Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 105 R 5819/05 Berlin
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 R 33/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente nach dem 1929 geborenen und am 30. März 2003 verstorbenen Versicherten M B (im Folgenden: B.); streitig ist, ob es sich um eine so genannte Versorgungsehe gehandelt hat.
B. war 1963 aus dem früheren J nach Deutschland gekommen, wo er als Kfz Mechaniker tätig war. Nachdem der Arzt für Orthopädie Dr. H mit Gutachten vom 28. Februar 1984 festgestellt hatte, dass B. nur noch kurzzeitig sitzende Tätigkeiten im Umfang von weniger als zwei Stunden täglich möglich seien, Arbeitsunfähigkeit bestehe seit November 1980, bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 16. August 1984 unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles vom 27. November 1980 zunächst eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, die später als unbefristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weitergezahlt wurde (Bescheide vom 19. Juni 1986 und 09. Februar 1988). Mit Bescheid vom 04. August 1997 wurde B., der zwischenzeitlich nach K zurückgekehrt war, eine Altersrente bewilligt.
Der Gesundheitszustand des B. entwickelte sich wie folgt: In der Zeit vom 13. bis 29. März 1986 wurde B. wegen eines Zustandes nach Tiefvenenthrombose im linken Bein 1953, nach schwerer Thrombophlebitis 1984 und postthrombotischem Syndrom links bei Zustand nach Beckenvenenthrombose bei Verdacht auf erneute Thrombose stationär in den Städtischen Kliniken D behandelt. Im Entlassungsbericht vom 07. April 1986 ist als Diagnose daneben ferner ein Zustand nach multiplen Operationen am Bewegungsapparat sowie ein Verdacht auf Leberparenchymschaden bei Alkoholabusus genannt. Weiter ist ausgeführt, dass anamnestisch ein erheblicher Alkoholkonsum in Form von Bier, Schnäpsen und Wein bestehe. Die laborchemisch festgestellten auffälligen Werte und Veränderungen seien dem Versicherten bekannt. Der Versicherte sei noch einmal auf die Bedeutung des Alkoholkonsums für das Fortschreiten des Leberschadens hingewiesen worden. Ein Bericht über einen Ultraschall des Abdomens der Dr. S V vom 10. November 1995 enthielt die Diagnose "Hepatomegalie - diffuse Änderung des Leberparenchyms". In handschriftlichen Befunden der Ärztin Dr. D J vom 03. April 2002 und vom 13. September 2004 ist ausgeführt, dass am 14. August 1998 die Diagnosen "Laesio hepaits und Erosiones ventrikuli" in die Patientenkartei eingetragen worden seien und dass B. am 03. April 2002 über seit anderthalb Monaten bestehendes häufiges Erbrechen, schneller Ermüdung, Atmungsstörungen und Schmerzen zwischen den Schulterblättern geklagt habe. Am 19. März 2003 wurde B. in predelirantem Zustand bei Leberzirrhose in das Allgemeine Komitatkrankenhauses N Abteilung für Innere Krankheiten aufgenommen, wo er zunächst bis 28. März 2003 und sodann nach Eintreten einer Bewusstseinsstörung erneut ab dem 29. März 2003 behandelt wurde, und zwar ausweislich eines Entlassungsscheins 31. März 2003 wegen der Diagnosen einer reaktivierten chronischen Bronchitis, eines febrilen Zustandes, einer Lungenentzündung, einer durch Alkohol verursachten Leberbeschädigung sowie einer akuten Entzündung des Dünn- und Dickdarms. Hier verstarb er am 30. März 2003. In der Todesmeldung des allgemeinen Komitatkrankenhauses N ist als Todesursache angegeben: "Laesio aeth. hepatis".
Am 03. April 2003 beantragte die Klägerin, die den B. am 20. April 2002 geheiratet hatte, die Gewährung einer Hinterbliebenenrente. Auf Aufforderung der Beklagten, Gründe mitzuteilen, die gegen das Vorliegen einer so genannten Versorgungsehe im Sinne des § 46 Abs. 2 a Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sprächen, teilte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 04. Februar 2004 mit, seit dem 18. November 2000 mit B. in einem gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben, und zwar zunächst in einer unehelichen Gemeinschaft und sodann ab dem 20. April 2002 in einer Ehegemeinschaft. B. habe ihr testamentarisch seine gesamten Mobilien und Immobilien hinterlassen. Dies beweise, dass eine Gemeinschaft existiert habe, deren Grundlage das gegenseitige Vertrauen gewesen sei und die alle Eigenschaften einer Ehegemeinschaft gehabt habe. Sie habe auf ehrlichen Gefühlen beruht und sei keinesfalls wegen eines materiellen oder ähnlichen Nutzens gegründet worden. Ferner habe sie keine Kenntnisse darüber gehabt, dass B. an irgendeiner tödlichen oder schweren Krankheit gelitten habe, die auf den unausweichlichen Tod hingewiesen hätte. Keine der im Entlassungsbericht des Allgemeinen Komitatkrankenhauses N vom 31. März 2003 genanntenDiagnosen und Krankheiten sei von einer Eigenschaft, die zum Tod führen würde.
Die Beklagte ermittelte in der Folgezeit durch Beiziehung der bereits genannten Unterlagen aus dem behandelnden k Krankenhaus. Dr. J teilte auf Befragen mit weiterem Schreiben vom 19. Januar 2005 mit, dass die Behandlung des B. bei ihr am 10. April 2002 begonnen habe. Maligne oder andere lebensbedrohliche Erkrankungen seien aus seinem Patientenkarton nicht festzustellen gewesen, er sei an chronisch-obstruktiver Bronchitis und einer Leberschädigung (wahrscheinlich durch übermäßigen Alkoholkonsum) erkrankt gewesen und hätte Muskel- und Gelenkschmerzen infolge von degenerativen Veränderungen gehabt. Am 11. März 2003 sei sein Zustand stabil und unverändert gewesen.
In Auswertung der Unterlagen kam die Beratende Ärztin der Beklagten H mit Stellungnahme vom 4. Mai 2005 zu dem Ergebnis, dass die behandelnde Ärztin nunmehr eingeräumt habe, den Versicherten zehn Tage vor seiner Hochzeit erstmalig gesehen zu haben und hierbei ebenso wenig wie bei der letzten Konsultation drei Wochen vor seinem Tod eine lebensbedrohliche Erkrankung festgestellt zu haben. Angesichts der Tatsache, dass bereits seit mindestens 1995 eine Leberzirrhose bestanden habe, seit 2001 massiv erhöhte Leberwerte bei fortgeschrittenem Alkoholmissbrauch vorgelegen hätten und der Patient am 19. März 2003 im Prädelirium gewesen sei, könne die Aussage der Ärztin nur dahin interpretiert werden, dass sie den Versicherten weder untersucht noch sich mit seiner bisherigen Krankengeschichte auseinandergesetzt habe, denn eine fortgeschrittene, dekompensierte Leberzirrhose, fortgesetzter Alkoholmissbrauch und die bereits 1998 diagnostizierte "Erosiones ventrikuli" belegten hinreichend, dass der Versicherte schwer erkrankt gewesen sei und im Vergleich zu einem gesunden Alterskollektiv eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt habe. Fakt sei, dass der Versicherte an den Folgen der Leberzirrhose verstorben sei, die einschließlich ihrer Folgen bereits bei Eheschließung bekannt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 07. Juli 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente daraufhin ab, da die Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Versicherten im Zeitpunkt seines Todes am 30. März 2003 weniger als ein Jahr gedauert habe. Das Gesetz unterstelle für diese Fälle das Vorliegen einer Versorgungsehe. Die von der Klägerin dargelegten Gründe seien nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Nach Auswertung der zur Verfügung gestellten ärztlichen Unterlagen sei zum Zeitpunkt der Heirat absehbar gewesen, dass die vorhandene Krankheit zum Tode führen würde.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie ausführte, zum Zeitpunkt der Eheschließung nichts über eine tödliche oder schwere Erkrankung des Versicherten gewusst zu haben. Die im letzten Krankenhausentlassungsbericht genannten Diagnosen seien nicht von solchem Charakter, dass sie zum Tode führen würden. Schließlich sei der Leberschaden bereits 1995 diagnostiziert worden. Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme ihres Beratenden Arztes G ein, der am 30. September 2005 ausführte, dass nach den vorliegenden Unterlagen zum Zeitpunkt der Eheschließung in jedem Fall von einer deutlich abgesunkenen Lebenserwartung ausgegangen werden musste, insbesondere auch in Kenntnis eines bereits schon längeren Krankheitsverlaufes. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2005 zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage trug die Klägerin erneut vor, dass die eheliche Gemeinschaft mit B. vorwiegend und ausschließlich auf Liebe, Respekt und aufrichtigen Gefühlen basiert habe. Wenn sie ökonomische oder materielle Interessen gehabt hätte, hätte sie diese Frage sofort lösen können, etwa testamentarisch oder mit einem Vertrag über lebenslängliche Unterhaltszahlung bzw. auf ähnliche Weise.
Diese Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 04. Mai 2007 abgewiesen. Die gesetzliche Vermutung über das Bestehen einer Versorgungsehe sei vorliegend nicht widerlegt. Die Widerlegung der Vermutung erfordere nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils und damit einen zumindest der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reiche nicht aus. Eine Tatsache sei bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet seien, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifele. Die von der Klägerin geltend gemachten Umstände ließen andere Motive als die Begründung eines Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung zwar durchaus möglich erscheinen, stünden der Vermutung einer die Begründung eines zusätzlichen Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung bezweckenden Eheschließung jedoch nicht mit der erforderlichen Evidenz entgegen. Die im Klageverfahren nochmals bekräftigte Einlassung der Klägerin, dass es sich um eine Liebesheirat gehandelt habe, werde nicht infrage gestellt. Jedoch sei B. bereits seit längerer Zeit schwer krank gewesen, bei der Eheschließung sei den Eheleuten die schwere Erkrankung (insbesondere Leberzirrhose bei fortgesetztem Alkoholmissmissbrauch) und die daraus resultierende deutlich abgesunkene Lebenserwartung des Versicherten, der zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits 73 Jahre als gewesen sei, auch bekannt gewesen. Die fortgeschrittene dekompensierte Leberzirrhose, der fortgesetzte Alkoholmissbrauch und die bereits am 14. August 1998 diagnostizierte "Erosiones ventrikuli" belegten nach den überzeugenden und für das Gericht nachvollziehbaren Einschätzungen der Beratenden Ärzte H und G, dass der Versicherte schwer erkrankt gewesen sei und eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt habe.
Die schwere Alkoholerkrankung, die ausweislich des Entlassungsscheins vom 31. März 2003 zum Tod geführt habe, sei der Klägerin bei der Eheschließung auch bekannt gewesen, da diese selbst darauf hingewiesen habe, dass diese Krankheit bereits 1995 diagnostiziert worden sei. Auch seien kurz vor der Hochzeit bei B. verstärkt Beschwerden aufgetreten, so dass er sich Anfang April 2002 in ärztliche Behandlung begeben habe. Nach dem von Dr. J übersandten Befund vom 03. April 2002 habe B. seinerzeit seit zirka anderthalb Monaten unter häufigem Erbrechen, schneller Ermüdung, Atmungsstörungen sowie Schmerzen zwischen den Schulterblättern gelitten. Das verstärkte Auftreten der Beschwerden bei bekannter Vorerkrankung habe also in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Hochzeit gestanden. Nach alledem erschiene es hier lebensfern, dass sich die Eheleute über die grundsätzliche Lebensbedrohlichkeit des Zustandes des Versicherten nicht im Klaren gewesen seien. Bei der Klägerin habe auch ein Versorgungsbedarf bestanden, da diese nicht auf andere Weise finanziell abgesichert sei, nur eine geringe eigene Altersrente vom k Rentenversicherungsträger erhalte und auch als testamentarisch eingesetzte Alleinerbin des Versicherten neben dessen pflichtteilsberechtigten Kindern keine dauernde finanzielle Absicherung erhalten habe.
Gegen dieses ihr im Mai 2007 zugegangene Urteil richtet sich die am 19. Juni 2007 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin verweist erneut darauf, dass sie bereits vor der Eheschließung zirka drei Jahre mit dem verstorbenen Versicherten in einer außerehelichen Gemeinschaft zusammengelebt habe. B. habe an keinerlei tödlichen Erkrankungen gelitten.
Aus dem Vorbringen der Klägerin folgt ihr Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 07. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2005 aufzuheben und ihr ab 01. April 2003 große Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen M B zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 24. September 2007 und die Beklagte mit Schreiben vom 17. September 2007 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes B.
Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, u. a. dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 30. März 2003 verstorbenen M. B., der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des B. auch das 45. Lebensjahr vollendet.
Gemäß § 46 Abs. 2 a SGB VI, der mit Wirkung vom 01. Januar 2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl. I S. 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl. § 242 a Abs. 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Als besondere Umstände in diesem Sinne sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die (ggf. auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an. Hierbei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, dessen Annahme nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Eine abschließende Typisierung oder Pauschalisierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen "besonderen" Gründe im Rahmen des § 46 Abs. 2 a SGB VI ist angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalles. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Insgesamt gilt, dass bei einer abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein müssen, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war (so insgesamt Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 05. Mai 2009, Az.: B 13 R 55/08 R, zitiert nach juris.de).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend die durch das Gesetz unterstellte Versorgungsabsicht der Ehegatten bei der Heirat nicht widerlegt. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG) und die auch nach Konkretisierung der Rechtslage durch die genannte neue Rechtsprechung des BSG weiterhin Bestand haben. Die danach erforderliche Gesamtbetrachtung ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Ehegatten den Versorgungszweck weder überwogen haben noch zumindest gleichwertig waren.
B. hat zur Überzeugung des Gerichtes im Zeitpunkt der Eheschließung bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Dies folgt aus den Einschätzungen der von der Beklagten gehörten Ärzte H und Gdenen sich das Gericht anschließt. Diese kamen nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen und der bereits in den Akten der Beklagten befindlichen medizinischen Befunde nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass B. im Zeitpunkt der Eheschließung eine deutlich geringere Lebenserwartung hatte. B. hatte bereits seit vielen Jahren an ganz erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen gelitten. Ihm war bereits bei Annahme eines Versicherungsfalls im Jahre 1980, also deutlich über 20 Jahre vor der Eheschließung, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt worden wegen seines ausgesprochen schlechten Gesundheitszustandes, der bereits seinerzeit nur noch kurzzeitig sitzende Tätigkeiten im Umfang von weniger als 2 Stunden täglich zugelassen hatte. Die Ärztin H führte ferner aus, dass bereits seit mindestens 1995 eine Leberzirrhose nachgewiesen war, was sie dem Ultraschallbefund vom 10. November 1995 entnommen hat. Entgegen ihrer Annahme war der bedenkliche Leberbefund aber nicht erst seit 1995 bekannt, denn bereits im Entlassungsbericht der Städtischen Kliniken D vom 07. April 1986 war ausgeführt worden, dass dem B. der Leberparenchymschaden bei Alkoholabusus bekannt sei und dass er nochmals auf die Bedeutung des Alkoholkonsums für das Fortschreitens seines Leberschadens hingewiesen worden sei. Diesen langen Erkrankungsverlauf betonte denn auch der von der Beklagten gehörte Arzt G. Entgegen der Annahme der Klägerin handelt es sich hierbei auch sehr wohl um eine Erkrankung, die zum Tode führt. Mit einer Sterberate von 30 bis 40/100 000/Jahr ist sie sogar die fünfthäufigste Todesursache (Springer Lexikon Medizin, 2004, zur Leberzirrhose). Die Klägerin mag Recht haben, wenn sie ausführt, dass Erkrankungen, wie B. sie hatte, nicht sämtlich und automatisch zu einem raschen Tod führen. In ihrer Gesamtschau und in Anbetracht des bereits jedenfalls seit 1986 bestehenden schweren Leberschadens bei Alkoholmissbrauch sowie in weiterer Zusammenschau mit dem ohnehin fortgeschrittenen Alter des bereits 1929 geborenen B. bei zusätzlichem Auftreten der von der Ärztin Dr. J in deren Bericht vom 03. April 2002 genannten Symptome war allein die Annahme einer offenkundig stark eingeschränkten Lebenserwartung im Zeitpunkt der Heirat, wie die von der Beklagten gehörten Ärzten H und G ausführten, realistisch.
Diese Umstände waren B. und der Klägerin im Zeitpunkt der Heirat auch bekannt. Die Klägerin wies sogar darauf hin, dass der Leberschaden doch schon seit 1995 bekannt sei. B. hatte sich auch unmittelbar vor seiner Hochzeit wegen erheblicher Symptome in ärztliche Behandlung begeben. Der Befund der Dr. J vom 03. April 2002 berichtete über seit anderthalb Monaten bestehendes häufiges Erbrechen, schnelle Ermüdung, Atmungsstörungen und Schmerzen zwischen den Schulterblättern, also über Symptome, die in einer Lebensgemeinschaft unübersehbar und angesichts der bekannten Grunderkrankungen und des fortgeschrittenen Alters des B. auch äußerst besorgniserregend gewesen sein müssen. Im selben Monat schlossen die Klägerin und B. die Ehe.
Wie bereits ausgeführt, müssen die inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung war. Angesichts der festgestellten äußeren Umstände zum offenkundig bedrohlichen Gesundheitszustand des B. im Zeitpunkt der Eheschließung reichte der bloße Vortrag der Klägerin zu den inneren Beweggründen, einander aus persönlichen Gründen geheiratet zu haben, nicht aus, um die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Eheleute für die Eheschließung überzeugend darzulegen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird ihr hiermit nicht unterstellt, dass die von ihr für die Heirat angeführten Motive von Liebe, Achtung und aufrichtigen Gefühlen nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung ist angesichts der festgestellten äußeren Umstände jedoch davon auszugehen, dass diese Motive nicht ausschlaggebend für die Heiratsabsicht waren bzw. dass es sich hierbei im Verhältnis zur Versorgungsabsicht jedenfalls nicht um zumindest gleichwertige Beweggründe gehandelt hat.
Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch der Umstand, dass bereits seit Jahren eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit B. bestanden hatte, keineswegs für überwiegende persönliche Motive für die Heirat. Vielmehr legt der Ablauf, dass nicht bei Eingehung der Lebensgemeinschaft geheiratet wurde, sondern erst im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Auftreten schwerster gesundheitlicher Symptome, eher nahe, dass die Versorgungsmotivation jedenfalls in erheblichem Maße ausschlaggebend für die Eheschließung gewesen ist.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente nach dem 1929 geborenen und am 30. März 2003 verstorbenen Versicherten M B (im Folgenden: B.); streitig ist, ob es sich um eine so genannte Versorgungsehe gehandelt hat.
B. war 1963 aus dem früheren J nach Deutschland gekommen, wo er als Kfz Mechaniker tätig war. Nachdem der Arzt für Orthopädie Dr. H mit Gutachten vom 28. Februar 1984 festgestellt hatte, dass B. nur noch kurzzeitig sitzende Tätigkeiten im Umfang von weniger als zwei Stunden täglich möglich seien, Arbeitsunfähigkeit bestehe seit November 1980, bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 16. August 1984 unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles vom 27. November 1980 zunächst eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, die später als unbefristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weitergezahlt wurde (Bescheide vom 19. Juni 1986 und 09. Februar 1988). Mit Bescheid vom 04. August 1997 wurde B., der zwischenzeitlich nach K zurückgekehrt war, eine Altersrente bewilligt.
Der Gesundheitszustand des B. entwickelte sich wie folgt: In der Zeit vom 13. bis 29. März 1986 wurde B. wegen eines Zustandes nach Tiefvenenthrombose im linken Bein 1953, nach schwerer Thrombophlebitis 1984 und postthrombotischem Syndrom links bei Zustand nach Beckenvenenthrombose bei Verdacht auf erneute Thrombose stationär in den Städtischen Kliniken D behandelt. Im Entlassungsbericht vom 07. April 1986 ist als Diagnose daneben ferner ein Zustand nach multiplen Operationen am Bewegungsapparat sowie ein Verdacht auf Leberparenchymschaden bei Alkoholabusus genannt. Weiter ist ausgeführt, dass anamnestisch ein erheblicher Alkoholkonsum in Form von Bier, Schnäpsen und Wein bestehe. Die laborchemisch festgestellten auffälligen Werte und Veränderungen seien dem Versicherten bekannt. Der Versicherte sei noch einmal auf die Bedeutung des Alkoholkonsums für das Fortschreiten des Leberschadens hingewiesen worden. Ein Bericht über einen Ultraschall des Abdomens der Dr. S V vom 10. November 1995 enthielt die Diagnose "Hepatomegalie - diffuse Änderung des Leberparenchyms". In handschriftlichen Befunden der Ärztin Dr. D J vom 03. April 2002 und vom 13. September 2004 ist ausgeführt, dass am 14. August 1998 die Diagnosen "Laesio hepaits und Erosiones ventrikuli" in die Patientenkartei eingetragen worden seien und dass B. am 03. April 2002 über seit anderthalb Monaten bestehendes häufiges Erbrechen, schneller Ermüdung, Atmungsstörungen und Schmerzen zwischen den Schulterblättern geklagt habe. Am 19. März 2003 wurde B. in predelirantem Zustand bei Leberzirrhose in das Allgemeine Komitatkrankenhauses N Abteilung für Innere Krankheiten aufgenommen, wo er zunächst bis 28. März 2003 und sodann nach Eintreten einer Bewusstseinsstörung erneut ab dem 29. März 2003 behandelt wurde, und zwar ausweislich eines Entlassungsscheins 31. März 2003 wegen der Diagnosen einer reaktivierten chronischen Bronchitis, eines febrilen Zustandes, einer Lungenentzündung, einer durch Alkohol verursachten Leberbeschädigung sowie einer akuten Entzündung des Dünn- und Dickdarms. Hier verstarb er am 30. März 2003. In der Todesmeldung des allgemeinen Komitatkrankenhauses N ist als Todesursache angegeben: "Laesio aeth. hepatis".
Am 03. April 2003 beantragte die Klägerin, die den B. am 20. April 2002 geheiratet hatte, die Gewährung einer Hinterbliebenenrente. Auf Aufforderung der Beklagten, Gründe mitzuteilen, die gegen das Vorliegen einer so genannten Versorgungsehe im Sinne des § 46 Abs. 2 a Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sprächen, teilte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 04. Februar 2004 mit, seit dem 18. November 2000 mit B. in einem gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben, und zwar zunächst in einer unehelichen Gemeinschaft und sodann ab dem 20. April 2002 in einer Ehegemeinschaft. B. habe ihr testamentarisch seine gesamten Mobilien und Immobilien hinterlassen. Dies beweise, dass eine Gemeinschaft existiert habe, deren Grundlage das gegenseitige Vertrauen gewesen sei und die alle Eigenschaften einer Ehegemeinschaft gehabt habe. Sie habe auf ehrlichen Gefühlen beruht und sei keinesfalls wegen eines materiellen oder ähnlichen Nutzens gegründet worden. Ferner habe sie keine Kenntnisse darüber gehabt, dass B. an irgendeiner tödlichen oder schweren Krankheit gelitten habe, die auf den unausweichlichen Tod hingewiesen hätte. Keine der im Entlassungsbericht des Allgemeinen Komitatkrankenhauses N vom 31. März 2003 genanntenDiagnosen und Krankheiten sei von einer Eigenschaft, die zum Tod führen würde.
Die Beklagte ermittelte in der Folgezeit durch Beiziehung der bereits genannten Unterlagen aus dem behandelnden k Krankenhaus. Dr. J teilte auf Befragen mit weiterem Schreiben vom 19. Januar 2005 mit, dass die Behandlung des B. bei ihr am 10. April 2002 begonnen habe. Maligne oder andere lebensbedrohliche Erkrankungen seien aus seinem Patientenkarton nicht festzustellen gewesen, er sei an chronisch-obstruktiver Bronchitis und einer Leberschädigung (wahrscheinlich durch übermäßigen Alkoholkonsum) erkrankt gewesen und hätte Muskel- und Gelenkschmerzen infolge von degenerativen Veränderungen gehabt. Am 11. März 2003 sei sein Zustand stabil und unverändert gewesen.
In Auswertung der Unterlagen kam die Beratende Ärztin der Beklagten H mit Stellungnahme vom 4. Mai 2005 zu dem Ergebnis, dass die behandelnde Ärztin nunmehr eingeräumt habe, den Versicherten zehn Tage vor seiner Hochzeit erstmalig gesehen zu haben und hierbei ebenso wenig wie bei der letzten Konsultation drei Wochen vor seinem Tod eine lebensbedrohliche Erkrankung festgestellt zu haben. Angesichts der Tatsache, dass bereits seit mindestens 1995 eine Leberzirrhose bestanden habe, seit 2001 massiv erhöhte Leberwerte bei fortgeschrittenem Alkoholmissbrauch vorgelegen hätten und der Patient am 19. März 2003 im Prädelirium gewesen sei, könne die Aussage der Ärztin nur dahin interpretiert werden, dass sie den Versicherten weder untersucht noch sich mit seiner bisherigen Krankengeschichte auseinandergesetzt habe, denn eine fortgeschrittene, dekompensierte Leberzirrhose, fortgesetzter Alkoholmissbrauch und die bereits 1998 diagnostizierte "Erosiones ventrikuli" belegten hinreichend, dass der Versicherte schwer erkrankt gewesen sei und im Vergleich zu einem gesunden Alterskollektiv eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt habe. Fakt sei, dass der Versicherte an den Folgen der Leberzirrhose verstorben sei, die einschließlich ihrer Folgen bereits bei Eheschließung bekannt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 07. Juli 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente daraufhin ab, da die Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Versicherten im Zeitpunkt seines Todes am 30. März 2003 weniger als ein Jahr gedauert habe. Das Gesetz unterstelle für diese Fälle das Vorliegen einer Versorgungsehe. Die von der Klägerin dargelegten Gründe seien nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Nach Auswertung der zur Verfügung gestellten ärztlichen Unterlagen sei zum Zeitpunkt der Heirat absehbar gewesen, dass die vorhandene Krankheit zum Tode führen würde.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie ausführte, zum Zeitpunkt der Eheschließung nichts über eine tödliche oder schwere Erkrankung des Versicherten gewusst zu haben. Die im letzten Krankenhausentlassungsbericht genannten Diagnosen seien nicht von solchem Charakter, dass sie zum Tode führen würden. Schließlich sei der Leberschaden bereits 1995 diagnostiziert worden. Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme ihres Beratenden Arztes G ein, der am 30. September 2005 ausführte, dass nach den vorliegenden Unterlagen zum Zeitpunkt der Eheschließung in jedem Fall von einer deutlich abgesunkenen Lebenserwartung ausgegangen werden musste, insbesondere auch in Kenntnis eines bereits schon längeren Krankheitsverlaufes. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2005 zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage trug die Klägerin erneut vor, dass die eheliche Gemeinschaft mit B. vorwiegend und ausschließlich auf Liebe, Respekt und aufrichtigen Gefühlen basiert habe. Wenn sie ökonomische oder materielle Interessen gehabt hätte, hätte sie diese Frage sofort lösen können, etwa testamentarisch oder mit einem Vertrag über lebenslängliche Unterhaltszahlung bzw. auf ähnliche Weise.
Diese Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 04. Mai 2007 abgewiesen. Die gesetzliche Vermutung über das Bestehen einer Versorgungsehe sei vorliegend nicht widerlegt. Die Widerlegung der Vermutung erfordere nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils und damit einen zumindest der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reiche nicht aus. Eine Tatsache sei bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet seien, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifele. Die von der Klägerin geltend gemachten Umstände ließen andere Motive als die Begründung eines Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung zwar durchaus möglich erscheinen, stünden der Vermutung einer die Begründung eines zusätzlichen Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung bezweckenden Eheschließung jedoch nicht mit der erforderlichen Evidenz entgegen. Die im Klageverfahren nochmals bekräftigte Einlassung der Klägerin, dass es sich um eine Liebesheirat gehandelt habe, werde nicht infrage gestellt. Jedoch sei B. bereits seit längerer Zeit schwer krank gewesen, bei der Eheschließung sei den Eheleuten die schwere Erkrankung (insbesondere Leberzirrhose bei fortgesetztem Alkoholmissmissbrauch) und die daraus resultierende deutlich abgesunkene Lebenserwartung des Versicherten, der zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits 73 Jahre als gewesen sei, auch bekannt gewesen. Die fortgeschrittene dekompensierte Leberzirrhose, der fortgesetzte Alkoholmissbrauch und die bereits am 14. August 1998 diagnostizierte "Erosiones ventrikuli" belegten nach den überzeugenden und für das Gericht nachvollziehbaren Einschätzungen der Beratenden Ärzte H und G, dass der Versicherte schwer erkrankt gewesen sei und eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt habe.
Die schwere Alkoholerkrankung, die ausweislich des Entlassungsscheins vom 31. März 2003 zum Tod geführt habe, sei der Klägerin bei der Eheschließung auch bekannt gewesen, da diese selbst darauf hingewiesen habe, dass diese Krankheit bereits 1995 diagnostiziert worden sei. Auch seien kurz vor der Hochzeit bei B. verstärkt Beschwerden aufgetreten, so dass er sich Anfang April 2002 in ärztliche Behandlung begeben habe. Nach dem von Dr. J übersandten Befund vom 03. April 2002 habe B. seinerzeit seit zirka anderthalb Monaten unter häufigem Erbrechen, schneller Ermüdung, Atmungsstörungen sowie Schmerzen zwischen den Schulterblättern gelitten. Das verstärkte Auftreten der Beschwerden bei bekannter Vorerkrankung habe also in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Hochzeit gestanden. Nach alledem erschiene es hier lebensfern, dass sich die Eheleute über die grundsätzliche Lebensbedrohlichkeit des Zustandes des Versicherten nicht im Klaren gewesen seien. Bei der Klägerin habe auch ein Versorgungsbedarf bestanden, da diese nicht auf andere Weise finanziell abgesichert sei, nur eine geringe eigene Altersrente vom k Rentenversicherungsträger erhalte und auch als testamentarisch eingesetzte Alleinerbin des Versicherten neben dessen pflichtteilsberechtigten Kindern keine dauernde finanzielle Absicherung erhalten habe.
Gegen dieses ihr im Mai 2007 zugegangene Urteil richtet sich die am 19. Juni 2007 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin verweist erneut darauf, dass sie bereits vor der Eheschließung zirka drei Jahre mit dem verstorbenen Versicherten in einer außerehelichen Gemeinschaft zusammengelebt habe. B. habe an keinerlei tödlichen Erkrankungen gelitten.
Aus dem Vorbringen der Klägerin folgt ihr Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 07. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2005 aufzuheben und ihr ab 01. April 2003 große Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen M B zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 24. September 2007 und die Beklagte mit Schreiben vom 17. September 2007 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes B.
Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, u. a. dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 30. März 2003 verstorbenen M. B., der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des B. auch das 45. Lebensjahr vollendet.
Gemäß § 46 Abs. 2 a SGB VI, der mit Wirkung vom 01. Januar 2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl. I S. 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl. § 242 a Abs. 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Als besondere Umstände in diesem Sinne sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die (ggf. auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an. Hierbei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, dessen Annahme nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Eine abschließende Typisierung oder Pauschalisierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen "besonderen" Gründe im Rahmen des § 46 Abs. 2 a SGB VI ist angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalles. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Insgesamt gilt, dass bei einer abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein müssen, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war (so insgesamt Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 05. Mai 2009, Az.: B 13 R 55/08 R, zitiert nach juris.de).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend die durch das Gesetz unterstellte Versorgungsabsicht der Ehegatten bei der Heirat nicht widerlegt. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG) und die auch nach Konkretisierung der Rechtslage durch die genannte neue Rechtsprechung des BSG weiterhin Bestand haben. Die danach erforderliche Gesamtbetrachtung ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Ehegatten den Versorgungszweck weder überwogen haben noch zumindest gleichwertig waren.
B. hat zur Überzeugung des Gerichtes im Zeitpunkt der Eheschließung bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Dies folgt aus den Einschätzungen der von der Beklagten gehörten Ärzte H und Gdenen sich das Gericht anschließt. Diese kamen nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen und der bereits in den Akten der Beklagten befindlichen medizinischen Befunde nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass B. im Zeitpunkt der Eheschließung eine deutlich geringere Lebenserwartung hatte. B. hatte bereits seit vielen Jahren an ganz erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen gelitten. Ihm war bereits bei Annahme eines Versicherungsfalls im Jahre 1980, also deutlich über 20 Jahre vor der Eheschließung, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt worden wegen seines ausgesprochen schlechten Gesundheitszustandes, der bereits seinerzeit nur noch kurzzeitig sitzende Tätigkeiten im Umfang von weniger als 2 Stunden täglich zugelassen hatte. Die Ärztin H führte ferner aus, dass bereits seit mindestens 1995 eine Leberzirrhose nachgewiesen war, was sie dem Ultraschallbefund vom 10. November 1995 entnommen hat. Entgegen ihrer Annahme war der bedenkliche Leberbefund aber nicht erst seit 1995 bekannt, denn bereits im Entlassungsbericht der Städtischen Kliniken D vom 07. April 1986 war ausgeführt worden, dass dem B. der Leberparenchymschaden bei Alkoholabusus bekannt sei und dass er nochmals auf die Bedeutung des Alkoholkonsums für das Fortschreitens seines Leberschadens hingewiesen worden sei. Diesen langen Erkrankungsverlauf betonte denn auch der von der Beklagten gehörte Arzt G. Entgegen der Annahme der Klägerin handelt es sich hierbei auch sehr wohl um eine Erkrankung, die zum Tode führt. Mit einer Sterberate von 30 bis 40/100 000/Jahr ist sie sogar die fünfthäufigste Todesursache (Springer Lexikon Medizin, 2004, zur Leberzirrhose). Die Klägerin mag Recht haben, wenn sie ausführt, dass Erkrankungen, wie B. sie hatte, nicht sämtlich und automatisch zu einem raschen Tod führen. In ihrer Gesamtschau und in Anbetracht des bereits jedenfalls seit 1986 bestehenden schweren Leberschadens bei Alkoholmissbrauch sowie in weiterer Zusammenschau mit dem ohnehin fortgeschrittenen Alter des bereits 1929 geborenen B. bei zusätzlichem Auftreten der von der Ärztin Dr. J in deren Bericht vom 03. April 2002 genannten Symptome war allein die Annahme einer offenkundig stark eingeschränkten Lebenserwartung im Zeitpunkt der Heirat, wie die von der Beklagten gehörten Ärzten H und G ausführten, realistisch.
Diese Umstände waren B. und der Klägerin im Zeitpunkt der Heirat auch bekannt. Die Klägerin wies sogar darauf hin, dass der Leberschaden doch schon seit 1995 bekannt sei. B. hatte sich auch unmittelbar vor seiner Hochzeit wegen erheblicher Symptome in ärztliche Behandlung begeben. Der Befund der Dr. J vom 03. April 2002 berichtete über seit anderthalb Monaten bestehendes häufiges Erbrechen, schnelle Ermüdung, Atmungsstörungen und Schmerzen zwischen den Schulterblättern, also über Symptome, die in einer Lebensgemeinschaft unübersehbar und angesichts der bekannten Grunderkrankungen und des fortgeschrittenen Alters des B. auch äußerst besorgniserregend gewesen sein müssen. Im selben Monat schlossen die Klägerin und B. die Ehe.
Wie bereits ausgeführt, müssen die inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung war. Angesichts der festgestellten äußeren Umstände zum offenkundig bedrohlichen Gesundheitszustand des B. im Zeitpunkt der Eheschließung reichte der bloße Vortrag der Klägerin zu den inneren Beweggründen, einander aus persönlichen Gründen geheiratet zu haben, nicht aus, um die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Eheleute für die Eheschließung überzeugend darzulegen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird ihr hiermit nicht unterstellt, dass die von ihr für die Heirat angeführten Motive von Liebe, Achtung und aufrichtigen Gefühlen nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung ist angesichts der festgestellten äußeren Umstände jedoch davon auszugehen, dass diese Motive nicht ausschlaggebend für die Heiratsabsicht waren bzw. dass es sich hierbei im Verhältnis zur Versorgungsabsicht jedenfalls nicht um zumindest gleichwertige Beweggründe gehandelt hat.
Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch der Umstand, dass bereits seit Jahren eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit B. bestanden hatte, keineswegs für überwiegende persönliche Motive für die Heirat. Vielmehr legt der Ablauf, dass nicht bei Eingehung der Lebensgemeinschaft geheiratet wurde, sondern erst im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Auftreten schwerster gesundheitlicher Symptome, eher nahe, dass die Versorgungsmotivation jedenfalls in erheblichem Maße ausschlaggebend für die Eheschließung gewesen ist.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved