L 1 KR 46/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2866/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 46/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten einer homöopathischen Behandlung.

Sie ist bei der Beklagten versichert und leidet an kryptogener Epilepsie mit auftretendem Status epileptikus.

Seit Herbst 2004 lässt sich die Klägerin privatärztlich homöopathisch behandeln, ohne dass hierzu ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde. Sie beantragte bei der Beklagten im April 2006 sowie am 22. Juni 2006 die Kostenübernahme für eine homöopathische Anamnese und Beratungen unter Beifügung zweier privatärztlicher Rechnungen über Leistungen im Jahr 2004 in Höhe von insgesamt 203,71 Euro. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 2006 ab. Sie erbringe diese ärztlichen Leistungen als Sachleistung. Insbesondere sei auch die Bezahlung einer homöopathischen Anamnese in der vertragsärztlichen Vergütung enthalten. Eine Kostenerstattung müsse deshalb ausscheiden.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 11. Juli 2006. Für ihre Krankheit stehe eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Durch die Homöopathiebehandlung bestehe eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Sie benötige die Homöopathiebehandlung dringend, um ihren Gesundheitszustand zu stabilisieren.

Die behandelnde Ärztin teilte der Beklagten unter dem 1. September 2006 zu den (aktuellen) Behandlungskosten unter anderem wörtlich mit: "243,- Euro momentan + 60,- Euro/Quartal f. Folgean ... Verlangte nur für längere Termine etwas, rechnete den Rest über (schlecht bezahlte) Gebührenziffern des EBM ab". Im Auftrag der Beklagten erstattete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung, MDK-Niedersachen/MDK im Lande Bremen, durch Dr. med. H. K unter dem 28. September 2006 ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage. Nach den Unterlagen sei eine Kostenübernahme für eine homöopathische Therapie, insbesondere für die Erstanamnese, bei einer therapieresistenten Epilepsie, kombinierter Persönlichkeitsstörung und unter Psychopharmakagabe aufgetretener Psychose für eine homöopathische Therapie beantragt worden. Es liege jedoch keine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung vor. Ohne Anwendung der Homöopathie träte auch nicht in wenigen Wochen eine schwere, irreversible Schädigung ein. In der Ärzteschaft bestünden zum Nutzen der homöopathischen Therapie unterschiedliche Positionen. Im speziellen Fall sei nicht bekannt, welche Therapiemaßnahmen zuvor im Einzelnen durchgeführt worden seien. Aus schulmedizinischer Sicht sei dringend eine medikamentöse antilepileptische Therapie erforderlich. Der berichtete positive Effekt der Homöopathiebehandlung auf die Anfallshäufigkeit sei erstaunlich, ein kausaler Zusammenhang aber fraglich. Eine ambulante Gesprächstherapie hätte vermutlich einen ähnlich positiven Effekt gehabt.

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Juli 2006 mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2007 zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin (SG). Sie hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die bisherigen und die weiterführenden Kosten für die Homöopathie zu übernehmen. Sie fordere die Beklagte auf, die behaupteten Behandlungsalternativen bei der lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlichen Erkrankung, wie sie bei ihr vorliege, explizit anzugeben.

Mit Gerichtsbescheid vom 29. Dezember 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Hinsichtlich einer Kostenübernahme für die Zukunft sei bereits nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin in weitere homöopathische Behandlung begeben habe oder begeben möchte, da keine weiteren Verordnungen bzw. Anträge eingegangen seien. Darüber hinaus sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 22. März 2005 - B 1a 1/03 R -) die Erhebung von homöopathischen Erst- und Folgeanamnesen regelmäßig im Rahmen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten. Die Klägerin könne sich also im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung homöopathisch behandeln lassen, ohne auf eine privatärztliche Vereinbarung zurückgreifen zu müssen. Im Übrigen hätten bereits zahlreiche Krankenkassen im Rahmen der integrierten Versorgung nach §§ 140 ff. Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) Verträge mit Vertragsärzten geschlossen, die eine homöopathische Behandlung als Kassenleistung ermöglichten. Laut eigener Internetrecherche des Gerichts erfüllten sowohl die Beklagte als Vertragspartner der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin als auch die behandelnde Ärztin die Voraussetzungen, um in diesem Rahmen die Klägerin im Rahmen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln zu können. Deshalb stehe der Klägerin kein Anspruch auf Kostenübernahme einer privatärztlich abzurechnenden homöopathischen Behandlung zu. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Beklagte solle nicht nur die Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung berücksichtigen, sondern auch die Arztberichte würdigen und anerkennen, dass es sich vorliegend um eine akut lebensbedrohliche, regelmäßig tödliche Erkrankung handele, wenn ein Status epileptikus auftrete. Bei ihr hätten alle gängigen Antiepileptika keine Wirkung gezeigt. Die Klägerin hat einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens gestellt und klargestellt, dass mit der Klage nie beabsichtigt gewesen sei, die Erstattung von Kosten für die Zeit vor erstmaliger Antragstellung geltend zu machen.

Sie beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. Dezember 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Homöopathiebehandlungen zu übernehmen, die Homöopathiebehandlung fortzusetzen und anzuerkennen, dass es sich bei vorliegender Krankheit um eine akut lebensbedrohliche, regelmäßig tödliche Erkrankung handele.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten lag vor.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Alle Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat im angegriffenen Gerichtsbescheid die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die zutreffende Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG zunächst verwiesen.

Das SG hat insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klage auf Übernahme der Kosten für die privatärztliche homöopathische Behandlung jedenfalls daran scheitert, dass die Beklagte solche Kosten nicht erstatten darf, weil sie diese ärztliche Leistungen als Sachleistungen erbringt. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Epilepsie der Klägerin aufgrund der Gefahren, welche mit einem Status epileptikus verbunden sind, als lebensbedrohliche und damit potentiell tödliche Krankheit anzusehen ist. Bereits deshalb kann sie dies nicht mit Wirkung gegen die Beklagte feststellen lassen.

Ebenfalls ist entscheidungsunerheblich, ob nur die Homöopathiebehandlung der Klägerin helfen kann. Sie kann sich nämlich durch Vertragsärzte ohne eigene Kosten homöopathisch behandeln lassen, allerdings nicht von einer Ärztin, die meint, die ihr dafür nach den vertragsärztlichen Regelungen zustehende Vergütung sei zu gering. Hierzu hat das SG bereits auf die Möglichkeit einer integrierten Versorgung nach §§ 140 ff. SGB V hingewiesen, welche Vertragsärzten unter anderem für die homöopathische Behandlung eine höhere Vergütung als nach dem EBM-Ä ermöglicht.

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Klage auch abgesehen von den beiden Begründungsansätzen des SG erfolglos bleiben müsste:

Die Klägerin strebt in der Sache nur noch an, dass die Beklagte verpflichtet wird, ihr die Kosten der auf privatärztlicher Basis erfolgenden homöopathischen Behandlung durch ihre Ärztin für die Zeit ab dem erstmaligen Kostenerstattungsantrag bei der Beklagten zu erstatten.

Soweit sie die Leistungen freiwillig auf privatärztlicher Basis in Anspruch genommen hat, scheidet ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte als gesetzliche Krankenkasse per se aus. Nach § 13 Abs. 1 SGB V ist den gesetzlichen Krankenkassen eine Erstattung außer den in diesem Gesetz sowie im Sozialgesetzbuch 9. Buch vorgesehenen Fällen verboten. Soweit die Klägerin die privatärztlichen Leistungen in der Annahme in Anspruch genommen haben sollte, eigentlich sei die Beklagte verpflichtet, diese als Sachleistung zu gewähren, könnte theoretisch § 13 Abs. 3 SGB V als einzig denkbarer Anspruchsgrundlage für eine Kostenübernahmeverpflichtung in Betracht kommen. Nach dieser Vorschrift sind dem Versicherten Kosten einer selbst beschafften Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Hier scheidet jedoch auch § 13 Abs. 3 SGB V aus, ohne dass entschieden werden muss, ob die Beklagte die Leistung zu Unrecht verweigert bzw. verweigert hat und/oder ein Notfall vorgelegen hat oder noch vorliegt. Selbst wenn die (privatärztlich abgerechnete) Homöopathiebehandlung aufgrund des mit ihr verbundenen ärztlichen Zeitaufwandes eine andere Qualität als die kassenärztliche "Billigvariante" haben sollte, welche durch die vertragsärztlichen Vergütungsbestimmungen als Kassenleistung aus Sicht der Behandler alleine möglich sein soll, führte dies nicht zum Klageerfolg:

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - und Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 9/05 R -) sind Vereinbarungen, die vom Prinzip der kostenfreien Dienst- und Sachleistungen außerhalb des Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 2 oder 4 SGB V abweichen, regelmäßig gemäß § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nichtig. Es widerspricht nämlich auch nach Auffassung des hier entscheidenden Senats in ständiger Rechtsprechung dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Ausgestaltung des Naturalleistungprinzips, das dahin geht, den Versicherten kostenfreie Leistungen zu verschaffen, wenn diese hiervon abweichende Honorarvereinbarungen treffen könnten. Nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat aus eigener Überzeugung zustimmt, ist an Ausnahmen hiervon - also wirksamen privatrechtlichen Honorarvereinbarungen - allenfalls zu denken, wenn ein Versicherter vollständig über die Risiken aufgeklärt wurde und - soweit es um die Behandlung durch einen nicht zugelassenen Therapeuten geht - in dem Bewusstsein den Vertrag eingeht, dass er hier eine entsprechende Leistung gleicher Qualität auch ohne eigene Kosten bei einem zugelassenen behandelnden Vertragsarzt in Anspruch nehmen könnte (BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - Rdnr. 27; vgl. in diesem Sinne bereits Urteil des Senats vom 9. Januar 2009 - L 1 KR 475/07 -). An Stelle von Honoraransprüchen kommen in solchen Situationen auch keine gesetzlichen Ansprüche - insbesondere auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) - gegen den Versicherten in Betracht ( vgl. näher BSGE 89, 39, 43 f = SozR 3-2500 § 13 Nr. 25 S 120 m.w.N). Auch das würde die gesetzliche Regelung des Naturalleistungsprinzips unterlaufen (BSG, Urteil vom 18. Juli 2006, a.a.O. juris Rdnr. 13). Dementsprechend können nach § 2 Abs. 11 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV) Leistungen, für die eine Leistungspflicht der Ersatzkassen nicht besteht, nur im Rahmen einer Privatbehandlung erbracht werden, über die mit dem Versicherten vor Beginn der Behandlung ein schriftlicher Behandlungsvertrag abgeschlossen werden muss. Auch darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde, § 2 Abs. 8 Nr. 3 EKV.

Wird hier rein hypothetisch unterstellt, der Arztvertrag sei nicht per se nach § 32 SGB I unwirksam, weil die Behandlung als Sachleistung von der Beklagten zu übernehmen sei, müsste dennoch, um ein Umgehen des Kostenfreiheitsprinzips bzw. ein einseitiges Abwälzen des Risikos, keine vertragsärztliche Leistung zu erbringen, zu vermeiden, zwingend eine auf die Situation entsprechend zugeschnittene schriftliche Regelung erfolgt sein. Die Klägerin als Versicherte müsste aufgeklärt worden sein. Nach ihren Angaben der Klägerin soll hier jedoch überhaupt kein Arztvertrag zustande gekommen sein. Schriftlich ist jedenfalls nichts niedergelegt worden. Soweit von einem formlosen Vertragsabschluss auszugehen ist, der jedenfalls mit der Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen zu Stande gekommen sein dürfte, läge deshalb ein Verstoß gegen § 32 SGB I vor.

Die Erstattung von Kosten nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V setzt sowohl begrifflich als auch nach Wortlaut und Zweck der Norm voraus, dass dem Versicherten Kosten entstanden sind. Da der Anspruch nicht von einer tatsächlich geleisteten Zahlung abhängen kann, reicht es zwar aus, dass der Versicherte einer Honorarforderung des Leistungserbringers ausgesetzt ist. Insoweit umfasst § 13 Abs. 3 SGB V auch einen Freistellungsanspruch (vgl. Urteil des BSG vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R - = SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 14 Seite 61 m.w.N.). Kann ein Arzt allerdings kein Honorar fordern, weil ein Vertrag nicht wirksam zustandegekommen ist, bedarf es auch keines Freistellungsanspruches. Hat der Patient - hier die Klägerin - dennoch die Rechnungen bezahlt, ist dies ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt. Ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Krankenkasse besteht nicht

Selbst wenn der formlos abgeschlossene Privatarztvertrag nicht unwirksam wäre, könnte die Klägerin den Honorarforderungen ihrer Ärztin zudem jedenfalls als dauerhafte Einrede deren Verstoß gegen den EKV-Ä entgegenhalten: Bei den zitierten Vertragsklauseln des EVK handelt es sich um einen im Interesse und zugunsten der Versicherten geschlossenen Vertrag entsprechend § 328 Abs. 1 BGB (so bereits LSG Brandenburg, Urteil vom 3. November 2004 - L 4 KR 45/03 - zur früheren entsprechenden Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte - BMV-Ä). Danach kann durch Vertrag eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung vereinbart werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Aus der Regelung resultiert zwar kein Recht, eine bestimmte Leistung zu fordern. Sie gibt jedoch den Versicherten unmittelbar das Recht zur Leistungsverweigerung. Der BMV-Ä entfaltet zwar grundsätzlich nur Rechtswirkungen zwischen den an diesem Vertrag Beteiligten. Gleichwohl beschränkt sich die Reichweite der Bestimmung nicht darauf, den Krankenkassen einen Anspruch gegenüber dem Vertragsarzt auf Unterlassung einer Vergütungsforderung, die den dort genannten Voraussetzungen nicht genügt, einzuräumen. Damit würde den Interessen der Versicherten nicht ausreichend Rechnung getragen. Diese Regelung dient ersichtlich ausschließlich ihrem Schutz, als damit verhindert werden soll, dass ein Vertragsarzt aus welchen Gründen auch immer Leistungen außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erbringt und ohne weiteres liquidieren kann. Nach der Zielsetzung des SGB V sind die von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung gestellten Leistungen grundsätzlich ausreichend (§ 12 Abs. 1 SGB V), um eine notwendige Behandlung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versicherten können daher in der Erwartung, die Leistungen kostenfrei zu erhalten, sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begeben. Die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung stellt deswegen eine Ausnahme dar. Die Krankenkassen mögen zwar auch ein Interesse daran haben, dass vertragsärztliche und privatärztliche Leistungen klar voneinander abgegrenzt werden, was durch eine besondere schriftliche Bestätigung bzw. schriftliche Zustimmung bei privatärztlicher Behandlung gewährleistet wird. Dieses Interesse ist jedoch für die Vorschrift nicht vordergründig. Eigene Interessen der Krankenkassen würden ohne diese Vorschrift nicht wesentlich tangiert. Daraus ergibt sich, dass diese Vorschrift allein mit Rücksicht auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Versicherten geschaffen wurde. Ihnen soll diese Regelung zugute kommen. Da dies am zweckmäßigsten durch die Einräumung eines eigenen Rechts auf Verweigerung der Vergütung zu erreichen ist, sind hier die zitierten Bestimmungen des EKV nach Sinn und Zweck in dieser Weise auszulegen. Der Vertragsarzt wird dadurch nicht unangemessen benachteiligt, denn sein Recht zur privatärztlichen Behandlung wird dem Grunde nach nicht tangiert; ihm wird bei Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen lediglich die Einhaltung einer bestimmten Form zugemutet. Handelt der Vertragsarzt dieser Regelung zuwider, begründet dies, weil er sich damit außerhalb der Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung bewegt, auch aus seiner Stellung als Vertragsarzt keine Einstandspflicht der Krankenkassen (so insgesamt weitgehend wörtlich LSG Brandenburg, a. a. O.).

Das Ruhen des Verfahrens nach § 202 SGG in Verbindung mit § 251 Zivilprozessordnung war nicht anzuordnen, weil dies mangels Grund hierfür nicht zweckmäßig gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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