L 22 RA 19/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 272/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 RA 19/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 05. Dezember 2002 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Hälfte des Beitrages für die Versicherung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2), jedoch höchstens die Hälfte des Beitrages, der zu zahlen wäre, wenn der Kläger nicht von der Versicherungspflicht befreit worden wäre, zu zahlen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Sozialgericht vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob letztlich der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses für seine Beiträge zur Beigeladenen zu 2 hat. Ausschlaggebend ist, ob der Kläger bei dem Beklagten in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht oder nicht. Geltend gemacht hat der Kläger diesen Anspruch in Höhe von 5.627,49 DM für die Zeit vom 01. Januar 1996 bis zum 31. März 2000.

Der 1957 geborene Kläger ist als Veterinärmediziner approbiert und in eigener Praxis als Tierarzt zugelassen. Daneben übt er die Tätigkeit eines Fleischbeschauers bei dem Beklagten aus. Grundlage hierfür war ein von den Beteiligten als Arbeitsvertrag bezeichneter Dienstvertrag vom 26. Oktober 1995, wonach der Kläger mit Wirkung vom 01. November 1995 befristet für die Dauer von 18 Monaten als Angestellter (amtlicher Tierarzt, Fleischkontrolleur) eingestellt wurde. Nach § 3 sollte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 09. März 1993 bestimmen und die Vergütung nach diesem Tarifvertrag nach Stückvergütung erfolgen. Mit Änderungsvertrag vom 09. April 1997 wurde die Befristung aufgehoben und in § 1 Satz 2 des Änderungsvertrages festgelegt: "das Arbeitsverhältnis besteht unbefristet".

Mit Schreiben vom 10. Juni 1997 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dieser habe keinen Anspruch auf Zuschüsse zu Sozialversicherungsbeiträgen.

Mit Schreiben von Dezember 1999 an den Beklagten vertrat der Kläger die Auffassung, diese sei grundsätzlich zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet.

Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 07. Januar 2000 ab, in dem er die Auffassung vertrat, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, und dies sehe auch die Beigeladene zu 2) so. Mit Schreiben vom 31. März 2000 begehrte der Kläger die Zahlung eines Zuschusses an die Beigeladene zu 2) rückwirkend vom 01. Januar 1996 an.

Mit Schreiben vom 31. März 2000 lehnte der Beklagte dies erneut ab und führte aus, das Bundesarbeitsgericht habe mit Urteil vom 17. Oktober 1995 (3 AZR 882/94) entschieden, dass hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, die nebenberuflich tätig sind, so z. B. selbständige Tierärzte in der Fleischuntersuchung keinen Anspruch auf Beitragszuschüsse zur Altersversorgung hätten.

Am 19. April 2000 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) Klage gegen den Beklagten erhoben und die Zahlung vom 5.627,49 DM begehrt. Mit Beschluss vom 17. Juni 2000 hat das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Frankfurt (Oder) verwiesen.

Der Kläger hat vorgetragen, § 172 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) verpflichte den Arbeitgeber zur Übernahme des Arbeitgeberanteils zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung. Er sei als Mitglied der Tierärzteversorgung N gemäß § 6 SGB VI von der Pflichtversicherung zur Rentenversicherung der Angestellten zugunsten der Tierärzteversorgung N befreit und habe daher einen Anspruch auf die begehrten Beitragszuschüsse. Auf die von der Beklagten angeführten unterschiedlichen Tarifregelungen in den alten und den neuen Bundesländern komme es nicht an, da es einer tariflichen Regelung seit Bestehen der Vorschrift des § 172 Abs. 2 SGB VI nicht mehr bedürfe.

Das Sozialgericht hat dem Vorbringen des Klägers den Antrag entnommen,

den Bescheid vom 10. Juni 1997 sowie den Bescheid vom 07. Januar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm von 01. Januar 1996 an einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Beitrags des Klägers an die berufsständische Versorgungseinrichtung Tierärzteversorgung N zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit löse keine Sozialversicherungspflicht aus, so dass sie auch nicht verpflichtet sei, den entsprechenden Zuschuss zu zahlen.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 05. Dezember 2002 die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei bei dem Beklagten als Arbeitnehmer abhängig beschäftigt, so dass er grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sei. Da er dort jedoch aufgrund der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Beigeladenen zu 2) von der Versicherungspflicht befreit sei, habe der Beklagte die Hälfte der Beiträge zu diesem Versorgungssystem zu zahlen. Die ablehnenden Schreiben der Beklagten seien als Bescheid und Widerspruchsbescheid anzusehen.

Gegen diesen, der Beklagten am 30. Dezember 2002 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich deren Berufung vom 22. Januar 2003.

Abzustellen sei nicht, wie es das Sozialgericht getan habe, auf den zwischen den Beteiligten unterzeichneten Vertrag, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse. Tatsächlich jedoch sei kein Arbeitsvertrag, sondern ein Dienstvertrag für eine selbständige Tätigkeit geschlossen worden.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 05. Dezember 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Beweisaufnahme des Senats für bestätigt.

Die Beigeladene zu 2) hat sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen (Schriftsatz vom 10. Februar 2004). Die Beigeladene zu 1) hat sich zur Sache nicht geäußert, sie sieht sich vom Ausgang des Rechtsstreits nicht berührt (Schriftsatz vom 14. Oktober 2003).

Der Senat hat im Erörterungstermin vom 12. November 2004 den Zeugen Dr. R N zur Tätigkeit des Klägers bei dem Beklagten vernommen. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf deren Niederschrift (Blatt 194 bis 197 der Gerichtsakten) verwiesen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch statthaft, denn obwohl das Sozialgericht – wie noch ausgeführt wird – tatsächlich nur einen "Zwischen-" Gerichtsbescheid erlassen hat, wirkt er als Zwischenurteil über den Grund, welches entsprechend § 304 ZPO selbstständig anfechtbar ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, § 125 Rdnr. 3 f, BSGE 74, S. 36).

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - über die Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da alle Beteiligten ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben.

Die Berufung ist im Wesentlichen nicht begründet, soweit der Senat entscheiden konnte. Allerdings war der Tenor völlig neu fassen, da zum einen die Schreiben, mit denen der Beklagte die Zahlung ablehnte, keine Verwaltungsakte sind und zum anderen das Sozialgericht das Begehren des Klägers nicht als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auslegen durfte (ne ultra petita). Der Kläger hat eine reine Leistungsklage erhoben und der Beklagte wird als privatrechtlicher Arbeitgeber/Auftraggeber (Kläger als Arbeitnehmer/Auftragnehmer) nicht hoheitlich tätig.

Von daher geht die Aufhebung von "Verwaltungsakten" durch das Sozialgericht ins Leere. Das Sozialgericht hatte im Rahmen einer Leistungsklage über einen Zahlungsanspruch des Klägers zu entscheiden. Es hat mit dem Gerichtsbescheid vom 5. Dezember 2002 insoweit jedoch nur einen "Zwischengerichtsbescheid" (Zwischenurteil) über den Anspruch dem Grunde nach erlassen. Wenn auch grundsätzlich im Rahmen einer "echten" Leistungsklage ein Grundurteil möglich ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage § 54 Rdnr. 41), sieht sich der Senat insoweit nicht veranlasst, auch zur Höhe des Anspruchs zu entscheiden. Der Kläger hat insoweit das Urteil des Sozialgerichts nicht angefochten, der Senat kann dementsprechend eine Prüfung nur im Rahmen der Berufung der Beklagten vornehmen. Da der Gerichtsbescheid im Bezug auf den Zahlungsanspruch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, das Sozialgericht also tatsächlich nur über eine entscheidungserhebliche Frage vorab entschieden hat (§ 130 Abs. 2 SGG), liegt ein als Zwischenurteil (§ 304 ZPO) wirkender ("Zwischen") Gerichtsbescheid (§105 Abs. 3 SGG) vor.

Der Rechtsstreit ist im Übrigen weiter beim Sozialgericht bis zur Durchführung des Nachverfahrens über die Höhe der Leistung anhängig (vgl. BSG SozR § 130 Nr. 7, BSGE 61,217, BSG SozR 1300 § 104 Nr. 8).

Bereits jetzt steht aber fest, dass der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf volle Zahlung seiner Beiträge, an die Beigeladene zu 2) hat, sondern lediglich auf die Hälfte des Betrages, den der Beklagte an die Beigeladene zu 1) zu zahlen hätte, wenn der Kläger nicht von der Versicherungspflicht befreit wäre.

Allerdings ist der Beklagte dem Grunde nach zahlungspflichtig.

Gemäß § 172 Abs. 2 SGB VI tragen die Arbeitgeber die Hälfte des Betrages zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, höchstens aber die Hälfte des Betrages, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten nicht von der Versicherungspflicht befreit wären, für Beschäftigte, die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit sind.

Nach § 6 Abs. 1 Ziffer 1 werden von der Versicherungspflicht befreit Angestellte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich Kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor, dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Eine derartige Befreiung allein jedoch reicht zum Eintritt der Beitragstragungspflicht der Beklagten nach § 172 SGB VI nicht aus, da nach § 6 Abs. 1 Ziffer 1 SGB VI Beschäftigte und Selbständige befreit werden können.

Weitere Voraussetzung für den Anspruch des Klägers ist neben der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Ziffer 1 SGB VI, dass der Beklagte Arbeitgeber des Klägers ist. § 172 SGB VI verwendet in der Überschrift den Begriff "Arbeitgeberanteil" und führt in Abs. 1 Satz 1 aus, die Arbeitgeber tragen die Hälfte des Beitrages. Entscheidungserheblich ist mithin, ob die Beklagte auch Arbeitgeber des Klägers ist. Dies ist zu bejahen:

Arbeitgeber ist, wer einen anderen, einen Arbeitnehmer in der Form nichtselbständiger Arbeit beschäftigt. Unstreitig ist, dass der Kläger bei der Beklagten aufgrund eines Dienstvertrages (§ 611 BGB) tätig ist. Zur Abgrenzung der Sonderform des Arbeitsvertrages vom allgemeinen Typ des Dienstleistungsvertrages haben die Arbeits- und die Sozialgerichtsbarkeit eine umfangreiche Judikatur entwickelt. Danach ist Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Zwar kann das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, wie dies insbesondere bei Diensten höherer Art der Fall ist, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt (vgl. BSG USK 2002-42). Nach diesen Grundsätzen ist der Beklagte Arbeitgeber des Klägers und dieser Arbeitnehmer.

Dafür spricht bereits, dass die Beklagte und der Kläger bei Abschluss des Dienstvertrages und bei der Aufhebung von dessen Befristung offenkundig davon ausgingen, dass ein Arbeitsverhältnis geschlossen werden sollte. Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass dann, wenn tatsächlich entgegen einem anders formulierten Vertrag kein Arbeitsverhältnis, sondern eine selbständige Tätigkeit vorliegt, auf die wirklichen Verhältnisse und nicht auf den Wortlaut des Vertrages abzustellen ist. Denn weder kann eine objektiv selbständige Tätigkeit durch einen Vertrag zur unselbständigen Tätigkeit gemacht werden, noch kann - vgl. Stichwort Scheinselbständige - eine objektive Tätigkeit als Arbeitnehmer durch eine anders lautende Vereinbarung zur selbständigen Tätigkeit gemacht werden (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8).

Die von den Beteiligten gewählte Form des Arbeitsvertrages entspricht den wirklichen Verhältnissen der Berufsausübung des Klägers für den Beklagten. Der Zeuge N ist als Amtstierarzt bei dem Beklagten im Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt tätig und übt dort eine Vorgesetztentätigkeit für den Kläger aus. Er hat in dieser Tätigkeit Kontakt zu den Tierärzten, die im Auftrag des Beklagten die amtliche Fleischbeschau durchführen. Der Zeuge hat dargelegt, dass es sich bei den Tierärzten, die für den Beklagten die amtliche Fleischbeschau durchführen, um niedergelassene Tierärzte mit eigener Praxis handele, die zusätzlich ein Anstellungsverhältnis mit dem Beklagten haben. Dies wisse er auch deshalb, weil er bis 2002 dem Personalrat des Beklagten angehört habe und an der Ausgestaltung dieser Verträge mitgewirkt habe. Früher hätten die entsprechenden Tierärzte privat abgerechnet, nunmehr bezögen sie Krankengeld, Sonderzuwendungen, hätten Jahresurlaub und erhielten eine Urlaubsvergütung. Die fleischbeschauenden Tierärzte seien nicht in den Betriebsalltag der durch ein Gleitsystem mit Überwachung der Arbeitszeiten gekennzeichnet sei, eingeordnet. Ihre Tätigkeit bestimme sich vielmehr aus dem Fleischhygienerecht und aus den sich daraus ergebenden Aufträgen. Wann sie diese Aufträge erledigten, müsse mit den Klienten abgesprochen werden. Der Beklagte habe den nebenberuflichen amtlichen Fleischbeschauern eine Vertretungsregelung vorgegeben, in der festgelegt sei, wer wen vertrete. In der Arbeitsplatzbeschreibung seines Vorgängers sei die Anleitung und Überwachung der fleischbeschauenden Tierärzte als Tätigkeitsbereich benannt gewesen. Der zeitliche Umfang der fleischbeschauenden Tierärzte sei saisonal verschieden und hänge vom Schlachtaufkommen ab. Es handele sich in der Schlachtsaison um mehrere Stunden in der Woche. So müssten die Tierärzte die Höfe anfahren und dort die Arbeit verrichten, auch wenn sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt ihren Dienst anzutreten hätten. Diese Tierärzte seien in eine vorgegebene fremdbestimmte Ordnung insoweit eingebunden, als sie einem bestimmten Bezirk zugewiesen seien und in diesem Bezirk die dort anfallenden Tätigkeiten nach Maßnahme der gesetzlichen Vorschriften zu verrichten hätten. Die Termine seien mit dem Klienten abzustimmen. Der Arbeitsumfang ergebe sich aus der anfallenden Tätigkeit. Früher sei der Bezirk im Arbeitsvertrag vereinbart worden, nunmehr sei Arbeitsgebiet das gesamte Territorium der Beklagten und die Zuteilung des jeweiligen Bezirkes gehöre zum Weisungsrecht des beklagten Landkreises als Arbeitgeber. Es handele sich bei der amtlichen Fleischbeschauung um eine hoheitliche Aufgabe, die der zuständigen Behörde vorbehalten sei. Die Tierärzte könnten Aufträge nicht ablehnen. Sie würden insoweit abhängig tätig. Sollte einer der Tierärzte sich weigern, einen Auftrag durchzuführen, würde er den Vertrag kündigen. Über die Zuweisung der Bezirke hinaus gebe es Weisungsmöglichkeiten durch den Beklagten bei Besprechungen, die sich aus dem Arbeitsgebiet ergäben. Dabei handele es sich nicht lediglich um allgemeine Dienstbesprechungen oder Fortbildungsveranstaltungen, sondern durchaus auch um Besprechungen einzelner Fälle. So erinnere er sich an einen Termin am 26. Mai 2004, einem Vororttermin mit dem Kläger und dem Inhaber eines Schlachthofes, bei dem die Termininitiative von ihm, dem Zeugen, wegen der Notwendigkeit sofortigen Handelns gegeben war. Er habe dem Kläger die Vorgaben für diesen Termin infolge verdächtiger Proben vorgegeben und die Ausführung der Tätigkeit habe dann dessen tierärztlicher Verantwortung oblegen, z. B. ob eine Beschlagnahme von Fleisch notwendig sei oder nicht. Nachdem der Kläger Terminschwierigkeiten angeführt habe, habe er ihn gebeten, seine Termine so zu ordnen, dass der von ihm angesetzte Termin stattfinden könne. Er erwarte, dass von ihm gesetzte Termine von den fleischbeschauenden Tierärzten wahrgenommen würden. Er wisse aus seiner Tätigkeit als Personalrat, dass dieser auch an der Einstellung des Klägers mitgewirkt hatte und dass für diesen Personenkreis ein Tarifvertrag, nämlich der Tarifvertrag für Tierärzte außerhalb öffentlicher Schlachthöfe bestünde. Tarifvertragsparteien seien die damalige ETV und der kommunale Arbeitgeberverband gewesen. Er wisse nicht, ob in anderen Landkreisen oder Bundesländern die fleischbeschauenden Tierärzte ebenfalls als Angestellte eingestellt würden, gehe jedoch davon aus, da sonst Tarifverträge sinnlos seien.

Diese vom Zeugen bekundeten Bedingungen entsprechen im Wesentlichen denjenigen, die typischerweise einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis für Tätigkeiten höherer Art, hier in Form einer hoheitlichen Tätigkeit nach gesetzlichen Maßgaben, durchgeführt werden. Der Kläger gibt die Ordnung des Betriebes nicht vor, sondern hat sich in die von der Beklagten und durch Gesetz vorgegebene Ordnung einzufügen. Er hat die Aufträge so wie sie anfallen durchzuführen, ihm wird von der Beklagten ein Bezirk zugewiesen, er hat im Einzelfall, wenn dies notwendig erscheint, Weisungen der Beklagten zu befolgen und er kann seine Arbeitszeit nicht im Wesentlichen frei gestalten. Er kann lediglich die einzelnen Termine mit den Klienten abstimmen, er muss jedoch innerhalb der gegebenen Zeit die Aufträge durchführen. Dieser Auffassung sind auch die Tarifvertragsparteien, die am 09. November 1994, zuletzt geändert durch den 6. Änderungstarifvertrag vom 14. September 2000 den Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe geschlossen haben. Ein solcher Tarifvertrag, der nunmehr seit 11 Jahren Anwendung findet, ist nach dem Tarifvertragsgesetz nur dann möglich, wenn Arbeitsverhältnisse geregelt werden, selbständige Tätigkeiten sind durch Tarifvertrag nicht regelbar. Bei angestellten Tierärzten, die eine eigene Praxis betreiben, setzt § 9 des Tarifvertrages - der das Recht, eine sonstige berufliche Tätigkeit auszuüben gewährleistet - voraus, dass die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Nach alledem konnte die Berufung der Beklagten im Wesentlichen keinen Erfolg haben und war mit den genannten Maßgaben zurückzuweisen. Der Senat hat insoweit zwar in vollem Umfang – durch Endurteil (§ 304 Abs. 2 ZPO) – über den bei ihm anhängig gewesenen Teil des Verfahrens entschieden, dennoch wird das Sozialgericht auch über die Kosten dieses Berufungsverfahrens zu entscheiden haben, wenn das Nachverfahren abgeschlossen ist (Meyer-Ladewig a.a.O. § 193 Rdnr. 2 b.

Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe vor.
Rechtskraft
Aus
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