Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 409/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 B 183/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.11.2007 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet dem Antragsteller ab dem 23.10.2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren S 31 AS 406/07 monatliche Leistungen in Höhe von 734,00 EUR zu erbringen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu tragen.
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bezog bis zum 30. April 2007 entsprechende Leistungen in Höhe der Regeleistung von 345 EUR und für Kosten der Unterkunft in Höhe 387,07 EUR monatlich.
Durch den Tod seiner Mutter am 00.00.2006 erbte der Antragsteller zusammen mit seinem Vater die Hälfte eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstückes in I, Q-straße 00. Die zweite Grundstückshälfte steht im Eigentum des Vaters des Klägers, der auch eine der sieben Wohnungen in dem Haus bewohnt. Nach Beurteilung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im X-Kreis vom 20. Juni 2007 hat das Grundstück einen Wert von 225.000 Euro.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2007 lehnte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller die weitere Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, der Wert der Immobilie betrage 225.000 Euro. Auf dem Grundstück liege eine Belastung von 45.208,87 Euro, so dass ein Restwert in Höhe von 179.791,13 Euro verbleibe. Das Erbe des Antragstellers belaufe sich demnach auf 44.947,78 Euro und stelle eine einmalige Einnahme dar. Die einmalige Einnahme sei auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen. Der Bedarf des Antragstellers belaufe sich zur Zeit auf 857,43 Euro monatlich (einschließlich der Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung in Höhe von 125,36 EUR). Mit der festgestellten Einnahme könne der Antragsteller seinen Bedarf für ca. 52 Monate decken. Sollte die Verwertung des Erbes nicht durch Verkauf des Eigentumsanteils gewährleistet sein, wäre auch eine Beleihung des Eigentums in Betracht zu ziehen.
Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2007 zurückgewiesen wurden.
Am 17. Oktober 2007 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) Klage erhoben (S 31 AS 406/07) und am 23. Oktober 2007 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen, er sei mittellos. Sein Vater wolle ihm seinen Anteil nicht abkaufen. Der Miteigentumsanteil sei nicht veräußerbar und auch nicht weiter beleihbar. Die Verwertung des Eigentumsanteils stelle darüber hinaus eine unbillige Härte dar. Durch das Mehrfamilienhaus würden zwar monatlich 1.573,91 Euro Mieteinnahmen erzielt. Den Mieteinnahmen hätten jedoch 2006 Kosten in Höhe von 18.687,60 Euro gegenübergestanden.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren Leistungen in Höhe von 857,43 Euro monatlich zu erbringen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 26.11.2007 hat das SG den Antrag abgelehnt und zur Begründung im wesentlich ausgeführt, es fehle an einem Anordnungsanspruch. Nach § 9 SGB II sei nur derjenige hilfebedürftig, der seinen Lebensunterhalt nicht durch sein Vermögen oder Einkommen sichern kann. Es könne dahin stehen, ob es sich bei dem Erbe um eine einmalige Einnahme oder nunmehr um Vermögen handele. Wenn das Erbe des Antragstellers als Einkommen zu berücksichtigen sei, handele es sich um eine einmalige Einnahme. Nach § 11 SGB II seien als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Der Wert des Erbes betrage mehrere 10.000 Euro, so dass nach § 2 Abs. 3 Arbeitslosengeld Il-Verordnung ein Anspruch auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Wenn das Erbe als Vermögen zu behandeln wäre, seien die Freibeträge nach § 12 SGB II überschritten, so dass ein Leistungsanspruch nicht bestehe. Die Kammer verkenne nicht, dass der Antragsteller sein Erbe nicht sofort, sondern eventuell erst nach einer Teilungsversteigerung zu Geld machen könne. Für diesen Fall gebe es beim Vermögen mit §§ 9 Abs. 4 und 23 Abs. 5 SGB II Normen, die einen Darlehensanspruch bewirkten. Dies gelte sowohl für den geltend gemachten Fall, dass die Verwertung nicht sofort möglich sei, als auch für den geltend gemachten Fall, dass die Verwertung eine besondere Härte bedeuten würde. Die Kammer sehe insofern die Möglichkeit, dem Antragsteller zumindest in analoger Anwendung dieser Vorschriften ein Darlehen zu gewähren. Ein solches Darlehen wolle der anwaltlich vertretene Antragsteller jedoch gerade nicht.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 04.12.2007 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen darauf, dass seinem Miteigentumsanteil an dem Grundstück kein Geldwert zukomme, da kein Markt dafür existiere.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.11.2007 zu ändern und nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, bei dem Erbe handele es sich um berücksichtigungsfähiges Einkommen iSd. SGB II. Zwar sei dieses nicht sofort verwertbar und auch nicht unmittelbar bedarfsbezogen für den Lebensunterhalt verwendbar. Das Verwertungshindernis sei jedoch nur temporär. Grundsätzlich sei das Grundstück durch eine Teilungsversteigerung oder den Verkauf an den Vater verwertbar. Dadurch entstehende Kosten könnten durch Bankdarlehen finanziert werden. Im Übrigen meint die Antragsgegnerin, dass die Miteinnahmen zu berücksichtigen seien und dem Antragsteller allenfalls 70 % der Regelleistungen zugesprochen werden dürften.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 06.12.2007), ist zulässig und begründet.
Die Antragsgegnerin ist im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus einen Anordnungsanspruchs, d.h. einen materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie einen Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Zu berücksichtigen ist desweiteren, dass effektiver Rechtsschutzes auch grundrechtlich gewährleistet ist (Art 19 Abs. 4 Grundgesetz). Diese Gewährleistung verlangt die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Anhand einer Folgenabwägung ist in den Fällen zu entscheiden, in denen dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 ff).
Hier liegt ein Anordnungsgrund zwar vor, denn der Kläger ist mittellos und hat dies auch an Eides Statt versichert. Demgegenüber ist ein Anordnungsanspruch fraglich, denn in diesem Eilverfahren kann nicht vollständig aufgeklärt werden, ob der vom Kläger geerbte Grundstücksanteil verwertbar ist und welchen Wert er tatsächlich besitzt. Hierzu wäre die Einholung eines umfassenden Sachverständigengutachtes erforderlich, in dem das Grundstück nicht nur nach Aktenlage, sondern nach Besichtigung bewertet werden müßte und in dem insbesondere die Dauer und die Kosten des Teilungsverfahrens zu berücksichtigen wären. In einem weiteren Schritt müsste dann ggf. noch konkret ermittelt werden, wie die Kosten eines solchen Teilungsverfahrens vorfinanziert werden könnten.
Diese Ermittlungen sind erforderlich unabhängig davon, ob man die Erbschaft des Antragstellers mit der Beklagten als Einkommen anzieht oder aber als Vermögen (vgl. dazu SG Aachen, Urteil vom 11.09.2007 - S 11 AS 124/07 -, mit ausführlichen Hinweisen zur bisherigen Rechtsprechung), so dass der Senat diese Frage offen lassen kann. Als Vermögen sind gem. § 12 Abs. 1 SGB II grundsätzlich nur verwertbare Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Als Einkommen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 1 SGB II). Welcher Geldeswert der Erbschaft hier zukommen soll und ob sie überhaupt einen Geldeswert besitzt, hängt ebenfalls von der Verwertbarkeit der Erbschaft ab.
Somit ist eine Folgenabwägung erforderlich, in dessen Rahmen die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend zu berücksichtigen sind, denn die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen, insbesondere wenn es wie hier um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (vgl. BVerfG a.a.O.). Es ist hier davon auszugehen, dass das Interesse des Antragstellers am Erlass der einstweiligen Anordnung bei weitem überwiegt, weil während des Hauptsacheverfahrens ohne die Leistungen das Existenzminimum der Antragsteller nicht gedeckt wäre. Diese möglicherweise längere Zeit dauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden.
Dem Antragsteller sind monatliche Leistungen in Höhe vom 734 EUR zu erbringen, die sich errechnen aus der Regelleistung in Höhe von nunmehr 347 EUR und den Kosten der Unterkunft in Höhe von 387,07 EUR (wie bisher). Der Betrag ist gem. § 41 Abs. 2 SGB II zu runden. Da der Schutz des Klägers aus der Kranken- und Pflegeversicherung mit der Leistung sichergestellt ist, sind freiwillige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht zu berücksichtigen. Weil solche Beiträge in den vom Antragsteller im vorleigenden Verfahren begehrten Leistungen enthalten waren, ist die Beschwerde insoweit zurückzuweisen.
Für die vom SG erwogene darlehnsweise Zahlung der Leistung zieht der Senat keine Rechtsgrundlage. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 SGB II liegen nicht vor, da ja gerade offen ist, ob überhaupt Vermögen zu berücksichtigen und ob dieses überhaupt verwertbar ist. Auch § 23 Abs 4 SGB II ist nicht einschlägig. Im Übrigen sieht der Senat in einer darlehnsweisen Zahlung der Leistungen keinerlei Vorteile für beide Beteiligte.
Eine Einkommensanrechung im Hinblick auf die Mieteinnahmen aus dem Grundstück kommt nicht in Betracht. Solche fließen dem Antragsteller nach seinem glaubhaften Vorbringen gegenwärtig nicht zu. Ob er überhaupt Ansprüche auf entsprechende Leistungen gegenüber der Erbengemeinschaft hat und mit welcher Erfolgsaussicht und in welcher Höhe diese durchsetzbar wären, ist offen und im Rahmen des Eilverfahrens ebenfalls nicht ohne weiteres aufzuklären
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Regeleistung nicht auf 70% zu vermindern. Es entspricht einer gefestigten Rechtsprechung des LSG NRW - auch des erkennenden Senats - grundsätzlich bei Vorliegen eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs die Regelleistungen in Höhe von 100 Prozent vorläufig zu bewilligen (vgl. nur 20. Senat LSG NRW, Beschluss vom 02.05.2007 - L 20 B 310/06 AS ER).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller weit überwiegend erfolgreich war
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bezog bis zum 30. April 2007 entsprechende Leistungen in Höhe der Regeleistung von 345 EUR und für Kosten der Unterkunft in Höhe 387,07 EUR monatlich.
Durch den Tod seiner Mutter am 00.00.2006 erbte der Antragsteller zusammen mit seinem Vater die Hälfte eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstückes in I, Q-straße 00. Die zweite Grundstückshälfte steht im Eigentum des Vaters des Klägers, der auch eine der sieben Wohnungen in dem Haus bewohnt. Nach Beurteilung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im X-Kreis vom 20. Juni 2007 hat das Grundstück einen Wert von 225.000 Euro.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2007 lehnte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller die weitere Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, der Wert der Immobilie betrage 225.000 Euro. Auf dem Grundstück liege eine Belastung von 45.208,87 Euro, so dass ein Restwert in Höhe von 179.791,13 Euro verbleibe. Das Erbe des Antragstellers belaufe sich demnach auf 44.947,78 Euro und stelle eine einmalige Einnahme dar. Die einmalige Einnahme sei auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen. Der Bedarf des Antragstellers belaufe sich zur Zeit auf 857,43 Euro monatlich (einschließlich der Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung in Höhe von 125,36 EUR). Mit der festgestellten Einnahme könne der Antragsteller seinen Bedarf für ca. 52 Monate decken. Sollte die Verwertung des Erbes nicht durch Verkauf des Eigentumsanteils gewährleistet sein, wäre auch eine Beleihung des Eigentums in Betracht zu ziehen.
Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2007 zurückgewiesen wurden.
Am 17. Oktober 2007 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) Klage erhoben (S 31 AS 406/07) und am 23. Oktober 2007 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen, er sei mittellos. Sein Vater wolle ihm seinen Anteil nicht abkaufen. Der Miteigentumsanteil sei nicht veräußerbar und auch nicht weiter beleihbar. Die Verwertung des Eigentumsanteils stelle darüber hinaus eine unbillige Härte dar. Durch das Mehrfamilienhaus würden zwar monatlich 1.573,91 Euro Mieteinnahmen erzielt. Den Mieteinnahmen hätten jedoch 2006 Kosten in Höhe von 18.687,60 Euro gegenübergestanden.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren Leistungen in Höhe von 857,43 Euro monatlich zu erbringen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 26.11.2007 hat das SG den Antrag abgelehnt und zur Begründung im wesentlich ausgeführt, es fehle an einem Anordnungsanspruch. Nach § 9 SGB II sei nur derjenige hilfebedürftig, der seinen Lebensunterhalt nicht durch sein Vermögen oder Einkommen sichern kann. Es könne dahin stehen, ob es sich bei dem Erbe um eine einmalige Einnahme oder nunmehr um Vermögen handele. Wenn das Erbe des Antragstellers als Einkommen zu berücksichtigen sei, handele es sich um eine einmalige Einnahme. Nach § 11 SGB II seien als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Der Wert des Erbes betrage mehrere 10.000 Euro, so dass nach § 2 Abs. 3 Arbeitslosengeld Il-Verordnung ein Anspruch auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Wenn das Erbe als Vermögen zu behandeln wäre, seien die Freibeträge nach § 12 SGB II überschritten, so dass ein Leistungsanspruch nicht bestehe. Die Kammer verkenne nicht, dass der Antragsteller sein Erbe nicht sofort, sondern eventuell erst nach einer Teilungsversteigerung zu Geld machen könne. Für diesen Fall gebe es beim Vermögen mit §§ 9 Abs. 4 und 23 Abs. 5 SGB II Normen, die einen Darlehensanspruch bewirkten. Dies gelte sowohl für den geltend gemachten Fall, dass die Verwertung nicht sofort möglich sei, als auch für den geltend gemachten Fall, dass die Verwertung eine besondere Härte bedeuten würde. Die Kammer sehe insofern die Möglichkeit, dem Antragsteller zumindest in analoger Anwendung dieser Vorschriften ein Darlehen zu gewähren. Ein solches Darlehen wolle der anwaltlich vertretene Antragsteller jedoch gerade nicht.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 04.12.2007 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen darauf, dass seinem Miteigentumsanteil an dem Grundstück kein Geldwert zukomme, da kein Markt dafür existiere.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.11.2007 zu ändern und nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, bei dem Erbe handele es sich um berücksichtigungsfähiges Einkommen iSd. SGB II. Zwar sei dieses nicht sofort verwertbar und auch nicht unmittelbar bedarfsbezogen für den Lebensunterhalt verwendbar. Das Verwertungshindernis sei jedoch nur temporär. Grundsätzlich sei das Grundstück durch eine Teilungsversteigerung oder den Verkauf an den Vater verwertbar. Dadurch entstehende Kosten könnten durch Bankdarlehen finanziert werden. Im Übrigen meint die Antragsgegnerin, dass die Miteinnahmen zu berücksichtigen seien und dem Antragsteller allenfalls 70 % der Regelleistungen zugesprochen werden dürften.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 06.12.2007), ist zulässig und begründet.
Die Antragsgegnerin ist im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus einen Anordnungsanspruchs, d.h. einen materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie einen Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Zu berücksichtigen ist desweiteren, dass effektiver Rechtsschutzes auch grundrechtlich gewährleistet ist (Art 19 Abs. 4 Grundgesetz). Diese Gewährleistung verlangt die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Anhand einer Folgenabwägung ist in den Fällen zu entscheiden, in denen dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 ff).
Hier liegt ein Anordnungsgrund zwar vor, denn der Kläger ist mittellos und hat dies auch an Eides Statt versichert. Demgegenüber ist ein Anordnungsanspruch fraglich, denn in diesem Eilverfahren kann nicht vollständig aufgeklärt werden, ob der vom Kläger geerbte Grundstücksanteil verwertbar ist und welchen Wert er tatsächlich besitzt. Hierzu wäre die Einholung eines umfassenden Sachverständigengutachtes erforderlich, in dem das Grundstück nicht nur nach Aktenlage, sondern nach Besichtigung bewertet werden müßte und in dem insbesondere die Dauer und die Kosten des Teilungsverfahrens zu berücksichtigen wären. In einem weiteren Schritt müsste dann ggf. noch konkret ermittelt werden, wie die Kosten eines solchen Teilungsverfahrens vorfinanziert werden könnten.
Diese Ermittlungen sind erforderlich unabhängig davon, ob man die Erbschaft des Antragstellers mit der Beklagten als Einkommen anzieht oder aber als Vermögen (vgl. dazu SG Aachen, Urteil vom 11.09.2007 - S 11 AS 124/07 -, mit ausführlichen Hinweisen zur bisherigen Rechtsprechung), so dass der Senat diese Frage offen lassen kann. Als Vermögen sind gem. § 12 Abs. 1 SGB II grundsätzlich nur verwertbare Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Als Einkommen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 1 SGB II). Welcher Geldeswert der Erbschaft hier zukommen soll und ob sie überhaupt einen Geldeswert besitzt, hängt ebenfalls von der Verwertbarkeit der Erbschaft ab.
Somit ist eine Folgenabwägung erforderlich, in dessen Rahmen die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend zu berücksichtigen sind, denn die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen, insbesondere wenn es wie hier um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (vgl. BVerfG a.a.O.). Es ist hier davon auszugehen, dass das Interesse des Antragstellers am Erlass der einstweiligen Anordnung bei weitem überwiegt, weil während des Hauptsacheverfahrens ohne die Leistungen das Existenzminimum der Antragsteller nicht gedeckt wäre. Diese möglicherweise längere Zeit dauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden.
Dem Antragsteller sind monatliche Leistungen in Höhe vom 734 EUR zu erbringen, die sich errechnen aus der Regelleistung in Höhe von nunmehr 347 EUR und den Kosten der Unterkunft in Höhe von 387,07 EUR (wie bisher). Der Betrag ist gem. § 41 Abs. 2 SGB II zu runden. Da der Schutz des Klägers aus der Kranken- und Pflegeversicherung mit der Leistung sichergestellt ist, sind freiwillige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht zu berücksichtigen. Weil solche Beiträge in den vom Antragsteller im vorleigenden Verfahren begehrten Leistungen enthalten waren, ist die Beschwerde insoweit zurückzuweisen.
Für die vom SG erwogene darlehnsweise Zahlung der Leistung zieht der Senat keine Rechtsgrundlage. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 SGB II liegen nicht vor, da ja gerade offen ist, ob überhaupt Vermögen zu berücksichtigen und ob dieses überhaupt verwertbar ist. Auch § 23 Abs 4 SGB II ist nicht einschlägig. Im Übrigen sieht der Senat in einer darlehnsweisen Zahlung der Leistungen keinerlei Vorteile für beide Beteiligte.
Eine Einkommensanrechung im Hinblick auf die Mieteinnahmen aus dem Grundstück kommt nicht in Betracht. Solche fließen dem Antragsteller nach seinem glaubhaften Vorbringen gegenwärtig nicht zu. Ob er überhaupt Ansprüche auf entsprechende Leistungen gegenüber der Erbengemeinschaft hat und mit welcher Erfolgsaussicht und in welcher Höhe diese durchsetzbar wären, ist offen und im Rahmen des Eilverfahrens ebenfalls nicht ohne weiteres aufzuklären
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Regeleistung nicht auf 70% zu vermindern. Es entspricht einer gefestigten Rechtsprechung des LSG NRW - auch des erkennenden Senats - grundsätzlich bei Vorliegen eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs die Regelleistungen in Höhe von 100 Prozent vorläufig zu bewilligen (vgl. nur 20. Senat LSG NRW, Beschluss vom 02.05.2007 - L 20 B 310/06 AS ER).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller weit überwiegend erfolgreich war
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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