L 16 RA 137/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 RA 3359/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 137/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. August 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Die am 24. Februar 1952 geborene Klägerin hatte in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die Berufe des Maschinen-Keramfacharbeiters (1970) und des Facharbeiters für Lagerwirtschaft (1980) erlernt. Sie war ab September 1968 versicherungspflichtig beschäftigt, und zwar als Arbeiterin, Verkäuferin, Gärtnereihelferin, Bürohilfe, Krippenhelferin, Lebensmittelverkäuferin, Hauswirtschafterin, Lagerarbeiterin in einem Textillager sowie nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit ab März 1993 als Lageristin und Verkäuferin für Stoffe und Textilien, zuletzt bei der WGmbH in B vom 11. November 1996 bis zum 7. Februar 1997. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Anschließend bezog die Klägerin Leistungen vom Arbeitsamt bzw. von der Bundesagentur für Arbeit, und zwar Arbeitslosengeld vom 8. Februar 1997 bis zum 3. August 1997 und Anschluss-Arbeitslosenhilfe vom 19. August 1997 bis zum 13. Juni 1999. Nach dem Bezug von Krankengeld vom 14. Juni 1999 bis zum 29. Oktober 2000, der durch die Gewährung von Übergangsgeld während einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme durch die Beklagte vom 13. Juni 2000 bis 4. Juli 2000 unterbrochen wurde, erhielt die Klägerin ab 30. Oktober 2000 bis zum 26. Juni 2001 erneut Arbeitslosengeld und bezieht seither Anschluss-Arbeitslosenhilfe.

Die Klägerin ist als Schwerbehinderte anerkannt mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 aufgrund folgender Leiden: Funktionsbehinderungen und pseudoradikuläre Symptomatik bei Fehlhaltung und Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom, Bandscheibenschäden im Lendenwirbelsäulenbereich, Verschleißerscheinungen an den Gelenken, chronische Polyarthritis unter immunsuppressiver Dauertherapie, tablettenpflichtiger Diabetes mellitus, Harnsäurestoffwechselstörung, Übergewicht dritten Grades, hypertensive Herzkrankheit, Krampfaderleiden (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 31. Juli 2003).

Im März 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin (MDK) vom 17. Februar 2000 (Dr. S) und vom 30. März 2000 (Dr. S) bei und ließ die Klägerin durch den Chirurgen Dr. Dr. A untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte der Klägerin bei einem aufgehobenen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten nach einer noch durchzuführenden Rehabilitationsmaßnahme (chronifizierte Lumboischialgie bei Diskopathie rechts, Verdacht auf Impingementsyndrom der rechten Schulter, beginnende Gonarthrose beidseits; Gutachten vom 11. Mai 2000). Nach Durchführung der empfohlenen stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik in der Zeit vom 13. Juni 2000 bis 4. Juli 2000 (Entlassungsbericht vom 7. Juli 2000) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Juli 2000 den Rentenantrag ab. Im Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte noch eine Stellungnahme ihres Berufskundlichen Dienstes vom 23. Januar 2001, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, und wies sodann den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2001 zurück.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem Internisten Dr. H vom 29. August 2001, von dem Nuklearmediziner Prof. Dr. S vom 31. August 2001, von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 31. August 2001, von dem Neurochirurgen Dipl.-Med. S vom 4. September 2001, von dem Internisten Dr. Sch vom 10. September 2001, von den Allgemeinmedizinern Dres. Sch vom 13. September 2001, von der Frauenärztin Dr. F vom 18. September 2001, von dem Orthopäden Dipl.-Med. P vom 17. September 2001 und von der Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. S vom 6. Januar 2002 und 2. Juni 2002. Das SG hat den Arzt, Diplompsychologen und Psychotherapeuten B als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 5. September 2001 (Untersuchung am 27. August 2002) bei der Klägerin folgende Leiden diagnostiziert: Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule, rheumatisches Leiden, metabolisches Syndrom, Krampfaderleiden, Schilddrüsenleiden. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten in allen Haltungsarten unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen ausführen. Die Klägerin hat sich zu diesem Gutachten mit Schriftsatz vom 9. November 2002 geäußert und einen Arztbrief von Dr. S vom 27. Oktober 2002 sowie einen Befund über eine Myokard-Szintigraphie vom 7. Januar 2003 (Dr. G) und einen Entlassungsbericht des Ukrankenhauses vom 10. Februar 2003 (stationäre Behandlung vom 6. Februar bis zum 10. Februar 2003) vorgelegt; hierauf wird Bezug genommen.

Das SG hat mit Urteil vom 11. August 2003 die auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin sei schon nicht berufsunfähig. Sie könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichten. Dies folge aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen B. Mit diesem Leistungsvermögen könne die Klägerin, die als angelernte Lagerfachkraft anzusehen sei, noch die von der Beklagten als Verweisungsberuf benannten Bürohilfstätigkeiten im kaufmännischen oder im Verwaltungsbereich ausführen, bei denen es sich nicht um gänzlich ungelernte Tätigkeiten, sondern um Anlerntätigkeiten im unteren Bereich handele. Die nicht berufsunfähige Klägerin sei erst recht nicht erwerbsunfähig.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin (nur) noch ihr Begehren auf Gewährung von BU-Rente weiter. Sie trägt vor: Sie sei auf Grundlage ihrer in der DDR erworbenen Facharbeiterabschlüsse der Stufe der Facharbeiter zuzuordnen. Auch ihre behandelnde Ärztin Dr. S befürworte die Zuerkennung der BU-Rente.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. August 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2001 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. März 2000 bis zum 12. Juni 2000 Übergangsgeld und für die Zeit ab 5. Juli 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Klägerin nach wie vor nicht für berufsunfähig.

Der Senat hat berufskundliche Unterlagen zum Beruf einer Telefonistin (Landessozialgericht Berlin - L 16 RJ 72/98 -) in das Verfahren eingeführt.

Der Senat hat den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 22. Juni 2004 (Untersuchung am 15. Juni 2004) folgende Leiden der Klägerin mitgeteilt: Degeneratives Wirbelsäulenleiden mit überlastungsverstärkten Weichteilbeschwerden ohne relevante Funktionseinbuße, wechselnde Gelenksymptomatik ohne Bewegungseinschränkung (mögliche rheumatoide Arthritis), metabolisches Syndrom bei Adipositas per magna, hypertensive Herzkrankheit ohne kardiale Leistungseinbuße, gebesserte Bronchitis, Reizmagen, Reizdarm, Schilddrüsenleiden, Varikose, Glaukom, Stimmbandpolyp, reaktive Depression. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen bei gelegentlichem Stehen und Gehen - unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen - ausführen. Einfache geistige Arbeiten, die ihrer Ausbildung und ihrem beruflichen Werdegang entsprächen, könne sie ebenfalls vollschichtig verrichten. Die Klägerin hat sich hierauf noch mit Schreiben vom 16. August 2004 und 22. November 2004 geäußert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von dem Arzt B und von Dr. B Bezug genommen.

Die Rentenakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Das Gericht hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin, mit der diese auf der Grundlage ihres erstinstanzlich gestellten Klageantrages bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl. § 123 SGG) sinngemäß die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit vom 1. März 2000 (Antragsmonat) bis zum 12. Juni 2000 und (nur noch) die Gewährung von Rente wegen BU für die Zeit ab dem 5. Juli 2000 geltend macht, ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Übergangsgeld bzw. auf Gewährung von BU-Rente für die Zeit ab 1. März 2000. Denn sie war in dem für das Rentenbegehren im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 99 Abs. 1, 300 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) allein entscheidungserheblichen Zeitraum bis zum 30. November 2000 nicht berufsunfähig.

Der von der Klägerin erhobene Anspruch bestimmt sich noch nach den §§ 24 Abs. 4, 25 Abs. 2, 43 SGB VI in den bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassungen (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), weil die Klägerin ihren Reha- bzw. Rentenantrag im März 2000 gestellt hat und vorgezogenes Übergangsgeld bzw. BU-Rente (auch) für Zeiträume vor dem 1. Januar 2001 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Die Klägerin war bis einschließlich 30. November 2000 nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI.

Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" der Versicherten (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R - nicht veröffentlicht). Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -). Nach diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der Lageristin und Verkäuferin für Stoffe und Textilien anzusehen, den sie zuletzt seit März 1993 - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit von August bis Oktober 1994 und Juni 1995 bis November 1996 - bis zum 7. Februar 1997 und damit nicht nur vorübergehend inne hatte.

Ob die Klägerin diesen ihren bisherigen Beruf als Lageristin und Verkäuferin für Stoffe und Textilien aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten konnte oder kann, kann aber dahinstehen. Ebenso wenig bedarf es abschließender Feststellungen, welches Tätigkeits- und Anforderungsprofil diese letzte versicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin hatte. Denn ein Anspruch wegen BU steht der Versicherten erst dann zu, wenn für sie auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das sogenannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Angestelltenberufe in verschiedene Berufsgruppen und insoweit auf vier Hauptgruppen (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 4 RA 44/96 R - nicht veröffentlicht; Urteil vom 14. Mai 1996 - 4 RA 60/94 - = BSGE 78, 207, 218). Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Angestellten mit Vorgesetztenfunktion bzw. des spezifisch qualifizierten Angestellten, des Angestellten mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, des angelernten Angestellten (Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Angestellten charakterisiert (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 4 RA 60/94 - = BSGE 78, 207, 218).

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin im Rahmen dieses Mehrstufenschemas in Anbetracht der in der DDR abgeschlossenen Berufsausbildungen - zuletzt als Facharbeiter für Lagerwirtschaft (Urkunde vom 31. Juli 1980) - der Berufsgruppe mit dem Leitberuf des Angestellten mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zugeordnet werden kann. Weitergehende Ermittlungen zur Wertigkeit des bisherigen Berufs waren dem Senat nicht möglich, weil die entsprechenden Beschäftigungsbetriebe nach den Angaben der Klägerin nicht mehr existieren. Selbst wenn zugunsten der Klägerin aber von einer Zuordnung zur dritten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des Angestellten mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren auszugehen wäre, wäre die Klägerin - gleichermaßen wie bei einer Zuordnung zum oberen Bereich der Berufsgruppe der Angelernten - auf die sozial und gesundheitlich zumutbare Tätigkeit einer Telefonistin verweisbar.

Die Tätigkeit einer Telefonistin wird nach den vom Senat in das Verfahren eingeführten Auskünften als Angestelltentätigkeit qualifiziert, und die Vergütung richtet sich im Bereich des öffentlichen Dienstes nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT), und zwar - nach dem Ende der Einarbeitungszeit - nach der Vergütungsgruppe VIII BAT. Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII BAT sind sogar Angestellten sozial zumutbar, die aufgrund ihrer bisherigen Berufstätigkeit der Berufsgruppe der Fachangestellten mit einer regelmäßigen Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zuzuordnen sind (vgl. BSG SozR 3?2200 § 1246 Nr. 17; BSG, Urteil vom 27. November 1991 - 5 RJ 91/89 - nicht veröffentlicht).

Bei der Tätigkeit einer Telefonistin handelt es sich nicht um einen Schonarbeitsplatz. Beim Landesbetrieb für Informationstechnik Berlin und bei der Beklagten gibt es ca. 60 bzw. 70 Stellen (Auskünfte vom 17. August 1999 und 27. September 1999) für Telefonistinnen bzw. Telefonisten, die nicht als Schonarbeitsplätze ausgewiesen sind. Hinzu kommt, dass auch für die Gesamtzahl derartiger Arbeitsplätze nicht nur diejenigen in den öffentlichen Verwaltungen des Landes Berlin bzw. bei der Beklagten in Betracht zu ziehen sind, sondern auch diejenigen im privaten Bereich des Landes Berlin und dem gesamten übrigen Bundesgebiet, so dass jedenfalls im Ergebnis der Arbeitsmarkt der Klägerin nicht praktisch verschlossen war.

Nach den vorliegenden Auskünften handelt es sich bei der Tätigkeit einer Telefonistin auf diesen Stellen um eine körperlich leichte Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen oder - bei ausschließlichem Sitzen (Arbeitsplätze bei der Beklagten) - im Rahmen einer besonderen Pausenregelung, die einen regelmäßigen Haltungswechsel ermöglicht, verrichtet werden kann. Soweit dabei Tätigkeiten an Bildschirmen anfallen, sind diese der Klägerin ebenfalls uneingeschränkt zumutbar. Lasten sind dabei nicht zu bewegen. Auch Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten und Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten fallen dabei nicht an. Die erforderliche Fingergeschicklichkeit ist bei der Klägerin erhalten. Dass die Klägerin noch über ein vollschichtiges Restleistungsvermögen zumindest für eine derart beschriebene Tätigkeit verfügte, steht zur Überzeugung des Senats fest. Die im Gerichtsverfahren gehörten Sachverständigen B und Dr. B haben der Klägerin ein derartiges Restleistungsvermögen bescheinigt. Ihre Gutachten sind umfassend, in sich widerspruchsfrei und enthalten auf der Grundlage der erhobenen Befunde eine einsichtige und damit überzeugende Leistungsbeurteilung.

Anhaltspunkte für das Erfordernis weiterer medizinischer Sachverhaltsermittlungen sind von der Klägerin weder plausibel vorgetragen worden noch im Übrigen ersichtlich. Durchgreifende Einwendungen insbesondere gegen die Leistungsbeurteilung von Dr. B hat die Klägerin nicht erhoben. Ihren Rügen gegenüber dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten des Arztes B hat der Senat durch Einholung eines weiteren allgemeinmedizinischen Fachgutachtens im Berufungsverfahren Rechnung getragen. Beide Sachverständige haben die von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunde umfassend berücksichtigt. Dass die Klägerin für eine Tätigkeit als Lageristin bzw. Verkäuferin für Textilien und Stoffe - wie von der behandelnden Ärztin Dr. S im Attest vom 27. Oktober 2002 mitgeteilt - in dem vorliegend maßgeblichen Zeitraum bis zum 30. November 2000 über ein ausreichendes Leistungsvermögen nicht mehr verfügte, rechtfertigt nicht die Annahme von BU, weil die Klägerin jedenfalls auf die sozial und gesundheitlich zumutbare Tätigkeit einer Telefonistin verweisbar war. Auch aus den MDK-Gutachten vom 17. Februar 2000 und 30. März 2000 folgt keine andere Beurteilung. Denn dort hieß es lediglich, die Klägerin sei "gegenwärtig" nicht in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, und daher weiter arbeitsunfähig. Eine dauernd eingeschränktes bzw. aufgehobenes Leistungsvermögen der Klägerin lässt sich hieraus jedoch nicht herleiten, zumal die Klägerin ab dem 30. Oktober 2000 dem Arbeitsmarkt wieder für eine leichte körperliche Tätigkeit mit qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig zur Verfügung stand (arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 1. März 2001).

Da die Klägerin nach der Auffassung von Dr. B auch keine wesentlich leistungsmindernden Leiden auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, namentlich keine relevanten Einschränkungen der Konzentrations?, Anpassungs? und Umstellungsfähigkeit, hat, hält der Senat die Klägerin auch für fähig, eine Tätigkeit als Telefonistin nach einer Zeit der Einweisung und Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig zu verrichten. Dass eine derartige Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit auch für berufsfremde Versicherte ausreichend ist, ergibt sich aus den in das Verfahren eingeführten Auskünften des Landesbetriebs für Informationstechnik Berlin und der Beklagten. Ob die Klägerin auf die Tätigkeiten einer kaufmännischen Angestellten oder Verwaltungsangestellten für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch-verwaltenden Bereich von Handels- und Wirtschaftsunternehmen und in Behörden nach der Gehaltsgruppe K 1 im Einzelhandel bzw. der Vergütungsgruppe IX BAT verwiesen werden konnte, bedarf somit keiner Beurteilung. Da die Klägerin nach alledem mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen in der Zeit bis 30. November 2000 noch eine Tätigkeit als Telefonistin vollschichtig verrichten konnte, war sie nicht berufsunfähig.

Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten hätte, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - seinerzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellte, ist für die Feststellung von BU - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hatte - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz SGB VI). Einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht, über den die Beklagte ohnehin noch keine Verwaltungsentscheidung getroffen hat, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Indes besteht auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht kein Anspruch der Klägerin auf Erwerbsminderungsrente, weil die nunmehr geltenden Rechtsvorschriften noch weitergehende Leistungsvoraussetzungen normieren als das bisherige Erwerbsminderungsrentenrecht (vgl. §§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 - BGBl. I S. 1827).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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