L 6 RA 63/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 RA 1331/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 63/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger Erwerbsunfähigkeitsrente ohne Anrechnung seines Erwerbseinkommens zusteht.

Der Kläger ist im Juli 1953 in der DDR geboren. Im Kleinkindalter wurden ihm beide Beine im Oberschenkel und der linke Unterarm amputiert. In der DDR absolvierte er ab Juni 1969 eine Lehre als Phonotypist in einer Reha-Einrichtung bei H. Ab dem 1. November 1969 wurde ihm eine Invalidenrente sowie Sonderpflegegeld gewährt. Der Kläger war dann ab Januar 1975 als Arztsekretär bei dem Krankenhaus P B beschäftigt. Von September 1981 bis August 1982 war er Student (klinische Psychologie) an der H-Universität. Am 15. September 1983 siedelte der Kläger, der nicht als Vertriebener nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt ist, nach Berlin/West über. Auf seinen Rentenantrag veranlasste die Beklagte ein Gutachten des Orthopäden Dr. S, der zu der Einschätzung gelangte, der Kläger könne Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht verrichten.

Mit Bescheid vom 23. Mai 1985 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ausgehend von einem am 17. Oktober 1983 eingetretenen Versicherungsfall ab dem 1. November 1983. Dabei wurde der Zeitraum vom 1. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1982 mit insgesamt 90 Werteinheiten bewertet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 23. Mai 1985 (der den Bescheid vom 27. September 1984 abgelöst hatte) Bezug genommen.

Im Oktober 1987 nahm der Kläger eine Beschäftigung als Angestellter für Datenerfassung beim Land Berlin - Senatsverwaltung für Inneres - auf, die er nach wie vor als Vollzeitbeschäftigung ausübt und die zu Beginn wie heute nach der Tarifgruppe VIII des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) vergütet wird. Die Beklagte nahm im Rahmen mehrerer Überprüfungen des Rentenanspruchs an, diese Tätigkeit werde auf Kosten der Gesundheit ausgeübt, und brachte den festgestellten dynamisierten Rentenanspruch bis zum 31. Dezember 2000 zur Auszahlung.

Ausgehend von einer Selbstauskunft des Klägers zu seinem Einkommen überprüfte die Beklagte die Fortzahlung der Rente ab dem 1. Januar 2001. Bei der Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen im Sinne des § 96 a Sozialgesetzbuch - 6. Buch - (SGB VI) ging sie davon aus, dass die individuell zu Grunde zu legenden Entgeltpunkte mit 0,9 zu bestimmen seien und im Hinblick auf den Beschäftigungsort des Klägers - Senatsverwaltung für Inneres/Klosterstraße/Berlin-Mitte - der aktuelle Rentenwert Ost zur Anwendung gelange. Mit (Renten-) Bescheid vom 26. Oktober 2000 verfügte sie, dass nur noch der in der Erwerbsunfähigkeitsrente immer enthalten gewesene Höherversicherungsanteil zur Auszahlung komme. Die Erwerbsunfähigkeitsrente sei auch nicht als Teilrente zu gewähren, da das Arbeitsentgelt des Klägers die einschlägigen Hinzuverdienstgrenzen überschreite. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Er habe vor der Entscheidung die Auskunft erhalten, er genieße (als ehemaliger) Invalidenrenten- und Sonderpflegegeldberechtigter Bestandschutz. Der Wegfall der Rente stelle für ihn einen unüberwindbaren Einschnitt dar, da das Geld eingeplant sei.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach §§ 302 b Abs. 1, 313 SGB VI seien für den Kläger ab dem 1. Januar 2001 die Hinzuverdienstgrenzen zu beachten. Unbefristeter Vertrauensschutz nach § 302 b Abs. 2 SGB VI bestehe nicht, da der Kläger bereits 1983 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen sei, komme er nicht in den Genuss der Regelung, die nur Versicherte betreffe, die am 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Invalidenrente oder Bergmanns-Invalidenrente sowie Blindengeld oder Sonderpflegegeld gehabt hätten. Damit solle nur eine Schlechterstellung dieses Personenkreises gegenüber denjenigen vermieden werden, die eine entsprechende hinzuverdienstunabhängige Invalidenrente nach dem Übergangsrecht für die Renten nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets beziehen.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Auszahlung seiner Erwerbsunfähigkeitsrente ohne Anrechnung seines Erwerbseinkommens begehrt. Ihm sei gesagt worden, die Hinzuverdienstgrenzen fänden keine Anwendung, da er bereits in der DDR Invalidenrente und Sonderpflegegeld bezogen habe. Er habe 16 Jahre lang Rente erhalten. Sein Gesundheitszustand sei unverändert. Er könne sich nicht vorstellen, dass eine so gravierende Rechtsänderung eingetreten sei, dass ihm nunmehr keine Rente mehr zustehe. Eine solche Regelung verstoße gegen Verfassungsgrundsätze. Sie stelle einen unzulässigen Eingriff in sein Eigentumsrecht an der Erwerbsunfähigkeitsrente dar, verletze - insbesondere in Anbetracht der zu kurzen Übergangsfrist - Grundsätze des Vertrauensschutzes und sei unverhältnismäßig, da ein angemessenes Verhältnis zwischen seiner Belastung und dem staatlichen Interesse an der Anrechnung nicht erkennbar sei. Ihm werde der Anreiz für eine Erwerbstätigkeit genommen. Er fühle sich doppelt bestraft, da er bei Verlassen der DDR sein gesamtes Hab und Gut verloren habe und nun auch noch Nachteile erleide, weil er die DDR vor der Wiedervereinigung verlassen habe. Insoweit liege auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Durch die Entscheidung der Beklagten werde er als alleinerziehender Vater von zwei Kindern trotz voller Berufstätigkeit zu einem "Fall für das Sozialamt". Es sei schmerzlich und schwer nachvollziehbar, dass Mitarbeitern der Staatssicherheit und ehemaligen SED-Funktionären die Rente erhöht, den Opfern dagegen gestrichen werde. Der Kläger hat Schriftwechsel über ein in dieser Angelegenheit geführtes Petitionsverfahren bei dem Petitionsausschuss des Bundestages vorgelegt.

Mit Urteil vom 27. Mai 2002 hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Klage abgewiesen. Die Anwendung der Hinzuverdienstgrenzen stehe - dies sei unstreitig - im Einklang mit der im SGB VI getroffenen Regelung. Diese sei als Eigentumseingriff gerechtfertigt, da unbeschränkte Hinzuverdienstmöglichkeiten im Hinblick auf die Lohnersatzfunktion der Erwerbsminderungsrente beschränkt würden. Mit dem fünfjährigen Übergangszeitraum sei eine ausreichende Vertrauensschutzregelung getroffen worden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei nicht gegeben, da der Kläger die DDR 1983 verlassen habe und den Bürgern des Alt-Bundesgebietes gleichgestellt sei.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die ersatzlose Entziehung der Rente ohne Kompensation durch eine andere Sozialleistung stelle sehr wohl einen ungeeigneten, unzumutbaren und unverhältnismäßigen Eingriff in sein Eigentumsrecht dar, da überragende öffentliche Interessen vom Gesetzgeber für diese Maßnahme nicht in Anspruch genommen würden und auch nicht bestünden, dies gelte auch deshalb, weil die beitragsfinanzierte Rente im Ergebnis durch Sozialhilfeleistungen ersetzt werden müsse. Eine Ungleichbehandlung bestehe, da es nicht durch sachliche Gesichtspunkte gerechtfertigt sei, nur diejenigen Versicherten zu privilegieren, die bezogen auf den Stichtag 31.12.1991 Ansprüche auf eine Invaliditätsrente und Sonderpflegegeld der DDR gehabt hätten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ab 1. Januar 2001 aus dem festgesetzten Wert des Rechts auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit fließenden monatlichen Zahlungsansprüche bis zum 18. Mai 2003 in voller Höhe zu erfüllen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Hinzuverdienstregelung sei verfassungsgemäß und zutreffend angewandt.

Auf Anforderung des Senats hat der Kläger von seinem Arbeitgeber erstellte Lohnnachweise für die Monate September 2000 und April 2001 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Er hat erklärt, dass sich sein Arbeitsentgelt in der Folgezeit nicht vermindert habe.

Der die Rentengewährung im Jahre 2003 betreffende Bescheid der Beklagten vom 14. November 2003, der den Hinweis enthält, er sei Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden, ist zu den Akten gelangt. Dazu haben die Beteiligten die in der Sitzungsniederschrift vom 25. Mai 2004 festgehaltenen Erklärungen abgegeben.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Die Verwaltungsakte der Beklagten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Gegenstand des Rechtsstreits ist die kombinierte Anfechtungs- und Zahlungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), mit der der Kläger geltend macht, die Beklagte habe im Bescheid vom 26. Oktober 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2001 zu Unrecht entschieden, im Zeitraum von 1. Januar 2001 bis zum 18. Mai 2003 seien seine monatlichen Zahlungsansprüche auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in vollem Umfang untergegangen. Bezüglich des Folgebescheides vom 14. November 2003 werden dagegen in diesem Rechtsstreit keine Ansprüche (mehr) geltend gemacht.

Die Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Beklagte nicht die bindend gewordenen Verwaltungsakte aufgehoben, mit denen dem Kläger ein Recht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt und der Wert dieser Rente festgesetzt worden ist. Sie hat vielmehr entschieden, dass ab dem 1. Januar 2001 die kalendermonatlichen Zahlungsansprüche untergegangen sind, die sich aus dem festgestellten Stammrecht ergeben. Rechtsgrundlage dafür ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - 10. Buch - (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorlagen, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Hier haben sich die rechtlichen Verhältnisse zum 1. Januar 2001 geändert. Zu diesem Zeitpunkt ist - unter gleichzeitiger Änderung des § 302 b SGB VI - § 313 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1872) in Kraft getreten. Nach der bis zum 31. Dezember 2000 bestehenden Rechtslage waren Versicherte, deren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 1996 begonnen hatten, von der Anwendung der zum 1. Januar 1996 eingeführten, unter anderem erzieltes Arbeitsentgelt betreffenden Anrechnungsbestimmung des § 96 a SGB VI ausgenommen. Diese Ausnahme entfiel mit der Neufassung der bezeichneten Vorschriften, die allgemein - ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenbewilligung - die Berücksichtigung von Hinzuverdiensten nach Maßgabe des § 313 SGB VI vorsehen. Der Sache nach handelt es sich bei den Anrechnungsbestimmungen um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des (Renten-) Eigentums zur Vermeidung einer Übersicherung. Die Voraussetzungen, an die nach § 313 SGB VI der vollständige Untergang der Einzelansprüche geknüpft ist, liegen hier vor; weil dem so ist, ist die Rechtsänderung im konkreten Fall wesentlich und rechtfertigt die Aufhebung.

Der Kläger wird vom persönlichen Anrechnungsbereich des § 313 SGB VI erfasst, da er am 31. Dezember 2000 einen (durch bindenden Bescheid festgestellten - Neufeststellungsbescheid vom 23. Mai 1985) Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte. § 313 Abs. 1 bis 3 SGB VI sieht eine gestufte Anrechnung vor. In Ansehung des vom Kläger erzielten Arbeitsentgeltes ergibt sich, dass keine Rente zu leisten ist, d.h. dass die kalendermonatlichen Einzelansprüche nicht, auch nicht teilweise zu erfüllen sind.

Nach § 313 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI wird eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze des Abs. 3 Nr. 1 - diese betrug zum 1. Januar 2001 630,- DM, ab dem 1. Januar 2002 325,- Euro (Fassung durch das Altersvermögens-Ergänzungsgesetz vom 21. März 2001 - BGBl. I S. 403) und mit Wirkung vom 1. April 2003 ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (2. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 - BGBl. I S. 4621) und weiterem Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit in Höhe einer Rente wegen Berufsunfähigkeit geleistet. Dabei sind weitere Hinzuverdienstgrenzen zu beachten; als Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe wird die zuerkannte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erbracht, wenn der Hinzuverdienst die Grenze nach § 313 Abs. 3 Nr. 2 a SGB VI nicht überschreitet. Übersteigt hingegen das erzielte Arbeitsentgelt die in § 313 Abs. 3 Nr. 2 a, 2 b oder 2 c SGB VI bestimmten Grenzen, sinkt die Auszahlungsquote der Erwerbsunfähigkeitsrente gestuft auf den Wert von 2/3 bzw. 1/3 des Wertes der Rente wegen Berufsunfähigkeit, bzw. eine Auszahlung entfällt ganz, wenn die Hinzuverdienstgrenze nach § 313 Abs. 3 Nr. 2 c SGB VI überschritten wird. Hinzuverdienst ist dabei bei abhängiger Beschäftigung das Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch - 4. Buch - (SGB IV) - also das Bruttoentgelt - ; es ist Monat für Monat den Zahlungsansprüchen auf Rente gegenüberzustellen (BSG SozR 4-2600 § 313 Nr. 2).

Die jeweilige Hinzuverdienstgrenze ergibt sich als Produkt aus dem aktuellen Rentenwert (§ 68 SGB VI = jahresbezogen den Wert des Rentenanspruchs bestimmender Zugangsfaktor, der die allgemeine Einkommensentwicklung berücksichtigt), den in § 313 SGB VI selbst bestimmten Anrechnungsfaktor, mit dem der Gesetzgeber allgemein seine Vorstellung von der Höhe der Hinzuverdienstgrenze festlegt, und den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1-3 SGB VI) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit (mindestens jedoch 0,5 Entgeltpunkte), als individualisierendem Element.

Bezogen auf Januar 2001 ergibt sich die jeden Rentenbezug ausschließende Hinzuverdienstgrenze mit 1.848,88 DM. Dieser Wert ergibt sich als Produkt des aktuellen Rentenwertes/Ost (§ 255 a SGB VI = 42,26 DM), der unter Beachtung des Beschäftigungsortes des Klägers im Beitrittsgebiet nach § 228 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI auch im vorliegenden Zusammenhang zur Anwendung gelangt, dem allgemeinen Faktor von 87,5 (§ 313 Abs. 3 Nr. 2 c) und einem individuellen Faktor von 0,5. Dass die Beklagte insoweit (berechnet aus 90 Werteinheiten, die im Rentenbescheid vom 23. Mai 1985 für das Kalenderjahr 1982 ausgewiesen sind), 0,9 Werteinheiten zugrundelegt, ist unzutreffend. Der Kläger ist ersichtlich nicht durch den Umzug nach Berlin/West erwerbsunfähig geworden, sondern ist mit den die Erwerbsunfähigkeit begründenden Leiden in das Erwerbsleben eingetreten. Deshalb ist hier der "Auffangwert" 0,5 maßgebend. Auf den Wert von 0,9 Entgeltpunkten kann auch nicht mit der Begründung zurückgegriffen werden, der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit sei auch für die Gerichte bindend auf den 17. Oktober 1983 festgestellt worden. Denn in Bindung erwachsen nur die Verfügungssätze des Bescheides, mit dem dem Kläger Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt wurde, zu Rentenart, Rentenbeginn sowie dem Wert des Stammrechts. Die Festlegung eines Versicherungsfalles und seines Zeitpunktes gehört demgegenüber "nur" zur Begründung des Bescheides.

Der Hinzuverdienstgrenze von 1.848,80 DM steht ein Bruttoarbeitsentgelt - Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV - im Januar 2001 von 4.105,04 DM gegenüber. Soweit in diesem Betrag ein kinderbezogener Ortszuschlag enthalten ist, ist er - anders als das Kindergeld selbst - Teil des Arbeitsentgeltes (BSG SozR 3-2200 § 180 Nr. 7). Die zu einem völligen Leistungsausschluss führende Hinzuverdienstgrenze ist damit überschritten. Dies hat sich ausweislich der im Tatbestand dieses Urteils festgehaltenen Einkommensverhältnisse vor dem Hintergrund nur geringer Steigerung des aktuellen Rentenwertes Ost in der Zeit bis Mai 2003 nicht geändert. Es sei angemerkt, dass sich an der Überschreitung selbst dann nichts ändern würde, wenn dem Kläger 0,9 Entgeltpunkte als individueller Hinzuverdienstfaktor zugebilligt werden könnten und wenn von der Anwendung des § 228 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI im Hinblick auf die Umstände der Begründung des Arbeitsverhältnisses abzusehen wäre.

§ 313 SGB VI ist nicht verfassungswidrig. Die in dieser Vorschrift zum Übersicherungseinwand getroffenen Regelungen verstoßen nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 3 Abs. 1 GG oder Grundsätze des Vertrauensschutzes. Dies gilt auch soweit nunmehr von der Anrechnung zukunftsgerichtet (ab Januar 2001) erstmals Rentenbezieher betroffen sind, denen die Leistung bereits vor 1996 bewilligt wurde. Der Senat bezieht sich dazu voll inhaltlich auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 6. März 2003, veröffentlicht in SozR 4-2600 § 313 Nr. 2. Dort ist ausgeführt (EU = Erwerbsunfähigkeit, BU = Berufsunfähigkeit):

"Nicht nur das subjektive Recht des Klägers auf Rente wegen EU, sondern auch die aus diesem Stammrecht fließenden Zahlungs- ansprüche genießen den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die konkrete Reichweite dieses Schutzes ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und - hier einschlägig - Schranken des Eigentums, die der parlamentarische Gesetzgeber vorzunehmen hat. Schrankenbestimmungen müssen stets verhältnismäßig sein. Der Eingriff in eigentumsgeschützte Rechtspositionen darf zudem nicht unzumutbar sein und muss

dem gebotenen Vertrauensschutz entsprechen. Diesen Erforder- nissen werden die Regelungen des § 313 SGB VI gerecht (näher zur Verfassungsmäßigkeit des Übersicherungseinwandes; Urteil vom 17. Dezember 2002, B 4 RA 23/02 R, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Ziel der Regelungen über den Übersicherungseinwand ist es, eine Übersicherung, die sich aus der Summierung der Rentenleistung und eigenem Arbeits- bzw. Erwerbseinkommen ergeben kann, zu begrenzen. Das Sicherungsziel der Rente wegen EU entspricht dem der Altersrente, nämlich durch die Versicherungsleistung einen unterstellten Verlust an - sonst - beitragsbelastetem Erwerbs- einkommen nach Maßgabe des relativen Wertes der Vorleistung für die Versicherung voll auszugleichen (Rentenartfaktor 1). Da die Rente wegen EU längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt wird (§ 44 Abs. 1 SGB VI aF) ist es sachgerecht, insoweit mit Blick auf das wirtschaftliche Ergebnis die gleiche Regelung zu treffen wie bei den Altersrenten, die vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen werden können. Insoweit korrespondieren die Hinzuverdienstgrenzen miteinander, die in § 34 Abs. 2 SGB VI und § 44 Abs. 2 SGB VI aF als negative Anspruchsvoraussetzung und in § 313 Abs. 2 Nr. 2 iVm Abs. 3 Nr. 1 SGB VI als anspruchsver- nichtender Einwand ausgestaltet sind. Alle Regelungen führen dazu, dass Hinzuverdienste auf grund geringfügiger Beschäftigungen, nämlich bis zur Verdienstgrenze von 630 DM, zum einen das zuer- kannte Recht auf die Rente und zum anderen die daraus fließenden monatlichen Zahlungsansprüche unberührt lassen. Der Versicherte kann also neben dem "vollen" Bezug der Rente wegen EU noch einen Hinzuverdienst bis zu 630 DM monatlich erzielen und damit über ein Gesamteinkommen verfügen, dass das Sicherungsziel der Renten wegen Alters und wegen EU übersteigt. Darauf, dass in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 13/3150 S 42) auch berufsregelnde Absichten bekundet werden, welche die Berufs- freiheit gerade der behinderten Menschen verfassungswidrig ein- schränken könnten (Art. 3 Abs. 3 Satz 3 iVm Art. 12 Abs. 1 GG), ist nicht näher einzugehen; diese Absichten haben im (verfassungs- konform verstandenen) Gesetz keinen Niederschlag gefunden.

Wenn darüber hinaus Zahlungsansprüche aus einem Recht auf Rente wegen EU bei einem Überschreiten der Hinzuverdienst- grenze von 630 DM (325 Euro) im jeweiligen Kalendermonat nicht mehr bestehen, ist auch dies nicht verfassungswidrig. Es kommt dann das gegenüber dem Recht auf EU stets subsidär bestehende Recht auf BU zum Tragen. Dort verbleibt ein Einkommen aus Rente und Hinzuverdienst eindeutig im Bereich der Übersicherung.

Auch eine Verletzung des Vertrauensschutzes liegt nicht vor. Denn durch die zum 1. Januar 1996 eingeführte Vertrauensschutzrege- lung des § 302b SGB VI aF waren die Empfänger einer Rente wegen EU einerseits für die Dauer bis Ende Dezember 2000 und damit für einen Zeitraum von fünf Jahren von den Begrenzungen, die sich aus der Einführung des § 96a SGB VI für Zugangsrentner ab 1. Januar 1996 ergaben, nicht berührt; insoweit waren diese Versicherten besser gestellt als Zugangsrentner ab 1. Januar 1996. Zum anderen ermöglichte es die Vertrauensschutzregelung, dass sich Empfänger von EU-Rente auf die Gesetzesänderung in einem angemessenen Zeitraum einstellen konnten."

Nach § 313 Abs. 6 SGB VI gilt für Versicherte, die am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechnete Invalidenrente hatten und die die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Sonderpflegegeld nach den am 31. Dezember 1991 geltenden Vorschriften des Beitrittsgebiets erfüllen, eine Hinzuverdienstgrenze nicht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt der Kläger ersichtlich nicht, da er zum Stichtag keinen Anspruch auf eine Invalidenrente nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets hatte. Aus § 313 Abs. 6 SGB VI, der wie die bis zum 31.12.2000 maßgebliche Vorgängerregelung des § 302 b Abs. 2 SGB VI lediglich eine Schlechterstellung der Invalidenbestandsrentner des Beitrittsgebietes im Verhältnis zu den Invalidenrentenberechtigten nach Art. 2 des Rentenüberleitungsgesetzes - RÜG - vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1606) vermeiden sollte (vgl. Jörg in Kreikebohm, SGB VI, Stand Juni 1998, Rd. 4 zu § 302 b und Störmann in Gesamtkommentar Sozialversicherung, SGB VI, Nr. 14 zu § 313), ergibt sich auch kein Argument dafür, die Anrechnung von Arbeitsentgelt nach § 313 Abs. 1 bis 3 SGB VI im Falle des Klägers als verfassungs- weil gleichheitswidrig anzusehen. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte nicht grundlos ungleich zu behandeln. Ein solcher Sachverhalt kann hier schon deshalb nicht festgestellt werden, weil jede Basis fehlt, den Kläger mit einem Versicherten zu vergleichen, dessen Ansprüche auf dem Recht des Beitrittsgebiets beruhen. Der Kläger hat 1983 die DDR verlassen und sich - in seinem Falle sogleich als Leistungsbezieher - in das Wirtschafts- und Sozialsystem der Bundesrepublik eingegliedert. Deshalb ist kein Anstoß daran zu nehmen, es ist vielmehr sogar ersichtlich sachgemäß, wenn der Kläger den Regelungen unterworfen ist, die für jeden Versicherten des Alt-Bundesgebiets gelten.

Die Kostentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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