Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SO 4273/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 5011/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.07.2008 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vom 01.06.2008 bis 31.05.2011 Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung einer Nettokaltmiete von 300,- Euro zu gewähren.
3. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über angemessene Unterkunftskosten des Klägers im Rahmen von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs - Zwölftes Buch (SGB XII) für die Zeit seit dem 01.06.2008. Der am xx.xx.1940 geborene Kläger bezieht eine Altersrente und erhielt vom 01.09.2007 bis 31.05.2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Seit 01.06.2008 erhält er Wohngeld in mehrfach geänderter Höhe. Er ist geschieden und bewohnt allein eine 2-Zimmerwohnung mit 59 Quadratmetern in Br.-H ... Die Miete von derzeit 377,- Euro setzt sich aus einer Kaltmiete von 300,- Euro und einer Nebenkostenpauschale für Heizung, Warm- und Kaltwasser von ursprünglich 50,- Euro, seit April 2007 70,- Euro und seit September 2009 77,- Euro zusammen. Im Rahmen eines früheren Antrags auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 20.07.2005 wurde der Kläger am 12.10.2005 belehrt, dass die angemessene Kaltmiete für einen Einpersonenhaushalt bei 229,95 Euro liege (45 qm à 5,11 Euro/qm). Auf seinen zweiten Antrag vom 26.09.2007 belehrte der Beklagte den Kläger am 17.10.2007 erneut in dieser Weise und forderte ihn auf, seine Kosten der Unterkunft zu senken. Umzugsbemühungen habe er "insbesondere" auf seinen Wohnort Br. und die Nachbargemeinden V., I., E., Bö., Me. zu erstrecken. Das Ergebnis dieser Bemühungen sei unter Nennung von Art, Ort, Zeit und beteiligten Personen nachvollziehbar zu dokumentieren und Nachweise monatlich gesammelt vorzulegen. Eine weitere Übernahme der tatsächlichen Kaltmiete würde den Nachweis vergeblicher Bemühungen um die Kostensenkung voraussetzen. Mit Bewilligungsbescheid vom 30.11.2007 für die Zeit vom 01.09.2007 bis 31.05.2008 wiederholte der Beklagte seine Mietsenkungsaufforderung und wies darauf hin, dass die tatsächliche Kaltmiete nur übergangsweise, längstens bis Ablauf des Bewilligungszeitraums berücksichtigt werde. In der Aufforderung zur Wohnungssuche nannte der Beklagte abweichend von der vorausgegangenen Aufforderung weitere Ortsteile der schon bisher genannten Gemeinden, erwähnte aber nicht mehr die Gemeinden V., E. und Bö. Mit Schreiben vom 23.04.2008 erklärte der Kläger, dass Wohnungen in der Preislage von 300,- Euro schwerlich in seiner Umgebung zu finden seien. Zugleich teilte er mit, dass er sich einen Umzug ebenso wenig wie die Kosten der Wohnungssuche (Telefonate, Makler, Fahrten) leisten könne. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 30.04.2008 lehnte der Beklagte den Folgeantrag vom 18.04.2008 auf Weitergewährung ab 01.06.2008 mit der Begründung ab, dass unter Berücksichtigung nur noch angemessener Kosten der Unterkunft der sozialhilferechtliche Bedarf unter den Wohngeldanspruch des Klägers falle damit hinter diesen zurücktrete. Der Beklagte legte dieser Berechnung wegen widersprüchlicher Angaben des Klägers Nebenkosten von 50,- Euro und hilfsweise 70,- Euro zugrunde. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft seien nicht mehr zu berücksichtigen, weil der Kläger keine Nachweise über Bemühungen zur Wohnungssuche vorgelegt habe und eigene Recherchen ergeben hätten, dass es möglich gewesen sei, sich um angemessenen Wohnraum zu bemühen. In der Folgezeit bezog der Kläger Wohngeld. Seinen gegen den Ablehnungsbescheid gerichteten Widerspruch vom 03.05.2008 begründete der Kläger damit, dass der verlangte Quadratmeterpreis von 5,11 Euro willkürlich sei, seine Wohnung einen niedrigeren Quadratmeterpreis aufweise und Wohnungen in der vom Beklagten geforderten Preislage auch in der Umgebung nicht verfügbar seien. Den mit dieser Klage angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 18.07.2008 begründete der Beklagte damit, dass der Kläger keine Bemühungen zur Senkung seiner Unterkunftskosten nachgewiesen habe. Eigene Recherchen hätten im Zeitraum 17.10.2007 bis 30.06.2008 im Landkreis 288 als angemessen einzustufende Wohnungen für 1-Personenhaushalte ergeben, davon eine in Br., sechs in I., neun in Me., drei in V. und 27 in Ma. Ein Umzug auch in Nachbargemeinden wie E., V., Me., I. oder Bö. sei dem Kläger zuzumuten. Kosten für Telefonate und Fahrten seien im Regelsatz enthalten. In der anwaltlich verfassten Klageschrift, eingegangen beim Sozialgericht Freiburg am 22.08.2008, räumt der Kläger ein, dem Beklagten keine Nachweise über seine Wohnungssuche vorgelegt zu haben. Der Kläger habe jedoch fortlaufend die Wohnungsanzeigen in der Mittwochs- und Samstagsausgabe der einschlägigen Anzeigenblätter Zypresse und Schnapp sowie in der Samstagsausgabe der Badischen Zeitung überprüft. Nur vereinzelt hätten sich darin in Frage kommende Angebote befunden, denen der Kläger jeweils ohne Erfolg nachgegangen sei. Gleiches gelte für die Zeit nach Klageerhebung. Überdies sei der Kläger auch aus gesundheitlichen Gründen außer Stande umzuziehen. Der Beklagte ließ den Kläger daraufhin amtsärztlich untersuchen. Der Beklagte hat im Verfahren eine umfassende Sammlung von Wohnungsanzeigen im Zeitraum 01.01.2007 bis 31.08.2008 vorgelegt. Diese ist nach Vergleichsgebieten unterteilt, von denen das Gebiet Nr. 9 den Wohnort des Klägers Br. und die Nachbargemeinden V., I., Me., Bö., E. mit ihren jeweiligen Ortsteilen umfasst. Diese Liste enthält im maßgeblichen Zeitraum ab 17.10.2007 (erste Mietsenkungsaufforderung) bis 31.05.2008 (Fristablauf zum Nachweis der Wohnungssuche) Wohnungen bis 229,95 Euro und bis 45 qm in folgender Anzahl: Br. (2), V. (3), Bö. (2), I. (2) und Me. (1), wobei letztere nur 25 qm klein ist und Wohnungen ohne Größenangabe nicht mitgezählt sind. Mit Schreiben vom 03.02.2009 zählt der Beklagte in einer eigenen Auswertung seiner Sammlung 15 bzw. 18 (so sein Nachtrag vom 12.03.2009) Wohnungen, von denen jedoch eine teurer als 229,95 ist, eine nur 22 qm klein ist, zu fünf weiteren keine Größenangabe vorliegt und fünf in V. oder Bö. liegen, also den Orten, die in der zweiten Belehrung nicht mehr genannt wurden. Der Kläger hat im Verfahren zahlreiche Wohnungsanzeigen vorgelegt. Diese betreffen nur den Zeitraum nach Ablauf der Frist zur Mietkostensenkung ab 13.08.2008 (Anlage K9), 20.08.2008 bis 06.09.2008 (Anlagen zum Schreiben vom 10.09.2008), 10.09.2008 bis 27.09.2008 (Anlagen zum Schreiben vom 02.10.2008), Februar bis April 2009 (Anlagen zu den Schreiben vom 01.04.2009, 18.05.2009). Seit 01.05.2009 wendet der Beklagte ein neues Konzept zur Ermittlung abstrakt angemessener Referenzmieten an. Dieses Konzept beruht auf folgendem Vorgehen: Zunächst wurden 3.226 Datensätze mit Stand Oktober 2008 aus den Bereichen SGB II, SGB XII und AsylbLG (nur Bezieher von SGB XII Analogleistungen in privaten Unterkünften) erhoben. Die Datensätze wurden den Wohnungsgrößen 30-45 qm, 45,01-60 qm und mehr als 60,01 qm sowie je einer von 7 gebildeten Vergleichsgebieten ("Raumschaften") zugeordnet. Für jede Wohnung wurde der tatsächliche Quadratmeterpreis errechnet und erfasst. Soweit nur Warmmieten ausgewiesen waren, wurden diese um 1,50EUR/qm reduziert, um eine ungefähre Kaltmiete zu ermitteln. Bei einem Quadratmeterpreis von 8,- Euro wurde eine Kappung vorgenommen, die dazu führte, dass im ganzen Landkreis 174 der erhobenen Datensätze, entsprechend rund 5 %, wieder aussortiert wurden. In der streitgegenständlichen Raumschaft "Br. / K." blieben dadurch im Größensegment bis 45 qm 7 von 86 Datensätzen unberücksichtigt (entsprechend 8,1 %). Ausweislich weiterer, dem Gericht durch andere Verfahren bekannt gewordener Unterlagen des Beklagten, ließ diese Kappung in der ebenfalls ländlich geprägten Raumschaft M. Land im Segment 45,01-60 qm 5 von 226 Datensätze ausscheiden (entsprechend 2,2 %) und im Segment ab 60,01 qm 4 von 538 (entsprechend 0,7 %). In der weiteren Raumschaft "B. K. und Umgebung" wurden dagegen mit 25 von 182 Datensätzen des Segments bis 45 qm 13,7 % auf diese Weise aussortiert. In einem zweiten Schritt wurde für jede Raumschaft im jeweiligen Größensegment der durchschnittliche Quadratmeterpreise ermittelt, was zu 21 Werten zwischen 252,90 Euro (1-Personenhausalt in der Raumschaft H.) bis 432,75 Euro (3-Personenhaushalt in der Raumschaft Umland F.) führte. Für größere Haushalte wurde ab der vierten Person ein Zuschlag pro Person vorgesehen. In einem letzten Schritt wurden Wohnungsanzeigen von Oktober bis Dezember 2008 erfasst und auf die Verfügbarkeit von Wohnungen zum ermittelten Wert überprüft. Für den Kläger ergibt dieses Konzept eine Referenzmiete von 273,60 Euro. Der Kläger ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien außer wegen fehlerhafter Festsetzung der Mietobergrenze auch mangels ausreichender Begründung der maximalen Wohnungsgröße von 45 Quadratmetern rechtswidrig.
Nach einem gerichtlichen Hinweis insbesondere auf § 44 SGB XII, § 7 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw. § 1 Abs. 2 WoGG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung beantragt der Kläger nunmehr,
1. den Bescheid des Beklagten vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.07.2008 aufzuheben, 2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vom 01.06.2008 bis 31.05.2011 Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die abstrakt angemessene Miethöhe sei rechtmäßig ermittelt und geeigneter Wohnraum in ausreichender Zahl verfügbar. Gesundheitliche Gründe, die gegen einen Umzug ggf. unter Zuhilfenahme von Umzugsunternehmen sprechen, seien nicht erkennbar. Für die weiteren Einzelheiten und das Vorbringen der Beteiligten wird auf die Prozessakte sowie die Akte des Beklagten verwiesen, die das Gericht beigezogen hat.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG statthafte und zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung aus §§ 41, 42 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 28 und § 42 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 29 SGB XII hat. Die in jeweiliger Höhe bedarfsmindernd anzurechnende Altersrente des Klägers schließt diesen Anspruch nicht aus, solange der jeweilige Wohngeldanspruch des Klägers seinen verbleibenden Bedarf nicht deckt. Auf eine solche vorrangige Deckung durch Wohngeld stützt sich der angefochtene Ablehnungsbescheid zu Unrecht, weil die Kosten der Unterkunft des Klägers nicht lediglich in anteiliger Höhe nach § 29 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB XII, sondern in tatsächlicher Höhe nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu berücksichtigen sind.
1. Die die Aufwendungen des Klägers für die Unterkunft sind abstrakt angemessen, da sie nicht den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Zur näheren Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs der (abstrakten) Angemessenheit im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein mehrstufiges Schema entwickelt (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2; BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3). Dieses Schema ist auf § 29 SGB XII zu übertragen, weil es hier um dieselbe Problematik geht. Demnach ist unter Zugrundelegung der sogenannten Produktformel in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße festzulegen (a). In einem zweiten Schritt ist festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgeblich ist (b). sodann ist in einem nächsten Schritt zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden ist. Dies hat auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts des Leistungsträgers zu erfolgen (c). Diesen Maßstäben hält das Vorgehen des Beklagten nur teilweise stand. a) Die vom Beklagten als angemessen für einen Einpersonenhaushalt ermittelte Wohnungsgröße von bis zu 45 qm ist nicht zu beanstanden. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, die die Länder auf Grund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13.09.2001 festgelegt haben. Dieser Wert beträgt in Baden-Württemberg für einen Einpersonenhaushalt 45 qm. b) Auch der räumliche Vergleichsmaßstab, den der Beklagte angelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Die Anforderungen des Bundessozialgerichts, wonach der Vergleichsmaßstab so zu wählen ist, dass Hilfebedürftige im Regelfall ihr soziales Umfeld beibehalten können, sind erfüllt. Der beklagte Landkreis zeichnet sich durch eine Vielzahl von Klein- und Kleinstgemeinden aus, die regelmäßig keinen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden können. Die Unterteilung in mehrere etwa gleich große Teilgebiete ist ein adäquates Mittel, dieser Struktur gerecht zu werden. Das Vergleichsgebiet Nr. 9, für das der Beklagte Wohnungsdaten für die Zeit bis 31.08.2008 vorgelegt hat, ist identisch mit der sogenannten "Raumschaft K. / Br." des seit 01.05.2009 bestehenden neuen Konzepts des Beklagten. Dieses überwiegend ländlich geprägte und topologisch homogene und durch öffentlichen Nahverkehr gut erschlossene Gebiet umfasst neben der Wohnortgemeinde des Klägers fünf Nachbargemeinden in einer maximalen Entfernung vom Wohnort des Klägers von 16 Kilometern (Distanz E. nach Br.-H.). c) Der Beklagte hat jedoch kein schlüssiges Konzept für die Ermittlung abstrakt angemessener Kaltmieten. Dies gilt gleichermaßen für das zum 01.05.2009 umgesetzte neue Konzept (cc) wie für die Zeit davor (bb). Denn die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept (aa) sind nicht erfüllt. aa) Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris). Zusammengefasst ergeben sich folgende Voraussetzungen an die Schlüssigkeitsanforderungen des Konzepts (BSG a.a.O. juris Rdnr. 19): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze). bb) Im streitigen Zeitraum vom 01.06.2008 bis 31.04.2009 nahm der Beklagte einen Quadratmetermietpreis von 5,11 Euro als angemessen an und stützte dies auf Erfahrungen und die Bestätigung durch die sozialhilferechtliche Rechtsprechung. Dieses Vorgehen genügt den unter aa) genannten Maßstäben nicht. Das Gericht schließt sich nach eigener Prüfung insoweit dem (nicht rechtskräftigen) Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 22.06.2010, Az. L 13 AS 4212/08 an, das auf eine Entscheidung dieser Kammer vom 18. Juli 2008, Az. S 12 AS 3407/06 zurückgeht, welche einen Quadratmeterpreis von EUR 5,11 sogar für Wohnungen der Größe 45 bis 60 qm als zu niedrig angesehen hat.
cc) Im streitigen Zeitraum ab 01.05.2009 wendet der Beklagte ein neues Konzept zur Ermittlung angemessener Mieten an. Auch dieses Konzept genügt trotz seiner beachtlichen Komplexität nicht den unter aa) genannten Anforderungen, weil es zwei methodische Fehler aufweist, die auf die ermittelten Angemessenheitsgrenzen durchschlagen. (1) Die Datenbasis des Konzepts ist nicht der gesamte Wohnungsmarkt, sondern nur das Marktsegment der Hilfeleistungsempfänger. Nach eigenem Bekunden des Beklagten weisen 95 % der so in Betracht genommenen Wohnungen einen einfachen Standard auf. Die weiteren 5 % sollen insbesondere auf Mieter entfallen, die erstmalig Hilfeleistungen erhalten und daher noch kein Mietsenkungsverfahren durchlaufen haben, so dass ihre Wohnungen potentiell einen nicht einfachen Standard aufweisen. Mit der Kappung bei 8,- Euro verfolgt der Beklagte offenbar das Ziel, diese Wohnungen auszublenden, um sodann einen korrigierten Datenbestand auszuwerten, der nur Wohnungen einfachen Standards enthält. Dieses Ziel ist nicht zu beanstanden. So genügt es nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R), gezielt Wohnungen einfachen Standards auszuwerten. Nachvollziehbar ist auch, dass die gesamte Datenbasis, wie sie der Beklagte erhoben hat, zwar ganz überwiegend Wohnungen einfachen Standards enthalten dürfte (nach Vortrag des Beklagten 95 %), nicht aber ausschließlich. Für das Gericht ist indes weder der Anteil von 5 % nachvollziehbar, noch dass der fehlerhafte Anteil durch eine Kappung bei einem Quadratmeterpreis 8,- Euro hinreichend genau aussortiert würde. Denn der Beklagte hat nicht dargelegt, dass und wie er den Anteil nicht einfacher Wohnungen in Höhe von 5 % ermittelt hätte. Vielmehr hat er ausgehend von einem wohl für eindeutig nicht mehr angemessen erachteten Quadratmeterpreis von 8,- Euro sämtliche Daten gefiltert und ist so zum Ausschluss von insgesamt 5 % gelangt. Ob dieser Anteil dem realen oder zumindest geschätzten Anteil insbesondere erstmaliger Leistungsbezieher - dem tragenden Argument für das Filtern der Daten - entspricht oder nahekommt, ist rein spekulativ und kann von Seiten des Gerichts nicht nachträglich überprüft werden, nachdem der Beklagte hierzu nichts vorgetragen hat. Die Ungeeignetheit einer Kappung bei einem festen Quadratmeterpreis folgt vorliegend auch daraus, dass der auf diese Weise aussortierte Anteil je nach Raumschaft erheblich schwankt (auf bis zu 13,7 %). Dies legt den Schluss nahe, dass innerhalb des Landkreises so deutliche Strukturunterschiede bestehen, dass ein einheitlicher Grenzwert von 8,- Euro ungeeignet ist, Wohnungen nicht einfachen Standards mit hinreichender Genauigkeit herauszufiltern. Denn dass statt der angestrebten 5 % vorliegend 8,1 % und in der Raumschaft B.K. und Umland 13,7 % von der Kappung erfasst werden, indiziert, dass regionale Unterschiede in einem solchen Ausmaß bestehen, dass sie bei einer Kappung nach Quadratmeterpreisen hätten berücksichtigt werden müssen. Eine solche Berücksichtigung - etwa dadurch, dass je Raumschaft ein gleicher Anteil herausgefiltert würde, oder dadurch, dass die den Mittelwert um einen bestimmten Prozentsatz übersteigenden Mieten aussortiert würden - fand jedoch nicht statt. Die einheitliche Kappung bei 8,- Euro pro Quadratmeter ist schließlich auch deshalb nicht hinnehmbar, weil sie die Abhängigkeit des Quadratmeterpreises von der Wohnungsgröße außer Acht lässt. Dies erklärt, warum bei Wohnungen über 60 qm teils nur 0,2 %, bei Einpersonenhaushalten teils bis zu 13,7 % herausgefiltert wurden. Letztere werden von der Kappung überproportional getroffen (ebenso Beschl. der 20. Kammer des Sozialgerichts Freiburg vom 11.08.2010, Az. S 20 AS 3673/10 ER) und dies wiederum ohne jede Darlegung eines Zusammenhangs mit dem realen oder zumindest geschätzten Anteil erstmaliger Hilfeempfänger bzw. nicht einfacher Wohnungen. (2) Neben der ungeeigneten Datenfilterung ist das neue Konzept auch insoweit zu beanstanden, als es aus dem Abstellen auf Wohnungen einfachen Standards nicht die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R) notwendigen Konsequenzen zieht, indem es nicht eine Mietenspanne ermittelt und deren Spannoberwert angibt, sondern einen Durchschnitt errechnet und diesen als angemessen ausgibt. Eine solche Durchschnittsbildung ist jedoch nur zulässig, wenn der gesamte Wohnungsmarkt betrachtet und dadurch die reale Marktentwicklung mit berücksichtigt wird. Indem der Beklagte aber nur das Segment der einfachen Wohnungen betrachtet und innerhalb dessen wiederum ein Durchschnitt als angemessen wertet, setzt er methodisch bedingt eine Abwärtsspirale in Gang, die von der Marktentwicklung völlig entkoppelt ist. Denn eine bisweilen erforderliche Fortschreibung des Konzepts auf der Grundlage neu erhobener Miethöhen, die zwischenzeitlich durch Mietsenkungsverfahren erfolgreich auf den bisherigen Durchschnitt reduziert werden konnten, würde zwangsläufig zu einem niedrigeren neuen Durchschnitt führen, usw. 2. Fehlt ein schlüssiges Konzept und lässt es sich - wie hier - auch nicht mehr nachholen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers zu übernehmen (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.06.2010, Az. L 13 AS 4212/08 - juris Rdnr. 33 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az. B 4 AS 50/09 R - juris Rdnr. 26). Auf die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelte weitere Begrenzung der zu übernehmenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft entsprechend der Tabellenwerte zu § 8 WoGG a.F. bzw. § 12 WoGG n.F. kommt es vorliegend nicht an, weil die tatsächlichen Kosten der Unterkunft des Klägers diese Werte unterschreiten. Dies gilt unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags zum Tabellenwert nach § 8 WoGG auch dann, wenn der Tabellenwert als Bruttokaltmiete zu verstehen ist. Diese umstrittene Frage (bejahend LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.06.2010 a.a.O.) braucht vorliegend ebenso wenig entschieden zu werden, wie die weitere Frage, ob auch der erhöhte Wert in § 12 WoGG n.F. noch einen und wenn, dann welchen, Sicherheitszuschlag rechtfertigt.
3. Die konkrete Angemessenheit der Wohnung des Klägers ist nach Bejahung ihrer abstrakten Angemessenheit nicht zu prüfen. Keiner eingehenden Auseinandersetzung bedarf daher das diesbezügliche Vorbringen der Beteiligten. Nur erläuternd sei es wie folgt gewürdigt. a) Nicht zu entscheiden ist, ob die Mietsenkungsaufforderungen trotz der ausdrücklich genannten Mietobergrenze von 5,11 pro Quadratmeter und trotz der unterschiedlichen Angaben zum Gebiet, auf das der Kläger die Wohnungssuche zu erstrecken habe, eine Obliegenheit zur Senkung der Kosten der Unterkunft überhaupt wirksam begründet haben. b) Unerheblich ist auch, dass sich der Kläger nach eigenem Bekunden vom 23.04.2008 innerhalb der vom Beklagten gesetzten Frist gar nicht um die Suche einer Wohnung bemüht haben dürfte. Dass er von dieser Darstellung mit der Klagebegründung - nunmehr anwaltlich vertreten - dahingehend abgerückt ist, dass Bemühungen zu keinem Erfolg geführt hätten, ist angesichts der erst für spätere Zeiträume vorgelegten Wohnungsanzeigen allerdings wenig glaubhaft und jedenfalls nicht dokumentiert. c) Dahin stehen kann, ob dem Kläger ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten war. Das dahingehende Vorbringen und das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung des Klägers legen eine solche Annahme allerdings nicht nahe. Die vom Amtsarzt gegebene Empfehlung eines Umzugs innerhalb des bisherigen Umfeldes ist im Zusammenhang mit der Anbindung durch öffentlichen Nahverkehr zu würdigen und entsprechend zu relativieren. d) Offen bleiben kann schließlich, ob im streitigen Zeitraum eine ausreichende Zahl von Wohnungen zu den vom Beklagten für angemessen erachteten Bedingungen verfügbar war. Die hierzu vorgelegten Unterlagen sind mehrdeutig und wurden vom Beklagten, dem Kläger und dem Gericht während des Verfahrens - teils mehrfach - unterschiedlich interpretiert. Fest steht allerdings, dass die Anzahl entsprechender Wohnungen sehr gering war, wenn die Wohnungen ohne Größenangabe und solche unter 30 qm (zu dieser Untergrenze vgl. das Urteil dieser Kammer vom 18.07.2008 Az. S 12 AS 3165/06 und LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.11.2007, Az. L 7 AS 4652/07 ER) außer Betracht bleiben. Recherchen des Beklagten (Bl. 363, 387, ergänzend Bl. 405-413 der Verwaltungsakte und Bl. 79-111 der Gerichtsakte) belegen nichts Gegenteiliges. Bei Einschränkung auf 30 bis 45 qm und unter Einbeziehung von V. und Bö. (Gemeinden, auf die der Beklagte den Kläger widersprüchlich verwies) verbleiben nur neun Wohnungsanzeigen, ohne diese beiden Gemeinden sogar nur vier. Auch aus der Zählung des Beklagten vom 03.02.2009 gehen lediglich 5 Anzeigen ohne V. und Bö. hervor.
4. Ob der angefochtene Bescheid mangels ausreichender Begründung im Sinne des § 35 SGB X auch formell rechtswidrig war, braucht nicht entschieden zu werden, weil ein solcher Mangel jedenfalls im Widerspruchsbescheid nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X geheilt wurde. Denn darin wird auf Seite 3 unten unter konkretem Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung zutreffend ausgeführt, dass für die Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Kriterien der Förderwürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften zurückzugreifen ist.
5. Der Klage ist gemäß § 44 SGB XII und entsprechend dem Klageantrag nur für einen befristeten Zeitraum stattzugeben.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vom 01.06.2008 bis 31.05.2011 Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung einer Nettokaltmiete von 300,- Euro zu gewähren.
3. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über angemessene Unterkunftskosten des Klägers im Rahmen von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs - Zwölftes Buch (SGB XII) für die Zeit seit dem 01.06.2008. Der am xx.xx.1940 geborene Kläger bezieht eine Altersrente und erhielt vom 01.09.2007 bis 31.05.2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Seit 01.06.2008 erhält er Wohngeld in mehrfach geänderter Höhe. Er ist geschieden und bewohnt allein eine 2-Zimmerwohnung mit 59 Quadratmetern in Br.-H ... Die Miete von derzeit 377,- Euro setzt sich aus einer Kaltmiete von 300,- Euro und einer Nebenkostenpauschale für Heizung, Warm- und Kaltwasser von ursprünglich 50,- Euro, seit April 2007 70,- Euro und seit September 2009 77,- Euro zusammen. Im Rahmen eines früheren Antrags auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 20.07.2005 wurde der Kläger am 12.10.2005 belehrt, dass die angemessene Kaltmiete für einen Einpersonenhaushalt bei 229,95 Euro liege (45 qm à 5,11 Euro/qm). Auf seinen zweiten Antrag vom 26.09.2007 belehrte der Beklagte den Kläger am 17.10.2007 erneut in dieser Weise und forderte ihn auf, seine Kosten der Unterkunft zu senken. Umzugsbemühungen habe er "insbesondere" auf seinen Wohnort Br. und die Nachbargemeinden V., I., E., Bö., Me. zu erstrecken. Das Ergebnis dieser Bemühungen sei unter Nennung von Art, Ort, Zeit und beteiligten Personen nachvollziehbar zu dokumentieren und Nachweise monatlich gesammelt vorzulegen. Eine weitere Übernahme der tatsächlichen Kaltmiete würde den Nachweis vergeblicher Bemühungen um die Kostensenkung voraussetzen. Mit Bewilligungsbescheid vom 30.11.2007 für die Zeit vom 01.09.2007 bis 31.05.2008 wiederholte der Beklagte seine Mietsenkungsaufforderung und wies darauf hin, dass die tatsächliche Kaltmiete nur übergangsweise, längstens bis Ablauf des Bewilligungszeitraums berücksichtigt werde. In der Aufforderung zur Wohnungssuche nannte der Beklagte abweichend von der vorausgegangenen Aufforderung weitere Ortsteile der schon bisher genannten Gemeinden, erwähnte aber nicht mehr die Gemeinden V., E. und Bö. Mit Schreiben vom 23.04.2008 erklärte der Kläger, dass Wohnungen in der Preislage von 300,- Euro schwerlich in seiner Umgebung zu finden seien. Zugleich teilte er mit, dass er sich einen Umzug ebenso wenig wie die Kosten der Wohnungssuche (Telefonate, Makler, Fahrten) leisten könne. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 30.04.2008 lehnte der Beklagte den Folgeantrag vom 18.04.2008 auf Weitergewährung ab 01.06.2008 mit der Begründung ab, dass unter Berücksichtigung nur noch angemessener Kosten der Unterkunft der sozialhilferechtliche Bedarf unter den Wohngeldanspruch des Klägers falle damit hinter diesen zurücktrete. Der Beklagte legte dieser Berechnung wegen widersprüchlicher Angaben des Klägers Nebenkosten von 50,- Euro und hilfsweise 70,- Euro zugrunde. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft seien nicht mehr zu berücksichtigen, weil der Kläger keine Nachweise über Bemühungen zur Wohnungssuche vorgelegt habe und eigene Recherchen ergeben hätten, dass es möglich gewesen sei, sich um angemessenen Wohnraum zu bemühen. In der Folgezeit bezog der Kläger Wohngeld. Seinen gegen den Ablehnungsbescheid gerichteten Widerspruch vom 03.05.2008 begründete der Kläger damit, dass der verlangte Quadratmeterpreis von 5,11 Euro willkürlich sei, seine Wohnung einen niedrigeren Quadratmeterpreis aufweise und Wohnungen in der vom Beklagten geforderten Preislage auch in der Umgebung nicht verfügbar seien. Den mit dieser Klage angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 18.07.2008 begründete der Beklagte damit, dass der Kläger keine Bemühungen zur Senkung seiner Unterkunftskosten nachgewiesen habe. Eigene Recherchen hätten im Zeitraum 17.10.2007 bis 30.06.2008 im Landkreis 288 als angemessen einzustufende Wohnungen für 1-Personenhaushalte ergeben, davon eine in Br., sechs in I., neun in Me., drei in V. und 27 in Ma. Ein Umzug auch in Nachbargemeinden wie E., V., Me., I. oder Bö. sei dem Kläger zuzumuten. Kosten für Telefonate und Fahrten seien im Regelsatz enthalten. In der anwaltlich verfassten Klageschrift, eingegangen beim Sozialgericht Freiburg am 22.08.2008, räumt der Kläger ein, dem Beklagten keine Nachweise über seine Wohnungssuche vorgelegt zu haben. Der Kläger habe jedoch fortlaufend die Wohnungsanzeigen in der Mittwochs- und Samstagsausgabe der einschlägigen Anzeigenblätter Zypresse und Schnapp sowie in der Samstagsausgabe der Badischen Zeitung überprüft. Nur vereinzelt hätten sich darin in Frage kommende Angebote befunden, denen der Kläger jeweils ohne Erfolg nachgegangen sei. Gleiches gelte für die Zeit nach Klageerhebung. Überdies sei der Kläger auch aus gesundheitlichen Gründen außer Stande umzuziehen. Der Beklagte ließ den Kläger daraufhin amtsärztlich untersuchen. Der Beklagte hat im Verfahren eine umfassende Sammlung von Wohnungsanzeigen im Zeitraum 01.01.2007 bis 31.08.2008 vorgelegt. Diese ist nach Vergleichsgebieten unterteilt, von denen das Gebiet Nr. 9 den Wohnort des Klägers Br. und die Nachbargemeinden V., I., Me., Bö., E. mit ihren jeweiligen Ortsteilen umfasst. Diese Liste enthält im maßgeblichen Zeitraum ab 17.10.2007 (erste Mietsenkungsaufforderung) bis 31.05.2008 (Fristablauf zum Nachweis der Wohnungssuche) Wohnungen bis 229,95 Euro und bis 45 qm in folgender Anzahl: Br. (2), V. (3), Bö. (2), I. (2) und Me. (1), wobei letztere nur 25 qm klein ist und Wohnungen ohne Größenangabe nicht mitgezählt sind. Mit Schreiben vom 03.02.2009 zählt der Beklagte in einer eigenen Auswertung seiner Sammlung 15 bzw. 18 (so sein Nachtrag vom 12.03.2009) Wohnungen, von denen jedoch eine teurer als 229,95 ist, eine nur 22 qm klein ist, zu fünf weiteren keine Größenangabe vorliegt und fünf in V. oder Bö. liegen, also den Orten, die in der zweiten Belehrung nicht mehr genannt wurden. Der Kläger hat im Verfahren zahlreiche Wohnungsanzeigen vorgelegt. Diese betreffen nur den Zeitraum nach Ablauf der Frist zur Mietkostensenkung ab 13.08.2008 (Anlage K9), 20.08.2008 bis 06.09.2008 (Anlagen zum Schreiben vom 10.09.2008), 10.09.2008 bis 27.09.2008 (Anlagen zum Schreiben vom 02.10.2008), Februar bis April 2009 (Anlagen zu den Schreiben vom 01.04.2009, 18.05.2009). Seit 01.05.2009 wendet der Beklagte ein neues Konzept zur Ermittlung abstrakt angemessener Referenzmieten an. Dieses Konzept beruht auf folgendem Vorgehen: Zunächst wurden 3.226 Datensätze mit Stand Oktober 2008 aus den Bereichen SGB II, SGB XII und AsylbLG (nur Bezieher von SGB XII Analogleistungen in privaten Unterkünften) erhoben. Die Datensätze wurden den Wohnungsgrößen 30-45 qm, 45,01-60 qm und mehr als 60,01 qm sowie je einer von 7 gebildeten Vergleichsgebieten ("Raumschaften") zugeordnet. Für jede Wohnung wurde der tatsächliche Quadratmeterpreis errechnet und erfasst. Soweit nur Warmmieten ausgewiesen waren, wurden diese um 1,50EUR/qm reduziert, um eine ungefähre Kaltmiete zu ermitteln. Bei einem Quadratmeterpreis von 8,- Euro wurde eine Kappung vorgenommen, die dazu führte, dass im ganzen Landkreis 174 der erhobenen Datensätze, entsprechend rund 5 %, wieder aussortiert wurden. In der streitgegenständlichen Raumschaft "Br. / K." blieben dadurch im Größensegment bis 45 qm 7 von 86 Datensätzen unberücksichtigt (entsprechend 8,1 %). Ausweislich weiterer, dem Gericht durch andere Verfahren bekannt gewordener Unterlagen des Beklagten, ließ diese Kappung in der ebenfalls ländlich geprägten Raumschaft M. Land im Segment 45,01-60 qm 5 von 226 Datensätze ausscheiden (entsprechend 2,2 %) und im Segment ab 60,01 qm 4 von 538 (entsprechend 0,7 %). In der weiteren Raumschaft "B. K. und Umgebung" wurden dagegen mit 25 von 182 Datensätzen des Segments bis 45 qm 13,7 % auf diese Weise aussortiert. In einem zweiten Schritt wurde für jede Raumschaft im jeweiligen Größensegment der durchschnittliche Quadratmeterpreise ermittelt, was zu 21 Werten zwischen 252,90 Euro (1-Personenhausalt in der Raumschaft H.) bis 432,75 Euro (3-Personenhaushalt in der Raumschaft Umland F.) führte. Für größere Haushalte wurde ab der vierten Person ein Zuschlag pro Person vorgesehen. In einem letzten Schritt wurden Wohnungsanzeigen von Oktober bis Dezember 2008 erfasst und auf die Verfügbarkeit von Wohnungen zum ermittelten Wert überprüft. Für den Kläger ergibt dieses Konzept eine Referenzmiete von 273,60 Euro. Der Kläger ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien außer wegen fehlerhafter Festsetzung der Mietobergrenze auch mangels ausreichender Begründung der maximalen Wohnungsgröße von 45 Quadratmetern rechtswidrig.
Nach einem gerichtlichen Hinweis insbesondere auf § 44 SGB XII, § 7 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw. § 1 Abs. 2 WoGG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung beantragt der Kläger nunmehr,
1. den Bescheid des Beklagten vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.07.2008 aufzuheben, 2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vom 01.06.2008 bis 31.05.2011 Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die abstrakt angemessene Miethöhe sei rechtmäßig ermittelt und geeigneter Wohnraum in ausreichender Zahl verfügbar. Gesundheitliche Gründe, die gegen einen Umzug ggf. unter Zuhilfenahme von Umzugsunternehmen sprechen, seien nicht erkennbar. Für die weiteren Einzelheiten und das Vorbringen der Beteiligten wird auf die Prozessakte sowie die Akte des Beklagten verwiesen, die das Gericht beigezogen hat.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG statthafte und zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung aus §§ 41, 42 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 28 und § 42 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 29 SGB XII hat. Die in jeweiliger Höhe bedarfsmindernd anzurechnende Altersrente des Klägers schließt diesen Anspruch nicht aus, solange der jeweilige Wohngeldanspruch des Klägers seinen verbleibenden Bedarf nicht deckt. Auf eine solche vorrangige Deckung durch Wohngeld stützt sich der angefochtene Ablehnungsbescheid zu Unrecht, weil die Kosten der Unterkunft des Klägers nicht lediglich in anteiliger Höhe nach § 29 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB XII, sondern in tatsächlicher Höhe nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu berücksichtigen sind.
1. Die die Aufwendungen des Klägers für die Unterkunft sind abstrakt angemessen, da sie nicht den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Zur näheren Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs der (abstrakten) Angemessenheit im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein mehrstufiges Schema entwickelt (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2; BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3). Dieses Schema ist auf § 29 SGB XII zu übertragen, weil es hier um dieselbe Problematik geht. Demnach ist unter Zugrundelegung der sogenannten Produktformel in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße festzulegen (a). In einem zweiten Schritt ist festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgeblich ist (b). sodann ist in einem nächsten Schritt zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden ist. Dies hat auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts des Leistungsträgers zu erfolgen (c). Diesen Maßstäben hält das Vorgehen des Beklagten nur teilweise stand. a) Die vom Beklagten als angemessen für einen Einpersonenhaushalt ermittelte Wohnungsgröße von bis zu 45 qm ist nicht zu beanstanden. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, die die Länder auf Grund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13.09.2001 festgelegt haben. Dieser Wert beträgt in Baden-Württemberg für einen Einpersonenhaushalt 45 qm. b) Auch der räumliche Vergleichsmaßstab, den der Beklagte angelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Die Anforderungen des Bundessozialgerichts, wonach der Vergleichsmaßstab so zu wählen ist, dass Hilfebedürftige im Regelfall ihr soziales Umfeld beibehalten können, sind erfüllt. Der beklagte Landkreis zeichnet sich durch eine Vielzahl von Klein- und Kleinstgemeinden aus, die regelmäßig keinen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden können. Die Unterteilung in mehrere etwa gleich große Teilgebiete ist ein adäquates Mittel, dieser Struktur gerecht zu werden. Das Vergleichsgebiet Nr. 9, für das der Beklagte Wohnungsdaten für die Zeit bis 31.08.2008 vorgelegt hat, ist identisch mit der sogenannten "Raumschaft K. / Br." des seit 01.05.2009 bestehenden neuen Konzepts des Beklagten. Dieses überwiegend ländlich geprägte und topologisch homogene und durch öffentlichen Nahverkehr gut erschlossene Gebiet umfasst neben der Wohnortgemeinde des Klägers fünf Nachbargemeinden in einer maximalen Entfernung vom Wohnort des Klägers von 16 Kilometern (Distanz E. nach Br.-H.). c) Der Beklagte hat jedoch kein schlüssiges Konzept für die Ermittlung abstrakt angemessener Kaltmieten. Dies gilt gleichermaßen für das zum 01.05.2009 umgesetzte neue Konzept (cc) wie für die Zeit davor (bb). Denn die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept (aa) sind nicht erfüllt. aa) Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris). Zusammengefasst ergeben sich folgende Voraussetzungen an die Schlüssigkeitsanforderungen des Konzepts (BSG a.a.O. juris Rdnr. 19): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze). bb) Im streitigen Zeitraum vom 01.06.2008 bis 31.04.2009 nahm der Beklagte einen Quadratmetermietpreis von 5,11 Euro als angemessen an und stützte dies auf Erfahrungen und die Bestätigung durch die sozialhilferechtliche Rechtsprechung. Dieses Vorgehen genügt den unter aa) genannten Maßstäben nicht. Das Gericht schließt sich nach eigener Prüfung insoweit dem (nicht rechtskräftigen) Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 22.06.2010, Az. L 13 AS 4212/08 an, das auf eine Entscheidung dieser Kammer vom 18. Juli 2008, Az. S 12 AS 3407/06 zurückgeht, welche einen Quadratmeterpreis von EUR 5,11 sogar für Wohnungen der Größe 45 bis 60 qm als zu niedrig angesehen hat.
cc) Im streitigen Zeitraum ab 01.05.2009 wendet der Beklagte ein neues Konzept zur Ermittlung angemessener Mieten an. Auch dieses Konzept genügt trotz seiner beachtlichen Komplexität nicht den unter aa) genannten Anforderungen, weil es zwei methodische Fehler aufweist, die auf die ermittelten Angemessenheitsgrenzen durchschlagen. (1) Die Datenbasis des Konzepts ist nicht der gesamte Wohnungsmarkt, sondern nur das Marktsegment der Hilfeleistungsempfänger. Nach eigenem Bekunden des Beklagten weisen 95 % der so in Betracht genommenen Wohnungen einen einfachen Standard auf. Die weiteren 5 % sollen insbesondere auf Mieter entfallen, die erstmalig Hilfeleistungen erhalten und daher noch kein Mietsenkungsverfahren durchlaufen haben, so dass ihre Wohnungen potentiell einen nicht einfachen Standard aufweisen. Mit der Kappung bei 8,- Euro verfolgt der Beklagte offenbar das Ziel, diese Wohnungen auszublenden, um sodann einen korrigierten Datenbestand auszuwerten, der nur Wohnungen einfachen Standards enthält. Dieses Ziel ist nicht zu beanstanden. So genügt es nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R), gezielt Wohnungen einfachen Standards auszuwerten. Nachvollziehbar ist auch, dass die gesamte Datenbasis, wie sie der Beklagte erhoben hat, zwar ganz überwiegend Wohnungen einfachen Standards enthalten dürfte (nach Vortrag des Beklagten 95 %), nicht aber ausschließlich. Für das Gericht ist indes weder der Anteil von 5 % nachvollziehbar, noch dass der fehlerhafte Anteil durch eine Kappung bei einem Quadratmeterpreis 8,- Euro hinreichend genau aussortiert würde. Denn der Beklagte hat nicht dargelegt, dass und wie er den Anteil nicht einfacher Wohnungen in Höhe von 5 % ermittelt hätte. Vielmehr hat er ausgehend von einem wohl für eindeutig nicht mehr angemessen erachteten Quadratmeterpreis von 8,- Euro sämtliche Daten gefiltert und ist so zum Ausschluss von insgesamt 5 % gelangt. Ob dieser Anteil dem realen oder zumindest geschätzten Anteil insbesondere erstmaliger Leistungsbezieher - dem tragenden Argument für das Filtern der Daten - entspricht oder nahekommt, ist rein spekulativ und kann von Seiten des Gerichts nicht nachträglich überprüft werden, nachdem der Beklagte hierzu nichts vorgetragen hat. Die Ungeeignetheit einer Kappung bei einem festen Quadratmeterpreis folgt vorliegend auch daraus, dass der auf diese Weise aussortierte Anteil je nach Raumschaft erheblich schwankt (auf bis zu 13,7 %). Dies legt den Schluss nahe, dass innerhalb des Landkreises so deutliche Strukturunterschiede bestehen, dass ein einheitlicher Grenzwert von 8,- Euro ungeeignet ist, Wohnungen nicht einfachen Standards mit hinreichender Genauigkeit herauszufiltern. Denn dass statt der angestrebten 5 % vorliegend 8,1 % und in der Raumschaft B.K. und Umland 13,7 % von der Kappung erfasst werden, indiziert, dass regionale Unterschiede in einem solchen Ausmaß bestehen, dass sie bei einer Kappung nach Quadratmeterpreisen hätten berücksichtigt werden müssen. Eine solche Berücksichtigung - etwa dadurch, dass je Raumschaft ein gleicher Anteil herausgefiltert würde, oder dadurch, dass die den Mittelwert um einen bestimmten Prozentsatz übersteigenden Mieten aussortiert würden - fand jedoch nicht statt. Die einheitliche Kappung bei 8,- Euro pro Quadratmeter ist schließlich auch deshalb nicht hinnehmbar, weil sie die Abhängigkeit des Quadratmeterpreises von der Wohnungsgröße außer Acht lässt. Dies erklärt, warum bei Wohnungen über 60 qm teils nur 0,2 %, bei Einpersonenhaushalten teils bis zu 13,7 % herausgefiltert wurden. Letztere werden von der Kappung überproportional getroffen (ebenso Beschl. der 20. Kammer des Sozialgerichts Freiburg vom 11.08.2010, Az. S 20 AS 3673/10 ER) und dies wiederum ohne jede Darlegung eines Zusammenhangs mit dem realen oder zumindest geschätzten Anteil erstmaliger Hilfeempfänger bzw. nicht einfacher Wohnungen. (2) Neben der ungeeigneten Datenfilterung ist das neue Konzept auch insoweit zu beanstanden, als es aus dem Abstellen auf Wohnungen einfachen Standards nicht die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R) notwendigen Konsequenzen zieht, indem es nicht eine Mietenspanne ermittelt und deren Spannoberwert angibt, sondern einen Durchschnitt errechnet und diesen als angemessen ausgibt. Eine solche Durchschnittsbildung ist jedoch nur zulässig, wenn der gesamte Wohnungsmarkt betrachtet und dadurch die reale Marktentwicklung mit berücksichtigt wird. Indem der Beklagte aber nur das Segment der einfachen Wohnungen betrachtet und innerhalb dessen wiederum ein Durchschnitt als angemessen wertet, setzt er methodisch bedingt eine Abwärtsspirale in Gang, die von der Marktentwicklung völlig entkoppelt ist. Denn eine bisweilen erforderliche Fortschreibung des Konzepts auf der Grundlage neu erhobener Miethöhen, die zwischenzeitlich durch Mietsenkungsverfahren erfolgreich auf den bisherigen Durchschnitt reduziert werden konnten, würde zwangsläufig zu einem niedrigeren neuen Durchschnitt führen, usw. 2. Fehlt ein schlüssiges Konzept und lässt es sich - wie hier - auch nicht mehr nachholen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers zu übernehmen (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.06.2010, Az. L 13 AS 4212/08 - juris Rdnr. 33 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az. B 4 AS 50/09 R - juris Rdnr. 26). Auf die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelte weitere Begrenzung der zu übernehmenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft entsprechend der Tabellenwerte zu § 8 WoGG a.F. bzw. § 12 WoGG n.F. kommt es vorliegend nicht an, weil die tatsächlichen Kosten der Unterkunft des Klägers diese Werte unterschreiten. Dies gilt unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags zum Tabellenwert nach § 8 WoGG auch dann, wenn der Tabellenwert als Bruttokaltmiete zu verstehen ist. Diese umstrittene Frage (bejahend LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.06.2010 a.a.O.) braucht vorliegend ebenso wenig entschieden zu werden, wie die weitere Frage, ob auch der erhöhte Wert in § 12 WoGG n.F. noch einen und wenn, dann welchen, Sicherheitszuschlag rechtfertigt.
3. Die konkrete Angemessenheit der Wohnung des Klägers ist nach Bejahung ihrer abstrakten Angemessenheit nicht zu prüfen. Keiner eingehenden Auseinandersetzung bedarf daher das diesbezügliche Vorbringen der Beteiligten. Nur erläuternd sei es wie folgt gewürdigt. a) Nicht zu entscheiden ist, ob die Mietsenkungsaufforderungen trotz der ausdrücklich genannten Mietobergrenze von 5,11 pro Quadratmeter und trotz der unterschiedlichen Angaben zum Gebiet, auf das der Kläger die Wohnungssuche zu erstrecken habe, eine Obliegenheit zur Senkung der Kosten der Unterkunft überhaupt wirksam begründet haben. b) Unerheblich ist auch, dass sich der Kläger nach eigenem Bekunden vom 23.04.2008 innerhalb der vom Beklagten gesetzten Frist gar nicht um die Suche einer Wohnung bemüht haben dürfte. Dass er von dieser Darstellung mit der Klagebegründung - nunmehr anwaltlich vertreten - dahingehend abgerückt ist, dass Bemühungen zu keinem Erfolg geführt hätten, ist angesichts der erst für spätere Zeiträume vorgelegten Wohnungsanzeigen allerdings wenig glaubhaft und jedenfalls nicht dokumentiert. c) Dahin stehen kann, ob dem Kläger ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten war. Das dahingehende Vorbringen und das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung des Klägers legen eine solche Annahme allerdings nicht nahe. Die vom Amtsarzt gegebene Empfehlung eines Umzugs innerhalb des bisherigen Umfeldes ist im Zusammenhang mit der Anbindung durch öffentlichen Nahverkehr zu würdigen und entsprechend zu relativieren. d) Offen bleiben kann schließlich, ob im streitigen Zeitraum eine ausreichende Zahl von Wohnungen zu den vom Beklagten für angemessen erachteten Bedingungen verfügbar war. Die hierzu vorgelegten Unterlagen sind mehrdeutig und wurden vom Beklagten, dem Kläger und dem Gericht während des Verfahrens - teils mehrfach - unterschiedlich interpretiert. Fest steht allerdings, dass die Anzahl entsprechender Wohnungen sehr gering war, wenn die Wohnungen ohne Größenangabe und solche unter 30 qm (zu dieser Untergrenze vgl. das Urteil dieser Kammer vom 18.07.2008 Az. S 12 AS 3165/06 und LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.11.2007, Az. L 7 AS 4652/07 ER) außer Betracht bleiben. Recherchen des Beklagten (Bl. 363, 387, ergänzend Bl. 405-413 der Verwaltungsakte und Bl. 79-111 der Gerichtsakte) belegen nichts Gegenteiliges. Bei Einschränkung auf 30 bis 45 qm und unter Einbeziehung von V. und Bö. (Gemeinden, auf die der Beklagte den Kläger widersprüchlich verwies) verbleiben nur neun Wohnungsanzeigen, ohne diese beiden Gemeinden sogar nur vier. Auch aus der Zählung des Beklagten vom 03.02.2009 gehen lediglich 5 Anzeigen ohne V. und Bö. hervor.
4. Ob der angefochtene Bescheid mangels ausreichender Begründung im Sinne des § 35 SGB X auch formell rechtswidrig war, braucht nicht entschieden zu werden, weil ein solcher Mangel jedenfalls im Widerspruchsbescheid nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X geheilt wurde. Denn darin wird auf Seite 3 unten unter konkretem Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung zutreffend ausgeführt, dass für die Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Kriterien der Förderwürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften zurückzugreifen ist.
5. Der Klage ist gemäß § 44 SGB XII und entsprechend dem Klageantrag nur für einen befristeten Zeitraum stattzugeben.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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