L 9 KR 103/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 1891/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 103/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für Akupunkturbehandlungen.

Die 1969 geborene und schwerbehinderte Klägerin leidet u.a. an multiplen Nervenschädigungen mit Schmerzsyndromen und hierbei insbesondere an einem komplexen Wirbelsäulenschmerzsyndrom mit starker Schmerzsymptomatik, u.a. im Lendenwirbelsäulenbereich.

Nachdem die Beklagte bereits mit Bescheid vom 4. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000 die Übernahme der Kosten für in der Zeit vom 17. August bis zum 5. Dezember 2000 durchgeführte Akupunkturbehandlungen abgelehnt hatte - die hiergegen gerichtete Klage wurde rechtskräftig abgewiesen (Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. November 2001 - S 72 KR 130/01 - und Beschluss des Landessozialgerichts Berlin vom 30. September 2002 - L 15 KR 9/02 NZB -) - beantragte die Klägerin am 6. März 2001 erneut die Erstattung der Kosten für weitere zehn in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 1. März 2001 durchgeführte Schmerzbehandlungen mittels Akupunktur in Höhe von 718,20 DM. Gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2001, mit dem diese diesen Antrag unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 16. Oktober 2000 (BAnz Nr. 12 vom 18. Januar 2001) mit der Begründung ablehnte, Akupunkturbehandlungen gehörten nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, erhob die Klägerin am 2. April 2001 Widerspruch. Hierbei verwies sie auf die "Modellvorhaben" anderer Krankenkassen. Deren Patienten hätten keine Probleme mit der "Akupunktur auf Krankenschein".

Mit am 28. Mai 2001 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben des die Klägerin behandelnden Arztes für Innere Medizin, Homöopathie und Akupunktur Dr. med. H-J N vom 17. Mai 2001 beantragte dieser im Namen der Klägerin die Erstattung weiterer Kosten in Höhe von nochmals 718,20 DM für weitere zehn in der Zeit vom 8. März bis zum 10. Mai 2001 durchgeführte Akupunkturbehandlungen.

Den Widerspruch der Klägerin vom 2. April 2001 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2001 mit der Begründung zurück, dass Versicherte vor Inanspruchnahme einer Leistung außerhalb des vertragsärztlichen Systems grundsätzlich gehalten seien, ihre Krankenkasse zu befragen, ob eine Kostenerstattung erfolgen könne. Die Klägerin habe jedoch erst nach Abschluss der Behandlung einen Antrag auf Kostenerstattung gestellt. Schon aus diesem Grund habe sie keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten in Höhe von 718,20 DM. Darüber hinaus komme aber eine Kostenerstattung deshalb nicht in Betracht, weil Akupunkturbehandlungen nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden könnten. Denn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe für diese Methode keine Empfehlung abgegeben. Ob die Methode im Einzelfall erfolgreich angewandt worden sei, sei ohne Belang. Der Bescheid vom 28. März 2001 sei daher nicht zu beanstanden.

Mit ihrer hiergegen am 15. Juni 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin die Erstattung der von ihr verauslagten Kosten für die in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 10. Mai 2001 durchgeführten 20 Akupunkturbehandlungen in Höhe von insgesamt 1.436,40 DM (2 x 718,20 DM = 734,42 Euro) begehrt und darüber hinaus die Verpflichtung der Beklagten erstrebt, die "beantragte Kostenübernahme für Akupunkturbehandlungen zu bewilligen".

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Juni 2002 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klage dahingehend auszulegen sei, dass die Klägerin die Erstattung von Kosten in Höhe von 734,42 Euro unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehre. Diese Klage sei zulässig, aber unbegründet. Denn eine Kostenerstattung könne durch eine Krankenkasse nur erfolgen, wenn diese eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Dies bedeute, dass eine Kostenerstattung dann ausscheide, wenn der Versicherte sich die Behandlung außerhalb des Vertragssystems selbst beschaffe, ohne sich 1. vor der Behandlung mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen und 2. ohne deren Entscheidung abzuwarten. Im vorliegenden Fall habe es die Klägerin bereits versäumt, schon vor Inanspruchnahme der Leistung einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten zu stellen.

Gegen das ihr am 21. Juni 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. Juli 2002 eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie neben der Kostenerstattung zunächst auch die Verpflichtung der Beklagten erstrebt hat, ihr zukünftig Akupunkturbehandlungen als Sachleistung zu gewähren. Diesen Antrag habe das Gericht völlig übersehen. Jede Auseinandersetzung mit diesem Antrag fehle. Soweit das Sozialgericht den Kostenerstattungsanspruch habe daran scheitern lassen, dass sie die begehrte Leistung nicht vor ihrer Erbringung bei der Beklagten beantragt habe, habe das Gericht nicht beachtet, dass sie bereits am 25. September 2000 einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten gestellt habe. Dieser Antrag sei jedoch mit Bescheid vom 4. Oktober 2000 von der Beklagten ablehnt worden. Im vorliegenden Fall werde eine Kostenerstattung für Behandlungen begehrt, die ab dem 22. Dezember 2000, also für Zeiten nach Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 4. Oktober 2000 durchgeführt worden seien. Bei den streitbefangenen Akupunkturbehandlungen habe es sich zudem um unaufschiebbare Leistungen gehandelt, weil der Gesundheitszustand der Klägerin ein Abwarten einer Entscheidung der Beklagten nicht zugelassen habe. Derartige Behandlungen gehörten auch zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Klägerin hat ihre Klage in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. September 2004 insoweit zurückgenommen, als mit ihr die Gewährung von Akupunkturbehandlungen als Sachleistung begehrt wurde. Sie sei bei der Beklagten nicht mehr krankenversichert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei- des vom 30. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die von ihr in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 10. Mai 2001 durchgeführten Akupunkturbehandlungen in Höhe von 734,42 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

die sie für unbegründet hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte des Landessozialgerichts Berlin mit dem Aktenzeichen L 15 KR 9/02 NZB verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Soweit die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage neben der Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2001 und der Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 1. März 2001 in Anspruch genommenen Akupunkturbehandlungen in Höhe von 367,20 Euro (718,20 DM) auch die Erstattung der von ihr verauslagten Kosten für die in der Zeit vom 8. März 2001 bis zum 10. Mai 2001 erfolgten weiteren zehn Akupunkturbehandlungen begehrt, ist die Klage insoweit unzulässig. Denn Voraussetzung dieser (unechten) Leistungsklage ist nach § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), dass ein Verwaltungsakt vorliegt, mit dem die begehrte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wurde. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Denn die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid ausschließlich über die Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 1. März 2001 erfolgten Akupunkturbehandlungen entschieden. Die Klägerin hat zunächst gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2001 Widerspruch erhoben, mit dem diese ausschließlich die Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 1. März 2001 durchgeführten Akupunkturbehandlungen abgelehnt hatte. Im Anschluss hat die Klägerin dann mit am 28. Mai 2001 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben ihres behandelnden Arztes vom 17. Mai 2001 die Erstattung der Kosten für die weiteren in der Zeit vom 8. März 2001 bis zum 10. Mai 2001 durchgeführten Akupunkturbehandlungen beantragt. Bereits zwei Tage nach Eingang dieses Schreibens bei der Beklagten hat der Widerspruchsausschuss über den Widerspruch der Klägerin entschieden. Zu diesem Zeitpunkt lag aber noch keine Entscheidung der Beklagten über den weiteren Antrag der Klägerin vom 28. Mai 2001 vor. Deshalb nennt der Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses der Beklagten auch nur den Bescheid der Beklagten vom März 2001 als den zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakt. Dementsprechend hat der Widerspruchsausschuss der Beklagten auch ausschließlich über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides und damit über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 1. März 2001 in Anspruch genommenen Akupunkturbehandlungen in Höhe von 367,20 Euro (718,20 DM) entschieden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten hat dies in seinem Widerspruchsbescheid auch so ausdrücklich ausgeführt. Über die Erstattung der Kosten für die weiteren in der Folgezeit erfolgten Akupunkturbehandlungen in Höhe von nochmals 367,20 Euro hat weder der Widerspruchsausschuss noch die Beklagte selbst mittels Verwaltungsakt entschieden.

Soweit die Klägerin schließlich die Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 1. März 2001 erbrachten Akupunkturbehandlungen in Höhe von 367,20 Euro (718,20 DM) begehrt, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung dieser Kosten.

Als Rechtsgrundlage des erhobenen Anspruchs kommt nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten Kosten einer selbst beschafften Leistung zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und von der Krankenkasse nicht erbracht werden konnte (1. Alternative) oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte (2. Alternative).

Die Voraussetzungen der 1. Alternative dieser Norm liegen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor. Denn sie hätte sich vor Inanspruchnahme der Akupunkturbehandlungen mit der Beklagten in Verbindung setzen und die Gewährung der streitbefangenen Behandlungen als Sachleistung beantragen müssen. Dies hat sie aber nicht getan. Das Tatbestandsmerkmal der unaufschiebbaren Leistung erfasst nicht nur Notfälle im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGBV, bei denen ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn mit der Ausführung solange gewartet wird, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg erreicht werden kann. Die medizinische Dringlichkeit ist indes nicht allein ausschlaggebend. Denn für die 1. Alternative der genannten Norm wird neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. Ein Kostenerstattungsanspruch kann mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nur begründet werden, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zumutbar war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R -, SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 = NZS 2001, 319 ff). Im vorliegenden Fall war es der Klägerin zumutbar, sich vor der Leistungsbeschaffung mit der Beklagten über ihr Leistungsbegehren in Verbindung zu setzen. Dass es sich bei den Akupunkturleistungen nicht um "Notfallbehandlungen" im Sinne einer aus medizinischen Gründen notwendigen sofortigen Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin handelte, ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin die Erstattung der Kosten von zwei Behandlungsserien zu je zehn Einzelbehandlungen begehrt, und dies, nachdem bereits zumindest eine Serie von zehn Behandlungen vorab durchgeführt worden ist. Bei derartigen Behandlungsserien, bei denen die jeweiligen Termine der einzelnen Behandlungen im Wochenrhythmus stattfinden, ist nicht ersichtlich, warum es der Klägerin nicht möglich und zumutbar gewesen ist, sich rechtzeitig vor Behandlungsbeginn an die Beklagte zu wenden.

Soweit die Klägerin insoweit darauf verweist, dass sie bereits am 25. September 2000 (richtig: 28. August 2000) einen Antrag auf "außervertragliche Behandlungsmethode/Akupunktur" gestellt und die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 4. Oktober 2000 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000) abgelehnt und sie dementsprechend die hier streitbefangenen Leistungen nach Antragstellung und nach Bescheiderteilung in Anspruch genommen habe, vermag sie hiermit nicht durchzudringen. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 4. Oktober 2000 den Antrag der Klägerin vom 28. August 2000 auf Erstattung ihrer Kosten für die in der Zeit vom 17. August 2000 bis zum 5. Dezember 2000 durchgeführten Akupunkturbehandlungen abgelehnt. Der Antrag vom 28. August 2000 und der entsprechende Bescheid der Beklagten bezog sich auf die konkret geltend gemachten Kosten für die in dem genannten Zeitraum durchgeführten Akupunkturbehandlungen. Dieser Antrag hat sich mit der Bescheiderteilung erledigt.

Die Klägerin kann ihr Begehren deswegen erst recht nicht auf die 2. Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V stützen. Denn der auf eine unrechtmäßige Leistungsverweigerung gestützte Erstattungsanspruch setzt ebenfalls voraus, dass es dem Versicherten nach den Umständen des Falles nicht möglich oder nicht zumutbar war, vor der Selbstbeschaffung die Krankenkasse einzuschalten und eine Bescheidung durch die Krankenkasse abzuwarten (Urteil des BSG vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R -, a.a.O., m.w.Nachw.).

Mit dem am 6. März 2001 bei der Beklagten eingegangenen Antrag hat die Klägerin erstmals die Erstattung der Kosten für die bereits in der Zeit vom 22. Dezember 2000 bis zum 1. März 2001 durchgeführten Akupunkturbehandlungen begehrt. Mit Bescheid vom 23. März 2001 hat die Beklagte dann die Erstattung dieser Kosten abgelehnt. Voraussetzung einer Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V ist aber ein kausaler Zusammenhang zwischen der Leistungsverweigerung durch die Krankenkasse und der Selbstbeschaffung durch den Versicherten. Der Versicherte muss sich aufgrund der ablehnenden Entscheidung der Krankenkasse gezwungen sehen, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen. Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin die Leistung nicht nur bereits vor der Bescheiderteilung beschafft, sondern schon vor Antragstellung. Andere Gründe, die eine Selbstbeschaffung, ohne Einschaltung der Beklagten rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Klägerin hat im Übrigen aber auch aus Sachgründen keinen Anspruch auf Erstattung der streitbefangenen Behandlungskosten. Denn Akupunkturbehandlungen gehören grundsätzlich nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

Nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden - hierzu gehört auch die Behandlung mittels Akupunktur, weil sie nicht als abrechnungsfähige Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthalten ist (Nr. 2.1.- der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß §135 Abs. 1 SGB V [BUB-Richtlinien] vom 10. Dezember 1999 [BAnz 2000 Nr. 56 S. 4602]) - in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Die Bestimmung regelt ungeachtet ihres Standorts im Vierten Kapitel des SGB V über die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern nicht nur die Modalitäten der Leistungserbringung, sondern legt für ihren Anwendungsbereich zugleich den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen fest (Urteil des BSG vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 18/01 R -).

Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard entspricht, soll nach Wortlaut und Konzeption des Gesetzes nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Dabei hat der Bundesausschuss nicht selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Handlungsweise besteht. Die BUB-Richtlinien mit der darin enthaltenen Verfahrensordnung tragen dieser Aufgabenstellung Rechnung, indem sie im Einzelnen regeln, welche Unterlagen für die Überprüfung heranzuziehen sind, nach welchen Kriterien die Bewertung zu erfolgen hat und welche Voraussetzungen für eine Anerkennung der Methode erfüllt sein müssen. Hierbei besteht die Besonderheit, dass das Gesetz eine Bindung der Verwaltung und der Gerichte an diese Richtlinien bewirkt, indem es anordnet, dass solche Methoden ohne Empfehlung in den Richtlinien nicht zu Lasten der Krankenversicherung angewandt werden dürfen; § 135 Abs. 1 SGB V statuiert insoweit einen Erlaubnisvorbehalt (Urteil des BSG vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 18/01 R -).

Darüber, ob Akupunkturbehandlungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden dürfen, hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen mit Beschluss vom 16. Oktober 2000 (BAnz Nr. 12 vom 18. Januar 2001) entschieden. Danach handelt es sich bei der Akupunktur grundsätzlich um eine Methode, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden darf. Ausnahmsweise darf eine Akupunkturbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden, wenn die Indikationen chronische Kopfschmerzen, chronische LWS-Schmerzen und chronische osteoarthritische Schmerzen vorliegen und soweit die Behandlung in einem so genannten Modellversuch nach den §§ 63 ff SGB V erfolgt (Anlage B Nr. 31 der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V). Der Senat kann offen lassen, ob eine der hier genannten Indikationen bei der Klägerin vorliegt. Denn jedenfalls erfolgte die Behandlung der Klägerin mit Akupunktur unstreitig nicht im Rahmen eines Modellversuchs nach den §§ 63 ff SGB V. Dies hat zur Folge, dass die streitbefangenen bei der Klägerin durchgeführten Akupunkturbehandlungen von der Beklagten nicht als Sachleistung gewährt werden durften. Dies schließt zugleich einen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch aus.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache selbst.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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