsprechenden Hinweis bereits im Juni 2002 erhalten hatte. Unter diesen Umständen ist unerklärlich - und hat die Klägerin auch nicht hinlänglich erklären lassen können -, warum sich erst in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2003 Veranlassung und Gelegenheit ergeben haben sollten, den Antrag zu stellen, Dr. B S gutachtlich zu hören.
Da die Klägerin noch vollschichtig zumindest körperlich leichte Tätigkeiten verrichten kann, ist sie auch nicht erwerbsunfähig, denn erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung).
Ebenso wenig hat die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, da dies voraussetzen würde, dass sie nicht mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könnte, was
- wie ausgeführt - nicht der Fall ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt die Weitergewährung einer ihr befristet zuerkannten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Juli 1999 hinaus.
Die 1954 in der T geborene Klägerin, die keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, lebt seit März 1973 in Deutschland. Zwischen April 1977 und März 1989 war sie - mit Unterbrechungen - als Büglerin und ab Oktober 1989 als Reinigungskraft beschäftigt. Ab dem 8. Februar 1994 war sie arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 22. März 1994 Krankengeld. Am 23. Dezember 1994 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch einen Arzt für Neurologie und Psychiatrie - Sozialmedizin - (Dr. K T), der eine hysterische Persönlichkeit mit Neigung zu hysterischen Anfällen und suizidalen Krisen feststellte. Die Klägerin sei in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten uneingeschränkt in allen Haltungsarten vollschichtig zu verrichten. Mit Bescheid vom 30. August 1995 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab, wogegen die Klägerin Widerspruch einlegte. Die Beklagte ließ daraufhin die Klägerin durch einen Arzt für Orthopädie (Dr. W S) untersuchen, der bei der Klägerin ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom feststellte. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens im Erwerbsleben könne von orthopädischer Seite nicht festgestellt werden. Die Klägerin könne noch schwere Arbeiten uneingeschränkt in allen Haltungsarten vollschichtig verrichten, einschließlich ihrer letzten Tätigkeit als Reinigungskraft. Danach wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 1996 zurück.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage. Das Sozialgericht bestellte eine Ärztin für Psychiatrie (Dr. B S) zur Sachverständigen, die in ihrem Gutachten vom 21. März 1997 berichtete, dass aus psychiatrischer Sicht ein depressives Syndrom bei schwerer hystrionischer Persönlichkeitsstörung mit Konversionssymptomatik und ein medikamentös bedingtes Parkinson-Syndrom bestehe. Wie weit neuroleptisch bedingte epileptiforme Anfälle bestünden, könne nicht sicher entschieden werden. Außerdem bestehe - wie bereits in dem von der Beklagten veranlassten Gutachten festgestellt - ein rezidivierendes Wirbelsäulen-Syndrom. Diese Leiden ließen nur noch eine Tätigkeit im Umfang von maximal zwei Stunden zu.
Durch Urteil vom 11. Juli 1997 änderte das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 30. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 1996 und verurteilte die Beklagte, der Klägerin aufgrund eines am 30. Januar 1996 eingetretenen Leistungsfalles Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 31. Juli 1996 bis zum 31. Juli 1999 zu gewähren; im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden seelischen Störung derzeit nicht erwerbsfähig sei; allerdings bestehe die begründete Aussicht, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben werden könne.
Im März 1999 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente über den 31. Juli 1999 hinaus. Die Beklagte ließ die Klägerin erneut durch einen Arzt für Neurologie und Psychiatrie (Dr. H. R) untersuchen, der folgende Leiden feststellte: Intoxikationszustand unklarer Genese mit psychophysischer Hemmung (Krankenhausbehandlung erforderlich), hysterische Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Somatisierungsneigung und Neigung zu psychogenen Anfällen sowie Wirbelsäulensyndrom. Es bestehe eine depressiv verzweifelte Grundstimmung mit Angstüberlagerung bei hysterieformer Symptomatik; weder liege eine schizophrene Psychose noch ein cerebrales Anfallsleiden vor. Das Leistungsvermögen sei für leichte Arbeiten uneingeschränkt in allen Haltungsarten vollschichtig erhalten.
Mit Bescheid vom 21. Juli 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente über den Ablauf des Monats Juli 1999 hinaus ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 1999 zurück.
Die Klägerin hat am 7. Oktober 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie D K-D-Z und des Arztes für Orthopädie J. G eingeholt. Es hat dann einen Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie (Dr. H-J B, Leitender Oberarzt am Krankenhaus A U) zum Sachverständigen bestellt, der die Klägerin am 2. und 23. Oktober 2000 untersucht hat. In seinem Gutachten vom 23. Oktober 2000 hat er mitgeteilt, dass eine Dysthymie bei histrionischer Persönlichkeitsstörung mit konversionsneurotisch symptomatischer Ausgestaltung in Form psychogener Anfälle bestehe sowie eine inkomplette Facialisparese links und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule leichter Ausprägung und ohne neurologische Ausfälle. Ungeachtet dessen, dass die Möglichkeiten der Klägerin, die damit verbundenen Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit zu überwinden, (auch aufgrund ihres geringen Bildungsstandes) eingeschränkt seien, sei sie noch in der Lage, täglich regelmäßig altersangemessene körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten auszuüben. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden täglich aus; Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen.
Durch Urteil vom 5. März 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Klägerin weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Sie leide an einer Dysthymie bei histrionischer Persönlichkeitsstörung mit konversionsneurotischer symptomatischer Ausgestaltung in Form psychogener Anfälle sowie einer inkompletten Facialisparese links und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Gleichwohl sei sie noch in der Lage, vollschichtig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wie der vom Gericht bestellte Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt habe. Auch sei die Klägerin in der Lage, Arbeitsplätze von ihrer Wohnung aus aufzusuchen.
Gegen das ihr am 17. April 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Mai 2001 eingelegte Berufung der Klägerin.
Die Klägerin, die sich vom 11. bis 26. September 2001 sowie erneut vom 23. bis 26. Oktober 2002 im Krankenhaus R aufgehalten und für die das Versorgungsamt Berlin mit Bescheid vom 25. September 2002 eine Behinderung mit einem Grad der Behinderung von 70 sowie die Notwendigkeit ständiger Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (Merkzeichen "B") und eine erhebliche Gehbehinderung (Merkzeichen "G") festgestellt hat, hält sich weiterhin für nicht erwerbsfähig. Ihr Gesundheitszustand, der sich verschlechtert habe, sei von dem vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen unzutreffend eingeschätzt worden. Dessen Feststellungen und Beurteilungen wichen von denen der vom Sozialgericht in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. B S ab. Insbesondere sei sie infolge ihres Anfallsleidens nicht mehr in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. März 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. Juli 1999 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, hilfsweise, von Amts wegen ein Gutachten von Frau Dr. B Seinzuholen, hilfsweise, von Frau Dr. B S ein Gutachten nach § 109 SGG erstatten zu lassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, die sie für unbegründet hält. Der vom Sozialgericht bestellte Sachverständige habe die Erkrankungen und Leiden der Klägerin zutreffend gewürdigt. Aus den nunmehr vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
Der Senat hat zwei ergänzende Stellungnahmen des vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen Dr. H-J B vom 10. Juli 2001 und 16. Mai 2002 eingeholt. Der Sachverständige hat mitgeteilt, dass kein Anlass zu einer Änderung seiner Beurteilung bestehe. Insbesondere bestünde kein Hinweis auf eine hirnorganische Ursache der aufgetretenen "Anfälle"; diese seien psychogener Natur. Die Fähigkeit der Klägerin, am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, sei dadurch nicht eingeschränkt. Die Anfälle kündigten sich an und erlaubten schützende Bergung durch Anwesende oder eine schützende Einstellung der Klägerin selbst. Ihnen sei zudem eigen, dass sie vor Publikum aufträten, dabei Ausdruck und Mitteilung zugleich seien. Die Klägerin verliere ihre Umsicht nicht. Eine ständige Begleitung sei nicht erforderlich.
Ferner hat der Senat einen Befundbericht von der die Klägerin seit dem 1. November 2001 behandelnden Ärztin für Psychiatrie I N vom 6. Februar 2003 eingeholt und schließlich in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2003 den Sachverständigen Dr. H-J B zu den von der Klägerin eingereichten ärztlichen Berichten, dem vom Senat eingeholten Befundbericht vom 6. Februar 2003 und den diesem beigefügten Berichten befragt. Der Sachverständige hat in Ergänzung seines Gutachtens vom 23. Oktober 2000 und seiner Stellungnahmen vom 10. Juli 2001 und 16. Mai 2002 erläutert, dass sich auch aus diesen Unterlagen kein Hinweis auf ein hirnorganisches (epileptisches) Anfallsleiden ergebe. Die Klägerin leide vielmehr unter dissoziativen (psychogenen) Anfällen, die einen appellativen Charakter hätten. Die bei ihr bestehenden Störungen seien ihrem Bewusstsein und handelnden Einfluss nicht entzogen. Sie könne in eine andere Tätigkeit eingewiesen werden; auch ihr Konzentrationsvermögen sei für eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 8 Stunden erhalten. Die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung sei nicht begründet und aufgrund der Diagnosen auch nicht zu begründen.
Die Klägerin hat dazu vortragen lassen, dass dem gründlichen und wissenschaftlich fundierten Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen ein anderer Bewertungsmaßstab zugrunde liege als dem der im vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. B S, die die Krankheiten der Klägerin als von ihr nicht beeinflussbar ansehe. Diese sei deshalb zu hören.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die dem Senat übersandten ärztlichen Berichte und den übrigen Akteninhalt sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Rentenakten (2 Bände), die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes Berlin sowie die Gerichtsakten des Rechtsstreites S 25/51 J 793/96, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 31. Juli 1999 hinaus, denn jedenfalls ab diesem Zeitpunkt war und ist sie weder berufs- noch erwerbsunfähig noch voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des ab dem 1. Januar 2001 geltenden Rechts.
Nach dem hier gemäß § 300 Abs. 2 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VI) noch maßgeblichen § 43 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung setzt die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und einer Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit) voraus, dass der oder die Versicherte berufsunfähig ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.). Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Berufsunfähig ist danach nicht ein Versicherter, der seinen "bisherigen Beruf" (in der Regel die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit) noch ausüben kann, aber auch nicht ein Versicherter, der zwar seinen "bisherigen Beruf" nicht mehr ausüben kann, jedoch noch eine andere ihm sozial zumutbare Tätigkeit, die er sowohl gesundheitlich wie auch fachlich bewältigen kann. Welche anderen Beschäftigungen oder Tätigkeiten dem Versicherten, der seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, sozial zumutbar sind und auf die er dementsprechend zu verweisen ist, hängt von der Wertigkeit seines bisherigen Berufes ab, der dazu einer Stufe des in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten "Mehrstufenschemas" zuzuordnen ist. Sozial zumutbar sind danach alle Vergleichsberufe derselben (oder gegebenenfalls einer höheren), aber auch die der nächstniedrigeren Stufe.
Der bisherige Beruf der Klägerin ist der einer Reinigungskraft. Diese Beschäftigung hat sie zuletzt versicherungspflichtig ausgeübt. Dafür ist keine, jedenfalls keine länger als drei Monate dauernde Anlernzeit oder Einarbeitung erforderlich. Die Klägerin behauptet auch nicht, dass sie für diesen Beruf in irgendeiner Weise längere Zeit ausgebildet worden ist. Als Reinigungskraft ist die Klägerin der Gruppe der ungelernten Arbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas zuzuordnen. Ihr sind damit sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (sozial) zumutbar, ohne dass eine bestimmte Verweisungstätigkeit ("konkret") zu benennen ist. Darauf, ob sie noch als Reinigungskraft arbeiten kann, kommt es nicht an.
Jedenfalls Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann die Klägerin aber noch vollschichtig ausüben. Zwar ist ihre Gesundheit gestört. Sie leidet unter einer Dysthymie bei histrionischer Persönlichkeitsstörung mit konversionsneurotisch symptomatischer Ausgestaltung in Form psychogener Anfälle; darüber hinaus bestehen eine imkomplette Facialisparese links sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule leichter Ausprägung und ohne neurologische Ausfälle. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des vom Sozialgericht zum Sachverständigen bestellten Arztes für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. H-J B vom 23. Oktober 2000 sowie - hinsichtlich der orthopädischen Leiden - aus dem Gutachten des von der Beklagten beauftragten Arztes für Orthopädie Dr. W S vom 26. Februar 1996. Anhaltspunkte dafür, dass die diesen Gutachten zugrunde liegenden Feststellungen nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend getroffen worden sind oder die auf ihnen beruhenden Schlussfolgerungen nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen, bestehen nicht. Insbesondere hat der vom Sozialgericht bestellte Sachverständige sowohl die Klägerin zweimal selbst untersucht wie auch die vorhandenen ärztlichen Berichte ausgewertet. Hinweise auf ein hirnorganisches (epileptisches) Anfallsleiden bestehen nicht; solche haben auch andere Ärzte, die die Klägerin untersucht haben, nicht gefunden (u.a. Prof. Dr. K, Stellungnahmen vom 2. November und 14. Dezember 1994, Dr. K T, Gutachten vom 15. Juni 1995 sowie Dr. B S, Gutachten vom 21. März 1997: "Das Anfallsleiden ist ein psychisches Fehlverhalten i.R. der Persönlichkeitsstörung und könnte mittlerweile zusätzlich medikamentös bedingt weiterunterhalten werden."). Die verschiedentlich kolportierte Diagnose eines epileptischen Anfallsleidens lässt sich aus den vorliegenden Befunden nicht ableiten, wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats erläutert hat; weder Eigen- noch Fremdanamnese noch apparative Diagnostik deuten darauf hin. Die genannten Diagnosen stellt auch die Klägerin nicht infrage, die vielmehr ausdrücklich das Gutachten des Sachverständigen als gründlich und wissenschaftlich fundiert bezeichnen lässt.
Aus den vom Senat festgestellten Gesundheitsstörungen ergeben sich jedoch keine Leistungseinschränkungen (quantitativer oder qualitativer Art), die eine zumindest körperlich leichte Arbeit im Umfang von 8 Stunden täglich ausschließen würden. Die Klägerin ist noch in der Lage, täglich regelmäßig altersangemessene körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen und im Freien im Gehen, Stehen oder Sitzen zu verrichten. Lediglich ausgesprochen einseitige körperliche Belastungen in andauernder Zwangshaltung bückend oder kniend sind zu vermeiden; ferner scheiden stressbelastete Arbeiten im Akkord und in Nachtschicht aus. In geistiger Hinsicht bestehen keine krankheitsbegründeten Einschränkungen; dass die Klägerin nur geistig sehr einfache Arbeiten ausführen kann, beruht auf ihrem geringen Bildungsstand. Für geistig einfache Arbeiten ist sie auch ausreichend konzentrationsfähig; sie kann auch in eine andere, ihrem Bildungsstand entsprechende Tätigkeit eingewiesen werden.
Besonderheiten für den Weg zur Arbeit sind nicht zu berücksichtigen. Hinweise auf ein hirnorganisches (epileptisches) Anfallsleiden, das - möglicherweise - die Fähigkeit der Klägerin, am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, einschränken könnte, bestehen - wie ausgeführt - nicht. Die bei der Klägerin auftretenden psychogenen (dissoziativen) Anfälle kündigen sich an und erlauben schützende Bergung durch Anwesende oder eine schützende Einstellung der Klägerin selbst. Ihnen ist zudem eigen, dass sie vor Publikum auftreten. Die Klägerin verliert dabei ihre Umsicht nicht. Eine ständige Begleitung ist nicht erforderlich.
Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten des vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen, dessen ergänzende Stellungnahmen im Berufungsverfahren und seine Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung. Die darin beschriebenen Leistungseinschränkungen leiten sich für den Senat nachvollziehbar aus den festgestellten Gesundheitsstörungen und Diagnosen ab. Dem steht nicht entgegen, dass dem Gutachten des Sachverständigen ein - wie die Klägerin meinen lässt - anderer "Bewertungsmaßstab" zugrunde liegen mag als dem der in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. B S. Richtig ist, dass jene meint, "(d)ie Tendenz zur theatralischen Darstellung ihrer Symptomatik (sei) Teil der Störung" der Klägerin, die nicht simuliere oder aggraviere. Demgegenüber ist der im vorliegenden Verfahren bestellte Sachverständige der Auffassung, dass die psychische Fehlhaltung nicht dem Bewusstsein der Klägerin und ihrem handelnden Einfluss entzogen und unzugänglich sei. Dieser Einschätzung, die auch der von der Beklagten beauftragte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K T teilt (Stellungnahme vom 29. April 1997), schließt sich der Senat an. Ausschlaggebend dafür sind nicht nur die theatralischen Verdeutlichungstendenzen, die auch der Sachverständigen Dr. B S aufgefallen sind ("Während der Untersuchung richtete sich die Klägerin betont schwerfällig von der Liege auf, unbeobachtetes An- und Auskleiden erfolgte jedoch zügig"), die sie freilich als Teil der Krankheit ansieht, und die auch andere Ärzte beschrieben haben (u.a. Dr. K T, Gutachten vom 15. Juni 1995, Dr. W S, Gutachten vom 26. Februar 1996). Entscheidend kommt das vom Sachverständigen Dr. B beschriebene Verhalten der Klägerin während der Exploration bei "unangenehmen" Fragen hinzu ("Die Klägerin beginnt nun ostentativ in und um die Ecken zu schauen, später auch unter den Tisch. Sie bleibt dabei jederzeit zugänglich ... Vergleichbare Verhaltensweisen werden sich im Weiteren immer dann wiederholen, wenn sie auf eine Frage nicht eingehen will oder kann, wenn das Gespräch stockt und der Rapport ausdünnt. So mag sich der naive Laie den ,Verfolgungswahn’ vorstellen. Mit psychotisch paranoidem Erleben kann dieses Verhalten indes nicht verwechselt werden."). Gestützt wird diese Einschätzung zudem durch Schilderungen in der Krankengeschichte der K-B-Nervenklinik für Januar/Februar 1996 ("Während der Visite liegt Fr. G. müde und leidend im Bett. Sie hat Kopfschmerzen und eigentlich tut es ihr überall weh. Wir ermuntern die Patientin aufzustehen. An der BT will sie nicht teilnehmen. Beim Telefonieren ist sie munter und fröhlich, nach dem Anruf liegt sie wieder leidend im Bett. Nachmittags erleben wir Fr. G. munter und fröhlich im Gespräch mit Sohn und Exehemann. Zwischendurch klagt Fr. G. über Kopfschmerzen" sowie "Fr. G. ist während der körperlichen Untersuchung sehr wehleidig, depressiv, klagt über Kopfschmerzen und Schwindel. Wenn Fr. G. sich unbeobachtet fühlt ist sie im Zusammensein mit Patienten locker, gelöst und fröhlich."). Auch der von der Beklagten beauftragte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K T sieht die Verantwortung der Klägerin für ihre persönlichkeitsbedingten Verhaltensweisen als erhalten geblieben an (Stellungnahme vom 29. April 1997). Aufgrunddessen ist der Senat überzeugt, dass die Klägerin, selbst wenn die "Verdeutlichungstendenzen" Teil ihrer Krankheit sein sollten (wie Dr. S meint), in der Lage ist, diese zu steuern und zu beherrschen und auch eine Berufstätigkeit auszuüben.
Danach besteht keine Notwendigkeit, die im vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellte Sachverständige Dr. B S mit der Erstellung eines (weiteren) Gutachtens zu beauftragen, wie von der Klägerin hilfsweise beantragt. Ohnehin bestimmt bei einer (mangels eigener Sachkunde des Gerichts erforderlichen) Beweiserhebung durch Sachverständige grundsätzlich das Prozessgericht die zuzuziehenden Sachverständigen (§ 404 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. §§ 118 Abs. 1 Satz 1, 153 Abs. 1 SGG); ein Recht eines Beteiligten, dass eine bestimmte Person zum Sachverständigen bestellt wird, besteht - abgesehen von der Regelung in § 109 SGG - nicht. Zudem ist nicht erkennbar und auch dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen, dass, worüber und aus welchen Gründen eine derartige Beweiserhebung zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes geboten sein könnte. Das von der im vorangegangenen Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen erstellte Gutachten vom 21. März 1997 hat der Senat bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt. Es mag sein, dass diese Sachverständige bestätigen würde, dass - wie die Klägerin meinen lässt - ihrem Gutachten ein anderer "Bewertungsmaßstab" zugrunde liegt als dem des im vorliegenden Verfahren bestellten Sachverständigen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass, aus welchen Gründen und zu welchen Punkten dies zu anderen Feststellungen des Senats führen könnte. Dass und aus welchen Gründen sonst eine erneute Untersuchung der Klägerin - durch diese oder eine(n) andere(n) Sachverständige(n) - sonst geboten sein könnte, ist ebenfalls unerfindlich, zumal die Klägerin dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen ausdrücklich Gründlichkeit und wissenschaftliche Fundiertheit bestätigt.
Der weitere Hilfsantrag der Klägerin, die Ärztin Dr. B S auf ihre Kosten gutachtlich zu hören (§ 109 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG), ist abzulehnen. Zwar kommt es insoweit nicht darauf an, ob der Senat dies für erforderlich hält. Jedoch würde dadurch die Erledigung des Rechtsstreites verzögert werden. Der Antrag ist auch aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden (§ 109 Abs. 2 SGG). Dass die Sachverständige in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren Dr. B S und der im vorliegenden Verfahren bestellte Sachverständige Dr. H-J B das Leistungsvermögen der Klägerin unterschiedlich einschätzen, ist bereits durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. B vom 2. Oktober 2000 deutlich geworden, in dem er sich ausdrücklich (S. 21) damit auseinandersetzt. Dies ist auch nicht der Klägerin verborgen geblieben, die mit Schriftsatz vom 18. Juni 2002 eine "Nachbegutachtung" durch Dr. B S beantragt hat. Sie ist danach vom Berichterstatter darauf hingewiesen worden, dass nicht beabsichtigt sei, ein weiteres Gutachten oder eine Stellungnahme von Dr. B S einzuholen oder sonst von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen. Zugleich ist sie nochmals darauf hingewiesen worden, dass sie - falls sie wünschen sollte, dass ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werde - diesen innerhalb eines Monats zu benennen habe, nachdem sie einen entsprechenden Hinweis bereits im Juni 2002 erhalten hatte. Unter diesen Umständen ist unerklärlich - und hat die Klägerin auch nicht hinlänglich erklären lassen können -, warum sich erst in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2003 Veranlassung und Gelegenheit ergeben haben sollten, den Antrag zu stellen, Dr. B S gutachtlich zu hören.
Da die Klägerin noch vollschichtig zumindest körperlich leichte Tätigkeiten verrichten kann, ist sie auch nicht erwerbsunfähig, denn erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung).
Ebenso wenig hat die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, da dies voraussetzen würde, dass sie nicht mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könnte, was
- wie ausgeführt - nicht der Fall ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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