Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 22 AS 1333/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 2340/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Einen Leistungsanspruch begründende Hilfebedürftigkeit iSd § 9 Abs. 1 SGB II besteht auch bei Vorhandensein von Vermögen, das die Freigrenzen nach § 12 Abs. 2 SGB II nur geringfügig überschreitet, erst dann, wenn dieses aufgezehrt ist (Alles-oder-nichts-Prinzip).
Hat ein Leistungsempfänger falsche Angaben gemacht und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig.
Wird die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II aufgehoben, so findet auch bei der Ermittlung des zu erstattenden Betrags keine Bilanzierung dergestalt statt, dass der Wert des anzurechnenden Vermögens dem im Anspruchzeitraum entstandenen Bedarf gegenübergestellt wird.
Hat ein Leistungsempfänger falsche Angaben gemacht und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig.
Wird die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II aufgehoben, so findet auch bei der Ermittlung des zu erstattenden Betrags keine Bilanzierung dergestalt statt, dass der Wert des anzurechnenden Vermögens dem im Anspruchzeitraum entstandenen Bedarf gegenübergestellt wird.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2008 geändert und die Klage vollständig abgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Rechtmäßigkeit eines Teilaufhebungs- und Erstattungsbescheides bezüglich des Zeitraumes vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 streitig.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger beantragte erstmals am 22. Februar 2005 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab März 2005. Dabei gab er unter anderem an, eine Rente für Bergleute in Höhe von monatlich 130,93 Euro zu erhalten. Die Frage, ob er Vermögen habe, das den Wert von 4.850,- Euro übersteige, verneinte er. Tatsächlich verfügte der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung über ein Girokonto mit unbekanntem Kontostand, ein Sparbuch (Nr. ) mit einem Guthaben von 602,41 Euro und ein Sparkassenzertifikatskonto (Nr. ) mit einem Guthaben von 9.735,08 Euro. Mit Bescheid vom 8. März 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung seiner Rente als Einkommen Leistungen in Höhe von 493,56 Euro für den Monat März 2005, 494,98 Euro für den Monat April 2005 und je 493,91 Euro für die Monate Mai bis August 2005.
Am 2. August 2005 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen; einen Eintritt von Änderungen in seinen persönlichen und in seinen Vermögensverhältnissen verneinte er und gab an, der monatliche Zahlbetrag seiner Rente betrage seit dem 1. Juli 2005 nur noch 129,94 Euro. Mit Bescheid vom 15. August 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 494,55 Euro monatlich.
Am 7. Februar 2006 beantragte der Kläger erneut die Fortzahlung der Leistungen und gab dabei an, es seien keine Änderungen in seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten. Mit Bescheid vom 23. Februar 2006 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. März bis zum 31. August 2006 Leistungen in Höhe von 494,55 Euro pro Monat. Der Zahlbetrag wurde mit Änderungsbescheid vom 3. März 2006 für den gesamten Zeitraum auf 508,72 Euro monatlich erhöht, weil die Miete des Klägers erhöht worden war.
Am 24. Juli 2006 beantragte der Kläger wiederum die Fortzahlung der Leistungen und verneinte den Eintritt von Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen. Mit Bescheid vom 27. Juli 2006 bewilligte der Beklagte ihm Leistungen für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007 in Höhe von 522,72 Euro monatlich. Nachdem der Kläger einen aktuellen Nachweis bezüglich seiner Kfz-Haftpflichtversicherung eingereicht hatte, änderte der Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2006 den monatlichen Zahlbetrag für den im Bescheid vom 27. Juli 2006 genannten Zeitraum auf 523,39 Euro.
Mit Schreiben vom 14. November 2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, ein Datenabgleich des Bundesamtes für Finanzen habe ergeben, dass er im Jahr 2005 von der Sparkasse N einen Kapitalertrag in Höhe von 319,- Euro erhalten habe. Dies sei mit seinen Angaben nicht in Übereinstimmung zu bringen. Er werde daher gebeten, entsprechende Nachweise umgehend einzureichen. Es werde darauf hingewiesen, dass die Leistungen storniert worden seien, weil bei hohen Kapitalerträgen nicht gewährleistet werden könne, dass weiterhin ein Leistungsanspruch bestehe. Bis zur Einreichung und Klärung des Sachverhalts könne eine Entscheidung über die von ihm beantragte Übernahme der Betriebskostennachzahlung nicht erfolgen. Am 14. Dezember 2006 nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass er Geld zur Altersvorsorge angelegt habe. Den Sparbrief habe er jetzt gekündigt, da er Leistungen zurückzahlen müsse. Weil er keine Leistungen erhalte, brauche er das Geld auch, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, unter anderem die Miete zu zahlen.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2007 nahm der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. März 2005 zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe über Vermögenswerte in Höhe von 10.336,37 Euro im Jahr 2005 und in Höhe von 11.048,96 Euro im Jahr 2006 verfügt. Der Vermögensfreibetrag habe jedoch von März 2005 bis Januar 2006 nur 9.550,- Euro, von Februar 2006 bis Juli 2006 9.750,- Euro und ab August 2006 maximal 7.500,- Euro betragen. In Anbetracht der Vermögensverhältnisse sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen, so dass er keinen Anspruch auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehabt habe. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil er in seinem Antrag vom 22. Februar 2005 zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. In der Zeit vom 1. März 2005 bis zum 30. November 2006 seien insgesamt 10.581,97 Euro zu Unrecht gezahlt worden, nämlich 5.108,68 Euro an Arbeitslosengeld II (Regelleistung) und 5.473,29 Euro an Leistungen für Unterkunft und Heizung. Dieser Betrag sei von ihm gemäß § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erstatten.
Am 13. Februar 2007 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein und führte aus, er habe bei der Antragstellung nicht an den bereits vier Jahre zurückliegenden Abschluss des Sparkassenzertifikat-Zuwachssparvertrages, der der Altersvorsorge habe dienen sollen, gedacht. Bewusst gewesen sei ihm lediglich das Sparbuch, auf das monatlich eine geringfügige Summe überwiesen worden sei. Der Sparbetrag habe aber weit unter dem im Antrag genannten Betrag von 4.850,- Euro gelegen. Das Zuwachssparbuch habe er letztmalig am 8. Januar 2004, das heißt mehr als ein Jahr vor der Antragstellung, nachtragen lassen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Frage der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld II noch nicht im Raum gestanden. Die entsprechenden Vorschriften habe es noch gar nicht gegeben. Er sei erstmals durch das Schreiben des Beklagten vom 14. November 2006 wieder auf das Zuwachssparzertifikat aufmerksam geworden, habe es in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Schreiben nachtragen lassen und dem Beklagten noch am 17. November 2006 in Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten die entsprechenden Unterlagen vorgelegt. Die in der Zwischenzeit von dem Beklagten bewilligten Leistungen zum Lebensunterhalt seien für das tägliche Leben und die Kosten der Unterkunft verbraucht worden. Im Übrigen dürfe die Aufhebung und Erstattung für den Zeitraum seit dem 1. März 2005 nicht in der festgesetzten Höhe erfolgen. Den Feststellungen des Beklagten zufolge habe er zum Antragszeitpunkt über ein Vermögen von 10.336,37 Euro verfügt, der Freibetrag habe 9.550,- Euro betragen, der diesen übersteigende Teil demzufolge lediglich 786,37 Euro. Der Überschuss wäre bereits nach eineinhalb Monaten verbraucht gewesen. Unter Anrechnung des zu berücksichtigenden Vermögens hätten demnach bereits für April 2005 anteilige Leistungen in Höhe von 202,17 Euro und ab Mai 2005 die ursprünglich im Bescheid vom 8. März 2005 festgesetzten 493,91 Euro bewilligt werden müssen. Er sei also spätestens ab April 2005 hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II gewesen. Selbst bei Annahme grober Fahrlässigkeit sei die Rücknahme- und Erstattungsentscheidung dementsprechend höchstens in Höhe von 493,91 Euro für März 2005 und 292,81 Euro für April 2005 gerechtfertigt. Allenfalls hätte man dann noch im Monat Dezember 2005 die erzielten Zinseinnahmen anspruchsmindernd berücksichtigen können. Im August 2006 sei dann die Absenkung der gesetzlichen Freibeträge erfolgt, die für ihn jedoch erst ab September 2006 mit Beginn des neuen Bewilligungszeitraums Wirksamkeit entfaltet habe. Allerdings hätte der Beklagte zu diesem Zeitpunkt darauf hinweisen müssen, dass er die übersteigenden Vermögensteile seiner Alterssicherung hätte zuführen können, da sich die diesbezüglichen Freibeträge zur selben Zeit erhöht hätten. Wäre eine derartige Beratung erfolgt, so wäre es zu einer Vertragsänderung gekommen und damit bei der Bewilligung der ursprünglich ab September 2006 festgesetzten Leistungen geblieben. Nach alledem könne selbst bei Annahme grober Fahrlässigkeit lediglich eine Rücknahme und Erstattung für die Monate März und April 2005 sowie den Monat Dezember 2005 teilweise als gerechtfertigt angesehen werden. Ein anderes Ergebnis wäre auch unbillig.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 19. September 2007 zurück und führte zur Begründung aus, zum Zeitpunkt der Erstantragstellung wie auch bei den Folgeantragstellungen habe der Kläger die Freibeträge übersteigendes Vermögen gehabt, das zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen gewesen sei. Die Kontostände des Girokontos zum 22. Februar 2005 und zum Zeitpunkt der Folgeanträge seien nicht bekannt. Am 16. November 2006 habe es ein Guthaben in Höhe von 129,68 Euro aufgewiesen. Insgesamt hätten sich die Kontostände wie folgt dargestellt:
02/05 02/06 11/06 Sparbuch ( 602,41 565,08 669,56 Sparkonto ( 9.735,08 10.054,20 10.054,20 Girokonto - - 129,68 Gesamtvermögen 10.337,49 10.619,28 10.853,44
An Freibeträgen seien zu berücksichtigen: 02/05 02/06 ab 08/06 Freibetrag § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II 8.800,00 9.000,00 6.750,00 Freibetrag § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II 750,00 750,00 750,00 Gesamtfreibeträge 9.550,00 9.750,00 7.500,00
Mit seinem Einwand, das Sparkassenzertifikat habe zur Alterssicherung dienen sollen, könne der Kläger nicht durchdringen. Altersvorsorgeanlagen seien nur von der Verwertbarkeit nach § 12 SGB II ausgeschlossen, wenn es sich um staatlich geförderte Altersvorsorgeanlagen (z. B. Riesterrente) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II oder um Altersvorsorgeanlagen handele, deren Verwertbarkeit bis zum Rentenbeginn ausgeschlossen sei (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II). Das sei hier nicht der Fall gewesen. Der Kläger habe das Sparkonto jederzeit kündigen können und dies am 14. Dezember 2006 auch getan. Dementsprechend sei auch der Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II hier nicht anzuwenden, so dass das Sparkonto in voller Höhe als verfügbares Vermögen zu berücksichtigen sei. Sowohl bei der Erst- als auch bei den Folgeantragstellungen sei der Kläger nach alledem nicht hilfebedürftig gewesen und habe daher auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehabt. Die Bewilligung der Leistungen sei infolge dessen rechtswidrig gewesen. Rechtsgrundlage für die Rücknahme sei § 45 SGB X. Auf Vertrauen in den Bestand des rechtswidrigen Verwaltungsakts könne der Kläger sich nicht berufen, weil die rechtswidrige Bewilligung der Leistungen auf seinen unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben bei Antragstellung beruht habe. Er habe im Erstantrag vom 22. Februar 2005 angegeben, lediglich über ein den Betrag von 4.850,- Euro nicht übersteigendes Vermögen zu verfügen, tatsächlich aber ein Vermögen in Höhe von über 10.000,- Euro gehabt. Die Angaben zum Vermögen seien daher unrichtig gewesen. Bei Richtigkeit bzw. Vollständigkeit zum Zeitpunkt der Erstantragstellung wäre der Antrag des Klägers wegen übersteigenden Vermögens abgelehnt worden. Die unrichtigen Angaben seien also kausal für die rechtswidrige Bewilligung der Leistungen gewesen. Bei den Folgeanträgen vom 2. August 2005 sowie vom 7. Februar und 24. Juli 2006 habe der Kläger jeweils angegeben, dass bezüglich der Vermögensverhältnisse gegenüber den im Erstantrag gemachten Angaben keine Änderungen eingetreten seien. Auch insoweit habe er jeweils unrichtige Angaben in Bezug auf das vorhandene Vermögen gemacht, indem er die unrichtigen Angaben im Erstantrag als richtig bestätigt habe. Zum Zeitpunkt jeder Antragstellung habe das vorhandene Vermögen den jeweils geltenden Freibetrag überstiegen, so dass auch jeder Folgeantrag wegen übersteigenden Vermögens zum Zeitpunkt der Antragstellung abzulehnen gewesen wäre. Die Bewilligung von Leistungen auf der Grundlage der Folgeanträge sei daher ebenfalls durch die unrichtigen Angaben bedingt gewesen. Es sei insoweit unbeachtlich, dass das Vermögen bei richtiger Angabe und Ablehnung des Erstantrags durch Verbrauch möglicherweise nach Ablauf einiger Monate unterhalb des Freibetrags gelegen hätte. Es stehe nicht fest bzw. sei nicht nachweisbar, dass das Vermögen tatsächlich zum Lebensunterhalt eingesetzt worden wäre oder dieser noch anderweitig bestritten worden wäre. Damit sei auch nicht nachvollziehbar, ab welchem Zeitpunkt möglicherweise später Hilfebedürftigkeit eingetreten wäre, zumal das tatsächlich vorhandene Vermögen gar nicht in vollem Umfang bekannt gewesen sei, da zu dem Vermögen auf dem Girokonto zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Angaben vorhanden gewesen seien. Eine entsprechende Prüfung sei im Übrigen auch nicht vorzunehmen gewesen, denn es sei eine Tatsache, dass bei jeder Antragstellung das jeweils vorhandene Vermögen den Freibetrag überstiegen habe, da es nicht verbraucht worden sei. Die unrichtigen Angaben seien vom Kläger auch zumindest grob fahrlässig gemacht worden. Es habe sich aus dem Antrag selbst ergeben, dass als Vermögen sämtliche verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen seien. Insbesondere seien dort aufgeführt Bank- und Sparguthaben und auch andere Anlagen zur Altersvorsorge. Der Kläger habe daher bereits aufgrund dieser Angaben gewusst, dass das gesamte vorhandene Vermögen anzugeben gewesen sei und insbesondere, dass auch das nach seinen Angaben zur Altersvorsorge angesparte Vermögen auf dem Sparkonto als Vermögensbetrag mit aufzuführen sei. Trotzdem habe er angegeben, dass das vorhandene Vermögen nicht höher als 4.850,- Euro gewesen sei. Seine Argumentation, dass er bei der Antragstellung nicht mehr an das Sparkonto zur Altersvorsorge gedacht habe, sei nicht nachvollziehbar. Auch wenn er die Zinsen Anfang 2005 nicht habe nachtragen lassen, sei doch davon auszugehen, dass er gewusst habe, dass das Sparkonto vorhanden war. Zum einen besitze er entsprechende Unterlagen der Bank, die er nach entsprechender Aufforderung auch vorgelegt habe, zum anderen habe er das dazugehörige Sparbuch ebenso wie das weitere vorhandene Sparbuch zu Hause aufbewahrt. Es erscheine daher nicht nachvollziehbar, dass er beim Ausfüllen des Antrags das eine Sparbuch berücksichtigt, das andere aber aus Nachlässigkeit außer Betracht gelassen habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass man einen Vermögensbetrag, den man zur Altersvorsorge angelegt habe, einfach so vergesse. Da der Kläger gewusst habe, dass er bezüglich des Vermögens falsche Angaben gemacht hatte, sei davon auszugehen, dass er auch zumindest hätte wissen können, dass die Bewilligungen von Leistungen rechtswidrig gewesen seien. Es sei allgemein bekannt, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erhalte, wer diesen nicht durch Einkommen oder Vermögen selbst bestreiten könne. Zudem sei der Kläger im Zuge der Antragsaufnahme umfassend über seine den Bezug von Arbeitslosengeld II betreffenden Rechte und Pflichten aufgeklärt worden. Er habe daher gewusst, dass bei Angabe des tatsächlichen Vermögens möglicherweise keine Leistungen bewilligt werden würden. Da die Voraussetzungen für die Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte vorlägen, seien diese nach § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die hier einschlägigen Fristen seien beachtet worden. Die Erstattungsforderung finde ihre Grundlage in § 50 SGB X. Da der Kläger insgesamt 10.581,97 Euro zu Unrecht erhalten habe, habe er Leistungen in dieser Höhe zu erstatten.
Daraufhin hat der Kläger am 19. Oktober 2007 Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben und vorgetragen, es stehe rückblickend fest, dass er ohne Bewilligung der Leistungen zum Lebensunterhalt durch den Beklagten auf sein Vermögen hätte zurückgreifen müssen, denn mit Ausnahme der einmaligen Zinseinkünfte im Dezember 2005 und der von ihm angegebenen Rente habe er über keinerlei Einkünfte verfügt. Auf entsprechende Anforderung des Gerichts hat der Kläger die sein Girokonto betreffenden Auszüge für den Zeitraum 1. März 2005 bis 30. November 2006 in Ablichtung zu den Gerichtsakten gereicht.
Der Beklagte hat an seiner Auffassung festgehalten und ergänzend ausgeführt, maßgebend für die Vermögensberücksichtigung sei stets der aktuelle Bedarfszeitraum, so dass es auf das darin tatsächlich vorhandene und nicht etwa fiktives Vermögen ankomme. Dies habe zur Folge, dass ein den Freibetrag übersteigendes und tatsächlich vorhandenes Vermögen über den gesamten Anspruchszeitraum hinweg mit seinem vollen jeweiligen Wert angesetzt und dem Kläger dadurch Monat für Monat aufs Neue entgegengehalten werden könne, dass er seinen Bedarf zunächst durch Verwertung dieses Vermögens decken müsse, unabhängig davon, ob es zur Deckung des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausreiche. Nach § 12 SGB II zu berücksichtigendes Vermögen stehe also, soweit und solange es noch nicht eingesetzt oder verwertet worden sei, einem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch dann entgegen, wenn es im Falle seines Einsatzes nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte. Entsprechende Nachweise, dass der Kläger das vorhandene Vermögen verwertet gehabt habe, seien weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt worden. Allein der Vortrag, dass das Vermögen bei Einsatz für die Hilfebedürftigkeit spätestens im Mai 2005 aufgebraucht gewesen wäre bzw. unterhalb der Freigrenzen gelegen hätte, sei ohne Bedeutung.
Das Sozialgericht Cottbus hat der Klage mit Urteil vom 11. November 2008 insoweit stattgegeben, als es den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007 bezüglich des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 aufgehoben hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bewilligungsbescheid vom 8. März 2005 sei im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen, da dem Kläger ab dem 1. März 2005 mangels Hilfebedürftigkeit wegen vorhandenen Vermögens keine Leistungen zugestanden hätten. Die rechtswidrige Bewilligungsentscheidung des Beklagten habe auch auf dem Kläger vorwerfbarem, grob fahrlässigem Verhalten beruht. Dass er sich bei der Antragstellung geirrt oder - wie behauptet - wesentliche Vermögenswerte vergessen habe, halte die Kammer für nicht nachvollziehbar. Letztlich könne dies dahinstehen, denn auch wenn sein Vortrag der Wahrheit entspreche, sei sein Verhalten nicht entschuldbar. Anlässlich der Antragstellung wäre er verpflichtet gewesen, seine Vermögensanlagen bzw. seine Unterlagen durchzusehen und gegenüber dem Beklagten wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Hinsichtlich des Monats November 2006 ergebe sich die Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung aus § 48 SGB X. Durch den Zinsnachtrag am 17. November 2006 habe der Kläger Einkünfte in Höhe von 297,85 Euro sowie in Höhe von 319,12 Euro, insgesamt also 616,97 Euro, erzielt, so dass im Hinblick auf seinen Leistungssatz von 523,39 Euro Hilfebedürftigkeit nicht bestanden habe. Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme seien hier erfüllt. Hingegen seien hinsichtlich des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 45 SGB X nicht erfüllt. Nach Auffassung der Kammer handele es sich bei den Bewilligungsbescheiden vom 15. August 2005, 23. Februar, 3. März und 27. Juli 2006 in der Fassung vom 3. August 2006 zwar um von Anfang an rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte. Der Beklagte habe auch zu Recht darauf hingewiesen, dass jeweils zum Zeitpunkt der Fortzahlungsanträge Vermögen vorhanden gewesen sei, dass die entsprechenden Freibeträge überschritten haben. Jedoch seien die Voraussetzungen für eine Rücknahme aus Vertrauensschutzgründen nicht gegeben. Die Bewilligungsbescheide hätten nämlich weder auf einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung des Klägers beruht, noch habe er die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte gekannt oder könne ihm grob fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Auch beruhten die auf die Fortzahlungsanträge des Klägers hin ergangenen Bewilligungsbescheide ersichtlich nicht auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Die in den Fortzahlungsanträgen gestellte Frage nach einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe der Kläger jeweils wahrheitsgemäß beantwortet. Er sei in den Fortzahlungsanträgen nicht explizit nach der Höhe seiner Vermögenswerte befragt worden. Wäre der Kläger jeweils erneut zur Höhe seiner Vermögenswerte befragt worden und hätte er wahrheitswidrige Angaben gemacht, so hätte dies zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts führen können und müssen. Dies sei jedoch hier nicht der Fall gewesen.
Gegen das ihm am 21. November 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 9. Dezember 2008 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die Auslegung der Vorschriften durch das erstinstanzliche Gericht gehe an der Intention des Gesetzgebers vorbei. Der Kläger habe ursprünglich im Erstantrag falsche Angaben gemacht, die sich auf die Folgezeiträume auswirkten. Er habe in den Folgeanträgen mit der Mitteilung, dass keine Änderungen eingetreten seien, zum Ausdruck gemacht, auch weiterhin kein Vermögen zu haben, welches den Betrag von 4.850,- Euro übersteige. Damit habe er auch zum Ausdruck gebracht, dass er weiterhin nicht über anrechenbares Vermögen verfüge. Im Übrigen hätte der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bewilligung zwar nicht unmittelbar aus den jeweiligen Bewilligungsbescheiden erkennen können. Aufgrund der Hinweise in den Antragsvordrucken, dass Änderungen der Vermögensverhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen seien, sei jedoch für ihn erkennbar gewesen, dass vorhandenes Vermögen Auswirkungen auf den Anspruch haben könne. Dabei sei nicht erforderlich, dass der Kläger im Einzelfall aufgrund genauer Berechnung gewusst habe, dass ihm wegen seines Vermögens kein Anspruch zustehe. Ausreichend sei vielmehr, dass er aufgrund der Gegebenheiten hätte erkennen können, dass die Nichtanzeige des Sparkassenzertifikats Auswirkungen auf seinen Anspruch haben könnte. Diese Situation habe er selbst verschuldet und in Kauf genommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2008 abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (BGNR ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Sie ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet, denn das Sozialgericht Cottbus hat der Klage zu Unrecht insoweit stattgegeben, als es den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007 bezüglich des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 aufgehoben hat; der angegriffene Bescheid ist (auch insoweit) rechtmäßig.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig ist. Ein Ermessensspielraum besteht bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht.
Mit dem angegriffenen Bescheid hat der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 15. August 2005 und 23. Februar 2006, letzteren in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 3. März 2006, in Gänze sowie den Bewilligungsbescheid vom 27. Juli 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 3. August 2006 bezüglich des Zeitraums vom 1. September bis zum 31. Oktober 2006 für die Vergangenheit zurückgenommen.
Diese Bescheide waren begünstigend.
Sie waren auch rechtswidrig, denn da der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses jedes der drei Bescheide über Vermögen verfügte, das die jeweils geltenden Freibeträge überstieg, hätte eine Bewilligung nicht erfolgen dürfen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass er, hätte er bei der Erstantragstellung die vorhandenen Vermögenswerte richtig und vollständig angegeben und aufgrund dessen zunächst keine Leistung erhalten, vermutlich schon nach etwa zwei Monaten - und mithin sicherlich im Zeitpunkt der Folgeantragstellung - hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II gewesen wäre und einen entsprechenden Leistungsanspruch gehabt hätte. Anders als nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht kommt es darauf jedoch nach dem Konzept des SGB II nicht an. Danach besteht ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur dann, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt einzusetzendes Einkommen oder Vermögen nicht vorhanden ist ("Alles-oder-nichts-Prinzip", vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, Stand November 2009, § 12 Rdnr. 308 mit zahlreichen Nachweisen). Auch bei nur geringfügiger Überschreitung der Freigrenzen nach § 12 Abs. 2 SGB II besteht erst dann ein Anspruch, wenn der die Hilfebedürftigkeit ausschließende Teil des Vermögens aufgezehrt ist. Solange das anzurechnende Vermögen nicht verbraucht ist, etwa weil der Betreffende zu Unrecht Leistungen erhalten hat und daher auf seine Ersparnisse nicht hat zurückgreifen müssen, schließt es, etwa im Fall einer erneuten Antragstellung, die rechtmäßige Gewährung von Leistungen jederzeit und für unbegrenzte Dauer aus, auch wenn es tatsächlich nur für eine kurze Zeit ausgereicht hätte. Eine Bilanzierung dergestalt, dass der Wert des anzurechnenden Vermögens dem im Anspruchszeitraum entstandenen Bedarf gegenübergestellt wird und Leistungen insoweit zu gewähren sind, als ein Bedarfsüberhang verbleibt, sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, Stand November 2009, § 12 Rdnr. 311 m.w.N.).
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauen in den Bestand der leistungsbewilligenden Bescheide berufen, denn sie beruhten alle drei auf Angaben, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hatte. Unrichtig war seine Angabe bei der Erstantragstellung am 22. Februar 2005, dass er kein Vermögen habe, welches den Wert von 4.850,- Euro übersteige, denn tatsächlich hatte er, auch ohne Berücksichtigung des möglicherweise auf seinem Girokonto vorhandenen Guthabens und eventuell vorhandenen Bargeldes jedenfalls 10.337,49 Euro an Guthaben auf dem Sparbuch und dem Sparkonto bei der Sparkasse Niederlausitz. Auch die insoweit am 2. August 2005 sowie am 7. Februar und am 24. Juli 2006 bei den Folgeantragstellungen vom Kläger gemachten Angaben waren unrichtig im Sinne des § 45 SGB X. Macht ein Leistungsempfänger falsche Angaben und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig (vgl. LSG Saarland, Urteil vom 18. Februar 1999 - L 6 AL 6/98, NZS 2000, 102; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Kommentar, Stand Juli 2008, § 45 Rdnr. 41).
Unrichtig waren die Angaben auch in wesentlicher Beziehung, denn es kam gerade auf die Frage an, ob Vermögen von mehr als 4.850,- Euro Wert vorhanden war.
Der Kläger hat die unrichtigen Angaben auch zumindest grob fahrlässig gemacht. Der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zufolge liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist, wie das erstinstanzliche Gericht bereits zutreffend ausgeführt hat, dann der Fall, wenn er bereits einfache, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und daher nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit ist nicht von einem objektiven, sondern von einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 58/05 R, zitiert nach juris). Das Maß der Fahrlässigkeit ist insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und dem Einsichtsvermögen des Beteiligten gemäß dem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff zu beurteilen. Bezugspunkt ist die Angabe von Tatsachen. Die von dem Kläger anlässlich der Erstantragstellung auf dem Vordruck zu beantwortende Frage zeichnete sich durch denkbare Schlichtheit aus, denn es handelte sich um die nur mit "ja" oder "nein" zu beantwortende Frage, ob Vermögen von mehr als 4.850,- Euro vorhanden sei. Es bedurfte auch zur Sicherstellung einer richtigen Antwort keiner komplizierten Denkvorgänge oder Überlegungen. Dass jemand, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Bilde und in der Lage ist, diesbezügliche Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, kann und darf erwartet werden. Einer besonderen Prüfung und Berücksichtigung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und des Einsichtsvermögens des Klägers bedarf es in Anbetracht dessen nicht. Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass das "Vergessen" eines Sparkontos mit einem Guthaben von mehr als 9.700,- Euro insbesondere dann nicht nachvollziehbar ist, wenn es sich dabei um 90 v.H. des Gesamtvermögens handelt. Jedenfalls aber ist die Nichtangabe dieses Vermögenswerts nicht entschuldbar, denn bei auch nur geringfügiger Anstrengung, sei es durch Nachdenken oder durch Kontrolle der Bankunterlagen, wäre eine wahrheitsgemäße, also richtige und vollständige Antwort jedem, und damit auch dem Kläger, möglich gewesen. So, wie der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben in den Folgeanträgen perpetuiert hat, indem er jeweils angegeben hat, es seien keine wesentlichen Änderungen eingetreten, so hat sich auch der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens fortgesetzt, denn anlässlich jeder neuen Antragstellung war der Kläger gehalten, sich den Sinn der ihm gestellten Fragen zu vergegenwärtigen und sich mit der gebotenen Anstrengung um eine der Wahrheit entsprechende Beantwortung zu bemühen. Erforderlichenfalls hätte er nachfragen können und müssen.
Die Bewilligungsbescheide beruhten schließlich auch auf den vom Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht Angaben. Letztere waren kausal für die Leistungsgewährung, denn hätte der Beklagte im Zeitpunkt des Erlasses des jeweiligen Bescheides darum gewusst, dass der Kläger über die Freibeträge nicht unerheblich übersteigendes Vermögen verfügte, so hätte er keine Leistungen nach dem SGB II bewilligen dürfen und bewilligt. Ohne die unrichtigen Angaben wären die dem Begehren des Klägers entsprechenden, mangels Vorliegen der Voraussetzungen rechtswidrigen Bescheide nicht erlassen worden, sie waren also ursächlich oder zumindest mitursächlich (vgl. Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, Kommentar, 2. Aufl. 2007, § 45 Rdnr. 36).
Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme bzw. Teilrücknahme der Bewilligungsbescheide sind erfüllt, insbesondere ist die Jahresfrist nach §§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten, denn Kenntnis über die eine Aufhebung der Bescheide rechtfertigenden Tatsachen, nämlich die wahren Vermögensverhältnisse des Klägers, erlangte der Beklagte erst anlässlich seiner Vorsprache am 14. Dezember 2006, bei welcher er entsprechende Angaben machte und Unterlagen vorlegte. Nach § 330 Abs. 2 SGB III ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der Beklagte hat danach auch in atypischen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 2003 - B 11 AL 70/02, zitiert nach juris; Niesel, SGB III, Kommentar, 4. Auflage 2007, § 330 Rdnr. 50).
Die Erstattungsforderung schließlich hat der Beklagte zu Recht auf § 50 Abs. 1 SGB X gestützt. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben wurde. Auch insoweit hatte der Beklagte nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift keinen Ermessensspielraum. Dass der Beklagte die Höhe der Forderung zu Ungunsten des Klägers fehlerhaft ermittelt hätte, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Es ist auch nicht ersichtlich. Die Festsetzung ist § 50 Abs. 3 SGB X gemäß mit der Aufhebung der Bewilligungsbescheide verbunden worden.
Dass der Kläger sich nach alledem einer Erstattungsforderung ausgesetzt sieht, die sein in den hier relevanten Zeiträumen vorhanden gewesenes Vermögen - auch ohne die Berücksichtigung von Freibeträgen - übersteigt, ist dem Senat bewusst. Angesichts des dem SGB II zugrunde liegenden Konzepts bezüglich der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen und der Tatsache, dass es sich sowohl hinsichtlich der Aufhebung auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen Angaben beruhender rechtswidriger Bewilligungen als auch bezüglich der Erstattung aufgrund aufgehobener Verwaltungsakte erbrachter Leistungen um gebundene Entscheidungen handelt, ist ein solches Ergebnis jedoch vom Gesetzgeber wenn nicht intendiert, so doch in Kauf genommen. Dass nicht nur zurückgefordert wird, was bei wahrheitsgemäßen Angaben nicht bewilligt worden wäre, hat letztlich Sanktionscharakter und möglicherweise generalpräventive Wirkung.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Rechtmäßigkeit eines Teilaufhebungs- und Erstattungsbescheides bezüglich des Zeitraumes vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 streitig.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger beantragte erstmals am 22. Februar 2005 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab März 2005. Dabei gab er unter anderem an, eine Rente für Bergleute in Höhe von monatlich 130,93 Euro zu erhalten. Die Frage, ob er Vermögen habe, das den Wert von 4.850,- Euro übersteige, verneinte er. Tatsächlich verfügte der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung über ein Girokonto mit unbekanntem Kontostand, ein Sparbuch (Nr. ) mit einem Guthaben von 602,41 Euro und ein Sparkassenzertifikatskonto (Nr. ) mit einem Guthaben von 9.735,08 Euro. Mit Bescheid vom 8. März 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung seiner Rente als Einkommen Leistungen in Höhe von 493,56 Euro für den Monat März 2005, 494,98 Euro für den Monat April 2005 und je 493,91 Euro für die Monate Mai bis August 2005.
Am 2. August 2005 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen; einen Eintritt von Änderungen in seinen persönlichen und in seinen Vermögensverhältnissen verneinte er und gab an, der monatliche Zahlbetrag seiner Rente betrage seit dem 1. Juli 2005 nur noch 129,94 Euro. Mit Bescheid vom 15. August 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 494,55 Euro monatlich.
Am 7. Februar 2006 beantragte der Kläger erneut die Fortzahlung der Leistungen und gab dabei an, es seien keine Änderungen in seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten. Mit Bescheid vom 23. Februar 2006 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. März bis zum 31. August 2006 Leistungen in Höhe von 494,55 Euro pro Monat. Der Zahlbetrag wurde mit Änderungsbescheid vom 3. März 2006 für den gesamten Zeitraum auf 508,72 Euro monatlich erhöht, weil die Miete des Klägers erhöht worden war.
Am 24. Juli 2006 beantragte der Kläger wiederum die Fortzahlung der Leistungen und verneinte den Eintritt von Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen. Mit Bescheid vom 27. Juli 2006 bewilligte der Beklagte ihm Leistungen für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007 in Höhe von 522,72 Euro monatlich. Nachdem der Kläger einen aktuellen Nachweis bezüglich seiner Kfz-Haftpflichtversicherung eingereicht hatte, änderte der Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2006 den monatlichen Zahlbetrag für den im Bescheid vom 27. Juli 2006 genannten Zeitraum auf 523,39 Euro.
Mit Schreiben vom 14. November 2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, ein Datenabgleich des Bundesamtes für Finanzen habe ergeben, dass er im Jahr 2005 von der Sparkasse N einen Kapitalertrag in Höhe von 319,- Euro erhalten habe. Dies sei mit seinen Angaben nicht in Übereinstimmung zu bringen. Er werde daher gebeten, entsprechende Nachweise umgehend einzureichen. Es werde darauf hingewiesen, dass die Leistungen storniert worden seien, weil bei hohen Kapitalerträgen nicht gewährleistet werden könne, dass weiterhin ein Leistungsanspruch bestehe. Bis zur Einreichung und Klärung des Sachverhalts könne eine Entscheidung über die von ihm beantragte Übernahme der Betriebskostennachzahlung nicht erfolgen. Am 14. Dezember 2006 nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass er Geld zur Altersvorsorge angelegt habe. Den Sparbrief habe er jetzt gekündigt, da er Leistungen zurückzahlen müsse. Weil er keine Leistungen erhalte, brauche er das Geld auch, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, unter anderem die Miete zu zahlen.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2007 nahm der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. März 2005 zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe über Vermögenswerte in Höhe von 10.336,37 Euro im Jahr 2005 und in Höhe von 11.048,96 Euro im Jahr 2006 verfügt. Der Vermögensfreibetrag habe jedoch von März 2005 bis Januar 2006 nur 9.550,- Euro, von Februar 2006 bis Juli 2006 9.750,- Euro und ab August 2006 maximal 7.500,- Euro betragen. In Anbetracht der Vermögensverhältnisse sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen, so dass er keinen Anspruch auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehabt habe. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil er in seinem Antrag vom 22. Februar 2005 zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. In der Zeit vom 1. März 2005 bis zum 30. November 2006 seien insgesamt 10.581,97 Euro zu Unrecht gezahlt worden, nämlich 5.108,68 Euro an Arbeitslosengeld II (Regelleistung) und 5.473,29 Euro an Leistungen für Unterkunft und Heizung. Dieser Betrag sei von ihm gemäß § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erstatten.
Am 13. Februar 2007 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein und führte aus, er habe bei der Antragstellung nicht an den bereits vier Jahre zurückliegenden Abschluss des Sparkassenzertifikat-Zuwachssparvertrages, der der Altersvorsorge habe dienen sollen, gedacht. Bewusst gewesen sei ihm lediglich das Sparbuch, auf das monatlich eine geringfügige Summe überwiesen worden sei. Der Sparbetrag habe aber weit unter dem im Antrag genannten Betrag von 4.850,- Euro gelegen. Das Zuwachssparbuch habe er letztmalig am 8. Januar 2004, das heißt mehr als ein Jahr vor der Antragstellung, nachtragen lassen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Frage der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld II noch nicht im Raum gestanden. Die entsprechenden Vorschriften habe es noch gar nicht gegeben. Er sei erstmals durch das Schreiben des Beklagten vom 14. November 2006 wieder auf das Zuwachssparzertifikat aufmerksam geworden, habe es in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Schreiben nachtragen lassen und dem Beklagten noch am 17. November 2006 in Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten die entsprechenden Unterlagen vorgelegt. Die in der Zwischenzeit von dem Beklagten bewilligten Leistungen zum Lebensunterhalt seien für das tägliche Leben und die Kosten der Unterkunft verbraucht worden. Im Übrigen dürfe die Aufhebung und Erstattung für den Zeitraum seit dem 1. März 2005 nicht in der festgesetzten Höhe erfolgen. Den Feststellungen des Beklagten zufolge habe er zum Antragszeitpunkt über ein Vermögen von 10.336,37 Euro verfügt, der Freibetrag habe 9.550,- Euro betragen, der diesen übersteigende Teil demzufolge lediglich 786,37 Euro. Der Überschuss wäre bereits nach eineinhalb Monaten verbraucht gewesen. Unter Anrechnung des zu berücksichtigenden Vermögens hätten demnach bereits für April 2005 anteilige Leistungen in Höhe von 202,17 Euro und ab Mai 2005 die ursprünglich im Bescheid vom 8. März 2005 festgesetzten 493,91 Euro bewilligt werden müssen. Er sei also spätestens ab April 2005 hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II gewesen. Selbst bei Annahme grober Fahrlässigkeit sei die Rücknahme- und Erstattungsentscheidung dementsprechend höchstens in Höhe von 493,91 Euro für März 2005 und 292,81 Euro für April 2005 gerechtfertigt. Allenfalls hätte man dann noch im Monat Dezember 2005 die erzielten Zinseinnahmen anspruchsmindernd berücksichtigen können. Im August 2006 sei dann die Absenkung der gesetzlichen Freibeträge erfolgt, die für ihn jedoch erst ab September 2006 mit Beginn des neuen Bewilligungszeitraums Wirksamkeit entfaltet habe. Allerdings hätte der Beklagte zu diesem Zeitpunkt darauf hinweisen müssen, dass er die übersteigenden Vermögensteile seiner Alterssicherung hätte zuführen können, da sich die diesbezüglichen Freibeträge zur selben Zeit erhöht hätten. Wäre eine derartige Beratung erfolgt, so wäre es zu einer Vertragsänderung gekommen und damit bei der Bewilligung der ursprünglich ab September 2006 festgesetzten Leistungen geblieben. Nach alledem könne selbst bei Annahme grober Fahrlässigkeit lediglich eine Rücknahme und Erstattung für die Monate März und April 2005 sowie den Monat Dezember 2005 teilweise als gerechtfertigt angesehen werden. Ein anderes Ergebnis wäre auch unbillig.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 19. September 2007 zurück und führte zur Begründung aus, zum Zeitpunkt der Erstantragstellung wie auch bei den Folgeantragstellungen habe der Kläger die Freibeträge übersteigendes Vermögen gehabt, das zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen gewesen sei. Die Kontostände des Girokontos zum 22. Februar 2005 und zum Zeitpunkt der Folgeanträge seien nicht bekannt. Am 16. November 2006 habe es ein Guthaben in Höhe von 129,68 Euro aufgewiesen. Insgesamt hätten sich die Kontostände wie folgt dargestellt:
02/05 02/06 11/06 Sparbuch ( 602,41 565,08 669,56 Sparkonto ( 9.735,08 10.054,20 10.054,20 Girokonto - - 129,68 Gesamtvermögen 10.337,49 10.619,28 10.853,44
An Freibeträgen seien zu berücksichtigen: 02/05 02/06 ab 08/06 Freibetrag § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II 8.800,00 9.000,00 6.750,00 Freibetrag § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II 750,00 750,00 750,00 Gesamtfreibeträge 9.550,00 9.750,00 7.500,00
Mit seinem Einwand, das Sparkassenzertifikat habe zur Alterssicherung dienen sollen, könne der Kläger nicht durchdringen. Altersvorsorgeanlagen seien nur von der Verwertbarkeit nach § 12 SGB II ausgeschlossen, wenn es sich um staatlich geförderte Altersvorsorgeanlagen (z. B. Riesterrente) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II oder um Altersvorsorgeanlagen handele, deren Verwertbarkeit bis zum Rentenbeginn ausgeschlossen sei (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II). Das sei hier nicht der Fall gewesen. Der Kläger habe das Sparkonto jederzeit kündigen können und dies am 14. Dezember 2006 auch getan. Dementsprechend sei auch der Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II hier nicht anzuwenden, so dass das Sparkonto in voller Höhe als verfügbares Vermögen zu berücksichtigen sei. Sowohl bei der Erst- als auch bei den Folgeantragstellungen sei der Kläger nach alledem nicht hilfebedürftig gewesen und habe daher auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehabt. Die Bewilligung der Leistungen sei infolge dessen rechtswidrig gewesen. Rechtsgrundlage für die Rücknahme sei § 45 SGB X. Auf Vertrauen in den Bestand des rechtswidrigen Verwaltungsakts könne der Kläger sich nicht berufen, weil die rechtswidrige Bewilligung der Leistungen auf seinen unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben bei Antragstellung beruht habe. Er habe im Erstantrag vom 22. Februar 2005 angegeben, lediglich über ein den Betrag von 4.850,- Euro nicht übersteigendes Vermögen zu verfügen, tatsächlich aber ein Vermögen in Höhe von über 10.000,- Euro gehabt. Die Angaben zum Vermögen seien daher unrichtig gewesen. Bei Richtigkeit bzw. Vollständigkeit zum Zeitpunkt der Erstantragstellung wäre der Antrag des Klägers wegen übersteigenden Vermögens abgelehnt worden. Die unrichtigen Angaben seien also kausal für die rechtswidrige Bewilligung der Leistungen gewesen. Bei den Folgeanträgen vom 2. August 2005 sowie vom 7. Februar und 24. Juli 2006 habe der Kläger jeweils angegeben, dass bezüglich der Vermögensverhältnisse gegenüber den im Erstantrag gemachten Angaben keine Änderungen eingetreten seien. Auch insoweit habe er jeweils unrichtige Angaben in Bezug auf das vorhandene Vermögen gemacht, indem er die unrichtigen Angaben im Erstantrag als richtig bestätigt habe. Zum Zeitpunkt jeder Antragstellung habe das vorhandene Vermögen den jeweils geltenden Freibetrag überstiegen, so dass auch jeder Folgeantrag wegen übersteigenden Vermögens zum Zeitpunkt der Antragstellung abzulehnen gewesen wäre. Die Bewilligung von Leistungen auf der Grundlage der Folgeanträge sei daher ebenfalls durch die unrichtigen Angaben bedingt gewesen. Es sei insoweit unbeachtlich, dass das Vermögen bei richtiger Angabe und Ablehnung des Erstantrags durch Verbrauch möglicherweise nach Ablauf einiger Monate unterhalb des Freibetrags gelegen hätte. Es stehe nicht fest bzw. sei nicht nachweisbar, dass das Vermögen tatsächlich zum Lebensunterhalt eingesetzt worden wäre oder dieser noch anderweitig bestritten worden wäre. Damit sei auch nicht nachvollziehbar, ab welchem Zeitpunkt möglicherweise später Hilfebedürftigkeit eingetreten wäre, zumal das tatsächlich vorhandene Vermögen gar nicht in vollem Umfang bekannt gewesen sei, da zu dem Vermögen auf dem Girokonto zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Angaben vorhanden gewesen seien. Eine entsprechende Prüfung sei im Übrigen auch nicht vorzunehmen gewesen, denn es sei eine Tatsache, dass bei jeder Antragstellung das jeweils vorhandene Vermögen den Freibetrag überstiegen habe, da es nicht verbraucht worden sei. Die unrichtigen Angaben seien vom Kläger auch zumindest grob fahrlässig gemacht worden. Es habe sich aus dem Antrag selbst ergeben, dass als Vermögen sämtliche verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen seien. Insbesondere seien dort aufgeführt Bank- und Sparguthaben und auch andere Anlagen zur Altersvorsorge. Der Kläger habe daher bereits aufgrund dieser Angaben gewusst, dass das gesamte vorhandene Vermögen anzugeben gewesen sei und insbesondere, dass auch das nach seinen Angaben zur Altersvorsorge angesparte Vermögen auf dem Sparkonto als Vermögensbetrag mit aufzuführen sei. Trotzdem habe er angegeben, dass das vorhandene Vermögen nicht höher als 4.850,- Euro gewesen sei. Seine Argumentation, dass er bei der Antragstellung nicht mehr an das Sparkonto zur Altersvorsorge gedacht habe, sei nicht nachvollziehbar. Auch wenn er die Zinsen Anfang 2005 nicht habe nachtragen lassen, sei doch davon auszugehen, dass er gewusst habe, dass das Sparkonto vorhanden war. Zum einen besitze er entsprechende Unterlagen der Bank, die er nach entsprechender Aufforderung auch vorgelegt habe, zum anderen habe er das dazugehörige Sparbuch ebenso wie das weitere vorhandene Sparbuch zu Hause aufbewahrt. Es erscheine daher nicht nachvollziehbar, dass er beim Ausfüllen des Antrags das eine Sparbuch berücksichtigt, das andere aber aus Nachlässigkeit außer Betracht gelassen habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass man einen Vermögensbetrag, den man zur Altersvorsorge angelegt habe, einfach so vergesse. Da der Kläger gewusst habe, dass er bezüglich des Vermögens falsche Angaben gemacht hatte, sei davon auszugehen, dass er auch zumindest hätte wissen können, dass die Bewilligungen von Leistungen rechtswidrig gewesen seien. Es sei allgemein bekannt, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erhalte, wer diesen nicht durch Einkommen oder Vermögen selbst bestreiten könne. Zudem sei der Kläger im Zuge der Antragsaufnahme umfassend über seine den Bezug von Arbeitslosengeld II betreffenden Rechte und Pflichten aufgeklärt worden. Er habe daher gewusst, dass bei Angabe des tatsächlichen Vermögens möglicherweise keine Leistungen bewilligt werden würden. Da die Voraussetzungen für die Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte vorlägen, seien diese nach § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die hier einschlägigen Fristen seien beachtet worden. Die Erstattungsforderung finde ihre Grundlage in § 50 SGB X. Da der Kläger insgesamt 10.581,97 Euro zu Unrecht erhalten habe, habe er Leistungen in dieser Höhe zu erstatten.
Daraufhin hat der Kläger am 19. Oktober 2007 Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben und vorgetragen, es stehe rückblickend fest, dass er ohne Bewilligung der Leistungen zum Lebensunterhalt durch den Beklagten auf sein Vermögen hätte zurückgreifen müssen, denn mit Ausnahme der einmaligen Zinseinkünfte im Dezember 2005 und der von ihm angegebenen Rente habe er über keinerlei Einkünfte verfügt. Auf entsprechende Anforderung des Gerichts hat der Kläger die sein Girokonto betreffenden Auszüge für den Zeitraum 1. März 2005 bis 30. November 2006 in Ablichtung zu den Gerichtsakten gereicht.
Der Beklagte hat an seiner Auffassung festgehalten und ergänzend ausgeführt, maßgebend für die Vermögensberücksichtigung sei stets der aktuelle Bedarfszeitraum, so dass es auf das darin tatsächlich vorhandene und nicht etwa fiktives Vermögen ankomme. Dies habe zur Folge, dass ein den Freibetrag übersteigendes und tatsächlich vorhandenes Vermögen über den gesamten Anspruchszeitraum hinweg mit seinem vollen jeweiligen Wert angesetzt und dem Kläger dadurch Monat für Monat aufs Neue entgegengehalten werden könne, dass er seinen Bedarf zunächst durch Verwertung dieses Vermögens decken müsse, unabhängig davon, ob es zur Deckung des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausreiche. Nach § 12 SGB II zu berücksichtigendes Vermögen stehe also, soweit und solange es noch nicht eingesetzt oder verwertet worden sei, einem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch dann entgegen, wenn es im Falle seines Einsatzes nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte. Entsprechende Nachweise, dass der Kläger das vorhandene Vermögen verwertet gehabt habe, seien weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt worden. Allein der Vortrag, dass das Vermögen bei Einsatz für die Hilfebedürftigkeit spätestens im Mai 2005 aufgebraucht gewesen wäre bzw. unterhalb der Freigrenzen gelegen hätte, sei ohne Bedeutung.
Das Sozialgericht Cottbus hat der Klage mit Urteil vom 11. November 2008 insoweit stattgegeben, als es den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007 bezüglich des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 aufgehoben hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bewilligungsbescheid vom 8. März 2005 sei im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen, da dem Kläger ab dem 1. März 2005 mangels Hilfebedürftigkeit wegen vorhandenen Vermögens keine Leistungen zugestanden hätten. Die rechtswidrige Bewilligungsentscheidung des Beklagten habe auch auf dem Kläger vorwerfbarem, grob fahrlässigem Verhalten beruht. Dass er sich bei der Antragstellung geirrt oder - wie behauptet - wesentliche Vermögenswerte vergessen habe, halte die Kammer für nicht nachvollziehbar. Letztlich könne dies dahinstehen, denn auch wenn sein Vortrag der Wahrheit entspreche, sei sein Verhalten nicht entschuldbar. Anlässlich der Antragstellung wäre er verpflichtet gewesen, seine Vermögensanlagen bzw. seine Unterlagen durchzusehen und gegenüber dem Beklagten wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Hinsichtlich des Monats November 2006 ergebe sich die Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung aus § 48 SGB X. Durch den Zinsnachtrag am 17. November 2006 habe der Kläger Einkünfte in Höhe von 297,85 Euro sowie in Höhe von 319,12 Euro, insgesamt also 616,97 Euro, erzielt, so dass im Hinblick auf seinen Leistungssatz von 523,39 Euro Hilfebedürftigkeit nicht bestanden habe. Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme seien hier erfüllt. Hingegen seien hinsichtlich des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 45 SGB X nicht erfüllt. Nach Auffassung der Kammer handele es sich bei den Bewilligungsbescheiden vom 15. August 2005, 23. Februar, 3. März und 27. Juli 2006 in der Fassung vom 3. August 2006 zwar um von Anfang an rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte. Der Beklagte habe auch zu Recht darauf hingewiesen, dass jeweils zum Zeitpunkt der Fortzahlungsanträge Vermögen vorhanden gewesen sei, dass die entsprechenden Freibeträge überschritten haben. Jedoch seien die Voraussetzungen für eine Rücknahme aus Vertrauensschutzgründen nicht gegeben. Die Bewilligungsbescheide hätten nämlich weder auf einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung des Klägers beruht, noch habe er die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte gekannt oder könne ihm grob fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Auch beruhten die auf die Fortzahlungsanträge des Klägers hin ergangenen Bewilligungsbescheide ersichtlich nicht auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Die in den Fortzahlungsanträgen gestellte Frage nach einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe der Kläger jeweils wahrheitsgemäß beantwortet. Er sei in den Fortzahlungsanträgen nicht explizit nach der Höhe seiner Vermögenswerte befragt worden. Wäre der Kläger jeweils erneut zur Höhe seiner Vermögenswerte befragt worden und hätte er wahrheitswidrige Angaben gemacht, so hätte dies zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts führen können und müssen. Dies sei jedoch hier nicht der Fall gewesen.
Gegen das ihm am 21. November 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 9. Dezember 2008 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die Auslegung der Vorschriften durch das erstinstanzliche Gericht gehe an der Intention des Gesetzgebers vorbei. Der Kläger habe ursprünglich im Erstantrag falsche Angaben gemacht, die sich auf die Folgezeiträume auswirkten. Er habe in den Folgeanträgen mit der Mitteilung, dass keine Änderungen eingetreten seien, zum Ausdruck gemacht, auch weiterhin kein Vermögen zu haben, welches den Betrag von 4.850,- Euro übersteige. Damit habe er auch zum Ausdruck gebracht, dass er weiterhin nicht über anrechenbares Vermögen verfüge. Im Übrigen hätte der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bewilligung zwar nicht unmittelbar aus den jeweiligen Bewilligungsbescheiden erkennen können. Aufgrund der Hinweise in den Antragsvordrucken, dass Änderungen der Vermögensverhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen seien, sei jedoch für ihn erkennbar gewesen, dass vorhandenes Vermögen Auswirkungen auf den Anspruch haben könne. Dabei sei nicht erforderlich, dass der Kläger im Einzelfall aufgrund genauer Berechnung gewusst habe, dass ihm wegen seines Vermögens kein Anspruch zustehe. Ausreichend sei vielmehr, dass er aufgrund der Gegebenheiten hätte erkennen können, dass die Nichtanzeige des Sparkassenzertifikats Auswirkungen auf seinen Anspruch haben könnte. Diese Situation habe er selbst verschuldet und in Kauf genommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2008 abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (BGNR ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Sie ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet, denn das Sozialgericht Cottbus hat der Klage zu Unrecht insoweit stattgegeben, als es den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007 bezüglich des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 aufgehoben hat; der angegriffene Bescheid ist (auch insoweit) rechtmäßig.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig ist. Ein Ermessensspielraum besteht bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht.
Mit dem angegriffenen Bescheid hat der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 15. August 2005 und 23. Februar 2006, letzteren in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 3. März 2006, in Gänze sowie den Bewilligungsbescheid vom 27. Juli 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 3. August 2006 bezüglich des Zeitraums vom 1. September bis zum 31. Oktober 2006 für die Vergangenheit zurückgenommen.
Diese Bescheide waren begünstigend.
Sie waren auch rechtswidrig, denn da der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses jedes der drei Bescheide über Vermögen verfügte, das die jeweils geltenden Freibeträge überstieg, hätte eine Bewilligung nicht erfolgen dürfen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass er, hätte er bei der Erstantragstellung die vorhandenen Vermögenswerte richtig und vollständig angegeben und aufgrund dessen zunächst keine Leistung erhalten, vermutlich schon nach etwa zwei Monaten - und mithin sicherlich im Zeitpunkt der Folgeantragstellung - hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II gewesen wäre und einen entsprechenden Leistungsanspruch gehabt hätte. Anders als nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht kommt es darauf jedoch nach dem Konzept des SGB II nicht an. Danach besteht ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur dann, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt einzusetzendes Einkommen oder Vermögen nicht vorhanden ist ("Alles-oder-nichts-Prinzip", vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, Stand November 2009, § 12 Rdnr. 308 mit zahlreichen Nachweisen). Auch bei nur geringfügiger Überschreitung der Freigrenzen nach § 12 Abs. 2 SGB II besteht erst dann ein Anspruch, wenn der die Hilfebedürftigkeit ausschließende Teil des Vermögens aufgezehrt ist. Solange das anzurechnende Vermögen nicht verbraucht ist, etwa weil der Betreffende zu Unrecht Leistungen erhalten hat und daher auf seine Ersparnisse nicht hat zurückgreifen müssen, schließt es, etwa im Fall einer erneuten Antragstellung, die rechtmäßige Gewährung von Leistungen jederzeit und für unbegrenzte Dauer aus, auch wenn es tatsächlich nur für eine kurze Zeit ausgereicht hätte. Eine Bilanzierung dergestalt, dass der Wert des anzurechnenden Vermögens dem im Anspruchszeitraum entstandenen Bedarf gegenübergestellt wird und Leistungen insoweit zu gewähren sind, als ein Bedarfsüberhang verbleibt, sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, Stand November 2009, § 12 Rdnr. 311 m.w.N.).
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauen in den Bestand der leistungsbewilligenden Bescheide berufen, denn sie beruhten alle drei auf Angaben, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hatte. Unrichtig war seine Angabe bei der Erstantragstellung am 22. Februar 2005, dass er kein Vermögen habe, welches den Wert von 4.850,- Euro übersteige, denn tatsächlich hatte er, auch ohne Berücksichtigung des möglicherweise auf seinem Girokonto vorhandenen Guthabens und eventuell vorhandenen Bargeldes jedenfalls 10.337,49 Euro an Guthaben auf dem Sparbuch und dem Sparkonto bei der Sparkasse Niederlausitz. Auch die insoweit am 2. August 2005 sowie am 7. Februar und am 24. Juli 2006 bei den Folgeantragstellungen vom Kläger gemachten Angaben waren unrichtig im Sinne des § 45 SGB X. Macht ein Leistungsempfänger falsche Angaben und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig (vgl. LSG Saarland, Urteil vom 18. Februar 1999 - L 6 AL 6/98, NZS 2000, 102; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Kommentar, Stand Juli 2008, § 45 Rdnr. 41).
Unrichtig waren die Angaben auch in wesentlicher Beziehung, denn es kam gerade auf die Frage an, ob Vermögen von mehr als 4.850,- Euro Wert vorhanden war.
Der Kläger hat die unrichtigen Angaben auch zumindest grob fahrlässig gemacht. Der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zufolge liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist, wie das erstinstanzliche Gericht bereits zutreffend ausgeführt hat, dann der Fall, wenn er bereits einfache, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und daher nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit ist nicht von einem objektiven, sondern von einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 58/05 R, zitiert nach juris). Das Maß der Fahrlässigkeit ist insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und dem Einsichtsvermögen des Beteiligten gemäß dem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff zu beurteilen. Bezugspunkt ist die Angabe von Tatsachen. Die von dem Kläger anlässlich der Erstantragstellung auf dem Vordruck zu beantwortende Frage zeichnete sich durch denkbare Schlichtheit aus, denn es handelte sich um die nur mit "ja" oder "nein" zu beantwortende Frage, ob Vermögen von mehr als 4.850,- Euro vorhanden sei. Es bedurfte auch zur Sicherstellung einer richtigen Antwort keiner komplizierten Denkvorgänge oder Überlegungen. Dass jemand, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Bilde und in der Lage ist, diesbezügliche Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, kann und darf erwartet werden. Einer besonderen Prüfung und Berücksichtigung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und des Einsichtsvermögens des Klägers bedarf es in Anbetracht dessen nicht. Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass das "Vergessen" eines Sparkontos mit einem Guthaben von mehr als 9.700,- Euro insbesondere dann nicht nachvollziehbar ist, wenn es sich dabei um 90 v.H. des Gesamtvermögens handelt. Jedenfalls aber ist die Nichtangabe dieses Vermögenswerts nicht entschuldbar, denn bei auch nur geringfügiger Anstrengung, sei es durch Nachdenken oder durch Kontrolle der Bankunterlagen, wäre eine wahrheitsgemäße, also richtige und vollständige Antwort jedem, und damit auch dem Kläger, möglich gewesen. So, wie der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben in den Folgeanträgen perpetuiert hat, indem er jeweils angegeben hat, es seien keine wesentlichen Änderungen eingetreten, so hat sich auch der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens fortgesetzt, denn anlässlich jeder neuen Antragstellung war der Kläger gehalten, sich den Sinn der ihm gestellten Fragen zu vergegenwärtigen und sich mit der gebotenen Anstrengung um eine der Wahrheit entsprechende Beantwortung zu bemühen. Erforderlichenfalls hätte er nachfragen können und müssen.
Die Bewilligungsbescheide beruhten schließlich auch auf den vom Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht Angaben. Letztere waren kausal für die Leistungsgewährung, denn hätte der Beklagte im Zeitpunkt des Erlasses des jeweiligen Bescheides darum gewusst, dass der Kläger über die Freibeträge nicht unerheblich übersteigendes Vermögen verfügte, so hätte er keine Leistungen nach dem SGB II bewilligen dürfen und bewilligt. Ohne die unrichtigen Angaben wären die dem Begehren des Klägers entsprechenden, mangels Vorliegen der Voraussetzungen rechtswidrigen Bescheide nicht erlassen worden, sie waren also ursächlich oder zumindest mitursächlich (vgl. Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, Kommentar, 2. Aufl. 2007, § 45 Rdnr. 36).
Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme bzw. Teilrücknahme der Bewilligungsbescheide sind erfüllt, insbesondere ist die Jahresfrist nach §§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten, denn Kenntnis über die eine Aufhebung der Bescheide rechtfertigenden Tatsachen, nämlich die wahren Vermögensverhältnisse des Klägers, erlangte der Beklagte erst anlässlich seiner Vorsprache am 14. Dezember 2006, bei welcher er entsprechende Angaben machte und Unterlagen vorlegte. Nach § 330 Abs. 2 SGB III ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der Beklagte hat danach auch in atypischen Fällen kein Ermessen auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 2003 - B 11 AL 70/02, zitiert nach juris; Niesel, SGB III, Kommentar, 4. Auflage 2007, § 330 Rdnr. 50).
Die Erstattungsforderung schließlich hat der Beklagte zu Recht auf § 50 Abs. 1 SGB X gestützt. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben wurde. Auch insoweit hatte der Beklagte nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift keinen Ermessensspielraum. Dass der Beklagte die Höhe der Forderung zu Ungunsten des Klägers fehlerhaft ermittelt hätte, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Es ist auch nicht ersichtlich. Die Festsetzung ist § 50 Abs. 3 SGB X gemäß mit der Aufhebung der Bewilligungsbescheide verbunden worden.
Dass der Kläger sich nach alledem einer Erstattungsforderung ausgesetzt sieht, die sein in den hier relevanten Zeiträumen vorhanden gewesenes Vermögen - auch ohne die Berücksichtigung von Freibeträgen - übersteigt, ist dem Senat bewusst. Angesichts des dem SGB II zugrunde liegenden Konzepts bezüglich der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen und der Tatsache, dass es sich sowohl hinsichtlich der Aufhebung auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen Angaben beruhender rechtswidriger Bewilligungen als auch bezüglich der Erstattung aufgrund aufgehobener Verwaltungsakte erbrachter Leistungen um gebundene Entscheidungen handelt, ist ein solches Ergebnis jedoch vom Gesetzgeber wenn nicht intendiert, so doch in Kauf genommen. Dass nicht nur zurückgefordert wird, was bei wahrheitsgemäßen Angaben nicht bewilligt worden wäre, hat letztlich Sanktionscharakter und möglicherweise generalpräventive Wirkung.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
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