L 16 U 8/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 161/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 U 8/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungs- verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folgen einer Berufskrankheit nach der Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV - (Lärmschwerhörigkeit; im Folgenden: BK Nr. 2301) sowie die Gewährung einer Verletztenteilrente.

Der 1944 geborene Kläger war in den Jahren von 1959 bis 1980 bei verschiedenen Arbeitgebern als Heizungsmonteur beschäftigt. Vom 6. Oktober 1980 bis zum 29. Januar 1981 war er bei der Firma E.R. tätig. Danach folgten bis zum 18. Oktober 1983 weitere Anstellungsverhältnisse bei verschiedenen Sanitärbetrieben. Vom 5. Dezember 1983 bis zum 30. März 1985 war der Kläger arbeitslos. Im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) der heutigen Bundesagentur für Arbeit in der Zeit vom 1. April 1985 bis zum 7. August 1985 und vom 21. Oktober 1985 bis zum 25. November 1985 arbeitete der Kläger als Waldarbeiter. Vom 1. Juli 1986 bis zum 31. Dezember 1986 folgte eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Bediener einer Heizungsanlage im Wohnheim "H." bei dem DRK-LV Berliner Rotes Kreuz e.V. (DRK). Vom 12. Januar 1987 bis zum 30. September 1994 war der Kläger als Kesselwärter bei den F. S. in Berlin beschäftigt. Vom 19. Dezember 1994 bis zum 28. Februar 1995 folgte eine Tätigkeit bei der O. Berlin sowie vom 10. Dezember 1996 bis zum 7. Februar 1997 eine jeweils tageweise Beschäftigung im Winterdienst bei den B. S. Seither war der Kläger nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt.

Im Juli 1999 zeigte der den Kläger seit dem 8. Juli 1999 behandelnde Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. G. bei der Norddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft (NM BG) den Verdacht auf das Vorliegen einer BK Nr. 2301 an. Eine Schallempfindungsschwerhörigkeit mit Hochtonabfall beiderseits sei auf Arbeiten im Lärmbereich als Heizungsbauer in der Zeit von 1959 bis 1984 zurückzuführen. Der Berufskrankheitenanzeige lagen ein Tonaudiogramm vom 8. Juli 1999 und ein Sprachaudiogramm vom 13. Juli 1999 bei. Auf Befragen der NM BG gab der Kläger an, im Jahre 1980 habe sich seine Schwerhörigkeit erstmals bemerkbar gemacht und bestehe seit dem Jahr 1984 im jetzigen Ausmaß. Im Jahr 1984 sei ein Hörgerät durch die Hals-Nasen-Ohrenärztin Dr. G. verordnet worden. Die Ärztin Dr. G. teilte der NM BG mit, dass sich Krankheitsunterlagen des Klägers nicht mehr in ihrer Kartei befänden.

Die NM BG zog Stellungnahmen der BSR vom 21. Oktober 1999 und des DRK vom 7. April 2000 bei. Des Weiteren zog die NM BG eine Stellungnahme des für die Tätigkeit des Klägers als Kesselwärter bei den F. S. in Berlin zuständigen Unfallversicherungsträgers, der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung, mit Datum vom 10. April 2000 bei. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) dieser Behörde führte hierin aus, die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2301 hätten nicht vorgelegen. Der TAD der für das DRK zuständigen Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege teilte der NM BG mit Schreiben vom 29. Juni 2000 mit, bezogen auf den ehemaligen Arbeitsplatz des Klägers seien die Kriterien für einen Lärmbereich nicht erfüllt. Mit Schreiben vom 23. August 2000 führte die U. Berlin in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers als Waldarbeiter in den Jahren 1985 bis 1986 aus, es könne wegen des Ablaufs der Aufbewahrungsfrist der Akten des Klägers keinerlei Aussage zur Belastung getroffen werden. Auf Anfrage der NM BG erklärte der TAD der Beklagten mit Schreiben vom 17. August 2000, dass der Kläger während seiner Tätigkeit in dem Mitgliedsbetrieb E. R. vom 6. Oktober 1980 bis zum 29. Januar 1981 hörgefährdend tätig gewesen sei.

Mit Schreiben vom 3. November 2000 erklärte die Beklagte gegenüber der NM BG die Übernahme der weiteren Bearbeitung des Berufskrankheitenverfahrens in ihrer Zuständigkeit. Die Beklagte holte ein Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes Prof. Dr. E. vom 22. August 2001 (Untersuchungsdatum: 11. Juli 2001) ein, wonach ein berufsbedingter Hörverlust nicht wahrscheinlich sei (Diagnose: An Taubheit grenzende Innenohrschwerhörigkeit beiderseits).

Nach Vorlage einer Stellungnahme des Gewerbearztes Dr. S. vom Landesamt für Arbeitsschutz-, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin vom 12. September 2001 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 17. Oktober 2001 die Anerkennung und Entschädigung einer BK Nr. 2301 ab mit der Begründung, eine lärmbedingte Schwerhörigkeit liege bei dem Krankheitsbild des Klägers und der festgestellten Exposition nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit vor. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers, wonach seine Lärmschwerhörigkeit durch die lärmbelastende Tätigkeit in verschiedenen Firmen, zusätzlich als Heizungsbauer bei den F. S., verursacht worden sei, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2002).

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung einer Verletztenteilrente unter Anerkennung einer BK Nr. 2301 gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2002 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Anerkennung einer BK Nr. 2301 komme bei dem Kläger nicht in Betracht, weil weder die arbeitstechnischen noch die medizinischen Voraussetzungen der BK Nr. 2301 erfüllt seien. Der Kläger sei lediglich in der Zeit vom 6. Oktober 1980 bis zum 29. Januar 1981 bei der Firma E. R. hörgefährdend tätig gewesen. Es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beiderseits durch die beruflichen Tätigkeiten des Klägers verursacht worden sei. Nach der Einschätzung von Prof. Dr. E. spreche gegen die Lärmursache für die Schwerhörigkeit die Beteiligung der mittleren und tiefen Frequenzen im Tonaudiogramm sowie der hohe Grad der Schwerhörigkeit. Hörverluste im tiefen und mittleren Frequenzbereich könnten aber nur dann lärmbedingt sein, wenn eine lange Lärmexposition mit einer Lärmeinwirkung, meist über 85 dB(A) bzw. extrem hohen Schallpegeln, gegeben sei. Für derartige Lärmexpositionen lägen keinerlei Anhaltspunkte vor.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Zu dem Berufskrankheitsverfahren habe er einen Sachverständigen über die B. E. beauftragt; auf das von dem Kläger vorgelegte Gutachten von dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. M. vom 23. April 2003 für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) wird Bezug genommen. Der Kläger erhebt Einwendungen gegen das im Berufungsverfahren erstattete Gutachten von Dr. N.; auf den Schriftsatz vom 19. Juli 2004 wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 31. Januar 2002 aufzuheben und festzu- stellen, dass die hochgradige, bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts sowie die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links Folgen einer Berufskrankheit nach der Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung sind, sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 1999 eine Verletztenteilrente nach einer Minderung der Erwerbs- fähigkeit von 50 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den Bescheid vom 17. Oktober 2001 sowie die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides. Auf die von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme der Arbeitsmedizinerin Dr. J. vom 30. Dezember 2003 wird Bezug genommen.

Der Senat hat nach Beiziehung von Akten der Landesversicherungsanstalt Berlin (3 Bände; u.a. Gutachten des Arztes R. vom 5. September 1997 aufgrund der Begutachtung vom selben Tage für den MDK; Gutachten der Internistin R. vom 13. Oktober 1997 aufgrund der Untersuchung vom 1. Oktober 1997 für die L. B.), der Schwerbehindertenakte des V. B. und der Akte des SG Berlin den Hals-Nasen-Ohrenarzt Prof. Dr. N. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage beauftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 8. April 2004 aufgrund eines Sprachaudiogramms vom 11. Juli 2001 eine hochgradige, bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts sowie eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links diagnostiziert. Eine berufsbedingte Schwerhörigkeit liege nicht vor.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N. Bezug genommen.

Auszüge aus den Akten der L. B. und der Akte des V. B. sowie die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, mit der er bei verständiger Würdigung seines Begehrens die bereits erstinstanzlich erhobenen Klageansprüche weiter verfolgt, ist nicht begründet.

Die bei dem Kläger vorliegende hochgradige, bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts sowie die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links sind nicht Folgen einer BK Nr. 2301 und der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Verletztenteilrente nach einer MdE von 50 v.H. nach den §§ 56 ff. SGB VII.

Anwendbar sind vorliegend die Vorschriften des SGB VII, die für alle nach seinem In-Kraft-Treten am 1. Januar 1997 eingetretenen Versicherungsfälle gelten (§ 212 SGB VII). Der Kläger hat im Juni 1999 unter Geltung des SGB VII die Feststellung der BK bei der Beklagten beantragt und eine rückwirkende Feststellung für die Zeit vor dem 1. Januar 1997 ist von ihm nicht begehrt worden. Selbst wenn insofern jedoch das Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) zugrunde zu legen wäre, ergäbe sich kein Unterschied. Denn die maßgebende Umschreibung der BK Nr. 2301 der Anlage zur BKV ist zwischenzeitlich nicht geändert worden.

Die danach erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die beiderseitige Erkrankung des Gehörs des Klägers ist keine Folge einer BK Nr. 2301. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV gehört zu den Berufskrankheiten auch die Lärmschwerhörigkeit. Wie bei jeder BK müssen für die Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen zum einen in der Person des Versicherten die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen im Vollbeweis dargetan sein, d. h. es muss erwiesen sein, dass der Versicherte im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die nach Ausmaß und Intensität geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Zum anderen muss die umschriebene Listenkrankheit, d. h. vorliegend eine Lärmschwerhörigkeit, nachgewiesen sein. Hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (haftungsbegründende Kausalität) einerseits und den schädigenden Einwirkungen und der Listenerkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) andererseits gilt die auch sonst im Unfallversicherungsrecht geltende Lehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. BSGE 61, 127, 129; 63, 272, 278), wobei grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs ausreicht.

Ob im vorliegenden Fall die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2301 vorliegen, kann im Ergebnis dahinstehen, denn der Kläger ist jedenfalls ab dem 19. Oktober 1983 keinen relevanten Expositionen im Sinne der BK Nr. 2301 mehr ausgesetzt gewesen, so dass eine hierdurch bedingte Verursachung der erstmals durch das Tonschwellenaudiogramm der Hals-Nasen-Ohrenärztin Dr. G. vom 11. März 1986 gesicherten beiderseitigen Schwerhörigkeit nicht wahrscheinlich gemacht werden kann. Für einen beträchtlichen Teil der Versicherten besteht die Gefahr einer Gehörschädigung im Sinne der BK Nr. 2301 bei Lärm mit einem Beurteilungspegel von 90 dB (A) und mehr sowie andauernder Einwirkung. Gehörschäden können jedoch auch bereits durch einen Lärm verursacht werden, dessen Beurteilungspegel den Wert von 85 dB (A) erreicht oder überschreitet (vgl. das vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung [BMA] herausgegebene Merkblatt für die ärztliche Untersuchung der BK Nr. 2301 vom 20. Juli 1977, Bundesarbeitsblatt Fachbeilage Arbeitsschutz 8/9/1977). Einem solchen die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2301 begründenden Beurteilungspegel von mindestens 85 dB (A) ist der Kläger zwar in der Zeit vom 6. Oktober 1980 bis zum 29. Januar 1981 durch seine Tätigkeit bei der Firma E. R. erwiesenermaßen (vgl. Stellungnahme des TAD der Beklagten vom 17. August 2000) und im Rahmen seiner weiteren Arbeitsverhältnisse als Heizungsmonteur in der Zeit von 1959 bis zum 18. Oktober 1983 möglicherweise ausgesetzt gewesen. Für den darauffolgenden Zeitraum lässt sich jedoch eine relevante Exposition sicher ausschließen. So ging der Kläger in der Zeit vom 19. Oktober 1983 bis zum 30. März 1985 keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nach, so dass eine berufsbedingte Lärmexposition von vornherein ausscheidet. Hinsichtlich der Tätigkeit vom 1. April 1985 bis zum 7. August 1985 und vom 21. Oktober 1985 bis zum 25. November 1985 als Waldarbeiter ist ausweislich des Schreibens der insoweit zuständigen Unfallkasse Berlin vom 23. August 2000 infolge des Ablaufs der Aufbewahrungsfristen für die Akten des Klägers keine konkrete Aussage zu den Lärmbelastungen mehr möglich. Gleichwohl können relevante Expositionen im Sinne der BK Nr. 2301 ausgeschlossen werden, denn selbst die mit dem Umgang mit Motorsägen verbundene Tätigkeit von regulären Forstarbeitern führt nach der Stellungnahme der Unfallkasse Berlin zu keiner Überschreitung des Beurteilungspegels von 85 dB (A). Solche Tätigkeiten sind aber von ABM-Kräften normalerweise nicht ausgeführt worden. Auch hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers bei dem D. als Bediener einer Kohlenfeuerungsanlage im Wohnheim "H." scheidet eine relevante Lärmexposition aus. Abgesehen davon, dass sich infolge des Wegfalls dieses Arbeitsplatzes eine entsprechende Lärmexposition auch heute nicht mehr beweisen ließe, ist der Stellungnahme des TAD der für das DRK zuständigen Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege vom 29. Juni 2000 zu entnehmen, dass nach Angaben aus der Fachliteratur ("Lärmquellen der Eisen- und Metallindustrie" vom berufsgenossenschaftlichen Institut für Lärmbekämpfung, Mainz) für Kohlefeuerungsanlagen von einem Schalldruckpegel von ca. 83 dB (A) auszugehen ist. Abgesehen davon, dass auch der Kläger in seinen Schriftsätzen eine lärmbelastende Tätigkeit bei dem DRK nicht erwähnt, hat auch der Nachfolger des Klägers als Bediener der Heizungsanlage im Wohnheim "H." nach der Stellungnahme des TAD vom 19. Juni 2000 geäußert, dass der Arbeitsplatz im Hinblick auf die Lärmsituation als ruhig einzuschätzen sei. Schließlich kann entgegen dem Vorbringen des Klägers auch die Arbeit als Kesselwärter bei den F. S. in Berlin nicht als lärmbelastend im Sinne der BK Nr. 2301 angesehen werden. Auch insoweit muss konstatiert werden, dass infolge der Auflösung der Dienststelle Lärmpegelmessungen zum Nachweis einer relevanten Exposition nicht mehr möglich sind. Soweit sich hieraus Zweifel am Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen ergeben, gehen diese Zweifel nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers (Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII, Kommentar, 1997, vor §§ 7 - 13, Randnr. 73 - 76). Im Übrigen hat der TAD der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung in der Stellungnahme vom 10. April 2000 nachvollziehbar und damit überzeugend dargelegt, dass das Erreichen eines Lärmpegels von mindestens 85 dB (A) durch die in der Zeit von Januar 1987 bis September 1994 verrichtete Tätigkeit als Kesselwärter nicht plausibel ist. So habe eine im Jahre 1991 bei einer vergleichbaren Heizungsanlage in der G. R. durchgeführte Lärmpegelmessung einen Wert von nur 81 dB (A) ergeben. Dass der Kläger durch seine Tätigkeiten bei der O. B. und bei der B. beruflich bedingtem Lärm ausgesetzt gewesen ist, wird von ihm nicht behauptet und ist für den Senat auch nicht ersichtlich.

Selbst bei einer somit längstens bis zum 18. Oktober 1983 bestehenden (z. T. unterstellten) Lärmexposition liegen im Fall des Klägers die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2301 nicht vor, denn es ist unwahrscheinlich, dass hierdurch die von dem Kläger geltend gemachten Hörschäden verursacht worden sind. Dieser Feststellung werden die in den Empfehlungen des "Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften für die Begutachtung der beruflichen Lärmschwerhörigkeit" ("Königsteiner Merkblatt" 4. Auflage 1995, abgedruckt in Mehrtens/Perlebach, die Berufskrankheiten-Verordnung, Kommentar, Stand September 2004, M 2301, S. 6 ff.) enthaltenen Grundsätze zur Beurteilung des Ursachenzusammenhanges im Sinne der haftungsausfüllenden Kausalität (vgl. Ziffer 4.1 des Königsteiner Merkblatts) zugrunde gelegt, auf die auch das Merkblatt des BMA (a.a.O.) verweist. Hiernach spricht für die Annahme einer Lärmschwerhörigkeit, wenn sich die Hörstörung während der Lärmexposition entwickelt hat, es sich um eine reine Innenohrschwerhörigkeit mit Betonung des Hörverlustes in den hohen Frequenzen handelt und es durch den Nachweis eines positiven Recruitments wahrscheinlich gemacht ist, dass die Hörstörung in den Sinneszellen des Innenohres lokalisiert ist und keine starke Seitendifferenz der Hörstörung vorliegt. Es steht indes nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senats fest, dass ein Zusammenhang zwischen der Lärmexposition und der Hörstörung unter Berücksichtigung dieser Abwägungskriterien nicht hergestellt werden kann. Diese Überzeugung gründet sich vor allem auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. N. in seinem Gutachten vom 8. April 2004 sowie des von der Beklagten beauftragten Gutachters Prof. Dr. E. in dem Gutachten vom 22. August 2001, welches im Wege des Urkundsbeweises verwertet wurde. Die Gutachten sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und gelangen mit ähnlichen bzw. identischen Erwägungen zu dem gleichen Ergebnis, wonach bei dem Kläger keine berufsbedingte Schwerhörigkeit vorliegt. Insbesondere das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. zeichnet sich dadurch aus, dass der gesamte medizinische Akteninhalt kritisch gewürdigt und bei der Beantwortung der gestellten Beweisfragen berücksichtigt wird. Der Einwand des Klägers, er sei von dem Sachverständigen nicht persönlich untersucht worden, vermochte jedenfalls zu keiner Einschränkung des hohen Beweiswertes des Gutachtens zu führen, denn eine lärmbedingte Schwerhörigkeit kann sich nach dem Ende der Lärmarbeit nicht mehr verschlechtern (vgl. unter II des Merkbattes des BMA, a.a.O.). Damit kommt es aber entscheidend auf den Zustand des Gehörs im Zeitpunkt der Beendigung der Lärmexposition, hier also das Ende des Monats Oktober 1983, an. Eine Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen im Jahr 2004 hat der Senat daher unter zusätzlicher Berücksichtigung der zwischenzeitlich gefertigten Ton- und Sprachaudiogramme vom 11. März 1996, 8. Juli 1999, 13. Juli 1999, 27. Juli 1999 und vom 11. Juli 2001 nicht für erforderlich gehalten.

So spricht bereits gegen einen lärmbedingten Hörschaden, dass die Gehörschädigung des Klägers nicht vorwiegend die für einen Lärmschaden typischen hohen Frequenzen um 4000 Hz (sogenannte "C 5-Senke") betrifft. Der Sachverständige weist hier darauf hin, dass die erstellten Hörkurven des Klägers nirgendwo diesem Bild entsprächen. Die Hörverluste bei 1 kHz würden rechts zwischen 60 und 75, links zwischen 70 und 90 dB liegen und bei 4 kHz zwischen 65 und 105 dB rechts und links zwischen 85 und 110 dB. Daraus ergebe sich eine flache bis wannenförmige Tonschwellenkurve, die mit einem Lärmschaden nicht vereinbar sei. Zwar wird die lärmbedingte Verursachung eines solchen flachen Kurvenverlaufs von dem Sachverständigen nicht vollständig ausgeschlossen, die Berufsanamnese des Klägers bis Oktober 1983 lässt jedoch, wie von dem Sachverständigen insoweit gefordert, das Vorliegen besonders hoher Lärmbelastungen nicht erwarten; so liegt der vom TAD der Beklagten in der Stellungnahme vom 17. August 2000 für die Tätigkeit des Klägers als Heizungsmonteur ausgewiesene Beurteilungspegel von 87 dB (A) zwar noch geringfügig über dem Mindestwert von 85 dB (A), aber immer noch unter dem regelmäßig gefährdenden Wert von 90 dB (A). Des Weiteren ist der Kläger keiner über 30-jährigen Lärmexposition ausgesetzt gewesen, worauf der Sachverständige ausdrücklich hinweist. Nur während seiner knapp 25-jährigen Tätigkeit als Heizungsmonteur von 1959 bis Oktober 1983 kommt überhaupt eine Exposition im Sinne der BK Nr. 2301 in Betracht. Schließlich lässt sich auch der bei dem Kläger vorliegende hohe Grad der Schwerhörigkeit nach den Worten des Gutachters durch eine Lärmbelastung nicht erklären.

Es lässt sich ebenfalls nicht feststellen, ob und wie sich die Lärmschwerhörigkeit während der (möglichen) Lärmexposition entwickelt hat. Maßgeblich fällt insoweit ins Gewicht, dass das erste Sprachaudiogramm am 11. März 1986 (ca. 2 ½ Jahre nach dem Expositionsende) von der Hals-Nasen-Ohrenärztin Dr. G. erstellt wurde. Vorbefunde fehlen gänzlich. Damit kann von vornherein der sichere Nachweis einer während der Lärmarbeit sich entwickelnden Schwerhörigkeit nicht erbracht werden. Beweisschwierigkeiten gehen auch hier nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Der Vergleich der Ergebnisse der durchgeführten audiologischen Untersuchungen zeigt aber, dass es trotz offensichtlicher Lärmkarenz zu einer Zunahme der Schwerhörigkeit gekommen ist, welches ebenfalls als Hinweis auf eine anlagebedingte Komponente der Schwerhörigkeit des Klägers zu werten ist.

Hinzu kommt, dass keine doppelseitige, symmetrisch ausgebildete Schwerhörigkeit vorliegt, wie sie für eine chronische Schwerhörigkeit durch Lärm typisch wäre. Der Sachverständige Prof. Dr. N. weist in seinem Gutachten darauf hin, dass die durchgeführten Untersuchungen eine Asymmetrie zu Ungunsten der linken Seite zeigen würden. Auch wenn die Unterschiede nicht als besonders auffällig bezeichnet werden, weist doch auch dieser Gesichtspunkt zumindest indiziell auf eine endogene Komponente der Hörschädigung des Klägers hin.

Somit spricht lediglich der Umstand für das Vorbringen des Klägers, dass es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen bei ihm offensichtlich um eine Innenohrschwerhörigkeit handelt. Hieraus kann aber nicht zwingend auf einen Lärmschaden geschlossen werden, denn nach den Ausführungen des Sachverständigen kann eine Innenohrschwerhörigkeit auch auf andere als beruflich bedingte Ursachen zurückgeführt werden. In Anbetracht der vorangegangenen Erwägungen musste jedenfalls die von dem Kläger behauptete Lärmschwerhörigkeit als widerlegt angesehen werden.

Soweit der Kläger schließlich zur Begründung seines Antrages ein Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. M. vom 23. April 2003, erstellt für den MDK, vorgelegt hatte, vermochte dies zu keiner anderen Einschätzung zu führen. Nach den Ausführungen des Gutachters Dr. M. würden nämlich die Anamnese des Versicherten, seine Berufstätigkeit und das Ausmaß der Schwerhörigkeit beweisen, dass keine Berufskrankheit vorliege und damit keine Entschädigungsansprüche an die gesetzliche Unfallversicherung gestellt werden könnten.

Nach alldem liegen auch die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenteilrente nicht vor. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII besteht nämlich nur dann ein Anspruch auf Verletztenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Da sich das Vorliegen eines Versicherungsfalles, hier einer BK Nr. 2301, aber gerade nicht feststellen lässt, kann auch ein hierauf beruhender Anspruch auf Verletztenrente von vornherein nicht bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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