L 5 RJ 1/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 24 RJ 422/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 RJ 1/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1947 geborene Kläger hat 1966 eine Ausbildung zum Betriebsschlosser mit der Facharbeiterprüfung abgeschlossen und anschließend stets im erlernten Beruf bzw. auch als Haushandwerker gearbeitet, wobei er zuletzt von 1993 bis 26. März 2000 als Kranschlosser beschäftigt war. Das Arbeitsverhältnis wurde beendet, nachdem der Kläger im Februar 1998 einen Arbeitsunfall (Kniegelenksfraktur durch Sturz von einer Leiter) erlitten und anschließend bis Juni 1998 sowie von August 1999 bis März 2000 arbeitsunfähig krank gewesen war. Er bezieht wegen der Unfallfolgen (MdE 25 v.H.) sowie einer Berufskrankheit (Allergie auf berufsspezifische Stoffe, MdE 15 v.H.) eine Rente von der Berufsgenossenschaft sowie Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Am 30. März 2000 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Rentenantrag und machte geltend, seit dem Arbeitsunfall erwerbsgemindert zu sein. Die Beklagte ermittelte in seinem Versicherungskonto 421 Beitragsmonate, davon 61 in der Zeit vom 30. März 1995 bis 29. März 2000, und ließ den Kläger nach Beiziehung medizinischer Unterlagen von der Berufsgenossenschaft und der Arbeitsverwaltung durch die Ärztin für Chirurgie B untersuchen. Diese stellte in ihrem am 1. August 2000 abgeschlossenen Gutachten beim Kläger belastungsabhängige Kniegelenksbeschwerden rechts bei Zustand nach operativ versorgter Patellafraktur sowie belastungsabhängige LWS-Beschwerden fest und hielt ihn für fähig, leichte bis zeitweise mittelschwere Arbeiten in gelegentlich wechselnder Haltung ohne häufiges Knien und Hocken sowie Leiter- und Gerüstarbeit und allergieauslösenden Stoffen vollschichtig zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 10. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - SGB - VI, weil er mit seinem medizinisch festgestellten Leistungsvermögen zwar nicht mehr als Schlosser arbeiten könne, aber zumutbar z.B. auf eine Tätigkeit als Fertigungsprüfer/Güte-kontrolleur in Metallbetrieben oder als Gerätezusammenbauer verweisbar sei.

Mit der am 19. Februar 2001 erhobenen Klage hat der Kläger sein Rentenbegehren weiterverfolgt und geltend gemacht, dass er wegen der gesundheitlichen Folgen seines Arbeitsunfalles und der Hauterkrankung beider Hände nicht mehr erwerbsfähig sei.

Das Sozialgericht hat Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers eingeholt, und zwar von der Allgemeinmedizinerin Dr. L, den Dermatologen Dres. S und B sowie der Orthopäden Dres. H und G, ein arbeitsamtsärztliches Gutachten nach Untersuchung vom 16. Mai 2000 sowie die auf Veranlassung der Berufsgenossenschaft - zuletzt unter dem 20. Juni 2002 - erstellten Gutachten beigezogen und ein fachorthopädisches Gutachten von Dr. E eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 23. Mai 2003, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, folgende Diagnosen genannt:

Fehlstatik der HWS bei deutlichen degenerativen Veränderungen, Schulter-Arm-Syndrom beiderseits, Zustand nach Handwurzelfraktur 1967 ohne Funktionseinschränkungen, rezidivierendes LWS-Syndrom im Sinne von belastungsabhängigen Lumbalgien auf dem Boden deutlicher degenerativer Wirbelveränderungen, deutlicher Verschleißzustand am rechten Kniegelenk und Kniescheibengleitlager im Sinne einer posttraumatischen Arthrose nach operiertem Kniescheibenbruch, Arthralgien beider Sprunggelenke, unkomplizierte Fußfehlform beiderseits, leicht überreichlicher Ernährungszustand

Das Leistungsvermögen des Klägers hat der Gutachter dahingehend eingeschätzt, dass er noch acht Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in geschlossenen Räumen in wechselnder, überwiegend sitzender Körperhaltung ausüben könne. Das Heben und Tragen von Lasten sei bis 10 kg, selten auch bis 15 kg möglich. Einseitige körperliche Belastung, Arbeiten unter Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen sowie in Wechsel- und Nachtschicht seien zumutbar, die Fingergeschicklichkeit sowie der kraftvolle Einsatz beider Hände sei nicht eingeschränkt. Zu meiden seien klimatische Einflüsse und Zugluft, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie häufigere Überkopfarbeiten. Die geistigen Fähigkeiten seien ausbildungsentsprechend. Die Wegefähigkeit des Klägers sei zur Zeit noch erhalten, die üblichen Pausen reichten aus.

Der Kläger hat hierzu ein Attest seines neuerdings behandelnden Orthopäden Dr. H vom 23. Juli 2003 überreicht, demzufolge er wegen einer schmerzhaften Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten könne.

Die Beklagte hat diverse Auskünfte des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. - VME - zu Einsatzmöglichkeiten leistungsgeminderter Schlosser und Installateure übersandt und die Auffassung vertreten, dass der Kläger danach noch als Fertigungsprüfer/Gütekontrolleur bzw. als Hochregallagerarbeiter tätig sein könne.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. November 2003 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Das Gericht folge grundsätzlich der Begründung der angegriffenen Bescheide und den Ausführungen im Gutachten des Dr. E. Das darin festgestellte vollschichtige Leistungsvermögen des Klägers schließe die Annahme von Erwerbsunfähigkeit aus. Dies gelte auch für die Annahme von Berufsunfähigkeit, weil der Kläger, dem als Facharbeiter Berufsschutz zustehe, zumutbar auf eine Tätigkeit als Fertigungsprüfer/Gütekontrolleur bzw. als Hochregallagerarbeiter verwiesen werden könne.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 18. Dezember 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Januar 2004 eingegangene Berufung des Klägers, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt und zur Begründung geltend gemacht hat, das Gutachten des Dr. Ehrlich sei unzureichend. Die benannten Verweisungstätigkeiten kämen für ihn nicht in Frage. Die Tätigkeit eines Fertigungsprüfers/Gütekontrolleurs sei nach den Auskünften in allen Haltungsarten auszuüben. Er bestreite, dass es insoweit hinreichend viele Arbeitsplätze gebe, bei denen eine derartige Tätigkeit überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel verrichtet werden könne. Es fehle auch an nachvollziehbarem Datenmaterial über das Vorhandensein von Arbeitsplätzen im Hochregallager, die seinem Leistungsvermögen zuträglich seien. Nach der Auskunft des VME vom 19. September 2000 sei es möglich, dass bei der Ein- und Auslagerung mittels Gabelstapler während des Fahrens Belastungen auf die Bandscheiben auftreten könnten, was ihm auch nach Auffassung von Dr. E nicht zuzumuten sei. Es sei auch bisher nicht hinreichend geklärt, ob es die erforderliche Anzahl von Arbeitsplätzen in Hochregallagern gebe, bei denen überwiegendes Sitzen ohne die Bewältigung von Lasten möglich sei. Er habe sich am 2. Juli 2004 bei der Firma Bergmann und Franz, einer Sanitär- und Heizungsfirma, über das Anforderungsprofil einer Arbeit als Hochregallagerist persönlich informiert. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass er sich ständig bewegen und auch viel tragen müsse. Zwar werde mit einem speziellen Gerät an das Hochregallager gefahren, aus dem die Materialien rausgenommen würden. Die Umsetzungen auf einen Hubwagen erfolgten dann aber per Hand. Dazu sei er nicht mehr in der Lage. Bei der Firma S, die Hochregallager verkaufe, habe er die Auskunft erhalten, dass die Arbeit an diesen Lagern zu 80 % im Stehen ausgeübt werde, was ihm nicht zuzumuten sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2000 in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 30. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrages vom 27. März 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu ge- währen, hilfsweise, ein berufskundliches Gutachten darüber einzuholen, ob es eine hinreichende Anzahl von Arbeitsplätzen in Hochregallagern mit einem ihm zumutbaren Anforderungsprofil gebe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hat der Senat ein weiteres orthopädisches Gutachten von Dr. M eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 14. Mai 2004, auf das im Einzelnen verwiesen wird, folgende Diagnosen aufgeführt:

- V.a. somatoforme Schmerzstörung - Chron. Rez. Zervikal-Syndrom mit brachialgieformer Ausstrahlung - Degenerative Osteochondrose, Spondylarthrose C4 bis C 7 - Chron. rez. Lumbal-Syndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung - Degenerative Spondylarthrose, Baastrup-Syndrom L4 bis S1 - Adipositas, myostatische Rumpfinsuffizienz - Posttraumatische Gonarthrose rechts - Z.n. Patellafraktur rechts 02/1998 - Venöse Insuffizienz rechtes Bein - Senk- und Spreizfuß bds. - Lungenemphysem - Schlafapnoe - Chron. Hyperkeratotisches Handekzem, allerg. Kontaktekzem - Fettstoffwechselstörung, Fettleber.

Das Leistungsvermögen des Klägers hat der Gutachter dahingehend eingeschätzt, dass er noch täglich acht Stunden leichte körperliche Arbeiten verrichten könne, bevorzugt in klimatisierten Räumen. Die Arbeit solle überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel zum Gehen oder Stehen durchgeführt werden. Arbeiten unter Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus und an laufenden Maschinen könnten ausgeübt werden, Wechsel- und Nachtschicht seien zumutbar. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, häufige kniende Tätigkeiten und häufiges Treppensteigen sowie das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg. Die Belastbarkeit der Arme und Hände sowie die Fingergeschicklichkeit seien altersentsprechend ausreichend vorhanden. Es bestehe Übereinstimmung mit der sozialmedizinischen Beurteilung des Vorgutachters Dr. E, da grobe neurologische Defizite im Bereich der Extremitäten nicht vorhanden seien und die Beweglichkeit der Wirbelsäule sowie der großen Gelenke altersentsprechend ausreichend sei. Anhaltspunkte für ein rheumatisches Krankheitsgeschehen lägen nicht vor. Durch Wirbelsäulengymnastik, konsequente Durchführung der Rückenschule sowie Gewichtsreduktion und vermehrte sportliche Aktivität sei das Leistungsvermögen zu verbessern. Der Kniegelenksverschleiß werde allerdings im Laufe der nächsten Jahre zunehmen. Auf Nachfrage des Senats hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. Mai 2004 klargestellt, dass der Kläger viermal täglich Fußwege von auch mehr als 500 m in ca. 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel zur Hauptverkehrszeit benutzen könne.

Der Senat hat das berufskundliche Sachverständigengutachten des Diplom-Verwaltungswirts G B vom 11. November 2002 im Verfahren des Sozialgerichts Berlin - S 20 RJ 1422/00 in das Verfahren eingeführt und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben. Es betrifft die Einsatzmöglichkeiten eines leistungsgeminderten Betriebsschlossers u.a. als Hochregallagerarbeiter und Gerätezusammensetzer. Zur Herstellung und Montage elektromechanischer und mechanischer Kleinteile als Verweisungstätigkeit für einen bandscheibengeschädigten Schlosser hat sich auch der VME in seinen Stellungnahmen vom 7. und 21. Februar 2000 im Verfahren L 5 RJ 7/98 des erkennenden Senats geäußert. Diese Unterlagen sind ebenfalls in das vorliegende Verfahren eingeführt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das erstinstanzliche Urteil ist nicht mit Erfolg zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht eine Rente wegen Erwerbsminderung derzeit nicht zu.

Maßgebend für die im März 2000 vom Kläger beantragte Rente wegen Erwerbsminderung sind gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI noch die Vorschriften dieses Gesetzes in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 den jeweiligen Abs. 2 dieser Vorschriften zutreffend im Wortlaut zitiert, so dass darauf Bezug genommen werden kann. Danach liegt beim Kläger schon nicht Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. vor.

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach dieser Vorschrift der "bisherige Beruf" des Klägers. Das ist seine mit erfolgreicher Facharbeiterprüfung erlernte und anschließend überwiegend ausgeübte Tätigkeit als Betriebsschlosser, zuletzt von 1993 bis März 2000 als Kranschlosser. Diesen Beruf kann der Kläger unstreitig nicht mehr ausüben, weil damit auch die Bewältigung schwerer Lasten, häufige Arbeiten auf Leitern sowie die Verwendung berufsspezifischer Stoffe, gegen die der Kläger allergisch ist, verbunden ist. Dass dem Kläger wegen seiner vor allem orthopädischen Leiden und den Folgen seines Arbeitsunfalles eine weitere Tätigkeit in seinem bisherigen Beruf nicht mehr möglich ist, hat bereits das Rentengutachten der Chirurgin B ergeben. Dieser Umstand begründet jedoch noch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Eine solche steht einem Versicherten nämlich erst dann zu, wenn es anstelle seines bisherigen Berufes keine andere Tätigkeit mehr gibt, auf die er gesundheitlich und sozial zumutbar verwiesen werden kann.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und das Leistungsvermögen des Klägers waren bereits durch das vom Sozialgericht eingeholte, sorgfältig begründete Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. E vom 23. Mai 2003 umfassend dargestellt und gewürdigt worden. Nach seiner wohlbegründeten Einschätzung, die auch den erkennenden Senat überzeugt, kann der Kläger noch acht Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in geschlossenen Räumen in wechselnder, überwiegend sitzender Körperhaltung ausüben. Das Heben und Tragen von Lasten bis jedenfalls 10 kg ist ihm möglich. Einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten und Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen sowie in Wechsel- und Nachtschicht sind dem Kläger zumutbar, seine Fingergeschicklichkeit sowie der kraftvolle Einsatz beider Hände sind nicht eingeschränkt. Zu vermeiden sind ungünstige klimatische Einflüsse und Zugluft, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie häufigere Überkopfarbeiten. Die Wegefähigkeit ist erhalten, die üblichen Pausen reichen aus. Dass diese von dem Attest des behandelnden Orthopäden Dr. H abweichende Einschätzung eines vollschichtigen - und auch qualitativ nicht sehr schwerwiegend eingeschränkten - Leistungsvermögens zutreffend ist, hat die weitere Beweiserhebung im Berufungsverfahren bestätigt, die auf Antrag des Klägers unter Heranziehung des von ihm benannten Orthopäden Dr. M durchgeführt worden ist. Dieser Sachverständige hat nach umfassender Untersuchung des Klägers und unter Einbeziehung auch fachfremder, aktenkundiger Diagnosen das Leistungsvermögen des Klägers im Mai 2004 ebenfalls als für täglich acht Stunden leichte körperliche Arbeiten ausreichend beurteilt. Das von ihm im Einzelnen herausgearbeitete positive und negative Leistungsprofil des Klägers stimmt mit der Beurteilung des Vorgutachters Dr. E überein, wie Dr. M zusammenfassend hervorgehoben hat. Aus der Sicht beider Orthopäden ist der Zustand des Stütz- und Bewegungsapparates des Klägers im Wesentlichen altersentsprechend. Durch Wirbelsäulengymnastik, Gewichtsreduktion und vermehrte sportliche Aktivität kann sein Leistungsvermögen sogar noch verbessert werden. Nach Einschätzung von Dr. M wird allerdings der Kniegelenksverschleiß im Laufe der nächsten Jahre zunehmen. Derzeit ist die Wegefähigkeit des Klägers allerdings auch seiner Auffassung nach noch gegeben, denn in seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. Me ausdrücklich klargestellt, dass der Kläger viermal täglich Fußwegen von auch mehr als 500 m in ca. 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel zur Hauptverkehrszeit benutzen kann.

Mit diesem Leistungsvermögen kann der Kläger zwar nicht mehr als Betriebsschlosser arbeiten, für ihn kommen jedoch noch andere leichtere berufsverwandte Tätigkeiten in Betracht, die ihm als Facharbeiter zumutbar sind. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass der Kläger in dem vom Bundessozialgericht entwickelten Mehr-Stufen-Schema als gelernter Betriebsschlosser in der zweithöchsten von vier Gruppen einzustufen ist. Da er Berufsschutz als Facharbeiter genießt und in seinem bisherigen Beruf nicht mehr einsetzbar ist, kann er nur auf andere Facharbeitertätigkeiten oder auf qualifizierte Anlerntätigkeiten verwiesen werden, die konkret zu benennen sind. Dabei ist hinsichtlich der Verweisungstätigkeit zu berücksichtigen, dass einerseits der Versicherte aufgrund seiner Vorkenntnisse und Fähigkeiten in der Lage sein muss, diese mit einer maximalen Anlern- bzw. Einarbeitungszeit von drei Monaten vollwertig zu verrichten, andererseits die Tätigkeit für jemanden ohne Vorbildung aber eine betriebliche Ausbildung von mehr als drei Monaten erfordert (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 30. September 1987 - SozR 2200 § 1246 Nr. 147 sowie Urteil vom 14. Mai 1996 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).

Als dem Kläger gesundheitlich und fachlich zumutbare Verweisungstätigkeit kommt zunächst die eines Arbeiters im Hochregallager mit warenkundlichen Kenntnissen des üblichen Metallsortiments in Betracht. Nach den Auskünften des VME, die die Beklagte erstinstanzlich überreicht hat und die mit ähnlich lautenden Auskünften übereinstimmen, die der erkennende Senat von diesem Verband eingeholt hat, steuert ein Arbeiter im Hochregallager mittels Computer und automatischer Regaltechnik die Ein- und Auslagerung von metallischen Rohstoffen, Halbzeugen und Fertigerzeugnissen. Eine körperliche Anstrengung erfolgt hierbei nicht, da ausschließlich automatische Transporttechnik zur Anwendung gelangt und ein Umpacken der Gegenstände nicht erforderlich ist. Die Tätigkeit wird überwiegend im Sitzen ausgeübt. Arbeiten in Zwangshaltungen oder auf Leitern und Gerüsten fallen nicht an. Häufiges Arbeiten in hockender Stellung oder häufiges Bücken ist mit dieser Tätigkeit nicht verbunden, so dass sie insgesamt als leichte körperliche Arbeit anzusehen ist. Die tarifliche Eingruppierung dieser qualifizierten Anlerntätigkeit erfolgt in Tarifgruppe 4. Die für eine derartige Tätigkeit erforderlichen Fachkenntnisse kann sich ein Betriebsschlosser ohne weiteres innerhalb einer Einarbeitungszeit von nicht mehr als drei Monaten aneignen. Der Kläger ist diesen berufskundlichen Auskünften mit der Behauptung entgegengetreten, dass nach dem Ergebnis seiner eigenen Recherchen die körperlichen Anforderungen einer Tätigkeit im Hochregallager in entscheidungserheblicher Weise höher und ihm nicht zumutbar seien. Die auf umfassenden Kenntnissen der industriellen Fertigung in dem für den Kläger vorrangig relevanten Bereich der Metallindustrie betreffenden Auskünfte zum Anforderungsprofil eines Hochregallagerarbeiters mit warenkundlichen Kenntnissen des üblichen Metallsortiments werden durch die vom Kläger eingeholte Arbeitsplatzbeschreibung bei nur einer konkreten Firma nicht entkräftet, zumal es sich dabei um einen Sanitär- und Heizungsbetrieb gehandelt hat. Soweit er von einer in Berlin ansässigen Firma S die Auskunft erhalten haben will, dass die Arbeit an den von ihr verkauften Hochregallagern zu 80 % in stehender Haltung ausgeübt würden, steht dies in völligem Widerspruch zu den Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen B in seinem den Beteiligten zur Kenntnis gegebenen Gutachten vom 11. November 2002. Dort hatte er für einen Betriebsschlosser mit sogar deutlich weitergehenden Leistungseinschränkungen als beim Kläger u.a. eine Tätigkeit als Hochregallagerarbeiter als zumutbar angesehen und hierzu u.a. ausgeführt, dass Hochregalstapler unterschiedlicher Art von verschiedenen Herstellern produziert würden, z.B. von der Firma S in Hamburg. Die neuen Modelle würden mit einem elektrisch drehbaren Fahrerplatzmodul ausgestattet, so dass der Bediener in jeder Situation optimal und ermüdungsfrei sitzen könne.

Es bestand jedoch kein Anlass, diesen unterschiedlichen Auskünften durch Nachfrage oder die vom Kläger beantragte Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens nachzugehen, da er jedenfalls gesundheitlich und sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Gerätezusammensetzer bzw. Montierer von Kleinteilen verwiesen werden kann. Eine solche Tätigkeit hatte die Beklagte schon in ihrem Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 genannt. Die Anforderungen einer solchen Tätigkeit sind sowohl in dem bereits genannten Gutachten des Sachverständigen B als auch in den vom Senat noch in das Verfahren eingeführten Auskünften des VME vom 7. und 21. Februar 2000 aufgeführt, die jeweils Verweisungstätigkeiten für leistungsgeminderte Schlosser betrafen, wobei das Leistungsvermögen der dortigen Kläger eher geringer war als das des Klägers im vorliegenden Verfahren. Die Montagetätigkeit wird jeweils dahingehend beschrieben, dass es sich um eine leichte körperliche Arbeit in wechselnder, vorwiegend sitzender Haltung handelt. Die nach den oben genannten medizinischen Gutachten beim Kläger zu berücksichtigenden wenigen qualitativen Einschränkungen werden bei diesen Montagetätigkeiten berücksichtigt. Soweit der Kläger anführt, dass die bei ihm bestehende Kontaktallergie gegen Öle und Schmierstoffe einer Tätigkeit als Gerätezusammensetzer entgegenstehe, ist darauf hinzuweisen, dass er sich, sofern bei dieser feinmechanischen Tätigkeit überhaupt direkter körperlicher Kontakt mit derartigen Schmierstoffen gegeben ist, mit Schutzhandschuhen versehen kann. Die angeführte Montagetätigkeiten erfordern nach den berufskundlichen Auskünften eine reguläre Ausbildungszeit von mindestens 1 1/2 Jahren und werden jedenfalls nach der Lohngruppe 4 entlohnt. Sie stehen im Tarifgebiet auch in ausreichender Anzahl zur Verfügung.

Da nach alledem die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Annahme von Berufsunfähigkeit nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. nicht vorliegen, kommt die Annahme von Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. erst recht nicht in Betracht. Bei noch vollschichtigem Leistungsvermögen und mangelnder Berufsunfähigkeit besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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