Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AL 71/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 27.10.2003 wird unter Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 27.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines bestandkräftig gewordenen Rücknahme- und Erstattungsbescheides, mit dem zuviel gezahlte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 5.231,60 EUR von ihr zurück gefordert wurde.
Die Klägerin hatte bis zur Ausschöpfung des Anspruchs am 26.08.2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 253,89 EUR wöchentlich (auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von 510,00 EUR) bezogen. Eine beabsichtigte Arbeitsaufnahme bei der Firma R. ab dem 27.08.2002 kam wegen einer Erkrankung der Klägerin nicht zustande. Die Beklagte bewilligte daher auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin vom 19.09.2002 Arbeitslosenhilfe ab 26.09.2002 in Höhe von 294,35 EUR wöchentlich (auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts in Höhe von 865,00 EUR). Zum 01.01.2003 änderte die Beklagte den Leistungsbetrag auf 291,90 EUR wöchentlich (auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts in Höhe von 865,00 EUR). Der Bewilligungsabschnitt endete am 25.09.2003. Die entsprechenden Bewilligungs- und Änderungsbescheide sind nicht in der Akte der Beklagten enthalten und können von ihr aus systembedingten Gründen auch nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Grundlage für die genannten Zahlen sind allein die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Zahlungsnachweise.
Nach einer entsprechenden Anhörung der Klägerin nahm die Beklagte "die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 26.09.2002 bis 25.09.2003" mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 27.10.2003 teilweise zurück und forderte von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.231,60 EUR erstattet. Bis auf weiteres werde zur Tilgung der Überzahlung ein Betrag von 20,00 EUR monatlich gegen ihre laufenden Leistungen aufgerechnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, durch einen Berechnungsfehler seien die der Leistung zugrunde liegenden Berechnungsdaten nicht von DM-Beträgen in Euro-Beträge umgerechnet worden. Hierdurch sei Arbeitslosenhilfe in fast doppelter Höhe bewilligt worden. Die Klägerin habe die Überzahlung zwar nicht verursacht, sie habe jedoch aufgrund der Höhe der bewilligten Leistung mit einfachsten und ganz nahe liegenden Überlegungen erkennen können, dass ihr Arbeitslosenhilfe in dieser Höhe nicht zustünde, denn die ihr bewilligte Arbeitslosenhilfe könne nicht höher sein, als das zuvor bezogene Arbeitslosengeld. Sofern sie ihren Fehler nicht erkannt habe, weil sie das ihr ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose bzw. das ergänzende Merkblatt für Arbeitslosenhilfe nicht gelesen habe, so sei dies als grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zu werten.
Hiergegen erhob die Klägerin keinen Widerspruch. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 19.01.2009 stellte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten einen Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 27.10.2003 gemäß § 44 SGB X. Aus dem Bescheid sei nicht zu erkennen, weshalb in welcher Höhe Leistungen in zu großer Höhe bewilligt worden seien. Auch unter Einbezug des Anhörungsschreibens könne der Erstattungsbetrag in Höhe von 5.231,80 EUR nicht nachvollzogen werden. Der Bescheid sei daher schon aus formalen Gründen rechtswidrig. Unabhängig davon sei der Klägerin der Unterschied zwischen Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld nicht klar gewesen. Insbesondere sei ihr nicht bekannt gewesen, dass Arbeitslosenhilfe geringer ausfalle. Die Klägerin sei bei Bezug der Leistungen nicht davon ausgegangen, dass sie zu viel Arbeitslosenhilfe erhalten habe, da sie zuvor Arbeitslosengeld in Höhe von 1.051 EUR monatlich und 1.251 EUR monatlich erhalten habe und sodann im Oktober Arbeitslosenhilfe in Höhe von 827,39 EUR sowie im November in Höhe von 1.261,50 EUR.
Mit Bescheid vom 27.03.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 27.10.2003 ab. Der Bescheid sei nicht zu beanstanden. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X könne ein Verwaltungsakt (VA), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur dann mit Wirkung für die Vergangenheit zurück genommen werden, wenn sich im Einzelfall ergäbe, dass bei Erlass des VA das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise. Im Fall der Klägerin sei weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden, sodass es bei der Entscheidung verbleiben müsse.
Den hiergegen fristgerecht erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2009 als unbegründet zurück. Eine Durchbrechung der Bindungswirkung eines bestandskräftigen VA könne im Rahmen des § 44 SGB X nur erfolgen, wenn in einem 1. Prüfungsschritt im Rahmen der Antragstellung neue Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen wurden, die für die Unrichtigkeit der ursprünglichen Entscheidung sprächen. Dies sei vorliegend bereits nicht der Fall. Der Vortrag im Widerspruch stelle keine neuen Tatsachen dar. Die Beklagte habe sich daher ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung des früheren VA berufen dürfen. Es habe daher keine Veranlassung bestanden, den zweiten Prüfungsschritt (die Feststellung, ob die neuen Tatsachen oder Erkenntnisse tatsächlich vorliegen und für die frühere Entscheidung wesentlich waren) zu durchlaufen. Nur wenn die Prüfung im zweiten Abschnitt zu dem Ergebnis führe, dass ursprünglich nicht beachtete Tatsachen oder Erkenntnisse tatsächlich vorliegen, die für die Entscheidung wesentlich waren, sei ohne Rücksicht auf die Bindungswirkung in eine neue Überprüfung des Streitstoffes in vollem Umfange einzutreten. Die Klägerin habe bis zum 26.08.2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 253,35 EUR wöchentlich bezogen. Arbeitslosenhilfe ab dem 26.09.2002 sei in Höhe von 294,35 EUR wöchentlich bewilligt worden. Allein hieraus sei für die Klägerin erkennbar gewesen, dass es sich um eine fehlerhafte Höhe der Arbeitslosenhilfe handeln muss. Der Unterschied der Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Sie habe in ihrem Antrag auf Arbeitslosenhilfe mit ihrer Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und davon Kenntnis genommen zu haben. In diesem Merkblatt werde der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe erklärt. Zwar möge aus dem Bescheid vom 27.10.2003 nicht klar ersichtlich sein, wie sich der zu Unrecht gewährte Betrag errechnet. Jedoch führe dies nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit des Bescheides und damit zur Aufhebung nach § 44 SGB X.
Hiergegen hat die Klägerin am 19.05.2009 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben. Zur Begründung nimmt dieser im wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen im Antrags- und Widerspruchsverfahren. Ergänzend führt er an, neuer Tatsachenvortrag sei sehr wohl vorgebracht worden; es sei vorgetragen worden, dass die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide nicht erkannt habe. Die Klägerin habe keine Kenntnis vom Sozialleistungssystem. Ihr sei nicht bekannt gewesen, ob die Leistungen steigen oder reduziert werden. Durch gesetzliche Änderungen käme es häufig zu Änderungen der Leistungshöhe, sodass es für die Klägerin, auch und gerade vor dem Hintergrund, dass sie im Vorfeld häufig Leistungsbescheide mit unterschiedlichen Bewilligungshöhen erhalten habe, nicht offensichtlich gewesen sei, dass zu viel Arbeitslosenhilfeleistungen bewilligt worden seien. Wenn überhaupt, so habe die Klägerin nur leicht fahrlässig gehandelt.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 27.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.10.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie verweist zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ergänzt hierzu noch, es sei allgemein bekannt, dass Arbeitslosenhilfe gegenüber dem Arbeitslosengeld in geringerer Höhe gezahlt worden sei. Die Beweislast für das Vorliegen neuer entscheidungserheblicher Tatsachen trage die Klägerseite. Die bloße Behauptung, die Klägerin habe nicht grob fahrlässig gehandelt, sei kein Beweis in diesem Sinne. Bei sorgfältiger Durchsicht des Bewilligungsbescheides vom 05.11.2002 hätte der Klägerin auffallen müssen, dass das wöchentliche Bemessungsentgelt statt 440 EUR nunmehr 865 EUR ( = 96,6 % mehr statt 11% weniger) betrug und statt 1088,10 EUR monatlich Arbeitslosengeld jetzt 1261,50 EUR monatlich Arbeitslosenhilfe – also mehr statt weniger gezahlt wurden. Die fehlerhafte Bewilligung sei damit so offensichtlich gewesen, dass das Nichterkennen einem sich grob fahrlässigen Verschließen der Erkenntnis gleichkomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 27.10.2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (hierzu unter 2.). Die Beklagte kann sich nicht auf die Bindungswirkung dieses Bescheides berufen, weil in diesem das Recht unrichtig angewandt worden ist (hierzu unter 1.).
1.) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Absatz 1 des § 44 SGB X findet auch auf Verwaltungsakte über die Rücvkforderung von Sozialleistungen Anwendung (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 19 und Nr. 24; Schütze in von Wulffen SGB X, 7.Aufl. 2010, § 44 Rn. 14; Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juli 2010, § 44 Rn. 11) Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 24; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Juli 2009, § 44 SGB X RdNr 2; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juli 2010, K § 44 RdNr 1b). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt bestandskräftig geworden ist oder gar durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51,139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29, Steinwedel, aaO, § 44 RdNr 5; Vogelgesang, aaO, K § 44 RdNr 17). Soweit sich die Beklage vermutlich in Anlehnung an die Entscheidungen des 9. und des 4. Senats des BSG (BSG v. 03.02.1988 Az.: 9/9a RV 18/86 – BSGE 63,33 = SozR 1300 § 44 Nr 33 und BSG v. 03. 04 2004 - B 4 RA 22/00 R – BSGE 88,75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20), auf ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse - Prüfung derselben, insbesondere ob sie erheblich sind - Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat - neue Entscheidung) beruft, folgt nichts Anderes. Denn dabei darf nicht übersehen werden, dass § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten der Klägerin zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (ebenso BSG SozR 3-2600 § 243 Nr 8 S 28 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 23 S 119; BSG Urt. v. 05.09.2006 Az.: B 2 U 24/05 R; Steinwedel, aaO, § 44 RdNr 43). Das Gericht weicht daher von den Entscheidungen des 9. und des 4. Senats nicht ab, wenn es, wie im vorliegenden Fall, in dem der Verwaltungsakt schon aus rein rechtlichen Gründen keinen Bestand haben kann, diesen Verwaltungsakt aufhebt. Die Frage, ob die Klägerin neue entscheidungserhebliche Tatsachen vorgebracht hat, kann deshalb dahinstehen. Vorliegend hat sich die Klägerin nicht auf die Behauptung neuer Tatsachen beschränkt. Sie hat eine umfassende Überprüfung beantragt und diese rechtliche Überprüfung führt zu dem Ergebnis, dass eine falsche Rechtsanwendung vorliegt.
2.) Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 27.10.2003 ist rechtwidrig.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung war vorliegend § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III, da die bewilligte Höhe der Arbeitslosenhilfe wegen fehlerhaftem Handeln der Beklagten bezüglich der korrekten Feststellung des Bemessungsentgelts unstreitig von Anfang an rechtwidrig, nämlich zu hoch war. Ob insoweit die besonderen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X, also Kenntnis der Klägerin bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtwidrigkeit vorlagen, kann hier dahin stehen (würde aber im Falle der Entscheidungserheblichkeit seitens des Gerichts erheblich bezweifelt, soweit die Beklagte im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung Offensichtlichkeit des Fehlers und deshalb Kennenmüssen bei der Klägerin voraussetzt, die eigenen geschulten und tagtäglich mit der Materie befassten Mitarbeiter der Beklagten den Berechnungsfehler auch bei der Änderungsbewilligung nicht erkannt haben). Der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist nämlich bereits deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil er den allgemeinen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Verwaltungsakte nicht genügt. Er ist in mehreren Gesichtpunkten inhaltlich zu unbestimmt und verstößt damit gegen § 33 SGB X. Dabei ist zwischen der im vorliegenden Fall auf § 45 Abs. 1 SGB X gestützten Entscheidung über die Rücknahme vorausgegangener Leistungsbewilligungen einerseits (dazu unter b) und der Erstattung der danach überzahlten Leistungen auf der Grundlage von § 50 SGB X i.V.m. § 335 SGB III (dazu unter a) zu differenzieren. a) Soweit die Beklagte der Klägerin innerhalb der Begründung ihres Bescheides vom 27.10.2003 hinsichtlich einer Überzahlung bewilligter Arbeitslosenhilfe in Höhe von 5.231,60 EUR mitgeteilt hat, dass dieser Betrag von ihr zu zahlen sei, bestehen gegen die Bestimmtheit dieser Regelung keine durchgreifenden Bedenken. Das Gericht folgt insoweit einer in der Literatur vertretenen Meinung, dass es bei Erstattungsforderungen nicht zu den essentiellen Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten gehört, den zurückgeforderten Betrag aufzuschlüsseln, sich eine plausible Herleitung vielmehr insoweit lediglich als wesentliches Kriterium für die Erfüllung des Begründungserfordernisses gem. § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X darstellt (dazu unter c) (so Krasney in Kasseler Kommentar, § 33 SGB X Rdnr. 7 unter Hinweis auf BSG, Beschluss v. 22.07.19999 – Az.: B 11 AL 91/99 B; LSG NSB, Urteil v. 16.12.2009, L 9 AS 477/08; aA im Ansatz wohl Stelkens - Bonk - Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008 § 37 Rdnr. 30 allgemein zu Geldleistungsbescheiden). Unschädlich ist insoweit auch, dass die Beklagte ihre Erstattungsforderung in den Gründen des Bescheides vom 27.10.2003 und nicht in dessen vorangestelltem Verfügungssatz positioniert hat; denn bei der Auslegung des Regelungsgehalts von Verwaltungsakten sind neben dem Verfügungssatz - insbesondere etwa bei dessen vollständigem Fehlen - die Gründe ohne weiteres mit heranzuziehen. b) Nicht den Anforderungen des § 33 SGB X an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten genügt indessen die auf § 45 Abs. 1 und Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X gestützte Entscheidung der Beklagten über die teilweise Rücknahme ihrer früheren Leistungsbewilligung, weil der jeweils aufzuhebende Bewilligungsbescheid und seine bereits erfolgten Änderungen nicht unverwechselbar bezeichnet sind (aa) und eine Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrages nicht dem Bestimmtheitsgebot entspricht (bb). Die nach § 41 SGB X von der Möglichkeit einer Heilung ausgenommene Rechtswidrigkeit (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X,7.Auf. 2010 § 33 Rdnr. 10 m.w.N.) führt damit nicht bloß zu ihrer Aufhebung durch das Gericht, sondern entzieht auf diesem Wege zugleich der Erstattungsforderung die Grundlage, da die aufgehobenen Bewilligungsbescheide nach der gerichtlichen Kassation der Rücknahmeentscheidung weiterhin wirksam bleiben und damit die Voraussetzung der Rechtsgrundlosigkeit der erbrachten Leistungen in den Tatbeständen von § 50 Abs. 1 und 2 SGB X i.V.m. § 335 SGB III nicht mehr erfüllt wird. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Hierbei handelt es sich um eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung (vgl. Lorenz, in: FS zum 25jährigen Bestehen des BSG, 1979, S. 933) und um eine Ausprägung des aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Rechtsstaatsprinzips, das der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit dient. Zur hinreichenden Bestimmtheit muss eine behördliche Entscheidung so eindeutig formuliert sein, dass sich ohne Rückfrage ergibt, wer Adressat der Entscheidung ist, welcher Sachverhalt geregelt wird und was dem Adressaten zugebilligt bzw. was ihm auferlegt wird (Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 2. Aufl. 2010, § 33 Rn. 2). Welche weiteren Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes zu stellen sind, richtet sich nach dem materiellen Recht, auf welchem sein Erlass beruht (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 33 Rdnr. 3 unter Hinweis auf BVerwG 123,261; Krasney in Kasseler Kommentar, 62. Ergänzung 2009, § 33 SGB X Rdnr. 5). In diesem Sinne muss ein Aufhebungsbescheid, um inhaltlich hinreichend bestimmt zu sein, klar erkennen lassen, welcher Verwaltungsakt, insbesondere welcher Verfügungssatz ab wann und in welchem Umfang, aufgehoben werden soll. Gegenstand (Objekt) einer Rücknahmeentscheidung auf der Grundlage von § 45 Abs. 1 und 2 SGB X ist ein bestimmter Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die Rücknahme dient nach § 39 Abs. 2 SGB X der Durchbrechung seiner individuellen, mit der Bekanntgabe (§ 39 Abs. 1 SGB X) eingetretenen Wirksamkeit, wobei diese nach ausdrücklicher Bestimmung des § 39 Abs. 2 SGB X ("soweit") durch Rücknahme, Widerruf oder Aufhebung entweder vollständig oder auch nur teilweise beseitigt werden kann. § 45 Abs. 1 SGB X differenziert dabei als mögliche Rechtsfolge der Rücknahme zudem zwischen einer solchen für die Zukunft oder die Vergangenheit. Als gesetzlich vorgesehener Regelungsgegenstand jeder Rücknahmeentscheidung muss hiernach der Verwaltungsakt, auf den sich diese beziehen soll, eindeutig individualisiert werden; sodann muss die Rücknahme erkennen lassen, von welcher der ihr nach §§ 39 Abs. 1,45 Abs. 1 SGB X zu Gebote stehenden Handlungsalternativen (Rücknahme ganz oder teilweise, für die Zukunft oder die Vergangenheit) die Behörde im konkreten Einzelfall Gebrauch macht und in welcher Weise sie bei einer den Verwaltungsakt nicht vollständig und für seine gesamte Geltungsdauer erfassenden Aufhebung diese beschränken will. Bei Rücknahmeentscheidungen, welche die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB III betreffen, ist - als deren Umkehrung - weiterhin auf den notwendigen Regelungsgehalt von Bewilligungsentscheidungen nach dem SGB III Rücksicht zu nehmen. Die Rücknahme darf nämlich nicht dazu führen, dass als Ergebnis einer nur anteiligen Beseitigung eine Teilbewilligung verbleibt, deren eigene Übereinstimmung mit den formalen Anforderungen des Leistungsrechts unter Verstoß gegen § 33 SGB X auf Dauer unklar bleibt. Die Rücknahme von Arbeitslosenhilfebewilligungen nach dem SGB III erfordert es danach zunächst, den jeweils aufzuhebenden Bewilligungsbescheid und seine bereits erfolgten Änderungen unverwechselbar zu bezeichnen, was in der Regel neben der Benennung seines Datums auch die Kennzeichnung seines Regelungsgegenstandes nach dem bewilligtem Betrag und dem Bewilligungszeitraum erfordert (dazu gleich unter aa) (BSG Urt. v. 02.06.2004 B 7 AL 58/03 R m.w.N.). Zudem muss die Aufhebung erkennbar machen, ob die Aufhebung alle von dem jeweiligen Bewilligungsbescheid und seinen Änderungen geregelten Bezugsmonate betrifft oder sich auf einzelne Teilzeiträume beschränkt, die dann zu benennen sind. Entsprechendes gilt hinsichtlich einer betragsmäßig vollständigen oder lediglich anteiligen Rücknahme (dazu gleich unter bb). aa) Die von der Beklagten im Verfügungssatz ihres Bescheides vom 27.10.2003 ausgesprochene Rücknahmeentscheidung entspricht diesen Anforderungen im Ergebnis nicht. Sie begegnet bereits deshalb durchgreifenden Bedenken, weil sie den oder die von der Rücknahme betroffenen Bewilligungsbescheid(e) nicht bezeichnet. Lediglich aus der zeitlichen Begrenzung des Rücknahme- und Erstattungszeitraums in seiner Gesamtheit könnte indirekt auf die Zahl und die Identität der von der Rücknahme erfassten Verwaltungsakte geschlossen werden. Die erforderliche Klarheit der Regelung ergäbe sich hierbei jedoch allenfalls aufgrund einer ergänzenden Heranziehung der Leistungsakten oder eines ggf. auf Adressatenseite geführten Vorgangs, während es das Bestimmtheitsgebot grundsätzlich erfordert, dass die von einem Verwaltungsakt ausgehende Regelungswirkung diesem bei verständiger Auslegung ohne weitere Hilfsmittel zu entnehmen ist. Gerade bei einem Rücknahme- oder Aufhebungsbescheid, mit welchem frühere begünstigende Leistungsgewährungen beseitigt werden, ist an diesem Erfordernis festzuhalten, weil nur durch seine Einhaltung ein übereinstimmendes Verständnis der Regelung durch die erlassende Behörde und den Adressaten sichergestellt und eine wirksame gerichtliche Kontrolle ermöglicht wird. Wäre es nämlich zulässig, die von einer Rücknahmeentscheidung betroffenen Bewilligungsbescheide durch die bloße Benennung eines Rücknahmezeitraums wirksam und damit per se vollständig und richtig zu erfassen, dann wäre die erlassende Behörde ihrerseits jeder Notwendigkeit enthoben, sich vor Erlass des Rücknahmebescheides überhaupt Gewissheit über Zahl und Inhalt der von ihr getroffenen Regelungen zu verschaffen, während es dem Adressaten und den ggf. von ihm angerufenen Gerichten zufiele, sich Kenntnis über die Aufeinanderfolge der ergangenen Bewilligungsbescheide zu verschaffen und auf dieser Grundlage zu unterstellen, dass die Behörde das danach Zutreffende gewollt und geregelt habe. Dass hiervon tatsächlich nicht ausgegangen werden kann, belegt nicht zuletzt der Umstand, dass die Beklagte konkretisierend im Widerspruchsbescheid vom 23.04.2009, der hier ergänzend zur Auslegung der Rücknahmeentscheidung herangezogen wird, lediglich einen Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 26.09.2003 vom 05.11.2002 benennt, es aber ausweislich der in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Zahlungsnachweise auch noch einen Änderungsbewilligungsbescheid betreffend den Rückforderungszeitraum mit Datum vom 13.01.2003 gegeben haben muss. Zur Bewirkung der teilweisen Rechtsgrundlosigkeit aller bis zum 25.09.2003 gewährten Zahlungen hätte es also zusätzlich einer (anteiligen) Aufhebung zumindest auch des Änderungsbewilligungsbescheides vom 13.01.2003 bedurft. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass sie mehrere Bewilligungsbescheide mit unterschiedlichen Leistungshöhen erhalten hat. Eine exakte Prüfung, ob und welche Bescheide die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe in unzutreffender Höhe betreffen, bleibt dem Gericht verwehrt, weil die Bewilligungsbescheide der Beklagten bis zum Jahr 2005 systembedingt nicht gespeichert wurden und keinen Eingang in die Verwaltungsakte gefunden haben. bb) Die Rücknahmeentscheidung lässt schließlich unter Verstoß gegen das durch Rückgriff auf §§ 39 Abs.1, 45 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X auszufüllende Bestimmtheitsgebot vollständig offen, in welcher jeweiligen Höhe die Wirksamkeit der Bewilligung(en) hat beseitigt werden sollen, die zum Zeitpunkt der Rücknahme für die Leistungshöhe in dem streitbefangenen Zeitraum noch bestimmend gewesen sind. Insofern ist bei betragsmäßig nicht vollständiger Beseitigung eine wochen- bzw. tagesgenaue Rücknahme erforderlich (vgl. BSG Urt. v. 02.06.2004, Az.: B 7 AL 58/03 R, BSGE 93,51 = SozR 4-4100 § 115 Nr. 1 und Urt. v. 15. August 2002, Az.: B 7 AL 66/01 R, SozR 3-1500, § 128 Nr. 15). Die Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrags ohne Konkretisierung dieses Betrags für die einzelnen Wochen genügt dem Bestimmtheitsgebot nicht. Soweit aus der Verwaltungsakte der Beklagten ersichtlich, war dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid auch kein erläuternder Anhang beigefügt, aus dem sich die entsprechenden Teilbeträge aufgeschlüsselt und entsprechend rechnerisch nachvollziehbar ergeben. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23.04.2009 enthält ebenfalls keine nähere Konkretisierung. c) Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Bescheid die in § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X geregelten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung erfüllt. Dagegen spricht, dass für die Klägerin – wie unter bb) bereits ausgeführt auch unter Heranziehung des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 nicht erkennbar ist, wie die Beklagte den Erstattungsbetrag errechnet hat und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sie hierbei ausgegangen ist. Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten und in der Folge ihre Erstattungsforderung sind deshalb rechtswidrig und aufzuheben
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines bestandkräftig gewordenen Rücknahme- und Erstattungsbescheides, mit dem zuviel gezahlte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 5.231,60 EUR von ihr zurück gefordert wurde.
Die Klägerin hatte bis zur Ausschöpfung des Anspruchs am 26.08.2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 253,89 EUR wöchentlich (auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von 510,00 EUR) bezogen. Eine beabsichtigte Arbeitsaufnahme bei der Firma R. ab dem 27.08.2002 kam wegen einer Erkrankung der Klägerin nicht zustande. Die Beklagte bewilligte daher auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin vom 19.09.2002 Arbeitslosenhilfe ab 26.09.2002 in Höhe von 294,35 EUR wöchentlich (auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts in Höhe von 865,00 EUR). Zum 01.01.2003 änderte die Beklagte den Leistungsbetrag auf 291,90 EUR wöchentlich (auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts in Höhe von 865,00 EUR). Der Bewilligungsabschnitt endete am 25.09.2003. Die entsprechenden Bewilligungs- und Änderungsbescheide sind nicht in der Akte der Beklagten enthalten und können von ihr aus systembedingten Gründen auch nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Grundlage für die genannten Zahlen sind allein die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Zahlungsnachweise.
Nach einer entsprechenden Anhörung der Klägerin nahm die Beklagte "die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 26.09.2002 bis 25.09.2003" mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 27.10.2003 teilweise zurück und forderte von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.231,60 EUR erstattet. Bis auf weiteres werde zur Tilgung der Überzahlung ein Betrag von 20,00 EUR monatlich gegen ihre laufenden Leistungen aufgerechnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, durch einen Berechnungsfehler seien die der Leistung zugrunde liegenden Berechnungsdaten nicht von DM-Beträgen in Euro-Beträge umgerechnet worden. Hierdurch sei Arbeitslosenhilfe in fast doppelter Höhe bewilligt worden. Die Klägerin habe die Überzahlung zwar nicht verursacht, sie habe jedoch aufgrund der Höhe der bewilligten Leistung mit einfachsten und ganz nahe liegenden Überlegungen erkennen können, dass ihr Arbeitslosenhilfe in dieser Höhe nicht zustünde, denn die ihr bewilligte Arbeitslosenhilfe könne nicht höher sein, als das zuvor bezogene Arbeitslosengeld. Sofern sie ihren Fehler nicht erkannt habe, weil sie das ihr ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose bzw. das ergänzende Merkblatt für Arbeitslosenhilfe nicht gelesen habe, so sei dies als grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zu werten.
Hiergegen erhob die Klägerin keinen Widerspruch. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 19.01.2009 stellte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten einen Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 27.10.2003 gemäß § 44 SGB X. Aus dem Bescheid sei nicht zu erkennen, weshalb in welcher Höhe Leistungen in zu großer Höhe bewilligt worden seien. Auch unter Einbezug des Anhörungsschreibens könne der Erstattungsbetrag in Höhe von 5.231,80 EUR nicht nachvollzogen werden. Der Bescheid sei daher schon aus formalen Gründen rechtswidrig. Unabhängig davon sei der Klägerin der Unterschied zwischen Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld nicht klar gewesen. Insbesondere sei ihr nicht bekannt gewesen, dass Arbeitslosenhilfe geringer ausfalle. Die Klägerin sei bei Bezug der Leistungen nicht davon ausgegangen, dass sie zu viel Arbeitslosenhilfe erhalten habe, da sie zuvor Arbeitslosengeld in Höhe von 1.051 EUR monatlich und 1.251 EUR monatlich erhalten habe und sodann im Oktober Arbeitslosenhilfe in Höhe von 827,39 EUR sowie im November in Höhe von 1.261,50 EUR.
Mit Bescheid vom 27.03.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 27.10.2003 ab. Der Bescheid sei nicht zu beanstanden. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X könne ein Verwaltungsakt (VA), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur dann mit Wirkung für die Vergangenheit zurück genommen werden, wenn sich im Einzelfall ergäbe, dass bei Erlass des VA das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise. Im Fall der Klägerin sei weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden, sodass es bei der Entscheidung verbleiben müsse.
Den hiergegen fristgerecht erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2009 als unbegründet zurück. Eine Durchbrechung der Bindungswirkung eines bestandskräftigen VA könne im Rahmen des § 44 SGB X nur erfolgen, wenn in einem 1. Prüfungsschritt im Rahmen der Antragstellung neue Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen wurden, die für die Unrichtigkeit der ursprünglichen Entscheidung sprächen. Dies sei vorliegend bereits nicht der Fall. Der Vortrag im Widerspruch stelle keine neuen Tatsachen dar. Die Beklagte habe sich daher ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung des früheren VA berufen dürfen. Es habe daher keine Veranlassung bestanden, den zweiten Prüfungsschritt (die Feststellung, ob die neuen Tatsachen oder Erkenntnisse tatsächlich vorliegen und für die frühere Entscheidung wesentlich waren) zu durchlaufen. Nur wenn die Prüfung im zweiten Abschnitt zu dem Ergebnis führe, dass ursprünglich nicht beachtete Tatsachen oder Erkenntnisse tatsächlich vorliegen, die für die Entscheidung wesentlich waren, sei ohne Rücksicht auf die Bindungswirkung in eine neue Überprüfung des Streitstoffes in vollem Umfange einzutreten. Die Klägerin habe bis zum 26.08.2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 253,35 EUR wöchentlich bezogen. Arbeitslosenhilfe ab dem 26.09.2002 sei in Höhe von 294,35 EUR wöchentlich bewilligt worden. Allein hieraus sei für die Klägerin erkennbar gewesen, dass es sich um eine fehlerhafte Höhe der Arbeitslosenhilfe handeln muss. Der Unterschied der Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Sie habe in ihrem Antrag auf Arbeitslosenhilfe mit ihrer Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und davon Kenntnis genommen zu haben. In diesem Merkblatt werde der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe erklärt. Zwar möge aus dem Bescheid vom 27.10.2003 nicht klar ersichtlich sein, wie sich der zu Unrecht gewährte Betrag errechnet. Jedoch führe dies nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit des Bescheides und damit zur Aufhebung nach § 44 SGB X.
Hiergegen hat die Klägerin am 19.05.2009 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben. Zur Begründung nimmt dieser im wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen im Antrags- und Widerspruchsverfahren. Ergänzend führt er an, neuer Tatsachenvortrag sei sehr wohl vorgebracht worden; es sei vorgetragen worden, dass die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide nicht erkannt habe. Die Klägerin habe keine Kenntnis vom Sozialleistungssystem. Ihr sei nicht bekannt gewesen, ob die Leistungen steigen oder reduziert werden. Durch gesetzliche Änderungen käme es häufig zu Änderungen der Leistungshöhe, sodass es für die Klägerin, auch und gerade vor dem Hintergrund, dass sie im Vorfeld häufig Leistungsbescheide mit unterschiedlichen Bewilligungshöhen erhalten habe, nicht offensichtlich gewesen sei, dass zu viel Arbeitslosenhilfeleistungen bewilligt worden seien. Wenn überhaupt, so habe die Klägerin nur leicht fahrlässig gehandelt.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 27.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.10.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie verweist zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ergänzt hierzu noch, es sei allgemein bekannt, dass Arbeitslosenhilfe gegenüber dem Arbeitslosengeld in geringerer Höhe gezahlt worden sei. Die Beweislast für das Vorliegen neuer entscheidungserheblicher Tatsachen trage die Klägerseite. Die bloße Behauptung, die Klägerin habe nicht grob fahrlässig gehandelt, sei kein Beweis in diesem Sinne. Bei sorgfältiger Durchsicht des Bewilligungsbescheides vom 05.11.2002 hätte der Klägerin auffallen müssen, dass das wöchentliche Bemessungsentgelt statt 440 EUR nunmehr 865 EUR ( = 96,6 % mehr statt 11% weniger) betrug und statt 1088,10 EUR monatlich Arbeitslosengeld jetzt 1261,50 EUR monatlich Arbeitslosenhilfe – also mehr statt weniger gezahlt wurden. Die fehlerhafte Bewilligung sei damit so offensichtlich gewesen, dass das Nichterkennen einem sich grob fahrlässigen Verschließen der Erkenntnis gleichkomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 27.10.2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (hierzu unter 2.). Die Beklagte kann sich nicht auf die Bindungswirkung dieses Bescheides berufen, weil in diesem das Recht unrichtig angewandt worden ist (hierzu unter 1.).
1.) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Absatz 1 des § 44 SGB X findet auch auf Verwaltungsakte über die Rücvkforderung von Sozialleistungen Anwendung (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 19 und Nr. 24; Schütze in von Wulffen SGB X, 7.Aufl. 2010, § 44 Rn. 14; Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juli 2010, § 44 Rn. 11) Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 24; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Juli 2009, § 44 SGB X RdNr 2; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juli 2010, K § 44 RdNr 1b). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt bestandskräftig geworden ist oder gar durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51,139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29, Steinwedel, aaO, § 44 RdNr 5; Vogelgesang, aaO, K § 44 RdNr 17). Soweit sich die Beklage vermutlich in Anlehnung an die Entscheidungen des 9. und des 4. Senats des BSG (BSG v. 03.02.1988 Az.: 9/9a RV 18/86 – BSGE 63,33 = SozR 1300 § 44 Nr 33 und BSG v. 03. 04 2004 - B 4 RA 22/00 R – BSGE 88,75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20), auf ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse - Prüfung derselben, insbesondere ob sie erheblich sind - Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat - neue Entscheidung) beruft, folgt nichts Anderes. Denn dabei darf nicht übersehen werden, dass § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten der Klägerin zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (ebenso BSG SozR 3-2600 § 243 Nr 8 S 28 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 23 S 119; BSG Urt. v. 05.09.2006 Az.: B 2 U 24/05 R; Steinwedel, aaO, § 44 RdNr 43). Das Gericht weicht daher von den Entscheidungen des 9. und des 4. Senats nicht ab, wenn es, wie im vorliegenden Fall, in dem der Verwaltungsakt schon aus rein rechtlichen Gründen keinen Bestand haben kann, diesen Verwaltungsakt aufhebt. Die Frage, ob die Klägerin neue entscheidungserhebliche Tatsachen vorgebracht hat, kann deshalb dahinstehen. Vorliegend hat sich die Klägerin nicht auf die Behauptung neuer Tatsachen beschränkt. Sie hat eine umfassende Überprüfung beantragt und diese rechtliche Überprüfung führt zu dem Ergebnis, dass eine falsche Rechtsanwendung vorliegt.
2.) Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 27.10.2003 ist rechtwidrig.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung war vorliegend § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III, da die bewilligte Höhe der Arbeitslosenhilfe wegen fehlerhaftem Handeln der Beklagten bezüglich der korrekten Feststellung des Bemessungsentgelts unstreitig von Anfang an rechtwidrig, nämlich zu hoch war. Ob insoweit die besonderen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X, also Kenntnis der Klägerin bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtwidrigkeit vorlagen, kann hier dahin stehen (würde aber im Falle der Entscheidungserheblichkeit seitens des Gerichts erheblich bezweifelt, soweit die Beklagte im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung Offensichtlichkeit des Fehlers und deshalb Kennenmüssen bei der Klägerin voraussetzt, die eigenen geschulten und tagtäglich mit der Materie befassten Mitarbeiter der Beklagten den Berechnungsfehler auch bei der Änderungsbewilligung nicht erkannt haben). Der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist nämlich bereits deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil er den allgemeinen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Verwaltungsakte nicht genügt. Er ist in mehreren Gesichtpunkten inhaltlich zu unbestimmt und verstößt damit gegen § 33 SGB X. Dabei ist zwischen der im vorliegenden Fall auf § 45 Abs. 1 SGB X gestützten Entscheidung über die Rücknahme vorausgegangener Leistungsbewilligungen einerseits (dazu unter b) und der Erstattung der danach überzahlten Leistungen auf der Grundlage von § 50 SGB X i.V.m. § 335 SGB III (dazu unter a) zu differenzieren. a) Soweit die Beklagte der Klägerin innerhalb der Begründung ihres Bescheides vom 27.10.2003 hinsichtlich einer Überzahlung bewilligter Arbeitslosenhilfe in Höhe von 5.231,60 EUR mitgeteilt hat, dass dieser Betrag von ihr zu zahlen sei, bestehen gegen die Bestimmtheit dieser Regelung keine durchgreifenden Bedenken. Das Gericht folgt insoweit einer in der Literatur vertretenen Meinung, dass es bei Erstattungsforderungen nicht zu den essentiellen Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten gehört, den zurückgeforderten Betrag aufzuschlüsseln, sich eine plausible Herleitung vielmehr insoweit lediglich als wesentliches Kriterium für die Erfüllung des Begründungserfordernisses gem. § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X darstellt (dazu unter c) (so Krasney in Kasseler Kommentar, § 33 SGB X Rdnr. 7 unter Hinweis auf BSG, Beschluss v. 22.07.19999 – Az.: B 11 AL 91/99 B; LSG NSB, Urteil v. 16.12.2009, L 9 AS 477/08; aA im Ansatz wohl Stelkens - Bonk - Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008 § 37 Rdnr. 30 allgemein zu Geldleistungsbescheiden). Unschädlich ist insoweit auch, dass die Beklagte ihre Erstattungsforderung in den Gründen des Bescheides vom 27.10.2003 und nicht in dessen vorangestelltem Verfügungssatz positioniert hat; denn bei der Auslegung des Regelungsgehalts von Verwaltungsakten sind neben dem Verfügungssatz - insbesondere etwa bei dessen vollständigem Fehlen - die Gründe ohne weiteres mit heranzuziehen. b) Nicht den Anforderungen des § 33 SGB X an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten genügt indessen die auf § 45 Abs. 1 und Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X gestützte Entscheidung der Beklagten über die teilweise Rücknahme ihrer früheren Leistungsbewilligung, weil der jeweils aufzuhebende Bewilligungsbescheid und seine bereits erfolgten Änderungen nicht unverwechselbar bezeichnet sind (aa) und eine Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrages nicht dem Bestimmtheitsgebot entspricht (bb). Die nach § 41 SGB X von der Möglichkeit einer Heilung ausgenommene Rechtswidrigkeit (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X,7.Auf. 2010 § 33 Rdnr. 10 m.w.N.) führt damit nicht bloß zu ihrer Aufhebung durch das Gericht, sondern entzieht auf diesem Wege zugleich der Erstattungsforderung die Grundlage, da die aufgehobenen Bewilligungsbescheide nach der gerichtlichen Kassation der Rücknahmeentscheidung weiterhin wirksam bleiben und damit die Voraussetzung der Rechtsgrundlosigkeit der erbrachten Leistungen in den Tatbeständen von § 50 Abs. 1 und 2 SGB X i.V.m. § 335 SGB III nicht mehr erfüllt wird. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Hierbei handelt es sich um eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung (vgl. Lorenz, in: FS zum 25jährigen Bestehen des BSG, 1979, S. 933) und um eine Ausprägung des aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Rechtsstaatsprinzips, das der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit dient. Zur hinreichenden Bestimmtheit muss eine behördliche Entscheidung so eindeutig formuliert sein, dass sich ohne Rückfrage ergibt, wer Adressat der Entscheidung ist, welcher Sachverhalt geregelt wird und was dem Adressaten zugebilligt bzw. was ihm auferlegt wird (Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 2. Aufl. 2010, § 33 Rn. 2). Welche weiteren Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes zu stellen sind, richtet sich nach dem materiellen Recht, auf welchem sein Erlass beruht (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 33 Rdnr. 3 unter Hinweis auf BVerwG 123,261; Krasney in Kasseler Kommentar, 62. Ergänzung 2009, § 33 SGB X Rdnr. 5). In diesem Sinne muss ein Aufhebungsbescheid, um inhaltlich hinreichend bestimmt zu sein, klar erkennen lassen, welcher Verwaltungsakt, insbesondere welcher Verfügungssatz ab wann und in welchem Umfang, aufgehoben werden soll. Gegenstand (Objekt) einer Rücknahmeentscheidung auf der Grundlage von § 45 Abs. 1 und 2 SGB X ist ein bestimmter Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die Rücknahme dient nach § 39 Abs. 2 SGB X der Durchbrechung seiner individuellen, mit der Bekanntgabe (§ 39 Abs. 1 SGB X) eingetretenen Wirksamkeit, wobei diese nach ausdrücklicher Bestimmung des § 39 Abs. 2 SGB X ("soweit") durch Rücknahme, Widerruf oder Aufhebung entweder vollständig oder auch nur teilweise beseitigt werden kann. § 45 Abs. 1 SGB X differenziert dabei als mögliche Rechtsfolge der Rücknahme zudem zwischen einer solchen für die Zukunft oder die Vergangenheit. Als gesetzlich vorgesehener Regelungsgegenstand jeder Rücknahmeentscheidung muss hiernach der Verwaltungsakt, auf den sich diese beziehen soll, eindeutig individualisiert werden; sodann muss die Rücknahme erkennen lassen, von welcher der ihr nach §§ 39 Abs. 1,45 Abs. 1 SGB X zu Gebote stehenden Handlungsalternativen (Rücknahme ganz oder teilweise, für die Zukunft oder die Vergangenheit) die Behörde im konkreten Einzelfall Gebrauch macht und in welcher Weise sie bei einer den Verwaltungsakt nicht vollständig und für seine gesamte Geltungsdauer erfassenden Aufhebung diese beschränken will. Bei Rücknahmeentscheidungen, welche die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB III betreffen, ist - als deren Umkehrung - weiterhin auf den notwendigen Regelungsgehalt von Bewilligungsentscheidungen nach dem SGB III Rücksicht zu nehmen. Die Rücknahme darf nämlich nicht dazu führen, dass als Ergebnis einer nur anteiligen Beseitigung eine Teilbewilligung verbleibt, deren eigene Übereinstimmung mit den formalen Anforderungen des Leistungsrechts unter Verstoß gegen § 33 SGB X auf Dauer unklar bleibt. Die Rücknahme von Arbeitslosenhilfebewilligungen nach dem SGB III erfordert es danach zunächst, den jeweils aufzuhebenden Bewilligungsbescheid und seine bereits erfolgten Änderungen unverwechselbar zu bezeichnen, was in der Regel neben der Benennung seines Datums auch die Kennzeichnung seines Regelungsgegenstandes nach dem bewilligtem Betrag und dem Bewilligungszeitraum erfordert (dazu gleich unter aa) (BSG Urt. v. 02.06.2004 B 7 AL 58/03 R m.w.N.). Zudem muss die Aufhebung erkennbar machen, ob die Aufhebung alle von dem jeweiligen Bewilligungsbescheid und seinen Änderungen geregelten Bezugsmonate betrifft oder sich auf einzelne Teilzeiträume beschränkt, die dann zu benennen sind. Entsprechendes gilt hinsichtlich einer betragsmäßig vollständigen oder lediglich anteiligen Rücknahme (dazu gleich unter bb). aa) Die von der Beklagten im Verfügungssatz ihres Bescheides vom 27.10.2003 ausgesprochene Rücknahmeentscheidung entspricht diesen Anforderungen im Ergebnis nicht. Sie begegnet bereits deshalb durchgreifenden Bedenken, weil sie den oder die von der Rücknahme betroffenen Bewilligungsbescheid(e) nicht bezeichnet. Lediglich aus der zeitlichen Begrenzung des Rücknahme- und Erstattungszeitraums in seiner Gesamtheit könnte indirekt auf die Zahl und die Identität der von der Rücknahme erfassten Verwaltungsakte geschlossen werden. Die erforderliche Klarheit der Regelung ergäbe sich hierbei jedoch allenfalls aufgrund einer ergänzenden Heranziehung der Leistungsakten oder eines ggf. auf Adressatenseite geführten Vorgangs, während es das Bestimmtheitsgebot grundsätzlich erfordert, dass die von einem Verwaltungsakt ausgehende Regelungswirkung diesem bei verständiger Auslegung ohne weitere Hilfsmittel zu entnehmen ist. Gerade bei einem Rücknahme- oder Aufhebungsbescheid, mit welchem frühere begünstigende Leistungsgewährungen beseitigt werden, ist an diesem Erfordernis festzuhalten, weil nur durch seine Einhaltung ein übereinstimmendes Verständnis der Regelung durch die erlassende Behörde und den Adressaten sichergestellt und eine wirksame gerichtliche Kontrolle ermöglicht wird. Wäre es nämlich zulässig, die von einer Rücknahmeentscheidung betroffenen Bewilligungsbescheide durch die bloße Benennung eines Rücknahmezeitraums wirksam und damit per se vollständig und richtig zu erfassen, dann wäre die erlassende Behörde ihrerseits jeder Notwendigkeit enthoben, sich vor Erlass des Rücknahmebescheides überhaupt Gewissheit über Zahl und Inhalt der von ihr getroffenen Regelungen zu verschaffen, während es dem Adressaten und den ggf. von ihm angerufenen Gerichten zufiele, sich Kenntnis über die Aufeinanderfolge der ergangenen Bewilligungsbescheide zu verschaffen und auf dieser Grundlage zu unterstellen, dass die Behörde das danach Zutreffende gewollt und geregelt habe. Dass hiervon tatsächlich nicht ausgegangen werden kann, belegt nicht zuletzt der Umstand, dass die Beklagte konkretisierend im Widerspruchsbescheid vom 23.04.2009, der hier ergänzend zur Auslegung der Rücknahmeentscheidung herangezogen wird, lediglich einen Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 26.09.2003 vom 05.11.2002 benennt, es aber ausweislich der in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Zahlungsnachweise auch noch einen Änderungsbewilligungsbescheid betreffend den Rückforderungszeitraum mit Datum vom 13.01.2003 gegeben haben muss. Zur Bewirkung der teilweisen Rechtsgrundlosigkeit aller bis zum 25.09.2003 gewährten Zahlungen hätte es also zusätzlich einer (anteiligen) Aufhebung zumindest auch des Änderungsbewilligungsbescheides vom 13.01.2003 bedurft. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass sie mehrere Bewilligungsbescheide mit unterschiedlichen Leistungshöhen erhalten hat. Eine exakte Prüfung, ob und welche Bescheide die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe in unzutreffender Höhe betreffen, bleibt dem Gericht verwehrt, weil die Bewilligungsbescheide der Beklagten bis zum Jahr 2005 systembedingt nicht gespeichert wurden und keinen Eingang in die Verwaltungsakte gefunden haben. bb) Die Rücknahmeentscheidung lässt schließlich unter Verstoß gegen das durch Rückgriff auf §§ 39 Abs.1, 45 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X auszufüllende Bestimmtheitsgebot vollständig offen, in welcher jeweiligen Höhe die Wirksamkeit der Bewilligung(en) hat beseitigt werden sollen, die zum Zeitpunkt der Rücknahme für die Leistungshöhe in dem streitbefangenen Zeitraum noch bestimmend gewesen sind. Insofern ist bei betragsmäßig nicht vollständiger Beseitigung eine wochen- bzw. tagesgenaue Rücknahme erforderlich (vgl. BSG Urt. v. 02.06.2004, Az.: B 7 AL 58/03 R, BSGE 93,51 = SozR 4-4100 § 115 Nr. 1 und Urt. v. 15. August 2002, Az.: B 7 AL 66/01 R, SozR 3-1500, § 128 Nr. 15). Die Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrags ohne Konkretisierung dieses Betrags für die einzelnen Wochen genügt dem Bestimmtheitsgebot nicht. Soweit aus der Verwaltungsakte der Beklagten ersichtlich, war dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid auch kein erläuternder Anhang beigefügt, aus dem sich die entsprechenden Teilbeträge aufgeschlüsselt und entsprechend rechnerisch nachvollziehbar ergeben. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23.04.2009 enthält ebenfalls keine nähere Konkretisierung. c) Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Bescheid die in § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X geregelten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung erfüllt. Dagegen spricht, dass für die Klägerin – wie unter bb) bereits ausgeführt auch unter Heranziehung des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2009 nicht erkennbar ist, wie die Beklagte den Erstattungsbetrag errechnet hat und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sie hierbei ausgegangen ist. Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten und in der Folge ihre Erstattungsforderung sind deshalb rechtswidrig und aufzuheben
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Rechtskraft
Aus
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