L 11 AS 260/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 218/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 260/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss statt als Darlehen
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.06.2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.




Tatbestand:


Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 17.03.2005 bis 31.08.2005 in Form eines Zuschusses anstatt eines Darlehen.

Der 1956 geborene Kläger bezog vom 02.11.2004 für 56 Tage (bis 27.12.2004) Arbeitslosengeld (Alg) und beantragte am 20.12.2004 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Vom 11.11.2004 bis 11.03.2005 war er arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid vom 21.12.2004 lehnte die Bundesagentur für Arbeit (BA) diesen Antrag ab. Der Kläger verfüge gemeinsam mit seiner Ehefrau (geb. 1955) unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 9.800,00 Euro und 10.000.- Euro über ein Vermögen i.H.v. 83.700,00 Euro, welches bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen sei und die Bewilligung von Alhi ausschließe. Vom 24.12.2004 bis 11.03.2005 bezog er Krankengeld. Ab 12.03.2005 bewilligte die Beklagte erneut Alg bis zu dessen Erschöpfung am 15.03.2005 (Bescheid vom 01.04.2005) und erklärte im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 21.12.2004 bezüglich der Ablehnung von Alhi wegen des Krankengeldbezugs für hinfällig. Eine weitere Entscheidung im Widerspruchsverfahren ist nach Aktenlage nicht erfolgt. Ab dem 01.09.2005 nahm der Kläger eine selbständige Tätigkeit als Marktleiter bei der Fa. R. in S. auf.

Am 11.04.2005 beantragte der Kläger die Bewilligung von Alg II für sich und seine Ehefrau. Als Vermögen gab er für sich Lebensversicherungen bei der A. mit einem Rückkaufswert von 4.801,40 Euro (VersSchNr. 2.6.733 831.12) und 4.154,60 Euro (VersSchNr. 2.6.411 386.76) an. Seine Ehefrau verfüge über eine Lebensversicherung (VersSchNr. 2 DL - 9074444) beim D. mit einem Rückkaufswert von 7.967,85 Euro. Darüber hinaus sei er Eigentümer eines verpachteten Grundstücks mit einem Verkehrswert von 160.000,00 Euro und einer Belastung von 4.200.- Euro. Er erziele daraus Miet- und Pachteinnahmen i.H.v. 1.800.- Euro jährlich.

Mit Bescheid vom 10.06.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau für die Zeit vom 11.04.2005 bis 31.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - Arbeitslosengeld II (Alg II) i.H.v. insgesamt 699,14 Euro als zurückzahlbares Darlehen nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II. Der Einsatz des Vermögens durch den Verkauf von Äckern sei kurzfristig nicht zu realisieren und würde eine unbillige Härte darstellen. Darüber hinaus wurden dem Kläger über den Bewilligungsbescheid hinaus Leistungen auch für die Monate Juni und Juli 2005 tatsächlich ausgezahlt. Den am 14.06.2005 mit der Begründung eingelegten Widerspruch, er habe bereits Anspruch auf Alg II ab 17.03.2005 in Form eines Zuschusses bis zur Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 zurück.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Alg II sei ab 17.03.2005 als Zuschuss zu bewilligen, da er bei Eingang des Ablehnungsbescheides zur Alhi nicht darüber belehrt worden sei, dass die Beklagte die Rechtsnachfolgerin der BA sei. Die verwertbaren landwirtschaftlichen Grundstücke stellten keinen realen verwertbaren Wert dar.

Mit Urteil vom 18.06.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zwar habe nach § 28 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) der am 11.04.2005 gestellte Antrag für die Zeit ab 17.03.2005 zurückwirken können, weil bereits im Dezember 2004 ein Antrag auf Alhi bei der BA gestellt worden sei. Dieser Antrag sei jedoch abschlägig beschieden worden und im Widerspruchsverfahren habe die BA mitgeteilt, dass der Bescheid hinfällig wäre. Von einer Fortgeltung der Antragstellung auf Alhi könne nicht ausgegangen werden, weil der Kläger nach dem Bezug von Krankengeld nicht erneut Alhi beantragt habe. Alg II sei dem Kläger nur als Darlehen zu bewilligen gewesen. Die Lebensversicherungen des Klägers und seiner Ehefrau seien zwar ebenso wenig verwertbar wie das Hausgrundstück, da dieses mit einem Wohnrecht der Mutter des Klägers belastet sei. Auch die bis 30.09.2006 verpachteten landwirtschaftlichen Flächen mit 9 ha 48 Ar 42 qm seien nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der anderen landwirtschaftlichen Flächen mit 6 ha 51 Ar 48 qm sei jedoch ein Pachtverhältnis nicht nachgewiesen, so dass von Verwertbarkeit auszugehen sei. Da der Kläger selber von einem Wert dieser Flächen von 1,00 Euro pro qm ausgehe, sei zumindest ein Wert von 0,5 Euro pro qm anzusetzen. Dies ergebe einen Gesamtwert des Grundstücks von 32.579,00 Euro. Unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 10.500,00 Euro liege Bedürftigkeit nicht vor. Da die landwirtschaftlichen Flächen nicht in kürzester Zeit verwertbar oder veräußerbar gewesen seien, habe die Beklagte zu Recht Leistungen nach dem SGB II als Darlehen bewilligt.

Zur Begründung der zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hat der Kläger vorgetragen, die Auswertung des Übergabevertrages vom 22.11.1986 durch das SG sei fehlerhaft, das Wohn- und Nießbrauchsrecht seiner Mutter, E. A. (S), erstrecke sich auf den gesamten übergebenen Besitz. S habe auch bei zwei Bauplatzabtretungen 1999 und 2007 an die Töchter des Klägers zustimmen müssen. Die Verwertung der Grundstücke mit "6,2 ha bzw. 31.000,00 Euro" sei nicht möglich.


Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.06.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007 zu verurteilen, dem Kläger vom 17.03.2005 bis 31.08.2005 Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss zu bewilligen ...

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

S habe kein Nießbrauchsrecht an dem übergebenen Anwesen von insgesamt 15,7 ha, sondern lediglich ein Wohnrecht, das mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit an dem Hausgrundstück sowie einer Reallast an den übrigen Grundstücken gesichert sei. Es handele sich bei den Grundstücken auch nicht lediglich um landwirtschaftliche Flächen. Die vom Kläger an seine Töchter übergebenen Grundstücke seien frei veräußerbar und auch bebaubar.

Dem Senat hat der notarielle Kaufvertrag des Notars Dr. S. (URNr. 325/2007) vom 09.02.2007 zwischen dem Kläger und M. K. (K) über den Verkauf einer Fläche von ca. 1.200 qm aus dem Grundstück Fl.Nr. 475 und 583, der notarielle Übergabevertrag des Notars Dr. S. (URNr. 2308/1985) vom 22.11.1985 zwischen dem Kläger und der S und der notarielle Kaufvertrag des Notars L. (Urk.R.Nr. 540/2002) zwischen dem Kläger und seiner Tochter S. F. (F) vorgelegen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akte der Beklagten, die Akten der BA sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie ist aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die u.a. hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 iVm § 9 Abs. 1 SGB II in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, ua aus dem zu berücksichtigenden Vermögen sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sind als Vermögen allerdings nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Nach § 9 Abs. 4 SGB II ist schließlich auch derjenige hilfebedürftig, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Ist eine sofortige Verwertung eines Vermögensgegenstandes nicht möglich, sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen (§ 9 Abs. 4 Halbsatz 2 SGB II).

Nach dem Übergabevertrag mit S vom 22.11.1985 übertrug diese dem Kläger folgende Grundstücke

FlSt. Beschrieb zu ha
Gemarkung B.
475 M. HsNr. 4, Wohnhaus, Wirtschaftgebäude, Hofraum, Garten, Ackerland 0,3639
506 O., Nadelwald 0,0815
514 O., Nadelwald 0,0412
518 O., Nadelwald 1,0686
539 O., Wasserfläche, (Fischteiche) mit Zugehörung 0,5189
536 O., Ackerland, Grünland 2,8949
537 M., Garage, Grünland 0,9274
556 M., Ackerland 1,9124
563 S., Ackerland 0,2278
583 S., Ackerland 1,1879
598 W., Nadelwald 0,8273
Gemarkung O.
647/3 M., Nadelwald 0,8553
593 W., Nadelwald 0,1689
Gemarkung K.
297 H., Grünwald, Mischwald 0,5882
344 A., Ackerland 4,1748

Als Gegenleistung erhielt S ein Wohnungsrecht im Anwesen M. Nr. 4 bestehend in der alleinigen und ausschließlichen Nutzung einer Wohnung im Erdgeschoss (III. Nr. 1 des Vertrags), ein Benützungsrecht der Hausratsgegenstände (III. Nr. 2 des Vertrags), einen Verpflegungsanspruch (III. Nr. 3 des Vertrags), einen Anspruch auf Wart und Pflege (III. Nr. 4 des Vertrags) und einen Rentenanspruch gegen den Kläger i.H.v. 150,00 DM (III. Nr. 5 des Vertrags). Wegen des Wohnungsrechts wurde im Grundbuch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an dem Hausgrundstück FlSt. 475 der Gemarkung B. eingetragen, für die übrigen Leibgedingsrechte gemäß III Nr. 2-5 des Vertrages eine Reallast am ganzen übergebenen Grundbesitz

Die Flurstücke in
Gemarkung K.
344 A., Ackerland 4,1748
und B.
556 M., Ackerland 1,9124
583 S., Ackerland 1,1879
563 S., Ackerland 0,2278
536 O., Ackerland, Grünland 2,8949

waren nach dem Einheits-Pachtvertrag ab 30.03.2000 an R. G. (G) verpachtet.

Mit notariellem Vertrag vom 18.04.2002 (Urk.R.Nr. 540/2002) übertrug der Kläger seiner Tochter F im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge aus der FlNr. 537 eine Teilfläche von 607 qm. Die neu gebildete FlNr. 537/1 M. zu 8.667 qm verlieb im Eigentum des Klägers. Für das Grundstück FlNr. 537 lag seit dem 04.05.2000 eine Baugenehmigung vor. Es handelte sich somit entgegen der Angaben des Klägers bei der FlNr. 537 nicht um landwirtschaftliche Flächen, sondern um Bauland. Mit notariellem Vertrag vom 09.02.2007 verkaufte der Kläger aus der FlNr. 475 und 583 eine Teilfläche von ca. 1.200 qm zu einem Kaufpreis von 12,50 Euro pro qm an K.

Zur Überzeugung des Senats war der Kläger somit unter Berücksichtigung der vom SG zugrunde gelegten Zahlen keinesfalls bedürftig. Entgegen den Angaben des Klägers handelt es sich bei den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken jedenfalls zum Teil um Bauland. Der vom SG angenommene Wert von 0,5 Euro pro qm ist damit jedenfalls überschritten. Aber auch unter Berücksichtigung dieses Wertes ist der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht bedürftig gewesen. Die von ihm zum damaligen Zeitpunkt nicht verpachteten Flächen von 6 ha 51 Ar 48 qm stellen unter Berücksichtigung (lediglich) eines Quadratmeterpreises von 0,5 Euro pro qm ein Vermögen von 32.579,00 Euro dar. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Freibeträge i.H.v. insgesamt 20.900.- Euro (9.600.- Euro und 9.800.- Euro gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung und 2 mal 750.- Euro nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II) verbleibt ein Vermögen von 11.679.- Euro, welches Bedürftigkeit ausschließt, denn dieses Vermögen war entgegen der Auffassung des Klägers auch verwertbar. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Die Verwertung eines Grundstücks ist in mehrfacher Form möglich, etwa durch Veräußerung, aber auch durch Belastung (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - veröffentlicht in juris -). Ist der Inhaber in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen. Mithin hat der Begriff der Verwertbarkeit in § 12 Abs. 1 SGB II den Bedeutungsgehalt, den das BSG bereits in einer früheren Entscheidung zum Recht der Alhi mit dem Begriff der Möglichkeit des "Versilberns" von Vermögen umschrieben hat (BSG, Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 46/07 - SozR 4-4200 § 12 Nr 6 -).

Entgegen der Auffassung des Klägers war ihm die Verwertung von Grundstücken - sei es durch Verkauf oder Beleihung - auch trotz der zu Gunsten der S bestehenden Reallast auf den beschriebenen Grundstücken möglich. Nach § 1105 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind. Bei der Reallast ist somit das Grundstück mit dem dinglichen Stammrecht auf Entrichtung wiederkehrender Leistungen aus dem Grundstück und mit dem dinglichen Recht auf Entrichtung jeder Einzelleistung belastet (vgl. Bassenge in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, Vor § 1105 Rdnr. 1). Die zu Gunsten der S bestehende Reallast hinderte somit weder einen Verkauf noch eine Beleihung des Grundstücks. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die S auch weder den notariellen Kaufvertrag zwischen ihm und seiner Tochter F vom 18.04.2002, noch den notariellen Kaufvertrag mit K vom 09.02.2007 mit unterschrieben. Ihm war es somit unter Würdigung seines eigenen Verhaltens unschwer und zeitnah möglich, Teile seines Vermögens zu verwerten. Im Jahre 2002 erfolgte dies durch Teilung eines Grundstücks und Weitergabe an seine Tochter, im Jahre 2007 konnte er Teile seines Grundbesitzes für 12,50 Euro/qm veräußern.

Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles ist der Senat davon überzeugt, dass eine Verwertung der nicht verpachteten Flächen vor oder jedenfalls unmittelbar nach der Inanspruchnahme von Alg II hätte erfolgen können und müssen. Darüber hinaus waren auch die verpachteten Grundstücke durch Veräußerung in absehbarer Zeit verwertbar, zumal der Pachtvertrag am 30.09.2006 auslief. Damit liegt weder eine generelle Unverwertbarkeit i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II noch der Ausschluss einer sofortigen Verwertbarkeit i.S.d. § 9 Abs. 4 SGB II vor. Es war nicht völlig ungewiss, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 aaO). Anhaltspunkte dafür, dass die Verwertung von Teilen des Grundvermögens des Klägers nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich wäre oder für diesen eine besondere Härte darstellen würde (vgl. hierzu grundsätzlich: Brühl in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009 § 12 Rdnr. 54ff), sind vom Kläger weder vorgetragen noch dem Senat ersichtlich. Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum als Zuschuss. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen hat der Kläger aber auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.08.2005 in Form eines Zuschusses, wobei jedoch für Juni und Juli 2005 tatsächlich Leistungen ausgezahlt worden sind.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alg II für die Zeit vor dem 11.04.2005, dem Tag der Antragstellung bei der Beklagten. Nach § 37 SGB II werden Leistungen auf Antrag erbracht, die Erbringung von Leistungen vor der Antragstellung ist ausgeschlossen, § 37 Abs. 2 SGB II. Hieran ändert vorliegend auch der im Bereich des SGB II anwendbare § 28 SGB X (vgl. von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 28 Rdnr. 6) nichts. Danach wirkt ein nachgeholter Antrag bis zu einem Jahr zurück, wenn ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung abgesehen hat, weil ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht worden ist, und diese Leistung versagt wird oder zu erstatten ist. Der Kläger bezog aber bis einschließlich 23.12.2004 Alg, vom 24.12.2004 bis 11.03.2005 Krankengeld und ab dem 12.03.2005 bis zu dessen Erschöpfung erneut Alg. Eine andere Sozialleistung (Alg oder Krankengeld) wurde somit nicht versagt oder deren Erstattung begehrt, die Voraussetzungen des § 28 SGB X sind nicht gegeben. Im übrigen ist der Bezug von Alhi, die der Kläger im Dezember 2004 beantragt hatte, nicht neben oder anstelle des Alg II möglich.

Nach alldem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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