Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 25 AS 3374/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3769/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ausschluss von SGB II-Leistungen bei EU-Bürgern
Die Leistungen des SGB II - auch das den Lebensunterhalt sichernde Arbeitslosengeld II - stellen keine reine Sozialhilfeleistung i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG dar. Die Zulässigkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist an den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Gleichbehandlung im Zugang zu finanziellen Leistungen für Arbeitsuchende zu messen.
Es spricht viel dafür, dass die Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht uneingeschränkt auf freizügige Unionsbürger anzuwenden ist. Denn sie erlaubt es dem Unionsbürger nicht, andere Umstände vorzutragen, die ohne eine bestimmte Dauer des Aufenthalts (Wohnorterfordernis) eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt dergestalt annehmen lassen, dass von einer ernsthaften Arbeitsuche und nicht von einem „Sozialtourismus“ auszugehen ist.
Die Leistungen des SGB II - auch das den Lebensunterhalt sichernde Arbeitslosengeld II - stellen keine reine Sozialhilfeleistung i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG dar. Die Zulässigkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist an den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Gleichbehandlung im Zugang zu finanziellen Leistungen für Arbeitsuchende zu messen.
Es spricht viel dafür, dass die Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht uneingeschränkt auf freizügige Unionsbürger anzuwenden ist. Denn sie erlaubt es dem Unionsbürger nicht, andere Umstände vorzutragen, die ohne eine bestimmte Dauer des Aufenthalts (Wohnorterfordernis) eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt dergestalt annehmen lassen, dass von einer ernsthaften Arbeitsuche und nicht von einem „Sozialtourismus“ auszugehen ist.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2010 wird abgeändert. Die Anträge der Antragsteller Ziff. 3 und 5 werden für die Zeit vom 1. August 2010 abgelehnt.
Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die vom Antragsgegner ab 1. August 2010 vorläufig zu erbringenden Leistungen auf monatlich EUR 446,51 für die Antragstellerin Ziff. 1, EUR 67,84 für den Antragsteller Ziff. 2 sowie EUR 21,84 für den Antragsteller Ziff. 4 belaufen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge der Antragstellerin Ziff. 1 in voller Höhe, der Antragsteller Ziff. 2 und 4 zur Hälfte sowie der Antragsteller Ziff. 3 und 5 zu einem Drittel zu erstatten.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren ab 16. August 2010 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. G. beigeordnet.
Gründe:
Die nach § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Sie hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antragsgegner im Grunde zu Recht verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu erbringen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Die Ablehnungsbescheide des Antragsgegners sind mit Widerspruch angefochten, mithin nicht bestandskräftig geworden, so dass sie der Zulässigkeit einer solchen vorläufigen Regelung nicht entgegenstehen.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Verfassungsrechtliche Vorgaben zwingen gegebenenfalls jedoch diesen grundsätzlichen Entscheidungsmaßstab zu revidieren. Der einstweilige Rechtsschutz ist Ausfluss der in Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) enthaltenen Garantie effektiven Rechtsschutzes. Aus dieser folgt das Gebot, soweit als möglich zu verhindern, dass durch hoheitliche Maßnahmen oder Entscheidungen der Verwaltungsbehörde Tatsachen geschaffen werden, die auch dann, wenn diese sich nach richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweisen, nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Diese Gefahr besteht auch in der Leistungsverwaltung, wenn die Verwaltung ein Leistungsbegehren zurückweist. Auch neben Art. 19 Abs. 4 GG enthält das Verfassungsrecht Vorgaben für Maßstab und Prüfungsumfang gerichtlicher Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz. Die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Wertentscheidung muss beachtet werden. Es ist Aufgabe des Staates und damit auch der Gerichte, sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen zu stellen. Diese beiden verfassungsrechtlichen Zielsetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes haben Auswirkungen auf den Entscheidungsmaßstab der Fachgerichte. Dieser verschärft sich, wenn nicht nur die prozessrechtliche Dimension des Art. 19 Abs. 4 GG betroffen ist, sondern dem materiellen Anspruch grundrechtliches Gewicht zukommt. Entscheidend ist, welche Rechtsverletzungen bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes drohen. Drohen schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Güter kann die gerichtliche Entscheidung nicht auf die nur summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht. Es genügt dabei bereits eine nur mögliche oder zeitweilig andauernde Verletzung. Der Entscheidung über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist dann, insbesondere wenn eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich ist, eine umfassende Güter- und Folgenabwägung zugrunde zu legen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NZS 2003, 253 und NVwZ 2005, 927). Allerdings sind dabei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht völlig unberücksichtigt zu lassen. Denn eine Grundrechtsbeeinträchtigung kann von vornherein nicht vorliegen, wenn das Recht oder der Anspruch überhaupt nicht in Betracht kommt. Eine bestimmte Mindestwahrscheinlichkeit (z.B. überwiegend) ist aber nicht zu fordern (Krodel NZS 2006, 637; Hk-SGG, 3. Aufl., § 86b Rdnr. 5).
Nach dem derzeitigen Sachstand kann ein Anspruch der Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 im gesamten streitigen Zeitraum vom 2. Juni 2010 bis längstens 22. Januar 2011 sowie der Antragsteller Ziff. 3 und 5 für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2010 auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach §§ 19 bzw. 28 SGB II nicht ausgeschlossen werden. Sie erfüllen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Die 33jährige Antragstellerin Ziff. 1 ist erwerbsfähig, insbesondere ist ihr als italienischer Staatsangehöriger die Aufnahme einer Beschäftigung aufgrund europarechtlicher Vorgaben i.S.d. § 8 Abs. 2 SGB II erlaubt (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes). Im Übrigen nimmt der Senat nach eigener Prüfung auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG in entsprechender Anwendung), da dies auch vom Antragsgegner nicht in Frage gestellt wird. Hilfebedürftigkeit liegt bei allen Antragstellern vor. Auf Bedarfsseite sind die Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. jeweils EUR 123,51 monatlich (Aufteilung nach Kopfteilen) und die jeweilige Regelleistung zu berücksichtigen (EUR 323.- für die Antragstellerin Ziff. 1; jeweils EUR 251.- für die Antragsteller Ziff. 2 und 5; jeweils EUR 215.- für die Antragsteller Ziff. 3 und 4). Für die Zeit ab dem 1. August 2010 ist das ausgezahlte jeweilige Kindergeld (Antragsteller Ziff. 2 und 5 monatlich EUR 184.-, Antragsteller Ziff. 3 EUR 215.- und Antragsteller Ziff. 4 EUR 190.-) bei diesen als Einkommen anzurechnen. Die Nachzahlung des Kindergeldes i.H.v. jeweils vier Monatsbeträgen ist als einmalige Einnahme beim jeweiligen Antragsteller auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen (§ 4 i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung). Gleiches gilt für die Nachzahlung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Antragstellerin Ziff. 5 i.H.v. EUR 282.-. Der Senat hält vorliegend eine Verteilung auf einen Zeitraum von sechs Monaten, von dem auch das SG ausgegangen ist, für angemessen. Dass dabei der Leistungsanspruch der Antragsteller Ziff. 3 und 5 für die Zeit ab dem 1. August 2010 vollständig entfällt, begegnet keinen Bedenken. Denn diese Antragsteller sind auch dann noch im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Antragstellerin Ziff. 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung abgesichert. Einkommen sind daher wie folgt anzurechnen: beim Antragsteller Ziff. 2 monatlich EUR 306,67, beim Antragsteller Ziff. 3 EUR 358,33, beim Antragsteller Ziff. 4 EUR 316,67 und bei der Antragstellerin Ziff. 5 EUR 353,67. Die verbleibenden Beträge stellen Einkommen der Antragstellerin Ziff. 1 dar, von dem aber nach Abzug der Versicherungspauschale kein anzurechnender Betrag verbleibt.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind von den Leistungen des SGB II jedoch u.a. ausgeschlossen (1.) Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts sowie (2.) Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen.
Keiner der Antragsteller ist Arbeitnehmer oder Selbständiger noch wird eine dieser Eigenschaften nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU aufrechterhalten; sie sind - mit Ausnahme des Antragstellers Ziff. 2 - auch keine Familienangehörigen einer solchen Person, so dass die Antragsteller Ziff. 1 und 3 bis 5 nach dem gesetzlichen Wortlaut für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes, also vom 22. April bis 21. Juli 2010 von den Leistungen ausgeschlossen wären. Keiner dieser Antragsteller hat in der anschließenden Zeit ein von der Arbeitsuche unabhängiges Aufenthaltsrecht aus dem einfachen Gesetzes- oder europäischen Sekundärrecht.
Der Antragsteller Ziff. 2 ist als minderjähriger Sohn seines nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 4a Abs. 1 FreizügG/EU in der Bundesrepublik Deutschland daueraufenthaltsberechtigten Vaters Ma. M. (im Folgenden MM) dessen Familienangehöriger i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU. Allein durch den Zuzug zu seinem Vater hat der Antragsteller Ziff. 2 allerdings noch kein eigenes Daueraufenthaltsrecht erworben, da er sich selbst noch nicht seit fünf Jahren ständig rechtmäßig in der Bundesrepublik aufgehalten hat (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 4a Abs. 1 FreizügG/EU). Dies entspricht den Regelungen des Art. 16 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, vom 29. April 2004 (RL 2004/38/EG). Ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU unabhängig von den Voraussetzungen der wirtschaftlichen Autonomie i.S.d. § 4 FreizügG/EU ergibt sich nicht bereits aus der Stellung als Familienangehöriger eines daueraufenthaltsberechtigten Unionsbürgers. Denn die Daueraufenthaltsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 wird von dem Verweis in § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU nicht erfasst. Da derzeit keine Anhaltspunkte vorliegen, dass es sich bei dem zum 1. Juli 2010 begründeten Arbeitsverhältnis des MM um keine ernsthafte und tatsächliche Arbeitsaufnahme gehandelt hat, ist dieser ab diesem Zeitpunkt bis zur Beendigung am 12. Juli 2010 Arbeitnehmer. Diese Eigenschaft und der damit verbundene Aufenthaltsstatus ist ihm nach derzeitigem Sachstand nach der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU bzw. Art. 7 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 3 lit. c RL 2004/38/EG nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, längstens bis 12. Januar 2011 erhalten geblieben. Vom 1. Juli 2010 bis längstens 12. Januar 2011 ist der Antragsteller Ziff. 2 mithin nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU als Familienangehöriger eines Arbeitnehmers und damit unabhängig von der Arbeitsuche freizügigkeitsberechtigt i.S.d. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU. Auf die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Selbständigkeit i.S.d. § 4 FreizügG/EU kommt es somit nicht an. Ab dem 1. Juli 2010 stehen daher die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 SGB II seinem Leistungsanspruch nicht entgegen.
Die Antragstellerin Ziff. 1 hat kein von dem des MM abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Sie ist nicht dessen Ehegattin oder eingetragene Lebenspartnerin und damit keine Familienangehörige i.S.d. § 3 Abs. 2 FreizügG/EU bzw. Art. 2 Nr. 2 lit. a und b RL 2004/38/EG. Auch gemeinschaftsrechtlich steht der nichteheliche Lebenspartner nicht dem Ehegatten gleich (Europäischer Gerichtshof (EuGH) Slg. 1986, 1296 (Reed)). Die Antragstellerin Ziff. 2 kann zwar als personensorgeberechtigter Elternteil eines minderjährigen Unionsbürgers Familienangehörige i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU bzw. Art. 2 Nr. 2 lit. d RL 2004/38/EG des Antragstellers Ziff. 2 sein, auch wenn sie diesem keinen Unterhalt gewährt (EuGH, Urteile vom 23. Februar 2010 - C-310/08 und C-480/08 - (Ibrahim) und (Texeira) - (juris)). Das in diesen Entscheidungen angenommene Aufenthaltsrecht als Familienangehörige leitete sich aber jeweils von einem eigenen und selbständigen Aufenthaltsrecht des Kindes ab. Der Antragsteller Ziff. 2 hat jedoch gerade kein solches eigenständiges, sondern selbst nur ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU genannten Familienangehörigen, die selbst daueraufenthaltsberechtigt sind, gibt es keinen "Kettennachzugsanspruch" von Familienangehörigen zu freizügigkeitsberechtigten Familienmitgliedern (Hailbronner, Ausländerrecht, FreizügG/EU, § 3 Rdnr. 13). Das von den Antragstellern angeführte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (NJW 1979, 2449) betrifft keinen Fall des Aufenthaltsrechts, sondern der Beschränkung des Erbrechts einer nicht verheirateten Mutter und ihres nichtehelichen Kindes.
Über das in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU bzw. Art. 6 RL 2004/38/EG vorbehaltslos gewährte Recht zur Freizügigkeit in den ersten drei Monaten hinaus steht der Antragstellerin Ziff. 1 ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 1 lit. b RL 2004/38/EG nur zu, wenn sie für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthaltes keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaates in Anspruch nehmen müssen, und sie und ihre Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen. Dies ist gerade nicht der Fall. Allerdings darf nach Art. 14 Abs. 4 lit. b RL 2004/38/EG gegen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden, wenn die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Nach der Systematik der RL 2004/38/EG können daher die für nicht erwerbstätige Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 lit. b RL 2004/38/EG erst ab dem Zeitpunkt Anwendung finden, ab dem feststeht, dass eine begründete Aussicht für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht mehr besteht (vgl. Hailbronner, a.a.O., § 2 Rdnr. 38, 51). Feste zeitliche Grenzen für eine solche Arbeitsuche können nicht gezogen werden. Allerdings kann im Regelfall ein Mindestzeitraum von sechs Monaten als ausreichend für eine ernsthafte Arbeitsuche angesehen werden (EuGH Slg. 1991, I-745 (Antonissen)). Die familiäre Situation der Antragstellerin Ziff. 1, die durch die Betreuung ihrer Kleinkinder in der Vermittelbarkeit eingeschränkt sein dürfte, schließt eine berechtigte Aussicht auf Einstellung nicht per se aus. Vielmehr wird man ihr wohl unter Umständen einen längeren Zeitraum zur Arbeitsuche zugestehen müssen. Ob eine berechtigte Aussicht in diesem Sinne tatsächlich vorliegt, muss der eingehenden Prüfung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben; ausgeschlossen werden kann sie nicht. Vorliegend kann somit offenbleiben, ob die Regelung des § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU dem arbeitsuchenden Unionsbürger ein weitergehendes Aufenthaltsrecht zugesteht, indem sie auf die Voraussetzung der berechtigten Aussicht auf Einstellung verzichtet. Die aufenthaltsrechtliche Stellung der Antragsteller Ziff. 3 bis 5 folgt ab dem 22. Juli 2010 als deren Familienangehörige der Stellung der Antragstellerin Ziff. 1 als Arbeitsuchende. Das Verbot der Ausweisung nach Art. 14 Abs. 4 lit. b RL 2004/38/EG gilt auch für diese.
Damit wären die Antragsteller Ziff. 1 und 3 bis 5 nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, der Antragsteller Ziff. 2 jedoch nur in der Zeit vor Begründung des Arbeitsverhältnisses durch MM.
Es spricht jedoch viel dafür, dass diese bundesgesetzliche Regelung mit dem Recht der Europäischen Union in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung des EuGH nicht vereinbar und damit auf Unionsbürger zumindest nicht einschränkungslos anzuwenden ist. Mit der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II wollte der Gesetzgeber von der Möglichkeit nach Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG Gebrauch machen (BT-Drucks. 16/5065 S. 234). Dieser sieht ausdrücklich vor, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b RL 2004/38/EG (Arbeitsuche) einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 4. Juni 2009 (Slg. 2009, I-4585 (Vatsouras und Koupatantze)) die Vereinbarkeit dieser Richtlinienregelung mit dem speziellen Gleichbehandlungsgrundsatz für Arbeitsuchende gem. Art. 39 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 in der konsolidierten Fassung vom 24. Dezember 2002 (EGV) festgestellt. Diese Vereinbarkeit beruht auf einer Auslegung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, dass es angesichts der Einführung der Unionsbürgerschaft (Art. 18 EGV) und der Ausprägung, die das Recht der Gleichbehandlung in der Rechtsprechung des EuGH erfahren hat, nicht mehr möglich ist, vom Anwendungsbereich des Art. 39 Abs. 2 EGV eine finanzielle Leistung auszunehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates erleichtern soll (EuGH a.a.O. sowie Slg. 2004, I-2703 (Collins) und Slg. 2005, I-8275 (Ioannidis)). Allerdings hat es auch der EuGH für legitim angesehen, dass ein Mitgliedstaat eine solche Beihilfe erst gewährt, nachdem das Bestehen einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates festgestellt wurde (EuGH a.a.O.). Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG wäre daher nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 39 Abs. 2 EGV vereinbar, wenn man hierin eine Ermächtigungsgrundlage für eine nationale Regelung sehen wollte, arbeitsuchende Unionsbürger für die gesamte Dauer der Arbeitsuche von Leistungen auszuschließen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Des Weiteren liefert die Richtlinienbestimmung kein starres Kriterium für die Feststellung der vom EuGH in der Collins-Entscheidung verlangten Verbindung des Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaates (vgl. Schlussanträge des Generalanwaltes (Slg. 2009, I-4585 (Vatsouras und Koupatantze)). Ein Verstoß einer nationalen Ausschlussregelung gegen Art. 39 Abs. 2 EGV liegt somit nicht vor, wenn es sich bei der versagten Leistung um eine reine Sozialhilfeleistung handelt oder die Regelung eine zulässige Festlegung der Verbindung des arbeitsuchenden Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates trifft.
Nach Auffassung des Senats stellen die Leistungen des SGB II - auch das den Lebensunterhalt sichernde Arbeitslosengeld II (Alg II) - keine reine Sozialhilfeleistung in diesem Sinne dar. Zwar umfasst das Alg II eine pauschalierte, dem Regelsatz der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vergleichbare Regelung zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie die Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Ähnlich wie in der Sozialhilfe nach dem SGB XII sind für verschiedene Bedarfslagen Leistungen für Mehrbedarfe vorgesehen. Ohne Zweifel stellt das Alg II eine steuerfinanzierte staatliche Fürsorgeleistung dar, die der Sicherung des Lebensunterhalts i.S.d. des soziokulturellen Existenzminimums dient (die Eigenschaft als Sozialhilfe aus diesem Grund bejahend Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 22. Februar 2010 - L 13 AS 356/10 ER-B - und vom 15. April 2010 - L 13 AS 1124/10 ER-B - (beide juris) m.w.N.).
Zwar ist es allein Sache der nationalen Behörden und Gerichte, den Zweck und die Leistungsvoraussetzungen der fraglichen, nach nationalem Recht gewährten Leistung festzustellen. Die Bewertung, ob die Leistung mit dem festgestellten Zweck und den Tatbestandsmerkmalen Sozialhilfe i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG darstellt, mithin die Auslegung dieses Begriffes der Sozialhilfe, hat jedoch unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu erfolgen. Dabei ist der Zweck der Leistung nach Maßgabe ihrer Ergebnisse und nicht anhand ihrer formalen Struktur zu untersuchen. Finanzielle Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, können nicht als "Sozialhilfeleistungen" i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG angesehen werden (EuGH a.a.O. (Vatsouras und Koupatantze)). Der Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts und des Existenzminimums erlauben daher noch keine Zuordnung zur Sozialhilfe in diesem Sinne, wenn die Leistung zumindest auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert (vgl. a. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze): Sozialhilfeleistungen, die die Eingliederung in den Arbeitsmarkt fördern).
Die Eingliederung in den Arbeitsmarkt steht im Vordergrund der Leistungen nach dem SGB II (wie hier Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rdnr. 116 ff. m.w.N.; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 9 ff.). Das ganze neue System der Grundsicherung in SGB II und XII durch die sog. Hartz IV-Gesetze beruht gerade auf der Unterscheidung von Hilfebedürftigen, die erwerbsfähig sind und noch einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben und den nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Ohne die Differenzierung nach der Eingliederungsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt wäre eine Zuordnung der Hilfebedürftigen unter zwei verschiedene Grundsicherungssysteme nicht notwendig gewesen. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte des SGB II, in dem die existenzsichernde Sozialhilfe mit der das Risiko der Arbeitslosigkeit sichernden Arbeitslosenhilfe zusammengeführt und von der reinen Sozialhilfe im SGB XII abgegrenzt wurde. Eine solche Grundsicherungsleistung, die eine steuerfinanzierte Lebensunterhaltssicherung und eine arbeitsmarktorientierte Arbeitslosenhilfe zusammenfasste, hatte der EuGH bereits am Recht der Gleichbehandlung der Arbeitsuchenden nach Art. 39 Abs. 2 EGV gemessen (EuGH, a.a.O., (Collins)). Des Weiteren sieht der EuGH (a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze)) die Leistungsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit als Hinweis darauf an, dass die Leistung den Zugang zur Beschäftigung erleichtern soll. Die allgemeine Zielumschreibung des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB II macht deutlich, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht nur den Lebensunterhalt sichern soll, sondern die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen soll. Diese den besonderen Regelungen vorangestellte Zielbestimmung gilt systematisch für alle Leistungen, nicht nur die speziellen Eingliederungsleistungen der §§ 14 bis 18a SGB II. Deutlicher wird dies noch durch den "Grundsatz des Forderns" in § 2 SGB II. So muss der erwerbsfähige Hilfebedürftige aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Auch § 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II stellt ausdrücklich den Bezug zwischen der Leistungsgewährung und der Erforderlichkeit für die Eingliederung her. Schließlich verknüpft die Sanktionsnorm des § 31 SGB II den Eingliederungszweck mit der Lebensunterhalt sicherenden Alg II-Leistung. Dieses kann bei Verstößen gegen die eigene Eingliederungsobliegenheit des Hilfebedürftigen abgesenkt werden oder wegfallen. Auch die dem Lebensunterhalt dienende Alg II-Leistung wird mithin nicht losgelöst vom Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt erbracht. Das Bundessozialgericht (SozR 4-4200 § 7 Nr. 7 zur stationären Einrichtung) hat gerade in einer erwerbszentrierten Orientierung des SGB II das maßgebliche Abgrenzungskriterium zur Sozialhilfe nach dem SGB XII gesehen.
Da das Alg II keine reine Sozialhilfeleistung i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG darstellt, ist die Zulässigkeit der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II an den oben bereits dargestellten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Gleichbehandlung im Zugang zu finanziellen Leistungen für Arbeitsuchende zu messen, wie sie in der Rechtsprechung des EuGH entwickelt wurden. Danach ist es auch gemeinschaftsrechtlich zulässig, für den Zugang zu finanziellen Leistungen für Arbeitsuchende danach zu differenzieren, ob eine ausreichende Verbindung des arbeitsuchenden Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedsstaates besteht, die z.B. an ein Wohnorterfordernis anknüpft (EuGH, a.a.O., (Collins)). Dieses Kriterium der Verbindung zum Arbeitsmarkt dient dem Ausgleich der Ansprüche aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 39 Abs. 2 EGV mit den Gefahren des sog. "Sozialtourismus" (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze)). Die Ausgestaltung erfolgt durch nationales Recht, das sich aber in den Grenzen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben halten und insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren muss. Unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht ist danach ein unbefristeter Leistungsausschluss für die gesamte Zeit der Arbeitsuche des Unionsbürgers (vgl. a. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze)), wie in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vorgesehen. Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II über den Ausschluss in den ersten drei Monaten könnte als Bestimmung des eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt herstellenden Wohnorterfordernisses angesehen werden. Als solche dürfte sie jedoch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht werden. Denn sie erlaubt es dem Unionsbürger nicht, andere Umstände vorzutragen, die ohne eine bestimmte Dauer des Aufenthalts (Wohnorterfordernis) eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt dergestalt annehmen lassen, dass von einer ernsthaften Arbeitsuche und nicht von einem "Sozialtourismus" auszugehen ist (vgl. a. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze); Valgolio, a.a.O., Rdnr. 121). Vorliegend kann offenbleiben, ob dies zur völligen Nichtanwendung der Ausschlussnorm auf Unionsbürger oder nur zu einer gemeinschaftsrechtlichen Reduktion dahingehend führt, dass eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt auch vor Ablauf der drei Monate im Einzelfall zu prüfen ist.
Bei der Antragstellerin Ziff. 1 ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass bereits ab Einreise, zumindest aber seit Beginn des hier streitigen Zeitraums eine Verbindung zum Arbeitsmarkt vorliegt, die für eine ernsthafte Arbeitsuche spricht. Soweit bislang ersichtlich, wurde der Lebensmittelpunkt der gesamten Familie (der Antragstellerin Ziff. 1 und aller ihrer Kinder) in die Bundesrepublik verlegt, um ein Zusammenleben der Familie mit dem Vater des Antragstellers Ziff. 2 zu ermöglichen. Diese Verlegung des Lebensmittelpunktes erfolgte daher nicht zwingend zur Inanspruchnahme günstigerer Fürsorgeleistungen. Vielmehr kann der Zuzug zu einem hier daueraufenthaltsberechtigten Familienangehörigen im weiteren Sinn ein Indiz dafür darstellen, dass hier nun eine Beschäftigung zur Sicherung des Lebensunterhalts gesucht werden soll, weil ein dauerhafter Aufenthalt angestrebt wird. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist anhand einer eingehenden Prüfung aller Umstände der Umsiedlung zu prüfen, was dem Hauptsacheverfahren überlassen werden muss. Entscheidend ist hier zunächst nur, dass die Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II der Antragstellerin Ziff. 1 die Möglichkeit nimmt, eine gemeinschaftsrechtlich nicht evident unzureichende Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt geltend zu machen.
Die Antragsteller Ziffer 2 bis 5 können sich selbst nicht auf den für Arbeitsuchende geltenden speziellen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 39 Abs. 2 EGV stützen. Ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auch für die Familienangehörigen eines arbeitsuchenden Unionsbürgers dennoch aus denselben Gründen mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar sein könnte, kann hier offen bleiben. Wie die Antragstellerin Ziff. 1 dürfen jedoch auch ihre Familienangehörigen, die Antragsteller Ziff. 2 bis 5, nach Art. 14 Abs. 4 RL 2004/38/EG nicht ausgewiesen werden, da eine berechtigte Aussicht der Antragstellerin Ziff. 1 auf Einstellung nach der hier allein möglichen summarischen Prüfung nicht ausgeschlossen ist. Gerade an einen seitens des Mitgliedstaates nicht beendeten Aufenthalt hat der EuGH jedoch i.V.m. der Unionsbürgerschaft die Geltung des grundlegenden Prinzips der Gleichbehandlung nach Art. 12 EGV geknüpft. Danach ist unbeschadet besonderer Bestimmungen des Vertrages in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Hierbei hatte er es für die Anwendung des Diskriminierungsverbots bereits ausreichen lassen, dass trotz des Wegfalls des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts durch den Mitgliedstaat "Ausweisungsmaßnahmen" nicht vorgenommen worden oder eine Aufenthaltserlaubnis erteilt war (EuGH Slg. 2004, I-7573, (Trojani)). Der an die Staatsangehörigkeit anknüpfende Ausschluss von nichterwerbsfähigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft eines arbeitsuchenden Unionsbürgers kann daher eine gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßende Ungleichbehandlung darstellen.
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besteht eine Verpflichtung zur Vorlage im Wege der Vorabentscheidung durch den EuGH gem. Art. 234 EGV nicht; dem stünde bereits die Eilbedürftigkeit entgegen. Des Weiteren wird eine endgültige Entscheidung gerade nicht getroffen, sondern nur eine solche über einen vorläufigen Zustand. Dabei ist es möglich, aufgrund einer Interessen- und Folgenabwägung zu entscheiden, so dass die fragliche Norm nicht allein entscheidungserheblich wird. Grundsätzlich muss zwar eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift auch bei Zweifeln an deren Verfassungsmäßigkeit oder Vereinbarkeit mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht Beachtung finden, damit eine parlamentarische Entscheidung nicht durch eine Entscheidung eines Fachgerichts quasi außer Kraft gesetzt wird. Gleichwohl ist auch dem Gewicht der Interessen und Rechte der Antragsteller ausreichend Rechnung zu tragen. Dabei ist zu beachten, dass die begehrten Leistungen der Grundsicherung der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen, was bereits nach dem Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland Pflicht des Staates ist (Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG; BVerfG, NVwZ 2005, 927). Auf Seiten des Grundsicherungsträgers ist das Interesse zu beachten, dass nun gewährte Leistungen angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller voraussichtlich nicht erstattet werden können, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass ein Anspruch tatsächlich nicht bestanden hat. Den Antragstellern ihrerseits würden für einen nicht absehbaren Zeitraum die Leistungen vorenthalten, die sie zur Aufrechterhaltung ihres Existenzminimums und damit für ein der Menschenwürde entsprechendes Leben benötigen. Diese damit verbundenen Einschränkungen während des Zeitraumes ohne Leistungen sind auch im Falle einer Nachzahlung bei Erfolg in der Hauptsache nicht mehr zu beseitigen. Die Antragsteller wären darauf verwiesen, zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in ihr Heimatland zurückzukehren, was aus o.g. Gründen gerade eine Verletzung ihrer Grundrechte aus europäischem Gemeinschaftsrecht darstellen könnte. Darüber hinaus ist der sowohl in Art. 6 GG als auch in Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistete Schutz der Familie zu beachten. Eine Rückkehr der Antragstellers Ziff. 2 würde bedeuten, dass ein Zusammenleben mit seinem Vater (MM) ausscheidet, der nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland daueraufenthaltsberechtigt ist, sondern darüber hinaus neben dem Antragsteller Ziff. 1 weitere in der Bundesrepublik lebende Kinder hat. Ein Verbleiben allein des Antragstellers Ziff. 2 hätte zur Folge, dass dieser von seiner sorgeberechtigten Mutter, der Antragstellerin Ziff. 1, getrennt wäre. Gleiches gälte für die Antragsteller Ziff. 3 bis 5, wenn allein diese nach Italien zurückkehrten. Angesichts der Minderjährigkeit der Antragsteller Ziff. 2 bis 5 erscheinen diese Interessen gegenüber den finanziellen Interessen des Antragsgegners, die für den hier allein streitigen begrenzten Zeitraum nicht unverhältnismäßig sind, gewichtiger. Der Senat verweist im Übrigen insoweit nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG in entsprechender Anwendung). Gegen die Dauer der vorläufigen Regelung bestehen ebenfalls keine Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Den Antragstellern war auch für das Beschwerdeverfahren gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114, 115, 119 Abs. 1 Satz 2 , 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit der Entscheidung und im Hinblick auf das im sozialgerichtlichen Verfahren bereits vorgelegte und ausreichend aktuelle Formular erachtet der Senat die wirtschaftlichen und persönlichen Voraussetzungen auch ohne erneute Vorlage eines entsprechenden Formulars im Beschwerdeverfahren für ausreichend glaubhaft gemacht. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war notwendig.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die vom Antragsgegner ab 1. August 2010 vorläufig zu erbringenden Leistungen auf monatlich EUR 446,51 für die Antragstellerin Ziff. 1, EUR 67,84 für den Antragsteller Ziff. 2 sowie EUR 21,84 für den Antragsteller Ziff. 4 belaufen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge der Antragstellerin Ziff. 1 in voller Höhe, der Antragsteller Ziff. 2 und 4 zur Hälfte sowie der Antragsteller Ziff. 3 und 5 zu einem Drittel zu erstatten.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren ab 16. August 2010 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. G. beigeordnet.
Gründe:
Die nach § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Sie hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antragsgegner im Grunde zu Recht verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu erbringen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Die Ablehnungsbescheide des Antragsgegners sind mit Widerspruch angefochten, mithin nicht bestandskräftig geworden, so dass sie der Zulässigkeit einer solchen vorläufigen Regelung nicht entgegenstehen.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Verfassungsrechtliche Vorgaben zwingen gegebenenfalls jedoch diesen grundsätzlichen Entscheidungsmaßstab zu revidieren. Der einstweilige Rechtsschutz ist Ausfluss der in Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) enthaltenen Garantie effektiven Rechtsschutzes. Aus dieser folgt das Gebot, soweit als möglich zu verhindern, dass durch hoheitliche Maßnahmen oder Entscheidungen der Verwaltungsbehörde Tatsachen geschaffen werden, die auch dann, wenn diese sich nach richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweisen, nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Diese Gefahr besteht auch in der Leistungsverwaltung, wenn die Verwaltung ein Leistungsbegehren zurückweist. Auch neben Art. 19 Abs. 4 GG enthält das Verfassungsrecht Vorgaben für Maßstab und Prüfungsumfang gerichtlicher Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz. Die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Wertentscheidung muss beachtet werden. Es ist Aufgabe des Staates und damit auch der Gerichte, sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen zu stellen. Diese beiden verfassungsrechtlichen Zielsetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes haben Auswirkungen auf den Entscheidungsmaßstab der Fachgerichte. Dieser verschärft sich, wenn nicht nur die prozessrechtliche Dimension des Art. 19 Abs. 4 GG betroffen ist, sondern dem materiellen Anspruch grundrechtliches Gewicht zukommt. Entscheidend ist, welche Rechtsverletzungen bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes drohen. Drohen schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Güter kann die gerichtliche Entscheidung nicht auf die nur summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht. Es genügt dabei bereits eine nur mögliche oder zeitweilig andauernde Verletzung. Der Entscheidung über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist dann, insbesondere wenn eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich ist, eine umfassende Güter- und Folgenabwägung zugrunde zu legen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NZS 2003, 253 und NVwZ 2005, 927). Allerdings sind dabei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht völlig unberücksichtigt zu lassen. Denn eine Grundrechtsbeeinträchtigung kann von vornherein nicht vorliegen, wenn das Recht oder der Anspruch überhaupt nicht in Betracht kommt. Eine bestimmte Mindestwahrscheinlichkeit (z.B. überwiegend) ist aber nicht zu fordern (Krodel NZS 2006, 637; Hk-SGG, 3. Aufl., § 86b Rdnr. 5).
Nach dem derzeitigen Sachstand kann ein Anspruch der Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 im gesamten streitigen Zeitraum vom 2. Juni 2010 bis längstens 22. Januar 2011 sowie der Antragsteller Ziff. 3 und 5 für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2010 auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach §§ 19 bzw. 28 SGB II nicht ausgeschlossen werden. Sie erfüllen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Die 33jährige Antragstellerin Ziff. 1 ist erwerbsfähig, insbesondere ist ihr als italienischer Staatsangehöriger die Aufnahme einer Beschäftigung aufgrund europarechtlicher Vorgaben i.S.d. § 8 Abs. 2 SGB II erlaubt (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes). Im Übrigen nimmt der Senat nach eigener Prüfung auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG in entsprechender Anwendung), da dies auch vom Antragsgegner nicht in Frage gestellt wird. Hilfebedürftigkeit liegt bei allen Antragstellern vor. Auf Bedarfsseite sind die Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. jeweils EUR 123,51 monatlich (Aufteilung nach Kopfteilen) und die jeweilige Regelleistung zu berücksichtigen (EUR 323.- für die Antragstellerin Ziff. 1; jeweils EUR 251.- für die Antragsteller Ziff. 2 und 5; jeweils EUR 215.- für die Antragsteller Ziff. 3 und 4). Für die Zeit ab dem 1. August 2010 ist das ausgezahlte jeweilige Kindergeld (Antragsteller Ziff. 2 und 5 monatlich EUR 184.-, Antragsteller Ziff. 3 EUR 215.- und Antragsteller Ziff. 4 EUR 190.-) bei diesen als Einkommen anzurechnen. Die Nachzahlung des Kindergeldes i.H.v. jeweils vier Monatsbeträgen ist als einmalige Einnahme beim jeweiligen Antragsteller auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen (§ 4 i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung). Gleiches gilt für die Nachzahlung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Antragstellerin Ziff. 5 i.H.v. EUR 282.-. Der Senat hält vorliegend eine Verteilung auf einen Zeitraum von sechs Monaten, von dem auch das SG ausgegangen ist, für angemessen. Dass dabei der Leistungsanspruch der Antragsteller Ziff. 3 und 5 für die Zeit ab dem 1. August 2010 vollständig entfällt, begegnet keinen Bedenken. Denn diese Antragsteller sind auch dann noch im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Antragstellerin Ziff. 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung abgesichert. Einkommen sind daher wie folgt anzurechnen: beim Antragsteller Ziff. 2 monatlich EUR 306,67, beim Antragsteller Ziff. 3 EUR 358,33, beim Antragsteller Ziff. 4 EUR 316,67 und bei der Antragstellerin Ziff. 5 EUR 353,67. Die verbleibenden Beträge stellen Einkommen der Antragstellerin Ziff. 1 dar, von dem aber nach Abzug der Versicherungspauschale kein anzurechnender Betrag verbleibt.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind von den Leistungen des SGB II jedoch u.a. ausgeschlossen (1.) Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts sowie (2.) Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen.
Keiner der Antragsteller ist Arbeitnehmer oder Selbständiger noch wird eine dieser Eigenschaften nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU aufrechterhalten; sie sind - mit Ausnahme des Antragstellers Ziff. 2 - auch keine Familienangehörigen einer solchen Person, so dass die Antragsteller Ziff. 1 und 3 bis 5 nach dem gesetzlichen Wortlaut für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes, also vom 22. April bis 21. Juli 2010 von den Leistungen ausgeschlossen wären. Keiner dieser Antragsteller hat in der anschließenden Zeit ein von der Arbeitsuche unabhängiges Aufenthaltsrecht aus dem einfachen Gesetzes- oder europäischen Sekundärrecht.
Der Antragsteller Ziff. 2 ist als minderjähriger Sohn seines nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 4a Abs. 1 FreizügG/EU in der Bundesrepublik Deutschland daueraufenthaltsberechtigten Vaters Ma. M. (im Folgenden MM) dessen Familienangehöriger i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU. Allein durch den Zuzug zu seinem Vater hat der Antragsteller Ziff. 2 allerdings noch kein eigenes Daueraufenthaltsrecht erworben, da er sich selbst noch nicht seit fünf Jahren ständig rechtmäßig in der Bundesrepublik aufgehalten hat (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 4a Abs. 1 FreizügG/EU). Dies entspricht den Regelungen des Art. 16 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, vom 29. April 2004 (RL 2004/38/EG). Ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU unabhängig von den Voraussetzungen der wirtschaftlichen Autonomie i.S.d. § 4 FreizügG/EU ergibt sich nicht bereits aus der Stellung als Familienangehöriger eines daueraufenthaltsberechtigten Unionsbürgers. Denn die Daueraufenthaltsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 wird von dem Verweis in § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU nicht erfasst. Da derzeit keine Anhaltspunkte vorliegen, dass es sich bei dem zum 1. Juli 2010 begründeten Arbeitsverhältnis des MM um keine ernsthafte und tatsächliche Arbeitsaufnahme gehandelt hat, ist dieser ab diesem Zeitpunkt bis zur Beendigung am 12. Juli 2010 Arbeitnehmer. Diese Eigenschaft und der damit verbundene Aufenthaltsstatus ist ihm nach derzeitigem Sachstand nach der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU bzw. Art. 7 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 3 lit. c RL 2004/38/EG nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, längstens bis 12. Januar 2011 erhalten geblieben. Vom 1. Juli 2010 bis längstens 12. Januar 2011 ist der Antragsteller Ziff. 2 mithin nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU als Familienangehöriger eines Arbeitnehmers und damit unabhängig von der Arbeitsuche freizügigkeitsberechtigt i.S.d. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU. Auf die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Selbständigkeit i.S.d. § 4 FreizügG/EU kommt es somit nicht an. Ab dem 1. Juli 2010 stehen daher die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 SGB II seinem Leistungsanspruch nicht entgegen.
Die Antragstellerin Ziff. 1 hat kein von dem des MM abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Sie ist nicht dessen Ehegattin oder eingetragene Lebenspartnerin und damit keine Familienangehörige i.S.d. § 3 Abs. 2 FreizügG/EU bzw. Art. 2 Nr. 2 lit. a und b RL 2004/38/EG. Auch gemeinschaftsrechtlich steht der nichteheliche Lebenspartner nicht dem Ehegatten gleich (Europäischer Gerichtshof (EuGH) Slg. 1986, 1296 (Reed)). Die Antragstellerin Ziff. 2 kann zwar als personensorgeberechtigter Elternteil eines minderjährigen Unionsbürgers Familienangehörige i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU bzw. Art. 2 Nr. 2 lit. d RL 2004/38/EG des Antragstellers Ziff. 2 sein, auch wenn sie diesem keinen Unterhalt gewährt (EuGH, Urteile vom 23. Februar 2010 - C-310/08 und C-480/08 - (Ibrahim) und (Texeira) - (juris)). Das in diesen Entscheidungen angenommene Aufenthaltsrecht als Familienangehörige leitete sich aber jeweils von einem eigenen und selbständigen Aufenthaltsrecht des Kindes ab. Der Antragsteller Ziff. 2 hat jedoch gerade kein solches eigenständiges, sondern selbst nur ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU genannten Familienangehörigen, die selbst daueraufenthaltsberechtigt sind, gibt es keinen "Kettennachzugsanspruch" von Familienangehörigen zu freizügigkeitsberechtigten Familienmitgliedern (Hailbronner, Ausländerrecht, FreizügG/EU, § 3 Rdnr. 13). Das von den Antragstellern angeführte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (NJW 1979, 2449) betrifft keinen Fall des Aufenthaltsrechts, sondern der Beschränkung des Erbrechts einer nicht verheirateten Mutter und ihres nichtehelichen Kindes.
Über das in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU bzw. Art. 6 RL 2004/38/EG vorbehaltslos gewährte Recht zur Freizügigkeit in den ersten drei Monaten hinaus steht der Antragstellerin Ziff. 1 ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 1 lit. b RL 2004/38/EG nur zu, wenn sie für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthaltes keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaates in Anspruch nehmen müssen, und sie und ihre Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen. Dies ist gerade nicht der Fall. Allerdings darf nach Art. 14 Abs. 4 lit. b RL 2004/38/EG gegen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden, wenn die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Nach der Systematik der RL 2004/38/EG können daher die für nicht erwerbstätige Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 lit. b RL 2004/38/EG erst ab dem Zeitpunkt Anwendung finden, ab dem feststeht, dass eine begründete Aussicht für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht mehr besteht (vgl. Hailbronner, a.a.O., § 2 Rdnr. 38, 51). Feste zeitliche Grenzen für eine solche Arbeitsuche können nicht gezogen werden. Allerdings kann im Regelfall ein Mindestzeitraum von sechs Monaten als ausreichend für eine ernsthafte Arbeitsuche angesehen werden (EuGH Slg. 1991, I-745 (Antonissen)). Die familiäre Situation der Antragstellerin Ziff. 1, die durch die Betreuung ihrer Kleinkinder in der Vermittelbarkeit eingeschränkt sein dürfte, schließt eine berechtigte Aussicht auf Einstellung nicht per se aus. Vielmehr wird man ihr wohl unter Umständen einen längeren Zeitraum zur Arbeitsuche zugestehen müssen. Ob eine berechtigte Aussicht in diesem Sinne tatsächlich vorliegt, muss der eingehenden Prüfung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben; ausgeschlossen werden kann sie nicht. Vorliegend kann somit offenbleiben, ob die Regelung des § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU dem arbeitsuchenden Unionsbürger ein weitergehendes Aufenthaltsrecht zugesteht, indem sie auf die Voraussetzung der berechtigten Aussicht auf Einstellung verzichtet. Die aufenthaltsrechtliche Stellung der Antragsteller Ziff. 3 bis 5 folgt ab dem 22. Juli 2010 als deren Familienangehörige der Stellung der Antragstellerin Ziff. 1 als Arbeitsuchende. Das Verbot der Ausweisung nach Art. 14 Abs. 4 lit. b RL 2004/38/EG gilt auch für diese.
Damit wären die Antragsteller Ziff. 1 und 3 bis 5 nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, der Antragsteller Ziff. 2 jedoch nur in der Zeit vor Begründung des Arbeitsverhältnisses durch MM.
Es spricht jedoch viel dafür, dass diese bundesgesetzliche Regelung mit dem Recht der Europäischen Union in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung des EuGH nicht vereinbar und damit auf Unionsbürger zumindest nicht einschränkungslos anzuwenden ist. Mit der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II wollte der Gesetzgeber von der Möglichkeit nach Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG Gebrauch machen (BT-Drucks. 16/5065 S. 234). Dieser sieht ausdrücklich vor, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b RL 2004/38/EG (Arbeitsuche) einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 4. Juni 2009 (Slg. 2009, I-4585 (Vatsouras und Koupatantze)) die Vereinbarkeit dieser Richtlinienregelung mit dem speziellen Gleichbehandlungsgrundsatz für Arbeitsuchende gem. Art. 39 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 in der konsolidierten Fassung vom 24. Dezember 2002 (EGV) festgestellt. Diese Vereinbarkeit beruht auf einer Auslegung des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, dass es angesichts der Einführung der Unionsbürgerschaft (Art. 18 EGV) und der Ausprägung, die das Recht der Gleichbehandlung in der Rechtsprechung des EuGH erfahren hat, nicht mehr möglich ist, vom Anwendungsbereich des Art. 39 Abs. 2 EGV eine finanzielle Leistung auszunehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates erleichtern soll (EuGH a.a.O. sowie Slg. 2004, I-2703 (Collins) und Slg. 2005, I-8275 (Ioannidis)). Allerdings hat es auch der EuGH für legitim angesehen, dass ein Mitgliedstaat eine solche Beihilfe erst gewährt, nachdem das Bestehen einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates festgestellt wurde (EuGH a.a.O.). Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG wäre daher nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 39 Abs. 2 EGV vereinbar, wenn man hierin eine Ermächtigungsgrundlage für eine nationale Regelung sehen wollte, arbeitsuchende Unionsbürger für die gesamte Dauer der Arbeitsuche von Leistungen auszuschließen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Des Weiteren liefert die Richtlinienbestimmung kein starres Kriterium für die Feststellung der vom EuGH in der Collins-Entscheidung verlangten Verbindung des Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaates (vgl. Schlussanträge des Generalanwaltes (Slg. 2009, I-4585 (Vatsouras und Koupatantze)). Ein Verstoß einer nationalen Ausschlussregelung gegen Art. 39 Abs. 2 EGV liegt somit nicht vor, wenn es sich bei der versagten Leistung um eine reine Sozialhilfeleistung handelt oder die Regelung eine zulässige Festlegung der Verbindung des arbeitsuchenden Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates trifft.
Nach Auffassung des Senats stellen die Leistungen des SGB II - auch das den Lebensunterhalt sichernde Arbeitslosengeld II (Alg II) - keine reine Sozialhilfeleistung in diesem Sinne dar. Zwar umfasst das Alg II eine pauschalierte, dem Regelsatz der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vergleichbare Regelung zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie die Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Ähnlich wie in der Sozialhilfe nach dem SGB XII sind für verschiedene Bedarfslagen Leistungen für Mehrbedarfe vorgesehen. Ohne Zweifel stellt das Alg II eine steuerfinanzierte staatliche Fürsorgeleistung dar, die der Sicherung des Lebensunterhalts i.S.d. des soziokulturellen Existenzminimums dient (die Eigenschaft als Sozialhilfe aus diesem Grund bejahend Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 22. Februar 2010 - L 13 AS 356/10 ER-B - und vom 15. April 2010 - L 13 AS 1124/10 ER-B - (beide juris) m.w.N.).
Zwar ist es allein Sache der nationalen Behörden und Gerichte, den Zweck und die Leistungsvoraussetzungen der fraglichen, nach nationalem Recht gewährten Leistung festzustellen. Die Bewertung, ob die Leistung mit dem festgestellten Zweck und den Tatbestandsmerkmalen Sozialhilfe i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG darstellt, mithin die Auslegung dieses Begriffes der Sozialhilfe, hat jedoch unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu erfolgen. Dabei ist der Zweck der Leistung nach Maßgabe ihrer Ergebnisse und nicht anhand ihrer formalen Struktur zu untersuchen. Finanzielle Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, können nicht als "Sozialhilfeleistungen" i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG angesehen werden (EuGH a.a.O. (Vatsouras und Koupatantze)). Der Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts und des Existenzminimums erlauben daher noch keine Zuordnung zur Sozialhilfe in diesem Sinne, wenn die Leistung zumindest auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert (vgl. a. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze): Sozialhilfeleistungen, die die Eingliederung in den Arbeitsmarkt fördern).
Die Eingliederung in den Arbeitsmarkt steht im Vordergrund der Leistungen nach dem SGB II (wie hier Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rdnr. 116 ff. m.w.N.; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 9 ff.). Das ganze neue System der Grundsicherung in SGB II und XII durch die sog. Hartz IV-Gesetze beruht gerade auf der Unterscheidung von Hilfebedürftigen, die erwerbsfähig sind und noch einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben und den nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Ohne die Differenzierung nach der Eingliederungsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt wäre eine Zuordnung der Hilfebedürftigen unter zwei verschiedene Grundsicherungssysteme nicht notwendig gewesen. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte des SGB II, in dem die existenzsichernde Sozialhilfe mit der das Risiko der Arbeitslosigkeit sichernden Arbeitslosenhilfe zusammengeführt und von der reinen Sozialhilfe im SGB XII abgegrenzt wurde. Eine solche Grundsicherungsleistung, die eine steuerfinanzierte Lebensunterhaltssicherung und eine arbeitsmarktorientierte Arbeitslosenhilfe zusammenfasste, hatte der EuGH bereits am Recht der Gleichbehandlung der Arbeitsuchenden nach Art. 39 Abs. 2 EGV gemessen (EuGH, a.a.O., (Collins)). Des Weiteren sieht der EuGH (a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze)) die Leistungsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit als Hinweis darauf an, dass die Leistung den Zugang zur Beschäftigung erleichtern soll. Die allgemeine Zielumschreibung des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB II macht deutlich, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht nur den Lebensunterhalt sichern soll, sondern die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen soll. Diese den besonderen Regelungen vorangestellte Zielbestimmung gilt systematisch für alle Leistungen, nicht nur die speziellen Eingliederungsleistungen der §§ 14 bis 18a SGB II. Deutlicher wird dies noch durch den "Grundsatz des Forderns" in § 2 SGB II. So muss der erwerbsfähige Hilfebedürftige aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Auch § 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II stellt ausdrücklich den Bezug zwischen der Leistungsgewährung und der Erforderlichkeit für die Eingliederung her. Schließlich verknüpft die Sanktionsnorm des § 31 SGB II den Eingliederungszweck mit der Lebensunterhalt sicherenden Alg II-Leistung. Dieses kann bei Verstößen gegen die eigene Eingliederungsobliegenheit des Hilfebedürftigen abgesenkt werden oder wegfallen. Auch die dem Lebensunterhalt dienende Alg II-Leistung wird mithin nicht losgelöst vom Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt erbracht. Das Bundessozialgericht (SozR 4-4200 § 7 Nr. 7 zur stationären Einrichtung) hat gerade in einer erwerbszentrierten Orientierung des SGB II das maßgebliche Abgrenzungskriterium zur Sozialhilfe nach dem SGB XII gesehen.
Da das Alg II keine reine Sozialhilfeleistung i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG darstellt, ist die Zulässigkeit der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II an den oben bereits dargestellten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Gleichbehandlung im Zugang zu finanziellen Leistungen für Arbeitsuchende zu messen, wie sie in der Rechtsprechung des EuGH entwickelt wurden. Danach ist es auch gemeinschaftsrechtlich zulässig, für den Zugang zu finanziellen Leistungen für Arbeitsuchende danach zu differenzieren, ob eine ausreichende Verbindung des arbeitsuchenden Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedsstaates besteht, die z.B. an ein Wohnorterfordernis anknüpft (EuGH, a.a.O., (Collins)). Dieses Kriterium der Verbindung zum Arbeitsmarkt dient dem Ausgleich der Ansprüche aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 39 Abs. 2 EGV mit den Gefahren des sog. "Sozialtourismus" (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze)). Die Ausgestaltung erfolgt durch nationales Recht, das sich aber in den Grenzen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben halten und insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren muss. Unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht ist danach ein unbefristeter Leistungsausschluss für die gesamte Zeit der Arbeitsuche des Unionsbürgers (vgl. a. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze)), wie in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vorgesehen. Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II über den Ausschluss in den ersten drei Monaten könnte als Bestimmung des eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt herstellenden Wohnorterfordernisses angesehen werden. Als solche dürfte sie jedoch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht werden. Denn sie erlaubt es dem Unionsbürger nicht, andere Umstände vorzutragen, die ohne eine bestimmte Dauer des Aufenthalts (Wohnorterfordernis) eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt dergestalt annehmen lassen, dass von einer ernsthaften Arbeitsuche und nicht von einem "Sozialtourismus" auszugehen ist (vgl. a. Schlussanträge des Generalanwalts, a.a.O., (Vatsouras und Koupatantze); Valgolio, a.a.O., Rdnr. 121). Vorliegend kann offenbleiben, ob dies zur völligen Nichtanwendung der Ausschlussnorm auf Unionsbürger oder nur zu einer gemeinschaftsrechtlichen Reduktion dahingehend führt, dass eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt auch vor Ablauf der drei Monate im Einzelfall zu prüfen ist.
Bei der Antragstellerin Ziff. 1 ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass bereits ab Einreise, zumindest aber seit Beginn des hier streitigen Zeitraums eine Verbindung zum Arbeitsmarkt vorliegt, die für eine ernsthafte Arbeitsuche spricht. Soweit bislang ersichtlich, wurde der Lebensmittelpunkt der gesamten Familie (der Antragstellerin Ziff. 1 und aller ihrer Kinder) in die Bundesrepublik verlegt, um ein Zusammenleben der Familie mit dem Vater des Antragstellers Ziff. 2 zu ermöglichen. Diese Verlegung des Lebensmittelpunktes erfolgte daher nicht zwingend zur Inanspruchnahme günstigerer Fürsorgeleistungen. Vielmehr kann der Zuzug zu einem hier daueraufenthaltsberechtigten Familienangehörigen im weiteren Sinn ein Indiz dafür darstellen, dass hier nun eine Beschäftigung zur Sicherung des Lebensunterhalts gesucht werden soll, weil ein dauerhafter Aufenthalt angestrebt wird. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist anhand einer eingehenden Prüfung aller Umstände der Umsiedlung zu prüfen, was dem Hauptsacheverfahren überlassen werden muss. Entscheidend ist hier zunächst nur, dass die Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II der Antragstellerin Ziff. 1 die Möglichkeit nimmt, eine gemeinschaftsrechtlich nicht evident unzureichende Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt geltend zu machen.
Die Antragsteller Ziffer 2 bis 5 können sich selbst nicht auf den für Arbeitsuchende geltenden speziellen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 39 Abs. 2 EGV stützen. Ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auch für die Familienangehörigen eines arbeitsuchenden Unionsbürgers dennoch aus denselben Gründen mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar sein könnte, kann hier offen bleiben. Wie die Antragstellerin Ziff. 1 dürfen jedoch auch ihre Familienangehörigen, die Antragsteller Ziff. 2 bis 5, nach Art. 14 Abs. 4 RL 2004/38/EG nicht ausgewiesen werden, da eine berechtigte Aussicht der Antragstellerin Ziff. 1 auf Einstellung nach der hier allein möglichen summarischen Prüfung nicht ausgeschlossen ist. Gerade an einen seitens des Mitgliedstaates nicht beendeten Aufenthalt hat der EuGH jedoch i.V.m. der Unionsbürgerschaft die Geltung des grundlegenden Prinzips der Gleichbehandlung nach Art. 12 EGV geknüpft. Danach ist unbeschadet besonderer Bestimmungen des Vertrages in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Hierbei hatte er es für die Anwendung des Diskriminierungsverbots bereits ausreichen lassen, dass trotz des Wegfalls des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts durch den Mitgliedstaat "Ausweisungsmaßnahmen" nicht vorgenommen worden oder eine Aufenthaltserlaubnis erteilt war (EuGH Slg. 2004, I-7573, (Trojani)). Der an die Staatsangehörigkeit anknüpfende Ausschluss von nichterwerbsfähigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft eines arbeitsuchenden Unionsbürgers kann daher eine gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßende Ungleichbehandlung darstellen.
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besteht eine Verpflichtung zur Vorlage im Wege der Vorabentscheidung durch den EuGH gem. Art. 234 EGV nicht; dem stünde bereits die Eilbedürftigkeit entgegen. Des Weiteren wird eine endgültige Entscheidung gerade nicht getroffen, sondern nur eine solche über einen vorläufigen Zustand. Dabei ist es möglich, aufgrund einer Interessen- und Folgenabwägung zu entscheiden, so dass die fragliche Norm nicht allein entscheidungserheblich wird. Grundsätzlich muss zwar eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift auch bei Zweifeln an deren Verfassungsmäßigkeit oder Vereinbarkeit mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht Beachtung finden, damit eine parlamentarische Entscheidung nicht durch eine Entscheidung eines Fachgerichts quasi außer Kraft gesetzt wird. Gleichwohl ist auch dem Gewicht der Interessen und Rechte der Antragsteller ausreichend Rechnung zu tragen. Dabei ist zu beachten, dass die begehrten Leistungen der Grundsicherung der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen, was bereits nach dem Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland Pflicht des Staates ist (Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG; BVerfG, NVwZ 2005, 927). Auf Seiten des Grundsicherungsträgers ist das Interesse zu beachten, dass nun gewährte Leistungen angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller voraussichtlich nicht erstattet werden können, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass ein Anspruch tatsächlich nicht bestanden hat. Den Antragstellern ihrerseits würden für einen nicht absehbaren Zeitraum die Leistungen vorenthalten, die sie zur Aufrechterhaltung ihres Existenzminimums und damit für ein der Menschenwürde entsprechendes Leben benötigen. Diese damit verbundenen Einschränkungen während des Zeitraumes ohne Leistungen sind auch im Falle einer Nachzahlung bei Erfolg in der Hauptsache nicht mehr zu beseitigen. Die Antragsteller wären darauf verwiesen, zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in ihr Heimatland zurückzukehren, was aus o.g. Gründen gerade eine Verletzung ihrer Grundrechte aus europäischem Gemeinschaftsrecht darstellen könnte. Darüber hinaus ist der sowohl in Art. 6 GG als auch in Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistete Schutz der Familie zu beachten. Eine Rückkehr der Antragstellers Ziff. 2 würde bedeuten, dass ein Zusammenleben mit seinem Vater (MM) ausscheidet, der nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland daueraufenthaltsberechtigt ist, sondern darüber hinaus neben dem Antragsteller Ziff. 1 weitere in der Bundesrepublik lebende Kinder hat. Ein Verbleiben allein des Antragstellers Ziff. 2 hätte zur Folge, dass dieser von seiner sorgeberechtigten Mutter, der Antragstellerin Ziff. 1, getrennt wäre. Gleiches gälte für die Antragsteller Ziff. 3 bis 5, wenn allein diese nach Italien zurückkehrten. Angesichts der Minderjährigkeit der Antragsteller Ziff. 2 bis 5 erscheinen diese Interessen gegenüber den finanziellen Interessen des Antragsgegners, die für den hier allein streitigen begrenzten Zeitraum nicht unverhältnismäßig sind, gewichtiger. Der Senat verweist im Übrigen insoweit nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG in entsprechender Anwendung). Gegen die Dauer der vorläufigen Regelung bestehen ebenfalls keine Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Den Antragstellern war auch für das Beschwerdeverfahren gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114, 115, 119 Abs. 1 Satz 2 , 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit der Entscheidung und im Hinblick auf das im sozialgerichtlichen Verfahren bereits vorgelegte und ausreichend aktuelle Formular erachtet der Senat die wirtschaftlichen und persönlichen Voraussetzungen auch ohne erneute Vorlage eines entsprechenden Formulars im Beschwerdeverfahren für ausreichend glaubhaft gemacht. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war notwendig.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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