L 22 U 3/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 U 12/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 U 3/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Potsdam vom 06. Oktober 1999 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen eines als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anerkannten exogen allergischen Asthma bronchiale unter Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins.

Des Weiteren macht der Kläger einen Anspruch auf Verletztenrente wegen einer beruflich bedingten ekzematischen Hauterkrankung und wegen einer Magen-Darm-Erkrankung geltend.

Der 1942 geborene Kläger hat folgenden beruflichen Werdegang:

Er war vom 01. September 1956 bis zum 31. August 1958 als Landwirtschafts-Lehrling im VEB G beschäftigt. Nachdem er die Prüfung als Acker- und Pflanzenbauer absolviert hatte, war er vom 01. Oktober 1958 bis zum 31. Dezember 1962 als Arbeiter/Lagerarbeiter im ehemaligen Volkseigenen Erfassungs- und Aufbaubetrieb für landwirtschaftliche Erzeugnisse (V), B beschäftigt. Ab dem 01. Januar 1963 war er als Lagerleiter, danach als Brigadier im V tätig. Ab dem 01. Januar 1969 arbeitete er als Lagerleiter im zum VEB GJ umgewandelten Betrieb (Angaben in den Eintragungen der vom Kläger eingereichten Ausweise der Sozialversicherung). Am 16. November 1971 hatte er das Facharbeiterzeugnis als Facharbeiter für Be- und Verarbeitung von Körnerfrüchten mit der Spezialisierung auf Lagerwirtschaft und am 05. Dezember 1974 den Titel als Meister der sozialistischen Wirtschaft, Fachrichtung Lagerwirtschaft erworben. Als Lagerleiter war der Kläger ausweislich des Funktionsplanes vom 01. Juli 1991 dem Geschäftsführer des Unternehmens unter- und den ihm "zugeordneten Arbeitnehmern" des Lagerbereichs übergeordnet. Er war verantwortlich für die "Erfüllung der Liefer- und Leistungsziele", die "Qualitätssicherung und Einhaltung der Qualitätsparameter bei Lieferungen und Leistungen", die "Instandhaltung der Grund- und Arbeitsmittel", "die Bestands- und Nachweisführung der Handelswarenbestände und deren Abrechnung" sowie die "stetige Gewährleistung von Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit". In dieser Funktion war der Kläger auch in den Nachfolgebetrieben (L B GmbH, M GmbH) bis zu seiner dauerhaften Arbeitsunfähigkeit ab dem 28. Juli 1994 tätig.

Im November 1991 ging bei der Beklagten, der damaligen Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, seit 01. Januar 2008 mit der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel vereinigt zur Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution, eine arbeitsmedizinische Stellungnahme vom 24. Oktober 1991 zu einem Erstgutachten eines Berufskrankheitenverdachtes beim Kläger ein. Hierin wurde festgestellt, dass beim Kläger eine entschädigungspflichtige BK nach der Verordnung vom 26. Februar 1981, Ziffer 82 der Liste der Berufskrankheiten der DDR ab November 1990 mit der Diagnose eines exogen-allergischen Asthma bronchiale vorliege. Der durch die Bk bedingte Körperschaden betrage 10 Prozent der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).

Das Institut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin des Landes Brandenburg hatte am 21. Juni 1991 die Staubexposition des Klägers derart eingeschätzt, dass er in der Getreidewirtschaft langjährig (32 Jahre) unter Arbeitsbedingungen tätig gewesen sei, die mit einem deutlichen Risiko für den Erwerb einer berufsbedingten Atemwegserkrankung verbunden gewesen sei.

Die Bezirks-Fachklinik für Lungenkrankheiten und Tuberkulose-B, erstellte am 29. August 1991 (geschrieben 1981) ein Erstgutachten über eine BK mit der Diagnose eines exogen allergischen Asthma bronchiale und schlug die MdE mit 10 v.H. vor.

Im Oktober 1993 beantragte der Kläger die Gewährung einer "Berufskrankheitenrente" wegen der "bekannten" Bk. Die Beklagte zog Unterlagen behandelnder Ärzte, so von dem Praktischen Arzt Dr. Sund von dem Hautarzt Dr. N

Vom 16. August bis zum 02. September 1994 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der Klinik für Dermatologie des K, P. In der Anamnese wird ausgeführt, der Kläger habe vor etwa 2 ½ Jahren bis 3 Jahren ein Analekzem entwickelt, seit Anfang des Jahres hätten sich außerdem ekzematöse Hautveränderungen ausgebildet mit gastrointestinalen Beschwerden. Diagnostiziert wurde eine Atopie, Nahrungsmittelunverträglichkeit, Analekzem.

Im Dezember 1994 erstatte die Chefärztin der Fachklinik für Lungenkrankheiten und Tuberkulose, B ein Nachgutachten. Sie diagnostizierte Asthma bronchiale ohne zurzeit nachweisbare Hyperreagibilität und ein Analekzem. Die MdE beurteilte sie mit 10 v. H.

Auch holte die Beklagte ein fachärztlichen Gutachten des Internisten und Allergologen Dr. med. B vom 15. September 1995 ein. Er meinte, die perianalen und gastrointestinalen Beschwerden seien eher im Zusammenhang mit dem Analekzem und der chronischen Gastritis zu sehen.

Mit Bescheid vom 21. November 1995 erkannte die Beklagte beim Kläger ein exogen allergisches Asthma bronchiale als BK nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKV und als Folge ein exogen allergisches Asthma bronchiale bei bestehender Weizen- und Roggenmehlsensibilisierung ohne momentan nachweisbare Hyperreagibilität für die Zeit ab 28. Juli 1994 an. Ein Anspruch auf Rente wegen der BK bestehe nicht.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, weil er mit der Nichteinbeziehung einer Mehlallergie (Roggen/Weizen) mit der Folge von Magen- und Darmbeschwerden sowie Hautausschlägen am ganzen Körper und des Enddarmes als BK nicht einverstanden sei. Er trug vor, dass ab 1991/92 bei Roggen- und Weizenmehlnahrung Beschwerden im Magen-Darmtrakt mit Schmerzen und Hautausschlag am Enddarm und zeitweisem Durchfall darauf zurückführen seien, dass bei der Prüfung des Getreides durch Einbiss in das Korn langjährig Kontakt mit Weizen- und Roggenkörnern vorgelegen habe.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1996 den Widerspruch zurück.

Sie ermittelte des Weiteren zum Vorliegen einer beruflich bedingten Hauterkrankung aufgrund des Umgangs des Klägers mit Roggen- und Weizenkörnern sowie Mehlstäuben und zog weitere medizinischer Unterlagen und Akten des Amtes für Soziales und Versorgung Potsdam und den Nachuntersuchungsbericht der Chefärztin der Abteilung Allergologie und Asthma der Fachklinik für Lungenkrankheiten und Tuberkulose B Dr. med. R vom 02. April 1997 bei.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1997 lehnte die Beklagte einen Entschädigungsanspruch des Klägers "aus Anlass seiner Erkrankung" ab, weil keine BK vorliege. Er leide an Magen-Darmbeschwerden und einem unregelmäßig wieder auftretenden Analekzem. Magen-Darm-Erkrankungen durch Nahrungsmittel seien nicht in der Liste der Berufskrankheiten erfasst, so dass eine Anerkennung als BK nicht in Betracht komme. Das Analekzem sei eine Folge dieser Magen-Darm-Erkrankung, so dass Entschädigungsansprüche nicht bestünden.

Der hiergegen von der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte Widerspruch vom 25. Juli 1997 wurde unter anderem damit begründet, dass der Kläger auch an einer Hautkrankheit gemäß Ziffer 5105 der BKV leide. Der Kläger sei u. a. gegen Weizen- Roggen- und Maismehl allergisch. Überreicht wurden Berichte aus den Beelitz H vom 13. Juni 1997, aus dem E-Klinikum vom 16. September 1994 und von Dr. S vom 27. Oktober 1995.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1997 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die beim Kläger bestehende chronische Gastroduodenitis, eine Antrumgastritis sowie eine gluteninduzierte Enteropathie die Folge der Aufnahme entsprechender Nahrungsmittel (Weizen, Roggen, Mais) seien. Da die Ernährung aber nicht berufsbedingt sei, sehe die BKV Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes durch allergisierende Stoffe nicht als BK vor.

Soweit ein Analekzem bestehe, handele es sich um ein fistelbildendes mykotisches Ekzem, das als BK dann infrage käme, wenn Kontakt zwischen den betroffenen Hautarealen und den Allergenen bestanden hätte. Davon sei angesichts der Lokalisation der Hautveränderungen aber nicht auszugehen, so dass mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit das Analekzem Folge der berufsunabhängigen Magen-Darm-Erkrankung sei.

Im August 1997 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers gemäß § 44 Abs.1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Rücknahme des Bescheides vom 21. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1996, soweit dem Kläger keine Rente zuerkannt wurde. Gemäß § 56 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei zu berücksichtigen, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben könne.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15. Oktober 1997 die Rücknahme des Bescheides vom 21. November 1995 ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1998 den dagegen eingelegten Widerspruch zurück.

Der Kläger hat beim Sozialgericht Potsdam (SG) Klage erhoben - am 10. November 1997 (Aktenzeichen S 3 U 123/97) gegen den Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1997 und gegen den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1998 am 11. Februar 1998 (Aktenzeichen S 3 U 12/98) - und hat jeweils sein Begehren auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. weiterverfolgt.

Im Verfahren Aktenzeichen S 3 U 123/97 wurde unter anderem zur Begründung vorgetragen, dass es sich bei den durch das allergische Asthma bedingten Verdauungsstörungen im Sinne einer Nahrungsmittelunverträglichkeit (gluteninduzierte Enteropathie) um mittelbare Folgen der Berufskrankheiten nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO sowie nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO handele, wie sich aus dem Befundbericht des Hautarztes und Allergologen Dr. N vom 03. März 1996 und dem im Rentenverfahren des Klägers eingeholten Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. med. M vom 02. April 1998 ergebe. Die gastrointestinalen Beschwerden seien durch das Eindringen von Getreidestäuben bedingt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab August 1994 eine Unfallrente von mindestens 20 Prozent der Vollrente wegen einer berufsbedingten Hauterkrankung zu gewähren hilfsweise, festzustellen, dass die Magen-Darmerkrankung eine Berufskrankheit gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII ist.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen,

Die Beklagte meint, die Haut- und Magen-Darm-Erkrankung und das Analekzem seien nicht berufsbedingt entstanden. Es handele sich vielmehr um Erkrankungen, die aus körpereigenen Ursachen hervorgerufen würden, wie auch das Sachverständigengutachten der Chefärztin der Abteilung Allergologie und Asthma der Fachklinik für Lungenkrankheiten und Tuberkulose B- Dr. med. R vom 31. Juli 1997 zeige. Die Gutachterin habe festgestellt, dass sich in den vergangenen zwei Jahren eine zusätzliche Sensibilisierung auf Nahrungsmittel entwickelt habe, die zu weiteren Beschwerden im Magen-Darm-Bereich führten. Die Sensibilisierung sei entstanden, obwohl der Kläger in den vergangenen zwei Jahren mit Sicherheit keinen "beruflichen Belastungen" ausgesetzt gewesen sei.

Auf Anordnung des SG hat der Chefarzt der H und des I des S K D Prof. Dr. med. G im Februar 1999 ein schriftliches Sachverständigengutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Nach seiner Beurteilung ist das beim Kläger bestehende Analekzem zu einem ganz wesentlichen Teil auf eine über Jahre bestehende Hefepilzerkrankung (Candidose) der Analregion zurückzuführen. Nach dem derzeitigen Stand sei ein hinreichend sicherer Zusammenhang zwischen beruflicher Schadstoffexposition und Darmstörungen nicht herzustellen.

Dazu hat der Kläger eine Epikrise der M der F-Universität E- in der er sich vom 21. Januar 1999 bis zum 13. Februar 1999 in stationärer Behandlung befand, vorgelegt.

Zu den Akten gelangte des Weiteren ein Arztbericht der M der F-Universität E vom 26. Juli 1999 über eine Vorstellung des Klägers am 14. Juni 1999 in der Colitis-Sprechstunde.

Durch Urteil vom 06. Oktober 1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Magen-Darm-Erkrankung des Klägers nicht in der Anlage der BKV aufgeführt sei, so dass es sich nicht um eine BK handeln könne. Es handele sich auch nicht um eine BK im Sinne des § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), da keine neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft bestünden, wonach eine Magen-Darm-Erkrankung durch besondere Einwirkungen verursacht sei, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übliche Bevölkerung ausgesetzt seien. Damit seien die tatsächlichen Grundlagen für die "BK-Fähigkeit" nicht erwiesen. Auf die Frage, ob die Erkrankung des Klägers unmittelbar oder mittelbare Folge seiner jahrelangen Getreidestaubexposition sei oder nicht, sei aus rechtlichen Gründen nicht einzugehen, da die "BK-Fähigkeit" zu verneinen sei.

Im Verfahren S 3 U 12/98 hat der Kläger unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten von Dr. med. R vom 31. Juli 1997 vorgetragen, dass sich die chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung im Laufe der Jahre geringgradig verschlechtert habe im Sinne einer Erhöhung der unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität. Des Weiteren bezog sich der Kläger auf das Gutachten von Dr. M vom 2. April 1998 aufgrund seiner Untersuchung vom 1. April 1998. Darüber hinaus wurde der Anspruch auf Verletztenrente darauf gestützt, dass der Kläger wegen des allergischen Asthmas besonders beruflich betroffen sei im Sinne des § 56 Abs. 2 SGB VII. Der Kläger sei Jahrzehnte lang in leitender Position als Meister der Lagerwirtschaft in der Getreidebranche tätig gewesen. Diese Tätigkeit, die spezifische Kenntnisse vorausgesetzt habe, könne er nicht mehr ausüben. Die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE führe zu einer unbilligen Härte.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 28. Juli 1994 eine Unfallrente von mindestens 20 Prozent der Vollrente wegen berufsbedingten exogenem allergischen Asthma bronchiale zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sich nach dem Gutachten von Fr. M die Atemwegsproblematik des Klägers nach dem Ausscheiden aus dem allergen belasteten Berufsmilieu deutlich gebessert habe und nur noch eine untergeordnete Rolle spiele.

Prof. Dr. med. G erstattete am 03. Februar 1999 auch in diesem Verfahren das vorgenannte Gutachten.

Durch Urteil vom 06. Oktober 1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens mit hinreichender Sicherheit feststehe, dass der Kläger infolge seines Asthma bronchiale nach wie vor nicht an einer obstruktiven Ventilationsstörung leide, die zunächst für das Ausmaß der Erwerbsminderung in Betracht zu ziehen sei. Da nicht einmal der Kläger selbst Atembeschwerden behaupte, habe das Gericht davon absehen können, eine medizinische Funktionsprüfung wegen der Bronchitis zu veranlassen. Zur vollen Überzeugung des Gerichts ergebe sich außerdem, dass es für den Kläger keine unbillige Härte bedeute, wenn seine Atemwegserkrankung nicht durch eine Rente entschädigt werde.

Gegen die ihr am 08. und 09. Dezember 1999 zugegangenen Urteile hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 10. Januar (einem Montag) jeweils Berufung beim Landessozialgericht eingelegt (S 3 U 123/97 - L 7 U 2/00 und S 3 U 12/98 - L 7 U 3/00, jetzt L 22 U 3/08).

Zur Begründung ist im Einzelnen vorgetragen worden:

Das Sozialgericht habe zu Unrecht eine besondere Härte im Sinne des § 56 Abs. 2 SGB VII verneint, insbesondere den Ausbildungsgang des Klägers verkannt. Daraus, dass der Kläger vom Beginn seiner Lehrzeit an bis zum Ausscheiden aus dem Berufsleben wegen andauernder Arbeitsunfähigkeit immer in der Getreidewirtschaft gearbeitet habe, folge, dass der Kläger die Voraussetzungen der Härteklausel erfülle. Die Kenntnisse, die der Kläger in seiner langjährigen Berufstätigkeit erworben habe, seien ähnlich spezialisiert wie die des Kaffeerösters, des Hauers und auch des Flugzeugführers, bei denen das Bundessozialgericht (BSG) die Voraussetzungen der Härteklausel für erfüllt gehalten habe. Hierzu sind Versicherungsnachweise nebst Gehaltsnachweisen sowie Kopien von Zeugnissen des Klägers übersandt worden.

Was die Schadstoffexposition des Klägers betreffe, so habe der Kläger bei einem 30.000 bis 35.000 t großen Jahresumschlag von Getreide von der Abnahme vom Erzeuger, bei der Vorlagerung, bei der Einlagerung in Hallen und Silos bis zum Abverkauf an die verarbeitende Industrie ständig Proben zur "Sensorik" des Getreides genommen, indem an dem Getreide gerochen und geschnüffelt und auch in die Körner gebissen habe, um herauszubekommen, ob es arteigen roch oder aber muffig, sauer oder schimmelig. Wegen der oft extrem unterschiedlichen Kornfeuchte in den angelieferten Getreidestapeln hätten sich in den Lagerbeständen häufig einzelne schimmelige und muffige Partien mit hohen Temperaturen gebildet. Das habe zur Herausbildung von Getreideschädlingen geführt, die wiederum mit Schädlingsbekämpfungsmitteln hochgradig begast worden seien. Auch diese Bestände habe der Kläger mittels Schnüffelns, Riechens und Einbeißens überprüfen müssen. Es seien nicht nur Roggen und Weizen, sondern auch Gerste, Hafer, Mais, Ölfrüchte (Raps) und Futtermittelprodukte wie Sojaschrot das ganze Jahr über in hohen Mengen umgeschlagen worden. Die Arbeitsplatzanalyse des Instituts für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin vom 22. März 1991 sei insofern unvollständig, als darin behauptet worden sei, dass das Getreide regelmäßig über geschlossene Förderanlagen zur Reinigung und Trocknung gelangt sei. Richtig sei demgegenüber, dass das Getreide zu ca. 40 bis 50 Prozent des Gesamtumschlags in geschlossenen Förderanlagen zur Reinigung und Trocknung gelangt sei. Der Kläger habe sich auch nicht lediglich ca. 5 Stunden in der Lagerhalle aufgehalten und pro Tag ca. 20 Proben genommen, sondern in der Erntezeit, also über 8 bis 9 Wochen, 7 Tage lang in der Woche täglich 12 bis 14 Stunden im Betrieb aufgehalten und dabei täglich 50 bis 60 Proben genommen.

Darüber hinaus ist im Einzelnen der Vorgang der Begasung zur Reinigung von Getreidegut beschrieben und darauf hingewiesen worden, dass der Kläger über die entsprechenden Zeugnisse und Bescheinigungen zu dieser Art der Schädlingsbekämpfung verfügt habe. Insoweit sei zu prüfen, ob bei ihm auch eine BK nach Nr. 12 der Liste der Berufskrankheiten der DDR bzw. Nr. 1109 der Anlage 1 zur BKVO - durch Phosphor oder seine anorganischen Verbindungen hervorgerufene Berufskrankheit - vorliege.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 06. Oktober 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 21. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1996 insoweit zurückzunehmen, als eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt wurde und dem Kläger Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 4301 ab dem 28. September 1994 zu gewähren

2. das weitere Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 06. Oktober 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1997 aufzuheben und dem Kläger Verletztenrente wegen einer ekzematischen Hauterkrankung und/ oder einer Magen-Darm-Erkrankung als Berufskrankheit(en) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass beim Kläger eine besondere berufliche Betroffenheit nicht vorliege. Der Erwerb von branchenspezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen der beruflichen Weiterbildung und die Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten über längere Zeit in einem einzelnen Bereich der Lagerwirtschaft sei typisch für ein Erwerbslebens in ein und demselben Betrieb ohne Arbeitsplatzwechsel. Im Übrigen hätten dem Kläger seine erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten in der Lagerwirtschaft auch in anderen Wirtschaftszweigen und nicht nur der Getreidebranche zur Verfügung gestanden. Darüber hinaus liege beim Kläger eine berufsunabhängig entstandene Unverträglichkeit auf verschiedene Lebensmittel und Medikamente vor, wobei allein schon das Allergenspektrum, das auch Unverträglichkeiten gegenüber Eiern und Milch enthalte, und der Verlauf der Erkrankungen gegen einen beruflichen Zusammenhang spreche. Der Kläger habe auch gegenüber Dr. med. M ausweislich des Inhalts des Gutachtens für den Rentenversicherungsträger vom 02. April 1998 angegeben, dass er seit 1991 zunehmende, von der Nahrung abhängige Darmbeschwerden gehabt habe. Dr. med. M habe nicht nur ein atopisches Ekzem (insbesondere perianal) festgestellt, sondern im Hinblick auf die Magen-Darm-Beschwerden des Klägers auch eine allergische intestinale Krankheit, die durch die Aufnahme von Nahrungsmitteln entstanden sei. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass der Kläger einer weit höheren privaten Exposition beim jahrelangen täglichen Verzehr von (bei ihm) Allergie auslösenden Nahrungsmitteln wie Reis oder roggen- und weizenhaltigen Nahrungsmitteln ausgesetzt gewesen sei, als dies während seiner beruflichen Tätigkeit der Fall gewesen sein könne.

Durch Beschluss des Landessozialgerichts vom 22. Januar 2001 sind die beiden Verfahren unter dem Geschäftszeichen L 7 U 3/00, jetzt L 22 U 3/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Das Landessozialgericht hat Krankenunterlagen beigezogen (Original-Krankenkartei des K GmbH, Krankenunterlagen von Prof. Dr. med. habil. V Röntgenbilder, schriftliche Unterlagen des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers zur Durchführung des Durchgasungsverfahrens und der dabei eingesetzten Begasungsstoffe sowie Original-Patientenakten des Gesundheitsamtes des Landkreises Potsdam-Mittelmark).

In der nichtöffentlichen Sitzung des 7. Senats des LSG Brandenburg wurden am 22. Januar 2001 der ehemalige Direktor des VEB G , RS, der seit 1984 Direktor des Landhandel J war, die als stellvertretende Labor- und TKO-Leiterin beschäftigt gewesene Frau A S sowie der von 1953 bis 1993 als Kraftfahrer im Landhandel J beschäftigt gewesene G H vernommen.

Auf Anordnung des LSG hat der Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der F-Universität J Prof. Dr. med. habil. S im Januar 2002 ein arbeitsmedizinisches Zusammenhangsgutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 23. November 2001 erstattet. Im Ergebnis hat der Sachverständige u.a. festgestellt, dass eine BK durch Phosphor und anorganische Phosphorverbindungen aufgrund der Begasungstätigkeit des Klägers nicht vorliege. Es fänden sich auf gastroentrerologischem Gebiet keine Einschränkungen, die nachweislich und mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die berufliche Tätigkeit des Klägers als Lagerleiter und Sachkundiger für die Schädlingsbekämpfung des Getreides mit Phosphorwasserstoff zurückgeführt werden können.

Der Chefarzt der Klinik für Dermatologie des K P Prof. Dr. med. N hat im März 2002 bei Gericht eingehend nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 19. Februar 2002 ein schriftliches dermatologisches Sachverständigengutachten erstattet. In seiner Bewertung führt der Sachverständige aus, dass beim Kläger seit 1994 ein schweres und wiederholt rückfälliges Analekzem auf dem Boden einer atopischen Dermatitis vorliege. Ursächlich für dieses Ekzem, das zeitweise auch die übrige Haut betroffen habe, sei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die anlagebedingte atopische Disposition des Klägers, nicht aber dessen berufliche Tätigkeit.

Unter Vorlage sämtlicher Epikrisen der Medizinischen Klinik I mit Poliklinik der Universität E-N hat der Sachverständige Prof. Dr. med. N am 14. November 2002 sowie am 22. Januar 2003 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.

Prof. Dr. med. R hat am 13. Mai 2004 ein internistisches Sachverständigengutachten nach Aktenlage gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Antrag des Klägers erstattet. Er hat mitgeteilt, dass es bei Durchsicht rezenter Literatur keine entsprechenden Studien gäbe, in denen beschrieben worden sei, dass eine allergische Hautreaktion durch Inhalation des Allergens ohne Vorliegen einer atopischen Dermatitis ausgelöst werde, so dass der geforderte direkte kausale Zusammenhang zwischen der beruflichen Exposition des Klägers und seiner Hauterkrankung ohne Einbeziehung der anlagebedingten Atopie nicht herzustellen sei.

Zum Verfahren sind Auszüge aus dem von der Bundesanstalt für Arbeit 1993 herausgegebenen Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen - gabi - Band SR 1 Sonderreihe "Berufe der ehemaligen DDR", Facharbeiter für Getreidewirtschaft 432 o 0 beigezogen und den Beteiligten bekannt gemacht worden.

Der Kläger trägt vor, die Gutachten seien ergänzungsbedürftig, weil sie nicht berücksichtigen, dass im Getreidestaub Giftstoffe – Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel – gewesen seien.

Der Sachverständige Prof. Dr. med. S nahm im November 2008 ergänzend Stellung.

Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2009 trug die Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, dieser mache geltend, dass die Einwirkungen, die auf ihn in Folge seiner versicherten Tätigkeit einwirkten, vom Tatbestand mehrerer Listen-Bken erfasst seien, so würde die gastrointestinale Erkrankung des Klägers von den Nrn. 1103, 1307, 1310 und 1302 erfasst. Diesbezüglich beantragte er im Januar 2011 die Anerkennung als BK bei der Beklagten.

Aufgrund der Beweisanordnung vom 29. Dezember 2010 erstattete Prof. Dr. R ein im Juli 2011 eingegangenes Gutachten gemäß § 109 SGG. Wie bereits im Gutachten von 2004 erläutert worden sei, seien die die Extremitätenveränderungen der Arme, des Rumpfes, des perianalen Ekzems am ehesten auf dem Boden einer vorbestehenden atopischen Diathese zu sehen (konstitutionell), welche allerdings bis zur erstmaligen Dokumentation in den Krankenakten 1992 keine medizinischen Leistungen erforderte (asymptomatische Vorgeschichte). Durch die zumindest konkurrierende Verursachung der Hauterscheinungen im Analbereich sowie die als wahrscheinlich anzunehmende atopische Mitverursachung der übrigen Hauterscheinungen sei beim Kläger die Auslösung der Hautveränderungen durch die berufliche Belastung nicht gegeben. Das Eintreten einer Verschlechterung der Hauterkrankung durch die berufliche Belastung sei jedoch durch die beschriebenen Reaktionen bei Provokationen als sehr wahrscheinlich anzusehen. Obwohl hierzu in der Literatur keine wissenschaftlichen Daten in publizierter Form vorlägen, sei in diesem individuellen Beschäftigungsfall und bei Beachtung der Tatsache "Allergie als Systemerkrankung" (s. a. Bamberger Merkblatt 2004 z. B. Latex-Manifestationen am Atemwegssystem als auch an der Haut), die BK Nr. 5101 anzusetzen. Unerheblich sei, über welchen Weg die Allergene (oral - inhalativ - Kontakt) den Patienten erreichten. Der intensiven Exposition des Klägers mit vielen Korn-Beißproben mit einer Anzahl von 50 – 60 werde eine entscheidende Bedeutung für die Sensibilisierung gegenüber den Getreidemehlen zugeschrieben. Er erachtete für die BK 5101 eine MdE mit 10 % für gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten zu den Verfahren L 2 U 3/08, die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band Verwaltungsakten zum Aktenzeichen – SDK sowie 3 Bände Verwaltungsakten zum Aktenzeichen), die Rentenakten des Klägers mit Aktenzeichen sowie die Akten der Agentur für Arbeit Belzig (Stammnr. ), die bei gezogen worden waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässigen und im Übrigen statthaften Berufungen des Klägers sind unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass der geltend gemachten Magen-Darm- und Hauterkrankung. Das SG hat mit Recht die Klagen abgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1997 ist zulässig aber unbegründet.

Der Kläger ist berechtigt, einen Rentenanspruch im Klagewege geltend zu machen. Das erforderliche Vorverfahren liegt als Klagevoraussetzung vor, § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 15. Juli 1997 sowohl die Feststellung zweier BKen als auch einen Rentenanspruch des Klägers abgelehnt, auch wenn sie einen "Entschädigungsanspruch" genannt und den Begriff der Rente nicht erwähnt hat. Denn sie hat ausdrücklich einen Bescheid " gemäß § 102 Sozialgesetzbuch VII-SGB VII- über die Ablehnung einer Entschädigung aufgrund der §§ 56, 72 SGB II" und damit einen Rentenanspruch abgelehnt.

Das Vorverfahren ist auch zu den im Klagverfahren geltend gemachten Erkrankungen durchgeführt worden. Die Beklagte hat im Bescheid vom 15. Juli 1997 Magen-Darm-Beschwerden und ein Analekzem als BK geprüft und abgelehnt. Ausdrücklich hat sie eine Magen-Darm- Erkrankung durch Nahrungsmittel und ein Analekzem jeweils als BK geprüft.

Das Analekzem hat sie ebenfalls als BK abgelehnt, auch wenn eine Listennummer nicht genannt wurde. Dies ergibt sich jedenfalls bei verständiger Würdigung aus dem Empfängerhorizont, denn sie hat im Bescheid geschrieben, das Analekzem sei eine Folge dieser Magen-Darm-Erkrankung. Im Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, das Ekzem komme als BK in Frage. Angesichts der Lokalisation sei aber nicht davon auszugehen. Damit lässt sich die Entscheidung als Ablehnung der Feststellung des Analekzems als BK werten. Die Entscheidung bezog sich allerdings nicht auf eine Magen-Darm-Erkrankung bzw. Hauterkrankung durch andere Ursachen als Nahrungsmittel. Es fehlt daher an einem Vorverfahren zu anderen Stoffen, die der Kläger erst im Verlaufe des Gerichtsverfahrens als Ursachen seiner Erkrankungen geltend gemacht und im Verwaltungsverfahren neu beantragt hat, so dass andere Listennummern nicht zulässigerweise in diesem Verfahren geltend gemacht werden können und im Berufungsverfahren nicht zu prüfen sind. So unterliegen die Erkrankungen nach Nummern 1109 (durch Phosphor), 1307 (durch organische Phosphorverbindungen),1302 (durch Halogenkohlenwasserstoffe), 1310 (durch halogenierte Alkyl- , Aryl oder Alkylaryloxide) oder auch eine Wie- oder Quasi-BK nicht der gerichtlichen Überprüfung in diesem Verfahren.

Die Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer BK bezieht sich stets auf eine bestimmte, genau definierte Krankheit, die der Verordnungsgeber aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII als BK bezeichnet und in der Anlage zur BKV unter einer eigenen Ordnungsnummer aufgelistet hat oder die nach § 9 Abs. 2 SGB VII im Einzelfall wie eine BK zu behandeln ist. Sie beinhaltet nicht gleichzeitig die Anerkennung oder Ablehnung anderer Listenkrankheiten, die bei dem Krankheitsbild des Versicherten möglicherweise ebenfalls in Betracht kommen könnten. Diese Beschränkung folgt schon daraus, dass für jede der in Frage kommenden Krankheiten eigene Voraussetzungen gelten und es gerade der Zweck des Verwaltungsverfahrens ist, das Vorliegen dieser Voraussetzungen bezogen auf das jeweilige Krankheitsbild zu prüfen. Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt in dem Fall, dass ein Versicherter selbst die Feststellung eines Versicherungsfalls einer BK durch die Verwaltung begehrt oder Versicherungsansprüche gegen sie erhebt, dass dabei jede Listen- und jede Wie-BK jeweils einen eigenständigen Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bilden, über den der zuständige Träger einen feststellenden Verwaltungsakt (positiver oder negativer Art) zu erlassen hat. Die Feststellung des Versicherungsträgers, eine BK liege vor oder nicht vor, kann sich wegen der völlig verschiedenen Voraussetzungen der Listen-BKen in der Anlage zur BKV untereinander und den dazu und untereinander ebenfalls völlig unterschiedlichen Voraussetzungen der eventuell zu prüfenden Wie-BKen nach § 9 Abs. 2 SGB VII immer nur auf einzelne Listen- oder Wie-BKen beziehen. Daher kann der Versicherte eine Anfechtungsklage nur gegen einen Verwaltungsakt erheben, mit dem der Versicherungsträger die Feststellung einer bestimmten BK oder Wie-BK (oder mehrerer solcher Versicherungsfälle) abgelehnt hat (vgl. BSG Urteil vom 15.1.2010 - B 2 U 5/08 - Rz. 25, zitiert nach juris).

Ansprüche auf Rente für ein Analekzem bzw. für eine ekzematische Hauterkrankung und/ oder für eine Magen-Darm-Erkrankung sind nicht begründet.

Anspruch auf Rente haben gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (früher §§ 580 Abs. 1, 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, § 7 Abs. 1 SGB VII, 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO) über die 26. (früher die 13.) Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Die geltend gemachten Magen-Darm- und Haut-Erkrankungen sind nicht als BK zu beurteilen, wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zutreffend entschieden hat. Ein Arbeitsunfall ist nicht im Streit.

Rechtsgrundlage für die Feststellung der Hauterkrankung des Klägers als BK sind noch die Vorschriften der RVO, weil die vom Kläger geltend gemachte Hauterkrankung als BK mit der Aufgabe seiner Tätigkeit 1994 und die Magen-Darmerkrankung nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ebenfalls vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten wären.

Das Recht des Beitrittsgebiets kommt nicht zur Anwendung bei der Prüfung der Hauterkrankung und der Magen-Darmerkrankung als BK.

Hinsichtlich der Beurteilung des Ekzems und der Magen-Darmerkrankung richtet sich der vom Kläger erhobene Anspruch gemäß §§ 212, 214, 215 SGB VII i. V. m. Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (vom 07. August 1996, BGBl I 1996, 1254) nach den vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Vorschriften (der RVO). Danach gelten die Vorschriften des 1. bis 9. Kapitels des SGB VII (nur) für Versicherungsfälle, die nach dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes am 01. Januar 1997 eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist. Gemäß § 215 Abs. 1 SGB VII ist § 1150 Abs. 2 und 3 RVO in der vor dem 01. Januar 1997 geltenden Fassung für die Übernahme der vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfälle und Berufskrankheiten anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 01. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Sinne des Dritten Buches der RVO. Dies gilt u. a. nicht für Krankheiten, die einem ab 01. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären (Abs. 2 Satz 2 Nr. a.a.O.). In letzterem Falle muss die betreffende Krankheit die Voraussetzungen für die Anerkennung als BK sowohl nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht als auch nach der RVO erfüllen (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, BT-Drucks. 12/405 S. 116 Buchstabe b). Dies ist hier nicht der Fall. Bereits im November 1991 erlangte die Beklagte Kenntnis.

Allerdings macht der Kläger mit der Hauterkrankung keine vor dem 01. Januar 1992 eingetretene BK geltend § 6 Abs. 3 BKVO-DDR sieht vor, dass als Beginn der Berufskrankheit der Zeitpunkt der ärztlichen oder betrieblichen Meldung gilt. Bestand bereits früher objektiv Behandlungsbedürftigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder ein Körperschaden infolge der Berufskrankheit oder wurde ein Arbeitsplatzwechsel wegen der Berufskrankheit durchgeführt, ist dieser Zeitpunkt als Beginn der Berufskrankheit festzusetzen.

Objektive Behandlungsbedürftigkeit lässt sich erst ab Juni 1992 feststellen. Dies geht aus den Feststellungen von Prof. Dr. med. R (Seite 4 8 seines Sachverständigengutachtens vom 13. Mai 2004) hervor. Danach findet sich ein Analekzem als "floride" erstmals in einem Kurzbrief des Krankenhauses B vom Juni 1992 beschrieben, dem nach einer Therapie mit einem topischen Steroid eine gute Abheilung attestiert wurde. 1991 werden lediglich Hämorrhoiden beschrieben.

Zudem konnte eine Hauterkrankung als BK nach dem Recht des Beitrittsgebiets nicht vor 1992 eingetreten sein.

Nach § 221 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juni 1977 (GBl DDR I 185) und § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten vom 26. Februar 1981 (GBl DDR I 137) ist eine Berufskrankheit eine Erkrankung, die durch arbeitsbedingte Einflüsse bei der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten bzw. Arbeitsaufgaben hervorgerufen wird und die in der vom Minister für Gesundheitswesen in Übereinstimmung mit dem Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) herausgegebenen Liste der BKen (Anlage zur Ersten Durchführungsbestimmung der BKVO-DDR vom 21. April 1981 (GBl DDR I 138)) genannt ist. Diese Rechtsvorschriften sind im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1991 in Kraft geblieben (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 4 und 5 des Einigungsvertrages). Die BK Nr.80 BK - Hautkrankheiten durch chemische oder physikalische Einwirkungen - nach der Liste der Berufskrankheiten vom 21. April 1981 konnte deshalb nicht vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sein, weil diese BK die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit oder des Umgangs mit dem Schadfaktor voraussetzt. Die Aufgabe der Tätigkeit erfolgte allerdings erst 1994, der letzte Arbeitstag des Klägers war der 27. Juli 1994.

Auch hinsichtlich der als BK geltend gemachten Magen-Darmerkrankung lässt sich bereits der Eintritt dieser Gesundheitsstörungen nicht zweifelsfrei vor dem 1.Januar 1992 feststellen. Dr hat die vorliegenden Krankenunterlagen derart ausgewertet, dass sich "zwischen 1992 und 1994" in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme zunehmend Verdauungsstörungen mit Darmkrämpfen, Durchfällen und Hauterscheinungen bis zum atopischen Ekzem entwickelt hätten. Der Senat folgt seiner Beurteilung, die der Aktenlage entspricht. Allerdings sind diese vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs.1 S. 1 SGG) nicht als BK im Sinne der RVO zu beurteilen.

BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 538,540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeit erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO).

Die Träger der Unfallversicherung sollen im Einzelfalle eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist, oder die dort bestimmtem Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des Abs.1 erfüllt sind, § 551 Abs.2 RVO. Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung durch den Erlass der BKV Gebrauch gemacht. Danach ist eine Feststellung der Magen-Darmerkrankung (durch Nahrungsmittel) des Klägers als BK nicht begründbar.

In der Anlage 1 zur BKV ist für eine Magen-Darmerkrankung (durch Nahrungsmittel) keine Ordnungsnummer vorgesehen. Soweit der Kläger im Klageverfahren andere Stoffe für seine Erkrankungen als ursächlich bezeichnet, gilt, wie dargelegt, dass über deren Beurteilung als BK bisher kein Veraltungsakt ergangen ist. Dessen ungeachtet begründet keines der vorliegenden Gutachten einen entsprechenden Kausalzusammenhang.

Auch das Analekzem, über das die Beklagte im Bescheid vom 15. Juli 1997 entschieden hat, lässt sich nicht als BK beurteilen.

In der Anlage 1 zur BKV sind unter der Ziffer 5101 " schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können" erfasst.

Bei dem Kläger ist seit 1992 ein Analekzem nachgewiesen. Dieses lässt sich als Hauterkrankung im Sinne dieser Vorschrift bezeichnen, auch wenn Prof. Dr. mit Ausführungen in seinem Gutachten vom 28. Juni 2011 hieran zunächst Bedenken aufkommen ließ. Er verwies darauf, dass eine allergen induzierte perianale Ekzemreaktion bislang nicht in der Liste der BKen aufgeführt sei.

Das BSG hat entschieden, dass angesichts des unterschiedlichen und vielfältigen Begriffsinhaltes des Wortes Haut im Sprachgebrauch davon auszugehen sei, dass die Auslegung des Begriffs "Hauterkrankung" vom Schutzzweck der Norm her zu erfolgen habe und dieser für eine weite Auslegung spreche. Dass mit der Formulierung der BK-Nr. 5101 alle beruflich bedingten Erkrankungen im Bereich der Haut unabhängig von der Schadensursache und der Art der krankhaften Veränderungen erfasst werden sollen, werde unter anderem durch die Rechtsentwicklung bestätigt, die zu der heutigen Fassung der Vorschrift geführt habe. Ursprünglich habe das Berufskrankheitenrecht mehrere verschiedene BKen der Haut gekannt, die nach der Art des verursachenden Stoffes oder der schädigenden Arbeitsweise definiert und unterschieden wurden (Nr. 11 bis 13 der Anlage zur Zweiten Berufskrankheiten-Verordnung vom 11. Februar 1929 - RGBl I 27). Durch die Dritte Berufskrankheiten-Verordnung vom 16. Dezember 1936 (RGBl I 1117) seien diese BKen zu einer einheitlichen BK mit der Umschreibung: "Schwere oder wiederholt rückfällige berufliche Hauterkrankungen, die zum Wechsel des Berufs oder zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit zwingen" zusammengefasst worden. Hauterkrankungen können nicht nur durch äußere Einwirkungen (Berührungen) schädigender Arbeitsstoffe verursacht werden, sondern auch durch die Aufnahme schädigender Stoffe in den Körper, wie schon der Zusatz nach der BK Nr. 1317 zu den BKen Nr. 1101 usw. in der Anlage der BKV zeige( Urteil vom 28.4.2004-b 2 U 21/03 R, zitiert nach juris). Das BSG hat in der Entscheidung vom 30. April 1986 (SozR 5670 An. 1 Nr. 5101 Nr. 5) die Bindehauterkrankung eines Bäckers aufgrund einer Allergie gegen Mehlstaub, der seinen Beruf deswegen aufgeben musste, als BK Nr. 5101 anerkannt Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, kann das Analekzem des Klägers zunächst als Hauterkrankung i. S. der BK Nr. 5101 beurteilt werden. Dieses hat sich nach Ausführungen von Prof. Dr. R im Gutachten vom 28.6.2011 begleitet von Pruritus und ekzematösen Hautveränderungen an Armen, Rücken und Rumpf ,Analfistel, tinea corporis Onichomykose, bakteriellen und mykotischen Superinfektionen zu einer schweren und wiederholt rückfälligen Hauterkrankung entwickelt.

Auch können Nahrungsmittel als die von der Beklagten im angefochtenen Bescheid geprüfte Ursache, die Getreidekörner und deren Konsum einschließt, ebenso wie Getreidestäube eine Einwirkung i. S. der BK Nr 5101 sein. Denn aus der Umschreibung der BK Nr 5101 ergeben sich im Unterschied zu anderen BKen (vgl. z. B. BK Nr. 1101: "Blei", BK Nr. 4301: "Allergisierende Stoffe") keine besonderen Anforderungen an die Einwirkung. Auch hatte der Kläger bei seiner versicherten Tätigkeit als Beschäftigter gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO bzw. gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII bis zur Aufgabe der Tätigkeit 1994 Kontakt mit Getreidestäuben und biss auch Getreidekörner in einem für den erkennenden Senat nicht mehr zweifelsfrei feststellbaren Ausmaß. Allerdings ist der Senat von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des Klägers und der Hauterkrankung nicht überzeugt. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im Berufskrankheitenrecht gilt, wie sonst auch in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Wie das BSG unter anderem in der Entscheidung vom 09.Mai 2006 (B 2 U 1/05 R) zusammenfassend dargestellt hat, gelten nachfolgende Grundsätze:

"Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb v § 249 Rdnr. 57 ff. mwN. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs. 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S. 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; ständige Rechtsprechung vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RBSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils Rdnr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76). 15 Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; vgl. Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Kap 1.3.6.1, S 80 f). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils Rdnr. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils Rdnr 11; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem vom LSG offenbar gezogenen Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, wie sie vom LSG im Fall des Klägers angenommen wurden, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSGE 38, 127, 129 = SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1).Beweisrechtlich sei zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden müsse. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genüge hinreichende Wahrscheinlichkeit (ständige Rechtsprechung BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555 a Nr. 1). Diese liege vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genüge nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG). Nach diesen Maßstäben vermag sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) nicht davon zu überzeugen, dass die Aufnahme der Getreidestäube und/ oder die orale Aufnahme von Getreidekörnern wesentliche (Mit-)Ursache der Hauterkrankung des Klägers ist.

Die Gutachter sind sich darüber einig, dass bei dem Kläger eine anlagebedingte atopische Disposition vorliegt und nicht die berufliche Tätigkeit wesentliche Ursache der Entstehung des Analekzems ist. Dieser Beurteilung folgt der Senat, da sie überzeugend ist.

Der Chefarzt der H und des I des S K D Prof. Dr. med. G hat das beim Kläger bestehende Analekzem hingegen zu einem ganz wesentlichen Teil auf eine über Jahre bestehende Hefepilzerkrankung (Candidose) der Analregion zurückgeführt. Hierfür sprächen die aktenkundigen ärztlichen Stellungnahmen mit Pilznachweis und Ansprechen auf eine antimykotische Therapie der Hautklinik P und des Dermatologen Dr. N. Für seine Auffassung spricht, dass sich anlässlich seiner Untersuchung auch das klinische Bild einer ekzematisierten Candidose gezeigt hat. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der ekzematisierten Candidose und der beruflichen Einwirkung von Getreidestäuben, die zu BK-exogen-allergisches Asthma bronchiale geführt habe, nicht herzustellen ist.

Auch eine mittelbare Entstehung des Analekzems als Folge der geklagten Darmstörungen kann nach Darstellung von Prof. Dr. med. G nicht bewiesen werden. Hierfür sei erforderlich, dass bewiesen würde, dass die Darmstörungen selbst auf einer Unverträglichkeit gegenüber den Allergenen beruhten, die zum Asthma geführt hätten, also Getreidestäube. Im Rahmen der Beweisführung, dass diese Mehle auch eine Darmerkrankung hervorgerufen haben, müssten doppelblinde placebokontrollierte perorale Expositionen mit diesen Mehlen zu einer objektiven Funktionsstörung des Darms geführt haben. Diese Störungen seien bei der Begutachtung durch Dr. med. B1995 nicht objektiviert worden. So seien die Untersuchungsbedingungen bei der Begutachtung durch Dr. B 1995 aber nicht gewesen. Die Darmfunktionsstörungen, die durch perorale Mehlexposition in der Hautklinik P1994 beschrieben worden seien, seien ebenfalls weder doppel-blind noch placebokontrolliert erfolgt und daher nicht von Beweiskraft. Es sei danach nach dem derzeitigen Stand ein hinreichend sicherer Zusammenhang zwischen beruflicher Schadstoffexposition und Darmstörungen nicht herzustellen.

Der Chefarzt der Klinik für Dermatologie des KPProf. Dr. med. Nhatim März 2002 nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 19. Februar 2002 beim Kläger keine krankhaften Veränderungen der Haut festgestellt, weder hatten sich ekzematöse Veränderungen im Gesicht (besonders Augenlider) noch an den Armen oder Beinen gezeigt. Auch die Anal- und Perianalregion zeigte keinerlei ekzematöse Veränderungen, allenfalls war eine diskrete Rötung dieser Region zu sehen gewesen. Schuppung, Rissigkeit, Knötchen und ähnliches war nicht zu verifizieren gewesen.

In seiner Bewertung führt der Sachverständige aus, dass beim Kläger seit 1994 gleichwohl ein schweres und wiederholt rückfälliges Analekzem auf dem Boden einer atopischen Dermatitis vorliege. Ursächlich für dieses Ekzem, das zeitweise auch die übrige Haut betroffen habe, sei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die anlagebedingte atopische Disposition des Klägers, nicht aber dessen berufliche Tätigkeit. Die genannten Ekzeme seien im hohen Maße durch die Nahrungsmittelallergie und deren Folgen, wie z. B. Neigung zu Diarrhoen mit daraus resultierender Irritation der Analregion, beeinflusst gewesen. Aus berufsdermatologischer Sicht habe kein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit bestanden, da diese nicht ursächlich für das Ekzem gewesen sei.

Prof. Dr. med. habil. S hat ausgeführt, das aktuell vorliegende Krankheitsbild des Klägers sei eine genetisch terminierte Überempfindlichkeit auf Nahrungsmittelbestandteile. Das rezidivierend auftretende Analekzem sei ursächlich nicht auf die zurückliegende berufliche Tätigkeit zurückzuführen; dieses Ekzem trete vielmehr im Zusammenhang mit der bestehenden Überempfindlichkeit bei Diätfehlern zutage. Bei strikter Karenz gegenüber Nahrungsmittelbestandteilen der inzwischen polyvalenten Allergie zeigten sich im Analbereich keine Reizerscheinungen im Sinne eines Analekzems. Als konkurrierende Ursachen für diese Hauterscheinungen kämen in solchen Regionen im Übrigen gehäuftes Schwitzen und die Möglichkeit einer Superinfektion in Frage. Für eine ursächliche Beteiligung von Phosphatwasserstoff sehe er keine Anhaltspunkte.

Im Jahr 2008 ergänzte er, Provokationsdiäten unter Doppelblindbedingungen hätten auch keine beweisenden Ergebnisse für eine Lebensmittelallergie ergeben, die durch Berufsallergene (Getreidesorten, Soja) hätten mitverursacht werden können.

Auch Prof. Dr. hat am 13. Mai 2004 in seinem Sachverständigengutachten ausgeführt, dass es bei Durchsicht rezenter Literatur keine entsprechenden Studien gäbe, in denen beschrieben worden sei, dass eine allergische Hautreaktion durch Inhalation des Allergens ohne Vorliegen einer atopischen Dermatitis ausgelöst werde, so dass der geforderte direkte kausale Zusammenhang zwischen der beruflichen Exposition des Klägers und seiner Hauterkrankung ohne Einbeziehung der anlagebedingten Atopie nicht herzustellen sei. Eine direkte Auslösung durch die beruflich inhalierten und eventuell ingestierten Stäube oder Getreidekörner ohne prädisponierende Atopieerscheinungen sei unwahrscheinlich und auch durch die Literaturrecherche nicht weiter zu stützen.

Auch von eine Verschlimmerung des Analekzems durch die Tätigkeit des Klägers im Umgang mit Getreide (stäuben) und /oder durch orale Aufnahme ist nicht feststellbar. Zwar ist die versicherte Tätigkeit als wesentliche Mitursache zu werten, wenn sich ein nicht berufsbedingtes Hautleiden durch die versicherte Tätigkeit zu einem schweren entwickelt (BSGE 43, 57, 59). Allerdings vermag sich der Senat von einer solchen Entwicklung im Fall des Klägers nicht zu überzeugen.Unter Berücksichtigung der vorgenannten Maßstäbe zur Prüfung der Kausalität ist auch auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. Raithel bereits auf der ersten Stufe nicht feststellbar, dass die Aufnahme der Getreidestäube und/ oder die orale Aufnahme von Getreidekörnern hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg - die Verschlimmerung der perianalen Ekzemsituation - entfiele.

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. R meint, die ekzematischen Hauterkrankungen - vor allem im Analbereich - seien durch die chronischen Hautveränderungen und durch mykotische Superinfektion als schwer zu bezeichnen, eine wiederholte Rückfälligkeit sei durch die vorliegenden Unterlagen anzunehmen, begründet er nicht überzeugend, dass die Entwicklung zur schweren Hautkrankheit durch die berufliche Exposition wesentlich (mit-(verursacht) wurde. Seine Ausführungen, eine Verschlechterung der Hauterscheinungen durch die berufliche Belastung - hier vor allem durch die orale Aufnahme der Allergene - sei als sehr wahrscheinlich anzusehen, überzeugen den Senat nicht. Der Sachverständige stellt lediglich Möglichkeiten dar. Soweit der Sachverständige meint, dies könne z.B. durch die vom Kläger geschilderte Zunahme des Juckreizes sowie das teilweise Auftreten von Hauterscheinungen unter oraler Provokation mit den beruflichen Allergenen gezeigt werden, steht dem entgegen, dass er ausführt, dass eine Verschlechterung als wesentlich bezeichnet werden könne, sei durch das vorliegende Material nicht schlüssig zu klären.

Soweit Dr. med. R zur Begründung die vom Kläger geschilderte Zunahme des Juckreizes sowie teilweises Auftreten von Hauterscheinungen unter oraler Provokation mit den beruflichen Allergenen heranzieht, ist dies auch deshalb nicht überzeugend, weil er außer Acht lässt, dass das fachärztliche Gutachten des Internisten und Allergologen Dr. med. Bvom 15. September 1995 mitteilt, dass nicht nur die dort - zeitnah zum Ausscheiden aus beruflicher Tätigkeit - durchgeführte gastrointestinale Provokation auf Roggen- und Weizenmehl negativ blieb. Auch die Haut reagierte seinerzeit am zeitnähesten zum Ausscheiden aus der beruflichen Tätigkeit nicht auf den Test, der doppelblind durchgeführt wurde.

Auch ist seine Beurteilung schon deshalb nicht überzeugend, weil er selbst andere Ursachen nennt: Auslöser von ekzematösen Veränderungen in der Perianalregion seien u. a. Hämorrhoiden, Marisken, ein Analprolaps oder eine intertestinale Mykose oder auch zusätzlich Analfistel, fissuren, chronische Diarrhöe, ein atopisches oder seboroisches Ekzem. Auch der Kontakt mit Nahrungsproteinen oder durch die Verdauung aufgeschlossenen Teilen solcher Proteine würde als Auslöser in der Literatur zu finden sein.

Als konkurrierende Auslöser neben der atopischen Prädisposition sieht er selbst, was das Analekzem des Klägers betrifft, zum einen eine 1994 operativ entfernte Analfistel, zum anderen Hämorrhoiden sowie eine gastrointestinale Mykose. Es hätte sich im Abstrich einmalig eine Pilzinfektion im genannten Bereich gefunden, so dass eine Aufrechterhaltung des Ekzems durch die sekundäre Besiedlung wahrscheinlich sein. Zudem teilt der Gutachter mit, das Analekzem könne auch durch chronische Diarrhoen bei gastrointestinal vermittelter Allergie floride gehalten werden.

Ausdrücklich wird auch von Prof. Dr. med. N als "Provokationsfaktor des Ekzems" eine Besiedlung mit Pilzen genannt, so dass die früher geäußerten Diagnosen, nämlich Pilzerkrankung in der Analregion, vom Prinzip her korrekt sei, man etwa genauer aber von einem atopischen Analekzem sprechen müsste, das mykotisch überlagert gewesen sei.

Damit kommen die stattgehabten Diarrhoen ebenso wie die nachgewiesenen mykotischen Infektionen und Hämorrhoiden als mögliche Ursachen konkret in Betracht, wie auchProf. Dr. med. G in seinem Sachverständigengutachten das beim Kläger bestehende Analekzem zu einem ganz wesentlichen Teil auf eine über Jahre bestehende Hefepilzerkrankung (Candidose) der Analregion zurückführt.

Dies steht in Übereinstimmung mit der Aktenlage: In einem Arztbrief des E Klinikums vom September 1994 wird das Analekzem als mit weißlichen Belägen geschildert, wobei mikrobiologische Abstriche eine bakterielle sowie mykotische Superinfektion des Ekzems ergaben. Durch eine antimykotisch-topische Behandlung konnte eine deutliche Besserung des Befundes erreicht werden.

Im September 1994 wurden bei einer stationären Behandlung des Klägers im E Klinikum Hautveränderungen im Sinne einer mikrobiell superinfizierten atopischen Dermatitis gedeutet und so behandelt, dass es im Verlauf des stationären Aufenthaltes zu einem Abheilen der Haut und einer deutlichen Verbesserung des Analekzems kam.

In einem Befundbericht für ein Gutachten des Rentenversicherungsträgers des Klägers (Dr. S, B) wird die Hauterkrankung als ekzematisierte Mykose und Psoriasis bezeichnet, ein Analekzem wird nicht erwähnt.

In einem Brief des Klägers vom November 1995 bezeichnet er den Kontakt mit Mehlstäuben zwar als Auslöser gastrointestinaler Beschwerden sowie des Analekzems. Er gibt allerdings auch an, dass die genannten Beschwerden auch auf Konservierungsmittel, Milchprodukte, Eiweiß, Fleisch und Fett auftreten würden, also mithin für Substanzen, für die keine direkte berufliche Exposition anzunehmen ist.

In einem Arztbrief des behandelnden Hautarztes vom März 1996 wird geschildert, dass die Hautveränderungen des Patienten nach systemischer Gabe eines Antimykotikums vollständig abgeheilt seien. In einem Gutachten vom April 1998 (Internist Dr. med. M) ist das anale Ekzem wieder als floride ca. handflächengroß beschrieben, hier werden bei der körperlichen Untersuchung auch ca. bis 1,5 cm große rötliche Flecken beschrieben. Im Januar 1999 erfolgte eine Aufnahme in das Universitätsklinikum E, hier ist das Analekzem wieder als akut (gerötet, nässend, scharf abgrenzbar) beschrieben. Im weiteren Verlauf kam es dann bei weitgehender Allergenkarenz laut anamnestischen Angaben des Klägers zu einer weitgehenden Abheilung, schließlich unter einer systemischen Kortikoidtherapie seit 2001 zu einem kompletten Verschwinden der Hautveränderungen. Demnach gibt es mehrere konkreten andere Ursachung einer Verschlimmerung, sodass sich nicht feststellen lässt, dass eine Verschlechterung des Analekzems entfiele, wenn der Kläger nicht im Getreidestaub gearbeitet und auf Körner gebissen hätte.

Soweit Prof. Dr. in seinem Gutachten vom 28. Juni 2011 zur Begründung Frau Dr. zitiert, sie habe in ihrem lungenfachärztlichen Gutachten vom 31. Juli 1997 geschrieben, " dass sich auf der Grundlage dieser beruflich bedingten Getreideallergie Nahrungsmittelallergien und ein Analekzem sowie an der Körperhaut entwickelt haben", ist auch dies kein überzeugendes Argument. Diese fachfremde Äußerung der Lungenfachärztin ist im Einzelnen nicht von ihr begründet worden.

Auch der Hinweis des Gutachters auf anamnestische Angaben des Klägers, wonach seit ca. 1991 ein Zusammenhang mit Exazerbationen der Hauterkrankungen mit oralen Expositionen genannt werde (Brot-Brötchen-Beißproben), ist kein überzeugendes Argument. Zum einen bleibt dieser Hinweis inkonkret: Nicht genannt wird, wann welche körperliche Reaktion auf welche orale Aufnahme erfolgte. Zum anderen folgt hieraus insbesondere der Hinweis, dass ebenso der orale Verzehr von Getreideprodukten im unversicherten privaten Bereich des Klägers die Exazerbationen der Hauterkrankungen verursacht haben kann, sodass erneut nicht nachvollziehbar ist, womit begründbar ist, dass der Erfolg ohne die berufliche orale Aufnahme und Staubeinwirkung von Getreide entfiele.

Zweifelbehaftet ist die Beurteilung von Prof. Dr. R dass die Verschlechterung der Hauterscheinungen "am ehesten durch die oralen Korn-Beißproben bedingt" sei, auch deshalb, weil er der Anzahl von 50-60 Kornbeißproben in einem jährlichen (Ernte-)Zeitraum von ca. Juli bis September eine entscheidende Bedeutung beimisst. Allerdings lassen sich keine zweifelsfreien Feststellungen zur Menge einer oralen Aufnahme des Korn durch den Kläger treffen. Die genannten Zahlen beruhen auf den vom Senat nicht nachvollziehbaren Angaben des Klägers. Hingegen bietet die Aussage der Zeugin A S hierfür keinen Anlass. Sie sagte aus, Verkostungen seien ihr nicht bekannt. Sie wüsste nicht, weshalb das Erfordernis bestanden haben sollte, Getreide bei der Probenentnahme in den Mund zu nehmen. Die Feststellung des Reifegrades sei im Drusch erfolgt.

Die Aussagen der vernommenen Zeugen H und S lassen ebenfalls Feststellungen zur Menge und Häufigkeit einer oralen Aufnahme des Korns durch den Kläger nicht zu. Aus ihren Aussagen folgt lediglich, dass der Kläger in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in Korn gebissen hat. Der Zeuge H sagte aus, er habe mehrfach gesehen, wie der Kläger in das Getreide gebissen habe. Der Zeuge S sagte u. a. aus, zur Qualitätskontrolle sei auch Korn zerbissen und gekostet worden, anschließend sei es ausgespuckt worden.

Der Hinweis des Sachverständigen auf das Bamberger Merkblatt 2004 zur Latex-Manifestation am Atemwegssystem als auch an der Haut erschließt eine Begründung des Kausalzusammenhangs zwischen beruflichem Kontakt des Klägers mit Getreide und der Hauterkrankung nicht. Der Text weist nur auf eine Möglichkeit hin, ohne im Fall des Klägers einen Ursachenzusammenhang begründen zu können.

Im Bamberger Merkblatt wird auf Seite 13 ausgeführt:

"Bei einzelnen Sensibilisierungen wie zum Beispiel Latex kommt es vor, dass sowohl eine Haut- als auch eine Atemwegssymptomatik besteht. Da es sich um ein einheitliches allergisches Krankheitsgeschehen mit Symptomen an verschiedenen Organen handelt, sind derartige Konstellationen als Systemerkrankung als ein Versicherungsfall – gestützt auf die BK Nr. 5101 und Nr. 4301 zu behandeln und es ist eine Gesamt-MdE mit Einschluss der Auswirkungen der Allergie zu bilden ".

Auch die Auffassung des Gutachters, im Gegensatz zu Prof. Dr. Nsei unerheblich, über welchen Weg die Allergene (oral-inhalativ-Kontakt) den Patienten erreichten, entscheidend sei, dass dies beruflich bedingt erfolge, selbst wenn inhalative Allergene immer wieder in geringen Mengen verschluckt würden, könnten sie zu gastrointestinalen Krankheitserscheinungen führen, verhilft seiner Auffassung nicht zur überzeugenden Begründung. Auch hiermit weist er nur auf eine denkbare Möglichkeit hin.

Wie dargelegt sind allerdings Magen-Darmerkrankungen nicht in einer Ordnungsnummer der Liste der BKen genannt. Und eine Quasi-BK ist nicht streitgegenständlich. Zudem blieb - wie dargelegt- nach dem fachärztlichen Gutachten des Internisten und Allergologen Dr. med. Bvom 15. September 1995 die dort durchgeführte gastrointestinale Provokation auf Roggen- und Weizenmehl negativ.

Zudem teilt Prof. Dr. diese Auffassung einer Verschlechterung durch Arbeit unter Getreideexposition nicht. Im Hinblick auf eine richtunggebende Verschlimmerung führte aus, dass das Ausmaß des schicksalhaft verlaufenden, nicht berufsbedingten Analekzems durch vielerlei Faktoren beeinflusst worden sei, wobei bei schweren Diätfehlern durchaus eine richtunggebende Verschlechterung eingetreten sein könne. Es sei allerdings nicht wahrscheinlich, dass die Exposition mit getreidehaltigem Staub zu einer richtunggebenden Verschlechterung des Analekzems geführt habe, da es nicht zu einem direkten Kontakt dieser Allergene mit der Analregion gekommen sei. Zwar gebe es auch erste Hinweise darauf, dass eine außerordentlich hohe Konzentration an Aeroallergenen Hauterscheinungen hervorrufen könne, wie bei der klassischen Ekzemreaktion nach Typ IV, doch müssten dabei außerordentlich hohe Konzentrationen und Mengen dieses Allergens über viele Stunden bis Tage auf die Haut einwirken. Dies sei als Auslöser bei dem Kläger wenig wahrscheinlich, da die Getreidestäube nicht über Stunden oder Tage in hoher Konzentration zwischen den Gesäßhälften verblieben sein dürften.

Zwar hat er in seiner Stellungnahme vom 14. November 2002 mitgeteilt, dass für den Verlauf einer Neurodermitis nicht nur der unmittelbare Kontakt der Allergene mit der Haut für die Ekzematisation allein verantwortlich seien; es könne durchaus so sein, dass bei einer massiven Exposition des Körpers (versehentliche Nahrungsaufnahme mit größeren Mengen eines Allergens) ein Ekzem sich manifestiere oder verschlechtere. Allerdings hat er damit nur eine Möglichkeit eröffnet. Zudem setzt er eine "massive" Exposition voraus. Der Senat vermag eine solche allerdings wie dargelegt nicht festzustellen, da nicht klärbar ist, in welchem Umfang es zu einer Aufnahme des Getreides durch den Kläger gekommen ist. Der Kläger selbst hat unterschiedliche Angaben hierzu gemacht.

Auch die Stellungnahme von Prof. Dr. med. N vom 22. Januar 2003, wonach eine ausreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Nahrungsmittelallergie im Sinne einer Teilursache zur Verschlimmerung des vor bestehenden Leidens beitrage, führt zu keiner Begründung einer beruflichen Mitursache. Denn eine Nahrungsmittelallergie ist keine BK im Sinne der Liste zu BKV. Nach allem lässt sich eine BK hinsichtlich der Hauterkrankung des Klägers nicht begründen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente nach einer MdE von 20 v. H. wegen eines mit Bescheid vom 21. November 1995 als Berufskrankheit anerkannten exogenen Asthma bronchiale nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO.

Der Bescheid vom 15. Oktober 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1998 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 21.November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1996.

Nach § 44 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurück zu nehmen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass der Bescheide vom 21. November 1995 und 26. Februar 1996 das Recht nicht unrichtig angewandt, auch ist sie nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Die Beklagte hat zutreffender Weise mit Bescheid vom 21. November 1995 einen Rentenanspruch des Klägers wegen der anerkannten BK Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO abgelehnt. Die BK bzw. deren Folgen rechtfertigen keine MdE von 20 v. H. allenfalls 10 v. H.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII - vorangegangen § 581 RVO - haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls - hier einer BK - über die 26. Woche - nach RVO über die 13. Woche - nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbsleben. Bei der Bemessung der MdE werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen in Folge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII, § 581 Abs. 2 RVO).

Die Bemessung des Grades der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (zuletzt BSG Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Burchardt in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Juni 2006, § 56 RdNr 67 ff). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr 1).

Um die MdE beurteilen zu können, sind die Beeinträchtigungen des aktuellen körperlichen und geistigen Leitungsvermögens ausgehend von konkreten Funktionseinbußen festzustellen (BSG Urteil vom 18.1.2011- B2 U 5/10 R). Solche sind nicht feststellbar.

Seit der Begutachtung durch die Chefärztin der Abteilung Allergologie und Asthma der damaligen Fachklinik für Lungenkrankheiten und Tuberkulose BDr. med. R sind keine Funktionseinbußen des Klägers festzustellen. Sie hat keine Beeinträchtigungen seines aktuellen körperlichen Leistungsvermögens festgestellt. Sie hat in ihrem Nachgutachten vom 22. Dezember 1994 ein Asthma Bronchiale ohne nachweisbare Hyperreagibilität diagnostiziert. Die lungenfunktionelle Situation beurteilte sie als "vollkommen unauffällig". Die Histaminprovokation fiel negativ aus. Die MdE wurde mit 10 v. H. bewertet.

In dem Erstgutachten über eine Berufskrankheit vom 29. August 1991 sind keine Funktionseinbußen festgestellt worden. Dort wurde keine unspezifische bronchiale Hyperaktivität, im EKG keine pathologische Belastungsreaktion, keine Restriktion, keine Obstruktion festgestellt. Die MdE ist mit 10 v. H. bewertet worden.

Auch Dr. stellte bei seiner Untersuchung am 22.3.1995 keinen Nachweis einer obstruktiven Ventilationsstörung, keinen Nachweis einer bronchialen Hyperreaktivität fest.

Dr. M teilte im Gutachten vom 02. April 1998 im Rechtsstreit S 4 R 79/97 mit, dass sich die Atemwegsproblematik nach dem Ausscheiden aus dem allergenbelasteten Berufsmilieu deutlich gebessert habe.

Die Beurteilung der MdE mit unter 20 v. H. entspricht dem Gesamtergebnis des Verfahrens und den in der Literatur zur BK 4103 niedergelegten Erfahrungswerten.

Der Sachverständige Prof. Dr. med. S hat mitgeteilt, die MdE für eine nach Beendigung der ursächlichen Allergenexposition nur noch latent vorliegende allergisch bedingte Atemwegserkrankung betrage maximal 10 v. H. (Schönberger-Mehrtens-Valentin, 7. Auflage, 2003, S. 1133). Diese Einschätzung entspreche weiterhin auch den aktuellen Empfehlungen des Reichenhaller Merkblatts von 2006 mit aktueller Überarbeitung. Die Beurteilung des Sachverständigen entspricht auch der aktuellen 8.Auflage von Schönberger u.a; (dort Seite 1072) und auch früheren Auflagen für die vorangegangenen Zeiten ab 1993).

Der Kläger selbst beansprucht eine MdE mit 20 v. H. nicht mehr wegen der gesundheitlichen Folgen der BK. Er hat am 22. Januar 2001 erklärt, der Husten sei nicht mehr so stark wie bei seiner Arbeit. Soweit er zunächst im Verfahren geltend gemacht hat, Frau Dr. R habe in einem Gutachten gegenüber der damaligen BfA eine Verschlechterung festgestellt, beruft er sich hierauf nicht mehr. Tatsächlich hat Frau Dr. R in diesem Gutachten keine Begründung für eine Verschlechterung abgegeben.

Auch gibt es keinen Hinweis dafür, dass eine Nahrungsmittelallergie "MdE-erhöhend als Vorschaden" zu berücksichtigen sein könnte, wie es der Kläger geltend macht.

Zwar werden gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog Vorschäden), die bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bestanden haben, nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur bei der Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung Allerdings sind solche nicht feststellbar, wie Prof. Dr. S nach Auswertung aller Unterlagen festgestellt hat. Dies entspricht der Aktenlage.

1990 wurde das Asthma beim Kläger festgestellt. 1994 wurde erstmals eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vom E-Klinikum erwähnt, wie Prof. Dr. S nach Auswertung aller Unterlagen mitgeteilt hat. Entsprechend hat der Gutachter ausgeführt, dass beim Kläger keine gesundheitlichen Vorschäden feststellbar sind, die zu einer stärkeren Auswirkung der anerkannten Atemwegserkrankung geführt haben könnten. Der Kläger hat sich selbst darauf berufen, dass sich die Nahrungsmittelallergie nach dem Auftreten seiner Hauterkrankung – und damit auch zeitlich nach seiner Atemwegserkrankung eingestellt hat.

Auch sind besondere Nachteile i. S. des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII hier nicht zu berücksichtigen. Die Vorschrift sieht wie ihre Vorläuferbestimmung in § 581 Abs. 2 RVO bei der Bemessung der MdE die Berücksichtigung von Nachteilen vor, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Bereits vor der Einfügung der Vorschrift durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl I 241) entsprach es der ständigen Rechtsprechung des BSG, zur Vermeidung unbilliger Härten bei der Bemessung der MdE auch die Auswirkungen der Unfallfolgen auf den Lebensberuf des Verletzten im Einzelfall angemessen, nicht etwa ausschlaggebend, zu berücksichtigen (vgl. BSGE 1, 174, 178; BSGE 4, 294, 298). Das BSG hat dazu ausgeführt: "Seit dem Inkrafttreten des § 581 Abs. 2 RVO (heute § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII) sind die bis dahin entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung gesetzlich normiert. Allerdings lässt diese unfallversicherungsrechtliche Regelung keine allgemeine Berücksichtigung der besonderen beruflichen Betroffenheit - etwa entsprechend den Grundsätzen des § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes - zu. Eine derartige Auslegung widerspräche der Systematik des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung, das für die Bemessung der Verletztenrente anders als das Versorgungsrecht für Beschädigtengrundrenten nicht lediglich ohne Rücksicht auf Alter und Einkommen des Beschäftigten allein nach der Höhe der MdE zu gewährende Pauschalsätze vorsieht, sondern (auch) den individuelleren Maßstab des vom Verletzten während des letzten Jahres vor dem Versicherungsfall verdienten Arbeitsentgelts (§§ 56 Abs. 3, 81 ff SGB VII) zugrunde legt (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 7 mwN). Die eine Höherbewertung der MdE rechtfertigenden Nachteile liegen im Rahmen des § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VII nur dann vor, wenn unter Wahrung des in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde (stRspr seit BSGE 23, 253, 255 = SozR Nr. 2 zu § 581 RVO; zuletzt BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 7). Selbst wenn der Verletzte seinen erlernten Beruf in Folge des Versicherungsfalles nicht mehr ausüben kann, muss dies daher nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung der MdE führen" (Urteil vom 5.September2006,B 2 U 25/05 R Rz18 zitiert nach juris.). Als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist, hat das BSG insbesondere das Alter des Verletzten, die Dauer der Ausbildung sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit und auch den Umstand bezeichnet, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete sowie schließlich, dass der Versicherungsfall einen unzumutbaren sozialen Abstieg hervorgerufen hat (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 7, S. 29, 30 m.w.N.). Nach den vorgenannten Maßstäben, die der Senat zugrunde legt, lassen sich die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII hier nicht feststellen. Es ist bereits nicht feststellbar, dass der Kläger besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann. Der Kläger selbst machte im Erörterungstermin vom 22. Januar 2001 geltend, seine Erfahrungen mit der Aufbereitung und Lagerung von Getreide seien als solche zu beurteilen. Diese Beurteilung teilt der Senat nicht. Der Kläger übte über 31 Jahre (von 1963 bis 1994) im selben Betrieb eine Tätigkeit aus, wie sie sonst in Betrieben der Getreide-/ Saatgutlagerbetriebe, Kraftfuttermischwerken, Trockenwerken, Mühlenbetrieben, Handelseinrichtungen, Instituten und wissenschaftlichen Einrichtungen wie z. B. Saatzuchtstationen/Versuchsstationen sowie beim Getreideumschlag in Binnen- und Seehäfen in vielen Arbeitsstätten der ehemaligen DDR ausgeübt worden ist (vgl. hierzu Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen, Band SR 1, Berufe der ehemaligen DDR, landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Berufe, Gartenbauberufe, Berufe in den Bereichen Nahrungsmittelherstellung und Verarbeitung, herausgegeben von der Bundesanstalt für Arbeit, Stand, Ausgabe 1993 unter der Ziffer 432 o.O., Facharbeiter für Getreidewirtschaft, B 0.41 Arbeitsstätten im Inland, das den Beteiligten zur Kenntnis gegeben wurde).

Neben den rein fachtechnischen Anforderungen gehörte zum Berufsbild des Klägers zwar auch die verantwortliche Leitung einer Gruppe (vgl. von ihm eingereichte Charakteristik der Arbeitsaufgaben bzw. Arbeitsanforderungen nach Qualifikation und Verantwortung, insoweit in Übereinstimmung mit dem Tätigkeitskatalog, wie er für "Meister für Getreidewirtschaft" in gabi unter Nr. B 7.2/08 beschrieben wird, a.a.O.). Auch dies führt aber nicht zu einer Beurteilung seiner Tätigkeit als einer besonders hervorgehobenen, mit einer außergewöhnlich günstigen Stellung im Erwerbsleben verbundenen, wie sich auch an seiner Bezahlung nach Tarif zeigt. Der Kläger war nach der Wende nach dem Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende der Futtermittelindustrie, des Landhandels, des Getreidehandels und der Getreidelagerung in Gebieten der neuen Bundesländer, gültig ab 01. Juli 1991 eingestuft worden, und zwar wie ein kaufmännischer Angestellter mit Leitungsfunktion in die Gehaltsgruppe K 5 mit einem monatlichen Tarifentgelt von 2.351 DM (vgl. Mitteilung über die Veränderung des Tarifentgelts vom 07. August 1992). Damit gehörte er zwar zu den Höchstgelohnten, unterschied sich aber insoweit nicht von den ebenfalls in den zu vielen Tausenden in diese Tarifgruppe eingestuften Personen in Führungspositionen.

Der Kläger hatte auch durch das Ausscheiden aus dem Berufsleben zwar eine finanzielle Einbuße, die aber keinen so starken erheblichen finanziellen Nachteil bedeutet, dass deswegen schon eine unbillige Härte im Sinne des § 581 Abs. 2 RVO vorliegt. Denn ausweislich des Rentenbescheides vom 19. September 1997 (enthalten in der beigezogenen Rentenversicherungsakten des Klägers) bezog er ab dem 01. Februar 1995 rückwirkend Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (bei verschlossenem Teilzeitarbeitsmarkt) von zunächst 1.523,42 DM. Damit lag seine wirtschaftliche Einbuße unter einem Drittel seines vorherigen Gehaltes.

Eine besondere Härte i. S. des § 581 Abs. 2 RVO erwächst auch nicht daraus, dass der Kläger bei seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben 52 Jahre alt war (1942 bis 1994) und seinen Beruf als Lagerleiter infolge des Versicherungsfalls nicht mehr hat ausüben können.

Wie das BSG in seinem Urteil vom 05. September 2006 (B 2 U 25/05 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 2) entschieden hat, muss die Aufgabe des erlernten Berufs infolge des Versicherungsfalls gerade nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung der MdE führen. Es hat dies in einem Fall, in dem der Kläger einen qualifizierten Facharbeiterberuf ausgeübt hat, unter Hinweis auf den Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung verneint. Ähnlich liegt der Fall auch hier, da der Kläger ebenfalls "nur" einen qualifizierten Facharbeiterberuf ausgeübt hat.

Die vom Kläger vor Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübte Tätigkeit als Lagerleiter ist nicht aufgrund der Dauer der Ausbildung hervorgehoben. Es handelte sich insoweit um eine qualifizierte Facharbeitertätigkeit, die der Kläger seit dem 01. Januar 1963, noch bevor er seinen Facharbeiterbrief (für Be- und Verarbeitung von Körnerfrüchten, vgl. Facharbeiterzeugnis vom 16. November 1971) erlangt hatte, ausgeübt hat und für die er sich durch die Ablegung der Meisterprüfung in der Fachrichtung Lagerwirtschaft (am 05. Dezember 1974, vgl. Zeugnis der Ingenieurschule für Getreidewirtschaft G) weiter qualifiziert hat.

Sonstige Umstände, die zu einer unbilligen Härte im Sinne des § 581 Abs. 2 RVO führen könnten, sind nicht ersichtlich.

Zur Einholung eines toxikologischen Gutachtens sieht sich der Senat nicht veranlasst. Die vorliegenden Gutachten weisen die erforderliche Sachkunde nach. Weder vorgetragen noch sonst erkennbar ist, welche zusätzliche Erkenntnis das vom Kläger im Jahr 2011 für erforderlich erachtete toxikologische Gutachten erbringen soll.

Dem Beweisantrag des Klägers vom 01. Dezember 2011 hat der Senat nicht nachzugehen, da das beantragte Gutachten der Beweisführung für jene BKen dient, die zur Zeit im Verwaltungsverfahren der Beklagten bearbeitet werden und im vorliegenden Berufungsverfahren nicht zu klären sind.

Nach allem sind die Berufungen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved