L 7 KA 108/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 38/04 KZA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 108/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2007 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen vorläufigen Honorareinbehalt für das Quartal IV/03.

Die Klägerin, eine ursprünglich aus einem Oralchirurgen (Dr. G) und einer Allgemeinzahnärztin (Dr. K) bestehende Gemeinschaftspraxis (seit 1. Januar 2007: Berufausübungsgemeinschaft), nimmt seit 2002 an der vertragszahnärztlichen Versorgung in B teil.

Der Honorarabrechnung für das Quartal IV/03 legte die Beklagte den im wesentlichen seit dem Jahre 2000 geltenden, zuletzt mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2003 geänderten Honorarverteilungsmaßstab (HVM) zugrunde. Dieser HVM sah für Abrechnungszeiträume mit begrenzter Gesamtvergütung vor, dass die aus den konservierend-chirurgischen Leistungen einschließlich Röntgenleistungen, systematischen Behandlungen von Parodontopathien und Kieferbruchbehandlungen bestehenden so genannten Sachleistungen nur bis zu einem individuellen Praxisgrenzwert (Punktmenge/Fall) mit den vollen – in den Vereinbarungen der Beklagten mit den Krankenkassenverbänden festgelegten – Punktwerten zu vergüten seien. Für die über den individuellen Praxisgrenzwert hinausgehenden Punkte regelte der HVM – vorbehaltlich eventueller im Rahmen der Jahresschlussabrechnung notwendig werdender Korrekturen – eine Kürzung/Ab–senkung des Punktwerts in verschiedenen – von der Höhe der jeweiligen Punktmengenüberschreitung abhängenden – Stufen (so genannter vorläufiger Honorareinbehalt). Für die Berechnung des individuellen Praxisgrenzwerts ordnete er an, dass zwischen der Fachgruppe der Zahnärzte, der Fachgruppe der Zahnärzte für Oralchirurgie und Ärzte für MKG-Chirurgie (OC-MKG) sowie der Fachgruppe der Kieferorthopäden unterschieden werden müsse, und bestimmte für die zweite und dritte Fachgruppe, dass deren sog. Basisgrenzwerte gegenüber denjenigen der ersten Fachgruppe um einen bestimmten Faktor zu erhöhen seien. Hierbei legte er fest, dass der zweiten Fachgruppe nur diejenigen Zahnärzte für Oralchirurgie und Ärzte für MKG-Chirurgie zugeordnet werden dürften, deren quartalsbezogener Umsatz zu 80 % oder mehr aus den so genannten Sachleistungen stammte. Die vom Vorstand der Beklagten festgestellten und mit "Rundschreiben Nr. 4 vom 22. März 2000" bekannt gegebenen Basisgrenzwerte betrugen in Punkten: Fachgruppe Ersatzkassen Primärkassen Zahnärzte 69 71 Zahnärzte für Oralchirurgie / Ärzte für MKG-Chirurgie 196 188 Auf der Grundlage dieser Regelungen setzte die Beklagte unter dem 23. März 2004 zunächst den sich für die Klägerin ergebenden vorläufigen Honorareinbehalt für das Quartal IV/03 auf 5.841,63 EUR fest. Hierbei ging sie u.a. davon aus, dass die Klägerin insgesamt 57.694 Punkte im HVM-Sachleistungsbereich gegenüber 16.519 Punkten im ZE-Bereich abgerechnet habe – dies entspreche einer Sachleistungsquote von 77,74 % – und daher in die Fachgruppe der Zahnärzte einzuordnen sei. Unter Berücksichtigung des vorläufigen Honorareinbehalts gewährte sie der Klägerin mit Honorarbescheid vom 24. März 2004 für das Quartal IV/03 ein Honorar von 79.921,10 EUR.

Mit ihrem Widerspruch brachte die Klägerin vor, sie sei zu Unrecht der Fachgruppe der Zahnärzte und nicht der Fachgruppe der Zahnärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG-Chirurgie) bzw. Oralchirurgie zugeordnet worden. Ursache hierfür sei einer fehlerhafte Ermittlung der Quote, weil die Beklagte zum einen 6 erst im Quartal I/04 abgerechnete "Altfälle" der Abrechnung für das Quartal IV/03 zugeschlagen habe, und zum anderen bei der auf den Bereich Zahnersatz (ZE) entfallenden Punktzahl nicht nur die Kassen-, sondern auch die Patientenanteile berücksichtigt habe.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2004 zurück und führte zur Begründung u.a. aus: die Regelungssystematik ihres HVM in der hier maßgeblichen Fassung beruhe auf der Zuordnung bestimmter kürzungsfreier Punktmengenkontingente je Behandler bzw. abrechnender Gemeinschaftspraxis. Die Zuordnung zur Zahnarztgruppe der MKG-/Oralchirurgen und die Anwendung der zugehörigen Fallwerte stelle auf den HVM-relevanten Tätigkeitsschwerpunkt der Praxen ab, nicht aber auf die liquidierten Umsätze bzw. die Abrechnungsverhältnisse in Euro-Beträgen. Maßgeblich sei vielmehr die Umsatzrelation zwischen zahnärztlichen Sachleistungen (KCH [konservierend-chirurgische Leistungen], Par [Paradontose-Behandlungen], KBR [Kieferbruch]) und Kostenerstattungsleistungen (ZE und Kfo [Kieferorthopädie]) nach abgerechneten Bema-Punkten. Im Hinblick auf eine mögliche Spezialisierung im MKG- bzw. oralchirurgischen Bereich komme es nicht darauf an, wer die erbrachten zahnärztlichen Leistungen letztlich bezahle, nämlich Krankenkassen oder Patienten. Voraussetzung für die Einstufung als oralchirurgische Praxis mit entsprechender Fallwertstabelle sei somit, dass neben der entsprechenden Weiterbildungsqualifikation tatsächlich auch mindestens 80 % der Bema-Punktmengen im Sachleistungsbereich pro Quartal abgerechnet worden seien. Bei den zugrunde gelegten Bema-Punktzahlen für ZE-Leistungen seien auch 2006 Bema-Punkte für 6 so genannte Altfälle zu berücksichtigen gewesen, die zwar erst im Januar 2004 abgerechnet, aber noch im Dezember 2003 eingegliedert worden seien. Dem entspreche das von der Klägerseite erwähnte KZV-Rundschreiben Nr. 11 vom 13. November 2003. Eine Befreiung von Voraussetzungen und Zuordnungskriterien für die Anwendung der Fallwerttabelle "Oralchirurgen" im Wege einer Härtefallentscheidung nach Ziffer 8.2 des allgemeinen Teils des HVM sei nicht in Betracht gekommen, da die klägerseits erwähnte Praxisanlaufphase keinen solchen Härtefall darstelle.

Die Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 31. Januar 2007 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf den o. g. Widerspruchsbescheid verwiesen.

Gegen dieses ihr am 7. Juni 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 2. Juli 2007, zu deren Begründung sie vorbringt: Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Verschiebung von 6 im Quartal I/04 zur Abrechnung gelangter Altfälle in das hier maßgebliche Quartal IV/03 bestätigt. Die Mitteilung der Beklagten im Rundschreiben vom 13. November 2003, wonach "alle bis 31. Dezember 2003 eingegliederten prothetischen Arbeiten, die Mitte Januar 2004 ZE-Abrechnungen bis zum 31. Januar 2004 eingereicht werden, wie in der Vergangenheit noch dem alten Jahr zugeordnet und demzufolge mit dem abgesenkten Punktwert verrechnet werden", sehe nicht als Folge einer verspätet eingereichten Abrechnung deren Rückdatierung in das Vorquartal vor. Der sich unter Berücksichtigung dieser Altfälle ergebende Sachleistungsanteil müsse auf 80 % aufgerundet werden, da die Beklagte im HVM auch anderweitig Rundungsvorschriften vorgesehen habe. Es überzeuge weiterhin nicht, dass bei der Bestimmung des Verhältnisses vom Nichtsachleistungs- zum Sachleistungsbereich auch die auf den Patientenanteil entfallenden Punkte berücksichtigt würden. Diese seien nicht Bestandteil der auf KZV-Ebene zu verteilenden Gesamtvergütung. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur im Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) selbst geregelten Degressionsberechnung sei nicht übertragbar. Die Berücksichtigungen der Patientenanteile stelle einen Systembruch dar. Treffe es zu, dass allein die Gedanken der Leistungsproportionalität oder der Honorarverteilungsgerechtigkeit einen solchen Systembruch rechtfertigten, müsse es ihr – der Klägerin – auch gestattet sein, die KCH-Fallzahlen der aus dem Brandenburgischen stammenden und im entsprechenden Quartal mit Überweisung behandelten Fremdkassenangehörigen in Bezug zu nehmen. Nach den Angaben des Justiziars der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht müssten ungerechtfertigte Abrechnungsvorteile verhindert werden, die ein Zahnarzt dadurch erziele, dass er verspätet einreiche, um als Folge entsprechend der von ihr – der Klägerin – angestellten Berechnung in die günstigere Fallwerttabelle für Oralchirurgen zu fallen. Dies sei jedoch abwegig, da sie vor Zugang des angefochtenen Bescheides nicht einmal überschlägig hätten wissen können, dass sie bei der Anwendung des Berechnungsmodus der Beklagten die Fallwertetabelle für Oralchirurgie knapp "verfehlen" würden. Im Übrigen seien durch Praxisversehen begründete verspätete Abrechnungen nichts Ungewöhnliches. Im ZE-Bereich entfalle bei jeder Behandlung ein variierender Anteil auf den Patienten einerseits und die Krankenkasse (50% / 60% / 65%, bei Härtefällen 100%) andererseits. Fehl gehe die Erwägung der Beklagten, die von ihr – der Klägerin – für rechtmäßig erachtete Berücksichtigung ausschließlich des Kassenanteils der Bema-Punkte hätte wegen des standort-bedingt unterschiedlich hohen Anteils an Härtefallpatienten eine Schwankung zur Folge, die zu dem honorarrechtlichen Gleichbehandlungsgebot des HVM (Ziffer 1 Satz 2) im Widerspruch stünde. Völlig unklar sei, warum dieses Kriterium bei der Ermittlung der für die Fachgruppeneinordnung maßgeblichen Punktrelationen Berücksichtigung finden solle. Im Übrigen habe die Beklagte mit Wirkung zum 1. Oktober 2003 eine Änderung der Anlage 2 zum HVM beschlossen, wonach in Abweichung von dem bisherigen Sockelmodell bei Budgetüberschreitung im Bereich ZE alle Zahnärzte gleichermaßen in dem jeweiligen Kassenbereich mit dem Prozentsatz der Überschreitung gekürzt würden, so dass auf diesem Wege gerade der von der Beklagten eingeforderte Ausgleich für standortbedingte Härtefallpatienten-Zahlen durch Belastung aller Zahnärzte bei Budgetüberschreitung hergestellt werde. Lasse man sowohl die ZE-Patientenanteile als auch die o.g. Altfälle außer Betracht, habe sie – die Klägerin – im streitigen Quartal nur ca. 10.000 Punkte im ZE-Bereich abgerechnet, sodass bei einem Vergleich mit den 57.694 Punkten aus dem HVM-Sachleistungsbereich sich dessen Anteil auf 85,33 % belaufe. Ihre – der Klägerin – Zuordnung zur Fachgruppe MKG-/Oralchirurgen sei um so systemgerechter, als diese einen besonders hohen Anteil an oralchirurgischen Überweisungen aus dem nahen Brandenburger Umland aufweise, die bei Nicht-Zugehörigkeit zu Berliner Kassen nicht gegenüber der Beklagten zur Abrechnung gelangten. Die tatsächliche KCH-Fallzahl sei deshalb deutlich höher als die HVM-relevante KCH-Fallzahl.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides für das Quartal IV/03 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004 zu verurteilen, an sie 5.841,63 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides für das Quartal IV/03 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004 zu verpflichten, ihren Honoraranspruch für das Quartal IV/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.

I) Wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, ist die Klage zulässig. Richtige Klageart ist allerdings nicht die Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), sondern die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 4 SGG bzw. - bezogen auf den Hilfsantrag - die auf eine bloße Neubescheidung der Honoraransprüche gerichtete Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, weil die Beklagte mit den von ihr erlassenen Bescheiden keine sich in einer einmaligen Belastung erschöpfende Regelung getroffen, sondern der Klägerin im Ergebnis für das streitige Quartal die Zahlung eines höheren Honorars versagt hat. Gegenstand der Klage sind der Bescheid vom 24. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004, mit denen die Beklagte den sich für die Klägerin ergebenden vorläufigen Honorareinbehalt zunächst isoliert festgestellt und sodann in die eigentlich Honorarfestsetzung übernommen hat. Unabhängig von der Frage, ob das o.g. Schreiben der Klägerin vom 23. März 2004 schon vor dem Honorarbescheid vom darauf folgenden Tag bekannt gegeben wurde, liegt hierin keine gesonderte Regelung im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), sondern lediglich ein Berechnungselement für die Frage, in welcher Höhe der Klägerin für das Quartal IV/03 vertragsärztliches Honorar zu gewähren ist. Dass sich die Bestandteile eines Verwaltungsaktes – hier: die Festsetzung der Honorarhöhe für das Quartal IV/03 – auf mehrere Schriftstücken verteilen wird, ist unschädlich.

II) Die Klage ist allerdings unbegründet. Die Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.

1) Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin verfolgten Anspruch auf Zahlung weiteren Honorars in Höhe des vorläufige einbehaltenen Betrages von 5.841,63 EUR sind allein die Regelungen des o.g. HVM. Diese Regelungen stehen entgegen der Auffassung des Klägers mit höherrangigem Recht im Einklang, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 25. April 2007, Az.: L 7 KA 61/03, veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Da die Klägerin dies nicht in Zweifel zieht, genügt insoweit ein Verweis auf die dortigen Ausführungen.

Eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Praxisneugründern ergibt sich aus der in Rede stehenden Grenzregelung ebenfalls nicht. Soweit Praxisneugründer typischerweise geringere Fallzahlen aufzuweisen haben als schon länger tätige Zahnärzte für Oralchirurgie und Ärzte für MKG-Chirurgie, hat die Beklagte diesem Gesichtspunkt bei der Berechnung des individuellen Praxisgrenzwerts in ausreichendem Maße dadurch Rechnung getragen, dass dieser Grenzwert um so höher liegt, je niedriger die Fallzahl ist. Davon abgesehen haben auch schon Praxisneugründer in gewissem Maße die Möglichkeit, in ihrer Praxis auf das Verhältnis von Sachleistungen zu Kostenerstattungsleistungen Einfluss zu nehmen.

2) Die Zuordnung der Vertragszahnärzte zu einer der o.g. Fachgruppe hat die Beklagten unter Berücksichtigung der einschlägigen Regelungen des HVM zutreffend vorgenommen. Rechnerische Mängel bringt die Klägerseite insoweit nicht vor.

a) Zu Recht hat die Beklagte zur Berechnung des 80 %-Anteils nach Abschnitt III Ziffer 7a der Anlage 1 zum HVM auch die so genannten Patientenanteile für ZE-Leistungen berücksichtigt, denn deren Einbeziehung ist aus Gleichbehandlungsgründen (Art. 3 Grundgesetz) geboten. Andernfalls könnte es von der Anzahl an Patienten, deren "Eigenanteile" nach § 30 Abs. 2, § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 62 Abs. 2a SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) unter 50 %, im Extremfall bei 0 %, liegen, abhängen, ob ein Vertragszahnarzt der Fachgruppe OC-MKG zuzuordnen ist oder nicht, wie folgendes Beispiel zeigt: eine Zahnarztpraxis erzielt aus den Bereichen KCH/Par/KBR 79.000 Punkte und aufgrund von ZE-Leistungen 21.000 Punkte (Kassenanteil, alle ZE-Patienten sind als Härtefälle von "Eigenanteilen" befreit): der Sachleistungsanteil beträgt 79 %, was die Zuordnung zur Fachgruppe OC-MKG ausschließt. Müssten in derselben Praxis alle ZE-Patienten einen "Eigenanteil" von 50% tragen, würde sich der Kassenanteil auf 10.500 Punkte reduzieren und zugleich der Sachleistungsanteil auf ca. 88,3 % erhöhen. Es leuchtet unmittelbar ein, dass dies keine sachgerechtes Ergebnis darstellt: die Zuordnung zur Fachgruppe OC-MKG hinge dann von sachfremden Kriterien wie dem Zahnpflegeverhalten der Versicherten (vgl. § 30 Abs. 2 SGB V aF) oder deren finanziellen Verhältnissen (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 62 Abs. 2a SGB V aF) ab, nicht hingegen von der Leistungsstruktur der Zahnarztpraxis.

Für die somit gerechtfertigte Einbeziehung auch der Patientenanteile bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerseite keiner ausdrücklichen Regelung im HVM, da sie nach den o.g. Überlegungen schon aus Gleichbehandlungsgründen (Art. 3 Grundgesetz) zwingend geboten ist.

b) Auch soweit die Klägerin in die Berechnung des Sachkostenanteils die Leistungen an Versicherte mit Wohnort in Brandenburg einbezogen sehen möchte, bleibt sie ohne Erfolg.

Durch das "Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte" vom 11. Dezember 2001 (BGBl. I 3526) ist mit Wirkung vom 1. Januar 2002 für die Vereinbarung der Gesamtvergütungen das so genannte Wohnortprinzip eingeführt worden. Nach § 83 Abs 1 SGB V in der durch das o.g. Gesetz erhaltenen Fassung schließen die K(Z)Ven mit den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen Gesamtverträge mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart über die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort in ihrem Bezirk einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen. Entsprechend wird in § 85 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der durch das o.g. Gesetz erhaltenen Fassung bestimmt, dass die Krankenkasse nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige K(Z)V mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertrags(zahn)ärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der K(Z)V einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen entrichtet. Damit ist der Wohnort des Versicherten zur entscheidenden Bezugsgröße für die kassenartenbezogene Vereinbarung der Gesamtvergütung geworden. In diesem System unterscheiden sich die sog. Fremdkassenleistungen dadurch von anderen Leistungen, dass ihrer Vergütung kein Gesamtvertrag zwischen der K(Z)V des behandelnden Arztes und dem Landesverband derjenigen Krankenkasse, der der behandelte Versicherte angehört, zu Grunde liegt. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass jede K(Z)V Gesamtvergütungsanteile erhält, die der Honorierung vertrags(zahn)ärztlicher Leistungen von Mitgliedern anderer K(Z)Ven dienen (Fremd(zahn)-arztfälle), und dass sie auf der anderen Seite vertrags(zahn)ärztliche Leistungen honorieren muss, die wirtschaftlich von für sie fremden Krankenkassen zu bezahlen sind (Fremdkassenfälle). Der Ausgleich dieser "Fremdfälle" erfolgt anhand von Richtlinien, die die K(Z)BV auf der Grundlage von § 75 Abs. 7 und 7a SGB V erlassen.

Wie die einzelne K(Z)V den Fremdkassenausgleich innerhalb ihres als Satzung erlassenen HVM berücksichtigt, unterliegt jedoch ihrem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Rechtssetzungsermessen. Insoweit sind die Zahnärzte der Klägerin aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten sowohl an deren Satzungen als auch &61485; wie § 81 Abs. 3 SGB V verdeutlicht &61485; an die o.g. Richtlinien/Bestimmung der K(Z)BV zum Fremdzahlungsausgleich gebunden. Der o.g. HVM sah in Abschnitt II seiner Anlage 1 Ausnahmen von der Honorarverteilung für die von der begrenzten Gesamtvergütung betroffenen Leistungen &61485; d.h. der Bereich KCH, Par und KBR &61485; vor, so in Ziffer 2 und 3 für die Fremdzahnarzt- und Fremdkassenabrechnung. Hierdurch ist die von der Klägerin gewünschte Einbeziehung auch ihrer im Land Brandenburg wohnenden Patienten bei der Ermittlung ihres Sachleistungsanteils ausgeschlossen.

c) Auf dieser Grundlage kann offen bleiben, ob die Beklagte zu Recht sechs Behandlungsfälle (insgesamt 2006 Punkte), bei denen der Zahnersatz zwar schon im Dezember 2003 eingesetzt wurde, die aber erst im Januar 2004 zur Abrechnung vorgelegt wurden, dem streitigen Quartal IV/03 zugerechnet hat. Denn auch ohne deren Berücksichtigung beliefen sich die dem ZE-Bereich entstammenden Punkte auf "nur" 14.513, was bei 57.694 Punkten aus den Bereichen KCH/Par/ KBR zu einem Sachleistungsanteil von 79,9 % führen würde.

Dieses Ergebnis musste die Beklagte entgegen der klägerischen Auffassung nicht auf 80 % runden. Eine Verpflichtung zur Rundung ist in Abschnitt III Ziffer 7a der Anlage 1 zum HVM nicht vorgesehen. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der HVM an anderer Stelle (Abschnitt III Ziffer 2 Buchst. f Satz 2) ausdrücklich eine Rundung vorsieht. Hieraus lässt sich vielmehr im Umkehrschluss folgern, dass die Beklagte bei Schaffung des HVM im Rahmen des insoweit eröffneten Gestaltungsspielraums bei der Normsetzung durchaus die Möglichkeit der Rundung bestimmter Werte sah, für die Ermittlung der 80 %-Grenze aber gerade nicht für sachgerecht hielt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

III) Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen vermag die Klägerin auch mit ihrem Hilfsantrag auf Neubescheidung ihres Honoraranspruchs für das Quartal IV/03 nicht durchzudringen. Als Anspruchsgrundlage für das mit diesem Hilfsantrag verfolgte Begehren kommt nur das aus § 85 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit in Betracht. Eine Verletzung dieses Gebotes lässt sich hier indes nicht feststellen, weil sich die vom Kläger beanstandeten Honorarbegrenzungsregelungen des HVM als insgesamt rechtmäßig erweisen.

IV) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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