L 7 AS 346/09

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 33 AS 700/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 346/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Aufwendungen für einen freiwilligen Kabelanschluss sind keine erstattungsfähigen Kosten der Unterkunft
Die Aufwendungen, die durch einen vom Mietvertrag unabhängigen Kabelnutzungsvertrag bzw Vertrag über die Nutzung einer Gemeinschaftsantenne entstehen, sind selbst dann nicht erstattungsfähige Kosten der Unterkunft, wenn die Nutzung des Kabelanschlusses bzw der Gemeinschaftsantenne der einzige technische Zugang zum Fernsehempfang
I. Die Berufung der Kläger gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Chemnitz vom 7. Mai 2009, 20. Mai 2009, 25. Mai 2009 und 24. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Berücksichtigung der Kosten der Nutzung der Gemeinschaftsantenne/Antennenkabelnetz in Höhe von 30,60 EUR jährlich, nachdem sie ursprünglich auch noch höhere Regelleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begehrt hatten.

Die Kläger beziehen seit dem 01.02.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie bewohnen eine Mietwohnung der A Wohnungsbaugenossenschaft mit 57,10 qm Wohnfläche, für die eine monatliche Nutzungsgebühr (Kaltmiete) in Höhe von 310,42 EUR, Abfallgebühren in Höhe von monatlich 11,37 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 45,50 EUR monatlich zu entrichten sind. Diese wurden abzüglich einer Warmwasserpauschale ungekürzt bei der Bedarfsberechnung angesetzt. In der Benutzerordnung zum Nutzungsvertrag ist unter Nr. 21 geregelt: "Die Wohnung ist an das örtliche Antennenkabelnetz angeschlossen. Die Installation zusätzlicher Antennen (auch Parabolantennen) wird daher nicht gestattet." Die Klägerin zu 2) ist Mitglied der Kabelgesellschaft A /Neubaugebiet und zahlt für die Nutzung des Kabelnetzes eine jährliche Gebühr von 30,60 EUR.

Mit Bescheid vom 24.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.09.2006 bis 28.02.2007 ohne Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 26.02.2007 hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2009 abgewiesen (S 33 AS 700/07). Gegen diesen ihnen am 15.05.2009 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 11.06.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 346/09).

Mit Bescheid vom 01.02.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 ohne Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 30.10.2007 hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 20.05.2009 abgewiesen (S 33 AS 4227/07). Gegen diesen ihnen am 26.05.2009 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 16.06.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 362/09).

Mit Bescheid vom 21.08.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.10.2007 und 20.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2008 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.09.2007 bis 29.02.2008 ohne Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 18.02.2008 hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 25.05.2009 abgewiesen (S 33 AS 1037/08). Gegen diesen ihnen am 28.05.2009 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 16.06.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 363/09).

Mit Bescheid vom 16.02.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2009 und 13.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.03.2009 bis 31.08.2009 ohne Berücksichtigung der Kabelgebühr. Die dagegen erhobene Klage vom 18.05.2009 hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 24.07.2009 abgewiesen (S 33 AS 2905/09). Gegen diesen ihnen am 30.07.2009 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 25.08.2009 Berufung eingelegt (L 7 AS 547/09).

Mit Beschluss vom 09.03.2010 hat das Landessozialgericht die Streitsachen L 7 AS 346/09, L 7 AS 362/09, L 7 AS 363/09 und L 7 AS 547/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen L 7 AS 346/09 fortgeführt.

Mit den Berufungen machen die Kläger jeweils geltend, die Höhe der Regelleistung sei in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Aus ihrer Sicht sei eine Regelleistung in Höhe von 420 EUR, auch bei Paaren ungekürzt, anzusetzen. Des Weiteren sei die Kabelgebühr zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2010 haben die Kläger erklärt, das Begehren hinsichtlich der Regelleistungshöhe nicht mehr weiter zu verfolgen.

Die Kläger beantragen,

die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Chemnitz vom 07.05.2005, 20.05.2009, 25.05.2009 und 24.07.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen zu verurteilen, jährlich 30,60 EUR für die Nutzung des Kabelanschlusses im Zeitraum 01.09.2006 bis 28.02.2008 und 01.03.2009 bis 30.08.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakten der Beklagten, die dem Senat vorliegen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die verbundenen Berufungen sind jeweils statthaft und zulässig.

Die mit Beschluss des Senats vom 09.03.2010 verbundenen Berufungen sind in Bezug auf ihre Statthaftigkeit und Zulässigkeit getrennt zu betrachten, die Werte der Beschwerdewerte sind daher nicht zusammenzurechnen. Dies wäre nur der Fall, wenn bereits das SG die Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hätte (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.1974, 6 RKa 2/73 RdNr 13ff.). Deshalb ergeben sich auch keine Zeiträume, die länger als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG sind, es verbleibt bei den jeweiligen sechsmonatigen Bewilligungszeiträumen der angefochtenen Bescheide gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II.

Bei der Beurteilung der Statthaftigkeit und Zulässigkeit ist auf die jeweiligen gegen die jeweiligen Gerichtsbescheide eingelegten Berufungen abzustellen. Diese sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt worden. Sie sind auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes jeweils 750,00 EUR übersteigt. Zwar haben die Kläger hinsichtlich der begehrten höheren Regelleistung keinen bezifferten Antrag gestellt, so dass nicht unmittelbar festgestellt werden konnte, ob der Beschwerdewert von 750,00 EUR erreicht ist. Die Kläger haben aber auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung angegeben, sie begehrten eine Regelleistung von 420,00 EUR pro Person, der Abschlag auf 90 vom Hundert, den § 20 Abs. 3 SGB II für Partner einer Bedarfsgemeinschaft vorsehe, werde ebenfalls beanstandet. Ausgehend von dem jeweils sechsmonatigen Bewilligungszeitraum gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II und der Tatsache, dass es sich um zwei Kläger handelt sowie unter Berücksichtigung des weiteren Streitgegenstandes "Kabelgebühr" ist der Beschwerdewert von 750,00 EUR jeweils erreicht, weil die Kläger ausdrücklich eine Regelleistung begehren, die um (420,00 EUR – 331,00 EUR = ) 89,00 EUR monatlich pro Person höher liegt als die in § 20 Abs. 2, Abs. 3 SGB II normierte Regelleistung ( 2x6x 89,00 EUR = 1.068,00 EUR). Die Antwort der Kläger auf die Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung erscheint auch nicht willkürlich aus der Luft gegriffen, nur zur Erreichung der Berufungssumme missbräuchlich gewählt oder sonst nicht nachvollziehbar (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage § 144 RdNr. 14a, 15a). Dass der Beschwerdewert durch die Beschränkung der Berufung auf die Kabelgebühren später abgesunken ist, macht die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Einlegung der Berufung (Leitherer, a.a.O. § 144 RdNr. 19).

Die Berufungen sind jedoch nicht begründet.

Die Kläger sind leistungsberechtigt nach dem SGB II und haben Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch die Beklagte. Sie sind Berechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II. Sie sind insbesondere erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. §§ 9 ff SGB II). Für den Bedarf sind neben dem in § 20 SGB II festgelegten und durch die Regelleistung abgedeckten Bedarf ferner die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II maßgeblich. Nach dessen Satz 1 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnung an sich besteht für den hier zu beurteilenden Zeitraum kein Streit zwischen den Beteiligten und auch der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken. Die Höhe der von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden bewilligten Leistungen nach § 22 SGB II ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die Höhe der Leistungen für Unterkunft in den angefochtenen Bescheiden zutreffend bestimmt. Die von ihr zu Grunde gelegten Beträge für Kaltmiete und Nebenkosten sind nicht zu beanstanden.

Die Kläger haben jedoch keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Nebenkosten im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II. Die Beklagte ist im konkreten Fall insbesondere nicht verpflichtet, die Aufwendungen, die durch die Zahlung von Nutzungsgebühren für die Gemeinschaftsantennenanlage entstehen, als Leistungen für Unterkunft zu erstatten.

Zur Übernahme der monatlichen Grundgebühr als Nebenkosten im Rahmen eines Mietverhältnisses hat das BSG im Urteil vom 19.02.2009 (B 4 AS 48/08 R, Rdnr. 16-19) ausgeführt: "Zu den tatsächlichen Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gehören auch die Nebenkosten, jedoch grundsätzlich nur soweit es sich um die ihrer Art nach in § 2 BetrKV aufgeführten Betriebskosten handelt ( vgl Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Leitfaden - Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S 31 f; eine Ausnahme gilt für Warmwasserbereitungskosten (siehe dazu BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 5) ). § 556 Abs 1 BGB iVm § 2 BetrKV (vom 25.11.2003) legen abschließend fest, welche Nebenkosten aus dem Mietobjekt vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Aus § 556 Abs 1 BGB folgt ferner, dass eine Vereinbarung der Umlage von Kosten, die nicht als Betriebskosten unter § 2 BetrKV fallen, unwirksam ist (vgl nur Weidenkaff in Palandt, BGB, 67. Aufl, 2008, § 556 RdNr 3 mwN). Hieraus folgt, dass sie grundsätzlich auch nicht auf den Grundsicherungsträger in Gestalt der Erbringung durch die steuerfinanzierten SGB II-Leistungen überwälzt werden dürfen. Die Beschränkung der grundsätzlich erstattungsfähigen Nebenkosten auf die in § 2 BetrKV genannten Posten ermöglicht es zudem, von einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines jeden Mietvertrags abzusehen. Dieses entspricht auch den Anforderungen einer Massenverwaltung. Die Aufwendungen für einen Breitbandkabelanschluss unterfallen § 2 BetrKV. Sie erfüllen damit die oben aufgezeigte Grundvoraussetzung, um als Kosten der Unterkunft nach dem SGB II bewertet zu werden. Nach § 2 Nr 15 Buchst b BetrKV handelt es sich bei den durch den Kabelanschluss und die Kabelnutzung entstehenden Kosten um Betriebskosten iS des § 1 BetrKV, gleichgestellt dem Betrieb der Gemeinschafts-Antennenanlage (§ 2 Nr 15 Buchst a BetrKV). Nach § 2 Nr 15 Buchst b BetrKV sind Betriebskosten auch solche, die mit dem Betrieb der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen privaten Verteilanlage zusammenhängen, entsprechend § 2 Nr 15 Buchst a BetrKV (Fernsehgemeinschaftsantenne), ferner die laufenden monatlichen Grundgebühren für Breitbandkabelanschlüsse.

Die Kosten für Kabelanschluss und -nutzung sind auch nicht deswegen von den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II auszunehmen, weil sie der Informationsbeschaffung, Bildung sowie Unterhaltung dienen und es dem Einzelnen ermöglichen, seine Umwelt zu erfahren sowie am kulturellen Leben teilzuhaben (vgl zum Schwarz-Weiß-Fernsehgerät BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 34/91, BVerwGE 95, 145; zum gebrauchten Fernsehgerät vom 18.12.1997 - 5 C 7/95, BVerwGE 106, 99). Zwar sind derartige Bedürfnisse des täglichen Lebens regelmäßig von der Regelleistung abgedeckt (BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256; vgl hierzu auch Lang/Link ind Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 23, die die Kosten für eine Satellitenschüssel dem Regelbedarf zuordnen; grundsätzlich zweifelnd, ob § 22 SGB II als Anspruchsgrundlage für die Übernahme von Kabelanschlussgebühren in Betracht kommt: Piepenstock in Juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 34). Dies gilt aber zumindest dann nicht, wenn Fernsehen und Radiohören von einer technischen, fest mit den Mietsachen verbundenen Vorrichtung abhängig sind und die Aufwendungen hierfür mietvertraglich begründet werden. In diesem Fall müssen sie - im Gegensatz zu Aufwendungen durch die GEZ und Stromkosten - vom Grundsicherungsträger als Bestandteil der Kosten der Unterkunft vom Grundsicherungsträger übernommen werden (s auch BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256). Verlagerte man die Kosten eines derartigen Fernseh- und Radiozugangs in die Regelleistung, müsste auch derjenige, der zwar mietvertraglich verpflichtet ist, die Aufwendungen für einen Breitbandkabelanschluss zu tragen, diese Form der Informationsbeschaffung jedoch nicht nutzen will, die Aufwendungen hierfür aus der Pauschale nach § 20 Abs 1 SGB II bestreiten (vgl hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256). Anders als der Kauf einer Tageszeitung wohnt der Finanzierung eines derartigen mietvertraglich unausweichlichem Fernseh- und Radiozugangs als einer Möglichkeit der Informationsbeschaffung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht das Element der Freiwilligkeit inne. Müsste der Hilfebedürftige, der aus der mietvertraglichen Verpflichtung keinen Nutzen zieht, die Aufwendungen hierfür aus der Regelleistung bestreiten, wäre er in seinem Recht auf freie Information iS des Art 5 Abs 1 Satz 1 GG beeinträchtigt. Ihm fehlten die für den Fernseh- und Radiozugang aufgewendeten Mittel, um eine andere Form der Informationsbeschaffung zu finanzieren. Aber auch umgekehrt, also für den Nutzer der Möglichkeiten des mit der Wohnung verbundenen Fernsehzugangs, gilt es seinem Recht auf die verfassungsrechtlich garantierte Informationsfreiheit (vgl hierzu BVerfG, Beschluss vom 9.2.1994 - 1 BvR 1687/92, BVerfGE 90, 27) Rechnung zu tragen. Fernsehen und Radiohören gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten Informationsquellen. Rund 36 Mio Haushalte haben zu Hause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 % der Gesamtbevölkerung Deutschlands entspricht (vgl Information des Statistischen Bundesamtes, Institut für Forschung und Entwicklung in der Bundesstatistik, Pötzsch, Korth, Schnorr-Bäcker, Informationstechnologie in Haushalten - Ergebnisse einer Pilotstudie für das Jahr 2002, Wiesbaden 2003). Die Einrichtung eines Zugangs hierzu ist üblicher Wohnstandard, dem sich der Mieter in den seltensten Fällen entziehen kann und auf deren konkrete Kostenhöhe er auch keinen Einfluss hat. Sein Recht auf Informationsfreiheit drohte beeinträchtigt zu werden, wenn die Kosten für diese Art der Informationsbeschaffung zwar durch das Anmieten der Wohnung zwangsläufig entstünden, sie jedoch vom Grundsicherungsträger nicht als Unterkunftskosten übernommen würden.

Daraus folgt aber zugleich, dass tatsächliche Aufwendungen für umlagefähige Betriebskosten - auch die Kosten für einen Kabelanschluss und die Anschlussnutzungsgebühren - grundsätzlich nur dann erstattungsfähig sind, wenn die Verpflichtung zur Zahlung durch den Mietvertrag begründet worden ist (BSG, Urteile vom 19.3.2008 - B 11b AS 31/06 R und vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R; s hierzu auch Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19; Kalhorn in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VII/07, § 22 RdNr 13; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 22, 23; Piepenstock in Juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 32, 34). Übernimmt der Hilfebedürftige die Kosten "freiwillig", etwa um einen bestimmten "besseren" Standard zu erhalten, handelt es sich nicht um Kosten der Unterkunft iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Nur die Aufwendungen, die mit der Unterkunft rechtlich und tatsächlich verknüpft sind, sind auch als Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen (vgl zur Garage als zusätzlichem Ausstattungsmerkmal BSG, Urteil vom 7.11.2008 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 28; s zum Kabelanschluss auch BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256; vgl auch Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 32 f)."

Überträgt man die Grundsätze dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, auf den konkreten Fall der Kläger, so sind die geltend gemachten Gebühren für die Gemeinschaftsantenne ihrer Art nach keine erstattungsfähigen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, weil sie die Kläger nicht kraft Mietvertrags zu tragen haben. Denn nur für diesen Fall können die Aufwendungen für die Gemeinschaftsantenne unter § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) fallen.

Nach Ansicht des Senats führt die freiwillige Entscheidung der Kläger, den vom Mietvertrag unabhängigen Vertrag mit der Kabelgesellschaft über die Nutzung der Gemeinschaftsantenne abzuschließen und diese zu nutzen, insoweit zum Ausschluss von Leistungen für die Gemeinschaftsantenne als Kosten der Unterkunft. Denn sie haben damit freiwillig von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht, wie sie die in der Regelleistung enthaltenen Mittel für Informationsbeschaffung, Bildung und Unterhaltung einzusetzen wollen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob aufgrund des mietvertraglichen Verbots, eigene Außenantennen anzubringen, die Nutzung der Gemeinschaftsantenne die einzige technische Möglichkeit zum Fernsehempfang ist oder ob etwa Fernsehempfang mittels einer DVBT-Zimmerantenne möglich wäre, weshalb dies nicht weiter aufzuklären war.

Die Kläger sind in ihrem Recht auf freie Information im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz nicht beeinträchtigt. Denn Kosten für diese Art der Informationsbeschaffung entstehen ihnen nicht zwangsläufig, sondern aufgrund ihrer vom Mietvertrag unabhängigen Entscheidung für den Vertrag über die Nutzung der Gemeinschaftsantenne. Sie haben die Freiheit zu entscheiden, aus welchen allgemein zugänglichen Quellen sie sich unterrichten wollen und haben diese Freiheit dahingehend gestaltet, den Vertrag über die Nutzung der Gemeinschaftsantenne zu wählen. Dass Hilfebedürftige, deren Kabelanschluss im Mietvertrag enthalten ist, dadurch faktisch bessergestellt werden, ändert hieran nichts. Denn auch die kraft Mietvertrags zu tragenden Kabelgebühren sind vom Grundsicherungsträger im Rahmen der Kosten der Unterkunft nur zu übernehmen, wenn die Kosten der Unterkunft insgesamt angemessen sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 48/08 R; BVerwG, Urteil vom 28.11.2001 - 5 C 9/01, RdNr. 14). Diese Situation liegt darin begründet, dass die Kosten der Unterkunft, anders als die Regelleistung, nicht pauschaliert gewährt werden, sondern sich an den tatsächlichen Kosten, begrenzt durch die Angemessenheit, bemessen.

Da diese Kosten der Gemeinschaftsantenne somit nicht unter die Kosten der Unterkunft zu fassen sind, sondern der Regelleistung zuzuordnen sind und in dieser enthalten sind, ist eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Kosten des (freiwilligen) Vertrags über die Nutzung der Gemeinschaftsantenne nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der zitierten Entscheidung vom 19.02.2009 (B 4 AS 48/09 R, RdNr. 20) hat das Bundessozialgericht ausdrücklich offen gelassen, ob die Kosten eines Kabelanschlusses, der aufgrund eines freiwilligen Entschlusses des Mieters tatsächlich genutzt wird, auch dann von Leistungen für Kosten der Unterkunft ausgeschlossen sind, wenn der vorhandene Kabelanschluss der einzige technische Zugang zum Fernsehen ist und der Vermieter jeden anderen Anschluss untersagt (Übernahme als Unterkunftskosten nur dann, wenn Kabelanschlussgebühren nicht zur Disposition des Hilfebedürftigen stehen; (siehe Kahlhorn in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VII/07, § 22 RdNr. 13, so auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 RdNr. 23). Dies ist eine sich auch für den Fall des Beitritts zu einer Antennengemeinschaft stellende Rechtsfrage.
Rechtskraft
Aus
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