Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 6495/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 2852/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Mietspiegel der Stadt Stuttgart 2007/2008 liefert ein schlüssiges Konzept für die Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft.
Jedenfalls dann, wenn ein Mietspiegel Spannenwerte und nicht Durchschnittswerte ausweist, ist der Spannenoberwert als Grundlage der abstrakten Angemessenheitsprüfung heranzuziehen.
Jedenfalls dann, wenn ein Mietspiegel Spannenwerte und nicht Durchschnittswerte ausweist, ist der Spannenoberwert als Grundlage der abstrakten Angemessenheitsprüfung heranzuziehen.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. April 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2008.
Der 1967 geborene Kläger beantragte am 25. Juli 2008 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie die Übernahme der Kosten der Unterkunft. Nach den Angaben des Klägers in der Anlage "KDU" zum Antrag bewohnt er alleine seit 1. August 2008 eine 60 qm große Wohnung mit 3 Zimmern, für die er monatlich 400,- EUR Grundmiete und 68,- EUR monatliche kalte Nebenkosten bezahlt. Der Mietvertrag datiert vom 18. Juli 2008. Die Wohnung wird mit Gas beheizt. Der Kläger legte die Räumungsankündigung seiner bisherigen Wohnung vom 14. Juli 2008 vor, wonach diese am 6. August 2008 geräumt würde. Am 5. August 2008 legte der Kläger des Weiteren die Abschlagsrechnung des Energieversorgers vor. Danach hat er monatlich 84,- EUR (59,- EUR Strom, 25,- EUR Gas) ab 6. September 2008 zu bezahlen.
Für die Stadt Stuttgart ist für die Jahre 2007/2008 ein qualifizierter Mietspiegel erstellt. Dieser ist unterteilt in Baujahre (vor 1975, 1975 bis 1984, 1985 bis 1994, 1995 bis April 2006) und differenziert innerhalb der Baujahresabschnitte nach Ausstattungs- (sehr einfach, einfach, durchschnittlich, gut, sehr gut) und Lagemerkmalen (mit Nachteilen, durchschnittlich, mit Vorteilen). Die Wohnfläche ist in folgende Quadratmetergrenzen aufgeteilt: 30 bis unter 40 m², 40 bis unter 50 m², 50 bis unter 60 m², 60 bis unter 70 m² und 70 m² und mehr). Je Kategorie sind des Weiteren Mietpreisspannen ausgewiesen.
Für die vom Beklagten als Vergleichsmaßstab herangezogenen Wohnungen (Baujahr vor 1975) sind folgende auszugsweise wiedergegebenen Tabellenwerte niedergelegt:
Ausstattung Lage Wohnfläche 30 bis unter 40 m² 40 bis unter 50 m² 50 bis unter 60 m² Einfach Mit Nachteilen 6,10 - 7,70 EUR 5,70 - 7,20 EUR 5,40 - 6,80 EUR Durchschnittlich 6,30 - 8,- EUR 5,90 - 7,50 EUR 5,60 - 7,10 EUR Mit Vorteilen 6,50 - 8,20 EUR 6,10 - 7,80 EUR 5,80 - 7,40 EUR
Mit Bescheid vom 7. August 2008 bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen von monatlich 351,- EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung für August 2008 in Höhe von 369,50 EUR und für die Zeit von September bis Dezember 2008 von monatlich 387,87 EUR. Die Änderung ab 1. September 2008 begründete der Beklagte mit der Berücksichtigung von Heizkosten (Abschlagsrate Gas abzüglich Energieeigenanteil Warmwasserpauschale 6,63 EUR). Dem Kläger war zuvor im Rahmen einer persönlichen Vorsprache erklärt worden, dass sich die für ihn geltende Mietobergrenze auf 301,50 EUR belaufe (45 qm angemessene Wohnfläche x 6,70 EUR durchschnittliche Miete im unteren Segment je qm).
Gegen den Bewilligungsbescheid legte der Kläger am 11. August 2008 Widerspruch ein und brachte zur Begründung vor, es sei für ihn unvorhersehbar gewesen, seine bisherige Wohnung so schnell räumen zu müssen. Er habe gegen das Räumungsurteil eigentlich gerichtlich vorgehen wollen, was nur durch eine Verkettung unglücklicher Umstände gescheitert sei. Um seine Obdachlosigkeit zu verhindern, habe er die Gelegenheit ergriffen, die ihm angebotene Wohnung sofort anzumieten. Deshalb habe er auch den Mietvertrag beim Beklagten nicht zur vorherigen Genehmigung vorlegen können. Er beantrage deshalb die Übernahme der vollen Mietkosten sowie der vollen Abschlagszahlungen des Energieversorgers.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. September 2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Bei der Monatsmiete sei nur die Miete bis zur Mietobergrenze in Höhe von 301,50 EUR zu berücksichtigen, da er ohne vorherige Zusicherung umgezogen sei. Für die neue Wohnung hätte auch keine Zusicherung erteilt werden können, da die Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien. Soweit beantragt worden sei, auch die vollen Nebenkosten zu bezahlen, könnten die Stromkosten nicht übernommen werden, da nicht mit Strom geheizt würde und deshalb diese Kosten nicht von den Kosten der Unterkunft umfasst seien. Von den Heizungskosten von monatlich 25,- EUR sei die in der Regelleistung enthaltene Energiepauschale in Höhe von 6,63 EUR in Abzug zu bringen.
Dagegen hat der Kläger am 29. September 2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung das bereits im Widerspruchsverfahren Vorgetragene ausgeführt. Der Beklagte hat erwidert, für einen Einpersonenhaushalt sei eine Wohnfläche von 45 qm als angemessen anzusehen. Bei Berücksichtigung des regionalen Mietzinsniveaus sei auf den untersten Bereich der marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen. Ausweislich der Mietobergrenzen, die auf dem örtlichen Mietspiegel für die Stadt Stuttgart basierten, liege die insoweit marktübliche durchschnittliche Wohnungsmiete in diesem Segment bei 6,70 EUR je qm. Daraus errechne sich eine angemessene Kaltmiete von 301,50 EUR.
Mit Urteil vom 6. April 2009 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung einer Kaltmiete von monatlich 337,50 EUR zu gewähren. Zur Begründung ist ausgeführt, das Gericht habe auf den Mietspiegel der Stadt Stuttgart 2007/2008 abgestellt, der für Wohnungen mit einem Baujahr vor 1975 auf fünf Ausstattungskategorien abstelle, mit einer Unterteilung in jeweils drei Lagekategorien. Um erreichen zu können, dass Hilfebedürftige überhaupt eine Wohnung finden, sei auf die Ausstattungskategorie "einfach" und die Wohnlage "durchschnittlich" abzustellen. Die Mietpreisspanne belaufe sich bei diesen Wohnungen auf 5,90 EUR bis 7,50 EUR. Zur Berechnung der abstrakt angemessenen Kosten sei der Spannenoberwert und nicht der vom Beklagten angewandte Mittelwert anzusetzen, um einem Hilfebedürftigen die Anmietung aller, im betreffenden Mietpreissegment angebotener Wohnungen zu ermöglichen. Aus dem Produkt von angemessener Wohnungsgröße (45 qm) und Mietpreis pro qm (7,50 EUR) ergebe sich eine angemessene Kaltmiete von 337,50 EUR. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II finde auf den Kläger keine Anwendung, da er während des Leistungsbezugs nach dem SGB II umgezogen und daher nicht schutzbedürftig sei. Was die Nebenkosten anbelangt, hat das SG die Auffassung des Beklagten bestätigt. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das ihm am 4. Juni 2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24. Juni 2009 Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, das Bundessozialgericht habe für die Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft nur dann einen Sicherheitszuschlag gebilligt, wenn gerade kein qualifizierter Mietspiegel vorliege. Darüber hinaus werde Unbilligkeiten bereits dadurch entgegen gekommen, als der Mietspiegel Wohnungen zwischen 40 und 50 qm im entsprechenden Segment erfasse und bei - angemessenen - 45 qm deshalb schon ein gewisser Zuschlag gewährt werde. Nicht zuletzt müsse berücksichtigt werden, dass sich der gezahlte Mietpreis auch treibend auf das Mietpreisniveau auswirke, insbesondere, wenn die Mietobergrenze deutlich über dem Mittelwert des preiswerten Segments angesetzt werde. Auch ein zu niedriger Preis habe fatale Folgen, da er die Gefahr einer Gettoisierung in sich trage. Deshalb sei der Mittelwert angemessen. An dieser Einschätzung ändere sich auch nichts durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. September 2009 (B 4 AS 18/09 R), da in dessen Begründung nicht auf einen qualifizierten Mietspiegel abgestellt werde.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. April 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Berufungsverfahren nichts vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 2008. Für spätere Zeiträume ergangene Bewilligungsbescheide werden nicht nach § 96 SGG oder in analoger Anwendung der Vorschrift Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (st. Rspr. seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R = BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 und vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R = SozR 4-4300 § 428 Nr. 3).
Der Kläger hat den Rechtsstreit zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft beschränkt, auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen sind (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr. 3; BSG vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R; Urteil vom 5. September 2007 - B 11 b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 7; zuletzt BSG vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R). Denn bei den Kosten der Unterkunft handelt es sich insoweit um einen abtrennbaren Streitgegenstand (im Einzelnen BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R; BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 54-4200 § 22 Nr. 9; vgl. auch BSG vom 22. September 2009 a.a.O.).
Der Kläger erfüllt die in § 7 SGB II normierten Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen, die auch die Kosten der Unterkunft umfassen. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
Zutreffend ist der Beklagte in Anlehnung an das landesrechtlich geregelte Wohnungsbindungsrecht für Ein-Personenhaushalte von einer angemessenen Wohnfläche von 45 m² ausgegangen (Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums B.-W. zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo vom 12. Februar 2002 [GABl S. 240] i.d.F. der VwV vom 22. Januar 2004 [GABl S. 248]) und hat auch zulässigerweise für die Festlegung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft auf den qualifizierten Mietspiegel der Stadt Stuttgart für 2007/2008 zurückgegriffen.
Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 7. November 2006 (SozR 4-4200 § 22 Nr. 3) eine in mehreren Schritten vorzunehmende Prüfungsreihenfolge entwickelt. Danach ist in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen und in einem zweiten Schritt festzulegen, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Stehen diese Kriterien fest, ist in einem dritten Schritt nach der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.
In seiner Entscheidung vom 18. Juni 2008 (B 14/7b AS 44/06 R) hat das BSG herausgestellt, dass trotz der bundesweit unterschiedlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt ein möglichst gleichmäßiges Verwaltungshandeln sicher gestellt werden soll und deshalb Kriterien dafür entwickelt, wann ein überprüfbares schlüssiges Konzept zur Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze vorliegt. Danach muss nicht zwingend ein einfacher oder qualifizierter Mietspiegel vorliegen. Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zugrunde liegt und dieses im Interesse der Überprüfbarkeit der Ergebnisse schlüssig und hinreichend nachvollziehbar ist. In seiner Entscheidung vom 22. September 2009 (a.a.O.) hat das BSG seine Rechtsprechung weiter verfeinert und die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept formuliert. Ein Konzept erfordert danach ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichszeitraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens folgende Voraussetzungen erfüllt:
• Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstands der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach dem Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße • Angaben über den Beobachtungszeitraum • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel) • Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, • Validität der Datenerhebung, • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannenoberwert oder Kappungsgrenze).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann ein schlüssiges Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger allerdings nur Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist, so das BSG weiter, als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, d.h. der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde zu legen.
Der Mietspiegel der Stadt Stuttgart ist danach zwar geeignet, Grundlage eines schlüssigen Konzepts für die Ermittlung der Vergleichsmiete zu dienen; der Beklagte hat jedoch in der Umsetzung der ermittelten Daten nicht die richtigen Schlüsse gezogen.
Der Mietspiegel nach § 558c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete in der Gemeinde (§ 558c Abs. 1 BGB) und bedarf einer Erhebung und statistisch aufgearbeiteten Zusammenstellung der vorkommenden Mieten. Zwar ist insoweit keine Methode festgelegt; sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietspiegel ist jedoch, dass er den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden empirischen Grundlage beruht. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Werte des Mietspiegels auf einer ausreichenden Anzahl von aus Wohnwertmerkmalen vergleichbarer Wohnungen der betreffenden Gemeinde oder einer vergleichbaren Wohngemeinde gewonnener Daten beruhen (BSG vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R mwN, zitiert nach Juris).
Der räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der ortsüblichen Durchschnittsmiete beschränkt sich hier auf die Stadt Stuttgart. Der für die Angemessenheitsbetrachtung relevante "örtliche" Wohnungsmarkt wird grundsätzlich bestimmt durch den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Hilfeempfängers (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 2) und kann im Hinblick auf dessen Größe durchaus unterschiedlich sein, je nachdem, ob es sich um einen ländlichen Raum oder ein Ballungsgebiet handelt (BSG 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R = FEVS 60, 145-150 [Leitsatz und Gründe]). Angesichts einer Einwohnerzahl von 591 059 (Stand 31. Januar 2007; Quelle: Internetauftritt Stadt Stuttgart - Daten/Fakten - Gesamtstadt - Einwohnerzahl) kann als Vergleichsraum zur Ermittlung noch auf das gesamte Stadtgebiet abgestellt werden (vgl. BSG vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263-274 zur Stadt München).
Die vom Beklagten zugrunde gelegte Miethöhe von 6,70 EUR je qm Wohnfläche und die sich daraus errechnende Obergrenze entspricht dem Mittelwert der für die Stadt Stuttgart im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen, Baujahr vor 1975, einfacher Ausstattung in durchschnittlicher Lage (Spannenwert der Kategorie zwischen 40 qm und 50 qm: 5,90 EUR bis 7,50 EUR).
Grundsätzlich war es dem Beklagten gestattet, für die Festlegung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf die Daten des Mietspiegels der Stadt Stuttgart zurückzugreifen. Der Mietspiegel wurde auf einer empirisch tragfähigen Datenbasis erstellt. Im April 2006 wurden 20.000 Haushalte und damit 7% der Haushalte, die außerhalb z.B. von Heimen oder Werkswohnungen wohnen, angeschrieben. 43% der Haushalte antworteten; darunter wohnte allerdings nur ein Teil zur Miete und nur ein Teil der in Miete wohnenden Haushalte war "mietspiegelrelevant", d.h. die Wohnung muss grundsätzlich am freien Markt angemietet worden sein, darf nicht sozial gefördert oder zu "Freundschaftspreisen" von Verwandten oder Freunden vermietet worden sein. Außerdem muss sie vor weniger als vier Jahren bezogen oder die Miete innerhalb der letzten vier Jahre angepasst worden sein, um auf das aktuelle Mietpreisniveau Rückschlüsse zuzulassen. Unter Beachtung dieser Kriterien wurden 2.300 Fälle und damit 1,3% aller Wohnungen am freien Mietwohnungsmarkt ausgewertet.
Der Mietspiegel ist daher auf der Basis eines einheitlichen Vergleichsraums, unter Einbeziehung nur der am Mietwohnungsmarkt in den letzten vier Jahren tatsächlich neu vermieteten bzw. im Mietpreis erhöhten Wohnungen und auf Grundlage einer repräsentativen Zahl von Mieterhaushalten valide erstellt worden.
Es sind auch mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung berücksichtigt worden. Da der freie Mietwohnungsmarkt in Stuttgart durch eine sehr ungleiche Baualtersverteilung der Wohnungen charakterisiert ist (etwa die Hälfte aller Mietwohnungen wurde vor 1952 gebaut, nur knapp 9% nach 1980), wurde zur Datenauswertung eine geschichtete Stichprobe gezogen. Dazu wurden zunächst Baualtersschichten gebildet, die immer fünf Baujahre umfassten. Anschließend wurden aus jeder dieser Schichten per Zufallsverfahren gleich viele Wohnungen in die Stichprobe aufgenommen, was dazu führte, dass die Wohnungen hinsichtlich ihres Baualters annähernd gleich verteilt waren (Quelle: Ulrich Stein, Kurzbericht "Mietspiegel 2007/2008 ist erschienen" Statistisches Amt der Landeshauptstadt Stuttgart, Monatsheft 1/2007).
Allerdings hat der Beklagte, wie das SG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, zu Unrecht lediglich den Durchschnittswert der in der maßgeblichen Wohnungskategorie ermittelten Mietpreisspanne seiner Berechnung zugrunde gelegt und damit nicht im Sinne des vom BSG entwickelten "schlüssigen Konzepts" die zutreffenden Schlüsse aus den Mietspiegeldaten gezogen.
Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 22. September 2009 ausdrücklich nur darüber entschieden, wann in einer Gemeinde ohne Mietspiegel ein schlüssiges Konzept zu bejahen ist und insoweit ausgeführt, dass für den Fall, dass der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur Wohnungen sog. einfachen Standards zugrunde legt, als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert heranzuziehen ist. In seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2009 hatte das BSG zu den aus einem Mietspiegel gezogenen Schlüssen des Grundsicherungsträgers Stellung genommen und ausgeführt, dass für den Fall, dass der Mietspiegel Mietrichtwerte als Durchschnittswerte ausweist (bezogen auf Wohnungen mittlerer Ausstattung und mittlerer Wohnlage) und davon durch ein Verfahren von Zu- und Abschlägen wegen der Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards Mietrichtwerte als durchschnittliche Referenzwerte ausweist, auch der Durchschnittswert von im konkreten Fall Wohnungen, die 20 Jahre und älter sind, der Berechnung zugrunde gelegt werden kann.
Diese Ausführungen zeigen nach Auffassung des Senats, dass bei der Zugrundelegung von (qualifizierten) Mietspiegeln die Art der Datenerhebung und -auswertung maßgeblich für die anzulegenden Vergleichswerte ist.
Anders als der Mietspiegel der Stadt Freiburg (vgl. dazu die Entscheidung des Senats vom 5. Juli 2010 - L 1 AS 3815/09) erfolgt in Stuttgart die Ableitung der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmieten nicht auf Grundlage eines für Standardwohnungen ermittelten einheitlichen Wertes, sondern aufgrund einer auf die entsprechenden Wohnungssegmente bezogenen Erhebung, hier also auf Baujahre vor 1975, verbunden mit bestimmten Lage- und Ausstattungsmerkmalen, die in einer Mietpreisspanne ausgedrückt wird. Die unterschiedliche Erhebungsmethode drückt sich in unterschiedlichen Erhebungsergebnissen aus, nämlich einerseits einer Mietpreisspanne (d.h. 50% aller Wohnungen liegen rechnerisch unterhalb, 50% oberhalb des Mittelwerts) in Stuttgart, in Freiburg einem Durchschnittswert.
Legt jedoch ein Grundsicherungsträger wie in Stuttgart seiner Beurteilung nur Wohnungen sogenannten einfachen Standards zugrunde, die im Mietspiegel mit einem Spannenwert ausgewiesen sind, ist der Senat der Auffassung, dass wie in der Entscheidung vom 22. September 2009 auch für diese Fälle der Spannenoberwert maßgeblich ist. Will der Grundsicherungsträger von dem in dem jeweiligen Konzept/Mietspiegel niedergelegten Datenmaterial abweichen, z.B., in dem er nicht jeden Mietpreis aus einer darin aufgeführten Mietpreisspanne als angemessen zugrunde legen will, bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, An dieser fehlt es jedoch.
Der Umstand, dass der Mietspiegel je Ausstattungs-, Lage- und Größengesichtspunkt eine Mietpreisspanne ausweist, zeigt, dass es in jedem Segment eine ausreichend große Zahl von Wohnungen gibt, die sowohl den Spannenunterwert als auch den Mittel- oder Oberwert ausfüllen. Es zeigt aber gerade auch, dass es "den" Mietpreis für einfach ausgestattete Wohnungen in durchschnittlicher Lage in Stuttgart bis 45 m² nicht gibt. Darüber hinaus nehmen die durchgeführten Ermittlungen der Wohnungen, die in den Mietspiegel eingeflossen sind, bereits die unteren und die oberen 10% der Wohnungen je Ausstattungs- und Lagekategorie aus, so dass schon insoweit eine Vorauswahl getroffen worden ist.
Für das Einziehen einer Grenze im maßgeblichen Segment, sei es das vom Beklagten angewandte arithmetische Mittel oder eine andere Größe, fehlt es an einer tatsächlichen oder rechtlichen Handlungsermächtigung. Mit der Anwendung des Spannenmittelwertes zieht der Beklagte innerhalb des Mietspiegels eine weitere Mietobergrenze ein, die weder nach Maßgabe des vom BSG geforderten schlüssigen Konzepts noch nach anderen grundsicherungsrelevanten Kriterien entwickelt worden ist.
Die vom Beklagten vorgetragenen Einwände gegen die Beurteilung aller Quadratmeterpreise als angemessen innerhalb des unteren Segments vermögen zu keiner anderen Beurteilung zu führen:
Wenn der Beklagte vorbringt, der Mietspiegel umfasse in der für den Kläger maßgeblichen Kategorie auch Wohnungen über 45 qm, so dass auch diese in die Bildung der Mietobergrenzen eingeflossen seien, mag dies zutreffen. Dieses Argument ist jedoch aus zweierlei Gesichtspunkten nicht stichhaltig: Zum einen ist aus dem Mietspiegel unschwer erkennbar, dass größere Wohnungen je Quadratmeter weniger teuer sind als kleinere, so dass - anders als der Beklagte meint - durch den Einfluss von Wohnungen über 45 m² in die Bildung der Mietpreisspanne im unteren Segment wohl eher Wohnungen mit geringeren Preisen je qm in die Preisbildung eingeflossen sind und nicht teurere. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, worin der Beklagte einen möglichen Ausgleich von Unbilligkeiten sehen möchte. Zum anderen kann die Frage, welche Einteilungen die Stadt Stuttgart bei der Erarbeitung des Mietspiegels vornimmt, nicht zum Anlass genommen werden, Auf- oder Abrundungen bei der konkreten Anwendung des Mietspiegels im Grundsicherungsrecht vorzunehmen, wenn nicht durch entsprechendes Zahlenmaterial belegt wird, dass die den Rundungen zugrunde gelegten Annahmen (wovon hier, wie dargelegt, nicht ausgegangen werden kann) zutreffen. Will sich der Beklagte insoweit nicht an den Mietspiegel binden, liegt es an ihm, davon losgelöst ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des grundsicherungsrelevanten Mietpreises zu entwickeln und dabei die nach dem Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg maßgeblichen Wohnungsgrößen zu berücksichtigen.
Soweit eingewendet wird, nach repräsentativen Studien hätte sich gezeigt, dass es sich Preis treibend auf den Wohnungsmarkt auswirke, wenn die Mietobergrenze deutlich über dem Mittelwert des preiswerten Segments angesetzt werde, nimmt der Senat diese Studienergebnisse zur Kenntnis. Sie sind jedoch für die hier vorliegende rechtliche Fragestellung ohne Belang, sondern Ausfluss des auf jedem, also auch dem Mietwohnungsmarkt, bestehenden Wechselspiels zwischen Angebot und Nachfrage. Dabei ist jedoch aus Sicht des Senats für die Beurteilung des preistreibenden Effekts einer starren Grenze irrelevant, ob es sich um den Spannenoberwert oder den Spannenmittelwert handelt. Denn legt es ein Vermieter darauf an, seine Wohnung zum höchst möglichen, vom Grundsicherungsträger noch gesicherten Preis zu vermieten, kann er genau so den Spannenmittelwert ausreizen wie den Spannenoberwert (soweit innerhalb dieser Grenzen eventuelle Mieterhöhungsverlangen überhaupt durchgesetzt werden können).
Ohne Belang ist es des Weiteren, ob sich der vom Beklagten angesetzte Spannenmittelwert auch rechnerisch bei der Durchschnittsbildung anderer Kategorien ergibt. Denn bereits nach der Produkttheorie steht es dem Grundsicherungsempfänger grundsätzlich frei, welche Wohnung in welcher Lage und mit welcher Ausstattung er wählt, solange er mit dem Produkt aus Quadratmeterzahl und Quadratmetermietpreis die für ihn geltende Angemessenheitsgrenze nicht übersteigt.
Auf den vom SG in seiner Entscheidung postulierten "Sicherheitszuschlag" kommt es deshalb nicht an.
Da nur der Beklagte Berufung eingelegt hat, ist die Entscheidung des SG zu den Nebenkosten, insbesondere dem Abschlag für die Warmwasserbereitung, an deren Richtigkeit der Senat jedoch keine Zweifel hat, der rechtlichen Beurteilung des Senats entzogen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG erfüllt sind. Die Frage, ob bei der Bemessung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft je nach Art des qualifizierten Mietspiegels differenziert werden muss und ob für den Fall, dass ein qualifizierter Mietspiegel Mietpreisspannen ausweist, zur Bemessung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft der Spannenoberwert maßgeblich ist, hat grundsätzliche Bedeutung.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2008.
Der 1967 geborene Kläger beantragte am 25. Juli 2008 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie die Übernahme der Kosten der Unterkunft. Nach den Angaben des Klägers in der Anlage "KDU" zum Antrag bewohnt er alleine seit 1. August 2008 eine 60 qm große Wohnung mit 3 Zimmern, für die er monatlich 400,- EUR Grundmiete und 68,- EUR monatliche kalte Nebenkosten bezahlt. Der Mietvertrag datiert vom 18. Juli 2008. Die Wohnung wird mit Gas beheizt. Der Kläger legte die Räumungsankündigung seiner bisherigen Wohnung vom 14. Juli 2008 vor, wonach diese am 6. August 2008 geräumt würde. Am 5. August 2008 legte der Kläger des Weiteren die Abschlagsrechnung des Energieversorgers vor. Danach hat er monatlich 84,- EUR (59,- EUR Strom, 25,- EUR Gas) ab 6. September 2008 zu bezahlen.
Für die Stadt Stuttgart ist für die Jahre 2007/2008 ein qualifizierter Mietspiegel erstellt. Dieser ist unterteilt in Baujahre (vor 1975, 1975 bis 1984, 1985 bis 1994, 1995 bis April 2006) und differenziert innerhalb der Baujahresabschnitte nach Ausstattungs- (sehr einfach, einfach, durchschnittlich, gut, sehr gut) und Lagemerkmalen (mit Nachteilen, durchschnittlich, mit Vorteilen). Die Wohnfläche ist in folgende Quadratmetergrenzen aufgeteilt: 30 bis unter 40 m², 40 bis unter 50 m², 50 bis unter 60 m², 60 bis unter 70 m² und 70 m² und mehr). Je Kategorie sind des Weiteren Mietpreisspannen ausgewiesen.
Für die vom Beklagten als Vergleichsmaßstab herangezogenen Wohnungen (Baujahr vor 1975) sind folgende auszugsweise wiedergegebenen Tabellenwerte niedergelegt:
Ausstattung Lage Wohnfläche 30 bis unter 40 m² 40 bis unter 50 m² 50 bis unter 60 m² Einfach Mit Nachteilen 6,10 - 7,70 EUR 5,70 - 7,20 EUR 5,40 - 6,80 EUR Durchschnittlich 6,30 - 8,- EUR 5,90 - 7,50 EUR 5,60 - 7,10 EUR Mit Vorteilen 6,50 - 8,20 EUR 6,10 - 7,80 EUR 5,80 - 7,40 EUR
Mit Bescheid vom 7. August 2008 bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen von monatlich 351,- EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung für August 2008 in Höhe von 369,50 EUR und für die Zeit von September bis Dezember 2008 von monatlich 387,87 EUR. Die Änderung ab 1. September 2008 begründete der Beklagte mit der Berücksichtigung von Heizkosten (Abschlagsrate Gas abzüglich Energieeigenanteil Warmwasserpauschale 6,63 EUR). Dem Kläger war zuvor im Rahmen einer persönlichen Vorsprache erklärt worden, dass sich die für ihn geltende Mietobergrenze auf 301,50 EUR belaufe (45 qm angemessene Wohnfläche x 6,70 EUR durchschnittliche Miete im unteren Segment je qm).
Gegen den Bewilligungsbescheid legte der Kläger am 11. August 2008 Widerspruch ein und brachte zur Begründung vor, es sei für ihn unvorhersehbar gewesen, seine bisherige Wohnung so schnell räumen zu müssen. Er habe gegen das Räumungsurteil eigentlich gerichtlich vorgehen wollen, was nur durch eine Verkettung unglücklicher Umstände gescheitert sei. Um seine Obdachlosigkeit zu verhindern, habe er die Gelegenheit ergriffen, die ihm angebotene Wohnung sofort anzumieten. Deshalb habe er auch den Mietvertrag beim Beklagten nicht zur vorherigen Genehmigung vorlegen können. Er beantrage deshalb die Übernahme der vollen Mietkosten sowie der vollen Abschlagszahlungen des Energieversorgers.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. September 2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Bei der Monatsmiete sei nur die Miete bis zur Mietobergrenze in Höhe von 301,50 EUR zu berücksichtigen, da er ohne vorherige Zusicherung umgezogen sei. Für die neue Wohnung hätte auch keine Zusicherung erteilt werden können, da die Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien. Soweit beantragt worden sei, auch die vollen Nebenkosten zu bezahlen, könnten die Stromkosten nicht übernommen werden, da nicht mit Strom geheizt würde und deshalb diese Kosten nicht von den Kosten der Unterkunft umfasst seien. Von den Heizungskosten von monatlich 25,- EUR sei die in der Regelleistung enthaltene Energiepauschale in Höhe von 6,63 EUR in Abzug zu bringen.
Dagegen hat der Kläger am 29. September 2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung das bereits im Widerspruchsverfahren Vorgetragene ausgeführt. Der Beklagte hat erwidert, für einen Einpersonenhaushalt sei eine Wohnfläche von 45 qm als angemessen anzusehen. Bei Berücksichtigung des regionalen Mietzinsniveaus sei auf den untersten Bereich der marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen. Ausweislich der Mietobergrenzen, die auf dem örtlichen Mietspiegel für die Stadt Stuttgart basierten, liege die insoweit marktübliche durchschnittliche Wohnungsmiete in diesem Segment bei 6,70 EUR je qm. Daraus errechne sich eine angemessene Kaltmiete von 301,50 EUR.
Mit Urteil vom 6. April 2009 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung einer Kaltmiete von monatlich 337,50 EUR zu gewähren. Zur Begründung ist ausgeführt, das Gericht habe auf den Mietspiegel der Stadt Stuttgart 2007/2008 abgestellt, der für Wohnungen mit einem Baujahr vor 1975 auf fünf Ausstattungskategorien abstelle, mit einer Unterteilung in jeweils drei Lagekategorien. Um erreichen zu können, dass Hilfebedürftige überhaupt eine Wohnung finden, sei auf die Ausstattungskategorie "einfach" und die Wohnlage "durchschnittlich" abzustellen. Die Mietpreisspanne belaufe sich bei diesen Wohnungen auf 5,90 EUR bis 7,50 EUR. Zur Berechnung der abstrakt angemessenen Kosten sei der Spannenoberwert und nicht der vom Beklagten angewandte Mittelwert anzusetzen, um einem Hilfebedürftigen die Anmietung aller, im betreffenden Mietpreissegment angebotener Wohnungen zu ermöglichen. Aus dem Produkt von angemessener Wohnungsgröße (45 qm) und Mietpreis pro qm (7,50 EUR) ergebe sich eine angemessene Kaltmiete von 337,50 EUR. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II finde auf den Kläger keine Anwendung, da er während des Leistungsbezugs nach dem SGB II umgezogen und daher nicht schutzbedürftig sei. Was die Nebenkosten anbelangt, hat das SG die Auffassung des Beklagten bestätigt. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das ihm am 4. Juni 2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24. Juni 2009 Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, das Bundessozialgericht habe für die Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft nur dann einen Sicherheitszuschlag gebilligt, wenn gerade kein qualifizierter Mietspiegel vorliege. Darüber hinaus werde Unbilligkeiten bereits dadurch entgegen gekommen, als der Mietspiegel Wohnungen zwischen 40 und 50 qm im entsprechenden Segment erfasse und bei - angemessenen - 45 qm deshalb schon ein gewisser Zuschlag gewährt werde. Nicht zuletzt müsse berücksichtigt werden, dass sich der gezahlte Mietpreis auch treibend auf das Mietpreisniveau auswirke, insbesondere, wenn die Mietobergrenze deutlich über dem Mittelwert des preiswerten Segments angesetzt werde. Auch ein zu niedriger Preis habe fatale Folgen, da er die Gefahr einer Gettoisierung in sich trage. Deshalb sei der Mittelwert angemessen. An dieser Einschätzung ändere sich auch nichts durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. September 2009 (B 4 AS 18/09 R), da in dessen Begründung nicht auf einen qualifizierten Mietspiegel abgestellt werde.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. April 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Berufungsverfahren nichts vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 2008. Für spätere Zeiträume ergangene Bewilligungsbescheide werden nicht nach § 96 SGG oder in analoger Anwendung der Vorschrift Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (st. Rspr. seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R = BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 und vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R = SozR 4-4300 § 428 Nr. 3).
Der Kläger hat den Rechtsstreit zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft beschränkt, auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen sind (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr. 3; BSG vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R; Urteil vom 5. September 2007 - B 11 b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 7; zuletzt BSG vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R). Denn bei den Kosten der Unterkunft handelt es sich insoweit um einen abtrennbaren Streitgegenstand (im Einzelnen BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R; BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 54-4200 § 22 Nr. 9; vgl. auch BSG vom 22. September 2009 a.a.O.).
Der Kläger erfüllt die in § 7 SGB II normierten Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen, die auch die Kosten der Unterkunft umfassen. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
Zutreffend ist der Beklagte in Anlehnung an das landesrechtlich geregelte Wohnungsbindungsrecht für Ein-Personenhaushalte von einer angemessenen Wohnfläche von 45 m² ausgegangen (Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums B.-W. zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo vom 12. Februar 2002 [GABl S. 240] i.d.F. der VwV vom 22. Januar 2004 [GABl S. 248]) und hat auch zulässigerweise für die Festlegung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft auf den qualifizierten Mietspiegel der Stadt Stuttgart für 2007/2008 zurückgegriffen.
Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 7. November 2006 (SozR 4-4200 § 22 Nr. 3) eine in mehreren Schritten vorzunehmende Prüfungsreihenfolge entwickelt. Danach ist in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen und in einem zweiten Schritt festzulegen, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Stehen diese Kriterien fest, ist in einem dritten Schritt nach der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.
In seiner Entscheidung vom 18. Juni 2008 (B 14/7b AS 44/06 R) hat das BSG herausgestellt, dass trotz der bundesweit unterschiedlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt ein möglichst gleichmäßiges Verwaltungshandeln sicher gestellt werden soll und deshalb Kriterien dafür entwickelt, wann ein überprüfbares schlüssiges Konzept zur Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze vorliegt. Danach muss nicht zwingend ein einfacher oder qualifizierter Mietspiegel vorliegen. Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zugrunde liegt und dieses im Interesse der Überprüfbarkeit der Ergebnisse schlüssig und hinreichend nachvollziehbar ist. In seiner Entscheidung vom 22. September 2009 (a.a.O.) hat das BSG seine Rechtsprechung weiter verfeinert und die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept formuliert. Ein Konzept erfordert danach ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichszeitraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens folgende Voraussetzungen erfüllt:
• Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstands der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach dem Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße • Angaben über den Beobachtungszeitraum • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel) • Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, • Validität der Datenerhebung, • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannenoberwert oder Kappungsgrenze).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann ein schlüssiges Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger allerdings nur Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist, so das BSG weiter, als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, d.h. der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde zu legen.
Der Mietspiegel der Stadt Stuttgart ist danach zwar geeignet, Grundlage eines schlüssigen Konzepts für die Ermittlung der Vergleichsmiete zu dienen; der Beklagte hat jedoch in der Umsetzung der ermittelten Daten nicht die richtigen Schlüsse gezogen.
Der Mietspiegel nach § 558c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete in der Gemeinde (§ 558c Abs. 1 BGB) und bedarf einer Erhebung und statistisch aufgearbeiteten Zusammenstellung der vorkommenden Mieten. Zwar ist insoweit keine Methode festgelegt; sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietspiegel ist jedoch, dass er den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden empirischen Grundlage beruht. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Werte des Mietspiegels auf einer ausreichenden Anzahl von aus Wohnwertmerkmalen vergleichbarer Wohnungen der betreffenden Gemeinde oder einer vergleichbaren Wohngemeinde gewonnener Daten beruhen (BSG vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R mwN, zitiert nach Juris).
Der räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der ortsüblichen Durchschnittsmiete beschränkt sich hier auf die Stadt Stuttgart. Der für die Angemessenheitsbetrachtung relevante "örtliche" Wohnungsmarkt wird grundsätzlich bestimmt durch den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Hilfeempfängers (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 2) und kann im Hinblick auf dessen Größe durchaus unterschiedlich sein, je nachdem, ob es sich um einen ländlichen Raum oder ein Ballungsgebiet handelt (BSG 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R = FEVS 60, 145-150 [Leitsatz und Gründe]). Angesichts einer Einwohnerzahl von 591 059 (Stand 31. Januar 2007; Quelle: Internetauftritt Stadt Stuttgart - Daten/Fakten - Gesamtstadt - Einwohnerzahl) kann als Vergleichsraum zur Ermittlung noch auf das gesamte Stadtgebiet abgestellt werden (vgl. BSG vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263-274 zur Stadt München).
Die vom Beklagten zugrunde gelegte Miethöhe von 6,70 EUR je qm Wohnfläche und die sich daraus errechnende Obergrenze entspricht dem Mittelwert der für die Stadt Stuttgart im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen, Baujahr vor 1975, einfacher Ausstattung in durchschnittlicher Lage (Spannenwert der Kategorie zwischen 40 qm und 50 qm: 5,90 EUR bis 7,50 EUR).
Grundsätzlich war es dem Beklagten gestattet, für die Festlegung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf die Daten des Mietspiegels der Stadt Stuttgart zurückzugreifen. Der Mietspiegel wurde auf einer empirisch tragfähigen Datenbasis erstellt. Im April 2006 wurden 20.000 Haushalte und damit 7% der Haushalte, die außerhalb z.B. von Heimen oder Werkswohnungen wohnen, angeschrieben. 43% der Haushalte antworteten; darunter wohnte allerdings nur ein Teil zur Miete und nur ein Teil der in Miete wohnenden Haushalte war "mietspiegelrelevant", d.h. die Wohnung muss grundsätzlich am freien Markt angemietet worden sein, darf nicht sozial gefördert oder zu "Freundschaftspreisen" von Verwandten oder Freunden vermietet worden sein. Außerdem muss sie vor weniger als vier Jahren bezogen oder die Miete innerhalb der letzten vier Jahre angepasst worden sein, um auf das aktuelle Mietpreisniveau Rückschlüsse zuzulassen. Unter Beachtung dieser Kriterien wurden 2.300 Fälle und damit 1,3% aller Wohnungen am freien Mietwohnungsmarkt ausgewertet.
Der Mietspiegel ist daher auf der Basis eines einheitlichen Vergleichsraums, unter Einbeziehung nur der am Mietwohnungsmarkt in den letzten vier Jahren tatsächlich neu vermieteten bzw. im Mietpreis erhöhten Wohnungen und auf Grundlage einer repräsentativen Zahl von Mieterhaushalten valide erstellt worden.
Es sind auch mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung berücksichtigt worden. Da der freie Mietwohnungsmarkt in Stuttgart durch eine sehr ungleiche Baualtersverteilung der Wohnungen charakterisiert ist (etwa die Hälfte aller Mietwohnungen wurde vor 1952 gebaut, nur knapp 9% nach 1980), wurde zur Datenauswertung eine geschichtete Stichprobe gezogen. Dazu wurden zunächst Baualtersschichten gebildet, die immer fünf Baujahre umfassten. Anschließend wurden aus jeder dieser Schichten per Zufallsverfahren gleich viele Wohnungen in die Stichprobe aufgenommen, was dazu führte, dass die Wohnungen hinsichtlich ihres Baualters annähernd gleich verteilt waren (Quelle: Ulrich Stein, Kurzbericht "Mietspiegel 2007/2008 ist erschienen" Statistisches Amt der Landeshauptstadt Stuttgart, Monatsheft 1/2007).
Allerdings hat der Beklagte, wie das SG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, zu Unrecht lediglich den Durchschnittswert der in der maßgeblichen Wohnungskategorie ermittelten Mietpreisspanne seiner Berechnung zugrunde gelegt und damit nicht im Sinne des vom BSG entwickelten "schlüssigen Konzepts" die zutreffenden Schlüsse aus den Mietspiegeldaten gezogen.
Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 22. September 2009 ausdrücklich nur darüber entschieden, wann in einer Gemeinde ohne Mietspiegel ein schlüssiges Konzept zu bejahen ist und insoweit ausgeführt, dass für den Fall, dass der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur Wohnungen sog. einfachen Standards zugrunde legt, als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert heranzuziehen ist. In seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2009 hatte das BSG zu den aus einem Mietspiegel gezogenen Schlüssen des Grundsicherungsträgers Stellung genommen und ausgeführt, dass für den Fall, dass der Mietspiegel Mietrichtwerte als Durchschnittswerte ausweist (bezogen auf Wohnungen mittlerer Ausstattung und mittlerer Wohnlage) und davon durch ein Verfahren von Zu- und Abschlägen wegen der Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards Mietrichtwerte als durchschnittliche Referenzwerte ausweist, auch der Durchschnittswert von im konkreten Fall Wohnungen, die 20 Jahre und älter sind, der Berechnung zugrunde gelegt werden kann.
Diese Ausführungen zeigen nach Auffassung des Senats, dass bei der Zugrundelegung von (qualifizierten) Mietspiegeln die Art der Datenerhebung und -auswertung maßgeblich für die anzulegenden Vergleichswerte ist.
Anders als der Mietspiegel der Stadt Freiburg (vgl. dazu die Entscheidung des Senats vom 5. Juli 2010 - L 1 AS 3815/09) erfolgt in Stuttgart die Ableitung der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmieten nicht auf Grundlage eines für Standardwohnungen ermittelten einheitlichen Wertes, sondern aufgrund einer auf die entsprechenden Wohnungssegmente bezogenen Erhebung, hier also auf Baujahre vor 1975, verbunden mit bestimmten Lage- und Ausstattungsmerkmalen, die in einer Mietpreisspanne ausgedrückt wird. Die unterschiedliche Erhebungsmethode drückt sich in unterschiedlichen Erhebungsergebnissen aus, nämlich einerseits einer Mietpreisspanne (d.h. 50% aller Wohnungen liegen rechnerisch unterhalb, 50% oberhalb des Mittelwerts) in Stuttgart, in Freiburg einem Durchschnittswert.
Legt jedoch ein Grundsicherungsträger wie in Stuttgart seiner Beurteilung nur Wohnungen sogenannten einfachen Standards zugrunde, die im Mietspiegel mit einem Spannenwert ausgewiesen sind, ist der Senat der Auffassung, dass wie in der Entscheidung vom 22. September 2009 auch für diese Fälle der Spannenoberwert maßgeblich ist. Will der Grundsicherungsträger von dem in dem jeweiligen Konzept/Mietspiegel niedergelegten Datenmaterial abweichen, z.B., in dem er nicht jeden Mietpreis aus einer darin aufgeführten Mietpreisspanne als angemessen zugrunde legen will, bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, An dieser fehlt es jedoch.
Der Umstand, dass der Mietspiegel je Ausstattungs-, Lage- und Größengesichtspunkt eine Mietpreisspanne ausweist, zeigt, dass es in jedem Segment eine ausreichend große Zahl von Wohnungen gibt, die sowohl den Spannenunterwert als auch den Mittel- oder Oberwert ausfüllen. Es zeigt aber gerade auch, dass es "den" Mietpreis für einfach ausgestattete Wohnungen in durchschnittlicher Lage in Stuttgart bis 45 m² nicht gibt. Darüber hinaus nehmen die durchgeführten Ermittlungen der Wohnungen, die in den Mietspiegel eingeflossen sind, bereits die unteren und die oberen 10% der Wohnungen je Ausstattungs- und Lagekategorie aus, so dass schon insoweit eine Vorauswahl getroffen worden ist.
Für das Einziehen einer Grenze im maßgeblichen Segment, sei es das vom Beklagten angewandte arithmetische Mittel oder eine andere Größe, fehlt es an einer tatsächlichen oder rechtlichen Handlungsermächtigung. Mit der Anwendung des Spannenmittelwertes zieht der Beklagte innerhalb des Mietspiegels eine weitere Mietobergrenze ein, die weder nach Maßgabe des vom BSG geforderten schlüssigen Konzepts noch nach anderen grundsicherungsrelevanten Kriterien entwickelt worden ist.
Die vom Beklagten vorgetragenen Einwände gegen die Beurteilung aller Quadratmeterpreise als angemessen innerhalb des unteren Segments vermögen zu keiner anderen Beurteilung zu führen:
Wenn der Beklagte vorbringt, der Mietspiegel umfasse in der für den Kläger maßgeblichen Kategorie auch Wohnungen über 45 qm, so dass auch diese in die Bildung der Mietobergrenzen eingeflossen seien, mag dies zutreffen. Dieses Argument ist jedoch aus zweierlei Gesichtspunkten nicht stichhaltig: Zum einen ist aus dem Mietspiegel unschwer erkennbar, dass größere Wohnungen je Quadratmeter weniger teuer sind als kleinere, so dass - anders als der Beklagte meint - durch den Einfluss von Wohnungen über 45 m² in die Bildung der Mietpreisspanne im unteren Segment wohl eher Wohnungen mit geringeren Preisen je qm in die Preisbildung eingeflossen sind und nicht teurere. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, worin der Beklagte einen möglichen Ausgleich von Unbilligkeiten sehen möchte. Zum anderen kann die Frage, welche Einteilungen die Stadt Stuttgart bei der Erarbeitung des Mietspiegels vornimmt, nicht zum Anlass genommen werden, Auf- oder Abrundungen bei der konkreten Anwendung des Mietspiegels im Grundsicherungsrecht vorzunehmen, wenn nicht durch entsprechendes Zahlenmaterial belegt wird, dass die den Rundungen zugrunde gelegten Annahmen (wovon hier, wie dargelegt, nicht ausgegangen werden kann) zutreffen. Will sich der Beklagte insoweit nicht an den Mietspiegel binden, liegt es an ihm, davon losgelöst ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des grundsicherungsrelevanten Mietpreises zu entwickeln und dabei die nach dem Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg maßgeblichen Wohnungsgrößen zu berücksichtigen.
Soweit eingewendet wird, nach repräsentativen Studien hätte sich gezeigt, dass es sich Preis treibend auf den Wohnungsmarkt auswirke, wenn die Mietobergrenze deutlich über dem Mittelwert des preiswerten Segments angesetzt werde, nimmt der Senat diese Studienergebnisse zur Kenntnis. Sie sind jedoch für die hier vorliegende rechtliche Fragestellung ohne Belang, sondern Ausfluss des auf jedem, also auch dem Mietwohnungsmarkt, bestehenden Wechselspiels zwischen Angebot und Nachfrage. Dabei ist jedoch aus Sicht des Senats für die Beurteilung des preistreibenden Effekts einer starren Grenze irrelevant, ob es sich um den Spannenoberwert oder den Spannenmittelwert handelt. Denn legt es ein Vermieter darauf an, seine Wohnung zum höchst möglichen, vom Grundsicherungsträger noch gesicherten Preis zu vermieten, kann er genau so den Spannenmittelwert ausreizen wie den Spannenoberwert (soweit innerhalb dieser Grenzen eventuelle Mieterhöhungsverlangen überhaupt durchgesetzt werden können).
Ohne Belang ist es des Weiteren, ob sich der vom Beklagten angesetzte Spannenmittelwert auch rechnerisch bei der Durchschnittsbildung anderer Kategorien ergibt. Denn bereits nach der Produkttheorie steht es dem Grundsicherungsempfänger grundsätzlich frei, welche Wohnung in welcher Lage und mit welcher Ausstattung er wählt, solange er mit dem Produkt aus Quadratmeterzahl und Quadratmetermietpreis die für ihn geltende Angemessenheitsgrenze nicht übersteigt.
Auf den vom SG in seiner Entscheidung postulierten "Sicherheitszuschlag" kommt es deshalb nicht an.
Da nur der Beklagte Berufung eingelegt hat, ist die Entscheidung des SG zu den Nebenkosten, insbesondere dem Abschlag für die Warmwasserbereitung, an deren Richtigkeit der Senat jedoch keine Zweifel hat, der rechtlichen Beurteilung des Senats entzogen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG erfüllt sind. Die Frage, ob bei der Bemessung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft je nach Art des qualifizierten Mietspiegels differenziert werden muss und ob für den Fall, dass ein qualifizierter Mietspiegel Mietpreisspannen ausweist, zur Bemessung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft der Spannenoberwert maßgeblich ist, hat grundsätzliche Bedeutung.
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