L 13 SB 29/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 33 SB 803/95*48
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 29/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. März 2002 wird zurückgewiesen. Die Klagen gegen die Bescheide vom 11. Dezember 2002 und 23. Juli 2003 werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung der medizinischen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" - erhebliche Gehbehinderung und des Merkzeichens "B"- Notwendigkeit ständiger Begleitung.

Dem 1942 geborenen Kläger, der u.a. an einer Linsenlosigkeit des linken Auges leidet, war zuletzt durch Teilabhilfe - Bescheid vom 26. April 1982 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. zuerkannt worden.

Auf seinen Neufeststellungsantrag vom 11. August 1994 erkannte der Beklagte nach einer Untersuchung durch den Arzt Dr. H dem Kläger durch Bescheid vom 5. Januar 1995 die Schwerbehinderteneigenschaft wegen folgender Behinderungen zu, deren (verwaltungs-interne) Einzel-GdB sich aus den Klammerzusätzen ergeben:

a. Gehörlosigkeit rechts bei Radikalohr und praktisch normalem Hörvermögen links (30), b. Sehbehinderung (20) c. Bluthochdruck, coronare Herzkrankheit (20) d. Fehlhaltung der Wirbelsäule, Kniefehlstellung, Fußfehlform, Coxarthrose beiderseits (20) e. Krampfadern an den Beinen, Unterschenkelekzem (10).

Die durchgeführte Prüfung habe ergeben, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers etwas verschlechtert habe, jedoch die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht vorlägen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. März 1995).

Mit seiner dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger zunächst neben der Zuerkennung des Merkzeichens "G" auch einen höheren Grad der Behinderung begehrt.

Das Sozialgericht hat umfangreiche Auskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte, nämlich ein Kurzgutachten des Allgemeinmediziners K vom 13. Juli 1995 mit ergänzenden Ausführungen vom 5. Oktober 1995, 6. Oktober 1997, 13. Februar und 17. März 1998, ohne Datum ( eingegangen am 19. August 1998) sowie ein weiteres Kurzgutachten vom 1. Februar 1999, Auskünfte der Hautärztin Dr. R vom 17. Juli 1995, 17. Juni 1997 und 17. April 1998 eingeholt und verschiedene Röntgen- und EKG-Befunde zur Akte genommen.

Der Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch den Versorgungsarzt Sch, der in seinem Gutachten vom 1. Juli 1999 vorschlug, als zusätzliches Leiden einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit einem GdB von 40 anzuerkennen. Auch habe sich das Unterschenkelekzem verschlechtert und sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Orthopädischerseits finde sich eine leichte Skoliose der Lendenwirbelsäule bei Beckentiefstand ohne Wurzelreizsymptomatik oder neurologische Ausfälle, eine geringgradige Gonarthrose rechts ohne wesentliche Bewegungseinschränkung sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits mit leichten Hüftbeschwerden links ohne wesentliche Bewegungseinschränkung, so dass empfohlen werde, den bisherigen GdB mit 20 beizubehalten. Der Gesamt-GdB sei auf 60 anzuheben, wobei die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht erfüllt seien.

Dem folgend hat der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 1999 ab Juni 1999 einen Gesamt-GdB von 60 wegen folgender Leiden anerkannt, deren (verwaltungs-interne) Einzel-GdB sich aus den Klammerzusätzen ergeben a. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus (40) b. Gehörlosigkeit rechts bei Radikalohr und praktisch normalem Hörvermögen links (30) c. Bluthochdruck, coronare Herzkrankheit (20) d. Sehbehinderung (20) e. Fehlhaltung der Wirbelsäule, Kniefehlstellung, Fußfehlform, Coxarthrose beiderseits (20) f. Unterschenkelekzem (20) g. Krampfadern an den Beinen (10).

Der Kläger hat das Teil - Anerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit wegen des Merkzeichens "G" fortgeführt, wobei er sich auf ein Attest des Arztes K vom 11. November 1999 gestützt hat, der auf Rückfrage des Sozialgerichts allerdings mitgeteilt hat, keine zu den vom Versorgungsarzt Sch abweichenden Befunde erhoben zu haben.

Aufgrund eines Attestes des Arztes K vom 21. Februar 2000, wonach die Angst vor Zuständen nach Unterzuckerung zu einer neurotischen Fehlhaltung geführt habe und der Kläger über diffuse Angstzustände und Panikattacken klage, hat das Sozialgericht ein Kurzgutachten des Internisten und Diabetologen P vom 18. Juni 2001 eingeholt, der gelegentliche ausgeprägte Hypoglykämien bestätigt hat. Dem folgend hat der Internist Dr. D in seiner Stellungnahme vom 9. August 2001 einen Einzel-GdB von 50 für den Diabetes empfohlen. Für das Merkzeichen "G" sei eine entsprechende Häufigkeit hypoglykämischer Schockzustände nicht festzustellen. Mit Bescheid vom 23. August 2001 hat der Beklagte dem Kläger ab Mai 1999 bei gleichbleibender Bezeichnung der Behinderungen einen GdB von 70 zuerkannt.

Durch Urteil vom 1. März 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge behinderungsbedingter Einschränkung des Gehvermögens nicht. Da das orthopädische Leiden auf der Grundlage der von Dr. Sch erhobenen Befunde mit einem GdB von 20 zu bewerten sei, sei das Regelbeispiel der Nr. 30 Abs.3 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (Anhaltspunkte) 1996 nicht erfüllt. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem bei dem Kläger vorliegenden Krampfaderleiden und dem Hautekzem, da diese sich nicht derartig auswirkten, dass sich im Zusammenhang mit dem orthopädischen Leiden ein GdB von 50 wegen Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Extremitäten ergebe. Auch fehle die wesentliche Voraussetzung für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" wegen einer Einschränkung der Gehfähigkeit auf Grund des Diabetes mellitus, nämlich häufige hypoglykämische Schocks. Deren Vorliegen werde von dem Diabetologen P verneint. Aufgrund der Herz - Kreislauf - Erkrankung, die mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden sei, würden die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ebenfalls nicht erfüllt, da die Herzleistung derart eingeschränkt sein müsse, dass sie einen Einzel-GdB von mindestens 50 bedinge.

Mit seiner Berufung vom 26. März 2002 gegen das ihm am 21. März 2002 zugestellte Urteil macht der Kläger geltend, das negative Zusammenwirken seiner Leiden bedinge eine erhebliche Gehbehinderung.

Auf eine Anfrage des Senats hat der Diabetologe P telefonisch mitgeteilt, dass sich zu seinem Bericht vom 1. April 2002 keine Änderung ergeben habe. Darin heißt es, die erste Information über eine Hypoglykämie sei am 4. Juni 1999 in der Phase der ambulanten Insulineinstellung erfolgt. In der Folge sei nach einem Bericht am 14. Oktober 1999 über heftige Hypoglykämien am Tage erst wieder im August 2000 und im Oktober 2001 über derartige Hypoglykämien berichtet worden. Nach einer Nachschulung im Dezember 2001 sei es zu einer deutlichen Reduzierung gekommen. Ernährungsfehler und fehlerhafte Therapiekonsequenzen rechtfertigten nicht die Einstufung in ein Anfallsleiden.

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte K( vom 5. September 2002), der Fachärztin für Nervenheilkunde I ( vom 9. September 2002) eingeholt und ein Attest der Augenärztin E ( vom 9. September 2002) zur Akte genommen. Die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie H hat den Unterlagen in einer Stellungnahme vom 24. Oktober 2002 eine Angstsymptomatik entnommen. Mit Beginn der nervenärztlichen Behandlung im Oktober 2001 sei eine Angstsymptomatik bei hirnorganischem Psychosyndrom mit einem GdB von 30 zu bewerten. Weiterhin sei eine polyneuropathische Störung überwiegend sensibler Art ohne Paresen und Koordinationsstörungen als Polyneuropathie mit einem GdB von 10 zu berücksichtigen. Der Gesamt-GdB betrage ab Oktober 2001 80. Nervenärztlicherseits könnten Nachteilsausgleiche nicht begründet werden, es lägen keine Orientierungsstörungen und keine motorischen Ausfälle an den Beinen vor. Dem folgend hat der Beklagte mit Bescheid vom 11. Dezember 2002 ab Oktober 2001 einen GdB von 80 anerkannt.

Am 8. Juli 2002 hat der Kläger einen Schlag gegen das linke Auge erhalten, der zu einer Bulbusruptur geführt und mehrere Augenoperationen erforderlich gemacht hat. Wegen der Augenverletzung hat der Kläger bei dem Beklagten die Zuerkennung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "B" - Notwendigkeit der ständigen Begleitung- beantragt.

Auf der Grundlage eines Befundberichtes der Augenklinik des Universitätsklinikums F vom 28. März 2003, einer Stellungnahme der Augenärztin W vom 24. Juni 2003 sowie eines Gutachtens nach einer Untersuchung des Klägers durch diese Ärztin vom 1.Juli 2004 hat der Beklagte mit Bescheid vom 23. Juli 2003 einen GdB von 90 ab September 2002 anerkannt. Die Voraussetzungen für die geltend gemachten Nachteilsausgleiche seien weiterhin nicht erfüllt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. März 2002 aufzuheben, den Bescheid vom 5. Januar 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. März 1995 und der Bescheide vom 29. Juli 1999, 23. August 2001, 11. Dezember 2002 und 23. Juli 2003 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen einer erheblichen Gehbehinderung - Merkzeichen "G" - und der Notwendigkeit ständiger Begleitung - Merkzeichen "B" - festzustellen,

hilfsweise,

ein psychiatrisches Gutachten einzuholen ...

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Bescheide vom 11. Dezem- ber 2002 und 23. Juli 2003 abzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Augenheilkunde Dr. T vom 25. Februar 2004 eingeholt. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nach einer Anpassungszeit von cirka einem Jahr nach Verlust der Sehschärfe diese durch die volle Funktionstüchtigkeit des rechten Auges ausgeglichen werde. Die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr werde nicht beeinträchtigt. Nach dieser Anpassungszeit sei der Kläger bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht auf fremde Hilfe angewiesen. Nach der Untersuchung sei von einer erheblichen, fortschreitenden psychopathologischen Fehlentwicklung auszugehen. Die Einschätzung der psychopathologischen Fehlentwicklung müsse durch einen Facharzt für Psychiatrie erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des Sozialgerichts) und der Versorgungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung und die Klagen gegen die Bescheide vom 11. Dezember 2002 und 23. Juli 2003 sind zulässig, aber unbegründet. Da die letztgenannten Bescheide während des Berufungsverfahrens ergangen sind, war über sie im Wege der Klage zu entscheiden, § 153 Abs.1 SGG.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, denn er erfüllt weder die gesundheitlichen Voraussetzungen einer erheblichen Gehbehinderung nach § 146 Abs.1 Sozialgesetzbuch (SGB) IX noch der Notwendigkeit ständiger Begleitung nach § 146 Abs.2 SGB IX.

Gemäß § 146 Abs.1 Satz 1 SGB IX, der ab 1. Juli 2001 Anwendung findet, ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.

Diese Voraussetzungen sind nach Ziffer 30 Abs. 3, S. 137 ff der nunmehr anzuwendenden Anhaltspunkte 2004, die als antizipierte Sachverständigengutachten mit normähnlicher Qualität gelten, festzustellen. Sie sind erfüllt, wenn Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/ oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von 50 bedingen oder bei Behinderungen der unteren Gliedmaßen mit einem GdB von unter 50, die sich besonders auf die Gehfähigkeit auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenkes, oder Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Diese Voraussetzungen sind den vorhandenen medizinischen Unterlagen nicht zu entnehmen. Dies hat das Sozialgericht bereits umfassend dargestellt. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts und verweist auf sie, § 153 Abs. 2 SGG. In der Folgezeit sind keine abweichenden Befunde erhoben worden. Der behandelnde Arzt K hat in seinem Befundbericht vom 5. September 2002 die Befunde als gleichbleibend beschrieben.

Des weiteren liegt keine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit des Klägers durch innere Leiden vor. Auch bei inneren Leiden kommt es nach den Anhaltspunkten 2004 Nr. 30 Abs. 3, S. 138 entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit ist bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 nach Nr. 26. 9 der Anhaltspunkte, d.h. bei einer Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung, die einen GdB von 50 bedingt, gegeben. Hierfür enthalten die zur Akte gelangten medizinischen Unterlagen ebenfalls keine Anhaltspunkte. Der Versorgungsarzt Sch gelangte auf der Grundlage der Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, die Herzkrankheit sei mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Auch hat der behandelnde Arzt K u.a. in seinem Attest vom 21. Februar 2000 den Schwerpunkt der Beeinträchtigung in den Auswirkungen des Diabetes mellitus gesehen.

Auf eine Einschränkung des Gehvermögens durch die Auswirkungen des Diabetes mellitus ist jedoch nach Nr. 30 Abs. 4 der Anhaltspunkte erst bei häufigen hypoglykämischen Schocks zu schließen, die einer mittleren Anfallshäufigkeit hirnorganischer Anfälle gleichzustellen sind. Dass diese Voraussetzungen bei dem Kläger nicht vorliegen, hat der behandelnde Diabetologe Pin seiner Stellungnahme vom 1. April 2002 für den Senat eindrücklich dargestellt, indem er dargelegt hat, dass die von dem Kläger geklagten Schocks Folge von Ernährungsfehler oder fehlerhaften Therapiekonsequenzen seien, die nicht die Gleichsetzung mit einem Anfallsleiden rechtfertigen würden.

Eine Störung der Orientierungsfähigkeit aufgrund der Sehbehinderung liegt ebenfalls nicht vor. Voraussetzung hierfür ist nach Nr. 30 Abs.5 der Anhaltspunkte 2004 eine Sehbehinderung mit einem GdB von wenigstens 70, bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion( z.B. hochgradige Schwerhörigkeit beidseits). Eine derartige Einschränkung liegt nach übereinstimmender Auffassung der Gutachter bei dem Kläger nicht vor. Der auf seinen Antrag gehörte Dr. T hält einen GdB von 40 für die Sehbehinderung für zutreffend. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob den Erwägungen des Sachverständigen zu einer Einschränkung der Orientierungsfähigkeit für einen Zeitraum der Vergangenheit zu folgen ist.

Ein Anspruch des Kläger auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" kann auch nicht aufgrund einer Zunahme seiner Angststörung gegeben sein, so dass der Senat kein psychiatrisches Gutachten einzuholen brauchte. Nach Nr. 30 Abs. 5 der Anhaltspunkte sind nur bei geistig behinderten Menschen entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn sie sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit ist bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Dass die geltend gemachte psychopathologische Fehlentwicklung einer derartig schweren geistigen Behinderung gleichzustellen sein könnte, ist in keiner Weise ersichtlich. Voraussetzung hierfür wäre nämlich das Vorliegen einer schweren psychischen Störung mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die nach Nr. 26.3, S. 48 der Anhaltspunkte 2004 einen GdB von 80-100 bedingen.

Mangels Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkeichen "G" erfüllt der Kläger auch nicht diejenigen des Merkzeichens "B". Gemäß § 146 Abs. 2 SGB IX ist die ständige Begleitung bei schwerbehinderten Menschen notwendig, die bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Diese Voraussetzungen sind nach Nr. 32 Abs.2 der Anhaltspunkte 2004 nur bei Menschen erfüllt, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" oder "H" vorliegen. Deren Voraussetzungen erfüllt der Kläger , wie bereits dargelegt, jedoch nicht.

Die Berufung war somit zurückzuweisen und die Klagen gegen die während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheide abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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