L 8 RJ 16/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 26 RJ 544/00 W 02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RJ 16/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Mai 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht die ihr nach ihrem vorletzten Ehemann ab 1. Oktober 1993 gewährte Witwenrente bereits ab 1. Januar 1992 und macht insofern einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend.

Die 1921 geborene Klägerin war in erster Ehe mit dem 1919 geborenen und am. März 1943 im Kriege gefallenen Versicherten H M verheiratet. Ihre zweite Ehe ging sie am. August 1953 ein; ein Anspruch auf eine Witwenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes bestand zu diesem Zeitpunkt nicht. Der (zweite) Ehemann verstarb am. Februar 1979. Ein Witwenrentenanspruch der Klägerin gegen die gesetzliche Rentenversicherung nach dem letzten Ehegatten bestand nicht. Das Versorgungsamt II Berlin gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 14. März 1980 Hinterbliebenenversorgung nach dem ersten Ehemann gemäß § 44 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz -BVG- in der Fassung vom 22. Juni 1976 (BGBl. I S. 1633); es wurde wegen Anrechnung eigenen Einkommens nur die Grundrente gezahlt.

Der Antrag der Klägerin auf Wiederaufleben der Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemannes wurde von der Beklagten abgelehnt, weil die Klägerin zur Zeit der erneuten Eheschließung keinen Anspruch auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente gehabt habe (Bescheid vom 21. August 1979 und Berichtigungsbescheid vom 22. Oktober 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1979).

Auf Grund einer allgemeinen Arbeitsanweisung im Hinblick auf das zum 1. Januar 1992 in Kraft getretene (neue) Rentenrecht (Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VI-), hier des § 46 Abs. 3 SGB VI, wies das Versorgungsamt II Berlin mit Schreiben vom 27. September 1994 die Klägerin darauf hin, dass in ihrem Falle nunmehr die Voraussetzungen für die Gewährung einer Witwenrente nach ihrem vorletzten Ehemann nach Lage der Akten erfüllt seien und sie insofern gebeten werde, ihre Witwenrentenansprüche beim zuständigen Rentenversicherungsträger prüfen zu lassen.

Unter Hinweis auf dieses Schreiben beantragte die Klägerin am 18. Oktober 1994 bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten. Diesem Antrag entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 14. November 1997 und gewährte die Rente nach Maßgabe der §§ 46 Abs. 3, 115 Abs. 1 Satz 1, 99 Abs. 2 Satz 3 SGB VI rückwirkend vom 1. Oktober 1993 an. Mit ihrem Widerspruch begehrte die Klägerin die Rentengewährung bereits ab 1. Januar 1992 und verwies darauf, dass die späte Antragstellung durch die verzögerte Information des Versorgungsamtes II verursacht worden sei. Die Beklagte bestätigte ihre Entscheidung im Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2000 unter Darlegung der gesetzlichen Bestimmungen, die im Hinblick auf die erst im Oktober 1994 erfolgte Antragstellung eine rückwirkende Gewährung nur für 12 Monate und damit ab 1. Oktober 1993 zuließen.

Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gewandt. Sie hat dazu geltend gemacht, die Versorgungsverwaltung habe sie pflichtwidrig nicht früher auf einen möglichen Rentenanspruch gegenüber der Beklagten aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes hingewiesen. Bei rechtzeitiger Information hätte sie den Antrag frühzeitiger stellen und die Voraussetzungen für die Rentengewährung bereits vom 1. Januar 1992 an erfüllen können. Das fehlerhafte Verhalten der Versorgungsbehörde müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, so dass sich der geltend gemachte Anspruch aus dem so genannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen lasse.

Das SG hat die Verwaltungsakte des Versorgungsamtes II Berlin beigezogen und auf Anforderung eine Kopie der zur Information der Klägerin führenden Arbeitsanweisung erhalten.

Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 7. Mai 2002 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Rentenanspruch nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 SGB VI stehe der Klägerin auf Grund der erst mit Schreiben vom 17. Oktober 1994 erfolgten Antragstellung erst ab 1. Oktober 1993 zu, wie sich aus §§ 115 Abs. 1 Satz 1, 99 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ergebe. Ein früherer Rentenbeginn folge auch nicht aus dem so genannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Ein Fehlverhalten der Beklagten selbst komme weder nach den Regelungen der §§ 14, 15 SGB I noch nach der Regelung des § 115 Abs. 6 SGB VI in Betracht. Anlass zur "Spontanberatung" (Hinweis auf BSGE 79, 168), etwa auf Grund eines Leistungsantrages oder einer sonstigen aktuellen Bearbeitung ihres Falles, habe nicht bestanden. Insbesondere stelle weder das In-Kraft-Treten des Rentenreformgesetzes 1992 noch die Tatsache, dass die Beklagte im Jahre 1979 den erstmals gestellten Antrag auf Wiederaufleben der Witwenrente bestandskräftig abgelehnt hatte, einen Anlass für eine solche Spontanberatung dar. Ebenso wenig habe die Beklagte die Auskunftspflicht nach § 15 SGB I verletzt, da die Klägerin weder um diesbezügliche Auskunft gebeten hatte noch sonst Anlass zur Auskunft erwachsen wäre. In Betracht komme allenfalls eine Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 13 SGB I. Dies bedürfe jedoch keiner Entscheidung, da die Nichterfüllung dieser Verpflichtung die Entstehung eines so genannten Herstellungsanspruches nicht zu begründen vermöge (Hinweis auf BSGE a.a.0.). Schließlich liege auch keine Verletzung der Regelung des § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI vor. Ein "geeigneter" Fall in diesem Sinne komme nur dann in Betracht, wenn die Adressaten derartiger Hinweise ohne weitere Nachfrage - etwa aus dem Datenbestand des Versicherungsträgers - bestimmbar seien und die Regelung den Schutz des Einzelnen bezwecke. Der vorliegende Sachverhalt sei nicht mit den von der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fällen vergleichbar. Der bei der Beklagten vorhandene Datenbestand ließe nicht ohne Weiteres erkennen, dass die Klägerin, deren Versicherungskonto bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte geführt werde, nunmehr die Voraussetzungen für eine Witwenrente nach dem vorletzten Ehemann erfüllen würde.

Im Übrigen ergebe sich der Anspruch auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch im Hinblick auf ein mögliches der Beklagten zurechenbares Fehlverhalten der Versorgungsverwaltung. Dahingestellt bleiben könne, ob vorliegend ein Sachverhalt gegeben sei, wie er der vom Bevollmächtigten der Klägerin zitierten Entscheidung des BSG vom 14. Februar 2001 (B 9 V 9/00 R) zu Grunde gelegen habe. Denn Voraussetzung für die Zurechnung eines etwaigen Fehlverhaltens einer (anderen) Behörde sei grundsätzlich, dass diese im Sinne einer Funktionseinheit arbeitsteilig bzw. funktionell in den Verwaltungsablauf bzw. in die Wahrnehmung von Aufgaben des anderen Leistungsträgers eingebunden sei. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Leistungen, wie es das BSG in seiner Entscheidung vom 29. Oktober 1992 (10 RK 24/91) postuliert habe, bestehe zwischen den Rentenleistungen der Beklagten und der Witwenversorgung durch das Versorgungsamt Berlin nicht. Zwar bestimme § 90 Abs. 1 SGB VI, dass auf eine Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten für denselben Zeitraum bestehende Ansprüche auf Witwenrente oder Witwerrente, auf Versorgung, auf Unterhalt oder auf sonstige Renten nach dem letzten Ehegatten angerechnet werden. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor, da es hier gerade um ein mögliches Konkurrenzverhältnis zwischen der Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten und Ansprüchen auf Versorgung nach demselben (vorletzten) Ehegatten gehe und nicht um solche nach dem letzten Ehegatten. Darüber hinaus bestimme § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, dass Einkommen im Sinne der §§ 18a bis 18e SGB IV von Berechtigten, das mit einer Witwenrente zusammenträfe, hierauf angerechnet werde. Als anrechenbares Einkommen in Betracht kämen hier gemäß § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV lediglich Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen). Betrachte man die in § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 10 SGB IV genannten anrechenbaren Erwerbsersatzeinkommen, so komme einzig in Betracht die laufende Nummer 8 der Regelung, wonach Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 bis 11 BVG und anderen Gesetzen, die die entsprechende Anwendung der Leistungsvorschriften des BVG vorsehen, Erwerbsersatzeinkommen im vorgenannten Sinne seien. Hier habe die Klägerin vom Versorgungsamt II Berlin jedoch ausschließlich Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten in Form der Grundrente, die gerade nicht auf die große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten im Sinne des § 46 Abs. 3 SGB VI anzurechnen sei, erhalten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter ausführlicher Darlegung ihrer Auffassung die Gewährung der Witwenrente bereits ab 1. Januar 1992 nach den Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches beansprucht. Sie ist der Auffassung, mit der späten Information durch die Versorgungsbehörde habe diese eine Pflichtverletzung begangen, die sich die Beklagte zurechnen lassen müsse.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Mai 2002 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. November 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten bereits vorm 1. Januar 1992 an zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Rentengewährung erst ab 1. Oktober 1993 entspreche den gesetzlichen Bestimmungen. Eine Pflichtverletzung in Form des Verstoßes gegen Beratungspflichten sei weder ihr noch der Versorgungsverwaltung vorzuwerfen, so dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Versicherungsnummer: ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der ihr nach ihrem vorletzten Ehegatten gewährten Witwenrente bereits ab 1. Januar 1992.

Da die Klägerin zum Zeitpunkt der Wiederheirat im Jahre 1953 keine Witwenrente bezog, hatte sie nach bisherigem Recht bis 31. Dezember 1991 keinen Anspruch auf "Wiederaufleben" der Witwenrente nach dem ersten Ehemann. Ein solcher Anspruch hat sich erst auf Grund der Änderung des Rentenrechts durch das SGB VI (§ 46 Abs. 3) ergeben. Durch den erst im Oktober 1994 gestellten Antrag kommt nach den gesetzlichen Bestimmungen mithin eine Rentengewährung erst ab Oktober 1993 in Betracht, wie SG und Beklagte richtig festgestellt haben. Die Klägerin macht deshalb die Gewährung der Rente bereits ab 1. Januar 1992 auch nur über die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend.

Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Anspruch setzt voraus, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, die dem Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein rechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Außerdem ist erforderlich, dass durch Vornahme einer Amtshandlung der Zustand hergestellt werden kann, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger seine Verpflichtungen nicht verletzt hätte (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 15. August 2000 - B 9 VG 1/99 R in SozR 3-3100 § 60 Nr. 3 m.w.N.).

Ein dafür erforderliches Fehlverhalten der Beklagten selbst liegt nicht vor. Aus den §§ 14, 15 SGB I lässt sich, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ein Beratungsfehler der Beklagten nicht ableiten. Weder hatte die Klägerin um Beratung nachgesucht, noch war die Beklagte in jener Zeit in irgendeiner Weise mit der Angelegenheit der Klägerin befasst (vgl. dazu auch BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 31 = BSGE 87, 280). Auch aus § 13 SGB I, der die allgemeine Informationspflicht (Aufklärung) regelt, lässt sich das klägerische Begehren nicht begründen, denn eine Nichterfüllung der Aufklärungspflicht als solche begründet keinen Herstellungsanspruch (BSG a.a.0. unter Hinweis auf BSG SozR 3-1200 § 13 Nr. 1). Ob die Beklagte die von der Klägerin in Zweifel gezogenen allgemeinen Informationen tatsächlich herausgegeben hat, ist deshalb nicht entscheidungserheblich. Schließlich lässt sich auch aus § 115 Abs. 6 SGB VI eine - gegebenenfalls verletzte - Beratungs- oder Hinweispflicht nicht ableiten, wie das SG zutreffend dargelegt hat.

Entscheidend ist mithin, ob, vom SG verneint und von der Klägerin bejaht, eine Zurechenbarkeit des Verwaltungshandelns des Versorgungsamtes angenommen und weiter in der späten Information über einen möglichen Anspruch ein Fehlverhalten des Versorgungsamtes gesehen werden muss. Da hier bereits die Zurechenbarkeit zu verneinen ist, kann die Beantwortung der zweiten Frage dahinstehen.

Ein Herstellungsanspruch kann gegebenenfalls auch auf Fehler anderer Behörden gestützt werden, wenn diese in einer Sozialrechtsangelegenheit einen Bürger nicht oder fehlerhaft beraten oder nicht auf naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten für einen bestimmten sozialrechtlichen Anspruch hingewiesen haben. Dies setzt jedoch voraus, dass der betreffende Leistungsträger jedenfalls arbeitsteilig bzw. funktionell in den Verwaltungsablauf bzw. in die Wahrnehmung der Aufgaben des zuständigen Leistungsträger eingebunden ist (BSG SozR 3-3100 § 60 Nr. 3 m.w.N.). Ein solches Verhältnis hat die Rechtsprechung für das in das Verwaltungsverfahren eingeschaltete Ordnungsamt (BSG SozR 1200 § 14 Nr. 18) oder das Versicherungsamt (SozR 5750 Artikel 2 § 51a Nr. 63; SozR 3-5910 § 91a Nr. 7) angenommen. Die Rechtsprechung hat ferner auch die Möglichkeit bejaht, einem Rentenversicherungsträger Beratungsfehler des Arbeitsamtes im Hinblick auf die Gefahr eines Verlustes einer Rentenanwartschaft zuzurechnen (BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 9 und 22). Dagegen hat es die Rechtsprechung abgelehnt, das Fehlverhalten einer Ausländerbehörde (als Funktionseinheit der Kreisverwaltung) innerhalb des Aufenthaltserlaubnisverfahrens der Erziehungsgeldbehörde (ebenfalls als Funktionseinheit der Kreisverwaltung) zuzurechnen, denn damit würde das Verschulden einer Stelle geltend gemacht, die weder über den Sozialleistungsanspruch zu befinden habe noch als Antrags- oder Auskunftsstelle funktional in das Sozialleistungsverfahren einbezogen sei (SozR 3-1200 § 14 Nr. 24). Für den Bereich des Kindergeldrechts hat das BSG in einem Urteil vom 29. Oktober 1992 ergänzend ausgeführt, in Kindergeldangelegenheiten sei eine andere Behörde dann in das Verwaltungsverfahren eingeschaltet, wenn die von der anderen Behörde gewährte Leistung zu dem Kindergeld in einem Konkurrenzverhältnis steht, so dass sich aus der Verknüpfung beider Leistungen für die andere Behörde eine Fürsorge- und Beratungspflicht auch hinsichtlich des Kindergeldanspruches ergebe (SozR 3-1200 § 14 Nr. 8) und eine Einschaltung des Amtes für Ausbildungsförderung in das Verwaltungsverfahren der Kindergeldstelle verneint. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich dieser Rechtsprechung nicht entnehmen, dass schon eine allein materiell-rechtliche Verknüpfung und Anhängigkeit einzelner Ansprüche (vgl. dazu verneinend BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 13/03 R in SozR 4 - für das Verhältnis Krankenversicherungszuschuss und Beihilfe) als Konkurrenzverhältnis zu verstehen ist. Ein solches Verhältnis ist dann gegeben, wenn der Gesetzgeber einer Leistung den Vorrang einräumt, wie es in § 8 Abs. 1 BKGG im Verhältnis zum Kindergeld geschehen ist mit der Folge, dass zuvor gewährtes Kindergeld zunächst wegen der später einsetzenden Zahlung des Kinderzuschusses zur Rente aus der Rentenversicherung weggefallen war und für dessen erneute Gewährung im Zeitpunkt des Wegfalles des Kinderzuschusses zur Rente die Voraussetzungen des § 2 BKGG noch gegeben sein konnten (vgl. BSG SozR 1200 § 14 Nr. 19). Einen derartigen Vorrang hat der Gesetzgeber bezüglich des hier zu beurteilenden Sachverhaltes jedoch nicht festgelegt. Die Ansprüche bestehen nebeneinander, der Anspruch gegen den einen Leistungsträger bringt den Anspruch gegen den anderen Leistungsträger nicht zum Wegfall; nur die konkreten Zahlungsansprüche können im Hinblick auf die Anrechnungsvorschriften betroffen sein. Dementsprechend hat der 9. Senat des BSG in zwei jüngeren Entscheidungen vom 15. August 2000 (SozR 3-3100 § 60 Nr. 3) und 14. Februar 2001 (SozR 3-1200 § 14 Nr. 31) die arbeitsteilige bzw. funktionelle Einbindung des Rentenversicherungsträgers in die Aufgaben des Trägers der Versorgungsverwaltung verneint. Allerdings hat es in der letztgenannten Entscheidung einen Herstellungsanspruch gegen die Versorgungsverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Ungleichbehandlung (Artikel 3 GG) bejaht, weil es die dortige Klägerin im Gegensatz zu anderen Witwen, die ein Serienschreiben zur neuen Rechtslage bereits im Jahre 1991 erhielten, erst mit jahrelanger Verspätung im Laufe des Jahres 1997 ("als Archivfall") informiert hatte. Die Verneinung der Einbindung in das Verwaltungsverfahren in diesem Falle ist insofern bemerkenswert, als die nachträgliche Bewilligung der Rente nach dem vorletzten Ehemann unter Anrechnung der Ansprüche aus der Ehe nach dem letzten Ehemann im Hinblick auf das Verbot der Doppelanrechnung unproblematisch zur Gewährung einer Witwenversorgung für die Zukunft führte. Eine solche Konstellation liegt jedoch gerade nicht vor. Die Anrechnung von in der zweiten (letzten) Ehe erworbenen Renten-/ Versorgungsansprüchen steht nicht im Raume, da die Klägerin mangels entsprechender Versicherungszeiten nach dem letzten Ehemann keine (Hinterbliebenenrenten)-Ansprüche erworben hatte und demzufolge eine Anrechnung auf die Hinterbliebenenrente nach dem ersten Ehemann ausschied. Hinzu kommt, dass die Klägerin ohnehin nur eine nach dem Versorgungsrecht einkommensunabhängige Grundrente bezog. Ein Konkurrenzverhältnis im dargelegten Sinne zwischen der Wiederauflebensrente nach dem ersten Ehemann und der Grundrente nach diesem besteht mithin nicht, ebenso wenig eine auch nur materiell-rechtliche Verknüpfung (§§ 90, 97 SGB VI, § 18a ff SGB IV).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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