L 13 V 6/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 46 V 17/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 V 6/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "VB" (Versorgungsberech-tigter).

Der 1963 geborene Kläger ist wegen einer geistigen Behinderung aufgrund frühkindlicher Hirnschädigung durch eine Toxoplasmoseinfektion durch Bescheid vom 24. August 1970 als Schwerbeschädigter mit einem Grad der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit von 100 v.H. anerkannt worden. Anerkannt sind ferner das Vorliegen der Voraussetzungen für die Nachteils-ausgleiche "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel), "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und "H" (Hilflosigkeit).

Mit Schreiben vom 28. Januar 2002 wandte sich der Kläger unter dem Betreff "Beschädigten-grundrente, Schwerstbeschädigtenzulage, Pflegezulage, Bekleidungsbeihilfe nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes" an den Beklagten. Unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 24. August 1970 führte er aus, dass nach dem sozialen Entschädigungsrecht und dem Schwerbehindertenrecht infolge seines Gesundheitsschadens Anspruch auf Versorgung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bestehe, da ein kausaler Zusammenhang bestehe; zugleich verwies er auf Nr. 21 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996 (AHP 1996). Mit Schreiben vom 26. Februar 2002 beantragte der Kläger ferner die Eintragung des Merkzeichens "VB". Durch Bescheid vom 13. März 2002 lehnte der Beklagte einen Anspruch auf Versorgung nach dem BVG mit der Begründung ab, dass beim Kläger eine frühkindliche Hirnschädigung auf der Grundlage einer Toxoplasmoseinfektion bestehe; diese Gesundheitsstörung sei nicht auf eine Schädigung im Sinne des § 1 BVG zurückzuführen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz seien deshalb nicht gegeben. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19. April 2002 erneut mit der Begründung zurück, dass der Kläger nicht unter den anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 1 BVG falle. Mit Schreiben vom 7. Mai 2002 erklärte der Kläger hierauf gegenüber dem Beklagten, dass aus Gründen der Prozessökonomie auf ein neues Klageverfahren vorerst verzichtet werde. Durch weiteren Bescheid vom 22. März 2002 lehnte der Beklagte die Feststellung des Merkzeichens "VB" ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2002 zurück.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2002 wandte sich der Kläger zum Geschäftszeichen des Bescheides vom 13. März 2002 (08/14 P 2002) erneut an den Beklagten und bat "um Auskunft bzw. Bearbeitung". Die 1970 erfolgte Anerkennung als Schwerbeschädigter im Grundlagenbescheid beweise, dass eine Anerkennung im Sinne des § 1 Abs. 3 BVG erfolgt sei. Der Beklagte wertete das Schreiben als Antrag auf Überprüfung seines Bescheides vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2002 nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Verwaltungsverfahren (SGB X) und lehnte die Rücknahme des Bescheides durch Bescheid vom 30. Juli 2002 ab. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X lägen nicht vor, weil die überprüften Bescheide weder rechtlich noch tatsächlich unrichtig seien. Er führte zur Begründung weiter aus, dass sich aufgrund der vom Kläger genannten gesetzlichen Bestimmungen sowie eines zitierten BSG-Urteils (vom 29. Januar 1992, Breithaupt 92, 755) keine Versorgungsansprüche nach dem sozialen Entschädigungsrecht ergäben. Insbesondere bestehe weiterhin keine Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Pflegezulage nach § 35 BVG. Bei der dem Kläger bewilligten Rente wegen Erwerbsminderung handele es sich um keine Versorgungs- oder Entschädigungsgrundrente, sondern um eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch.

Mit einem Schriftsatz vom 11. Dezember 2002, gerichtet zum Klageverfahren S 76 P 347/99/L 17 P 2/02 betreffend Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung beantragte der Kläger u.a., den Bescheid des Beklagten des vorliegenden Verfahrens vom 13. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2002 aufzuheben und zu veranlassen, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Juli 2002 beschieden werde. Dieses Schreiben wurde als neue Klage zum vorliegenden Aktenzeichen eingetragen.

Während des Klageverfahrens wies der Beklagte den durch den Kläger zwischenzeitlich mit Schreiben vom 10. August 2002 erhobenen Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Juli 2002 durch Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2003 zurück.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 16. März 2004 abgewiesen. Die Klage sei, soweit sie gegen den Bescheid vom 13. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2002 und soweit sie gegen den Bescheid vom 22. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2002 gerichtet sei, unzulässig. Denn mit der am 11. Dezember 2002 eingegangenen Klageschrift sei die gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuhaltende Klagefrist von einem Monat nicht eingehalten worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 Abs. 1 SGG hätten nicht festgestellt werden können. Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 30. Juli 2002 gewandt habe, sei eine Untätigkeitsklage erhoben worden, die sich nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2003 im Wege der zulässigen Klageänderung gegen diesen Widerspruchsbescheid gerichtet habe. Insoweit sei die Klage zulässig, jedoch aus den Gründen der an den Kläger ergangenen Bescheide unbegründet.

Gegen diesen ihm am 20. März 2004 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 23. März 2004 eingegangenen Berufung. Der Kläger begehrt weiterhin die Gewährung einer Pflegezulage gemäß § 35 BVG mit den Folgen ergänzender Versorgungsansprüche. Er verweist zur Begründung auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 8. März 1995 - 9 RV 9/94 -), wonach das Merkzeichen "H" Bindungswirkung für die Entscheidung über die Pflegezulage nach § 35 Bundesversorgungsgesetz habe. Denn die Statusentscheidungen des Versorgungsamtes bänden nicht nur andere Verwaltungsbehörden bei der Gewährung von Nachteilsausgleichen, sondern bewirkten in erster Linie auch die Selbstbindung der Versorgungsverwaltung. Sein Ausweis beweise, dass dies ein bindender Versorgungsanspruch sei. Der Anspruch auf eine Beschädigtengrundrente ergäbe sich aus § 31 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 BVG sowie dem bestandskräftigen Bescheid vom 24. August 1970, der eine MdE von 100 v.H. ausweise. Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 1. Halbs. BVG würden Beschädigte mit Anspruch auf eine Pflegezulage stets als Schwerbeschädigte, die Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit erhalten, gelten. Sein Anspruch ergäbe sich ferner aus dem früheren Blinden- und Hilflosenpflegegeldgesetz, dem danach folgenden Gesetz über Pflegeleistungen (PflegeG) in der Fassung vom 14. Juli 1986 sowie der Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 1 Landespflegegeldgesetz (LPflGG) i.V.m. den AHP 1996 Nr. 21 Abs. 6. Danach sei das BVG stets entsprechend anzuwenden gewesen. Das BSG habe ausgeführt, dass die AHP nach seiner vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung auch im Schwerbehindertenrecht anzuwenden seien. Auch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung habe mit Schreiben vom 9. Juli 2004 bestätigt, dass die Aussage, dass er nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach dem BVG gehöre, falsch sei. Sein Ausweis mit dem Merkzeichen "H" beweise die ununterbrochene Hilflosigkeit und damit einen Stammanspruch auf Versorgung. Die gesamte Verwaltung sei an den Gleichheitsgrundsatz gebunden. Ferner bestünde ein Anspruch auf einen Herstellungs-/ Folgenbeseitungsanspruch.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2004 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2002, des Bescheides vom 22. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2002 und des Bescheides vom 30. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2003 zu verurteilen, ihm Versorgung entsprechend den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes zu gewähren und einen Vermerk entsprechend § 35 Bundesversorgungsgesetz in den Schwerbehindertenausweis aufzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BVG oder auf die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "VB".

Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid vom 13. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2002 sowie gegen den Bescheid vom 22. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2002 richtet, war die Klage wegen Versäumung der gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG einzuhaltenden Klagefrist unzulässig. Der Senat verweist insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die ausführlichen Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils, denen gefolgt wird.

Soweit sich der Kläger daneben gegen den Überprüfungsbescheid vom 30. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2003 wendet, war die Klage zwar zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Denn der Bescheid des Beklagten vom 13. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2002, der mit dem Bescheid vom 30. Juli 2002 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X überprüft wurde, ist rechtmäßig und daher nicht zurückzunehmen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BVG oder einer Beschädigten-Grundrente nach § 31 Abs. 1 BVG oder auf sonstige Leistungen nach dem BVG. Die genannten Leistungen setzen zunächst voraus, dass eine Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes vorliegt, nur in diesen Fällen ist ein Hilfebedürftiger "Beschädigter" im Sinne dieses Gesetzes. § 1 BVG benennt hierzu unter der Überschrift "Vor-aussetzungen des Versorgungsanspruches" die Sachverhalte, unter denen eine Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes vorliegt. Diese Voraussetzungen sind im Bescheid des Beklagten vom 13. März 2002 umfassend dargestellt. Auf den Bescheid wird Bezug genommen. Das Bundessozialgericht hat diese Voraussetzungen in einer Entscheidung (Az. 9a RV 18/82, SozR 3100 § 1 Nr. 29) einmal wie folgt zusammengefasst:

"Versorgungsrechtlich geschützt sind im wesentlichen zwei Personengruppen von Geschädigten: einmal diejenigen, die in einem militärischen oder militärähnlichen Gewaltverhältnis zum Staat standen, zum anderen die Zivilpersonen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege zu Schaden kamen. Berechtigter und damit "wer" im Sinne des § 1 BVG ist derjenige, dessen Schädigung auf einem der entschädigungsbegründenden Tatbestände des § 1 BVG beruht. Es muß eine "Opfer- und Gefahrenlage" bestanden haben, die einen Anspruch nach dem "Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges", wie der volle Titel des BVG lautet, zu begründen vermag ...Kriegerische Vorgänge stellen das schädigende Ereignis dar, das als Entschädigungsmotiv der Kriegsopferversorgung zugrunde liegt."

Die beim Kläger bestehende Behinderung aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung ist keine Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes, da sie weder durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung noch durch Kriegseinwirkungen noch durch sonstige in § 1 BVG genannte Umstände entstanden ist. Entgegen der vom Kläger geäußerten Auffassung ist keineswegs jemand deshalb versorgungsberechtigt nach dem Bundesversorgungsgesetz, weil er dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht oder weil bei ihm ein bestimmter hoher Grad der Behinderung festgestellt wurde; eine derartige Auffassung widerspricht dem Wortlaut und Sinn des Bundesversorgungsgesetzes.

Der Kläger ist auch nicht aufgrund anderer gesetzlicher Normen einem Versorgungsberechtigten nach dem Bundesversorgungsgesetz gleichgestellt. Zunächst einmal gibt es keine Verbindung zwischen den Vorschriften des Schwerbehindertenrechts und § 35 BVG. Es existiert keine Vorschrift, nach der behinderte Menschen im Sinne des Sozialgesetzbuches, Neuntes Buch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) wegen ihrer Behinderung Anspruch auf Leistungen nach dem BVG hätten.

Etwas anderes folgt auch nicht aus Nr. 21 Abs. 6 der AHP 1996 bzw. der AHP 2004, auf den der Kläger wiederholt verweist. Diese Regelung hat zum Gegenstand die Voraussetzungen und die Feststellung des Vorliegens von Hilflosigkeit. Dass der Kläger "hilflos" im Sinne des Gesetzes ist, ist zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden. Das entsprechende Merkzeichen "H" findet sich auch in seinem Schwerbehindertenausweis. Das Vorliegen der Voraussetzungen von Hilflosigkeit führt jedoch für sich genommen noch nicht zu einem Anspruch nach § 35 Abs. 1 BVG. § 35 Abs. 1 Satz 1 BVG enthält nicht nur die Voraussetzung, dass ein Mensch hilflos ist. Neben dem Bestehen von Hilflosigkeit ist für die Gewährung von Leistungen aufgrund dieser Vorschrift auch erforderlich, dass eine Schädigung im Sinne des § 1 BVG vorliegt; nur dann ist jemand "Beschädigter" im Sinne des BVG, wie bereits ausgeführt wurde. Der Kläger ist aus den benannten Gründen jedoch nicht Beschädigter im Sinne des BVG.

Nicht nachvollziehbar ist, weshalb das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in seinem Schreiben vom 9. Juli 2004 die Auffassung des Klägers, er gehöre zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach dem BVG, bestätigt haben soll. In dem Schreiben ist lediglich ausgeführt: "Wie Sie richtig vermuten, bezieht sich die von Ihnen zitierte Regel Nr. 21 (6) aus den AHP 2004 auch auf behinderte Menschen". Diesem Satz, an dessen Richtigkeit zu keinem Zeitpunkt irgendein Zweifel bestand, kann keinerlei Aussage zu einer Anspruchsberechtigung nach dem BVG entnommen werden.

Auch den vom Kläger zitierten BSG-Entscheidungen ist etwas anderes nicht zu entnehmen. So hat das BSG zwar in dem vom Kläger wiederholt in Bezug genommenen Urteil vom 8. März 1995 (Az.: 9 RV 9/94) ausgeführt, dass die in § 33 b Einkommensteuergesetz geregelte Hilflosigkeit dieselben Voraussetzungen wie die Hilflosigkeit im Sinne des § 35 BVG hat. Daraus folgt, dass mit der Feststellung, der Betroffene sei hilflos im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schwerbehindertenausweisverordnung i.V.m. § 33 b EStG auch für die Entscheidung über die Pflegezulage bindend feststeht, dass Hilflosigkeit im Sinne des § 35 BVG vorliegt. Auch diese Aussage führt nicht dazu, dass die Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch erfüllt wären. § 35 Abs. 1 Satz 1 BVG enthält nicht nur die Voraussetzung, dass ein Mensch hilflos ist; an der Erfüllung dieser Voraussetzungen durch den Kläger besteht kein Zweifel. Erforderlich für die Gewährung von Leistungen aufgrund der genannten Vorschrift ist, dass sämtliche Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind. Weitere Voraussetzung des § 35 Abs. 1 Satz 1 BVG ist - neben dem Bestehen von Hilflosigkeit -, dass eine Schädigung im Sinne des § 1 BVG vorliegt. Diese Voraussetzung ist beim Kläger aus den bereits ausgeführten Gründen nicht erfüllt. Im übrigen befaßt sich die zitierte BSG-Entscheidung mit dem Fall eines Zusammenwirkens von Schädigungsleiden und Nichtschädigungsleiden; der Kläger des genannten Verfahrens hatte im Krieg den rechten Oberschenkel verloren, so dass deshalb - im Gegensatz zum vorliegenden Verfahren - kriegsbedingt ein sog. Schädigungsleiden vorlag, weshalb die Prüfung des § 35 BVG erfolgte.

Etwas anderes folgt entgegen der von dem Kläger mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2004 geäußerten Auffassung auch nicht aufgrund der Bestimmungen des Berliner Landesrechtes. Zwar enthielten das Gesetz über die Gewährung von Pflegegeld an Zivilblinde und Hilflose in § 2 Abs. 1 und das - ebenfalls mittlerweile außer Kraft getretene - Gesetz über Pflegeleistungen in § 2 Abs. 2 hinsichtlich der Höhe des Pflegegeldes und der Pflegezulagen eine sogenannte Rechtsfolgenverweisung auf § 35 Abs. 1 BVG. Diese landesrechtlichen Bestimmungen waren bzw. sind - auch in Verbindung mit der Besitzstandsregelung des § 8 Landespflegegeldgesetz - jedoch nicht geeignet, zu einem originären Anspruch nach dem BVG zu führen. Vielmehr sind die Voraussetzungen der Ansprüche nach diesen Gesetzen jeweils in deren § 1 geregelt gewesen, lediglich wegen der Rechtsfolge verwiesen die Vorschriften auf das BVG. Vorliegend sind Ansprüche nach diesen Gesetzen nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da der hier streitgegenständliche Bescheid vom 30. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2003 diesbezüglich keine Regelung enthält; insoweit wäre auch nicht der Rechtsweg zum Sozialgericht eröffnet.

Soweit der Kläger einen Anspruch auf die Zuerkennung des Merkzeichens "VB" geltend macht, ist die Klage unzulässig, weil hierüber lediglich in dem Bescheid vom 22. März 2002 in der Fassung des Widerpruchsbescheides vom 8. Mai 2002 entschieden worden ist, gegen den - wie ausgeführt ist - die Klagefrist versäumt wurde und der durch den Bescheid vom 30. Juli 2002 auch nicht nochmals überprüft worden ist. Die Klage wäre allerdings insoweit auch unbegründet, da der Kläger aus den bereits genannten Gründen nicht versorgungsberechtigt nach dem Bundesversorgungsgesetz ist. Etwas anderes folgt auch nicht aufgrund der Regelungen der bereits genannten Berliner Landesgesetze. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung ist Voraussetzung für das Merkzeichen "VB", dass ein schwerbehinderter Mensch wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 50 v.H. Anspruch auf Versorgung "nach anderen Bundesgesetzen" in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes hat. Bei dem vom Kläger in Bezug genommenen Gesetz über die Gewährung von Pflegegeld an Zivilblinde und Hilflose handelt es sich ebenso wie bei dem Gesetz über Pflegeleistungen nicht um ein Bundesgesetz im Sinne der zitierten Vorschrift, sondern um landesrechtliche Regelungen.

Der Kläger war auch nicht aufgrund der zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entwickelten Grundsätze so zu stellen, als ob er Versorgungsberechtigter nach dem Bundesversorgungsgesetz wäre. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts voraus, dass eine Behörde durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln nachteilige Folgen für die Rechtsstellung eines Versicherten herbeigeführt hat und dass diese Nachteile durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, hat die Behörde grundsätzlich dem Versicherten die Rechtsposition einzuräumen, die er gehabt hätte, wenn von Anfang an ordnungsgemäß verfahren worden wäre (ständige Rechtsprechung, BSG, BSGE 51, 89, 92; SGb 2001, 239). Vorliegend ist zunächst nicht ersichtlich, worin ein fehlerhaftes Handeln des Beklagten gelegen haben sollte oder worin der vom Kläger behauptete Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegen sollte. Abgesehen davon kann Rechtsfolge der Anwendung der Grundsätze zum Herstellungsanspruch nur die Einräumung einer vom Gesetz vorgesehenen rechtmäßigen Position sein, wie sie bestanden hätte, wenn von Anfang an ordnungsgemäß verfahren worden wäre. Der Herstellungsanspruch kann hingegen nicht Grundlage für eine vom Gesetz nicht vorgesehene Rechtsfolge sein. Der Kläger ist aus den aufgezeigten Gründen nicht versorgungsberechtigt nach dem Bundesversorgungsgesetz, weil er die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt; die fehlende Anspruchsberechtigung kann auch durch die Anwendung der Grundsätze zum Herstellungsanspruch nicht ersetzt werden.

Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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