L 22 RA 304/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 14 RA 841/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 RA 304/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. Juli 2004 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeit vom 01. September 1972 bis 30. Juni 1990 und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der im ... 1949 geborene Kläger ist Ingenieur (Urkunde der Ingenieurschule für Maschinenbau W. vom 21. Juli 1972). Vom 04. September 1972 arbeitete er als Produktionsarbeiter, ab 12. Januar 1974 als Produktionsleiter beim VEB Fischkombinat R., vom 05. Januar 1977 als Produktionsleiter, ab 20. Dezember 1977 als leitender Offizier Produktion beim VEB Fischfang R. und vom 05. Januar 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, ab 01. Mai 1986 bis 30. Juni 1990 als Leiter der Inspektion B. bei der Deutschen Schiffs-Revision und -Klassifikation (DSRK). Zum 01. Januar 1975 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete Beiträge nur für das Einkommen bis 1 200,00 Mark monatlich beziehungsweise 14 400,00 Mark jährlich.

Im März 2003 beantragte der Kläger, die Zugehörigkeit zur AVtI für die streitige Zeit festzustellen. Mit Bescheid vom 27. März 2003 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, sein Anspruch von 1972 bis 1981 werde ignoriert. In dieser Zeit sei er überwiegend als leitender Ingenieur zur See gefahren. Die DSRK sei ein volkseigener Betrieb der Schifffahrt gewesen. Die Beklagte habe bereits Ansprüche von Dutzenden ehemaligen DSRK-Mitarbeitern anerkannt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01. August 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der DSRK handele es sich weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb noch um einen gleichgestellten Betrieb.

Dagegen hat der Kläger am 27. August 2003 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und vorgetragen:

Auf die DSRK sei der Rahmenkollektivvertrag (RKV) Seeverkehrswirtschaft angewandt worden. Sie sei für die Wahrnehmung der technischen Schiffssicherheit zuständig gewesen und habe auch eigene Forschungen betrieben. Institute und Betriebe der Schifffahrt seien in der Versorgungsordnung ausdrücklich gleichgestellt. Da Beschäftigungszeiten von 16 (namentlich benannten) ehemaligen Arbeitskollegen anerkannt seien, könne nicht davon ausgegangen werden, es handele sich um fehlerhafte begünstigende Entscheidungen.

Die Beklagte hat auf beigefügte Unterlagen des Bundesarchivs, einen Auszug aus dem Lexikon der Wirtschaft Verkehr und verschiedene Rechtsvorschriften die DSRK betreffend hingewiesen.

Das Sozialgericht hat einen Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg beigezogen sowie die Auskunft des Amtsgerichts Potsdam über das Vorliegen einer Registerakte zur DSRK eingeholt.

Mit Urteil vom 21. Juli 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen:

Werde an den gesellschaftlichen Status beziehungsweise die Gesellschaftsform angeknüpft, handele es sich bei der DSRK nicht um einen volkseigenen Betrieb, sondern um ein staatliches Organ. Nach der Verordnung über die Errichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts "Deutsche Schiffsrevision und -Klassifikation" vom 02. März 1950 sei die DSRK im Jahre 1950 in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet worden. Bereits dieser Rechtsform nach handele es sich nicht um eine Wirtschaftseinheit, sondern um eine öffentlich-rechtliche Organisationsform, ein staatliches Organ. § 1 der Verordnung über die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation vom 28. April 1960 habe festgelegt, dass die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation das staatliche Organ für die Revision und Klassifikation der nach den hierfür geltenden Bestimmungen klassifikationspflichtigen Wasserfahrzeuge sei. Gemäß § 2 Abs. 2 dieser Verordnung habe die DSRK zwar Betriebe und Einrichtungen in der DDR mit der Prüfung und Abnahme schiffbaulicher Einzelerzeugnisse beauftragen oder die Zulassung zur Prüfung und Abnahme erteilen können. Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift mache aber deutlich, dass zwischen der DSRK als dem staatlichen Organ für die Revision und Klassifikation von Wasserfahrzeugen (§ 1 dieser Verordnung) und Betrieben sowie Einrichtungen (§ 2 Abs. 3 dieser Verordnung) sehr wohl unterschieden worden sei. Auch aus der Anordnung über das Statut der DDR-Schiffs-Revision und -Klassifikation vom 27. Dezember 1972 gehe hervor, dass die DSRK als Organ des Ministeriums für Verkehrswesen ein staatliches Organ gewesen sei, das für die Wahrnehmung der sich auf dem Gebiet der technischen Schiffssicherheit ergebenden staatlichen Aufgaben verantwortlich gewesen sei. Es handele sich hierbei nicht um eine Wirtschaftseinheit, mithin nicht um einen Betrieb. Die DSRK sei auch einem volkseigenen Betrieb nicht gleichgestellt gewesen. Die DSRK werde bereits im Wortlaut der entsprechenden Durchführungsbestimmung, die abschließend sei, nicht erwähnt. Die DSRK könne schon kein Betrieb der Schifffahrt im Sinne dieser Durchführungsbestimmung sein, da sie in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts kein Betrieb im Sinne des Wirtschaftsrechts der DDR gewesen sei.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 06. September 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. September 2004 eingelegte Berufung des Klägers.

Er ist der Ansicht, dass die DSRK ein Institut der Schifffahrt gewesen sei. Es sei insoweit eine weite Auslegung geboten. In diesem Sinne hätten bereits die Sozialgerichte Hamburg (S 11 RA 110/03) und Cottbus (S 8 RA 133/03) entschieden. Nach der Urteilsbegründung des Sozialgerichts Cottbus würden mit dem Ausdruck Institut und Betriebe der Schifffahrt nicht nur die die Schifffahrt betreibenden Unternehmen/Betriebe, sondern darüber hinaus auch die darauf ausgerichteten Einrichtungen erfasst. Das Sozialgericht Hamburg habe in seiner Entscheidung ausgeführt, dass unter Institut diejenigen Lehr- oder Forschungsstellen zu verstehen seien, die der Forschung oder dem Gewerbe dienten und von außen beobachtend und begleitend tätig geworden seien und, wie vorliegend, Probleme der Schifffahrt erfassten und überwachten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. Juli 2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2003 zu verpflichten, die Zeit vom 01. September 1972 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach ihrer Ansicht war die DSRK ein staatliches Organ. Sie habe ihr Gepräge nicht durch industrielle Produktion erhalten. Zudem sei sie der Wirtschaftsgruppe 91140 zugeordnet gewesen. Wirtschaftsgruppe 9 habe jedoch die staatliche Verwaltung und die gesellschaftlichen Organisationen erfasst.

Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 03. November 2004 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24. November 2004 gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung - insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben - nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 27. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. September 1972 bis 30. Juni 1990 und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Der Kläger hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben, denn er erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen - dies trifft jedoch auf die AVtI nicht zu - galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 1).

Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951, 487 - (2. DB zur AVtI-VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand. Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.

War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene, vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.

Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R - und 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R).

Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni 1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R - fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.

Mit der oben genannten Rechtsprechung befindet sich das BSG nicht im Widerspruch zu seinen Urteilen vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R - und 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R. In jenen Urteilen wird zwar nicht auf den 30. Juni 1990 abgestellt. Dies rührt ersichtlich daher, dass bereits durch den Zusatzversorgungsträger jeweils Zeiten der Zugehörigkeit bis zum 30. Juni 1990 festgestellt waren und lediglich um einen vor dem Zeitpunkt der Aushändigung beziehungsweise Gültigkeit der ausgehändigten Urkunde gestritten wurde. Diese Entscheidungen betrafen somit tatsächlich Einbezogene. Allerdings haben diese Urteile zu erheblichen Missverständnissen geführt, die unter anderem zur Folge hatten, dass seitens des Versorgungsträgers - aber auch durch Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit - Zeiten der Zugehörigkeit, insbesondere zur AVtI, entgegen der tatsächlichen Rechtslage festgestellt wurden. Insbesondere die Formulierung, die Typisierung solle immer dann Platz greifen, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt (nicht notwendig noch zum 01. Juli 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei, derentwegen ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem errichtet gewesen sei, ist hierfür maßgebend gewesen. Dabei wurde jedoch verkannt, dass das BSG damit ausschließlich Zeiten von tatsächlich einbezogenen Berechtigten hat erfassen wollen. Über sonstige, nicht einbezogene Berechtigte, die also keinen Versicherungsschein erhalten hatten, hat das BSG mit diesen Urteilen überhaupt nicht entschieden.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, lagen beim Kläger am 30. Juni 1990 nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVtI vor, denn die DSRK war weder ein volkseigener Produktionsbetrieb (der Industrie oder des Bauwesens) noch eine gleichgestellte Einrichtung.

Nach § 1 AVtI-VO wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt.

Weder die AVtI-VO noch die 2. DB zur AVtI-VO enthält eine Definition des volkseigenen Betriebes. § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO bestimmt insoweit lediglich: Den volkseigenen Produktionsbetrieben werden gleichgestellt: Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; Technische Hochschulen; Technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinenausleihstationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

§ 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO lässt damit aber erkennen, dass es als originären volkseigenen Betrieb im Sinne von § 1 AVtI-VO lediglich den volkseigenen Produktionsbetrieb ansieht. Das Bundessozialgericht (BSG) versteht darunter nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 41/01 R). In jenem Urteil hat das BSG ausgeführt, dass der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigen" und "Produktion (Industrie, Bauwesen)" gekennzeichnet sei.

Ausgehend vom staatlichen Sprachgebrauch der DDR hat der Ausdruck "Betrieb" im Rahmen des Versorgungsrechts nur die Bedeutung, dass er wirtschaftsleitende Organe ausschließt (deswegen deren Gleichstellung in § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO).

Eine wesentliche Eingrenzung erfolgt jedoch bereits durch das Merkmal "volkseigen". Dadurch beschränkt sich der Anwendungsbereich der AVtI auf Betriebe, die auf der Basis des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums gearbeitet haben, der wichtigsten Erscheinungsform des sozialistischen Eigentums.

Maßgebend ist der gesellschaftsrechtliche Status bzw. die Gesellschaftsform, wie das BSG im weiteren Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - bezogen auf die Interflug GmbH entschieden hat.

Wird an dem gesellschaftsrechtlichen Status bzw. der Gesellschaftsform angeknüpft, ist ausgeschlossen, die DSRK als volkseigenen Betrieb anzusehen.

Nach § 1 Verordnung über die Errichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts "Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation" vom 02. März 1950 (GBl DDR 1950, 156) - DSRK - VO 1950 -, am 14. März 1950 mit der Verkündung in Kraft getreten (§ 4 DSRK-VO 1950), wurde zur Durchführung der Schiffsrevision und Schiffsklassifikation in der Deutschen Demokratischen Republik für Transportschiffe, Personenschiffe und technische Wasserfahrzeuge sowie Fischereifahrzeuge der Binnen-, Küsten- und Hochseeschifffahrt die "Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation" als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet. Sie war ein volkseigenes Unternehmen und hatte ihren Sitz in Potsdam. Mit § 6 Abs. 1 und 2 Verordnung über die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation vom 28. April 1960 (GBl DDR I 1960, 362) - DSRK-VO 1960 - wurde die DSRK-VO 1950 zum 15. Mai 1960 aufgehoben und durch die DSRK-VO 1960 ersetzt. Nach § 1 DSRK-VO 1960 war die Deutsche Schiffs-Revision- und -Klassifikation (DSRK) das staatliche Organ für die Revision und Klassifikation der nach den hierfür geltenden Bestimmungen klassifikationspflichtigen Wasserfahrzeugen. Ihre Aufgaben wurden vom Minister für Verkehrswesen in einem Statut festgelegt. Aufgrund dieser Ermächtigung erging die Anordnung über das Statut der Deutschen Schiffs-Revision und -Klassifikation vom 28. April 1960 (GBl DDR I 1960, 363) - DSRK-Statut-AO 1960. Nach § 1 Abs. 1 DSRK-Statut-AO 1960 war die Deutsche Schiffs-Revision und -Klassifikation (DSRK) ein staatliches Organ des Verkehrswesens und unterstand dem Minister für Verkehrswesen. Sie war juristische Person und Haushaltsorganisation. Nach § 2 Abs. 1 DSRK-Statut-AO 1960 nahm die DSRK die die Klassifikation und Revision aller nach den hierfür geltenden Bestimmungen klassifikationspflichtigen Wasserfahrzeugen, Bauteile, Ausrüstungen und Einrichtungen betreffenden staatlichen Aufgaben wahr; ihr oblag insbesondere: a) Klassifizierung aller klassifikationspflichtigen Wasserfahrzeuge, b) Bauaufsicht und Erprobung bei allen klassifikationspflichtigen Wasserfahrzeugen, die in der Deutschen Demokratischen Republik gebaut, umgebaut oder repariert wurden, c) Festlegung des Freibords und Ausstellung von Freibordzeugnissen, d) Eichung von Binnenschiffen und Ausstellung von Eichscheinen, e) Kontrolle der Einhaltung internationaler Bestimmungen, die die Klassifikation betreffen, f) Überwachung und Revision der Wasserfahrzeuge, g) Prüfung der Werkstoffe, Geräte, Maschinen usw. auf ihre Güte, Bauausführung und Funktion, sofern sie der Abnahmepflicht unterlagen, h) Prüfung der Bauunterlagen für Einzelerzeugnisse, i) Prüfung der Klassifikationsunterlagen, k) Erarbeitung und Weiterentwicklung von Bau-, Abnahme- und Sondervorschriften für Wasserfahrzeuge einschließlich der technischen Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen.

Mit der Anordnung über das Statut der DDR-Schiffs-Revision und -Klassifikation vom 27. Dezember 1972 (GBl DDR I 1973, 42) DSRK-Statut-AO 1972 - wurde die DSRK-Statut-AO 1960 zum 01. Januar 1973 durch die DSRK-Statut-AO 1972 ersetzt (§ 13 DSRK-Statut-AO 1972). Nach § 1 Abs. 1 DSRK-Statut-AO 1972 war die DDR-Schiffs-Revision und -Klassifikation (DSRK) das Organ des Ministeriums für Verkehrswesen für die Wahrnehmung der sich auf dem Gebiet der Technischen Schiffssicherheit ergebenden staatlichen Aufgaben. Nach § 3 DSRK-Statut-AO 1972 hatte die DSRK die Aufgabe, die technische Schiffssicherheit von aufsichts- und klassifikationspflichtigen Wasserfahrzeugen (nachstehend Fahrzeuge genannt), einschließlich deren Bauteile, Ausrüstungen und Einrichtungen, zu überwachen und dadurch zum Schutz des Fahrzeuges und des menschlichen Lebens auf See und anderen Gewässern sowie zum sicheren Transport der Ladung beizutragen. Dazu oblag der DSRK insbesondere die a) Ausarbeitung und der Erlass der für die technische Schiffssicherheit erforderlichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Bestimmungen über den technischen Arbeitsschutz und den Umweltschutz, b) Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften der DSRK und Ausstellung der in den Vorschriften geforderten Dokumente, c) Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen über die technische Schiffssicherheit in internationalen Übereinkommen und Empfehlungen und Ausstellung der entsprechenden Dokumente, d) Kontrolle der technischen Fahrtüchtigkeit von aufsichtspflichtigen Fahrzeugen und Ausstellung entsprechender Zeugnisse, e) Klassifikation der klassifikationspflichtigen Fahrzeuge und Ausstellung der Klasse-Atteste, f) Prüfung und Bestätigung der Seefähigkeit für nicht von der DSRK klassifizierte Fahrzeuge, g) Prüfung und Festlegung des Freibords sowie der Freibord-, Einsenkungs- und Tiefgangsmarken, h) Eichung und Festlegung der Eichmarken, i) Platzvermessung der Fahrzeuge, die der Personenbeförderung dienten, j) Anfertigung von technischen Gutachten über Fahrzeuge und dazugehörige Anlagen und Einrichtungen, k) Prüfung und Zulassung von Containern. Nach § 10 Satz 1 DSRK-Statut-AO 1972 war die DSRK juristische Person und Haushaltsorganisation.

Die genannten Vorschriften lassen erkennen, dass es sich bei der DSRK um eine staatliche Einrichtung, nicht jedoch um einen volkseigenen Betrieb gehandelt hat.

Sie war erst recht kein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Die o. g. Vorschriften lassen auch nicht andeutungsweise ersichtlich werden, dass die Aufgabe der DSRK in der massenhaften Produktion von industriellen Gütern oder Bauwerken (vgl. BSG Urteil vom 08. Juni 2004, B 4 RA 57/03 R) bestanden hat.

Die DSRK ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt.

In dieser Vorschrift wird die DSRK nicht ausdrücklich erwähnt.

Die DSRK ist insbesondere kein Institut oder Betrieb der Schifffahrt gewesen.

Nach der von der Beklagten vorgelegten Darstellung der Organisation der Hauptverwaltung des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft untergliederte sich die Hauptverwaltung in a) die Deutsche Schiffs-Revision und - Klassifikation, b) das Seefahrtsamt der DDR, c) die Direktion des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft und d) das Institut für den Seeverkehr und die Hafenwirtschaft. Das Recht der DDR kannte den Begriff des "Instituts", wie insbesondere die dargestellte Organisation der Hauptverwaltung deutlich macht, als Rechtsbegriff (siehe u. a. Verordnung über die Bildung eines Planökonomischen Instituts beim Ministerium für Planung vom 16. Februar 1950, GBl. DDR 1950, 132; Statut des "Deutschen Pädagogischen Zentralinstituts" und seiner Zweigstellen vom 02. März 1950, GBl. DDR 1950, 155; Anordnung über das Statut des Instituts für Kommunalwirtschaft, GBl. DDR II 1967, 209; Anordnung über das Statut des Instituts zur Ausbildung von Ökonompädagogen, GBl DDR II 1967, 255; Anordnung über das Institut für Kulturbauten, GBl DDR I 1975, 213, Anordnung über das Statut des Instituts für Bergbausicherheit, GBl DDR I 1987, 203). Die DSRK wird in den o. g. Vorschriften nicht als Institut definiert, so dass sie deswegen auch nicht als solches verstanden werden kann. Sofern sie in der täglichen Umgangssprache als Klassifikationsinstitut angesprochen worden sein sollte, ist dies rechtlich belanglos. Eine Einrichtung wird nicht deswegen zum Institut, weil sie tatsächlich rechtsuntechnisch so bezeichnet wird.

Die DSRK ist auch kein Betrieb der Schifffahrt gewesen. Unter Schifffahrt wird allgemein die Beförderung von Gütern und Personen mit größeren Wasserfahrzeugen, unterschieden nach Schauplatz in See-, Küsten- und Binnenschifffahrt verstanden. Die Brockhaus Enzyklopädie führt u. a. unter dem Begriff "Schifffahrt" aus: "zusammenfassende Bezeichnung für das Befahren der Gewässer und Meere mit Schiffen, insbesondere als Handels-Schifffahrt für den Verkehr mit Handelsschiffen zur Beförderung von Personen oder Gütern. Nach dem Fahrtbereich unterscheidet man Seeschifffahrt und Binnenschifffahrt." Die Rechtsordnung der DDR gebrauchte keine davon abweichende Definition. Nach § 2 Anordnung über die Organisation der volkseigenen Schifffahrts- und Umschlagsbetriebe vom 22. Dezember 1956 (GBl DDR I 1957, 18), die auf der Verordnung zur Aufhebung der Verordnung über die Neuorganisation der volkseigenen Schifffahrts- und Umschlagsbetriebe vom 14. Dezember 1956 (GBl DDR I 1957, 18) beruhte, mit der zugleich die Verordnung über die Neuorganisation der volkseigenen Schifffahrts- und Umschlagsbetriebe vom 20. Februar 1952 (GBl DDR 1952, 184) aufgehoben wurde, gliederten sich die Binnenschifffahrtsbetriebe in den Gütertransport der Binnenschifffahrt, den Personen- und Ausflugsverkehr der Schifffahrt sowie die Umschlags- und Lagertätigkeit in der Binnenschifffahrt. Nach § 3 Abs. 3 Seehandelsschifffahrtsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik - SHSG - vom 05. Februar 1976 (GBl DDR I 1976, 109) gehörten zur Seeschifffahrt der Betrieb und die Verwendung von Schiffen auf dem Offenen Meer und damit zusammenhängenden Gewässern für die Personenbeförderung, den Gütertransport sowie für andere wirtschaftliche, wissenschaftliche und sonstige Zwecke.

Für die vom Kläger angestrebte weite Auslegung der Begriffe "Institute und Betriebe der Schifffahrt" gibt es keine Anhaltspunkte. Wenn ein Rechtsbegriff in einer bestimmten Vorschrift anders als nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder anders als nach der üblichen rechtlichen Terminierung in der jeweiligen Rechtsordnung verstanden werden soll, bedarf es überzeugender Argumente, für die entsprechende Hinweise in der speziellen Rechtsmaterie, um die es bei der Auslegung geht, zu finden sein müssen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der vom Kläger angeführte RKV Seeverkehrswirtschaft regelt lediglich, dass dieser RKV für alle in einem Arbeitsrechtsverhältnis beziehungsweise Ausbildungsverhältnis stehenden Beschäftigen des VE Kombinates Seeverkehr und Hafenwirtschaft - Deutfracht/Seereederei - sowie der dem Ministerium für Verkehrswesen nachgeordneten Einrichtungen der Seeverkehrswirtschaft (nachfolgend Betriebe genannt) galt, soweit nachstehend nichts anderes geregelt war. Diese arbeitsrechtliche Vorschrift besagt nichts über die Anwendbarkeit der AVtI-VO, noch ergibt sich aus dieser nebst zugehöriger 2. DB zur AVtI-VO, dass es versorgungsrechtlich auf diesen RKV ankommen soll.

Bei § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO handelt es sich um eine abschließende Aufzählung, die einer Erweiterung nicht zugänglich ist. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssystem am 30. Juni 1990 gegebenen (abstrakt-generellen) Regelungen der DDR durch die vollziehende oder die rechtsprechende Gewalt ist, auch soweit diese in sich willkürlich sind, nicht zulässig. Der Einigungsvertrag (EV) hat grundsätzlich nur die Übernahme zum 03. Oktober 1990 bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten (Anlage 2 zum EV Sachgebiet H, Abschnitt III, Nr. 9 Buchstabe a und a. a. O. Sachgebiet F, Abschnitt III, Nr. 8 i. V. m. § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz - RAG -, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen wurden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgten). Eine Erweiterung des einbezogenen Personenkreises durch die vollziehende Gewalt oder die Rechtsprechung ist im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), wonach die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind, verfassungswidrig (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R). Aus bundesrechtlicher Sicht kommt es bei der Auslegung der 2. DB zur AVtI-VO auch nicht auf die praktische Handhabung der Versorgungsordnung durch die DDR oder auf deren Verwaltungspraxis an. Damit wird ausgeschlossen, dass beliebige Umstände des von dem Text der Versorgungsordnung vorgegebenen Rahmens, die sich mangels gesicherter faktischer Beurteilungsgrundlage nicht willkürfrei erschließen lassen, bei der Auslegung herangezogen werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R). Der Kläger wird daher auch nicht in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG berührt.

Eine weitergehende verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also von bundesdeutschem Recht, ist nicht geboten. Ein Wertungswiderspruch entsteht nicht dadurch, dass für den Kläger keine Zeiten der Zugehörigkeit zur AVtI festgestellt werden, denn er hatte nie eine Rechtsposition inne, die mit der der beiden oben genannten Personengruppen vergleichbar war. Das Verbot der Neueinbeziehung würde unterlaufen, wenn § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, ohne dass dies von Verfassungs wegen geboten ist, erweiternd ausgelegt würde (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R).

Diese Rechtsprechung des BSG hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht für verfassungswidrig gehalten (Beschluss vom 04. August 2004 - 1 BvR 1557/01). Es hat insoweit ausgeführt: "Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sich das BSG bei der Durchführung ... am Wortlaut der Versorgungsordnungen orientiert und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der Deutschen Demokratischen Republik anknüpft. Zwar wird dabei auf eine Weise verfahren, welche in der Deutschen Demokratischen Republik und der Umstände nicht allein maßgeblich für die Aufnahme in Zusatzversorgungen war. Die mit der Auslegung des AAÜG befassten Gerichte sind aber verfassungsrechtlich nicht gehalten, die in der Deutschen Demokratischen Republik herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Würde man unter Missachtung des Textes der Versorgungsordnung Kriterien für die Aufnahme in die Versorgungssysteme entwickeln, würde dies zwangsläufig zu neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der Versorgungssysteme zueinander führen." In weiteren Entscheidungen hat das BVerfG seine Auffassung bestätigt (Beschlüsse vom 08. September 2004 - 1 BvR 1697/02, 1 BvR 1735/03, 1 BvR 1094/03, 1 BvR 2359/02 und vom 12. Oktober 2004 - 1 BvR 1855/04).

Die Tatsache, dass möglicherweise verschiedene andere Mitarbeiter der DSRK Urkunden über eine zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz erhielten, führt gleichfalls nicht weiter. Zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehörte nämlich ferner, wer aufgrund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hatte (§ 1 Abs. 3 2. DB zur AVtI-VO). Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass andere Mitarbeiter aufgrund dieser Regelung, ohne die abstrakt-generellen Voraussetzungen der AVtI zu erfüllen, seinerzeit einbezogen wurden. Gegenüber diesem Personenkreis kann der Kläger eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht herleiten. Dieses Grundrecht ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten bei gleichem Sachverhalt willkürlich ungleich gegenüber einer Gruppe anderer Normadressaten behandelt wird. Es leuchtet jedoch ohne weiteres ein, dass bereits ein unterschiedlicher Sachverhalt darin zu sehen ist, dass der Kläger im Unterschied zu dem genannten Personenkreis eine Urkunde über eine zusätzliche Altersversorgung nicht besitzt. Dem gegenüber kann der Kläger zwar einwenden, diese sei ihm in der DDR gleichheitswidrig vorenthalten worden. Mit dieser möglichen Argumentation wird jedoch verkannt, dass insoweit Art. 3 Abs. 1 GG überhaupt nicht anwendbar ist. Die Grundrechte des GG schützen vor Eingriffen der dem GG unterworfenen Staatsgewalt. In der DDR galt zweifelsohne das GG nicht. Für von Behörden der DDR vorgenommenen Verletzungen von Grundrechten des Klägers hat die Bundesrepublik Deutschland und ihre Rechtsträger daher nicht einzustehen.

Soweit sich der Kläger gegenüber solchen Kollegen gleichheitswidrig behandelt fühlt, denen keine Versorgungsurkunde erteilt worden war, deren Zugehörigkeit zur AVtI gleichwohl durch die Beklagte festgestellt wurde, vermag der Senat dies nachzuvollziehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass im Fall des Klägers in derselben Weise verfahren werden kann. Nach Art. 20 Abs. 3 GG sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Das vom Kläger erhobene Begehren bedeutet mithin, einen verfassungswidrigen Zustand herbeizuführen. Dies ist unzulässig. Vielmehr ist die Beklagte in einem solchen Fall aufgefordert zu prüfen, ob die den genannten Kollegen erteilten Bescheide über die Feststellung der Zugehörigkeit zur AVtI nach den Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts wegen Rechtswidrigkeit zurückzunehmen sind. Die Schlussfolgerung des Klägers, wegen der Vielzahl der von der Beklagten erlassenen Bescheide über die Zugehörigkeit zur AVtI sei von einem rechtmäßigen Handeln der Beklagten auszugehen, ist unzutreffend. Rechtswidrige Entscheidungen werden nicht dadurch rechtmäßig, dass sie massenhaft erlassen wurden. Käme es darauf an, könnte die Verwaltung durch ihr gesetzwidriges Verhalten bestehende Gesetze ändern und damit selbst zum Gesetzgeber werden. Einem solchen Verständnis steht jedoch der genannte Art. 20 Abs. 3 GG entgegen.

Liegen am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVtI nicht vor, kommt es auf Beschäftigungen, die vor diesem Zeitpunkt ausgeübt wurden, grundsätzlich nicht an. Dies betrifft vorliegend die vom Kläger vor dem 05. Januar 1981 ausgeübten Tätigkeiten bei volkseigenen Betrieben.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist keine Rechtsfrage zu entscheiden, die klärungsbedürftig ist. Die Begriffe Betrieb, Institut und Schifffahrt erschließen sich ohne weiteres aus der vorliegenden Rechtsnorm unter Berücksichtigung der Rechtsordnung im Übrigen, wie bereits oben dargelegt worden ist.
Rechtskraft
Aus
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