L 19 AS 2175/10 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 39 AS 3358/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2175/10 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen die die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 15.11.2010 - S 39 AS 3358/10 - wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Kläger begehren die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 652,12 EUR für die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Im vorliegenden Fall sind die Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGG nicht gegeben.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsache i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rn 28 f mit Rechtsprechungsnachweisen). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. BSG, Beschluss vom 15.05.1997 - 9 BVg 6/97 - zum gleichlautenden § 160 SGG). Dem Rechtsstreit kommt vorliegend keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil die insoweit maßgeblichen Rechtsfragen bereits hinreichend durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geklärt sind. Eine Behörde hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Widerspruch i.S.v. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur dann erfolgreich, wenn zwischen dem Rechtsbehelf und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht. Ein Widerspruch ist nicht immer schon dann erfolgreich, wenn zeitlich nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eine dem Widerspruchsführer begünstigenden Entscheidung ergeht, wenn also der belastende Verwaltungsakt, der Widerspruch des Betroffenen hiergegen und ein "stattgebender" Verwaltungsakt in zeitlicher Reihenfolge stehen. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtsinne besteht (BSG Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 29/09 R = nach juris Rn 16 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; Urteil vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R = nach juris Rn 30; Urteil vom 21.07.1992 - 4 RA 20/91 = nach juris Rn 19). Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ist danach zu beurteilen, ob ein Widerspruchsführer es für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden. Dies beurteilt sich nicht aus subjektiver Sicht des Wdierspruchsführers, sondern aus der Sicht eines verständigen Beteiligten, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Es kommt darauf an, ob vom Standpunkt einer vernünftigen Person ohne spezielle Rechtskennntisse in der gegebenen Konstellation die Zuziehung eines Rechtsbeistandes geboten gewesen wäre. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt, in dem die mit Aufwendungen verbundene Handlung vorgenommen worden ist (vgl. BSG Urteil vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R = nach juris Rn 25; Urteil vom vom 20.11.2001 - B 1 KR 21/00 R = nach juris Rn 16).

Ebenso ist der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht gegeben. Eine Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG kommt nur dann in Betracht, wenn ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die die obersten Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall begründet keine Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG (vgl. BSG Beschluss vom 05.10.2010 - B 8 SO 61/10 B = nach juris Rn 11 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen zum gleichlautenden § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Vorliegend hat das Sozialgericht keinen von der Rechtsprechung der obersten Gerichte abweichenden abstrakten Rechtsgrundsatz aufgestellt. Soweit die Kläger vortragen, das Sozialgericht sei von der Entscheidung des BSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 29/09 R - abgewichen, ist das Sozialgericht wie das BSG (vgl. Rn 16 der Entscheidung) davon ausgegangen, dass ein Widerspruch nur dann erfolgreich i.S.v. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, wenn zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht. Das BSG hat in der Entscheidung vom 13.10.2010 - B 6 KA 29/09 R - einen solchen Ursachenzusammenhang angenommen, wenn eine während des Widerspruchsverfahrens eingetretenen Rechtsänderung zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führt. Vorliegend hat aber nicht eine zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderung, sondern die nach Angaben der Kläger erst nach Einlegung des Widerspruchs erfolgte Bekanntgabe eines begünstigenden Verwaltungsaktes, den die Beklagte acht Tage vor Einlegung des Widerspruchs erlassen hatte, zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens geführt.

Das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG haben die Kläger nicht gerügt.

Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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