L 21 RA 67/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 17 RA 854/02
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RA 67/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Neufeststellung seiner Altersrente unter Zugrundelegung der in der Zeit vom 21. Mai 1973 bis zum 31. Dezember 1988 tatsächlich erzielten Verdienste.

Der 1942 geborene Kläger, ein Journalist, war vom 21. Mai 1973 bis zum 15. Januar 1988 als Redakteur bzw. stellvertretender Redaktionsleiter beim A. D. N. (ADN) und vom 16. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1989 beim F. der DDR beschäftigt.

Im Ergebnis eines Kontenklärungsverfahrens stellte die Beklagte mit Bescheid vom 9. August 2000 die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegenden Daten fest; am selben Tag erteilte sie dem Antragsteller eine Rentenauskunft. Mit Bescheid vom 12. Februar 2001 hob die Beklagte den Bescheid vom 9. August 2000 auf und stellte die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegenden Daten neu fest.

Im Februar 2002 erkundigte sich der Kläger nach der voraussichtlichen Höhe seiner Altersrente bei einem beabsichtigten Rentenbeginn mit Vollendung des sechzigsten Lebensjahres und erhielt die Auskunft, er könne mit etwa 400 Euro rechnen. Daraufhin teilte er der Beklagten mit, er werde voraussichtlich Klage einreichen, denn seiner Auffassung nach sei er bei der Rentenberechnung erheblich benachteiligt worden. Er habe nun erfahren, dass seine voraussichtliche Rente nach 418 Monaten Beitragszeit und 35 Monaten Anrechnungszeit noch unter dem Niveau eines Sozialhilfeempfängers bleiben werde. Er werde mit einem "Verdienst" von monatlich 600 DM eingestuft, obwohl er als Journalist tatsächlich das Doppelte bzw. das Dreifache verdient habe und in der DDR ein sogenannter Besserverdiener gewesen sei. Zur Begründung habe die Beklagte in einem Schreiben vom 25. Oktober 2000 Ausführungen zu Überentgelten nach § 256 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gemacht. Das Wort Überentgelte indessen sei in dem genannten Paragraphen gar nicht enthalten, weder mit noch ohne Anführungszeichen. Fragwürdig sei auch die Bemerkung der Beklagten, er habe von der Möglichkeit des Beitritts zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) keinen Gebrauch gemacht. Dazu sei festzustellen, dass er am 1. Oktober 1972 dem "Sonderversorgungssystem hauptamtlicher Mitarbeiter des Staatsapparates, gesellschaftlicher Organisationen, Altersversorgung der Intelligenz u. a." beigetreten sei und damit nicht dem Bereich der FZR angehört habe. Nach seiner Kündigung beim "Organ der B. der SED N." sei ihm 1973 mitgeteilt worden, dass das für einen "Nomenklaturkader der SED" ein ungeheuerlicher Vorgang sei, der unter anderem zur Folge habe, dass er aus dem Sonderversorgungssystem ausgeschlossen werde - bei Rückzahlung der bereits eingezahlten Beiträge. Unter Hinweis darauf sei ihm bei der Nachrichtenagentur ADN die Aufnahme in das Sonderversorgungssystem verweigert worden. Erst 1989 - nach einem beruflichen Wechsel zum DDR-Fernsehen - habe er wieder die Möglichkeit, einem Zusatzversorgungssystem beizutreten, gehabt und davon auch - zum zweiten Mal - Gebrauch gemacht. Auch wenn die Beklagte meine, die Vorschriften hätten einen Austritt aus der Zusatzrentenversicherung nicht vorgesehen, sei ein solcher doch praktiziert worden. Die Tatsache, dass eingezahlte Beiträge nach erfolgtem Austritt zurückgezahlt worden seien, bestätige dies. Somit habe er beitragsfähige Arbeitsverdienste oder Einkünfte glaubhaft gemacht, für die nach den im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Vorschriften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nicht hätten gezahlt werden können. Diese Verdienste seien daher zu fünf Sechstel zu berücksichtigen. Unverständlich sei ihm weiter, warum ihm für das Jahr 1974 ganze 0,3492 Entgeltpunkte berechnet worden seien, obwohl er bei einem Jahresbruttoverdienst von 9.900 DM 12 Monate Pflichtbeiträge gezahlt habe. Unabhängig von diesen Feststellungen beanstande er, dass offensichtlich seitens der Beklagten grundsätzlich vorausgesetzt werde, dass Verdienste oberhalb von monatlich 600 DM ganz einfach unter den Tisch fielen, wenn er nicht der freiwilligen Zusatzrente beigetreten sei, obwohl er dies - nach Ansicht der Beklagten - hätte tun können. Derartiges könne er weder § 256 a SGB VI, noch der diesbezüglichen Kommentierung entnehmen. Er behalte sich vor, ggf. in höchster Instanz klären zu lassen, warum ein pflichtbeitragszahlender Ostdeutscher erst dann einem pflichtbeitragszahlenden Westdeutschen annähernd gleichgestellt werde, wenn er (der Ostdeutsche) einer Zusatzrente beigetreten sei, die zudem auch noch freiwillig gewesen sei. Zu klären sei also, wie diese Praxis mit dem Gleichstellungsgebot des Grundgesetzes zu vereinbaren sei. Hierbei erscheine eine Einbeziehung der Medien angebracht.

Mit Bescheid vom 6. Juni 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie sei nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verpflichtet, einen rechtswidrigen Bescheid zurückzunehmen, wenn sich herausstelle, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei und deshalb Leistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien. Die Überprüfung der Rentenauskunft vom 9. August 2000 habe ergeben, dass Derartiges nicht der Fall gewesen sei. Vielmehr sei die Rente in zutreffender Höhe festgestellt worden. Auf das Schreiben vom 25. Oktober 2000 werde Bezug genommen. Im Übrigen handele es sich bei der erteilten Rentenauskunft nicht um einen Verwaltungsakt.

Nachdem der Kläger am 15. Juni 2002 Klage erhoben hatte, gewährte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 21. November 2002 ab dem 1. September 2002 Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die mit Bescheid vom 27. Mai 2003 von Beginn an und mit Bescheid vom 23. Februar 2004 vom 1. Februar 2004 an neu berechnet wurde.

Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, möglicherweise sei er deshalb aus der Sonderversorgung ausgegrenzt worden, weil er sich einer inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit verweigert habe. Er hat dazu die Ablichtung eines Vermerks vom 7. Oktober 1979 zu den Akten gereicht.

Das Sozialgericht hat dem Vorbringen des Klägers den Antrag entnommen,

die Beklagte zu verurteilen, seine Rente unter Berücksichtigung des Durchschnittsverdienstes der letzten 20 Jahre und Beitragszahlung zur freiwilligen Zusatzrente im Zeitraum von 1990 bis 1991 zu berücksichtigen, hilfsweise die Rentenberechnung so vorzunehmen, als seien Beiträge zur Sonderversorgung gezahlt worden.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 29. Januar 2004 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Anfechtungsklage gegen die Rentenauskunft sei unzulässig, weil mit ihr nicht die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt werde. Im Übrigen sei die Klage auch deshalb unzulässig, weil das Vorverfahren mangels Erteilung eines Widerspruchsbescheides noch nicht beendet sei.

Gegen das ihm am 13. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. März 2004 Berufung eingelegt, um sein Begehren weiterzuverfolgen. Er trägt ergänzend vor, beim ehemaligen ADN seien alle Redakteure der zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates zugehörig gewesen, wie ihm inzwischen von der DDP-Nachrichtenagentur mitgeteilt worden sei. Bezüglich seiner Person lägen keine entsprechenden Unterlagen mehr vor; sie seien möglicherweise durch die Umzüge des Unternehmens abhanden gekommen. Seiner Auffassung nach sollten ihm durch das Abhandenkommen von Unterlagen keine Nachteile entstehen, da grundsätzlich alle Redakteure des ADN der Zusatzversorgung angehört hätten.

Mit Bescheid vom 9. August 2005 lehnte der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme den Antrag des Klägers auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Mai 1973 bis zum 31. Dezember 1988 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 19 (freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates) der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ab, weil ein Beitritt nicht nachgewiesen sei. Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, der noch nicht beschieden ist.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Januar 2004 ganz sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Mai 2003 und vom 23. Februar 2004 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Berechnung seiner Rente die in der Zeit vom 21. Mai 1973 bis zum 31. Dezember 1988 tatsächlich erzielten Verdienste zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem Verfahren sowie zu dem auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichteten Verfahren L 21 RA 381/04 ER (L 21 R 146/05) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (VSNR ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, sie ist aber nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Neufeststellung seiner Altersrente unter Zugrundelegung der sich aus der Entgeltbescheinigung des ADN ergebenden tatsächlichen Verdienste in der Zeit vom 21. Mai 1973 bis zum 31. Dezember 1988; zutreffend hat die Beklagte die vom Kläger erzielten Verdienste lediglich in der Höhe berücksichtigt, in der sie sozialversicherungspflichtig waren.

Nach § 256 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI zählen als Verdienst für die Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlt worden sind. Nach § 256 a Abs. 3 Satz 1 SGB VI zählen als Verdienst auch die nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 1. Juli 1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen in einem Sonderversorgungssystem erworbener Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nicht gezahlt werden konnten.

Unstreitig hat der Kläger Pflichtbeiträge entrichtet. Für die Ermittlung von Entgeltpunkten hat die Beklagte seine Einkünfte und Verdienste in der Höhe berücksichtigt, in welcher für sie solche Beiträge gezahlt worden sind. Zur FZR hat der Kläger in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum keine Beiträge gezahlt, so dass die bei der Berechnung zu berücksichtigenden Entgelte sich dadurch nicht erhöhen. Er hat auch nicht deshalb keine Beiträge zur FZR entrichtet, weil er insoweit eine Beitragsbemessungsgrenze erreicht oder in einem Sonderversorgungssystem Anwartschaften erworben gehabt hätte. Auch war der Kläger zwischen dem 21. Mai 1973 und dem 31. Dezember 1988 nicht der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates zugehörig. Soweit er vorträgt, ihm sei die Entrichtung von Beiträgen zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung wegen seiner Weigerung, bei der Staatssicherheit mitzuarbeiten, verwehrt worden, gab es dementsprechende Vorschriften nicht. Auch ist keine Vorschrift erkennbar, nach welcher es ihm verwehrt gewesen wäre, nach der Beendigung der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Beiträge zur FZR zu entrichten. Ob er es während der Zugehörigkeit konnte, ist hier nicht von Bedeutung, denn dieser Zeitraum ist nicht streitig. Für das Begehren des Klägers ist eine gesetzliche Grundlage nach alledem nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 1 Nrn 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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