L 22 RA 44/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 17 RA 55/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 RA 44/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der 22. Senat des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2005 durch den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Vallentin, den Richter am Landessozialgericht Hill, den Richter am Arbeitsgericht Graf von Pfeil, den ehrenamtlichen Richter Walter und die ehrenamtliche Richterin Jankowski für Recht erkannt: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 05. Dezember 2002 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt zum einen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und zum anderen die Feststellung, dass die Beklagte für die vom 13. September 1996 bis 24. Juni 1998 von der Bundesanstalt für Arbeit gewährte berufliche Rehabilitationsmaßnahme zuständig war und der Klägerin deswegen der Unterschiedsbetrag zwischen erhaltenem Unterhaltsgeld und zustehendem Übergangsgeld zu zahlen ist.

Die im ... 1957 geborene Klägerin absolvierte zunächst eine abgeschlossene Ausbildung zur Lebensmittelchemielaborantin (September 1973 bis Juli 1975) und nach einer entsprechenden Berufsausübung (Juli 1975 bis August 1976) eine weitere abgeschlossene Ausbildung (Zeugnis vom 20. Juli 1979) zum Ingenieur für Lebensmittelindustrie (September 1976 bis Juli 1979). Danach war sie als Lebensmittelingenieurin (September 1979 bis Dezember 1980) und als Laborleiterin, technische Leiterin beziehungsweise technische Assistentin tätig (Januar 1981 bis Dezember 1990). Während der anschließenden Arbeitslosigkeit wurde sie von Februar 1991 bis Juni 1993 zur Fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen (Zeugnis vom 16. Juni 1993) umgeschult. Von November 1993 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 08. Februar 1994 war sie als Steuerfachgehilfin beschäftigt.

Im Juni 1995 beantragte die Klägerin wegen eines Diabetes mellitus, einer chronischen Gastritis, Wirbelsäulenbeschwerden, einer Osteoporose, psychosomatischen Beschwerden, Kreislaufbeschwerden, einer Allergie und Migräne Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen bei, holte den Entlassungsbericht der Inntalklinik Simbach vom 20. September 1995 über eine aufgrund eines im Juli 1994 gestellten Antrages auf medizinische Rehabilitation vom 28. Juni bis 09. August 1995 durchgeführte stationäre Behandlung, für die Übergangsgeld gewährt wurde, ein und veranlasste die Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie Dr. O. vom 08. März 1996, des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. vom 24. April 1996 und des Facharztes für Chirurgie Dr. Sch. vom 29. September 1996.

Während des Rentenverfahrens beantragte die Klägerin beim Arbeitsamt Potsdam im Juli 1996 Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Da das Arbeitsamt die Beklagte für zuständig hielt, leitete sie den Antrag an diese weiter, bewilligte aber zugleich eine Umschulung zur Bauzeichnerin für die Zeit vom 13. September 1996 bis 12. Juni 1998 als vorläufige Leistung für die voraussichtlich zuständige Beklagte. Während der Umschulung, die die Klägerin am 24. Juni 1998 erfolgreich abschloss (Zeugnis vom 24. Juni 1998), wurde Unterhaltsgeld vom 13. September 1996 bis 10. Juni 1998 mit Ausnahme des Zeitraumes vom 17. November bis 19. Dezember 1997 (Krankengeld) gezahlt.

Mit Bescheid vom 03. Juni 1997 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Trotz einer depressiven Neurose, eines psychosomatischen Symptomenkomplexes im gastrointestinalen und kardiovaskulären Bereich, eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit Polyneuropathie sowie einer Osteochondrose und Spondylose der Wirbelsäule sei die Klägerin noch in der Lage, in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein.

Mit weiterem Bescheid vom 06. November 1997 lehnte die Beklagte auch berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation ab, da die Klägerin die Tätigkeit als Steuerfachgehilfin ohne erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit weiter ausüben könne.

Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein und machte unter Vorlage verschiedener ärztlicher Unterlagen geltend, dass eine weitere Verschlechterung eingetreten sei beziehungsweise sie nach dem Arbeitsamtsgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. D. vom 08. März 1996 nicht mehr als Steuerfachgehilfin arbeiten könne.

Mit dem am 18. Dezember 1997 zur Post aufgegebenen, von der Klägerin jedoch erst am 22. Dezember 1997 beim Postamt abgeholten Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 1997 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03. Juni 1997 zurück. Aus den eingesandten ärztlichen Berichten ergäben sich keine Befunde, die nicht bereits während des Rentenverfahrens berücksichtigt worden seien. Der bisherige Beruf als Steuerfachgehilfin könne demnach weiterhin vollschichtig ausgeübt werden.

Dagegen hat die Klägerin am 22. Januar 1998 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 30. April 1998 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 06. November 1997 zurück. Die Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation komme nicht in Betracht, da als Steuerfachgehilfin gearbeitet werden könne.

Dagegen hat die Klägerin am 02. Juni 1998 beim Sozialgericht Potsdam ebenfalls Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 16 RA 349/98 erfasst worden ist.

Mit Beschluss vom 03. Juli 2000 hat das Sozialgericht die beiden Klageverfahren verbunden.

Die Klägerin hat vorgetragen, wegen einer chronischen Pankreatitis, eines schwer einstellbaren Diabetes mellitus, einer chronischen Schmerzkrankheit, eines Bronchialasthma, Kopfschmerzen, Halswirbelsäulenbeschwerden und Migräne, einer schlechten Beweglichkeit der Arme, einer Polyneuropathie im Bereich der Hände und Füße mit Schwierigkeiten beim Schreiben, starken Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der Beine, einer beginnenden Weichteilrheumaerkrankung, einer Schilddrüsenerkrankung mit unter anderem ständiger Müdigkeit, Kreislaufproblemen, gynäkologischer Probleme und Herzbeschwerden keine Tätigkeiten mehr ausüben zu können. Es sei eine weitere Verschlechterung eingetreten. Das Arbeitsamtsgutachten der Dr. D. sei wohl nicht berücksichtigt worden. Die Klägerin hat verschiedene ärztliche Unterlagen vorgelegt.

Das Sozialgericht hat eingeholt die Befundberichte des Facharztes für Innere Medizin, Nephrologie und Diabetologie Dr. M. vom 13. April 1998 und 14. September 2000, der Fachärzte für Orthopädie und Rheumatologie Dres. M. und G.-S. vom 13. März 1998, der Fachärztinnen für Allgemeinmedizin Dr. M. und S. vom 24. April 1998, des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. vom 08. Mai 1998, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Z. vom 30. Juni 1998 und 27. November 2000, des Praktischen Arztes und Arztes für Chirotherapie Dr. N. vom 20. Juni 1999 und 31. Juli 2000 (nebst unter anderem dem für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung [MDK] erstatteten Gutachten der Ärztin Dr. D. vom 19. Januar 1999 und des Dr. M.-L. vom 17. September 1999), der Fachärztin für Innere Medizin Dr. H. vom 25. Juli 2000 sowie des Facharztes für Innere Medizin Dr. M. vom 06. August 2000. Es hat außerdem das Arbeitsamtsgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. D. vom 08. März 1996 und die Reha-Akte des Arbeitsamtes Potsdam beigezogen sowie die Auskunft der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdams vom 14. Oktober 1999 eingeholt.

Nachdem das Sozialgericht Auszüge aus den Berufsinformationskarten (BIK) zum Bauzeichner (BO 635/II) und Buchhalter (BO 772) beigezogen hatte, hat es Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. L. vom 16. Mai 2001.

Die Klägerin hat gegen dieses Gutachten eingewandt, der Sachverständige habe nur am Rande ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt. Sie hat die Epikrise der H.-U.-Kliniken S. vom 06. Juni 2001 vorgelegt.

Das Sozialgericht hat außerdem Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin, Rheumatologie, Lungen- und Bronchialheilkunde Prof. Dr. G. vom 23. August 2001.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, der Sachverständige Prof. Dr. G. habe die Epikrise der H.-U.-Kliniken S. vom 06. Juni 2001 nicht entsprechend gewürdigt.

Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. L. ergänzend gehört (Stellungnahme vom 26. März 2002).

Die Klägerin hat das Arbeitsamtsgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. D. vom 21. Mai 2002 vorgelegt.

Mit Urteil vom 05. Dezember 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Feststellungsklage sei unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis nach der Gewährung einer beruflichen Leistung zur Rehabilitation in der Zeit vom 13. September 1996 bis 12. Juni 1998 entfallen sei. Die auf Gewährung einer Rente gerichtete Klage sei unbegründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne die Klägerin ihren Beruf als Steuerfachgehilfin noch vollschichtig ausüben.

Gegen das ihr am 25. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 25. Februar 2003 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.

Sie ist der Ansicht, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zugenommen haben. Die Halswirbelsäule sei nicht normal beweglich. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel führe zu Migränekopfschmerz bis zur Orientierungslosigkeit. Es bestünden ein stark schwankender Diabetes, eine chronische Pilzinfektion, ein gestörter Stoffwechsel, Taubheitsgefühle im Bereich der Finger und Zehen, Gleichgewichtsstörungen mit der Folge von Stürzen und eine auch in Ruhe vorhandene Schmerzhaftigkeit der Gliedmaßen. Es komme zu Unterzuckerschocks. Sie leide unter chronischer Erschöpfung, Müdigkeit, Sehstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, einem gestörten Problembewältigungsgebaren, einem unkontrollierten Wegknicken in den Beinen, einem Druck im Hals von der Schilddrüse ausgehend sowie einer Heuschnupfen- und Pflasterallergie.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 05. Dezember 2002 zu ändern und

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03. Juni 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1997 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung ab 01. Januar 2001, zu gewähren und die höhere Rente zu leisten,

2. festzustellen, dass der Bescheid vom 06. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1998 rechtswidrig und die Beklagte deswegen verpflichtet ist, den Unterschiedsbetrag zwischen erhaltenem Unterhaltsgeld und zustehendem Übergangsgeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Der Senat hat das vollständige Arbeitsamtsgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. D. vom 21. Mai 2002 beigezogen sowie die Befundberichte des Facharztes für Innere Medizin, Nephrologie und Diabetologie Dr. M. vom 30. August 2003, des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Schmerztherapie Dr. J. vom 02. September 2003 und des Praktischen Arztes und Arztes für Chirotherapie Dr. N. vom 16. November 2003, außerdem verschiedene ärztliche Unterlagen von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. M. eingeholt. Die Beklagte hat außerdem den vollständigen Entlassungsbericht der Inntalklinik S. vom 20. September 1995 vorgelegt.

Nachdem der Senat Auszüge aus den BIK, dem Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen (gabi) und Berufe.net zur Fachgehilfin in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen/Steuerfachangestellte (Nr. 753 a), Chemielaborantin (Nr. 633 a), Lebensmittel-ingenieurin (Nr. 606 a, Nr. 606 o 02), Bürohilfskraft (BO 784), Pförtnerin (BO 793) sowie Kopien der Auskunft des Arbeitsamtes Frankfurt (Oder) vom 01. November 1999 zur Bürohilfskraft sowie der berufskundlichen Stellungnahme des M. L. vom 14. Februar 2000 zum Pförtner beigezogen hatte, hat er Beweis erhoben aufgrund stationärer Untersuchung durch die Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Rehabilitationswesen und Sozialmedizin Dr. T. vom 10. Dezember 2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom 19. Januar 2005, des Facharztes für Innere Medizin Dr. D. vom 08. Dezember 2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom 19. Januar 2005 und des Diplompsychologen W. vom 20. November 2004.

Die Klägerin verweist auf die beigefügte Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 30. März 2005, wonach die bisherigen gutachterlichen Erkenntnisse der besonderen psychischen Problematik nicht hinreichend Rechnung trügen.

Wegen des Ergebnisses Beweisaufnahme wird unter anderem auf Blatt 211 bis 231, 251 bis 263, 284 bis 286, 433 bis 533 und 540 bis 542 der Gerichtsakten verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Renten- und Reha-Akte der Beklagten ( ...) sowie der Reha-Akte des Arbeitsamtes Potsdam, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 03. Juni 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1997 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Rente wegen Berufs- noch wegen Erwerbsunfähigkeit. Ihr ist auch Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu gewähren. Der Bescheid vom 06. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1998 ist ebenfalls rechtmäßig. Zwar war die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Beruf einer Steuerfachgehilfin gefährdet. Zur Abwendung dieser Gefährdung waren jedoch berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation, insbesondere eine Umschulung zur Bauzeichnerin, ungeeignet.

1. Die Klägerin kann eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht beanspruchen.

Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung vor dem am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Reformgesetz) vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I 2000, 1827) in Betracht. Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereits im Juni 1995 gestellt.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und weitere - beitragsbezogene - Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).

Die Klägerin ist hiernach nicht berufsunfähig. Sie ist weiterhin in der Lage, ihren Beruf als Steuerfachgehilfin vollschichtig auszuüben.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).

Der Beruf einer Steuerfachgehilfin, den die Klägerin im Rahmen einer vom Arbeitsamt geförderten Umschulung von Februar 1991 bis Juni 1993 erlernte und von November 1993 bis zum 08. Februar 1994 ausübte, ist hiernach maßgeblicher Beruf. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie die zuvor ausgeübten Beschäftigungen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste.

Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme konnte und kann die Klägerin den Beruf einer Steuerfachgehilfin vollschichtig ausüben.

Nach dem Sachverständigen Dr. D. wird das Leistungsvermögen vornehmlich durch den Diabetes mellitus mit diabetischer Polyneuropathie bestimmt. Er ist wegen in der Vergangenheit aufgetretener und auch weiterhin bestehender ausgeprägter Blutzuckerschwankungen bei Hypoglykämieneigung und labiler Stoffwechsellage schwer einstellbar. Dies ist durch das Wesen dieser Erkrankung und der durch die psychosoziale Problematik schwierige Lebensführung der Klägerin bedingt. Daran ändert die derzeit gut eingestellte Stoffwechselsituation grundsätzlich nichts, denn die gleichwohl rezidivierenden schweren Hypoglykämien wirken sich auf die funktionelle Leistungsfähigkeit aus. Soweit in den Vorgutachten eine gute Stoffwechseleinstellung angenommen worden ist, hat der Sachverständige Dr. D. dies im Hinblick auf die dargestellte Problematik nicht bestätigen können. Dies ist auch deswegen nachvollziehbar, weil trotz entsprechender Vorsichtsmaßnahmen schwere Hypoglykämien relativ unberechenbar wiederholt aufgetreten sind.

Der insulinabhängige Diabetes mellitus erfordert nach diesem Sachverständigen zirka viermal täglich Blutzuckerselbstmessungen als Voraussetzung für die selbständigen fünfmaligen subkutanen Injektionen adäquater Insulinmengen täglich. Diese sind im zeitlichen Zusammenhang mit der sich anschließenden Nahrungsaufnahme vorzunehmen. Die Zeit, die für die Messung und die Insulinapplikation benötig wird, beträgt jeweils zirka fünf Minuten.

Wenn der Sachverständige Dr. D. im Hinblick auf diese Erkrankung beurteilt hat, dass starke körperliche Beanspruchung, Arbeiten mit erhöhter Eigen- oder Fremdgefährdung, Leiter- und Gerüstarbeiten, Arbeiten unter Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit und Arbeiten mit Wechselschicht auszuschließen sind, ist dies schlüssig. Es handelt sich hierbei um Belastungen, die Hypoglykämien auslösen beziehungsweise im Falle eintretender Hypoglykämien weitere Gesundheitsstörungen hervorrufen können.

Die diabetische Neuropathie ist nach dem Sachverständigen Dr. D. nicht schwerwiegend ausgeprägt. Bei seiner Untersuchung haben sich strumpfförmige Sensibilitätsstörungen mit herabgesetztem Berührungs- und Vibrationsempfinden im Knöchel- und Fußbereich beiderseits und ein nicht auslösbarer Achillessehnenreflex seitengleich gezeigt. Der Sachverständige Dr. T. hat darüber hinaus noch einen strumpfförmigen Ausfall der Oberflächen- und Tiefensensibilität an beiden Unterschenkeln mit distaler Betonung vorgefunden; weitergehende Schlussfolgerungen hat er daraus jedoch nicht gezogen. Der Sachverständige Prof. Dr. G. hat ebenfalls die Polyneuropathie als lediglich dezenter Natur bezeichnet. Allerdings hat er sich insoweit lediglich auf die entsprechende Beurteilung des Sachverständigen Dr. L. bezogen. Dieser Sachverständige hat die Polyneuropathie als beginnend ohne motorische Ausfälle und mit im Wesentlichen erhaltenen sensiblen Funktionen dargestellt. Anzeichen für eine Polyneuropathie hat Dr. L. jedoch nicht im Bereich der unteren Extremitäten, sondern in Sensibilitätsminderungen im Bereich der Fingerspitzen vorgefunden. Insoweit mag zwischenzeitlich eine leichte Verschlechterung eingetreten sein.

Den sonstigen aus ärztlichen Berichten ersichtlichen Gesundheitsstörungen, die dem internistischen Fachgebiet zuzuordnen sind (Struma, Autoimmunthyreoiditis, Pankreasinsuffizienz, Kolon irritabile, Gastritis, Varicosis, Fettleber, Hepatopathie, Hypertriglyzeridämie, Hyperurikämie, Fibromyalgiesyndrom, Asthma bronchiale, funktionelle Herzbeschwerden, beginnende Nephropathie), hat der Sachverständige Dr. D., soweit diese überhaupt durch entsprechende objektive Befunde belegt sind, entweder keine klinische Relevanz wegen einer nicht erforderlichen therapeutischen Behandlung beziehungsweise einer medikamentös ausreichenden Behandlung oder keine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens zugemessen. Dies ist aufgrund des Ergebnisses seiner Untersuchung und den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nachvollziehbar.

Das von ihm durchgeführte EKG ist unauffällig gewesen. Im Rahmen einer durchgeführten ergometrischen Belastungsprüfung hat die Klägerin für insgesamt acht Minuten bis maximal 100 W belastet werden können, wobei der Abbruch wegen des Erreichens der Ausbelastungsherzfrequenz erfolgte, ohne dass sich Hinweise auf eine Koronarinsuffizienz ergeben haben. Eine Dopplersonografie der Beinarterien hat keinen krankhaften Befund ergeben. Eine diabetische Retinopathie ist ausgeschlossen (Bericht der Fachärztin für Augenheilkunde R. vom 02. November 2004; vgl. so bereits die entsprechenden Berichte dieser Fachärztin vom 02. November 2001 und 27. Juni 2003, beigefügt gewesen dem Befundbericht des Dr. N. vom 16. November 2003).

Der Sachverständige Prof. Dr. G. hat hinsichtlich der genannten Gesundheitsstörungen keine andere Beurteilung vorgenommen. Eine früher in Erwägung gezogene dezente Entzündung der Fingergelenke lässt sich danach nicht objektivieren. Dasselbe gilt für eine Pankreasinsuffizienz. Weder in bildgebenden Verfahren noch in klinischer Hinsicht (fehlende exokrine Funktionsstörungen mit Maldigestionssymptomen) sei diese Erkrankung gesichert. Das Kolon irritabile (Reizdarm) ist nach diesem Sachverständigen der Somatisierungsstörung zuzuordnen. Nach diesem Sachverständigen bestehen eine somatoforme Schmerzstörung in Projektion auf das Bewegungs- und Stützsystem, Gerbershagen III, ein geringes Impingementsyndrom des rechten Schultergelenkes und eine dezente unspezifische Tendinitis der Bizepssehne, ein Diabetes mellitus Typ I mit dezenter peripher-sensibler Polyneuropathie und der Verdacht auf Restless legs-Syndrom.

Den sonstigen vorliegenden ärztlichen Unterlagen können ebenfalls keine wesentlichen Funktionsstörungen bezüglich der oben genannten weiteren Leiden auf internistischem Fachgebiet entnommen werden. Im Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. vom 24. April 1996 wird bis auf lediglich einzelne unbedeutende ventrikuläre Extrasystolen eine gute Leistungsfähigkeit aus internistischer Sicht bescheinigt. Aus der Epikrise des Johanniter-Krankenhauses im Fläming gGmbH vom 28. Mai 1999 geht hervor, dass der interne Status (den Diabetes mellitus ausgenommen) unauffällig war. Im Bericht des Facharztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie Dr. M. vom 27. September 1999 wird die Lungenfunktion als nicht krankhaft verändert erwähnt und lediglich eine bronchiale Hyperreagibilität benannt. Das im Befundbericht des Praktischen Arztes und Chirotherapeuten Dr. N. vom 31. Juli 2000 aufgeführte beginnende Asthma bronchiale ist im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, zumal auch keine entsprechenden Befunde mitgeteilt sind. Im weiteren Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. M. vom 06. August 2000 wird zwar eine Asthmaentwicklung, diese jedoch resultierend auf einer Pollinosis (Gräser, Getreide, Birke, Erle, Hasel) erwähnt, zugleich jedoch darauf hingewiesen, dass aus pneumologischer Sicht keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit vorliegt. Nichts anderes ergibt sich aus der Epikrise der H.-U.-Kliniken S. vom 06. Juni 2001, in der sowohl ein exogen allergisches Asthma bronchiale, eine Autoimmunthyreoiditis, rezidivierende Gastritiden, eine Hypertriglyzeridämie, Hyperurikämie, eine Pankreasinsuffizienz und funktionelle Herzbeschwerden dargestellt sind. In dieser Epikrise werden weder entsprechende objektive Befunde noch daraus resultierende Funktionsstörungen benannt. Im Bericht der Fachärztin für Innere Medizin Dr. H- vom 28. Juni 1999 wird trotz Autoimmunthyreoiditis eine daraus resultierende Funktionseinschränkung ausgeschlossen. In ihrem Befundbericht vom 25. Juli 2000 wird dargelegt, dass aus der Schilddrüsenerkrankung keine Einschränkungen resultieren. In ihrem weiteren Bericht vom 01. September 2003, beigefügt gewesen dem Befundbericht des Dr. N. vom 16. November 2003, wird auch deswegen eine Therapie nicht für nötig erachtet. Eine Fibromyalgiesyndrom findet sich, andeutungsweise als weichteilrheumatischer Beschwerdekomplex bezeichnet und mit entsprechenden objektiven Befunden belegt, lediglich in der Epikrise des J.-Krankenhauses im F. gGmbH vom 28. Mai 1999. In diesem Bericht ist ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme sieben fibromyalgietypische Tenderpoints drucksensibel gewesen sind. Als auffallend wird dargestellt, dass nach zweiwöchigem stationären Aufenthalt dann alle für die Fibromyalgie typischen Tenderpoints als hochdruckschmerzhaft angegeben worden sind. Zum Zeitpunkt der Entlassung der vom 06. April 1999 bis 11. Mai 1999 erfolgten stationären Behandlung war die Klägerin danach seitens des Ganzkörperschmerzens beschwerdefrei. Der weichteilrheumatische Beschwerdekomplex wird zwar danach noch einmal im MDK-Gutachten des Dr. M.-L. vom 17. September 1999 erwähnt. Da in diesem Gutachten jedoch keine entsprechenden Befunde dargestellt sind, ist diese Diagnose offensichtlich allein auf die Epikrise des J.-Krankenhauses im F. gGmbH vom 28. Mai 1999 gestützt gewesen. Nicht anders ist diese Diagnose im weiteren MDK-Gutachten des Dr. K. vom 14. März 2001, beigefügt gewesen dem Befundbericht des Dr. N. vom 16. November 2003, zu erklären, denn auch dort werden entsprechende belegende Befunde nicht mitgeteilt. Der Sachverständige Dr. T. hat hinsichtlich des Fibromyalgiesyndroms ausgeführt, dass diese Diagnose zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, als die Ursache des Ganzkörperschmerzes noch nicht klar war. Die klassischen Symptome einer Fibromyalgie haben nach seiner Beurteilung zu keinem Zeitpunkt dokumentiert vorgelegen, was sich insbesondere auch daran zeigt, dass selbst in der oben genannten Epikrise vom 28. Mai 1999 nur von einem weichteilrheumatischen Beschwerdekomplex gesprochen wurde. Die diesbezüglichen Beschwerden hat der Sachverständige Dr. T. daher folgerichtig der seinerzeit bestandenen somatoformen Schmerzkrankheit zugeordnet. Eine beginnende diabetische Nephropathie (so Befundberichte des Facharztes für Innere Medizin, Nephrologie und Diabetologie Dr. M. vom 14. September 2000 und 30. August 2003) ist angesichts des im Normbereich liegenden Kreatininwertes als Ausdruck der Nierenfunktion (so der Sachverständige Prof. Dr. G.) nicht nachvollziehbar, zumal in den genannten Befundberichten auch keine entsprechenden Befunde angegeben sind. Zwar stellt Dr. M. eine im Befundbericht vom 14. September 2000 genannte Ödembildung in einen Zusammenhang mit einer beginnenden Nephropathie; aber auch danach ist die Nierenfunktion noch normal.

Wesentliche Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet mit bedeutsamen Funktionseinschränkungen liegen ebenfalls nicht vor.

Nach dem Sachverständigen Dr. T. sind degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule, wiederholt in den vorliegenden ärztlichen Unterlagen belegt. Allerdings sind diese Veränderungen, die weitgehend altersentsprechend waren, nicht Ursache für die von der Klägerin dargetanen Beschwerden. Der anhaltende Ganzkörperschmerz war vielmehr in der schweren psychischen Störung (somatoformen Schmerzstörung) begründet. Dr. T. hat ebenfalls eingeräumt, dass in der Vergangenheit unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Berichte ein Impingementsyndrom des rechten Schultergelenkes (Frozen shoulder), eine dezente Tendinitis der Bizepssehne links, eine Bursitis subacromialis, ein Zervikobrachialsyndrom, eine Epikondylitis rechts, eine Entzündung der Fingergelenke, Metatarsalgien, eine Großzehengrundgelenksarthrose beziehungsweise -arthritis zeitweilig vorlagen beziehungsweise als Diagnosen auf der Suche nach einer Erklärung für den Ganzkörperschmerz gestellt wurden. Ein geringes Impingementsyndrom des rechten Schultergelenkes und eine dezente unspezifische Tendinitis der Bizepssehne links hat auch der Sachverständige Prof. Dr. G. diagnostiziert. Der Sachverständige Dr. T. hat bei seiner Untersuchung allerdings Befunde, die auf die genannten Leiden hindeuten, nicht mehr finden können. Festgestellt hat er eine Chondropathia patellae beziehungsweise Gonalgien in altersentsprechendem Maße. Weder aus den letztgenannten Gesundheitsstörungen noch aus denen in Bezug auf die Wirbelsäule hat er wesentliche Funktionseinschränkungen erheben können. Dasselbe gilt für die von ihm angenommene Osteoporose. Solche Einschränkungen hat der Sachverständige Dr. T. im Übrigen auch nicht für die oben genannten, zeitweilig in der Vergangenheit bestandenen Leiden erkennen können. Dies ist unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen nachvollziehbar.

Der Sachverständige Prof. Dr. G. hat bei seiner Untersuchung lediglich eine etwas eingeschränkte Ventral- und Retroflexion der Halswirbelsäule, einen gering eingeschränkten Fingerbodenabstand von zirka 10 cm, eine geringe Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenkes für die dorsale Innenrotation und die Abduktion sowie eine ganz geringe Krepitation der Patellae bei Bewegung im Sinne einer Chondropathia patellae vorgefunden. Die Sonografie der Schultergelenke hat ebenso wie die Röntgenuntersuchung der Vorfüße, Hände, Brust- und Lendenwirbelsäule lediglich ganz dezente Veränderungen aufgedeckt. Die Knochendichtemessung hat Werte noch im Normbereich gezeigt. Auffällig gewesen ist bei seiner Untersuchung hingegen eine ausgeprägte Berührungs- und Muskelschmerzhaftigkeit im Bereich aller Körperabschnitte. Angesichts dieser Befunde hat der Sachverständige Prof. Dr. G. krankheitsdominante organische Gesundheitsstörungen, insbesondere orthopädischer Art, ausgeschlossen und die dargestellten Beschwerden einer somatoformen Schmerzstörung in Projektion auf das Bewegungs- und Stützsystem zugeordnet. Dies ist für den Senat schlüssig und wird auch durch die sonstigen ärztlichen Unterlagen belegt.

Degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule bei C 5/6 werden erstmalig im Bericht des Radiologen Dr. K. vom 15. März 1996 als Ergebnis einer Röntgenuntersuchung benannt. Im Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. Sch. vom 29. September 1996 wird eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule bei der Seitneigung und im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule bei der Flexion angeführt. Halswirbelsäulenbeschwerden beziehungsweise eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule werden in dem Bericht beziehungsweise Befundbericht der Fachärzte für Orthopädie und Rheumatologie Dres. M. und G.-S. vom 29. August 1997 beziehungsweise 31. März 1998 dargestellt, wobei jedoch eine eingeschränkte Belastbarkeit des Bewegungsapparates lediglich für einseitige Belastungen und schwere Arbeiten angenommen wird. Im MDK-Gutachten der Ärztin D. vom 19. Januar 1999, in der Epikrise des J.-K.rankenhaus im F. gGmbH vom 28. Mai 1999 und im MDK-Gutachten des Dr. M.-L. vom 17. September 1999 wird eine Funktionseinschränkung aus orthopädischer Sicht lediglich bezüglich der rechten Schulter gesehen. Wie dem MDK-Gutachten vom 19. Januar 1999 zu entnehmen ist, zeichnet sich hierbei der Zustand der rechten Schulter durch eine Dauerschonhaltung aus. Dieses Schon- und Vermeidungsverhalten hat auch der Sachverständige Prof. Dr. G. vorgefunden. Dieser Sachverständige hat es mangels schwerwiegender Befunde im Bereich der rechten Schulter jedoch der somatoformen Schmerzstörung zugerechnet. Der Bericht des Facharztes für Neurochirurgie Dr. Sch. vom 05. November 1998, beigefügt dem Befundbericht des Dr. N. vom 20. Juni 1999, deutet in dieselbe Richtung. Dort wird zwar eine erhebliche Bewegungseinschränkung mit Schultersteife rechts genannt, gleichzeitig jedoch die Frage nach einer Inaktivitätsversteifung aufgeworfen. Dies ist nicht überraschend, zumal nach dem Bericht des Radiologen Dr. T. vom 16. Oktober 1998 über eine Magnetresonanztomografie der rechten Schulter lediglich ein Impingementgrenzbefund dargestellt werden konnte. Der Sachverständige Dr. L. hat bei seiner Untersuchung eine eingeschränkte Beweglichkeit im Halswirbelsäulenbereich vorgefunden. In der Epikrise der H.-U.-Kliniken S. vom 06. Juni 2001 ist die Schultergelenksbeweglichkeit beidseits als frei dargestellt. Demgegenüber bestand nach dem MDK-Gutachten des Dr. K. vom 14. März 2001 seinerzeit noch eine Schultersteife rechts. Der Sachverständige Prof. Dr. G. hat insoweit darauf hingewiesen, dass durch das schmerzbedingte Schon- und Vermeidungsverhalten eine scheinbare Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Gelenke vorgetäuscht werden kann.

Angesichts der nicht schwerwiegenden degenerativen Veränderungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates kann entweder davon ausgegangen werden, dass die oben genannten Gesundheitsstörungen nur zeitweise vorgelegen haben. Das zeitweise Bestehen einer Gesundheitsstörung, auch wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit vorübergehend beeinflusst wird, begründet aber noch keine Minderung des Leistungsvermögens im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Erwerbsfähigkeit muss vielmehr nicht nur vorübergehend - worunter ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten verstanden wird - herabgesunken sein (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 670 f. VI; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB VI, gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, 60. Ergänzungslieferung, K § 43 Rdnr. 22, K § 44 Rdnr. 15; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16), so dass kurzzeitige Erkrankungen außer Betracht zu bleiben haben. Diese bedingen allenfalls Arbeitsunfähigkeit. Allerdings spricht die Vielfalt der wechselnden Diagnosen und Befunde im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparats eher dafür, dass die insoweit geäußerten Beschwerden in Wahrheit der ausgeprägten Berührungs- und Muskelschmerzhaftigkeit im Bereich aller Körperabschnitte zuzurechnen sind und, wie vom Sachverständigen Prof. Dr. G. beurteilt, als somatoforme Schmerzstörung in Projektion auf das Bewegungs- und Stützsystem zu beurteilen sind.

Ungeachtet der Zuordnung der genannten Beschwerden ist nachvollziehbar, wenn der Sachverständige Prof. Dr. G. noch körperlich leichte, geistig mittelschwierige und schwierige Arbeiten im Sitzen beziehungsweise im Wechsel der Haltungsarten, in geschlossenen Räumen und unter Witterungsschutz ohne Kälte, Nässe, Zugluft, starken Temperaturschwankungen und jeweils ohne Arbeiten im Steigen, Klettern, in der Hocke, im Kriechen, mit Heben, Tragen von Lasten, Überkopfarbeiten, Arbeiten in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung und unter Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit für möglich gehalten hat. Aus der Berührungs- und Druckschmerzhaftigkeit der Muskulatur allein hat er allerdings keine Behinderung für eine Arbeitsleistung gesehen, denn alle Gelenke und die Wirbelsäule sind frei beweglich gewesen. Dies ist nachvollziehbar, denn regelmäßig kommt es im Arbeitsleben nicht zu Berührung und Druck auf die Muskulatur durch andere Personen oder Sachen. Lediglich die aus dem schmerzbedingten Schon- und Vermeidungsverhalten resultierende fehlende Fitness lässt stärkere körperliche Belastungen nicht zu. Die von ihm aufgezeigten Leistungseinschränkungen tragen dem ausreichend Rechnung, wobei der Ausschluss klimatischer Einflüsse auf deren schmerzverstärkender Wirkung beruht.

Der Sachverständige Dr. L. hat eine Somatisierungsstörung, einen psychischen Erschöpfungszustand im Rahmen eines leichten depressiven Syndroms, den Verdacht auf Spannungskopfschmerz mit Bahnung durch die Halswirbelsäule, einen migränoiden Schmerz und die bereits genannte beginnende diabetische Polyneuropathie diagnostiziert. Im Vordergrund stehend hat auch er die Somatisierungsstörung angesehen, wobei er allerdings Überschneidungen insbesondere mit den degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates für wahrscheinlich erachtet hat.

Die von ihm genannten Einschränkungen (körperlich leichte bis kurzfristig mittelschwere Arbeiten, möglichst im Wechsel der Haltungsarten, geistig schwierige Arbeiten, Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne Kälte, Nässe, Zugluft, Hitze, starke Temperaturschwankungen, Lärm, keine Arbeiten mit Steigen und Klettern, keine Leiter- und Gerüstarbeiten, kein Kriechen, nur kurzzeitiges Hocken, nur gelegentliches Bücken und Heben, keine Überkopfarbeit, kein regelmäßiges Tragen von Lasten über 5 kg, keine Arbeiten mit Anforderungen an die grobe Kraft der Hände oder mit besonderer Fingerfertigkeit, keine Nachtschicht, Arbeiten nur gelegentlich in Zwangs- und einseitiger Körperhaltung, keine besonderen optischen Leistungen, keine Arbeiten im Akkord und am Fließband) hat er demgemäß im Wesentlichen aus den degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates hergeleitet. Da insoweit jedoch keine schwerwiegenden Veränderungen bestehen, sind die von ihm genannten Leistungseinschränkungen unter dem vom Sachverständigen Prof. Dr. G. genannten Gesichtspunkt fehlender körperlicher Fitness nachvollziehbar. Dr. L. hat hierbei den Ausschluss von Hautreizstoffen mit der bei der Klägerin bestehenden Allergie, den Ausschluss besonderer Fingerfertigkeit mit den sensiblen Störungen an sämtlichen Fingerspitzen, den Ausschluss von Nachtschicht und von Arbeiten im Akkord und am Fließband mit der psychischen Irritierbarkeit im Rahmen der psychoreaktiven Störung und den Ausschluss besonderer optischer Leistungen mit einer Hornhautstörung begründet. Auch dies ist schlüssig.

Nach dem Sachverständigen Dr. T. bestehen eine Anpassungsstörung, eine Migräne, vermutlich vom Typus der ophthalmoplegischen Migräne, ein chronifizierter Spannungskopfschmerz, eine sensible distalbetonte diabetische Polyneuropathie, ein Restless legs-Syndrom, ein Sulcus-nervi-ulnaris-Syndrom rechts stärker als links und der bereits benannte insulinpflichtige Diabetes mellitus.

Eine Somatisierungsstörung, einen psychischen Erschöpfungszustand im Rahmen eines leichten depressiven Syndroms, eine somatoforme Schmerzstörung mit Projektion auf das Bewegungs- und Stützsystem, eine schwere posttraumatische Belastungsreaktion, eine Klaustrophobie, eine Zervikalneuralgie, eine Fallsucht und eine Anisometrie hat der Sachverständige Dr. T. hingegen nicht feststellen können. Dies liegt zum einen darin begründet, dass teilweise eine Änderung im Sinne einer Besserung des Gesundheitszustandes eingetreten ist. Dies gilt insbesondere bezüglich der in den Gutachten der Sachverständigen Dr. L. und Prof. Dr. G. noch genannten Gesundheitsstörungen. Zum anderen liegt dies darin begründet, dass die von dem Sachverständigen Dr. T. nicht vorgefundenen Leiden entweder nur vorübergehend bestanden beziehungsweise mangels objektivierbarer Befunde anhand der vorliegenden ärztlichen Unterlagen schon nicht nachvollziehbar sind.

Letzteres betrifft die schwere posttraumatische Belastungsreaktion, die einmalig im Befundbericht des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. vom 08. Mai 1998 erwähnt wird, ohne dass hierfür irgendwelche Befunde benannt werden. Möglicherweise wird insoweit ein zu Beginn der Behandlung im Juli 1993 bestandener Zustand auf dem Höhepunkt der Misshandlungen durch den früheren Ehemann vor/bei der Scheidung 1993 beschrieben. Dasselbe gilt für die Klaustrophobie und Fallneigung in der Epikrise der H.-U.-Kliniken S. vom 06. Juni 2001, die offensichtlich, da objektivierbare Befunde dort nicht genannt sind, allein auf den subjektiven Angaben der Klägerin beruhen. Die Diagnosen Fallsucht und Klaustrophobie werden auch von dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Schmerztherapie Dr. J. im Befundbericht vom 02. September 2003 und Bericht vom 21. Februar 2001 wiederum ohne entsprechende Befunde aufgeführt. Möglicherweise beruht die Diagnose einer Klaustrophobie auf dem Bericht des Praktischen Arztes Dr. N. vom 24. Januar 2001, in dem eine schwerste Klaustrophobie daraus hergeleitet ist, dass die Klägerin eine dringend benötigte MRT-Untersuchung in herkömmlichen Anlagen nicht ertragen könne. Soweit dies tatsächlich der Fall ist, berührt dies allerdings die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass eine Anisometrie (so im Befundbericht des Praktischen Arztes Dr. N. vom 16. November 2003 und Bericht der Augenärzte Dres. R., R. und R. vom 05. Januar 2001) wesentlich dauerhaft leistungseinschränkende Funktionsstörungen zur Folge haben könnte. Im letztgenannten Bericht werden zeitweilig geringe Doppelbilder wohl aufgrund einer starken Anisometropie genannt, die zurzeit nicht auskorrigiert sei, da die Klägerin keine Kontaktlinsen vertrage. Allenfalls scheiden, wie bereits der Sachverständige Dr. L. ausgeführt hat, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen aus. Für eine Zervikalneuralgie, insbesondere mit funktionseinschränkender Wirkung, geben die vorliegenden ärztlichen Berichte ebenfalls nichts her.

Der Sachverständige Dr. T. hat im Übrigen ausgeführt, dass die wiederholt gestellte Diagnose einer depressiven Neurose (vgl. unter anderem Entlassungsbericht der Inntalklinik Simbach vom 20. September 1995, Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie Dr. O. vom 08. März 1996) sowie die Diagnosen somatoforme Schmerzstörung beziehungsweise Somatisierungsstörung (vgl. neben den bereits genannten Gutachten der Sachverständigen Dr. L. und Prof. Dr. G. auch Befundbericht des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. vom 08. Mai 1998) in der Vergangenheit berechtigt gewesen sind, da sich die Klägerin seinerzeit in einer extremen Belastungssituation befunden hat. Diese Diagnosen hat der Sachverständige aufgrund der von ihm vorgenommenen Untersuchung nunmehr jedoch nicht mehr stellen können, da die Klägerin wegen einer dreimaligen ambulanten Psychotherapie (ambulante Gesprächspsychotherapie 1993 bis 1994, analytisch orientierte Psychotherapie 1995 bis 1997, Gesprächspsychotherapie November 2003 bis Juni 2004) ihre seelischen Störungen hat aufarbeiten können.

Der Sachverständige Dr. T. hat aufgrund der von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen beurteilt, dass die Klägerin noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten und geistig schwierige Arbeiten in allen Haltungsarten, jedoch nicht ausschließlich im Sitzen verrichten kann. Ausgeschlossen hat er Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Fingerfertigkeit im Sinne vorwiegender Schreibarbeiten, Arbeiten im Freien mit Kälte, Nässe, Zugluft, starken Temperaturschwankungen, mit Lärm, unter Aussetzung gegenüber Hautreizstoffen, auf Leitern und Gerüsten, in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung, mit mehr als gelegentlichem Bücken, Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg, im Knien, in der Hocke, Überkopfarbeiten, unter Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit, mit Wechselschicht und mit besonders hohen Anforderungen an die Reaktionsbereitschaft. Dies ist für den Senat nachvollziehbar, denn besondere psychische Belastungen sind der Klägerin nicht zuzumuten. Im Übrigen bedingen die Sensibilitätsstörungen den Ausschluss solcher Arbeiten, die einen uneingeschränkten Tastsinn erfordern und geeignet sind, Nervendehnungsschmerzen zu provozieren. Soweit der Sachverständige Dr. T. die Frage aufgeworfen hat, ob der Klägerin auch besondere Anforderungen an das Richtungsgehör beziehungsweise das Feingehör abverlangt werden können, bedarf dies nicht einer Abklärung durch einen HNO-Facharzt. Dr. T. hat ein uneingeschränktes Hörvermögen angenommen. Weder aus seinem Gutachten noch aus den sonstigen ärztlichen Unterlagen gibt es im Übrigen Anhaltspunkte, dass das Hörvermögen beeinträchtigt sein könnte.

Bei seiner Untersuchung hat der Sachverständige Dr. T. in neurologischer Hinsicht im Wesentlichen neben den bereits benannten Sensibilitätsstörungen im Bereich der unteren Extremitäten eine Hypästhesie, Hypalgesie bis Analgesie und Thermhyp- bis -analgesie an beiden Unterarmen und im Bereich der Hände vorgefunden. Am vierten und fünften Finger ist die Tiefensensibilität deutlich gestört gewesen. An den Endgliedern des vierten und fünften Fingers hat weitgehend eine aufgehobene Gefühlswahrnehmung bestanden. An den Endgliedern der anderen Finger hat sich lediglich eine geringe Abschwächung der Sensibilität, des Vibrationssinnes und des Lagesinnes gezeigt. Die Fingerfeinmotorik ist erkennbar nicht beeinträchtigt gewesen. Daneben hat sich eine deutliche Druckschmerzhaftigkeit an beiden Ellenbogengelenken mit provozierbaren Kribbelparästhesien dargestellt. Beim Barfußgang hat die Klägerin den Untergrund nur stark abgeschwächt wahrgenommen. Das Einbeinhüpfen ist auch nur im Ansatz möglich gewesen. Die von Dr. T. durchgeführten elektrophysiologischen Untersuchungen, insbesondere die Elektroneurografie, hat das Vorliegen der distalen, überwiegend sensiblen (sensorischen) Polyneuropathie bestätigt. Hinsichtlich der Spannungskopfschmerzen, des Restless legs-Syndroms und der Migräneanfälle hat der Sachverständige Dr. T. eine ausreichende therapeutische Behandlung vorgefunden. Die umfänglichen neuropsychologischen Testuntersuchungen haben eine überdurchschnittliche Intelligenz gezeigt und sind im Übrigen unauffällig gewesen. Dies folgt auch aus dem Gutachten des Diplompsychologen W., der lediglich eine leichte Verlangsamung bei der einfachen Reiz-Reaktionsbereitschaft festgestellt hat, die er am ehesten auf die Polyneuropathie zurückgeführt hat. Vor allem aber wird von der Klägerin die erlebte Diskrepanz zwischen der vormals als sehr hoch beschriebenen Leistungsfähigkeit und der aktuell eher im unteren Normwertbereich angesiedelten konzentrativen und psychophysischen Leistungsfähigkeit als einschränkend empfunden. Dies erklärt, dass sich die Klägerin entgegen den objektiven Befunden subjektiv als erheblich leistungsgemindert betrachtet.

Wenn eine Tätigkeit den dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen gerecht wird, ist, ohne dass zusätzliche Befunde oder Gesichtspunkte hinzutreten, ein vollschichtiges Leistungsvermögen, wie dies alle gerichtlichen Sachverständigen in Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht der Inntalklink Simbach vom 20. September 1995, dem Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie Dr. O. vom 08. März 1996, dem Arbeitsamtsgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. D. vom 08. März 1996, dem Gutachten des Facharzt für Chirurgie Dr. Sch. vom 29. September 1996 und insbesondere dem Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Z. vom 27. November 2000 angenommen haben, folgerichtig.

Nicht zu folgen vermag der Senat dem Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. vom 24. April 1996, soweit dieser lediglich ein halb- bis untervollschichtiges Leistungsvermögen als gegeben erachtet hat. Diese Beurteilung rührt ersichtlich nicht aus internistischer Sicht, denn danach besteht eine gute Leistungsfähigkeit. Dieser Arzt hat vielmehr die psychische Situation zur Begründung angeführt. Er hat damit aber die Grenzen seines Fachgebietes verlassen. Dies trifft ebenfalls für den Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie und Diabetologie Dr. M. zu, der in den Befundberichten vom 14. September 2000 und 13. April 1998 wegen des Diabetes mellitus ein vollschichtiges Leistungsvermögen und lediglich wegen des nicht näher bezeichneten Gesamtbildes ein seinerzeit nicht vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen hat. Die Fachärztinnen für Allgemeinmedizin Dr. M. und Siebert haben in ihrem Befundbericht vom 24. April 1998 ebenso wie der Praktische Arzt und Chirotherapeut Dr. N. in den Befundberichten vom 20. Juni 1999 und 31. Juli 2000 noch nicht einmal näher begründet, warum kein vollschichtiges Leistungsvermögen bestehen soll. Deren Einschätzung kann der Senat deswegen auch nicht nachvollziehen. Soweit die Fachärztin für Orthopädie Dr. D. im Arbeitsamtsgutachten vom 21. Mai 2002 nur noch ein Leistungsvermögen unter drei Stunden für gegeben erachtet hat, entbehrt dies ebenfalls einer schlüssigen Begründung, denn bis auf das Restless legs-Syndrom werden keine anderen Diagnosen als in ihrem früheren Gutachten vom 08. März 1996 aufgeführt. Im Übrigen wird in diesem Gutachten ausdrücklich festgehalten, dass sich im Großen und Ganzen keine neuen Gesichtspunkte gegenüber dem früheren Gutachten ergeben haben.

Die gerichtlichen Sachverständigen sind unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Berichte allesamt davon ausgegangen, dass das von ihnen beurteilte Leistungsvermögen seit dem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 08. Februar 1994 beziehungsweise seit Rentenantragstellung im Juni 1995 besteht. Der Sachverständige Dr. T. ist zwar der Auffassung gewesen, dass das Leistungsvermögen für bestimmte Zeitabschnitte in den 90-er Jahren anders zu beurteilen ist als heute. Insoweit hat er jedoch lediglich auf seinerzeit erforderlich gewesene längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgestellt, ohne ein anderes Leistungsvermögen festzulegen. Insbesondere ist er der Beurteilung des Leistungsvermögens im Entlassungsbericht der Inntalklinik Simbach vom 20. September 1995 und im Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie Dr. O. vom 08. März 1996 ebenso wie den weiteren Beurteilungen in den anderen Gutachten beigetreten. Mithin lässt sich nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. T. zwar eine Besserung des Gesundheitszustandes in psychischer Sicht belegen. Es lässt sich jedoch kein qualitativ oder quantitativ fassbares anderes Leistungsvermögen für die Vergangenheit feststellen.

Der von der Klägerin im Schriftsatz vom 08. April 2005 unter Hinweis auf die beigefügte Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 30. März 2005 gemachte Vortrag, wonach der besonderen psychischen Problematik (körperliche und psychische Misshandlung durch die Mutter, Vergewaltigungen durch den früheren Ehemann nebst dessen sonstiger sexueller Praktiken, möglicher sexueller Missbrauch an den Kindern beiderlei Geschlechts) durch die Sachverständigen Dr. L. und Dr. T. - denen diese bekannt gewesen ist - nicht hinreichend Rechnung getragen worden sei, entbehrt einer stichhaltigen Begründung. Die Sachverständigen Dr. T. und W. haben die Klägerin eingehend auf ihre Leistungsfähigkeit im Rahmen der vom 28. bis 31. Oktober 2004 erfolgten stationären Untersuchung untersucht (nach der Stellungnahme des Dr. F. vom 30. März 2005 "übertestet") und beurteilt. Dass eine Verdrängung dieser Problematik, wie von Dr. F. dargelegt, noch besteht, zeigt die von dem Sachverständigen Dr. T. benannte Diagnose einer Anpassungsstörung. Es sind jedoch gleichwohl keine Anhaltspunkte weder ersichtlich noch von Dr. F. dafür benannt, dass deswegen das Leistungsvermögen in erheblichem Umfang eingeschränkt wäre. Auch nach Dr. F. soll dies wohl erst die von ihm angeregte weitere Begutachtung durch einen Spezialisten auf dem Gebiet der Missbrauchssymptomatik ergeben. Eine Beweiserhebung ins Blaue hinein ohne entsprechende hinreichende Befundtatsachen ist jedoch nicht geboten.

Damit konnte und kann die Klägerin aber als Steuerfachgehilfin arbeiten.

Die Arbeitsbedingungen dieses Berufes sind in gabi Nr. 753 a wie folgt beschrieben: körperlich leichte Büroarbeit, überwiegend im Sitzen, in geschlossenen, temperierten Räumen, überwiegend Bildschirmarbeitsplatz, Tagesschicht, Zeitdruck durch Termine und Fristen.

Diesem Anforderungsprofil wird die Klägerin gerecht. Die Sachverständigen haben nicht jegliche Art von Zeitdruck ausgeschlossen, sondern nur einen solchen, wie er im Rahmen von Akkord- und Fließbandarbeit vorkommt. Solcher Zeitdruck lässt sich für den Beruf einer Steuerfachgehilfin nach der beigezogenen berufskundlichen Literatur nicht feststellen. Der Ausübung dieses Berufes steht auch nicht die Tätigkeit am Bildschirm entgegen. Der Sachverständige Dr. T. hat wegen der Sensibilitätsstörungen an den Fingern beider Hände nicht das Bedienen einer PC-Tastatur generell ausgeschlossen. Er hat vielmehr lediglich ständige Schreibarbeiten am PC nicht für zumutbar gehalten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass eine Steuerfachgehilfin wie eine Schreibkraft in einem Schreibbüro ununterbrochen Texte einzugeben hat.

Wenn die Sachverständigen somit zu der Einschätzung gelangt sind, die Klägerin könne als Steuerfachgehilfin vollschichtig arbeiten, ist dies, weil sie das berufskundliche Anforderungsprofil nicht verkannt haben, schlüssig und bewegt sich im Rahmen des einem Arzt einzuräumenden Beurteilungsspielraumes, so dass sich der Senat deren Bewertung zu Eigen machen kann.

Soweit im MDK-Gutachten des Dr. M.-L. vom 17. September 1999 dargestellt ist, die letzte Tätigkeit könne nicht verrichtet werden, ist dies nicht nachvollziehbar. Es fehlt jegliche Feststellung hinsichtlich des Leistungsvermögens der Klägerin.

Schließlich bedarf die Klägerin auch keiner betriebsunüblicher Pausen.

Nach § 4 Sätze 1 und 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis neun Stunden zu unterbrechen, wobei die Ruhepausen in Zeitabschnitten von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden können. Insoweit begründen zusätzliche, also betriebsunübliche, Pausen eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich dazu führt, dass eine konkrete Verweisungstätigkeit, die einer solchen unüblichen Pausenregelung gerecht wird, zu benennen ist (BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 136).

Nach dem Sachverständigen Dr. D. muss die Klägerin wegen des insulinabhängigen Diabetes mellitus zwar die genannten Blutzuckerselbstmessungen und Insulininjektionen vornehmen. Wie dieser Sachverständige jedoch ausgeführt hat, ist dies während eines normalen Arbeitstages in der Regel jedoch nur einmal täglich am Mittag nötig. Damit genügen die betriebsüblichen Ruhepausen.

Berufsunfähigkeit liegt somit nicht vor.

Der Klägerin ist auch keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 SGB VI zu gewähren.

Nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte erwerbsunfähig, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Bei dem bereits dargelegten vollschichtigen Leistungsvermögen liegen diese Voraussetzungen, die noch weitergehende Leistungseinschränkungen als bei der Berufsunfähigkeit erfordern, nicht vor.

Schließlich kann der Klägerin auch keine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der Fassung des EM-Reformgesetzes (SGB VI n. F.) gewährt werden, denn sie ist noch nicht einmal teilweise erwerbsgemindert.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Voraussetzung kann notwendigerweise bei einem sogar noch vollschichtigen Leistungsvermögen nicht vorliegen.

Dem Antrag der Klägerin, von Prof. Dr. L. ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einholen, vermag der Senat nicht zu folgen.

Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen solchen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Die genannten Voraussetzungen liegen vor.

Nachdem beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits mit Verfügung vom 28. Januar 2005 angefragt worden ist, ob die Berufung zurückgenommen werde, hat dieser erstmals mit Schriftsatz vom 08. April 2005 angekündigt, dass Dr. L. als Sachverständiger nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG in Betracht komme. Es müsse derzeit aber noch ein Kontakt zu diesem Sachverständigen aufgebaut werden. In der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2005 ist dann der entsprechende Antrag gestellt worden.

Durch die Zulassung dieses Antrages würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, denn die mündliche Verhandlung hätte vertagt werden müssen. Dieser Antrag ist zudem aus grober Nachlässigkeit zu spät gestellt worden.

Zwar bestimmt § 109 SGG keine Frist für die Stellung dieses Antrages. Erkennt jedoch ein Beteiligter, dass die Beweiserhebung durch das Gericht abgeschlossen ist, ist er gehalten, innerhalb einer angemessenen Frist, den Antrag zu stellen. Eine Frist von sechs Wochen ist hierbei regelmäßig als nicht angemessen anzusehen (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 7. Auflage, § 109 Rdnrn. 8 und 8 a).

Der Klägerin hätte nach Bekanntgabe der gerichtlichen Verfügung vom 28. Januar 2005, die nach Mitteilung ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zeitnah erfolgt ist, klar sein müssen, dass von Amts wegen weitere Ermittlungen nicht erfolgen. Gleichwohl hat sie bis zum 08. April 2005 zugewartet, um einen Antrag nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG anzukündigen. Dies hätte ohne weiteres bereits zeitnah nach Bekanntgabe der Verfügung vom 28. Januar 2005 erfolgen können. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, welche Gründe einer früheren Ankündigung entgegengestanden haben könnten. Die Klägerin hat damit aus grober Nachlässigkeit gehandelt, wenn sie mehr als zwei Monat zuwartet, um einen solchen Antrag anzukündigen.

Der Senat ist im Übrigen auch davon überzeugt, dass der Antrag in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, erst in der mündlichen Verhandlung gestellt und trotz Hinweises des Gerichts darauf, dass die Klägerin einen Kostenvorschuss von zirka 2 000,00 EUR werde leisten müssen, von ihr aufrechterhalten worden ist.

Die Klägerin, der Prozesskostenhilfe unter Anordnung monatlicher Raten in Höhe von 30,00 EUR bewilligt worden ist, hat letztmalig am 05. Januar 2005 die festgesetzte Rate gezahlt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung dazu ausgeführt, sie sei aus wirtschaftlichen Gründen zu einer weiteren Ratenzahlung nicht mehr in der Lage. Sie hat außerdem dargelegt, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht wisse, wie sie die Kosten für das Gutachten nach § 109 SGG aufbringen solle.

Angesichts dessen kann die Klägerin selbst schon nicht die Überzeugung haben, dass es zu der von ihr beantragten Beweiserhebung kommt. Wenn sie gleichwohl auf ihrem Beweisantrag beharrt, lässt dies die Schlussfolgerung zu, dass es ihr allein darum geht, eine Vertagung der mündlichen Verhandlung zu erreichen, um die von ihr erwartete ungünstige Entscheidung des Gerichts abzuwenden.

2. Der Senat lässt offen, ob die Feststellungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG oder als allgemeine Feststellungsklage nach § 55 SGG zulässig ist. Sie ist jedenfalls unbegründet.

Nach § 10 SGB VI in der hier anzuwendenden Fassung haben Versicherte für Leistungen zur Rehabilitation die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2. bei denen voraussichtlich durch die Leistungen

a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden kann

b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder der Eintritt von Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder im Bergbau verminderter Erwerbsfähigkeit abgewendet werden kann.

Nach den Sachverständigen Dr. T. und Dr. D. konnte die Klägerin vor der im September 1996 begonnenen Umschulung zur Bauzeichnerin weiterhin im Beruf einer Steuerfachgehilfin tätig sein. Damit lag eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht vor. Der Sachverständige Dr. T. hat allerdings die Erwerbsfähigkeit im Beruf einer Steuerfachgehilfin seinerzeit als erheblich gefährdet angesehen, weil die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt unter den psychischen Auswirkungen ihrer von Gewalt und sexuellem Missbrauch ihrer Kinder gekennzeichneten Ehe körperlich und seelisch in einem solchen Ausmaß beeinträchtigt war, dass dies zum Krankheitsbild einer depressiven Neurose führte. Allerdings trifft diese Einschätzung auch auf den Umschulungsberuf einer Bauzeichnerin zu, denn die Auswirkungen ihrer schweren seelischen Erkrankung sind diesbezüglich nicht anders zu beurteilen. Diese Umschulung war daher weder geeignet noch erforderlich, um die nach dem Sachverständigen Dr. T. gegebene erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit abzuwenden. Geeignete Maßnahme dafür war vielmehr zum einen die von der Beklagten gewährte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme und zum anderen die von der Klägerin auch wahrgenommenen Psychotherapien. Seinerzeit waren die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Es konnte erwartet werden, dass durch medizinische Maßnahmen die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit im Beruf einer Steuerfachgehilfin abgewendet werden kann. Bei einer solchen Sachlage ist die Beklagte als Rentenversicherungsträger zur Erbringung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation, insbesondere einer Umschulung, namentlich zur Bauzeichnerin, nicht verpflichtet gewesen.

Die Berufung muss daher insgesamt erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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