L 17 RA 119/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 1735/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 119/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung des Zeitraums vom 1. Mai 1941 bis 21. September 1942 als Beitragszeit.

Die 1924 in Tschenstochau /Polen geborene Klägerin erlitt als Jüdin nationalsozialistische Verfolgung. In einem Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz -BEG- hatte sie wiederholt angegeben und auch eidesstattlich versichert, sie sei im Ghetto Tschenstochau vom 15. April 1941 (so ihre Angaben auf Blatt 66 der -roten- Akten des Bayerischen Landesentschädigungsamtes, in einer anderen Versicherung an Eides statt hatte sie den 1. April 1941 als Beginn des Ghettoaufenthalts angegeben [siehe Blatt 11 der -grünen- Akten des Bayerischen Landesentschädigungsamtes]) bis zu dessen Liquidierung am 22. September 1942 und anschließend bis zum 16. Januar 1945 im Arbeitslager Tschenstochau der Freiheit beraubt gewesen. Im Arbeitslager habe sie bei der HASAG - Abteilung Apparatebau - Zwangsarbeiten bis zur Befreiung durch die russische Armee leisten müssen. Die Klägerin gebar 1949 in München ein Kind und wanderte 1950 in die USA aus. Sie besitzt die US-amerikanische Staatsangehörigkeit. Die Klägerin ist wegen Freiheitsschadens und Schadens an Körper und Gesundheit entschädigt worden.

Den von ihr im März 1990 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte wegen fehlender Mitwirkung ab (Bescheid vom 23. August 1994). Nachdem im Widerspruchsverfahren Unterlagen eingereicht wurden (u.a. ein formeller Antrag auf Versichertenrente aus der deutschen Rentenversicherung, in dem die Klägerin angab, sie habe keine Versicherungszeiten zurückgelegt) bewilligte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 3. November 1995 eine am 1. Januar 1992 beginnende Regelaltersrente, die allein auf Verfolgungs- und Kindererziehungszeiten beruhte. Mit Bescheid vom 7. Juni 1996 erfolgte eine Neufeststellung der Rente.

Im Januar 2000 beantragte die Klägerin, ihr eine höhere Rente zu gewähren und machte dazu geltend, sie habe vom 1. April 1940 bis September 1942 im Ghetto und sodann bis Januar 1945 im Zwangsarbeitslager versicherungspflichtige Arbeiten ausgeübt. Bei einer im Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in New York am 16. Juni 2000 erfolgten Befragung versicherte die Klägerin an Eides statt, sie habe sich vom 1. Januar 1940 bis September 1942 im Ghetto Tschenstochau und danach bis 16. Januar 1945 im Arbeitslager auf dem Gelände des Munitionsbetriebs H S AG (HASAG) aufgehalten. Unmittelbar vor der Arbeit bei der HASAG sei sie für kurze Zeit in eine kleine Abteilung des Ghettos verlegt worden. Fast ab Anfang der Ghettozeit habe sie in der Kugelproduktion (Rekalibrierung und Infanterie) täglich 10 Stunden 6 bis 6 1/2 Tage die Woche gearbeitet. Auf die Frage, ob sie für ihre Arbeitsleistung Lohn oder Gehalt jeglicher Art (z.B. Geld, Sachleistungen, Ghettogeld, Naturalien, Essmarken) erhalten habe, gab sie an: Hungerverpflegung, "Unterkunft", Holzschuhe unregelmäßig. Während der Ghettozeit sei die Zuweisung zur Arbeit durch den Judenrat erfolgt.

Mit Bescheid vom 26. September 2000 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Rentenbescheides vom 7. Juni 1996 ab, da eine Berücksichtigung von Zwangsarbeiten oder unentgeltlichen Tätigkeiten als Beitragszeiten nicht in Betracht komme. Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, die von ihr angegebene Verpflegung und Unterkunft stellten täglich geleistete Naturalien dar. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2001 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.

Gegen den im Ausland zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 15. März 2001 Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Nach einem Hinweis des Sozialgerichts, dass die von ihr vor dem Generalkonsulat im Juni 2000 gemachten Angaben zur Frage, ob Lohn oder Gehalt jeglicher Art bezogen worden seien, gegen ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis sprechen dürften, hat die Klägerin eine weitere eidesstattliche Erklärung vom 30. Januar 2003 zum Verfahren gereicht. Darin hat sie ausgeführt, in dem in Tschenstochau am 9. April 1941 errichteten und im September 1941 (richtig 1942) geschlossenen Ghetto habe sie diverse Arbeiten für Stellen der Rüstungsindustrie auf dem Gelände der "Metallurgia" Fabrik verrichtet. Sie habe kleine Näharbeiten gemacht und in der Werkstatt gearbeitet. Während der Mittagspause habe sie eine warme Mahlzeit (Eintopfgericht) erhalten. Zudem sei ein Deputat von Lebensmitteln und Seife für die Arbeit zugeteilt worden. Es sei auch eine Geldbelohnung gezahlt worden, an die Höhe des Betrages könne sie sich nicht mehr erinnern, es sei ein sehr geringer Betrag gewesen, für den sie Brot und Seife auf Lebensmittelkarten habe besorgen können. Im September 1942 sei das kleine Ghetto entstanden, sie habe für die deutschen Behörden in einem Sammelwarenhaus in der Garibaldistraße gearbeitet und Kristall, Silberbesteck sowie Silbersachen sortiert und geputzt. Während der Mittagspause habe es eine warme Mahlzeit gegeben und ein Deputat in Form von Lebensmitteln und Seife. Nach der Liquidierung des kleinen Ghettos im Juni 1943 sei sie in das Zwangsarbeitslager der HASAG verwiesen worden. Nachdem die Beklagte dazu geltend gemacht hat, der Erhalt von Entgelt erscheine aufgrund der früheren Angaben der Klägerin wenig glaubhaft, hat diese vorgetragen, ihre Angaben im Verwaltungsverfahren und beim Generalkonsulat in New York hätten sich nur auf die Beschäftigung bei der HASAG in der Zeit von Juni 1943 bis zur Befreiung im Januar 1945 bezogen.

Im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht hat die Beklagte für November 1939 bis März 1940 und für Februar bis Mai 1945 weitere Ersatzzeiten anerkannt und das von der Klägerin angenommene Teilanerkenntnis sodann mit Bescheid vom 23.Februar 2004 ausgeführt.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung der Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, weil bei Erlass des Rentenbescheides vom 7. Juni 1996 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Im Zeitraum von Mai 1941 bis September 1942 seien zugunsten der Klägerin keine Beitragszeiten zu berücksichtigen. Bundesgebietsbeitragszeiten lägen aufgrund des Aufenthalts im so genannten Generalgouvernement nicht vor. Das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto -ZRBG- finde keine Anwendung, weil für den streitigen Zeitraum bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werde. Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen der §§ 15, 16 Fremdrentengesetz -FRG- in Verbindung mit § 17 a FRG oder § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung -WGSVG-. Es könne offen bleiben, ob die Klägerin dem persönlichen Anwendungsbereich des § 17 a FRG oder des § 20 WGSVG unterfalle, denn es liege keine Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 oder eine Beschäftigungszeit im Sinne von § 16 FRG vor. Die geltend gemachten Zeiten seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Dies gelte jedenfalls für das Erfordernis einer entgeltlichen Beschäftigung. Eine solche setze zumindest Sachbezüge in wesentlichem Umfang voraus. Dies ergebe sich nicht aus den Angaben der Klägerin beim Generalkonsulat. Ihr späterer Vortrag sei unter Beachtung des Gesamtzusammenhangs ihrer Antworten bei der Befragung im Generalkonsulat höchst unplausibel. Der in der Erklärung vom Januar 2003 erstmals geltend gemachte Entgelt- und Deputatenbezug sei nach alledem nicht glaubhaft. Eine Glaubhaftmachung scheitere auch an dem Umstand, dass die Klägerin immer wieder ihre Angaben variiert habe, wobei sich der Verdacht aufdränge, dass diese Veränderungen nicht vorrangig an den tatsächlichen Erinnerungen, sondern mehr an den aus ihrer Sicht jeweils zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen orientiert seien. Beispielhaft sei darauf hinzuweisen, dass zunächst eine Beschäftigung im Ghetto ab 1940 geltend gemacht wurde, obwohl das Ghetto erst im April 1941 errichtet worden sei und die Klägerin dieses Datum auch im Entschädigungsverfahren mehrfach genannt habe. Zudem habe sie eine Beschäftigung im Sammelwarenhaus von über einem Jahr (September 1942 bis September 1943) erstmals im Januar 2003 geltend gemacht. Sowohl im Entschädigungs- als auch im Rentenverfahren habe sie zuvor immer angegeben und an Eides statt versichert, bereits ab September 1942 bei der HASAG beschäftigt gewesen zu sein. Da ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nicht glaubhaft sei, komme auch eine Beschäftigungszeit nach § 16 FRG nicht in Betracht.

Gegen das ihr am 13. November 2003 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 10. Dezember 2003 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht sie geltend, im Ghetto Tschenstochau habe ein Ghettoarbeitsmarkt bestanden und für Arbeit sei eine Entlohnung gewährt worden, die das Überleben im Ghetto ermöglicht habe. Wer als Jude nicht gearbeitet habe, sei in ein Vernichtungslager verbracht worden. Die Entlohnung für die Tätigkeit sei möglicherweise lange Zeit nicht erwähnt worden, weil von einer adäquaten Gegenleistung im Hinblick auf die verrichtete Arbeit nicht gesprochen werden könne.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. September 2000 in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 3. Januar 2001 aufzuheben und diese zu ver- pflichten, die Rentenbescheide vom 3. November 1995, 7. Juni 1996 und 23. Februar 2004 teilweise zurückzunehmen und ihr unter Anrech- nung einer glaubhaft gemachten Beitragszeit vom 1. Mai 1941 bis 21.Sep- tember 1942 eine höhere Rente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die die Klägerin betreffenden Akten des Bayerischen Landesentschädigungsamtes -3 Bände -, die Verwaltungsakten der Beklagten - - sowie die Prozessakten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 7 RA 1735/01 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Rentenbescheid vom 23. Februar 2004 ist Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden. Über ihn hat das Landessozialgericht kraft Klage zu entscheiden.

Der Rentenbescheid vom 3. November 1995 in der Fassung des Bescheides vom 7. Juni 1996 erweist sich als rechtmäßig, so dass eine Rücknahme nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -SGB X- nicht in Betracht kommt. Auch der Bescheid vom 23. Februar 2004 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Im geltend gemachten Zeitraum sind zugunsten der Klägerin keine Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen. Es kann im Ergebnis offen bleiben, nach welchen Vorschriften im damaligen Zeitraum die Rentenversicherung in Tschenstochau durchzuführen war, da unabhängig von dem anwendbaren Recht eine Anerkennung der geltend gemachten Beschäftigung nicht erfolgen kann. Das Gebiet von Tschenstochau war im damaligen Zeitraum teilweise dem Deutschen Reich (der Provinz Schlesien) eingegliedert worden. Dort galt vom 1. Januar 1940 an Reichsversicherungsrecht (§ 1 der Schlesien-VO vom 16. Januar 1940, Reichsgesetzblatt I, S. 196). Zum damals so genannten Generalgouvernement, in dem die Reichsversicherungsgesetze zu keinem Zeitpunkt Anwendung fanden und sich die Anrechnung einer Versicherungszeit nur nach dem FRG richten kann (vgl. Bundessozialgericht -BSG- SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17) gehörte der Distrikt Radom mit den Kreisen Chenstochau-Stadt und Teilen der Kreise Tschenstochau-Land (vgl. Koch/Hartmann, Die Rentenversicherung im SGB, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Band II, Polen, Teil C Anhang 1; Pin, Die gesetzliche Rentenversicherung im Ausland S. 354). Es braucht nicht geklärt zu werden, wo genau im Gebiet von Tschenstochau die Klägerin tätig war, denn unabhängig davon, ob eine Anrechnung der von der Klägerin geltend gemachten Tätigkeit nach §§ 15, 16 FRG (in Verbindung mit § 17 a FRG bzw. § 20 WGSVG) - falls sie im so genannten Generalgouvernement ausgeübt wurde - oder nach §§ 55, 247 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -SGB VI-, falls sie in den eingegliederten Ostgebieten ausgeübt wurde, zu erfolgen hat, liegen die Voraussetzungen einer Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit schon deshalb nicht vor, weil ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nicht zumindest glaubhaft gemacht worden ist (vgl. § 4 FRG, § 286 a Abs. 1 SGB VI). Eine Tatsache ist glaubhaft, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG).

Es ist weder nachgewiesen noch überwiegend wahrscheinlich im o.g. Sinne, dass die Klägerin im geltend gemachten Zeitraum in einem entgeltlichen und zumindest dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Nachweise über ein solches Beschäftigungsverhältnis liegen nicht vor. Es ist auch keine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen gelungen.

Allein der Umstand, dass eine Beschäftigung im Ghetto geltend gemacht wird, steht der Anerkennung als Beitragszeit allerdings nicht grundsätzlich entgegen. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, konnte auch unter den besonderen Verhältnissen in einem Ghetto ein rentenversicherungsrechtlich relevantes Beschäftigungsverhältnis begründet werden. Denn unerheblich sind die Beweggründe, die jemanden zur Aufnahme einer Beschäftigung veranlassen, und es kommt auch nicht auf die sonstigen Lebensumstände an, unter denen der Beschäftigte leben musste. Vielmehr ist das Beschäftigungsverhältnis selbst daraufhin zu untersuchen, ob es auf einem aus eigenem Antrieb begründeten Vertragsschluss mit einem Arbeitgeber beruht (vgl. BSG 5 RJ 66/95). Die Ausübung irgendeiner Arbeit reicht jedoch nicht aus. Insbesondere führen Zwangsarbeiten nicht zur Begründung eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BSG B 5 RJ 46/98 R, B 13 RJ 75/98 R). Es muss eine zumindest dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt worden sein. Dies setzt u.a. voraus, dass das Arbeitsentgelt, das in Geld- oder Sachleistungen erbracht werden kann, einen gewissen Mindestumfang erreicht, da anderenfalls kein entgeltliches und damit dem Grunde nach versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn sich die Versicherungspflicht der fraglichen Tätigkeit hier über § 15 FRG nach polnischem Sozialversicherungsrecht richten sollte. Denn nach dem polnischen Sozialversicherungsgesetz vom 28. März 1933 (siehe Pin S. 339) waren nach Artikel 2 nur Personen, die in einem Lohnarbeits- oder Dienstverhältnis stehen, versicherungspflichtig.

Unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und in Ansehung der historischen Umstände hält es der Senat zwar für überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin während ihres Ghettoaufenthalts gearbeitet hat, es ist aber nicht überwiegend wahrscheinlich, dass es sich dabei um eine gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit handelte. Bereits vom Sozialgericht ist zutreffend dargelegt worden, dass die Klägerin bis zu ihrer Erklärung vom 30. Januar 2003 eine Bezahlung mit Geld nicht nur nicht behauptet, sondern sogar bei ihrer Befragung im Generalkonsulat ausdrücklich verneint hatte. Ihre späteren Angaben sieht der Senat als nicht überzeugend an und nimmt hinsichtlich der weiteren Begründung insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- ausdrücklich Bezug.

Nicht ausreichend für ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis sind die von der Klägerin bei ihrer Befragung im Generalkonsulat benannten Sachleistungen. Ein entgeltliches Arbeitsverhältnis setzt zwar kein Äquivalent von geleisteter Arbeit und empfangener Gegenleistung voraus, und insbesondere bei Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände, unter denen die Klägerin damals tätig war, kann auch nicht gefordert werden, dass ein der Arbeitsleistung angemessener Lohn (gegebenenfalls in Naturalien) gewährt wurde. Andererseits reicht es aber nicht aus, wenn überhaupt eine - ganz geringe - Gegenleistung gewährt wurde, weil dann der die Versicherungspflicht begründende Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit gegenüber der Arbeitsleistung zu sehr in den Hintergrund tritt (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 7. Oktober 2004 B 13 RJ 59/03 R, zitiert nach dem Pressebericht). Die Angaben der Klägerin lassen jedoch auf äußerst geringe Sachleistungen schließen. Sie hatte nicht nur eine "Hungerverpflegung" angeführt, sondern auch den Begriff "Unterkunft" durch Setzen von Anführungszeichen offensichtlich ausdrücklich nur sehr eingeschränkt verwenden wollen.

Aus dem ZRBG kann die Klägerin weitergehende Rechte nicht herleiten. In seiner Entscheidung vom 7. Oktober 2004 hat das BSG klargestellt, dass durch dieses Gesetz die in früheren Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien für die Qualifizierung einer Tätigkeit als Beschäftigungsverhältnis nicht berührt werden. Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, da ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben ist.
Rechtskraft
Aus
Saved