Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 13 AS 209/09 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 516/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 4. September 2009 wird die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 123,77 EUR monatlich für die Zeit ab dem 17. Juli 2009 bis zum 31. Juli 2010, längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, zu erstatten.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Antragsgegnerin zu übernehmenden Kosten der Unterkunft streitig. Streitig ist dabei insbesondere, ob die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten ist, die von dem Antragsteller gegenwärtig zu zahlenden Tilgungsraten für sein Eigenheim in Höhe von 123,77 EUR monatlich zu übernehmen.
Der 1956 geborene Antragsteller war vor dem Inkrafttreten des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) Bezieher von Sozialhilfeleistungen. Seit dem 1. Januar 2005 erhält er von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II. Der Antragsteller bewohnt ein Eigenheim Baujahr 1977 mit einer Wohnfläche von 80 m², dessen Finanzierung die Mutter des Antragstellers 1977 begonnen hatte und die nach deren Tod im Jahr 2003 von dem Antragsteller fortgeführt wird. Die gegenwärtig zu leistende monatliche Rate beläuft sich auf 179,00 EUR. Bis zum 31. Dezember 2004 berücksichtigte der Sozialhilfeträger Kosten der Unterkunft in Höhe von 131,19 EUR monatlich. Die Antragsgegnerin gewährte zunächst vom 1. Januar bis 30. April 2005 Kosten der Unterkunft in derselben Höhe. Sodann übernahm sie vom 1. Mai bis 31. Oktober 2005 monatlich 168,69 EUR und vom 1. November 2005 bis 30. April 2009 173,69 EUR monatlich. Gegen den den Bewilligungszeitraum vom 1. November 2008 bis 30. April 2009 betreffenden Bescheid vom 27. Oktober 2008 erhob der Antragsteller am 28. November 2008 Widerspruch und machte geltend, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Hinweis auf das Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06 R) habe der Grundsicherungsträger im Falle selbstgenutzten Wohneigentums diejenigen Kosten zu übernehmen, die er ansonsten für eine angemessene Mietwohnung zu tragen hätte. Hier sei zu berücksichtigen, dass das Darlehen für sein Eigenheim bereits weitgehend abgezahlt sei, so dass es nicht um den Aufbau, sondern um den Erhalt bereits bestehender Vermögenswerte gehe. Die Rückzahlungsrate belaufe sich auf 179,00 EUR monatlich. Im Vergleich dazu seien für eine angemessene Mietwohnung mit einer Größe von 45 m² bei einer anzusetzenden Kaltmiete von 4,00 EUR pro m² - auch unter Berücksichtigung der Nebenkosten und Heizkosten - keine geringeren Kosten zu veranschlagen. Mit Bescheid vom 13. Januar 2009 hob die Antragsgegnerin für die Zeit ab dem 1. Februar 2009 die Leistungsbewilligung im Umfang von 131,19 EUR mit der Begründung auf, der Antragsteller sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, indem er angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt habe. Zugleich erteilte die Antragsgegnerin Änderungsbescheid unter dem 13. Januar 2009 und bewilligte für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2009 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich noch 42,50 EUR monatlich. Auch hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch am 13. Februar 2009. Er legte u. a. ein Schreiben der Kreissparkasse LJ. vom 2. Dezember 2008 vor, wonach eine Verringerung der vertraglich vereinbarten Tilgungsleistungen oder einer Aussetzung von Leistungsraten nicht in Betracht komme. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 26. Februar 2009 bewilligte die Antragsgegnerin nunmehr für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2009 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 131,90 EUR. Abermalige Änderung erfolgte durch den Änderungsbescheid vom 20. März 2009, mit dem nunmehr Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 137,57 EUR monatlich (darin enthalten Darlehenszinsen in Höhe von 55,23 EUR) für den vorgenannten Zeitraum übernommen wurden. Diesen Betrag bewilligte die Antragsgegnerin auch für den nachfolgenden Leistungszeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2009 mit Bescheid vom 7. April 2009 bzw. Änderungsbescheid vom 6. Juni 2009. Entsprechende Widerspruchserhebungen erfolgten am 26. März 2009 und 6. Mai 2009. Durch Widerspruchsbescheide vom 18. Juni 2009 und 22. Juli 2009 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus, die sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergebenden Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen im Rahmen der angemessenen Kosten für Unterkunft seien hier nicht erfüllt, weil nicht nachgewiesen sei, dass die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen zum Erhalt der Immobilie zwingend erforderlich sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2009 hat der Antragsteller am 17. Juli 2009 Klage erhoben und zugleich Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 123,77 EUR zu zahlen.
Das Sozialgericht hat zunächst eine Auskunft der Sparkasse LJ. vom 7. August 2009 zu den Einzelheiten des Darlehensvertrages eingeholt. Weiter hat die Antragsgegnerin auf telefonische Anhörung des Sozialgerichts am 26. August 2009 mitgeteilt, die von dem Antragsteller begehrten Zahlungen würden unterhalb des üblicherweise von der Antragsgegnerin als angemessene Kosten der Unterkunft angesehenen Betrages liegen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei jedoch nach ihrer Auffassung so zu verstehen, dass die Übernahme von Tilgungsleistungen nur in Betracht komme, sofern die Zwangsvollstreckung drohe. Dies sei hier nicht gegeben. Sodann hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 4. September 2009 den Eilantrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund seien hinreichend glaubhaft gemacht. Zum Anordnungsanspruch sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die Übernahme von Tilgungsleistungen für ein selbstgenutztes Eigenheim nicht von vornherein ausschließe. Es sei jedoch auch zu berücksichtigen, dass das Arbeitslosengeld II lediglich der Sicherung des Lebensunterhalts und nicht auch der Vermögensbildung diene. Dementsprechend sei zu fordern, dass die Kosten in Form von Tilgungsleistungen zur Erhaltung des Wohneigentums unvermeidbar seien. Vor Inanspruchnahme staatlicher Leistungen müssten Hilfebedürftige alles unternehmen, um die Tilgungsverpflichtung während des Bezugs von Grundsicherungsleistungen so niedrig wie möglich zu halten. Der Antragsteller habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Übernahme der Tilgungsraten in diesem Sinne unvermeidbar sei. Insbesondere sei nicht glaubhaft gemacht, dass die darlehensführende Bank die Aussetzung oder Absenkung der Tilgungsraten derzeit ablehne. Ebenso sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Bank sofort Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten oder auch nur das Darlehen kündigen werde, wenn nur noch Zinsen, aber kein Tilgungsleistungen mehr gezahlt würden. Hieraus ergebe sich weiter, dass auch der erforderliche Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei.
Der Antragsteller hat am 2. Oktober 2009 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde erhoben. Er trägt sinngemäß vor, im Falle der Einstellung der Tilgungsleistungen sei die Bank berechtigt, den Darlehensvertrag zu kündigen und die Immobilie zu verwerten. Ihm könne nicht zugemutet werden, sich diesem Risiko auszusetzen, um im Hinblick auf den Anordnungsgrund eine klare Aussage der Bank zu erhalten. Vielmehr sei nach Kündigung des Darlehens die Verwertung der Sicherheiten nicht mehr abzuwenden. Ergänzend legt der Antragsteller ein Schreiben der Kreissparkasse LJ. vom 17. September 2009 vor, wonach im Falle der Nichtzahlung der monatlichen Leistungsraten von 179,00 EUR die Übertragung der Angelegenheit an den Fachbereich Kreditabwicklung in ihrem Hause und von dort die Fälligstellung der Kreditverpflichtung bzw. die Verwertung der Sicherheiten in die Wege geleitet werde. Im Verlauf des Verfahrens legt der Antragsteller weitere Schreiben der Kreissparkasse LJ. vom 22. Oktober 2009 und 6. Januar 2010 vor. Darin wird nochmals bestätigt, dass eine Zwangsversteigerung der Immobilie erfolge, sofern der Kredit nicht weiter bedient werde.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 4. September 2009 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 123,77 EUR zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts und trägt ergänzend vor, die Ankündigung der Sparkasse LJ. im Hinblick auf eine Verwertung der Immobilie sei allgemein und ggf. auch unwirtschaftlich. So hätte eine Zwangsvollstreckung möglicherweise eine Privatinsolvenz des Antragstellers zur Folge, die zu einem erheblichen Verlust auf Seiten der Sparkasse führe. Näher liegender sei eine Tilgungsaussetzung verbunden mit einem Zinsaufschlag. Insoweit sei mit der Darlehensgeberin zu klären, ob und mit welchem vertretbaren Zinssatz eine Umschuldung in eine andere Darlehensform in Betracht komme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein Rechtsverhältnis gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs) als auch ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), die glaubhaft zu machen sind (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung - ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebotes, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -), ist von diesem Grundsatz jedoch dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare später nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988, Az. 2 BvR 745/88 = BVerfGE 79, 69 ff.; Beschluss vom 22. November 2002, Az. 1 BvR 1586/02 = NJW 2003, 1236 f.). Weiter ist zu berücksichtigen, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern eine Wechselbeziehung besteht. Die Anforderungen an den Anordnungsanspruch sind mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Beschluss des 7. Senates des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Juni 2005, Az. L 7 AS 1/05 ER; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet und das angegriffene Verwaltungshandeln offensichtlich rechtswidrig bzw. bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Leistungsträgers, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Mai 2004, Az: L 16 B 15/04 KR ER; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 31. Juli 2002, Az: L 18 B 237/01 V ER). In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, wobei jedoch auf einen Anordnungsgrund nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden.
Davon ausgehend ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der erforderliche Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zutreffend hat der Antragsteller auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verwiesen (Urteil vom 18. Juni 2008 a.a.O.), wonach Tilgungsleistungen einer selbstgenutzten angemessenen Immobilie vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind, wenn der Hilfebedürftige ansonsten seine Wohnung aufgeben müsste. Bei der von dem Antragsteller bewohnten Immobilie ist nach summarischer Prüfung von Angemessenheit i. S. des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II und damit von Schonvermögen auszugehen. Insoweit erstreckt sich nach der Aktenlage (Bl. 2 der Verwaltungsakte) die Wohnfläche auf 80 m². Eine solche Wohnfläche ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Mindestgröße anzusehen, die auch bei einer Belegung mit nur einer Person angemessen ist (vgl. Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 2/05 R und Urteil vom 18. Juni 2008 a.a.O.). Die hier für die Unterhaltung der Immobilie anfallenden Kosten einschließlich einer monatlichen Tilgung in Höhe von 123,77 EUR übersteigen auch nicht die abstrakte Angemessenheitsgrenze im Hinblick auf eine Mietwohnung. Insoweit hat die Antragsgegnerin in einem Telefongespräch mit dem Sozialgericht vom 26. August 2009 (Telefonvermerk Blatt 48) eingeräumt, dass die von dem Antragsteller begehrte Zahlung sogar unterhalb der vom Leistungsträger üblicherweise als angemessen angesehenen Kosten der Unterkunft liegt. Damit ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die von dem Antragsteller geltend gemachten Kosten der Unterkunft die angemessenen Kosten einer Mietwohnung nicht überschreiten, so dass es - zumindest im summarischen Eilverfahren - insoweit keiner weiteren Klärung bedarf. Weiter steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ohne die Übernahme der Tilgungsraten durch die Antragsgegnerin ein Verlust des Wohneigentums des Antragstellers droht. Die bevorstehende Zwangsvollstreckung, die zu einem Verlust der grundgesetzlich geschützten Wohnung führen würde, ist vorliegend ausreichend konkret, denn die Darlehensgeberin hat in mehreren Schreiben zum Ausdruck gebracht, dass sie im Falle der Einstellung bzw. der teilweisen Einstellung der monatlichen Zahlungen in Höhe von 179,00 EUR das Darlehen fällig stellen und die Verwertung der Immobilie in die Wege leiten werde. Hieran ist nicht zu zweifeln, weil das von der Sparkasse LJ. geschilderte Prozedere dem üblichen Vorgehen von Kreditinstituten entspricht. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber vorgetragen hat, eine Zwangsvollstreckung sei aus der Sicht der Darlehensgeberin unwirtschaftlich und diese werde deshalb davon absehen, ist dies zum einen spekulativ und zum anderen nicht schlüssig. Nach der dem Sozialgericht erteilten Auskunft vom 7. August 2009 hat die Sparkasse LJ. mitgeteilt, dass das Darlehenskonto zum 7. August 2009 einen Sollsaldo in Höhe von 11.064,41 EUR auswies. Warum angesichts dieses nur noch geringen Darlehensbetrages die Verwertung der Immobilie unwirtschaftlich sein soll, kann nicht nachvollzogen werden, denn der Wert der Immobilie, die 1977 erworben worden ist und für die die Mutter des Antragstellers ein Darlehen in Höhe von 75.000,00 DM (38.346,69 EUR) aufgenommen hat, geht unzweifelhaft über den vorgenannten Darlehensbetrag hinaus, so dass eine Zwangsvollstreckung unter Verwertung des Grundpfandrechts zu einer vollständigen Befriedigung der Sparkasse LJ. führen würde. Dementsprechend liegen auch die weiteren spekulativen Äußerungen der Antragsgegnerin zu einer möglichen Privatinsolvenz des Antragstellers neben der Sache. Im Ergebnis sind nach summarischer Prüfung alle nach der ausgeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geltenden Voraussetzungen für die Übernahme von Tilgungsraten erfüllt.
Ist damit der erforderliche Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, so lässt sich vorliegend auch der weiter erforderliche Anordnungsgrund bejahen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (Conradis, SGB II, Lehr- und Praxiskommentar, Anhang Verfahren Rdnr. 119). Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen anzunehmen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO, Rdnr. 29a). Gegeneinander abzuwägen sind die Folgen, die bei Erlass bzw. Ablehnung einer einstweiligen Anordnung für den unterliegenden Beteiligten entstehen würden, jeweils unterstellt, der Erlass bzw. die Ablehnung der Anordnung erfolgte aufgrund nachträglicher Prüfung im Hauptsacheverfahren zu Unrecht. Davon ausgehend würden dem Antragsteller im Falle einer unzutreffenden Ablehnung seines Antrages gravierendere Nachteile entstehen als der Antragsgegnerin im Falle einer im Ergebnis unzutreffenden Stattgabe des Antrages. Insoweit stünde zu befürchten, sofern der Antragsteller weiterhin unter Aufbietung aller Kräfte die monatlichen Tilgungsleistungen aus der Regelleistung erbringt, dass das Existenzminimum des Antragstellers in dem maßgeblichen Zeitraum nicht gewährleistet wäre. Diese Verletzung einer grundgesetzlichen Gewährleistung kann nicht durch eine nachträgliche Gewährung im Falle des Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren korrigiert werden. Für diesen ergäbe sich eine nachträglich nicht mehr zu schließende Rechtsschutzlücke. Dies gilt erst recht im Falle einer Einstellung der Tilgungsleistungen mit anschließender Verwertung des Eigenheims durch die Sparkasse LJ. aufgrund des bestehenden Grundpfandrechts. Insoweit ist - wie ausgeführt - die bevorstehende Zwangsvollstreckung auch ausreichend konkret. Gegenüber den geschilderten Nachteilen für den Antragsteller sind die Nachteile für die Antragsgegnerin deutlich weniger gravierend, sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass die einstweilige Anordnung zu Unrecht ergangen ist. Sollte sich nämlich ergeben, dass die einstweilige Anordnung von Anfang an ganz oder teilweise ungerechtfertigt war, ist der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung der Anordnung entsteht (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 945 ZPO).
Der Senat hält vorliegend eine Verpflichtung der Antragsgegnerin (ausgehend von dem 17. Juli 2009, dem Tag des Eingangs des Eilantrages bei dem Sozialgericht) für die Zeit bis zum 31. Juli 2010, längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, für angemessen. Dabei orientiert er sich daran, dass nach der gesetzlichen Konzeption der regelmäßige Bewilligungszeitraum sechs Monate (§ 41 Abs. 1 S. 4 SGB II) und im Falle nicht zu erwartender Veränderungen bis zu 12 Monate umfasst (§ 41 Abs. 1 S. 5 SGB II). Anhaltspunkte für relevante Änderungen in den Verhältnissen sind hier nicht ersichtlich, so dass es gerechtfertigt ist, die Verpflichtung auf einen Zeitraum von 12 Monaten zu erstrecken.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Antragsgegnerin zu übernehmenden Kosten der Unterkunft streitig. Streitig ist dabei insbesondere, ob die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten ist, die von dem Antragsteller gegenwärtig zu zahlenden Tilgungsraten für sein Eigenheim in Höhe von 123,77 EUR monatlich zu übernehmen.
Der 1956 geborene Antragsteller war vor dem Inkrafttreten des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) Bezieher von Sozialhilfeleistungen. Seit dem 1. Januar 2005 erhält er von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II. Der Antragsteller bewohnt ein Eigenheim Baujahr 1977 mit einer Wohnfläche von 80 m², dessen Finanzierung die Mutter des Antragstellers 1977 begonnen hatte und die nach deren Tod im Jahr 2003 von dem Antragsteller fortgeführt wird. Die gegenwärtig zu leistende monatliche Rate beläuft sich auf 179,00 EUR. Bis zum 31. Dezember 2004 berücksichtigte der Sozialhilfeträger Kosten der Unterkunft in Höhe von 131,19 EUR monatlich. Die Antragsgegnerin gewährte zunächst vom 1. Januar bis 30. April 2005 Kosten der Unterkunft in derselben Höhe. Sodann übernahm sie vom 1. Mai bis 31. Oktober 2005 monatlich 168,69 EUR und vom 1. November 2005 bis 30. April 2009 173,69 EUR monatlich. Gegen den den Bewilligungszeitraum vom 1. November 2008 bis 30. April 2009 betreffenden Bescheid vom 27. Oktober 2008 erhob der Antragsteller am 28. November 2008 Widerspruch und machte geltend, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Hinweis auf das Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06 R) habe der Grundsicherungsträger im Falle selbstgenutzten Wohneigentums diejenigen Kosten zu übernehmen, die er ansonsten für eine angemessene Mietwohnung zu tragen hätte. Hier sei zu berücksichtigen, dass das Darlehen für sein Eigenheim bereits weitgehend abgezahlt sei, so dass es nicht um den Aufbau, sondern um den Erhalt bereits bestehender Vermögenswerte gehe. Die Rückzahlungsrate belaufe sich auf 179,00 EUR monatlich. Im Vergleich dazu seien für eine angemessene Mietwohnung mit einer Größe von 45 m² bei einer anzusetzenden Kaltmiete von 4,00 EUR pro m² - auch unter Berücksichtigung der Nebenkosten und Heizkosten - keine geringeren Kosten zu veranschlagen. Mit Bescheid vom 13. Januar 2009 hob die Antragsgegnerin für die Zeit ab dem 1. Februar 2009 die Leistungsbewilligung im Umfang von 131,19 EUR mit der Begründung auf, der Antragsteller sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, indem er angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt habe. Zugleich erteilte die Antragsgegnerin Änderungsbescheid unter dem 13. Januar 2009 und bewilligte für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2009 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich noch 42,50 EUR monatlich. Auch hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch am 13. Februar 2009. Er legte u. a. ein Schreiben der Kreissparkasse LJ. vom 2. Dezember 2008 vor, wonach eine Verringerung der vertraglich vereinbarten Tilgungsleistungen oder einer Aussetzung von Leistungsraten nicht in Betracht komme. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 26. Februar 2009 bewilligte die Antragsgegnerin nunmehr für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2009 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 131,90 EUR. Abermalige Änderung erfolgte durch den Änderungsbescheid vom 20. März 2009, mit dem nunmehr Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 137,57 EUR monatlich (darin enthalten Darlehenszinsen in Höhe von 55,23 EUR) für den vorgenannten Zeitraum übernommen wurden. Diesen Betrag bewilligte die Antragsgegnerin auch für den nachfolgenden Leistungszeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2009 mit Bescheid vom 7. April 2009 bzw. Änderungsbescheid vom 6. Juni 2009. Entsprechende Widerspruchserhebungen erfolgten am 26. März 2009 und 6. Mai 2009. Durch Widerspruchsbescheide vom 18. Juni 2009 und 22. Juli 2009 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus, die sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergebenden Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen im Rahmen der angemessenen Kosten für Unterkunft seien hier nicht erfüllt, weil nicht nachgewiesen sei, dass die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen zum Erhalt der Immobilie zwingend erforderlich sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2009 hat der Antragsteller am 17. Juli 2009 Klage erhoben und zugleich Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 123,77 EUR zu zahlen.
Das Sozialgericht hat zunächst eine Auskunft der Sparkasse LJ. vom 7. August 2009 zu den Einzelheiten des Darlehensvertrages eingeholt. Weiter hat die Antragsgegnerin auf telefonische Anhörung des Sozialgerichts am 26. August 2009 mitgeteilt, die von dem Antragsteller begehrten Zahlungen würden unterhalb des üblicherweise von der Antragsgegnerin als angemessene Kosten der Unterkunft angesehenen Betrages liegen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei jedoch nach ihrer Auffassung so zu verstehen, dass die Übernahme von Tilgungsleistungen nur in Betracht komme, sofern die Zwangsvollstreckung drohe. Dies sei hier nicht gegeben. Sodann hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 4. September 2009 den Eilantrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund seien hinreichend glaubhaft gemacht. Zum Anordnungsanspruch sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die Übernahme von Tilgungsleistungen für ein selbstgenutztes Eigenheim nicht von vornherein ausschließe. Es sei jedoch auch zu berücksichtigen, dass das Arbeitslosengeld II lediglich der Sicherung des Lebensunterhalts und nicht auch der Vermögensbildung diene. Dementsprechend sei zu fordern, dass die Kosten in Form von Tilgungsleistungen zur Erhaltung des Wohneigentums unvermeidbar seien. Vor Inanspruchnahme staatlicher Leistungen müssten Hilfebedürftige alles unternehmen, um die Tilgungsverpflichtung während des Bezugs von Grundsicherungsleistungen so niedrig wie möglich zu halten. Der Antragsteller habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Übernahme der Tilgungsraten in diesem Sinne unvermeidbar sei. Insbesondere sei nicht glaubhaft gemacht, dass die darlehensführende Bank die Aussetzung oder Absenkung der Tilgungsraten derzeit ablehne. Ebenso sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Bank sofort Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten oder auch nur das Darlehen kündigen werde, wenn nur noch Zinsen, aber kein Tilgungsleistungen mehr gezahlt würden. Hieraus ergebe sich weiter, dass auch der erforderliche Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei.
Der Antragsteller hat am 2. Oktober 2009 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde erhoben. Er trägt sinngemäß vor, im Falle der Einstellung der Tilgungsleistungen sei die Bank berechtigt, den Darlehensvertrag zu kündigen und die Immobilie zu verwerten. Ihm könne nicht zugemutet werden, sich diesem Risiko auszusetzen, um im Hinblick auf den Anordnungsgrund eine klare Aussage der Bank zu erhalten. Vielmehr sei nach Kündigung des Darlehens die Verwertung der Sicherheiten nicht mehr abzuwenden. Ergänzend legt der Antragsteller ein Schreiben der Kreissparkasse LJ. vom 17. September 2009 vor, wonach im Falle der Nichtzahlung der monatlichen Leistungsraten von 179,00 EUR die Übertragung der Angelegenheit an den Fachbereich Kreditabwicklung in ihrem Hause und von dort die Fälligstellung der Kreditverpflichtung bzw. die Verwertung der Sicherheiten in die Wege geleitet werde. Im Verlauf des Verfahrens legt der Antragsteller weitere Schreiben der Kreissparkasse LJ. vom 22. Oktober 2009 und 6. Januar 2010 vor. Darin wird nochmals bestätigt, dass eine Zwangsversteigerung der Immobilie erfolge, sofern der Kredit nicht weiter bedient werde.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 4. September 2009 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 123,77 EUR zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts und trägt ergänzend vor, die Ankündigung der Sparkasse LJ. im Hinblick auf eine Verwertung der Immobilie sei allgemein und ggf. auch unwirtschaftlich. So hätte eine Zwangsvollstreckung möglicherweise eine Privatinsolvenz des Antragstellers zur Folge, die zu einem erheblichen Verlust auf Seiten der Sparkasse führe. Näher liegender sei eine Tilgungsaussetzung verbunden mit einem Zinsaufschlag. Insoweit sei mit der Darlehensgeberin zu klären, ob und mit welchem vertretbaren Zinssatz eine Umschuldung in eine andere Darlehensform in Betracht komme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein Rechtsverhältnis gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs) als auch ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), die glaubhaft zu machen sind (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung - ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebotes, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -), ist von diesem Grundsatz jedoch dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare später nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988, Az. 2 BvR 745/88 = BVerfGE 79, 69 ff.; Beschluss vom 22. November 2002, Az. 1 BvR 1586/02 = NJW 2003, 1236 f.). Weiter ist zu berücksichtigen, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern eine Wechselbeziehung besteht. Die Anforderungen an den Anordnungsanspruch sind mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Beschluss des 7. Senates des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. Juni 2005, Az. L 7 AS 1/05 ER; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet und das angegriffene Verwaltungshandeln offensichtlich rechtswidrig bzw. bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Leistungsträgers, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Mai 2004, Az: L 16 B 15/04 KR ER; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 31. Juli 2002, Az: L 18 B 237/01 V ER). In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, wobei jedoch auf einen Anordnungsgrund nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden.
Davon ausgehend ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der erforderliche Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zutreffend hat der Antragsteller auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verwiesen (Urteil vom 18. Juni 2008 a.a.O.), wonach Tilgungsleistungen einer selbstgenutzten angemessenen Immobilie vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind, wenn der Hilfebedürftige ansonsten seine Wohnung aufgeben müsste. Bei der von dem Antragsteller bewohnten Immobilie ist nach summarischer Prüfung von Angemessenheit i. S. des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II und damit von Schonvermögen auszugehen. Insoweit erstreckt sich nach der Aktenlage (Bl. 2 der Verwaltungsakte) die Wohnfläche auf 80 m². Eine solche Wohnfläche ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Mindestgröße anzusehen, die auch bei einer Belegung mit nur einer Person angemessen ist (vgl. Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 2/05 R und Urteil vom 18. Juni 2008 a.a.O.). Die hier für die Unterhaltung der Immobilie anfallenden Kosten einschließlich einer monatlichen Tilgung in Höhe von 123,77 EUR übersteigen auch nicht die abstrakte Angemessenheitsgrenze im Hinblick auf eine Mietwohnung. Insoweit hat die Antragsgegnerin in einem Telefongespräch mit dem Sozialgericht vom 26. August 2009 (Telefonvermerk Blatt 48) eingeräumt, dass die von dem Antragsteller begehrte Zahlung sogar unterhalb der vom Leistungsträger üblicherweise als angemessen angesehenen Kosten der Unterkunft liegt. Damit ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die von dem Antragsteller geltend gemachten Kosten der Unterkunft die angemessenen Kosten einer Mietwohnung nicht überschreiten, so dass es - zumindest im summarischen Eilverfahren - insoweit keiner weiteren Klärung bedarf. Weiter steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ohne die Übernahme der Tilgungsraten durch die Antragsgegnerin ein Verlust des Wohneigentums des Antragstellers droht. Die bevorstehende Zwangsvollstreckung, die zu einem Verlust der grundgesetzlich geschützten Wohnung führen würde, ist vorliegend ausreichend konkret, denn die Darlehensgeberin hat in mehreren Schreiben zum Ausdruck gebracht, dass sie im Falle der Einstellung bzw. der teilweisen Einstellung der monatlichen Zahlungen in Höhe von 179,00 EUR das Darlehen fällig stellen und die Verwertung der Immobilie in die Wege leiten werde. Hieran ist nicht zu zweifeln, weil das von der Sparkasse LJ. geschilderte Prozedere dem üblichen Vorgehen von Kreditinstituten entspricht. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber vorgetragen hat, eine Zwangsvollstreckung sei aus der Sicht der Darlehensgeberin unwirtschaftlich und diese werde deshalb davon absehen, ist dies zum einen spekulativ und zum anderen nicht schlüssig. Nach der dem Sozialgericht erteilten Auskunft vom 7. August 2009 hat die Sparkasse LJ. mitgeteilt, dass das Darlehenskonto zum 7. August 2009 einen Sollsaldo in Höhe von 11.064,41 EUR auswies. Warum angesichts dieses nur noch geringen Darlehensbetrages die Verwertung der Immobilie unwirtschaftlich sein soll, kann nicht nachvollzogen werden, denn der Wert der Immobilie, die 1977 erworben worden ist und für die die Mutter des Antragstellers ein Darlehen in Höhe von 75.000,00 DM (38.346,69 EUR) aufgenommen hat, geht unzweifelhaft über den vorgenannten Darlehensbetrag hinaus, so dass eine Zwangsvollstreckung unter Verwertung des Grundpfandrechts zu einer vollständigen Befriedigung der Sparkasse LJ. führen würde. Dementsprechend liegen auch die weiteren spekulativen Äußerungen der Antragsgegnerin zu einer möglichen Privatinsolvenz des Antragstellers neben der Sache. Im Ergebnis sind nach summarischer Prüfung alle nach der ausgeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geltenden Voraussetzungen für die Übernahme von Tilgungsraten erfüllt.
Ist damit der erforderliche Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, so lässt sich vorliegend auch der weiter erforderliche Anordnungsgrund bejahen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (Conradis, SGB II, Lehr- und Praxiskommentar, Anhang Verfahren Rdnr. 119). Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen anzunehmen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO, Rdnr. 29a). Gegeneinander abzuwägen sind die Folgen, die bei Erlass bzw. Ablehnung einer einstweiligen Anordnung für den unterliegenden Beteiligten entstehen würden, jeweils unterstellt, der Erlass bzw. die Ablehnung der Anordnung erfolgte aufgrund nachträglicher Prüfung im Hauptsacheverfahren zu Unrecht. Davon ausgehend würden dem Antragsteller im Falle einer unzutreffenden Ablehnung seines Antrages gravierendere Nachteile entstehen als der Antragsgegnerin im Falle einer im Ergebnis unzutreffenden Stattgabe des Antrages. Insoweit stünde zu befürchten, sofern der Antragsteller weiterhin unter Aufbietung aller Kräfte die monatlichen Tilgungsleistungen aus der Regelleistung erbringt, dass das Existenzminimum des Antragstellers in dem maßgeblichen Zeitraum nicht gewährleistet wäre. Diese Verletzung einer grundgesetzlichen Gewährleistung kann nicht durch eine nachträgliche Gewährung im Falle des Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren korrigiert werden. Für diesen ergäbe sich eine nachträglich nicht mehr zu schließende Rechtsschutzlücke. Dies gilt erst recht im Falle einer Einstellung der Tilgungsleistungen mit anschließender Verwertung des Eigenheims durch die Sparkasse LJ. aufgrund des bestehenden Grundpfandrechts. Insoweit ist - wie ausgeführt - die bevorstehende Zwangsvollstreckung auch ausreichend konkret. Gegenüber den geschilderten Nachteilen für den Antragsteller sind die Nachteile für die Antragsgegnerin deutlich weniger gravierend, sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass die einstweilige Anordnung zu Unrecht ergangen ist. Sollte sich nämlich ergeben, dass die einstweilige Anordnung von Anfang an ganz oder teilweise ungerechtfertigt war, ist der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung der Anordnung entsteht (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 945 ZPO).
Der Senat hält vorliegend eine Verpflichtung der Antragsgegnerin (ausgehend von dem 17. Juli 2009, dem Tag des Eingangs des Eilantrages bei dem Sozialgericht) für die Zeit bis zum 31. Juli 2010, längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, für angemessen. Dabei orientiert er sich daran, dass nach der gesetzlichen Konzeption der regelmäßige Bewilligungszeitraum sechs Monate (§ 41 Abs. 1 S. 4 SGB II) und im Falle nicht zu erwartender Veränderungen bis zu 12 Monate umfasst (§ 41 Abs. 1 S. 5 SGB II). Anhaltspunkte für relevante Änderungen in den Verhältnissen sind hier nicht ersichtlich, so dass es gerechtfertigt ist, die Verpflichtung auf einen Zeitraum von 12 Monaten zu erstrecken.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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