L 7 AS 415/10 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 22 AS 774/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 415/10 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Form und Zeitpunkt des PKH-Antrags
Ein telefonischer Antrag auf Prozesskostenhilfe ist nicht wirksam, weil er nicht "vor der Geschäftsstelle" nach § 117 Ab. 1 ZPO erfolgt.
Ein schriftlicher PKH-Antrag ist bis zur Verlautbarung der Entscheidung, bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren also i.d.R. bis zur Übergabe der Entscheidung zur Post zwecks Zustellung, zu berücksichtigen.
Auf die Beschwerde wird Ziffer 3 des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 1. April 2010 aufgehoben und dem Antragsteller für das erstinstanzliche Verfahren ab 6. April 2010 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. A. P. beigeordnet.



Gründe:

I.

Streitig ist die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht München.

Zwischen den Beteiligten war im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob vorläufig Arbeitslosengeld II über Februar 2010 hinaus unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren ist.

Zunächst wurde Arbeitslosengeld II für die Zeit von November 2008 bis einschließlich Mai 2009 bewilligt und dabei die tatsächlichen Kosten der Unterkunft bei einem Abzug für Warmwasser als Bedarf zu Grunde gelegt. Da der Antragsteller in den Folgemonaten Nachweise über die Wohnungssuche vorlegte, wurden auch für die Zeit bis 28.02.2010 die tatsächlichen Unterkunftskosten übernommen.

Mit Schreiben vom 12.03.2010 wurde die Wohnung vom Vermieter wegen Mietrückständen fristlos gekündigt. Die Räumungsklage wurde im März erhoben.

Am 22.03.2010 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Am 31.03.2010 beantragte er telefonisch die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Der Eilantrag wurde mit Beschluss vom 01.04.2007 zurückgewiesen. Ein Anordnungsanspruch für die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten sei nicht glaubhaft. Zugleich wurde die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.

Am 06.04.2010 bestellte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers, begründete den Eilantrag und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Der Beschluss vom 01.04.2010 wurde am 07.04.2010 zur Post gegeben und dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 08.04.2010 zugestellt.

Mit Bewilligungsbescheid vom 22.04.2010 wurde Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.06.2010 bis 30.11.2010 bewilligt. Dabei wurden nur mehr ein Teil der Grundmiete und die Nebenkosten berücksichtigt. Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch erhoben.

Am 22.04.2010 hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 24.07.2010 wurde die Beschwerde in der Sache zurückgewiesen und für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.

II.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz). Sie ist auch statthaft, weil die Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussicht erfolgte (§ 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG) und der Beschwerdewert in der Hauptsache über 750,- Euro liegt (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG iVm § 127 Abs. 2 S. 2 HS. 1 ZPO).

Ein wirksamer Antrag auf Prozesskostenhilfe lag erst am 06.04.2010 vor. Der Antrag ist schriftlich oder vor der Geschäftsstelle zu Protokoll zu stellen (§ 117 Abs. 1 S. 1 ZPO, vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, 2008, § 73a Rn. 5a). Ein Telefonat erfolgt nicht in persönlicher Anwesenheit "vor der Geschäftsstelle". Deshalb war die Bewilligung auf die Zeit ab 06.04.2010 zu begrenzen.

Der schriftliche Antrag vom 06.04.2010 war nicht verspätet, weil der Beschluss vom 01.04.2010 erst am 07.04.2010 zur Post gegeben wurde. Das Gericht muss eingehende Schriftsätze bis zur Verlautbarung, d.h. in der Regel bis zur Übergabe des Beschlusses zur Post zwecks Zustellung berücksichtigen (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 133 Rn. 2a). Beschlüsse, die ohne mündliche Verhandlung ergehen, werden danach gemäß § 142 Abs. 1, § 133 SGG mit Zustellung, hier am 08.04.2010, existent (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 142 Rn. 7, § 133 Rn. 1).

Dem Antragsteller war auch für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil der Antragsteller die Kosten der Prozessführung nicht selbst tragen kann und eine hinreichende Erfolgsaussicht bestand. Wegen der Schwierigkeiten der Rechtsfragen und der Bedeutung der Angelegenheit war ihm antragsgemäß Rechtsanwalt Dr. P. nach § 121 Abs. 2 ZPO beizuordnen.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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