L 15 KR 173/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 KR 441/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 KR 173/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2001 insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, als das Sozialgericht die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger Krankengeld auch vom 24. September 1997 an bis zum 31. Mai 1998 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld.

Der 1964 geborene Kläger war bis zum 31. Juli 1997 aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Beklagten krankenversichert. Am 30. Juni 1997 erkrankte er wegen einer "therapieresistenten Lumboischialgie links". Der den Kläger behandelnde Facharzt für Orthopädie M. S.bescheinigte dem Kläger bis zum 19. August 1997 Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte gewährte aufgrund dessen vom 2. Juli 1997 bis zum 19. August 1997 Krankengeld. Für die Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 stellte der Orthopäde S. keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Am 4. September 1997 stellte er erneut die Arbeitsunfähigkeit des Klägers fest. In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kreuzte er hierbei das Feld "Erstbescheinigung" an. Als Diagnose gab er im Folgenden gegenüber dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine "therapieresistente Lumboischialgie" und ein "psychosomatisches Syndrom" an. Der Leiter der psychosomatischen Orthopädie des Oskar-Helene-Heimes in Berlin, Dr. med. H. A., bestätigte diese Diagnose in einem Arztbrief vom 29. September 1997.

In einem ärztlichen Attest vom 2. Oktober 1997 gab der Orthopäde S. an, dass der Kläger auch in der Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 arbeitsunfähig gewesen sei. Jedoch sei "aus Sicht des Patienten die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht notwendig (gewesen), da er nicht versicherungspflichtig (gewesen) sei". In einer weiteren Stellungnahme vom 17. Dezember 1997 ergänzte er diese Ausführungen gegenüber der Beklagten und teilte mit, dass er den Kläger in diesem Zeitraum nicht untersucht habe und er ihm ohne eine ärztliche Untersuchung nicht Arbeitsunfähigkeit attestiert hätte. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen stellte er dann durchgehend vom 3. September 1997 bis zum 31. Mai 1998 aus.

Mit Bescheiden vom 25. September 1997 und vom 20. Oktober 1997 versagte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld - vorbehaltlich der Feststellung eines solchen Anspruches - vom 24. September 1997 und vom 16. Oktober 1997 an auf unbestimmte Zeit, weil der Kläger zwei Begutachtungstermine des MDK ohne Angaben von Gründen nicht wahrgenommen habe.

Mit weiterem Bescheid vom 20. Oktober 1997 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 ab, weil ihr für diesen Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlägen. Weiter führte die Beklagte aus, dass sie über den Krankengeldanspruch ab dem 3. September 1997, der aus dem Gesichtspunkt des nachgehenden Versicherungsschutzes nur bis längstens 19. September 1997 bestehen könne, erst nach Eingang einer "ausgefüllten, diesem Bescheid beigefügten Erklärung", entscheiden könne.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 20. November 1997 mit der Begründung Widerspruch, dass er der Beklagten für die Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 sehr wohl Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt habe.

Nach Einholung einer "aktenmäßigen Stellungnahme zur Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 20. August und dem 3. September 1997" des MDK vom 23. April 1998 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1998 mit der Begründung zurück, dass durchgehende Arbeitsunfähigkeit über den 19. August 1997 hinaus nicht nachgewiesen sei. Der Anspruch auf Krankengeld aus Anlass der ab dem 4. September 1997 neu festgestellten Arbeitsunfähigkeit sei daher auf den Zeitraum bis zum 19. September 1997 zu begrenzen.

Mit seiner Klage, mit der der Kläger im Wesentlichen die Gewährung von Krankengeld über den 19. August 1997 hinaus bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer begehrt hat, hat er geltend gemacht, dass er seit April 1997 arbeitsunfähig gewesen sei. Dies könne er durch ärztliche Bescheinigungen belegen. Klageerweiterend hat er beantragt,

- Krankengeld auch für den Zeitraum vom 24. Mai bis 16. Juli 1997 zu gewähren, soweit nicht zeitgleich Arbeitsentgelt gezahlt wurde,

- die im Rahmen des freiwilligen Krankenversicherungsverhältnisses vom 20. September 1997 bis 31. Mai 1998 entrichteten Beiträge zu erstatten,

- den Krankenversicherungsschutz ab 1998 sofort zu erweitern,

- sämtliche materiellen sowie immateriellen Schäden, die wegen der Nichtzahlung von Krankengeld entstanden sind, zu erstatten,

- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch alle künftigen materiellen wie immateriellen Schäden, die sich aus der Nichtzahlung des Krankengeldes für die Zeit nach dem 19. September 1997 ergeben, zu ersetzen.

Das Sozialgericht hat über den "Gesundheitszustand des Klägers in 1997" Beweis erhoben, durch Vernehmung der den Kläger behandelnden Diplom-Psychologin K.F. als Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 8. September 2000 verwiesen.

Mit Urteil vom 18. Mai 2001 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger vom 20. September 1997 bis zum 31. Mai 1998 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die vom Kläger klageerweiternd geltend gemachten Ansprüche stellten eine unzulässige Klageerweiterung dar. Weder habe die Beklagte einer entsprechenden Klageänderung zugestimmt noch sei die Klageerweiterung sachdienlich. Soweit es die Ansprüche betreffe, die vor dem Sozialgericht geltend gemacht werden könnten, fehle es an dem Erfordernis eines der Klage vorangegangenen Verwaltungs- und ggf. Widerspruchsverfahrens. Soweit der Kläger von der Beklagten Schadenersatz begehre, sei die Klage bereits deshalb unzulässig, weil insoweit der Rechtsweg zu den Zivilgerichten zwingend vorgeschrieben sei.

Der Kläger habe aber Anspruch auf Krankengeld vom 20. September 1997 bis zum 31. Mai 1998. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Kläger von Juli 1997 an durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. S.habe bei dem Kläger im Juli und im September 1997 ein als therapieresistent bezeichnetes Lumbalsyndrom festgestellt. Wegen des Verdachts einer psychosomatischen Überlagerung habe er den Kläger an das Oskar-Helene-Heim zu einer schmerztherapeutischen Behandlung überwiesen. Dr. A.vom Oskar-Helene-Heim habe in der Epikrise vom 29. September 1997 die von dem behandelnden Orthopäden S.festgestellte Lumboischialgieproblematik als Somatisierungsphänomen angesichts der beträchtlichen psychosozialen Probleme des Klägers gewertet. Wegen dieser Probleme sei der Kläger seinerzeit in laufender Behandlung bei der Diplom-Psychologin F.gewesen. Diese habe anlässlich ihrer Vernehmung vor dem Sozialgericht für die Kammer überzeugend dargelegt, dass sich eine wesentliche Befundverbesserung im Zeitraum August 1997 nicht ergeben habe. Sie habe den Kläger am 14. August 1997 behandelt und deshalb einen unmittelbaren Eindruck von seinem Gesundheitszustand in diesem Zeitraum gewonnen. Ferner habe sie dem Gericht ein an diesem Tag ausgestelltes fachärztliches Attest ausgehändigt, das eine auch im streitigen Zeitraum nach wie vor bestehende krankheitswertige Persönlichkeitsveränderung bescheinige. Dieser seinerzeit festgestellte Befund werde insoweit bestätigt, als auch der den Kläger später behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H.eine die Arbeitsunfähigkeit begründende psychische Störung des Klägers festgestellt habe. Dr. H.habe hierbei an die Behandlung der Psychologin F.angeknüpft. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass auch der Orthopäde S. zunächst von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers gesprochen habe und diese Aussage dann auf Nachfrage des MDK nur insofern präzisiert habe, als mangels einer in der Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 erfolgten Behandlung des Klägers keine ausdrückliche ärztliche Feststellung und Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt sei. Nach Ansicht des Gerichts habe der Orthopäde S.also nicht seine ärztliche Beurteilung über das Fortbestehen eines therapieresistenten Lumbalsyndroms korrigiert, sondern lediglich versichert, den Kläger wegen einer fehlenden ärztlichen Untersuchung im streitigen Zeitraum nicht arbeitsunfähig geschrieben zu haben. Sowohl der Verlauf der ärztlichen Behandlungen als auch das von verschiedenen Ärzten übereinstimmend festgestellte Hauptleiden (psychovegetatives Schmerzsyndrom im Lendenwirbelsäulenbereich bei nachhaltiger Persönlichkeitsstörung) spreche gegen die Annahme einer wesentlichen Besserung dieses Beschwerdebildes ausgerechnet in dem Zeitraum vom 20. August bis zum 3. September 1997.

Wegen des Fehlens von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe der Anspruch auf Krankengeld allerdings in der Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 geruht, sodass der Kläger erst wieder ab dem 4. September 1997 bis zum 31. Mai 1998 - dem letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit - Krankengeld beanspruchen könne.

Gegen dieses dem Kläger und der Beklagten am 5. Juni 2001 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom selben Tag und die Berufung der Beklagten vom 2. Juli 2001.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er habe Anspruch auf Krankengeld über den 31. Mai 1998 hinaus, weil die Arbeitsunfähigkeit über dieses Datum hinaus fortbestanden habe. Entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er, nachdem er über das in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2001 genannte Datum, dem 31. Mai 1998, überrascht gewesen sei, auf der Geschäftsstelle der 88. Kammer des Sozialgerichts Berlin abgegeben. Trotz des Fehlens der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er aber auch für die Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 Anspruch auf Krankengeld, weil die Beklagte ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass entsprechende Bescheinigungen rechtzeitig vorgelegt werden müssten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 1998 abzuändern und ihm Krankengeld auch in der Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 sowie über den 31. Mai 1998 hinaus dem Grunde nach zu gewähren und die Berufung der Beklagten vom 2. Juli 2001 gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2001 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2001 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2001 zurückzuweisen.

Sie meint, dass der Kläger keinen Anspruch auf weiteres Krankengeld habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Gericht vorlag und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, da mit der ordnungsgemäßen Ladung auf dieser Möglichkeit hingewiesen worden war (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war deshalb insoweit abzuändern. Der dem Grunde nach bestehende Anspruch des Klägers auf Krankengeld war vom 24. September 1997 an von der Beklagten nicht mehr auszuzahlen. Die entsprechende Leistungsklage des Klägers konnte daher insoweit keinen Erfolg haben. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Vom 24. September 1997 an war der Anspruch des Klägers auf Krankengeld nicht auszuzahlen, weil die Beklagte die Erbringung dieser Leistung - vorbehaltlich des Bestehens dieses Anspruchs - mit Bescheid vom 25. September 1997 für die Zeit vom 24. September 1997 an und mit Bescheid vom 20. Oktober 1997 für die Zeit vom 16. Oktober 1997 an jeweils auf unbestimmte Zeit versagt hat (§ 66 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch).

Der Senat kann offen lassen, ob diese Bescheide rechtmäßig sind. Denn jedenfalls sind sie bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Bescheide weder angefochten noch sind sie Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Nach § 86 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens, wenn er während des Vorverfahrens ergeht und den in diesem Verfahren angefochtenen Verwaltungsakt abändert. Während des Vorverfahrens ist ein Verwaltungsakt ergangen, wenn er von Einlegung des Widerspruchs an bis zur Beendigung des Vorverfahrens erlassen worden ist (Meyer/Ladewig, SGG, 7. neubearbeitete Auflage 2002, § 86 Rdnr.: 2). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Denn die Bescheide vom 25. September 1997 und vom 20. Oktober 1997 sind nicht nach Einlegung des Widerspruchs gegen den weiteren Bescheid vom 20. Oktober 1997, also nach dem 20. November 1997 erlassen worden, sondern vor diesem Zeitpunkt.

Die Berufung der Beklagten ist im Übrigen unbegründet. Sie war daher, soweit das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 1998 abgeändert hat, weil der Kläger über den 19. September 1997 hinaus Anspruch auf Krankengeld hat und dieser Anspruch auch bis zum 23. September 1997 zu erfüllen ist, zurückzuweisen.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Kläger hat - dies ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit - ab dem 2. Juli 1997 Anspruch auf Krankengeld. Er war bei der Beklagten krankenversichert und er war ab diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig.

Dieser Anspruch ist nicht vom 20. August 1997 an erloschen. Nach § 19 Abs. 1 SGB V erlischt ein Anspruch auf Leistungen mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist. Insoweit sieht § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V vor, dass die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten bleibt, solange u.a. ein Anspruch auf Krankengeld besteht oder diese Leistung in Anspruch genommen wird. Es genügt ein dem Grunde nach bestehender Anspruch, auch wenn diese Leistung nicht gezahlt wird, beispielsweise weil dieser Anspruch gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht, weil die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wurde.

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Kläger hatte auch in dem streitbefangenen Zeitraum vom 20. August bis zum 3. September 1997 Anspruch auf Krankengeld, weil zur Überzeugung des Senats feststeht, dass der Kläger auch in der Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 arbeitsunfähig war. Insoweit wird von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und gem. § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts Berlin Bezug genommen. Dies ist auch im vorliegenden Fall deshalb angezeigt, weil die Beklagte insoweit in ihrer Berufung keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt hat, sondern lediglich auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die im Verwaltungsverfahren eingeholte Stellungnahme des MDK vom 23. April 1998 verwiesen hat. Anzumerken ist insoweit lediglich, dass der MDK nicht die von dem, den Kläger behandelnden Orthopäden S.festgestellten und von dem Leiter der psychosomatischen Abteilung des Oskar-Helen-Heims in Berlin, Dr. A., bestätigten Diagnosen in Zweifel zieht. Der MDK vermag aber nicht nachvollziehbar zu erklären, warum das Beschwerdebild des Klägers - zumal, wie diagnostiziert, als solches therapieresistent - in dem relativ kurzen Zeitraum vom 20. August bis zum 3. September 1997 nicht vorgelegen haben soll, während es bis zum 19. August 1997 und ab dem 4. September 1997 unstreitig vorgelegen hat. Soweit die Beklagte sich insoweit auf den Umstand beruft, dass der den Kläger behandelnde Orthopäde S. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. September 1997 als "Erstbescheinigung" ausgestellt hat, begründet dieses Argument nicht die Annahme, dass der Kläger in dieser Zeit arbeitsfähig war. Denn gerade weil der Orthopäde S. den Kläger in dieser Zeit nicht arbeitsunfähig geschrieben hat, hat er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. September 1997 als Erstbescheinigung ausgestellt. Die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung hindert aber nicht das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit für den vorangehenden Zeitraum, für den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht ausgestellt worden sind.

Der Kläger hat es insoweit lediglich unterlassen, seine Arbeitsunfähigkeit während dieser Zeit durch einen Arzt bescheinigen zu lassen. Dieses Versäumnis führt aber nicht zu einem Erlöschen des Krankengeldanspruchs dem Grunde nach, sondern lediglich zu seinem Ruhen gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Soweit der Kläger meint, dass der Anspruch auf Krankengeld in der Zeit vom 20. August bis zum 3. September 1997 deswegen nicht geruht hat, weil die Beklagte ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen sind, kann dieser Vortrag seiner Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Der Senat kann offen lassen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, derartige Hinweise zu geben. Jedenfalls tritt das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V kraft Gesetzes bei Vorliegen eines Meldeversäumnisses ein.

Dieses Ruhen des Krankengeldanspruchs endete aber mit der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit vom 4. September 1997 an. Diesen Anspruch hat die Beklagte insoweit auch anerkannt, allerdings begrenzt bis zum 19. September 1997 wegen der von ihr vertretenden Auffassung, dass lediglich Anspruch aus dem Gesichtspunkt nachgehenden Versicherungsschutzes bestehe (§ 19 Abs. 2 SGB V). Ein solcher Sachverhalt ist hier aber nicht gegeben, wie ausgeführt, weil die Arbeitsunfähigkeit während des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers eingetreten und ununterbrochen bis zum 4. September 1997 und darüber hinaus mit der Folge fortbestanden hat, dass der Anspruch des Klägers auf Krankengeld über den 19. September 1996 hinaus fortbesteht.

Soweit der Kläger mit seiner Berufung hinsichtlich des Anspruchs auf Krankengeld über den 31. Mai 1998 geltend macht, er habe entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2001 auf der Geschäftsstelle der 88. Kammer des Sozialgerichts Berlin abgegeben, kann der Senat offen lassen, ob dieser Vortrag dem tatsächlichen Geschehensverlauf entspricht. Denn Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den streitbefangenen Zeitraum befinden sich weder in der Verwaltungsakte der Beklagten noch in der Gerichtsakte. Jedenfalls wäre die Meldung der Arbeitsunfähigkeit im Anschluss an die mündliche Verhandlung des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2001 nicht rechtzeitig im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V und hätte, unabhängig von den bestandskräftigen Versagungsentscheidungen der Beklagten, das Ruhen des Anspruchs ab dem 1. Juni 1998 zur Folge.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Anfechtungsklage des Klägers in vollem Umfang und seine Leistungsklage teilweise - in einem Umfang von lediglich 4 Tagen - erfolgreich waren.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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