L 16 RJ 89/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 RJ 1659/96-23
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RJ 89/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. August 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor dieses Urteils wie folgt neu gefasst wird: Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 7. Mai 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1996 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 1996 bis 1. Januar 2003 vorgezogenes Übergangsgeld und ab 31. Januar 2003 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren in vollem Umfang. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Übergangsgeld bzw. von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Der 1954 geborene Kläger hatte den Beruf des Kraftfahrzeug (Kfz-) Mechanikers erlernt (Prüfungszeugnis vom 13. September 1973). Er war anschließend in seinem Lehrberuf versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt vom 12. November 1973 bis 31. März 1994 bei der C-C Erfrischungsgetränke Aktiengesellschaft (AG) in B. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag aus betrieblichen Gründen. Anschließend bezog der Kläger Leistungen vom Arbeitsamt und aus der gesetzlichen Krankenversicherung, und zwar Arbeitslosengeld vom 1. April 1994 bis 15. Oktober 1994, vom 26. Juli 1995 bis 25. Oktober 1995, vom 1. März 1996 bis 8. April 1996 und - nach vom Arbeitsamt geförderter Fortbildung zur Fachkraft Abgasuntersuchung vom 9. April 1996 bis 2. August 1996 - vom 3. August 1996 bis 7. März 1997 (Anspruchserschöpfung), sowie Krankengeld vom 17. Oktober 1994 bis 25. Juli 1995 und vom 26. Oktober 1995 bis 29. Februar 1996. Ab 8. März 1997 erhielt der Kläger - unterbrochen durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) als Handwerker in einer Gartenarbeitsschule vom 1. April 1998 bis 29. Mai 1998 - bis 29. Februar 2000 Anschluss-Arbeitslosenhilfe. Ab 1. März 2000 bis zum Eintritt krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 4. März 2002 arbeitete der Kläger als Kraftfahrer mit Ladetätigkeiten bei der H Service GmbH für Telekommunikation in B, nachdem dort betriebsintern ein Lehrgang zum Messhelfer ohne Erfolg absolviert worden war. Vom 2. Januar 2003 bis 30. Januar 2003 durchlief der Kläger eine von der Beklagten gewährte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme mit Übergangsgeldbezug, aus der er mit einem nach Auffassung der Klinik vollschichtigen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als "Lagerverwalter und LKW-Fahrer" entlassen wurde; auf den Entlassungsbericht der Fachklinik W GmbH vom 17. Februar 2003 wird Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis bei der H GmbH endete durch arbeitgeberseitige Kündigung zum 31. Mai 2003.

Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt auf Grund folgender Leiden: seelische Erkrankung mit Somatisierung, Psoriasis vulgaris, degeneratives Wirbelsäulen- und Kniegelenksleiden mit zeitweiligen Funktionsbehinderungen, chronisches Magen- und Speiseröhrenleiden, Lungenfunktionsstörung (Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 9. Juni 2001).

Im Januar 1996 hatte der Kläger die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der B-Klinik B vom 10. August 1995 bei, in der der Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 15. Juni 1995 bis 25. Juli 1995 durchlaufen hatte und aus der er für schwere Arbeiten vollschichtig leistungsfähig entlassen worden war, ferner Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B (MDK) vom 27. April 1995 (Dr. H) und vom 17. Januar 1996 (Dr. G). Mit Bescheid vom 7. Mai 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1996 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw. BU liege nicht vor.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte des Krankenhauses N (stationäre Behandlungen des Klägers vom 30. Mai 1996 bis 13. Juni 1996 und vom 21. April 1997 bis 25. April 1997) und weitere sozialmedizinische Gutachten des MDK vom 24. November 1994 (Ärztin T) und 12. Januar 1995 (Dr. K) beigezogen sowie Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. St vom 16. Oktober 1997, von dem Dermatologen Dr. A vom 20. Oktober 1997, von den Orthopäden Dres. W/Sp vom 27. Oktober 1997, von dem Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde F vom 3. November 1997, von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 18. November 1997 und von dem Internisten Dr. C vom 8. Dezember 1997. Das SG hat den Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten Sch als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 30. November 1998 (Untersuchung am 8. September 1998) die folgenden Diagnosen mitgeteilt: Psoriasis vulgaris der chronisch stationären Form, seborrhoisches Ekzem, Angstneurose, Gonarthrose rechts, Rotatorenmanschetten-Syndrom mit Verkalkung der rechten Schulter, Lendenwirbelsäulensyndrom, Hypertriglyceridämie, Refluxösophagitis und Hiatushernie, Alkoholkrankheit bis 1994, Ausschluss einer relevanten Herzerkrankung, Ausschluss eines Myokardinfarktes. Der Kläger könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Umgang mit Emulgatoren, Fetten und Harzen in allen Haltungsarten verrichten. Das SG hat ferner ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten von Dr. B eingeholt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 10. März 1999 folgende Gesundheitsstörungen des Klägers mitgeteilt: depressive Störung und Angsterkrankung bei ängstlich-anakastischer Persönlichkeitsstruktur, mäßige degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit geringgradigen Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und rezidivierenden Muskelreizerscheinungen, Gonarthrose rechts, Rotatorenmanschetten-Syndrom beidseits, Refluxösophagitis bei axialer Hiatushernie, Psoriasis vulgaris und seborrhoisches Ekzem. Der Kläger könne noch täglich regelmäßig und vollschichtig körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten im Freien und in geschlossenen Räumen im Wechsel der Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen - unter Beachtung der dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen - ausführen. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sei "etwas" herabgesetzt. Die Einschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung.

Mit Urteil vom 4. August 1999 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger ab 1. Februar 1996 Rente wegen BU zu gewähren. Zur Begründung ist ausgeführt: Die - auf Gewährung von Rente wegen BU beschränkte - Klage sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen BU ausgehend von einem im Januar 1996 eingetretenen Leistungsfall ab 1. Februar 1996. Der Kläger habe den Beruf des Kfz-Schlossers erlernt und sei als Facharbeiter anzusehen. Da er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seinen Ausbildungsberuf wegen des zu vermeidenden Umganges mit Emulgatoren, Fetten und Harzen nicht mehr ausüben könne, sei ihm eine zumutbare Anlerntätigkeit des oberen Bereiches konkret zu benennen. Hierfür trage die Beklagte die Darlegungs- und Feststellungslast. Die von der Beklagten genannte Verweisungstätigkeit eines Gerätezusammensetzers sei dem Kläger schon deshalb nicht zumutbar, weil diese Tätigkeit nach den von der Beklagten vorgelegten berufskundlichen Unterlagen den Umgang mit Löt- und Klebstoffen bedinge. Dies sei dem Kläger gesundheitlich nicht zumutbar. Weitere Verweisungstätigkeiten habe die Beklagte nicht benannt. Sie seien auch im Übrigen nicht ersichtlich. Der Kläger sei daher berufsunfähig.

Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil. Sie hat zuletzt vorgetragen, dass der Kläger sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters im Kfz-Teiledienst verwiesen werden könne. Die zunächst benannten Verweisungstätigkeiten eines Hausmeisters, Kfz-Ummelders/ -Zulassers, Abgasuntersuchungsprüfers, Kundendienstberaters in der Kfz-Branche bzw. eine Verweisung auf die zuletzt bei der H GmbH ausgeübte Tätigkeit hat die Beklagte im Ergebnis der im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführten Ermittlungen nicht mehr geltend gemacht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. August 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch die von der Beklagten ergänzend geltend gemachten Verweisungstätigkeiten seien ihm sozial bzw. gesundheitlich nicht zumutbar.

Der Senat hat Arbeitgeberauskünfte der C-C Erfrischungsgetränke AG vom 15. November 1999, des K N e.V. vom 16. November 2001 (ABM vom 1. April bis 29. Mai 1998) und der H Service GmbH vom 22. November 2001, 3. April 2002 und Juni 2003 eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Der Senat hat eine berufskundliche Auskunft des Arbeitsamtes St zu den Berufen des Kundendienstberaters in der Reparaturannahme, des Verkäufers für Autoersatzteile und Zubehör, des Automobilverkäufers, des Arbeitsvorbereiters bzw. Kfz-Sachverständigen beigezogen; auf diese Auskunft vom 28. September 2000 wird Bezug genommen. Zu den Berufen des Kfz-Zulassers/-Ummelders bzw. des Abgasuntersuchungsprüfers hat der Senat Stellungnahmen des amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr M vom 5. März 2001 und 4. Februar 2002 erstatten lassen; hierauf wird Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Sachverständigen M zum Anforderungs- und Tätigkeitsprofil eines Mitarbeiters im Kfz-Teiledienst; auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Juni 2003 wird insoweit Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von dem Arzt Sch und Dr. B Bezug genommen.

Die Leistungsakte des Arbeitsamtes Berlin-Süd, die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Berlin, die Akten der Beklagten (Renten- und Rehabilitationsakten; 4 Bände) und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist ungeachtet dessen, dass im Hinblick auf die von dem Kläger vom 2. Januar 2003 bis 30. Januar 2003 durchlaufene Rehabilitationsmaßnahme mit Übergangsgeldbezug für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. Februar 1996 bis 1. Januar 2003 an Stelle der - erst ab 31. Januar 2003 zu gewährenden - Rente wegen BU vorgezogenes Übergangsgeld zu zahlen ist, nicht begründet. Der Tenor des angefochtenen Urteils war entsprechend neu zu fassen.

Der Kläger, dessen erstinstanzlich verfolgtes Rentenbegehren die Gewährung von Übergangsgeld umfasst (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 1987 - 4a RJ 71/86 = SozR 2200 § 1246 Nr. 145), hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von vorgezogenem Übergangsgeld für die Zeit vom 1. Februar 1996 bis 1. Januar 2003 und von Rente wegen BU ab 31. Januar 2003.

Der von der Kläger erhobene Anspruch bestimmt sich noch nach den §§ 24 Abs. 4, 25 Abs. 2, 43 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in den bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassungen (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), weil der Kläger seinen Rentenantrag im Januar 1996 gestellt hat und vorgezogenes Übergangsgeld bzw. Rente wegen BU (auch) für Zeiträume vor dem 1. Januar 2001 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der rentenrechtlich erheblichen Erwerbsminderung voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss BU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihn unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Der Kläger erfüllt die Wartezeit für eine Rente wegen BU, da er vor Eintritt der BU mehr als fünf Jahre (60 Kalendermonate) Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt hat. Auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI sind ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufes vom 1. November 1999 erfüllt. Der Kläger ist auch zumindest seit Januar 1996 berufsunfähig.

Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" des Versicherten (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R - nicht veröffentlicht). Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -). Nach diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf des Klägers der Beruf des Kfz-Mechanikers der rentenrechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Kläger zuletzt bei der C-C Erfrischungsgetränke AG vom 12. November 1973 bis 31. März 1994 und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt. Dass der Kläger danach bei der H GmbH vom 1. März 2000 bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter AU am 4. März 2002 nochmals versicherungspflichtig - nunmehr als Kraftfahrer mit Lade- bzw. Lagertätigkeiten - beschäftigt war, ändert hieran nichts. Zwar hatte der Kläger seinen Lehrberuf des Kfz-Mechanikers nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, er war jedoch spätestens im Januar 1996 und damit lange vor Aufnahme der Tätigkeit bei der H GmbH aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, seinen Lehrberuf vollwertig auszuüben. Eine rentenrechtlich relevante Lösung vom bisherigen Beruf des Kfz-Mechanikers ist daher nicht erfolgt.

Fest steht, dass der Kläger diesen seinen bisherigen Beruf als Kfz-Mechaniker aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann. Denn mit seinem Leistungsvermögen, das nach der übereinstimmenden Auffassung der herangezogenen gerichtlichen Sachverständigen im Wesentlichen auf körperlich leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen - insbesondere ohne Kontakt zu Emulgatoren, Fetten und Harzen - beschränkt ist, kann der Kläger der Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers nicht mehr nachgehen. Diese Tätigkeit erfordert, wie allgemein bekannt ist und sich zudem aus der Arbeitgeberauskunft der C-C Erfrischungsgetränke AG vom 15. November 1999 ergibt, das Heben und Tragen auch schwerer Lasten bis zu 25 kg Gewicht und führt unumgänglich zu einem Kontakt mit hautirritierenden Stoffen, was dem Kläger bereits auf Grund seiner Gesundheitsstörungen am Bewegungsapparat und seiner Hautleiden nicht mehr zumutbar ist. Dies ist im Übrigen zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Der BU begründende Leidenszustand des Klägers besteht dabei spätestens seit Januar 1996. Der gerichtliche Sachverständige Dr. B hat in seinem Gutachten vom 10. März 1999 dargelegt, dass das beschriebene Restleistungsvermögen seit "Rentenantragstellung" vorliege und sich seither nichts geändert habe. Die von ihm aus den erhobenen Befunden einsichtig hergeleitete Schlussfolgerung, dass der Kläger regelmäßig nur noch Lasten bis 10 kg, ausnahmsweise auch 15 kg, heben und tragen könne, steht entgegen der Einschätzung dieses Sachverständigen selbst und auch der Vorgutachter einer (regelmäßigen) Durchführung auch körperlich mittelschwerer Arbeiten durch den Kläger entgegen. Denn grundsätzlich wird bereits die Beschränkung auf 10 kg (nur) zu dem Bereich leichter Arbeiten gezählt (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 87/96 - nicht veröffentlicht). Hiermit im Einklang stehen die von den den Kläger seit Oktober 1993 behandelnden Orthopäden Dres. W/Sp im Befundbericht vom 27. Oktober 1997 mitgeteilten Befunde am Bewegungsapparat, die durch den Sachverständigen Dr. B bestätigt worden sind. Dies begründet unter Berücksichtigung des bereits seit 1981 vorliegenden Hautleidens des Klägers zuverlässig die Feststellung, dass das zur Annahme von BU führende Restleistungsvermögen des Klägers jedenfalls seit Januar 1996 besteht. Dass der Kläger zumindest von diesem Zeitpunkt an in seinem Lehrberuf nicht mehr einsetzbar war, folgt auch aus dem MDK-Gutachten vom 17. Januar 1996 (Dr. G). Demgegenüber vermag der Reha-Entlassungsbericht vom 10. August 1995, in dem sogar noch schwere körperliche Arbeiten für zumutbar erachtet werden, eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn dieser Bericht ist erkennbar lückenhaft und berücksichtigt nicht einmal ansatzweise sämtliche Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem, internistischem und dermatologischem Fachgebiet.

Für den Kläger ist auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -).

Der Kläger ist - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - im Rahmen des Mehrstufenschemas der dritten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Er hatte seinen Lehrberuf des Kfz-Mechanikers, dem eine dreijährige Ausbildungsdauer zu Grunde lag, zuletzt vom 12. November 1973 bis 31. März 1994 vollwertig und unter entsprechender tariflicher Einstufung als Facharbeiter ausgeübt. Dies folgt aus der Auskunft der C-C Erfrischungsgetränke AG vom 15. November 1999. Auf Grund der Bewertung des bisherigen Berufs des Klägers als Facharbeitertätigkeit ist der Kläger sozial zumutbar nur auf Anlerntätigkeiten im Sinne des Mehrstufenschemas verweisbar, für die sein Leistungsvermögen noch ausreicht und die er nach einer Einarbeitungszeit bis zu maximal drei Monaten vollwertig ausüben kann. Facharbeiter - wie der Kläger - können mithin nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die allgemein eine Ausbildung von mindestens drei Monaten voraussetzen, individuell aber nach eine Einarbeitung von bis zu drei Monaten von dem leistungsgeminderten Versicherten vollwertig ausgeübt werden können. Diese Anforderungen sind nur ausnahmsweise miteinander zu vereinbaren, und zwar ausschließlich dann, wenn die grundsätzliche Unvereinbarkeit im Einzelfall auf Grund einer fachlichen Nähe von Ausgangs- und Verweisungsberuf, einer Rückgriffsmöglichkeit auf eine frühere Ausbildung oder durch sonstige Vorkenntnisse aufgehoben ist (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 28. November 1980 - 5 RJ 98/80 - nicht veröffentlicht). Für den Kläger ist im Rahmen dieser Grundsätze keine sozial zumutbare Verweisungstätigkeit feststellbar.

Der von der Beklagten (nur noch) als Verweisungstätigkeit benannte Beruf eines Mitarbeiters im Kfz-Teiledienst genügt diesen Voraussetzungen jedenfalls deshalb nicht, weil diese Tätigkeit dem Kläger schon gesundheitlich nicht zumutbar ist. Nach Würdigung der im gerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten war und ist der Kläger in dem vorliegend zu prüfenden Zeitraum zur Überzeugung des Senats nur noch in der Lage, regelmässig körperlich leichte Tätigkeiten im Freien und in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von Witterungseinflüssen, einseitigen körperlichen Belastungen, Zeitdruck, ohne Akkord- und Fließbandtätigkeiten und ohne Kontakt zu hautreizenden Stoffen im Wechsel der Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen vollschichtig zu verrichten. Er kann dabei regelmäßig Lasten bis 10 kg, in Ausnahmefällen auch 15 kg heben und tragen. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit ist beschränkt.

Mit diesem verbliebenen Leistungsvermögen lässt sich aber eine Kongruenz zwischen dem gesundheitlichen Anforderungsprofil der von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeit eines Mitarbeiters im Kfz-Teiledienst und dem Restleistungsvermögen des Klägers nicht herstellen. Nach den plastischen und lebensnahen Einlassungen des berufskundlichen Sachverständigen M handelt es sich hierbei um eine überwiegend stehende bzw. gehende Tätigkeit, die nur in geringem Umfange auch eine sitzende Arbeitshaltung zulässt. Daneben hat der Mitarbeiter im Kfz-Teiledienst auch gelegentlich Gewichte von bis zu 20 kg zu heben und zu tragen, und zwar auch dann, wenn Arbeitshilfen zur Verfügung stehen. Namentlich bei Bremstrommeln ist dies der Fall. Zudem lässt sich auch durch das Tragen von Handschuhen ein Kontakt zu hautreizenden Stoffen, insbesondere zu Hydraulikflüssigkeiten, nicht vermeiden. Die dargelegten körperlichen Anforderungen sind dem Kläger gesundheitlich nicht zumutbar. Aus den von dem Sachverständigen M dargelegten geistigen Anforderungen erhellt zudem, dass eine vollwertige Verrichtung der Tätigkeit eines Mitarbeiters im Kfz-Teiledienst insbesondere im Hinblick auf die anfallenden PC-Tätigkeiten und das zu fordernde Vorstellungsvermögen eine uneingeschränkte Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit erfordert. Auch diese ist bei dem Kläger trotz seiner Qualifikation als Kfz-Mechaniker nicht gegeben. Dies gilt besonders deshalb, weil es sich bei der Tätigkeit als Mitarbeiter im Kfz-Teiledienst um eine anders geartete Tätigkeit als die handwerkliche Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers handelt, so dass hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger diese Tätigkeit nach einer Einarbeitungszeit bis zu drei Monaten vollwertig verrichten könnte, auch nicht ansatzweise ersichtlich sind.

Weitere Verweisungstätigkeiten als den Beruf eines Mitarbeiters im Kfz-Teiledienst hat die Beklagte zuletzt nicht benannt. Anhaltspunkte für andere dem Kläger sozial zumutbare Verweisungstätigkeiten liegen auch im Übrigen nicht vor.

Da mithin von BU des Klägers spätestens seit Januar 1996 auszugehen ist, steht dem Kläger - wie tenoriert - ein Anspruch auf vorgezogenes Übergangsgeld für die Zeit vom 1. Februar 1996 bis 1. Januar 2003 und auf Rente wegen BU ab 31. Januar 2003 zu (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren nur noch die Gewährung von Rente wegen BU geltend gemacht hat.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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