L 24 KR 49/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 10 KR 125/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 49/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Anschlussberufung der Kläger werden unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Mai 2003 und der Widerspruchsbescheid vom 30. November 2004 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 446,94 Euro zu zahlen. Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um Kosten für die Verabreichung von Insulin in Höhe von 446,94 Euro in der Zeit vom 23. Februar bis 05. März 2002 und vom 01. April bis 30. Juni 2002 im Rahmen der häuslichen Krankenpflege als Behandlungspflege.

Die Kläger sind die Erben der im September 1920 geborenen und am 17. Januar 2005 verstorbenen H. Sch. (Versicherte), die bei der Beklagten versichert war. Die Versicherte lebte in den streitigen Zeiträumen mit dem Kläger zu 3) in einem gemeinsamen Haushalt.

Am 18. Februar 2002 beantragte die für die Versicherte bestellte Betreuerin, die Klägerin zu 2), häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 18. Februar bis 05. März 2002. Sie legte dazu die Erstverordnung häusliche Krankenpflege der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom 18. Februar 2002 über Injektionen subkutan zweimal täglich über den genannten Zeitraum vor. Wegen Alzheimer-Demenz, Bettlägerigkeit (Pflegefall) und insulinpflichtigem Diabetes seien die Maßnahmen zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung erforderlich. Da nach Angaben der Klägerin zu 2) die verordneten Maßnahmen nicht durch eine im Haushalt lebende Person erbracht werden könnten, sollten sie durch den häuslichen Pflegedienst I. S. und K. S. geleistet werden.

Mit Bescheid vom 21. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da laut Pflegegutachten Familienangehörige im Haushalt seien, die die verordneten Maßnahmen übernehmen könnten.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch vom 23. Februar 2002 wurde geltend gemacht, die Klägerin zu 2) sei nicht in der Lage, das Spritzen zu übernehmen. Bereits in der Vergangenheit sei diese nicht in der Lage gewesen, fachgerecht Wundverbände bei der Versicherten anzulegen.

Aufgrund eines weiteren Antrages bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 06. bis 31. März 2002 neben einer Dekubitusbehandlung auch die Insulininjektionen.

Am 29. März 2002 beantragte die Betreuerin und Klägerin zu 2) häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 2002. Sie legte dazu die Folgeverordnung häusliche Krankenpflege der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom 28. März 2002 über Injektionen subkutan zweimal täglich über den genannten Zeitraum vor. Wegen einer Alzheimer-Demenz, Diabetes mellitus I, Inkontinenz, Adipositas, Herzinsuffizienz und Uterusprolaps seien die Maßnahmen zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung erforderlich. Da nach Angaben der Klägerin zu 2) die verordneten Maßnahmen nicht durch eine im Haushalt lebende Person erbracht werden könnten, sollten sie durch den häuslichen Pflegedienst I. S. und K. S. geleistet werden.

Mit Bescheid vom 08. April 2002 lehnte die Beklagte diesen Antrag aus denselben Gründen ab.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wurde geltend gemacht, die Klägerin zu 2) könne die Versicherte nicht spritzen, weil sie diese nicht stechen könne. Dies gälte ebenso für den Kläger zu 3).

Auf einen weiteren am 02. Juli 2002 gestellten Antrag auf häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 01. Juli bis 30. September 2002 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 04. Juli 2002 eine Dekubitusbehandlung, lehnte die verordneten Insulininjektionen aber aus dem bereits genannten Grund ab. Dagegen wurde ebenfalls Widerspruch eingelegt.

Am 24. September 2002 hat die Versicherte beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2002 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Februar 2002 zurück, da in der Gesamtbeurteilung festzustellen sei, dass die Voraussetzungen der verordneten Behandlungspflege im Zeitraum vom 18. Februar bis 05. März 2002 nicht erfüllt seien.

Die Versicherte hat vorgetragen, die Kläger zu 2) und 3) seien beide berufstätig, so dass sie die genauen Insulinzeiten nicht immer einhalten könnten. Sie könnten zudem nicht spritzen, weil sie der Versicherten nicht wehtun könnten. Es sei nicht nachvollziehbar, weswegen die Injektionen vom 06. bis 31. März 2002 genehmigt worden seien, während dies im Übrigen abgelehnt werde. Der Pflegedienst warte nunmehr seit 7 Monaten auf sein Geld.

Mit Rechnung vom 04. Dezember 2002 forderte der häusliche Pflegedienst I. S. und K. S. bei einem Einzelpreis von 5,73 Euro unter anderem für 31 Einsätze im Zeitraum vom 18. Februar bis 05. März 2002 177,63 Euro und für 132 Einsätze im Zeitraum vom 01. April bis 30. Juni 2002 756,36 Euro. Diesen Betrag zahlte die Versicherte am 05. Dezember 2002.

Die Versicherte hat darauf hingewiesen, dass mit Bescheiden vom 07. Oktober 2002, 05. November 2002, 06. Januar 2003, 26. Februar 2003 und 02. April 2003 verordnete Insulininjektionen auch für die Zeiträume vom 01. Oktober 2002 bis 31. März 2003 abgelehnt worden seien. Lediglich für den nachfolgenden Zeitraum bis 30. Juni 2003 habe die Beklagte einen Einsatz pro Tag genehmigt. Zwischenzeitlich sei mit dem häuslichen Pflegedienst Stundung vereinbart worden. Im anhängigen Verfahren werde Kostenerstattung für den Zeitraum vom 18. Februar 2002 bis 30. November 2002 und ab 01. Dezember 2002 Freistellung von den Kosten begehrt.

Die Versicherte habe mit dem häuslichen Pflegedienst S. und S. am 18./19. Februar 2002 einen privatrechtlichen Pflegevertrag über die Erbringung der Pflegeleistungen geschlossen. Darin sei vereinbart, dass Leistungen, die keine Kassenleistungen seien, von der Versicherten getragen werden müssten. Die Versicherte und der häusliche Pflegedienst hätten die Vereinbarung übereinstimmend dahingehend verstanden, dass die Versicherte für die Kosten der Pflegeleistungen aufkommen müsse, falls die Krankenkasse die Kostenübernahme verweigere.

Die Versicherte hat darauf verwiesen, dass der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nur ausgeschlossen sei, wenn eine im Haushalt lebende Person die Pflege tatsächlich übernehmen könne. Dies setze voraus, dass sowohl der zu Pflegende bereit sei, sich von dem Angehörigen pflegen zu lassen, als auch der pflegende Angehörige mit der Durchführung der Pflege einverstanden sei. Im Hinblick auf die Intensität des Eingriffs zahlreicher pflegerischer Maßnahmen im Intimbereich lasse Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) ein Einverständnis auf beiden Seiten als unverzichtbar erscheinen. Nur mit dieser Einschränkung werde die Vorschrift des § 37 SGB V der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 3 GG im Vergleich zu alleinlebenden Pflegebedürftigen gerecht. Im vorliegenden Fall habe die Versicherte nicht eingewilligt, sich vom Kläger zu 3) das verordnete Insulin injizieren zu lassen. Der Kläger zu 3) sei hierzu aus beruflichen Gründen auch nicht in der Lage. Die an Demenz erkrankte Versicherte sei hinsichtlich der Vornahme der Injektionen durch den Kläger zu 3) nicht einwilligungsfähig. Eine solche Einwilligung sei aber angesichts der Schwere des Eingriffs, der tatbestandlich eine Körperverletzung nach § 123 Strafgesetzbuch (StGB) darstelle, erforderlich, da die Injektion ansonsten rechtswidrig wäre. Bei der subkutanen Injektion handele sich nicht um eine einfache Maßnahme.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der I. S. als Zeugin und den Pflegevertrag zwischen der Versicherten und dem häuslichen Pflegedienst S. und S. vom 18./19. Februar 2002 beigezogen.

Die Versicherte hat die handschriftlichen Aufzeichnungen zur Anleitung zur Insulininjektion den Kläger zu 3) betreffend der K. S. und Viola Förster vorgelegt.

Nachdem das Sozialgericht das Verfahren bezüglich der Verordnungszeiträume vom 06. März bis 31. März 2002 und ab 01. Juli 2002 abgetrennt hatte, hat die Versicherte beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 21. Februar 2002 und 08. April 2002, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2002, zu verurteilen, die der Klägerin für selbstbeschaffte Leistungen der häuslichen Krankenpflege in den Zeiträumen 18. Februar bis 05. März 2002 und 01. April bis 30. Juni 2002 entstandenen Kosten in Höhe von 933,99 Euro zu erstatten.

Mit Urteil vom 28. Mai 2003 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, die Versicherte von Kosten in Höhe von 933,99 Euro freizustellen: Streitgegenstand sei auch der Bescheid vom 08. April 2002, denn aus Sicht eines objektiven Empfängers habe die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 25. September 2002 auch darüber entschieden. Die Beklagte habe die Versicherte freizustellen, denn diese sei einer zivilrechtlichen Forderung ausgesetzt und die Beklagte habe die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt. Auf den in § 37 Abs. 3 SGB V genannten Leistungsausschlussgrund könne sich die Beklagte nicht berufen. Eine missbräuchliche Weigerung des Klägers zu 3), der Versicherten Insulininjektionen zu verabreichen, liege nicht vor, denn er habe Angst vor Spritzen, wie aus dem erstellten Protokoll über seine Anleitung zur Insulininjektion im Februar 2003 ersichtlich sei. Unabhängig davon stelle eine ohne Einverständnis der zu pflegenden Versicherten erfolgten Injektion den Tatbestand einer Körperverletzung dar. Eine Einwilligung der Versicherten in subkutane Injektionen durch dem Kläger zu 3) liege nicht vor. Auch eine mutmaßliche Einwilligung komme nicht in Betracht. Fehle es an einer Einwilligung, könne der Kläger zu 3) die Injektionen nur vornehmen, wenn er sich strafbar mache. Dies sei nicht zumutbar.

Gegen das ihr am 18. August 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. September 2003 eingelegte Berufung der Beklagten.

Sie ist der Auffassung, dass ein nachvollziehbarer Grund für die Verweigerung der Pflegeleistung nicht bestehe. Bei der Insulingabe handele es sich um eine einfache Maßnahme ohne Berührung der Intimsphäre. Dem Einwand, der im Haushalt lebende Kläger zu 3) habe Spritzenangst, könne nicht gefolgt werden. Nach der Beurteilung des MDK sei dieser durchaus nach einer Anlernphase physisch und psychisch in der Lage, Injektionen durchzuführen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Insulingabe in der Regel mittels eines so genannten Pen erfolge, der mit einer herkömmlichen Spritze keine Ähnlichkeit aufweise. Im Übrigen gebe es für Personen mit Spritzenangst spezielle halbautomatische Pen-Geräte, die der Pflegeperson den Einstich abnähmen. Nach dem Pflegegutachten vom 21. April 1997 pflege der Kläger zu 3) die Versicherte mindestens 21 Stunden in der Woche. Es sei ihm zumutbar, die Insulingabe mit seinen Arbeitszeiten abzustimmen.

Mit dem am 29. April 2004 von der Beklagten abgegebenen und von der Versicherten angenommenen Teilanerkenntnis hat sich die Beklagte verpflichtet, die Kosten für die einmal (werk)-tägliche Insulingabe für die Zeiträume vom 18. Februar bis 05. März 2002 und 08. April bis 28. Juni 2002 (ohne Wochenenden und die Tage des 09. Mai und 20. Mai 2002) in Höhe der abgerechneten Vertragspreise zu erstatten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2004 hat die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 08. April 2002 teilweise stattgegeben. Dies betrifft über das Teilanerkenntnis hinausgehend den 13. April 2002 (einmalig), den 28. April 2002 (einmalig), den 01. Mai 2002 (einmalig), den 03. Mai 2002 (zusätzlich ein weiteres Mal), den 09. Mai 2002 (einmalig), den 11. Mai 2002 (einmalig), den 20. Mai 2002 (einmalig) und den 30. Juni 2002 (einmalig). Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die medizinische Notwendigkeit der verordneten Maßnahme werde nicht in Frage gestellt. Es sei auch unzweifelhaft, dass die Versicherte die Maßnahme nicht selbst habe durchführen können. Allerdings sei der Kläger zu 3) in der Lage gewesen, die Insulininjektionen zu verabreichen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass im Übrigen eine Kostenerstattung nicht in Betracht kommt. An den Wochenenden sei dem Kläger zu 3) die Verabreichung der morgendlichen und abendlichen Injektionen möglich gewesen. Am 23. Februar 2002 und 20. Mai 2002 sei ihm die Insulingabe noch vor dem Dienstantritt um 07.30 Uhr möglich gewesen. Vom 02. bis 05. April 2002 habe er Urlaub, am 09. April 2002 dienstfrei gehabt, so dass die Injektionen morgens und abends möglich gewesen seien. Die Beklagte weise außerdem darauf hin, dass im Zeitraum vom 22. April bis 30. Juni 2002 einmal täglich dreimal wöchentlich von ihr ein Behandlungspflegeeinsatz (Verbandswechsel bzw. Dekubitusversorgung) bewilligt und durchgeführt worden sei. Gemäß dem mit dem Pflegedienst abgeschlossenen Vertrag sei damit vergütungsrechtlich auch eine tägliche Insulininjektion abgegolten. Eine Spritzenphobie des Klägers zu 3) sei nicht ersichtlich. Die Beklagte hat das Pflegegutachten der Dr. M. und der Pflegefachkraft J. vom 21. April 1997 vorgelegt. Nach Ansicht der Beklagten ist es nicht erforderlich, dass die Insulingabe jeweils exakt um 08.00 Uhr bzw. 18.00 Uhr erfolge. Die Arbeitsstelle des Klägers zu 3) sei in unmittelbarer Nähe der gemeinsamen Wohnung, so dass dieser die Wohnung bzw. die Arbeitsstelle in wenigen Minuten erreichen könne.

In der mündlichen Verhandlung am 19. April 2005 haben die Kläger Anschlussberufung eingelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Mai 2003 zu ändern und die Klage, auch gegen den Widerspruchsbescheid vom 30. November 2004, abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Kläger beantragen, nachdem sie das von der Beklagten abgegebene weitere Teilanerkenntnis, noch 22,92 Euro (19. bis 22. Februar 2002) zu zahlen, angenommen haben,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Mai 2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2004 zu verurteilen, an die Kläger 446,94 Euro zu zahlen sowie die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass die Beklagte die Anforderungen überspanne. Der Kläger zu 3) sei aus psychischen Gründen nicht in der Lage zu spritzen. Dies gehe aus der beigefügten Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom 04. Dezember 2002 hervor. Der beauftragte Pflegedienst habe in der Zeit vom 18. bis 27. Februar 2003 vergeblich versucht, dem Kläger zu 3) die Spritztechnik beizubringen. Im Übrigen gehe dieser einer vollschichtigen Berufstätigkeit als Hausmeister bei einer regelmäßigen Dienstzeit von 05.30 bis 15.30 Uhr nach. Außerdem habe er an den Wochenenden Bereitschafts- und Sicherungsdienste wahrzunehmen. Die Versicherte sei unter den gegebenen Umständen auch nicht bereit gewesen sei, sich vom Kläger zu 3) spritzen zu lassen. Die Versicherte hat die Bescheinigung des Amtes Peitz vom 18. Februar 2003 vorgelegt. Die Kläger haben außerdem die weitere Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom 12. Mai 2005 vorgelegt.

Der Senat hat die Auskünfte des Amtes Peitz vom 25. März 2004 nebst den Arbeitszeitblättern für die Monate Februar bis Juni 2002, des Häuslichen Pflegedienstes S. & S. vom 29. März 2004 nebst Nachweisen über die erbrachten Leistungen für den streitigen Zeitraum (Übersicht vom 13. Mai 2004) vom (Eingang) 03. Juni 2004 und vom 05. November 2004 sowie der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom (Eingang) 28. April 2004 und 06. Juli 2004 eingeholt. Der Senat hat außerdem Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der K. S. und V. K. (ehemals F.) als Zeugen.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird u. a. auf die Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts vom 11. März 2003 sowie die Anlagen 1 und 2 zur Sitzungsniederschrift vom 07. Juni 2005 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (.), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie bedarf insbesondere nicht der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Nach der Rechnung vom 04. Dezember 2002 hat der Wert des Beschwerdegegenstandes zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung, auf den für die Zulässigkeit des Rechtsmittels grundsätzlich abzustellen ist (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 7. Auflage, vor § 143 Rdnr. 10 b m.w.N.), 933,99 Euro betragen und somit die maßgebende Grenze von 500 Euro überschritten. Die Beschränkung der Berufung nach teilweisem Anerkenntnis und teilweiser Stattgabe durch den Widerspruchsbescheid macht die Berufung nicht unzulässig, auch wenn sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nunmehr auf 469,86 Euro vermindert hat. Eine willkürliche Beschränkung der Berufung, die es gebietet, für die Beschwer auf den späteren Zeitpunkt der Beschränkung dieses Rechtsmittels abzustellen, liegt nur dann vor, wenn von vornherein Anlass zur beschränkten Rechtsmitteleinlegung bestand. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Versicherungsträger bei späterer Überprüfung der Sach- und Rechtslage, insbesondere nach weiteren Sachermittlungen, den geltend gemachten Anspruch teilweise als gerechtfertigt ansieht und deswegen die Berufung beschränkt (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., vor § 143 Rdnr. 10 b m.w.N.).

Die Berufung der Beklagten ist jedoch im Hinblick auf die Anschlussberufung der Kläger (§ 202 SGG i. V. m. § 524 Zivilprozessordnung - ZPO ) unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Beklagte allerdings zu Unrecht verurteilt, die Versicherte von ihrer Verpflichtung gegenüber dem Häuslichen Pflegedienst S. & S. zur Zahlung von 933,99 Euro, die nach der Rechnung vom 04. Dezember 2002 für Insulininjektionen im Zeitraum vom 18. Februar bis 05. März 2002 und vom 01. April bis 30. Juni 2002 entstanden ist, freizustellen.

Ein solcher Anspruch besteht schon deswegen nicht, weil diese Verpflichtung durch die am 05. Dezember 2002 erfolgte Zahlung erloschen ist, wie aus der entsprechenden Quittung auf der Rechnung vom 04. Dezember 2002 hervorgeht und auch vorgetragen ist. Wird die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt, erlischt das Schuldverhältnis (§ 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), so dass keine (weitere) Verpflichtung zur Zahlung von der freigestellt werden könnte, bestehen kann.

Die Kläger haben jedoch Anspruch auf Zahlung von weiteren 446,94 Euro. Der Bescheid vom 21. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2002 und der Bescheid vom 08. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2004 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

Die Kläger sind aktiv legitimiert. Ihre Anspruchsberechtigung resultiert daraus, dass sie nach dem vom Amtsgericht Cottbus erteilten Erbschein vom 16. Februar 2005 Erben der Versicherten sind. Mit dem Tod der Versicherten ist deren Vermögen als Ganzes - und damit auch der behauptete Anspruch - auf die Kläger übergegangen (§ 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - ).

Das Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) bestimmt insoweit nichts anderes. Nach § 58 Satz 1 SGB I gilt: Soweit fällige Ansprüche auf Geldleistungen nicht nach den §§ 56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen, werden sie nach den Vorschriften des BGB vererbt. Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist (§ 59 Satz 2 SGB I).

Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung steht einem Sonderrechtsnachfolger nicht zu.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I stehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten u. a. den Kindern zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben.

Danach könnte zwar der Kläger zu 3) als Sonderrechtsnachfolger in Betracht kommen, denn er pflegte die Versicherte im gemeinsamen Haushalt bis zu deren Tod. Beim Anspruch auf häusliche Krankenpflege handelt es sich zwar grundsätzlich nicht um eine Geldleistung, denn sie ist abgesehen von dem Fall des § 37 Abs. 4 SGB V grundsätzlich als Sachleistung zur Verfügung zu stellen (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 39. Ergänzungslieferung, Höfler, § 37 SGB V Rdnr. 20; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB V, 58. Ergänzungslieferung, Gerlach K § 37 Rdnr. 45). Wird die Sachleistung jedoch nicht gewährt, und beschafft sich der Versicherte die Leistung selbst auf eigene Kosten, so steht dem Versicherten unter den Voraussetzungen des § 13 SGB V ein Anspruch auf Kostenerstattung zu, der eine Geldleistung darstellt, denn er ist auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet.

Nichts anderes dürfte gelten, wenn der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 SGB V ausnahmsweise auf Freistellung von einer Verbindlichkeit gerichtet ist. Ein solcher Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit (§ 257 Satz 1 BGB) tritt nämlich lediglich an die Stelle der in Geld zu leistenden Entschädigung (§ 251 Abs. 1 BGB) hinsichtlich des entstandenen Vermögensschadens des Versicherten (BSGE 73, 271, 276). Dieser Anspruch geht inhaltlich dahin, dass der Ersatzberechtigte (hier also die Versicherte) vom Ersatzpflichtigen (hier der Beklagten) Zahlung einer bestimmten Geldsumme an den Gläubiger der eingegangenen Verbindlichkeit (hier des häuslichen Pflegedienstes) verlangen kann (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Auflage, Heinrichs, § 257 Rdnr. 2). Der Befreiungsanspruch ist mithin selbst, wenn auch nicht unmittelbar im Verhältnis zwischen dem Ersatzberechtigten und dem Ersatzverpflichteten, ein Anspruch auf Geldleistung. Dies zeigt sich insbesondere auch daran, dass sich dieser Anspruch, wenn er vom Ersatzberechtigten an den Gläubiger der eingegangenen Verbindlichkeit abgetreten wird, sich in einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Ersatzverpflichteten umwandelt (Bundesgerichtshof - BGH - in BGHE 71, 170; Palandt, a.a.O. § 257 Rdnr.1).

Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine laufende Geldleistung. Mit diesem Begriff werden zwar diejenigen Geldleistungen erfasst, auf die der Berechtigte einem dem Grunde nach wiederkehrenden Anspruch hat, wobei nicht entscheidend ist, ob im konkreten Fall nur eine einzige Zahlung vorgenommen wird (Kasseler Kommentar, a.a.O., Seewald, § 48 SGB I, Rdnr. 4, § 56 SGB I Rdnr. 6). Im Rahmen des Kostenerstattungsanspruches nach § 13 SGB V könnte daher erwogen werden - wie dies der Senat in seinem Urteil vom 25. Januar 2005 - L 24 KR 47/03 getan hat, wobei dies dort allerdings nicht entscheidungserheblich gewesen ist - die maßgebliche Abgrenzung danach vorzunehmen, ob der zugrunde liegende Anspruch ein einmaliger oder wiederkehrender Anspruch ist bzw. war. Eine solche Differenzierung nach dem zugrunde liegenden Anspruch auf Sachleistung berücksichtigt jedoch nicht hinreichend den Charakter des Kostenerstattungsanspruches. Dieser stellt einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch aus Garantiehaftung (BSGE 73, 271, 274) für verauslagte Aufwendungen (so BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 9 V 7/03 R, abgedruckt in SozR 4-3100 § 35 Nr. 3) dar. Ein solcher Aufwendungsersatz mag sich zwar aus mehreren Einzelansprüchen zusammensetzen, die aus der wiederholten Nichterfüllung eines Sachleistungsanspruches resultieren. Gleichwohl handelt es sich nicht um eine laufende Geldleistung, denn dieser Anspruch ist nicht von vornherein auf eine wiederkehrende Zahlung gerichtet; er entsteht vielmehr jeweils im Einzelnen neu aus der Nichterfüllung des Sachleistungsanspruches. Es fehlt mithin an einem Anspruch dem Grunde nach im Sinne eines Stammrechts, aus dem jeweils daraus abgeleitete Einzelansprüche entstehen können. Der Anspruch auf Kostenerstattung hat somit lediglich eine einmalige Geldleistung zum Gegenstand (so auch BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 9 V 7/03 R), auch wenn er sich aus mehreren einmaligen Geldleistungen wegen mehrmaliger Nichterfüllung des Sachleistungsanspruches zusammensetzt, die im Wege einer Klagenhäufung (§ 56 SGG) geltend gemacht werden. Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob es überhaupt einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege als Stammrecht gibt, aus dem wiederkehrende Einzelansprüche auf bestimmte Maßnahmen resultieren.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erhalten die Versicherten die Leistungen der Krankenversicherung als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) nichts Abweichendes vorsehen. Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses Buch oder das SGB IX vorsieht (§ 13 Abs. 1 SGB V).

Die hier allein in Betracht kommende Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Der Kostenerstattungsanspruch reicht hierbei nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R und vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R; BSGE 79, 125, 126 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 m.w.N.).

Der Versicherten sind Kosten entstanden. Die Verpflichtung zur Zahlung ergibt sich aus dem Pflegevertrag zwischen der Versicherten als Leistungsnehmerin und dem Häuslichen Pflegedienst S. & S. als Leistungserbringerin vom 18./19. Februar 2002. Darin verpflichtete sich die Leistungserbringerin, Pflegeleistungen in Form häuslicher Krankenpflege als Behandlungspflege laut ärztlicher Verordnung ab 18. Februar 2002 zu erbringen.

Die der Versicherten entstandenen Kosten sind, soweit sie insbesondere vor Erteilung des Bescheides vom 08. April 2002 entstanden sind, allerdings nicht ursächlich kausal auf diesen Bescheid zurückzuführen.

Erst die Weigerung der Krankenkasse gibt dem Versicherten das Recht, sich die benötigte Leistung selbst zu beschaffen. Damit scheidet die Erstattung von Kosten (bzw. die Freistellung von einer Verbindlichkeit) hinsichtlich solcher Leistungen aus, die sich der Versicherte vor der Bekanntgabe des die Leistung ablehnenden Bescheides selbst beschafft hat (vgl. dazu BSGE 79, 125, 127; SozR 3-2500 § 13 Nr. 15).

Dies ist vorliegend allerdings nicht rechtserheblich, da die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte.

Unaufschiebbarkeit ist gegeben, wenn die Leistung ausschließlich aus medizinischen Gründen sofort, ohne die Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubes erbracht werden muss (BSGE 73, 271, 287; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22).

Die von der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. unter dem 18. Februar 2002 und 28. März 2002 verordneten Injektionen subkutan zweimal täglich duldeten keinen Aufschub. Sind solche Injektionen erforderlich, was auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird, müssen sie, um eine Entgleisung des Diabetes mellitus zu vermeiden, auch im verordneten Umfang durchgeführt werden.

Die Versicherte durfte zunächst darauf vertrauen, dass die entsprechend der ärztlichen Verordnung vom 18. Februar 2002 durchgeführten Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege von der Beklagten übernommen werden. Diesem Gesichtspunkt trägt offensichtlich Ziffer 23 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege vom 16. Februar 2000 (Bundesanzeiger 2000 Nr. 91) Rechnung. Danach übernimmt die Krankenkasse bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132 a Abs. 2 SGB V, wenn die Verordnung spätestens am zweiten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird.

Im Übrigen sind zwar die Kosten für die vom 01. April 2002 bis zum Zugang des Bescheides vom 08. April 2002 durchgeführten Insulininjektionen ursächlich darauf zurückzuführen, dass die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang pflegen kann, schließt § 37 Abs. 3 SGB V einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege aber aus. Ein Vertrauen in die Verordnung der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom 28. März 2002 kann insoweit nicht geltend gemacht werden, da der Versicherten wegen des Bescheides vom 21. Februar 2002 die Auffassung der Beklagten bekannt war.

Ziffer 23 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege vom 16. Februar 2002 vermag einen Anspruch in einem solchen Fall nicht zu begründen. Diese Richtlinien, wenn sie überhaupt geeignet sind, die Gerichte zu binden, stehen jedenfalls mit höherrangigem Recht, nämlich § 13 Abs. 2 SGB V und § 37 Abs. 3 SGB V bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht in Einklang, so dass sie insoweit unbeachtlich sind.

Die Kosten, die der Versicherten nach Zugang der Bescheide vom 21. Februar 2002 und 08. April 2002 entstanden sind, sind formal betrachtet ebenfalls nicht ursächlich kausal auf diese Bescheide zurückzuführen. Dies folgt daraus, dass die Verpflichtung zur Zahlung sich ebenfalls aus dem Pflegevertrag zwischen der Versicherten als Leistungsnehmerin und dem häuslichen Pflegedienst S. & S. als Leistungserbringerin vom 18./19. Februar 2002 ergibt.

Bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen wird zwar im allgemeinen die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse als Zäsur gesehen und die Kostenerstattung nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung beschafft wurden; für spätere Leistungen wird der erforderliche Kausalzusammenhang dagegen bejaht. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die nachträglich getroffene Entscheidung der Krankenkasse noch geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen. War mit dem eigenhändigen Beginn der Behandlung das weitere Vorgehen bereits endgültig festgestellt, fehlt der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnung der Krankenkasse und der Kostenbelastung des Versicherten auch für den Teil der Behandlung, der zeitlich nach dem ablehnenden Bescheid liegt (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - B 1 KR 23/00 R; abgedruckt in SozR 3-2500 § 28 Nr. 6). Von einer solchen endgültigen Festlegung ist auch dann auszugehen, wenn die zu erbringenden Leistungen nicht jeweils einzeln in Anspruch genommen werden, sondern Gegenstand einer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossenen Vereinbarung sind. Dies folgt daraus, dass Rechtsgrund für einen Kostenerstattungsanspruch immer nur eine vertragliche Vereinbarung sein kann, so dass der Zeitpunkt der Durchführung dieser Vereinbarung nicht maßgeblich ist. Mit Vertragsschluss ist bereits das weitere Vorgehen festgelegt. Stellt sich die Leistung allerdings nicht als einheitlicher Behandlungsvorgang dar, so dass die einzelnen Behandlungsmaßnahmen jeweils unabhängig von den vorangegangenen und nachfolgenden Maßnahmen in Anspruch genommen werden können, sind die Beteiligten der vertraglichen Vereinbarung jedoch nicht gehindert, die Leistung nach einer ablehnenden Entscheidung der Krankenkasse auf eine neue Rechtsgrundlage zu stellen mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt zwischen der ablehnenden Entscheidung der Krankenkasse und der danach entstehenden Kosten ein ursächlicher Zusammenhang vorliegt.

Dafür ist zwar im vorliegenden Fall nichts vorgetragen. Allerdings kann in einem solchen Fall von einem stillschweigenden (konkludenten) Wechsel in der Rechtsgrundlage ausgegangen werden. Ansonsten würde es von Zufälligkeiten abhängen, ob eine Kostenerstattung erfolgen kann oder nicht. Gerade rechtsunkundige Versicherte würden ansonsten Rechtsnachteile erleiden. Ein stillschweigender (konkludenter) Wechsel der Rechtsgrundlage ist jedoch auf die Fälle beschränkt, bei denen die Interessen des Leistungserbringers nicht berührt werden. Ein Leistungserbringer wird einer Aufhebung der bisherigen Vereinbarung und dem Abschluss einer neuen Vereinbarung nur zustimmen, wenn dies für ihn nicht nachteilig ist, also seinen Interessen nicht zuwider läuft. Allein bei einem solchen Sachverhalt kommt ein solcher Wechsel der Rechtsgrundlage in Betracht.

Der Rechtsprechung des BSG dürfte diese Rechtsauffassung zugrunde liegen, auch wenn sich das BSG dazu im Einzelnen zu dieser Rechtsfrage bisher wohl nicht geäußert hat. Seine Ausführungen dahingehend, dass es an einem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnung der Krankenkasse und der Kostenbelastung des Versicherten auch für den Teil der Behandlung fehle, der zeitlich nach dem ablehnenden Bescheid liege, lassen sich, wenn hierzu zur Begründung auf die bereits endgültige Festlegung des weiteren Vorgehens abgestellt wird, allein mit der der gesamten Behandlung zugrunde liegenden alles umfassenden vor Bescheiderteilung geschlossenen vertraglichen Bindung erklären. Allein diese kann Grundlage einer Kostenerstattung für daraus resultierende Kosten sein. Diese Rechtsprechung erweckt allerdings den Eindruck, dieser Sachverhalt sei die Ausnahme, während bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen nicht der zugrunde liegenden rechtlichen Vereinbarung, sondern der tatsächlichen Erbringung dieser Leistungen maßgebliche Bedeutung zugemessen würde. Der Senat vermag ein solches Regel-Ausnahmeverhältnis der Rechtsprechung des BSG jedoch nicht zu entnehmen.

Das BSG geht offensichtlich davon aus, dass laufende Leistungen oder Leistungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht notwendigerweise auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage beruhen (müssen). Dies leuchtet ohne Weiteres ein, denn auch solche Leistungen können - wie einmalige Leistungen - einen jeweils zugrunde liegenden krankhaften Zustand (zunächst) abschließend heilen oder lindern. Der Umstand, dass dieselbe oder eine andere Leistung im Anschluss daran, möglicherweise vorausschauend, erforderlich wird, bedingt nicht die Fortsetzung der Behandlung bei dem bisherigen Leistungserbringer. Es kann daher die Annahme gerechtfertigt sein, dass der Entschluss zur weiteren Behandlung jeweils mit einer neuen Vereinbarung einhergeht, die jeweils die Grundlage für eine mögliche Kostenerstattung darstellt. Dies gilt insbesondere dann, wenn üblicherweise schriftliche Vereinbarungen nicht getroffen werden, also in der zur Verfügungstellung der Leistung einerseits und der Entgegennahme der Leistung andererseits der Vertragsschluss zu sehen ist. In Anbetracht solcher Fallkonstellationen erweist sich die Rechtsprechung des BSG hinsichtlich auch laufender oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckender Leistungen keineswegs widersprüchlich dazu, dass (ansonsten) auf die endgültige Festlegung des weiteren Vorgehens (aufgrund einer einheitlichen vertraglichen Grundlage) abgestellt wird. Diese Rechtsprechung bietet mithin keinen Anhaltspunkt dafür, die der Leistung zugrunde liegende rechtliche Vereinbarung für unbeachtlich zu halten und stattdessen auf eine tatsächliche Leistungserbringung abzustellen. Eine solche Rechtsauffassung wäre mit der übrigen Rechtsprechung des BSG nicht in Einklang zu bringen.

Zahlungen des Versicherten, die ohne rechtliche Verpflichtung zugewendet werden, lösen grundsätzlich keinen Anspruch auf Kostenerstattung aus (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1998 - B 1 KR 3/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 13 Nr. 17; BSG, Urteil vom 28. März 2000 - B 1 KR 21/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 13 Nr. 21). Die Leistungspflicht der Krankenkasse kann nicht weitergehen als die Zahlungsverpflichtung des Versicherten. Dies zwingt dazu, nicht auf die tatsächliche Leistungserbringung, sondern grundsätzlich auf die dieser zugrunde liegenden Vereinbarung als Rechtsgrundlage für eine Kostenerstattung abzustellen. Dies schließt es jedoch nicht aus, ausnahmsweise einen stillschweigenden (konkludenten) Wechsel in der Rechtsgrundlage anzunehmen, wenn die Voraussetzungen, unter der der Versicherte die vertragliche Bindung eingegangen ist, nämlich die Übernahme dieser Kosten durch die Krankenkasse weggefallen ist, und auch Interessen des Leistungserbringers durch einen solchen Wechsel nicht berührt werden.

Vorliegend sind keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, dass durch den stillschweigenden Wechsel in der Rechtsgrundlage Interessen des Häuslichen Pflegedienstes S. & S. berührt sein könnten.

Nach § 37 Abs. 2 SGB V in der hier maßgebenden Fassung (also vor den mit Wirkung zum 01. Januar 2004 eingetretenen Änderungen durch Gesetz vom 14. November 2003 - BGBl. I Seite 2190) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist.

Zur Behandlungspflege gehören pflegerische Maßnahmen der ärztlichen Behandlung, die dazu dienen, Krankheiten zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und die üblicherweise an (nichtärztliche) Pflegekräfte delegiert werden können, wozu insbesondere die Verabreichung von Injektionen zu rechnen ist (Hauck/Haines, a. a. O., Gerlach, K § 37 Rdnr. 37; Kasseler Kommentar, a. a. O., Höfler, § 37 SGB V Rdnr. 23 und 23 b). Die Subsumtion einer nicht vom Arzt zu erbringenden Maßnahme der Krankenbehandlung unter den Begriff Behandlungspflege hängt hierbei nicht davon ab, ob sie ausschließlich von fachlich geschulten Pflegekräften oder auch von Laien erbracht werden kann (BSG, Urteil vom 30. März 2000 - B 3 KR 23/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 37 Nr. 2 = BSGE 86,101).

Maßnahmen der Behandlungspflege sind Teil des ärztlichen Behandlungsplanes. Soweit Hilfeleistung anderer Personen, hier also von Pflegepersonen, erforderlich sind, dürfen sie nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden (vgl. auch Kasseler Kommentar, a. a. O., § 37 SGB V Rdnr. 23 a).

Eine solche ärztliche Anordnung liegt vor. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin T. verordnete unter dem 18. Februar bzw. 28. März 2002 zweimal täglich Injektionen subkutan für den Zeitraum vom 18. Februar bis 05. März 2002 bzw. 01. April bis 30. Juni 2002 zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung wegen u. a. Alzheimer Demenz, Bettlägerigkeit und insulinpflichtigem Diabetes mellitus.

Die ärztliche Verordnung allein begründet jedoch noch keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege. § 27 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bestimmt insoweit, dass bei der häuslichen Krankenpflege für die Leistungserbringung neben der vertragsärztlichen Verordnung noch die Zustimmung der Krankenkasse erforderlich ist.

Die Beklagte hat die Zustimmung nicht verweigert. Auch sie ging davon aus, dass die Versicherte nicht in der Lage war, die erforderlichen Insulininjektionen selbständig vorzunehmen. Im Widerspruchsbescheid vom 30. November 2004 wird insoweit ausdrücklich zugestanden, dass die Versicherte ärztlicher beziehungsweise pflegerischer Betreuung in diesem Umfang bedurfte. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V ist daher unzweifelhaft.

Für eine gerichtliche Prüfung hinsichtlich des Erfordernisses von Maßnahmen der Behandlungspflege besteht ohnehin nur dann Anlass, wenn Zweifel auf der Hand liegen oder die Erforderlichkeit bereits im Verwaltungsverfahren angezweifelt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 - B 3 KR 23/99 R).

Nach § 37 Abs. 3 SGB V besteht der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

Unter Haushalt ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die häusliche, wohnungsmäßige, familienhafte Wirtschaftsführung zu verstehen (BSG, Urteil vom 30. März 2000 - B 3 KR 23/99 R; Hauck/Haines, a. a. O., SGB V K § 37 Rdnr. 27; Kasseler Kommentar, a. a. O., § 37 SGB V Rdnr. 12).

Die Versicherte und der Kläger zu 3) lebten in dem streitigen Zeitraum im selben Haushalt.

§ 37 Abs. 3 SGB V ist eine konkrete Ausgestaltung des Vorrangs der Eigenhilfe vor der Inanspruchnahme von Hilfe durch die Solidargemeinschaft der Krankenversicherung. Es wird dabei an familienrechtlichen Fürsorge- und Unterhaltspflichten sowie an sittlichen Beistandspflichten unter zusammenlebenden Hausangehörigen außerhalb des Familienverbundes im engeren Sinne angeknüpft (BSG, Urteil vom 30. März 2000 - B 3 KR 23/99 R). Diese Vorschrift ist damit Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips des § 1 Satz 2 SGB V und des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs. 1 SGB V. Der Versicherte kann von der Solidargemeinschaft nicht solche Leistungen verlangen, die bei ihm im Haushalt lebende Personen zumutbar erbringen können und dadurch fremde Hilfeleistungen entbehrlich machen. Es gehört zu den Pflichten des Versicherten und zumindest seiner mit ihm im Haushalt lebenden Familienangehörigen, alles in ihren Kräften stehende Zumutbare zu tun, neben den vorgesehenen Leistungen der Krankenkasse zur Behebung ihres eigenen Krankheitszustandes oder des Krankheitszustandes ihrer Angehörigen beizutragen (Hauck/Haines, a. a. O., K § 37 Rdnr. 30).

Als Ausnahmeregelung ist § 37 Abs. 3 SGB V jedoch nicht über seinen Wortlaut hinaus auszulegen. Nach dem Urteil des BSG vom 30. März 2000 - B 3 KR 23/99 R - ist diese Vorschrift sogar hinter ihrem Wortlaut zurückbleibend dahingehend auszulegen, dass der Leistungsausschluss nicht schon dann eingreift, wenn die Hilfe durch Haushaltsangehörige geleistet werden könnte, sondern erst dann, wenn tatsächlich auch Hilfe geleistet wird. Ein Leistungsausschluss besteht nur, wenn sowohl der Versicherte bereit ist, sich von dem Angehörigen pflegen zu lassen, als auch der pflegende Angehörige mit der Durchführung der Pflege einverstanden ist.

Die vom BSG dafür angeführte Begründung ist überzeugend. Die frühere Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14. Juli 1977 - 3 RK 60/75 = BSGE 44, 139) kann für die Auslegung des § 37 Abs. 3 SGB V nicht herangezogen werden, denn sie erging zu einem Zeitpunkt, zu dem die Vorgängerregelung des § 185 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO), wonach häusliche Krankenpflege insoweit gewährt wurde, als eine im Haushalt lebende Person den Kranken nicht pflegen konnte, noch nicht galt und die Subsidiarität des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege allgemein aus familienrechtlichen Unterstützungspflichten abgeleitet wurde. Diese allgemeine familienrechtliche Solidarpflicht hat aber weder in § 185 Abs. 2 RVO noch in § 37 Abs. 3 SGB V seinen Niederschlag gefunden. Vorschriften des SGB sind daher angeknüpft an § 2 Abs. 2 SGB I im Zweifel so auszulegen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Dies bedeutet für die Auslegung des § 37 Abs. 3 SGB V, dass die Sicherung des ärztlichen Behandlungszieles den Ausschlag gibt, wobei die Entlastung der Solidargemeinschaft durch die kostenlose oder kostengünstige Hilfe Dritter demgegenüber zurückzustehen hat. Es kommt hinzu, dass zahlreiche pflegerische Maßnahmen sehr stark in Intimbereiche eingreifen, so dass auch aus dem Schutz der Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ein Einverständnis auf beiden Seiten, also so genannte aktive und passive Pflegebereitschaft, als unverzichtbar erscheint. Schließlich muss Art. 3 Abs. 1 GG beachtet werden. Anderenfalls enthielte § 37 Abs. 3 SGB V nämlich eine - sachlich nicht gerechtfertigte - Differenzierung zwischen alleinlebenden Pflegebedürftigen, denen ohne weiteres Behandlungspflege zu gewähren wäre, und Pflegebedürftigen mit nicht zur Pflege bereiten Angehörigen, die auch bei zwingender medizinischer Erforderlichkeit ohne pflegerische Versorgung bleiben müssten.

Nach dem genannten Urteil des BSG vom 30. März 2000 gilt dies allerdings nicht uneingeschränkt. Weigert sich der Versicherte ohne nachvollziehbaren Grund, Maßnahmen der Behandlungspflege von ehrenamtlichen Pflegepersonen in Anspruch zu nehmen, insbesondere von solchen, die ihn ohnehin zur Sicherstellung der Pflege versorgen, und handelt es sich um einfache Maßnahmen ohne Berührung der Intimsphäre, wird die Pflegebereitschaft fingiert. Dasselbe gilt, wenn ein kollusives Zusammenwirken von Pflegebedürftigen und Haushaltsangehörigen angenommen werden muss, wenn etwa beide ohne nachvollziehbare Gründe sich weigern, Pflegemaßnahmen vornehmen zu lassen beziehungsweise durchzuführen, die zuvor ohne weiteres erbracht worden sind. Schließlich zählt auch der Fall dazu, den das BSG nicht erwähnt hat, dass sich die im Haushalt lebende Person ohne nachvollziehbaren Grund weigert, Maßnahmen der Behandlungspflege durchzuführen.

Nach dieser Rechtsprechung des BSG bleibt allerdings offen, welche Gründe als nachvollziehbar zu respektieren sind. Es stellt sich zunächst die Frage, ob dafür ein eher subjektiver oder ein eher objektiver Maßstab heranzuziehen ist. Eine Maßnahme, die im Allgemeinen durch eine im Haushalt lebende Person erbracht wird, kann sich im Einzelfall für eine bestimmte Person als nicht zumutbar darstellen. Bei ganz einfachen Maßnahmen wird regelmäßig aber ein eher objektiver Maßstab anzulegen sein, denn wenn solche Maßnahmen üblicherweise von im Haushalt lebenden Personen erbracht werden, spricht die Vermutung dafür, dass sie auch im konkreten Einzelfall zumutbar sind, es sei denn, es werden vom Betroffenen ganz individuell vorliegende Gründe bezeichnet und nachgewiesen. Stellt die Maßnahme einen starken Eingriff in die körperliche Sphäre des Versicherten dar, wird ein eher subjektiver Maßstab anzulegen sein, denn das Selbstbestimmungsrecht der Versicherten wird dadurch wesentlich tangiert. Wie der einzelne Versicherte von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch macht, kann nicht, ohne dass dieses unterginge oder maßgeblich eingeschränkt würde, durch einen Dritten, also objektiv, bestimmt werden. Es muss daher ausreichen, wenn der Versicherte, ausnahmsweise möglicherweise auch die im Haushalt lebende Person, glaubhaft Gründe aufzeigt, die nicht abwegig erscheinen. Im Übrigen muss eine Interessenabwägung im jeweiligen Einzelfall vorgenommen werden.

Die Versicherte selbst war aufgrund ihres Zustandes nicht in der Lage, über die Insulininjektionen zu entscheiden. Es stellt mithin auch lediglich eine Mutmaßung dar, dass sie mit den Injektionen durch den Kläger zu 3) nicht einverstanden gewesen wäre. Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

Ohne die Einwilligung der Betreuerin und Klägerin zu 2) ist der Kläger zu 3) allerdings gehindert, die Injektionen durchzuführen, denn eine strafbare Handlung kann von ihm nicht erwartet werden. Eine grundlose Verweigerung der Einwilligung durch die Betreuerin ist allerdings rechtlich auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG unbeachtlich. Es ist daher nicht ausreichend, dass die Betreuerin der - grundlosen - Überzeugung gewesen ist, dass der Kläger zu 3) die Insulininjektionen nicht sachgerecht verabreichen kann. Von einer Betreuerin kann und muss erwartet werden, dass sie sich bei der von ihr zu treffenden Entscheidung an objektiven und nachvollziehbaren Kriterien orientiert.

Es ist zwar vorgetragen, dass der Kläger zu 3) nicht habe spritzen können, weil er die Versicherte nicht habe stechen können. Dazu wurde die Bescheinigung der Ärztin für Allgemeinmedizin T. vom 04. Dezember 2002 vorgelegt. Darin wird bescheinigt, dass die Kläger zu 2) und 3) psychisch nicht in der Lage seien, das Insulinspritzen vorzunehmen. Es handelt sich hierbei jedoch, jedenfalls bezüglich des Klägers zu 3), ersichtlich um eine reine Gefälligkeitsbescheinigung, wie der vom Senat eingeholten Auskunft dieser Ärztin vom 28. April 2004 zu entnehmen ist. In dieser Auskunft wird mitgeteilt, dass der Kläger zu 3) überhaupt nicht Patient dieser Ärztin ist. In der weiteren Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom 12. Mai 2005 wird mitgeteilt, dass der Kläger zu 3 als "Patient" aufgrund seiner Spritzenphobie nicht in der Lage gewesen sei, die Versicherte selbst zu spritzen. Auf welcher tatsächlichen Grundlage diese Bescheinigung ausgestellt wurde, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Der Kläger zu 3) hat sich auf Nachfrage des Senates in der mündlichen Verhandlung überhaupt nicht daran erinnern können, wann er zuletzt diese Ärztin als Patient aufgesucht hatte. Er hat erklärt, dass er gelegentlich bei dieser Ärztin in Behandlung gewesen sei. Dies sei jedoch schon länger her.

Eine weitere Sachverhaltsaufklärung dazu, ob beim Kläger zu 3) eine Spritzenphobie besteht, ist jedoch nicht erforderlich.

So ist schon zweifelhaft, ob der Kläger zu 3) jemals vor dem 18. Februar 2003 in der Spritztechnik angelernt wurde. Vor einer entsprechenden Anlernung ist ein Laie objektiv schon nicht in der Lage, Insulininjektionen sachgerecht durchzuführen. Dies dürfte auch die Rechtsauffassung der Beklagten sein. Nach der vorliegenden Anleitung zur Insulininjektion den Kläger zu 3) betreffend wurde der Versuch einer Anleitung ab 18. Februar 2003 unternommen. Die Zeuginnen S. und K. haben bei ihrer Vernehmung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Anlernen des Klägers zu 3) frühestens im Februar 2003 stattgefunden habe. Grundlage dafür sei eine entsprechende Verordnung der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. von Februar 2003 gewesen. Zuvor, also im Zeitraum ab Februar 2002, sei es, wie die Zeugin S. bekundet hat, allein um die Anlernung der Klägerin zu 2) gegangen. Die Zeugin S. hat zwar nicht ausgeschlossen, dass die Zeugin S. im Februar 2002 gefragt habe, ob jemand im Haushalt das Spritzen übernehmen könne. Auch die Zeugin selbst frage in derartigen Fällen routinemäßig danach. Eine Verordnung zur Anleitung im Jahre 2002 habe es jedoch nicht gegeben.

Diese Aussagen sind für den Senat nachvollziehbar. So erscheint es insbesondere einleuchtend, dass der Versuch der Anleitung ohne eine entsprechende ärztliche Verordnung nicht vorgenommen wurde.

Diesen Aussagen steht zwar vordergründig die Auskunft der Zeugin S. vom 05. November 2004 entgegen. In dieser ist mitgeteilt, dass am 22. Februar 2002 die Kläger zu 2) und 3) gebeten worden seien, die Insulininjektionen zu übernehmen. Die Injektionstechnik sei beiden vorgeführt worden. Da sie sich jedoch nicht in der Lage gefühlt hätten, die Versicherte zu stechen, seien sie am 23. Februar 2002 in Widerspruch gegangen. Gleichzeitig wird dort jedoch auch ausgeführt, dass nach einer Beratung mit einer Pflegefachkraft der Beklagten den Angehörigen eine Verordnung zur Anleitung der Injektion angeboten worden sei. Diese sei vom 18. Februar bis 27. Februar mit mangelhaftem Erfolg durchgeführt worden. In dieser Auskunft wird auf ein Protokoll verwiesen, bei dem es sich offenkundig um die Aufzeichnungen zur Insulininjektion den Kläger zu 3) betreffend im Zeitraum vom 18. Februar 2003 bis 27. Februar 2003 handelt.

Unabhängig davon hat der Senat unter Berücksichtigung der Bekundungen der Zeuginnen S.und K. nebst deren handschriftlichen Aufzeichnungen aufgrund des persönlichen Eindrucks des Klägers zu 3) die Überzeugung gewonnen, dass dieser zur Verabreichung der Insulininjektionen ungeeignet ist. So wird zwar eine Spritzenphobie vorgetragen, weswegen der Kläger zu 3) die Versicherte nicht habe spritzen könne. Der Senat ist jedoch zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger zu 3) in Wahrheit mit der Spritztechnik überfordert ist. Aus der Anleitung zur Insulininjektion der Zeuginnen S. und K. ergibt sich, dass der Kläger am 19. Februar 2003 geäußert habe, er wolle nicht spritzen. Am 20. Februar 2003 habe er sich das für die Insulininjektion Erforderliche zeigen und erklären lassen. Er habe am 24. bzw. 25. Februar 2003 den PEN eingestellt, am 25. Februar 2003 desinfiziert und eine Bauchfalte gemacht, aber nicht gespritzt. Am 27. Februar 2003 habe er sich geweigert zu spritzen, weil er selbst Angst vor Spritzen habe und seine Mutter nicht stechen wolle. Wie die Zeugin S. bei ihrer Vernehmung darüber hinaus bekundet hat, habe der Kläger gleich zu Beginn der Anleitung gesagt, er könne das nicht. Er habe eigentlich auch nie wirklich zugesehen, wie sie gespritzt habe. Letzteres hat auch die Zeugin K. bekundet.

Bei der Befragung des Klägers zu 3) in der mündlichen Verhandlung ist dieser weder in der Lage gewesen, den PEN und seine Funktion näher zu beschreiben, noch hat er seine Spritzenangst näher erklären oder erläutern können. Er ist diesbezüglich äußert einsilbig gewesen. Der Senat hat hierbei nicht den Eindruck gewonnen, dass der Kläger zu 3) sich nicht um eine entsprechende Erläuterung bemühte. Vielmehr war er ersichtlich überfordert. Dem entspricht sein gesamtes Verhalten bei der Anleitung zur Insulininjektion. Der Kläger zeigte sich durchaus, wie die Bekundungen der Zeuginnen und die von diesen niedergelegten Aufzeichnungen zeigen, bemüht, den an ihn gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Seine gleichwohl erfolgte Verweigerung des Spritzens selbst verdeutlicht jedoch, dass er überfordert ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 3) nach der Phase der Anleitung insofern zusätzlich gefordert wäre, als er nämlich selbständig den gesamten Vorgang der Insulininjektion hätte durchführen und verantworten müssen. Dies jedoch hat der Kläger zu 3) nach dem insgesamt gewonnenen Eindruck nicht leisten können.

Der Anspruch auf Kostenerstattung besteht auch in der geltend gemachten Höhe.

Nach der Übersicht vom 13. Mai 2004 erfolgten vom 18. bis 28. Februar 2002 21 Einsätze. Davon hat die Beklagte in ihrem Teilanerkenntnis 9 Einsätze (18. bis 22. Februar und 25. bis 28. Februar 2002) anerkannt, so dass 12 Einsätze á 5,73 Euro mit 68,76 Euro verbleiben.

Vom 01. bis 05. März 2002 erfolgten 10 Einsätze, wovon die Beklagte drei Einsätze (01., 04. und 05. März 2002) anerkannt hat, so dass 7 Einsätze á 5,73 Euro, also 40,11 Euro verbleiben.

Vom 01. bis 30. April 2002 erfolgten 55 Einsätze, davon sind 4 Einsätze mit 22,92 Euro in Abzug zu bringen, denn insoweit erfolgte eine Erstattung durch den Pflegedienst. Außerdem hat die Beklagte 17 Einsätze (08. bis 12. April, 15. bis 19. April, 22. bis 26. April, 29. und 30. April 2002) anerkannt, so dass 34 Einsätze á 5,73 Euro, also 194,82 Euro verbleiben. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Anerkenntnisse für den 22., 24., 26. und 29. April 2002 falsch sind, da wegen des zeitgleichen Verbandwechsel kein Anspruch bestand, weswegen Erstattung durch den Häuslichen Pflegedienst erfolgte.

Vom 01. bis 31. Mai 2002 erfolgten 47 Einsätze, wovon die Beklagte 20 Einsätze (02. bis 03. Mai, 06. bis 08. Mai, 10. Mai, 13. bis 17. Mai, 21. bis 24. Mai und 27. bis 31. Mai 2002) anerkannt hat, so das 27 Einsätze á 5,73 Euro, also 154,71 Euro verbleiben. In ihrem Teilanerkenntnis hat die Beklagte zwar die Feiertage des 09. und 20. Mai, nicht jedoch den des 01. Mai ausdrücklich erwähnt. Da der 01. Mai jedoch als Feiertag kein Werktag ist, folgt daraus nicht, dass auch bezüglich des 01. Mai ein Anerkenntnis vorliegt.

Vom 01. bis 30. Juni 2002 erfolgten 30 Einsätze, wovon die Beklagte 20 (03. bis 07. Juni, 10. bis 14. Juni, 17. bis 21. Juni und 24. bis 28. Juni 2002) anerkannt hat, so dass 10 Einsätze á 5,73 Euro, also 57,30 Euro verbleiben.

Daraus resultiert insgesamt ein Betrag von 515,70 Euro. Von den ursprünglich in Rechnung gestellten 163 Einsätzen sind damit 90 Einsätze verblieben.

Davon sind außerdem wegen der Teilstattgabe im Widerspruchsbescheid vom 30. November 2004 weitere 8 Einsätze (13. April., 28. April, 01. Mai, 03. Mai [hier abends], 09. Mai, 11. Mai, 20. Mai und 30. Juni) á 5,73 Euro, also 45,84 Euro in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag von 469,86 Euro verbleibt. Davon hat die Beklagte weitere 4 Einsätze á 5,73 Euro, also 22,92 Euro, in der mündlichen Verhandlung anerkannt, woraus der Betrag von 446,94 Euro resultiert.

Die Anschlussberufung der Kläger hat somit Erfolg, während die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es ist klärungsbedürftig, welche Rechtsgrundlage für solche Kosten in Betracht zu ziehen ist, die nach Erteilung des die Leistung ablehnenden Bescheides auf der Grundlage eines vor Bescheiderteilung geschlossenen Vertrages entstehen.
Rechtskraft
Aus
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