Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 64 AL 3667/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 155/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstat- ten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung eines Lohnkostenzuschusses und dessen Erstattung.
Der Kläger betreibt eine Änderungsschneiderei in B. Er beschäftigte seit mindestens sechs Monaten vor dem 02. Mai 2000 den Arbeitnehmer G (im Folgenden: G.). Zum 02. Mai 2000 stellte er eine zweite Vollzeitarbeitskraft ein, die Arbeitnehmerin S (im Folgenden: S.). Mit Bescheid vom 07. Juli 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen Lohnkostenzuschuss für die Beschäftigung der S. gemäß § 415 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: alter Fassung – a. F. –; Strukturanpassungsmaßnahme (SAM) im Beitrittsgebiet und in Berlin-West) in Höhe von 1.355,00 DM monatlich für die Zeit vom 02. Mai 2000 bis zum 01. Mai 2001. Der Bewilligungsbescheid erging unter der Bedingung, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung nicht verringert; auf die Bescheidzusätze und Auflagen im Übrigen wird Bezug genommen. Die Beklagte zahlte an den Kläger für die Zeit vom 02. Mai 2000 bis zum 31. März 2001 Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 14.860,00 DM. Durch Kündigung vom 14. September 2000 kündigte der Arbeitnehmer G. sein Arbeitsverhältnis bei dem Kläger rückwirkend zum 31. August 2000.
Mit Schlussbescheid vom 20. Juli 2001 hob die Beklagte die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses gemäß § 48 SGB X mit Wirkung vom 01. September 2000 auf und forderte die Erstattung der für die Zeit vom 01. September 2000 bis zum 31. März 2001 gezahlten Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 9.485,17 DM (= 4.849,69 EUR). Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. August 2001). Die hiergegen erhobene Klage nahm der Kläger zurück (SG Berlin – S 62 AL 3672/01). Zugleich stellte er einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X.
Mit Bescheid vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2002 lehnte die Beklagte eine Rücknahme bzw. Änderung des Schlussbescheides vom 20. Juli 2001 ab. Bei Erteilung des Bescheides vom 20. Juli 2001 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2002 und Verurteilung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2001 gerichtete Klage mit Urteil vom 24. Februar 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 44 Abs. 1 SGB X würden nicht vorliegen. Denn die Beklagte habe bei Erlass des Bescheides vom 20. Juli 2001 das Recht zutreffend angewandt. Gemäß § 415 Abs. 3 Satz 1 SGB III seien als SAM zusätzliche Beschäftigungen arbeitsloser Arbeitnehmer förderungsfähig. Nach § 415 Abs. 3 Satz 2 SGB III könne der Arbeitgeber den Zuschuss nur erhalten, wenn er in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor der Förderung die Zahl der in dem Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer nicht verringert habe und während der Dauer der Zuweisung nicht verringere. Letzteres sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen. Denn er habe die Zahl der in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Dauer der Zuweisung dadurch verringert, dass er ohne sein Zutun frei werdende Arbeitsplätze nicht erneut besetzt habe. Damit habe keine "zusätzliche" Beschäftigung im Sinne des Gesetzes vorgelegen. Es komme nicht darauf an, von wem die Verringerung der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer zu vertreten sei. Damit stehe fest, dass der Lohnkostenzuschuss für die Zeit ab 01. September 2000 rechtswidrig gewährt worden sei. Der Kläger sei gemäß den §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 50 Abs. 1 SGB X zur Erstattung des überzahlten Betrages verpflichtet. Denn er habe gewusst, dass der Bewilligungsbescheid unter der Bedingung der sich nicht verringernden Beschäftigtenzahl ergangen sei.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Er sei seinen Mitteilungspflichten nachgekommen. Mit Schreiben vom 02. Oktober 2000 habe er die Beklagte über die Kündigung des G. informiert und um Zuweisung einer Ersatzarbeitskraft gebeten. Im Übrigen sei bei dem Arbeitnehmer G. von einem arbeitnehmerseitigen Ausscheiden auszugehen. Er – der Kläger – habe diesen Personalabbau nicht zu vertreten. Hinzu komme, dass die Beklagte die Förderung erst im Juli 2001 teilweise aufgehoben habe. Er habe aus diesem Grunde nach Treu und Glauben auf die Bewilligung vertrauen dürfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 20. Juli 2001 zurückzunehmen, soweit die Beklagte darin die Bewilligung eines Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 aufgehoben und die Erstattung der gezahlten Lohnkostenzuschüsse für die Zeit vom 01. September 2000 zum 31. März 2001 geltend gemacht hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Die Behelfsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers, mit der dieser bei verständiger Würdigung seines Begehrens (vgl. § 123 SGG) die erstinstanzlich erhobene und statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides der Beklagten vom 20. Juli 2001 weiter verfolgt, soweit die Beklagte darin die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 aufgehoben und die Erstattung der für die Zeit vom 01. September 2000 bis zum 31. März 2001 gezahlten Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 9.485,17 DM (= 4.849,69 EUR) geltend gemacht hat, ist nicht begründet. Diese Klagen sind, soweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung des Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 wendet und die Rücknahme dieser Entscheidung im Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X begehrt, bereits mangels Klagebefugnis unzulässig; im Übrigen sind die Klagen nicht begründet.
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Hierfür muss nach dem vom Kläger behaupteten Sachverhalt zumindest die Möglichkeit bestehen, dass er in einem subjektiv-öffentlichen Recht durch den Verwaltungsakt verletzt worden sein kann (vgl. hierzu BSG SozR3-8570 § 8 Nr. 2). Dies kann vorliegend für die begehrte Rücknahme der die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 aufhebenden Verwaltungsentscheidung der Beklagten in dem Schlussbescheid vom 20. Juli 2001 aber schon deshalb nicht der Fall sein, weil diese Aufhebungsentscheidung von vornherein ins Leere geht und den Kläger in seinen Rechten somit nicht verletzen kann. Die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses erfolgte nämlich mit Bescheid vom 07. Juli 2000 unter der ausdrücklichen Bedingung, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung mit SAM-Ost für Wirtschaftsunternehmen nicht verringert. Nach dieser gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X zulässigen auflösenden Bedingung endete die im Verfügungssatz bestimmte Rechtsfolge (Bewilligung des Lohnkostenzuschusses) mit dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung verringert hat, nämlich zum 01. September 2000. Über diesen Zeitpunkt hinaus konnte der bestandskräftige Bewilligungsbescheid vom 07. Juli 2000 hinsichtlich der Gewährung des Lohnkostenzuschusses keine Regelungswirkung mehr entfalten und verlor seine Wirksamkeit durch Erledigung auf andere Weise im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X. Einer gesonderten Aufhebungsentscheidung der Beklagten im Schlussbescheid vom 20. Juli 2001 für die Zeit ab 01. September 2000 hat es somit gar nicht bedurft.
Wäre hingegen auch nach Eintritt der auflösenden Bedingung eine Entziehungs- bzw. Aufhebungsentscheidung der Beklagten gemäß § 48 SGB X zu fordern, wären die Klagen zwar zulässig, aber nicht begründet; denn die Beklagte wäre in diesem Fall gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V. mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III berechtigt und ohne die Ausübung von Ermessen auch verpflichtet gewesen, die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, mithin für die Zeit ab 01. September 2000, aufzuheben. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers G. (Ablauf des 31. August 2000) waren die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Förderung gemäß § 415 Abs. 3 SGB III a. F. nicht mehr erfüllt. Denn der Kläger hatte die Zahl der in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Dauer der Zuweisung verringert. Gemäß § 415 Abs. 3 Satz 1 SGB III a. F. sind im Beitrittsgebiet und Berlin (West) als SAM auch zusätzliche Beschäftigungen arbeitsloser Arbeitnehmer, die die dort genannten Voraussetzungen erfüllen, in Wirtschaftsunternehmen im gewerblichen Bereich förderungsfähig. Der Arbeitgeber kann den Zuschuss nur erhalten, wenn er u. a. in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor der Förderung die Zahl der in dem Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer nicht verringert hat und während der Dauer der Zuweisung nicht verringert (§ 415 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III a. F.). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, verringert der Arbeitgeber die Zahl der im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer auch dadurch, dass er ohne sein Zutun, beispielsweise – wie hier – durch Arbeitnehmerkündigung, frei werdende Arbeitsplätze nicht erneut besetzt (vgl. BSG, Urteil vom 07. Februar 2002 – B 7 AL 14/01 R= SozR 3-4300 § 415 Nr. 1; BSG, Urteil vom 06. März 2003 – B 11 AL 49/02 R – nicht veröffentlicht –). Es ist somit unerheblich, ob der Arbeitnehmer G. von sich aus aus dem klägerischen Betrieb ausgeschieden ist oder ob der Kläger durch eigenes Verhalten die Zahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer verringert hat. Unstreitig hat der Kläger den weggefallenen Arbeitsplatz des G. bis zum Ende der Förderung auch nicht neu besetzt. Maßgebend ist auch hier nur die objektive Sachlage unabhängig davon, ob der Kläger diese nicht erfolgte Neubesetzung zu vertreten hatte oder nicht (vgl. BSG a.a.O.). Bestand demnach für die Zeit ab 01. September 2000 schon deswegen kein Anspruch des Klägers auf Förderung gemäß § 415 Abs. 3 SGB III, weil die Arbeitnehmerzahl verringert wurde, kann dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger nach dem Ausscheiden des G. tatsächlich unzureichend beraten hatte.
Dem Kläger ist auch zumindest grobfahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der Lohnkostenzuschuss-Bewilligung für die Zeit ab 01. September 2000 anzulasten. Denn es musste sich ihm aufgrund der ausdrücklichen und für jedermann verständlichen Hinweise im Bewilligungsbescheid, der gerade unter der Bedingung ergangen war, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung nicht verringert, geradezu aufdrängen, dass eine weitere Förderung nach dem Ausscheiden des G. nicht mit dem geltenden Recht in Einklang steht. Hierfür spricht nicht zuletzt auch das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 02. Oktober 2000, in dem er die Kündigung des Arbeitnehmers G. mitgeteilt und selbst die Frage aufgeworfen hatte, ob sich diesbezüglich im Hinblick auf die Förderung "Probleme" ergeben könnten. Dass die Beklagte hierauf nicht umgehend geantwortet hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn der Kläger durfte auf den Fortbestand der Bewilligung schlechterdings nicht vertrauen.
Soweit sich der Kläger gegen die Erstattungsforderung der Beklagten wendet, sind die Klagen zulässig, aber nicht begründet. Die Erstattungspflicht folgt aus § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X i. V. mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Mangels Vorliegen eines atypischen Falles durfte die Beklagte auch im Zusammenhang mit der Rückforderung kein Ermessen ausüben. Wäre hingegen davon auszugehen, dass die Beklagte auch nach Eintritt der auflösenden Bedingung eine gesonderte Entziehungs- bzw. Aufhebungsentscheidung – wie geschehen – hätte treffen müssen, würde die Erstattungspflicht aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X folgen. Die Rückforderung knüpft im Rahmen dieser Vorschrift allein an den aufgehobenen Verwaltungsakt an, so dass es ebenfalls keiner Ermessensausübung bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung eines Lohnkostenzuschusses und dessen Erstattung.
Der Kläger betreibt eine Änderungsschneiderei in B. Er beschäftigte seit mindestens sechs Monaten vor dem 02. Mai 2000 den Arbeitnehmer G (im Folgenden: G.). Zum 02. Mai 2000 stellte er eine zweite Vollzeitarbeitskraft ein, die Arbeitnehmerin S (im Folgenden: S.). Mit Bescheid vom 07. Juli 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen Lohnkostenzuschuss für die Beschäftigung der S. gemäß § 415 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: alter Fassung – a. F. –; Strukturanpassungsmaßnahme (SAM) im Beitrittsgebiet und in Berlin-West) in Höhe von 1.355,00 DM monatlich für die Zeit vom 02. Mai 2000 bis zum 01. Mai 2001. Der Bewilligungsbescheid erging unter der Bedingung, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung nicht verringert; auf die Bescheidzusätze und Auflagen im Übrigen wird Bezug genommen. Die Beklagte zahlte an den Kläger für die Zeit vom 02. Mai 2000 bis zum 31. März 2001 Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 14.860,00 DM. Durch Kündigung vom 14. September 2000 kündigte der Arbeitnehmer G. sein Arbeitsverhältnis bei dem Kläger rückwirkend zum 31. August 2000.
Mit Schlussbescheid vom 20. Juli 2001 hob die Beklagte die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses gemäß § 48 SGB X mit Wirkung vom 01. September 2000 auf und forderte die Erstattung der für die Zeit vom 01. September 2000 bis zum 31. März 2001 gezahlten Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 9.485,17 DM (= 4.849,69 EUR). Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. August 2001). Die hiergegen erhobene Klage nahm der Kläger zurück (SG Berlin – S 62 AL 3672/01). Zugleich stellte er einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X.
Mit Bescheid vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2002 lehnte die Beklagte eine Rücknahme bzw. Änderung des Schlussbescheides vom 20. Juli 2001 ab. Bei Erteilung des Bescheides vom 20. Juli 2001 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2002 und Verurteilung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2001 gerichtete Klage mit Urteil vom 24. Februar 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 44 Abs. 1 SGB X würden nicht vorliegen. Denn die Beklagte habe bei Erlass des Bescheides vom 20. Juli 2001 das Recht zutreffend angewandt. Gemäß § 415 Abs. 3 Satz 1 SGB III seien als SAM zusätzliche Beschäftigungen arbeitsloser Arbeitnehmer förderungsfähig. Nach § 415 Abs. 3 Satz 2 SGB III könne der Arbeitgeber den Zuschuss nur erhalten, wenn er in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor der Förderung die Zahl der in dem Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer nicht verringert habe und während der Dauer der Zuweisung nicht verringere. Letzteres sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen. Denn er habe die Zahl der in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Dauer der Zuweisung dadurch verringert, dass er ohne sein Zutun frei werdende Arbeitsplätze nicht erneut besetzt habe. Damit habe keine "zusätzliche" Beschäftigung im Sinne des Gesetzes vorgelegen. Es komme nicht darauf an, von wem die Verringerung der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer zu vertreten sei. Damit stehe fest, dass der Lohnkostenzuschuss für die Zeit ab 01. September 2000 rechtswidrig gewährt worden sei. Der Kläger sei gemäß den §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 50 Abs. 1 SGB X zur Erstattung des überzahlten Betrages verpflichtet. Denn er habe gewusst, dass der Bewilligungsbescheid unter der Bedingung der sich nicht verringernden Beschäftigtenzahl ergangen sei.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Er sei seinen Mitteilungspflichten nachgekommen. Mit Schreiben vom 02. Oktober 2000 habe er die Beklagte über die Kündigung des G. informiert und um Zuweisung einer Ersatzarbeitskraft gebeten. Im Übrigen sei bei dem Arbeitnehmer G. von einem arbeitnehmerseitigen Ausscheiden auszugehen. Er – der Kläger – habe diesen Personalabbau nicht zu vertreten. Hinzu komme, dass die Beklagte die Förderung erst im Juli 2001 teilweise aufgehoben habe. Er habe aus diesem Grunde nach Treu und Glauben auf die Bewilligung vertrauen dürfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 20. Juli 2001 zurückzunehmen, soweit die Beklagte darin die Bewilligung eines Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 aufgehoben und die Erstattung der gezahlten Lohnkostenzuschüsse für die Zeit vom 01. September 2000 zum 31. März 2001 geltend gemacht hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Die Behelfsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers, mit der dieser bei verständiger Würdigung seines Begehrens (vgl. § 123 SGG) die erstinstanzlich erhobene und statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides der Beklagten vom 20. Juli 2001 weiter verfolgt, soweit die Beklagte darin die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 aufgehoben und die Erstattung der für die Zeit vom 01. September 2000 bis zum 31. März 2001 gezahlten Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 9.485,17 DM (= 4.849,69 EUR) geltend gemacht hat, ist nicht begründet. Diese Klagen sind, soweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung des Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 wendet und die Rücknahme dieser Entscheidung im Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X begehrt, bereits mangels Klagebefugnis unzulässig; im Übrigen sind die Klagen nicht begründet.
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Hierfür muss nach dem vom Kläger behaupteten Sachverhalt zumindest die Möglichkeit bestehen, dass er in einem subjektiv-öffentlichen Recht durch den Verwaltungsakt verletzt worden sein kann (vgl. hierzu BSG SozR3-8570 § 8 Nr. 2). Dies kann vorliegend für die begehrte Rücknahme der die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses für die Zeit ab 01. September 2000 aufhebenden Verwaltungsentscheidung der Beklagten in dem Schlussbescheid vom 20. Juli 2001 aber schon deshalb nicht der Fall sein, weil diese Aufhebungsentscheidung von vornherein ins Leere geht und den Kläger in seinen Rechten somit nicht verletzen kann. Die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses erfolgte nämlich mit Bescheid vom 07. Juli 2000 unter der ausdrücklichen Bedingung, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung mit SAM-Ost für Wirtschaftsunternehmen nicht verringert. Nach dieser gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X zulässigen auflösenden Bedingung endete die im Verfügungssatz bestimmte Rechtsfolge (Bewilligung des Lohnkostenzuschusses) mit dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung verringert hat, nämlich zum 01. September 2000. Über diesen Zeitpunkt hinaus konnte der bestandskräftige Bewilligungsbescheid vom 07. Juli 2000 hinsichtlich der Gewährung des Lohnkostenzuschusses keine Regelungswirkung mehr entfalten und verlor seine Wirksamkeit durch Erledigung auf andere Weise im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X. Einer gesonderten Aufhebungsentscheidung der Beklagten im Schlussbescheid vom 20. Juli 2001 für die Zeit ab 01. September 2000 hat es somit gar nicht bedurft.
Wäre hingegen auch nach Eintritt der auflösenden Bedingung eine Entziehungs- bzw. Aufhebungsentscheidung der Beklagten gemäß § 48 SGB X zu fordern, wären die Klagen zwar zulässig, aber nicht begründet; denn die Beklagte wäre in diesem Fall gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V. mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III berechtigt und ohne die Ausübung von Ermessen auch verpflichtet gewesen, die Bewilligung des Lohnkostenzuschusses mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, mithin für die Zeit ab 01. September 2000, aufzuheben. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers G. (Ablauf des 31. August 2000) waren die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Förderung gemäß § 415 Abs. 3 SGB III a. F. nicht mehr erfüllt. Denn der Kläger hatte die Zahl der in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Dauer der Zuweisung verringert. Gemäß § 415 Abs. 3 Satz 1 SGB III a. F. sind im Beitrittsgebiet und Berlin (West) als SAM auch zusätzliche Beschäftigungen arbeitsloser Arbeitnehmer, die die dort genannten Voraussetzungen erfüllen, in Wirtschaftsunternehmen im gewerblichen Bereich förderungsfähig. Der Arbeitgeber kann den Zuschuss nur erhalten, wenn er u. a. in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor der Förderung die Zahl der in dem Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer nicht verringert hat und während der Dauer der Zuweisung nicht verringert (§ 415 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III a. F.). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, verringert der Arbeitgeber die Zahl der im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer auch dadurch, dass er ohne sein Zutun, beispielsweise – wie hier – durch Arbeitnehmerkündigung, frei werdende Arbeitsplätze nicht erneut besetzt (vgl. BSG, Urteil vom 07. Februar 2002 – B 7 AL 14/01 R= SozR 3-4300 § 415 Nr. 1; BSG, Urteil vom 06. März 2003 – B 11 AL 49/02 R – nicht veröffentlicht –). Es ist somit unerheblich, ob der Arbeitnehmer G. von sich aus aus dem klägerischen Betrieb ausgeschieden ist oder ob der Kläger durch eigenes Verhalten die Zahl der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer verringert hat. Unstreitig hat der Kläger den weggefallenen Arbeitsplatz des G. bis zum Ende der Förderung auch nicht neu besetzt. Maßgebend ist auch hier nur die objektive Sachlage unabhängig davon, ob der Kläger diese nicht erfolgte Neubesetzung zu vertreten hatte oder nicht (vgl. BSG a.a.O.). Bestand demnach für die Zeit ab 01. September 2000 schon deswegen kein Anspruch des Klägers auf Förderung gemäß § 415 Abs. 3 SGB III, weil die Arbeitnehmerzahl verringert wurde, kann dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger nach dem Ausscheiden des G. tatsächlich unzureichend beraten hatte.
Dem Kläger ist auch zumindest grobfahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der Lohnkostenzuschuss-Bewilligung für die Zeit ab 01. September 2000 anzulasten. Denn es musste sich ihm aufgrund der ausdrücklichen und für jedermann verständlichen Hinweise im Bewilligungsbescheid, der gerade unter der Bedingung ergangen war, dass sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer während der Förderung nicht verringert, geradezu aufdrängen, dass eine weitere Förderung nach dem Ausscheiden des G. nicht mit dem geltenden Recht in Einklang steht. Hierfür spricht nicht zuletzt auch das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 02. Oktober 2000, in dem er die Kündigung des Arbeitnehmers G. mitgeteilt und selbst die Frage aufgeworfen hatte, ob sich diesbezüglich im Hinblick auf die Förderung "Probleme" ergeben könnten. Dass die Beklagte hierauf nicht umgehend geantwortet hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn der Kläger durfte auf den Fortbestand der Bewilligung schlechterdings nicht vertrauen.
Soweit sich der Kläger gegen die Erstattungsforderung der Beklagten wendet, sind die Klagen zulässig, aber nicht begründet. Die Erstattungspflicht folgt aus § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X i. V. mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Mangels Vorliegen eines atypischen Falles durfte die Beklagte auch im Zusammenhang mit der Rückforderung kein Ermessen ausüben. Wäre hingegen davon auszugehen, dass die Beklagte auch nach Eintritt der auflösenden Bedingung eine gesonderte Entziehungs- bzw. Aufhebungsentscheidung – wie geschehen – hätte treffen müssen, würde die Erstattungspflicht aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X folgen. Die Rückforderung knüpft im Rahmen dieser Vorschrift allein an den aufgehobenen Verwaltungsakt an, so dass es ebenfalls keiner Ermessensausübung bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved