L 2 SO 1196/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 1491/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1196/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die vorläufige Leistungserbringung - Eingliederungshilfe bei Aufenthalt in einer Einrichtung - im Rahmen des Aufgabenübergangs durch § 12 WohlfVbdAuflG BW bei Streit über den örtlich zuständigen Stadt- oder Landkreis ist auch im Falle eines fehlenden gewöhnlichen Aufenthalts des Leistungsberechtigten über die Erstattungsregelungen der §§ 102 ff SGB X zu lösen. Diese werden nicht durch die speziellere Regelung des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ausgeschlossen, weil dessen tatbestandlichen Voraussetzungen dann nicht vorliegen.

Zu prüfen ist hier ausgehend vom Zeitpunkt der ersten Antragstellung, wer zu diesem Zeitpunkt gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 3 SGB XII zuständig gewesen wäre.
Auf die Berufungen des Beigeladenen zu 2) und der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts M. vom 26. November 2009 abgeändert und statt dem Beigeladenen zu 2) der Beklagte verurteilt, der Klägerin die für den Beigeladenen zu 3) entstandenen Kosten der Eingliederungshilfe seit dem 01.01.2005 zu erstatten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 3).

Der Streitwert wird auf 150.795,- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht die Erstattung der seit dem 01.01.2005 entstandenen Kosten durch die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII für den Beigeladenen zu 3) (im Folgenden R.) Die Beteiligten streiten um die Frage, wer für die Hilfegewährung nach dem Übergang der Aufgaben des aufgelösten Landeswohlfahrtsverbands der örtlich ab dem 01.01.2005 zuständige Stadt- oder Landkreis ist.

Der am 08.02.1972 geborene hilfebedürftige R. lebte bis 10.03.1993 bei seinen Eltern in Künzelsau (Landkreis Hohenlohekreis - Beigeladener zu 2). Anschließend schloss er sich dem Wanderzirkus Hellas an und zog mit diesem umher. Die Abmeldung von Künzelsau erfolgte am 19.04.1993. Den Zirkus verließ R. am 12.07.1993 in C. (Landkreis C.), wo er sich obdachlos bis 16.07.1993 aufhielt. Dort wurde er verwahrlost von seinen Eltern abgeholt, mit nach Hause genommen und am nächsten Tag (17.07.1993) zur stationären Behandlung ins Psychiatrische Landeskrankenhaus (PLK) W. (Landkreis Heilbronn - Beigeladener zu 1) verbracht. Anschließend hielt er sich nahtlos in verschiedenen Einrichtungen auf. Ab dem 23.08.1994 wurde er in der Fachklinik E.- bis 17.07.1995 im Haus E.in H.(Landkreis Rhein-Neckar-Kreis - Beklagter) und weiter im Haus H. in H. (Stadt H.) - im Rahmen einer stationären Langzeit-Entwöhnungsbehandlung bei Polytoxikomanie weiterbehandelt. Am 19.02.1996 wechselte der Kläger in den Bereich der Stadt M. (Klägerin) und wurde in das Elisabeth-Lutz-Haus verlegt. Innerhalb der Stadt M. wechselte er am 04.03.2002 in die Außenwohngruppe des St. Anna Hauses, wo er bis 14.11.2005 verblieb. Anschließend lebte er im durch das St. Anna Haus Betreuten Wohnen in eigener Wohnung in M. und wurde in der Arbeitstherapeutischen Werkstätte M. gGmbH betreut.

Bis Juni 1995 wurde R. von seinen Eltern finanziell unterstützt. Auf den Erstantrag des R. vom 23.01.1995 hin - während des Aufenthalts in der Fachklinik E.Haus E.(Rhein-Neckar-Kreis) - erbrachte fortan der Landeswohlfahrtsverband Baden (LWB) als überörtlicher Träger Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG; vgl. Bescheide vom 24.05.1995 und 19.04.1996, VA Klägerin Bl. 15 ff) bis 31.12.2004. Nach der Auflösung des LWB zum 31.12.2004 (Gesetz zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände vom 01.07.2004, verkündet als Art. 177 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 01.07.2004, Gbl. S. 469) ging die sachliche Zuständigkeit auf die örtlichen Träger über. Der LWB gab die Fallakten des R. an die Stadt Heidelberg ab. Diese wiederum hielt die Klägerin für zuständig (Bl. 21 VA Klägerin), die ihrerseits die Zuständigkeit des Beklagten für gegeben hielt, der jedoch diese Auffassung nicht teilte (Schreiben vom 28.04.2005). Nachdem die örtliche Zuständigkeit unter den verschiedenen Leistungsträgern nicht geklärt werden konnte, übernahm schließlich zunächst die Klägerin ab 01.01.2005 die Kosten für R., weil sich die Einrichtung dort befindet (u.a. Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII inklusive Hilfe zum Lebensunterhalt in einer Einrichtung, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Bl. 73, 239 VA Klägerin).

Mit Schreiben vom 16.09.2005 an den Beklagten wies die Klägerin darauf hin, dass sie als unzuständiger Träger die Hilfe gewähre und bat um Anerkennung der Zuständigkeit, Übernahme des Falles in eigener Zuständigkeit und Kostenerstattung. Sie hielt den tatsächlichen Aufenthalt des R. im Bereich des Beklagten zur Zeit der Antragstellung beim LWB für maßgeblich (Bl. 79 VA Klägerin). Der Beklagte blieb bei seiner Ablehnung.

Am 08.05.2006 hat die Klägerin gegen den Beklagten beim Sozialgericht M. (SG) Klage erhoben mit dem Ziel der Kostenerstattung der für R. erbrachten Leistungen seit 01.01.2005 und Übernahme der Bearbeitung des Falles in eigene Zuständigkeit durch den Beklagten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich ihr Anspruch aus §§ 102 SGB X, 98 Abs. 2 Satz 3, Abs. 1 Satz 1 SGB XII, ggf. gem. § 105 SGB X begründe. Bei den in Frage stehenden Leistungen der Eingliederungshilfe sei bis 31.12.2004 der LWB als überörtlicher Träger sachlich zuständig gewesen; seit 01.01.2005 sei dies der örtliche Träger (§§ 97 Abs. 1 und 2 SGB XII, 2 AG SGB XII - Ausführungsgesetz zum SGB XII Baden-Würtemberg). Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten ergebe sich aus § 98 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 SGB XII, da R. im relevanten 2- Monatszeitraum vor der erstmaligen Antragstellung am 23.01.1995 in der Fachklinik E.ohne gewöhnlichen Aufenthalt (gA) gewesen sei und sich tatsächlich im Bereich des Beklagten aufgehalten habe. Abzustellen sei auf den tatsächlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung. Dies folge aus Art. 177 des Gesetzes zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände, § 12 Abs. 1 Satz 1. Danach trete der örtlich zuständige Stadt-/Landkreis in den übergegangenen Leistungsfällen in die Rechte und Pflichten des bisher örtlich zuständigen Landeswohlfahrtsverbandes ein. Ein Leistungsfall sei daher so zu behandeln, als wenn der örtliche Träger der Sozialhilfe am Tage der Entscheidung über die Hilfe schon sachlich zuständig gewesen wäre.

Der Auffassung des Beklagten, dass der entscheidende Zeitpunkt der tatsächliche Aufenthalt des R. im Zeitpunkt der Auflösung des LWB (31.12.2004) sei, könne schon vor dem Hintergrund des Verwaltungsstrukturreformgesetzes nicht gefolgt werden. Der LWB habe Fälle nur an örtliche Träger in seinem Bereich abgeben können, da ansonsten örtliche Träger auch außerhalb Baden-Württembergs unzulässig verpflichtet worden wären. Folglich könne nur an den Bedürftigkeitsbeginn angeknüpft werden, wofür auch die interne Hausverfügung Nr. 19/2004 des LWB spreche. Nach Nr. 7 dieser Verfügung seien stationäre Hilfefälle ohne gA an den örtlichen Träger der Sozialhilfe im Bereich des LWB abzugeben, in dessen Bereich der regelungsbedürftige Zustand i.S.d. §§ 5, 97 Abs. 2 BSHG (Bundessozialhilfegesetz) eingetreten sei. Der Leistungsfall werde im Ergebnis so behandelt, als wenn der örtliche Träger der Sozialhilfe am Tage der Entscheidung für die Hilfegewährung schon sachlich zuständig gewesen wäre. Gestützt werde dies durch die Regelung in § 98 Abs. 2 Satz 3 sowie Abs. 1 SGB XII, wonach die Klägerin nur zur vorläufigen Leistungserbringung verpflichtet sei. Das FAG (Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich - Finanzausgleichsgesetz - in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.01.2000, GBl. S. 14) treffe keine Aussage über die Zuständigkeit, sondern gewähre von vornherein nur dem zuständigen Träger einen Ausgleich. Wer dies sei, richte sich nach hierfür einschlägigen spezialgesetzlichen Regelungen des SGB XII/BSHG.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass er nicht erstattungspflichtig sei, da er nicht der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger gewesen bzw sei. Zur Bestimmung der Zuständigkeit komme es entscheidend auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB XII am 01.01.2005 an. Die Regelung der örtlichen Zuständigkeit in § 98 SGB XII sei nicht auf Sachverhalte vor dem 01.01.2005 zu beziehen, da davor das BSHG gegolten habe. Die örtliche Zuständigkeit bei Anstaltsaufenthalten und fehlendem oder nicht zu ermittelndem gA, die bisher nicht ausdrücklich erfasst gewesen sei, sei nun ausdrücklich in § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII geregelt, womit eine Gesetzeslücke geschlossen worden sei. Danach sei die Klägerin die zuständige Leistungserbringerin. Die neu entstandenen Aufwendungen für R. würden über § 22 Abs. 1 FAG jährlich einkommensneutral ausgeglichen werden. Nach dem Rundschreiben des Landkreis- und Städtetags Baden-Württemberg vom 03.03.2004 würden die Aufwendungen für Personen in stationären Einrichtungen, die vorher keinen gA hatten, beim Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthalts berücksichtigt. Dies erkläre auch, warum die Klägerin gegenüber dem überörtlichen Träger keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 106 SGB XII habe (§ 10 AG SGB XII). Im Übrigen könne nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass R. seinen gA in Künzelsau (im Hohenlohekreis - Beigeladener zu 2) tatsächlich aufgegeben habe. In dem Fall sei der Beigeladene zu 1) nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII örtlich zuständig, da die erste Einrichtung (PLK W.) zu Beginn einer nicht unterbrochenen Anstaltskette sich in dessen Bezirk befand.

Das SG hat den Landkreis Heilbronn (Beigeladener zu 1), den Landkreis Hohenlohe (Beigeladener zu 2) und R. (Beigeladener zu 3) zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 14.08.2009, Bl. 51 SG).

Die Beigeladenen zu 1) und zu 2) haben sich im Ergebnis der Auffassung der Klägerin angeschlossen und halten den Beklagten für erstattungspflichtig (Schreiben vom 08.09.2009 und vom 24.09.2009, Bl. 55 und 58 SG).

Mit Urteil vom 26.11.2009 hat das SG den Beigeladenen zu 2) (Landkreis Hohenlohekreis) verurteilt, der Klägerin die für R. seit dem 01.01.2005 entstandenen Kosten der Eingliederungshilfe zu erstatten und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Anspruchsgrundlage sei § 102 Abs. 1 SGB X bzw. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII entsprechend, da die an sich einschlägige Kostenerstattung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, obwohl lex specialis, gesetzlich durch § 10 AG SGB XII ausgeschlossen sei. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII direkt komme mangels eines nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zuständigen Trägers bei fehlendem gA nicht in Betracht. § 102 Abs. 1 SGB X als allgemeine Erstattungsnorm regele die Erstattungspflicht des verpflichteten Leistungsträgers an den vorläufig Leistenden. § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII regele nur, wer bei nicht vorhandenem gA vorläufig Leistungen zu erbringen habe, nicht aber, wer die Leistung endgültig trage. Hierzu müsse zum Schutz der Anstaltsorte eine gesetzesimmanente Lösung gefunden werden, die an objektive Kriterien anzuknüpfen habe. Sofern ein gA wie vorliegend nicht zu ermitteln sei, sei nach § 98 Abs. 1 SGB XII an den tatsächlichen Aufenthalt anzuknüpfen, der sich an dem Bereich orientiere, wo sich der Hilfebedürftige zum Zeitpunkt des Eintritts des Hilfefalls (Konkretisierung des Hilfebedarfs) - unabhängig vom Einsetzen der Hilfegewährung - tatsächlich befunden habe. Dies sei während des kurzen Aufenthalts bei den Eltern im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen zu 2) gewesen.

Gegen das dem Beigeladenden zu 2) gegen Empfangsbekenntnis am 24.02.2010 zugestellte Urteil hat er am 10.03.2010 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Klägerin hat gegen das ihr am 26.02.2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil am 05.03.2010 beim SG Berufung eingelegt.

Der Beigeladene zu 2) (Hohenlohekreis) hält nicht sich, sondern den Beklagten zur Kostenübernahme verpflichtet. Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch könne wegen des gesetzlichen Ausschlusses von § 106 SGB XII nur § 102 SGB X sein. Dieser bestehe jedoch nicht gegen ihn, weil er zu keinem Zeitpunkt leistungspflichtig gewesen sei. An den Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Auflösung des LBW könne nicht angeknüpft werden, weil der Landesgesetzgeber keine Fälle an Leistungsträger außerhalb Baden-Württembergs habe abgeben können. Der Eintritt des Hilfefalls, den das SG als Anknüpfungspunkt gewählt habe, lasse sich nicht genau bestimmen. Dass sich R. die schwere psychische Erkrankung ausgerechnet während des nur mehrstündigen Aufenthalts bei seinen Eltern zugezogen haben solle, sei nicht plausibel. Die Hilfebedürftigkeit habe möglicherweise schon beim Aufenthalt in C. (Landkreis C.) vorgelegen, eventuell sogar noch früher in einem anderen Land- oder Stadtkreis. Daraus zeige sich, dass der Eintritt des Hilfefalles kein geeignetes Abgrenzungskriterium sei. Sachgerecht sei es auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen, wofür auch § 18 SGB XII spreche.

Die Klägerin hat an ihrer Rechtsposition festgehalten, wonach für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit hinsichtlich des nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII maßgeblichen tatsächlichen Aufenthalts auf die Antragstellung abzustellen sei. Das "Herkunftsprinzip" bzw. der "Schutz des Anstaltsortes" spiele nur eine Rolle im Zusammenhang mit dem Tatbestand des gA, der aber bei R. gerade nicht vorliege. Im Hinblick auf die vom SG nicht beachtete Ausschlussfrist nach § 111 SGB X sei der Erstattungsanspruch an den Beigeladenen zu 1) (Landkreis Heilbronn) vorsorglich am 27.11.2009 gerichtet worden.

Der Beigeladene zu 2) und die Klägerin beantragen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts M. vom 26. November 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die für den Beigeladenen zu 3) entstandenen Kosten der Eingliederungshilfe seit dem 1. Januar 2005 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat ergänzend darauf hingewiesen, dass zwar die Kostenerstattung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch § 10 AG SGB XII ausgeschlossen sei, der Gesetzgeber aber einen Ausgleich gem. § 22 FAG geschaffen habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin, des Beklagten und des Beigeladenen zu 2) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufungen des Beigeladenen zu 2) (Landkreis Hohenlohekreis) und der Klägerin haben Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaften - selbständigen - Berufungen sind zulässig; sie sind unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufungen sind auch begründet. Zu Unrecht hat das SG den Beigeladenen zu 2) zur Kostenerstattung für die R. gewährten Leistungen verurteilt. Kostenerstattungspflichtig ist der Beklagte.

Nachdem die Klägerin vor dem SG im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.11.2009 ihren Klagantrag auf die Kostenerstattung seit 01.01.2005 beschränkt hat, ist Streitgegenstand nur die - gem. § 54 Abs. 5 SGG zulässige - Leistungsklage und nicht die Klage auf Feststellung, wer in der Zukunft den Fall zu übernehmen hat.

Hinsichtlich der Kostenerstattung ist nicht zwischen den seit 01.01.2005 erbrachten Leistungen zu differenzieren, weil es sich zum einen bei dem betreuten Wohnen in der Außenwohngruppe bis 14.11.2005 um eine Leistung handelt, die zur stationären Einrichtung zählt (Schoch in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 98, Rn. 24). Beim anschließenden betreuten Wohnen in eigener Wohnung in Kombination mit der Betreuung in der Arbeitstherapeutischen Werkstätte M. stellt sich die Situation zum anderen nicht anders dar, da R. nach wie vor unter der Betreuung (Überwachung) durch die Einrichtung, das St. Anna-Haus steht (vgl. auch § 106 Abs. 2 SGB XII, wonach als Aufenthalt in einer stationären Einrichtung auch gilt, wenn jemand außerhalb der Einrichtung untergebracht wird, aber in ihrer Betreuung bleibt - s.a. W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum SGB XII 18. Aufl. § 106 Rn. 21 mit Hinweis unter anderem auf einen Fall, in dem ein Jugendamt im Einvernehmen mit dem Heim, in dem der Leistungsberechtigte vorher betreut wurde, ihn in einer eigenen Wohnung in der Nähe des Heimes unterbringt und eine Absprache über die weitere erzieherische Betreuung und Unterstützung getroffen wurde).

1. Anspruch nach § 106 Abs. 1 SGB XII

Die Kostenerstattung zwischen den Trägern der Sozialhilfe bei Aufenthalt in einer Einrichtung ist spezialgesetzlich in § 106 SGB XII geregelt. Das SG hat zutreffend erkannt, dass sich ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin für die dem R. bei Aufenthalt in einer Einrichtung gewährten Leistungen nicht auf den allein einschlägigen § 106 Abs. 1 SGB XII stützen lässt. Zum einen liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht vor, weil ein nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zuständiger Träger der Sozialhilfe nicht zu bestimmen ist. Hierfür wird an den gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung oder in den zwei Monaten davor angeknüpft. Einen gewöhnlichen Aufenthalt nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hatte R. als Umherfahrender mit einem Wanderzirkus bzw. obdachlos in C. und auch durch den kurzfristigen Aufenthalt bei seinen Eltern zu dieser Zeit (im Juli 1993) nicht begründet.

Zum anderen kommt im Ergebnis auch die Kostenerstattung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht in Betracht, da sie landesgesetzlich durch § 10 AG SGB XII (vgl. § 112 SGB XII) ausgeschlossen ist. Danach wird für alle Leistungsfälle, die am 01.01.2005 in die sachliche Zuständigkeit der örtlichen Sozialhilfeträger wechseln und für die der überörtliche Träger der Sozialhilfe bis dahin sachlich zuständig war, die Kostenerstattung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 SGB XII für die Dauer dieser Hilfegewährung ausgeschlossen. Bei der Leistungsgewährung für R. handelte es sich um einen solchen übergegangenen Leistungsfall (vgl. Art 177 VRG, §§ 2, 12 WohlVbd AuflG BW). Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen. Im Übrigen richtet sich der Anspruch nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII gegen den überörtlichen Träger (Kommunalverband für Jugend und Soziales -KVJS - § 97 Abs. 1 und 2 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 2 AG SGB XII BW) und nicht gegen einen anderen örtlichen Träger.

2. Anspruch nach §§ 102 ff SGB X

Das SG hat einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin dennoch nach § 102 SGB X bejaht. Fraglich ist, ob die allgemeinen Erstattungsregeln überhaupt zur Anwendung kommen können. Dies ist vorliegend zu bejahen. Grundsätzlich ist zwar ein Rückgriff auf die allgemeinen Erstattungsregelungen von vornherein neben § 106 SGB XII nicht möglich, da die Vorschriften der Kostenerstattung des SGB XII denen des SGB X vorgehen (§ 37 SGB I). Es besteht auch kein Wahlrecht des Kostenerstattung begehrenden Trägers der Sozialhilfe, ob er Kostenerstattung nach §§ 106 ff SGB XII oder nach §§ 102 ff SGB X geltend machen will ( Schoch in LPK-SGB XII, 8. Aufl., Vorbemerkung zu § 106, Rn. 6). Der Rückgriff auf §§ 102 ff SGB X ist vorliegend nicht bereits durch den landesgesetzlichen Ausschluss der Kostenerstattung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zulässig, sondern erst dann, wenn überhaupt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht erfüllt gewesen wären, also überhaupt ein Fall des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht vorgelegen hätte. Dies ist in Bezug auf die Vorleistung der Klägerin für R. der Fall. Voraussetzung des Erstattungsanspruchs nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist, dass ein durch § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII als zuständig bestimmter Träger der Sozialhilfe rechtmäßige und vorläufige Leistungen der Soziallhilfe an Leistungsempfänger erbringt, die sich in einer Einrichtung oder einer Vollzugsanstalt aufhalten. Die Klägerin hat für R. jedoch nicht nach § 98 Abs.2 Satz 3 SGB XII vorläufig geleistet. Nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII hat der nach Abs. 1 zuständige Träger der Sozialhilfe - des tatsächlichen Aufenthalts des Leistungsberechtigten - über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen, wenn innerhalb von vier Wochen nicht feststeht, ob und wo der gA nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ein gA nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder ein Eilfall vorliegt. Die Klägerin hat nicht auf Grund einer erstmalig über die Leistung zu entscheidenden Pflicht gegenüber dem Leistungsberechtigten gehandelt. Es stand vielmehr gerade im Streit, welcher von den in Frage kommenden Stadt- und Landkreisen der nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII bestimmte zuständige Leistungsträger ist. Es ging also nicht um einen ungeklärten Zuständigkeitskonflikt im Verhältnis zum Leistungsberechtigten. Die Klägerin hat vielmehr bis zur Klärung der örtlichen Zuständigkeit auf Grund ihrer eventuell nach § 12 WohlVbd AuflG BW bestehenden Pflicht die Kosten für R. vorläufig übernommen. Die vom LBW gegenüber R. erfolgte Zusage der Hilfegewährung im St. Anna Haus bestand über den 31.12.2004 hinaus fort, denn Leistungszusagen des Landeswohlfahrtsverbands können von dem ab dem 01.01.2005 örtlich zuständigen Träger nur nach den Vorschriften des SGB X zurückgenommen oder widerrufen werden. Eines neuen Leistungsantrags bedurfte es wegen des Aufgabenübergangs nicht (§ 12 Abs. 1 Satz 2 und 3 WohlfVbdAuflG BW). Von daher ist die Klägerin als solches vorläufig nach der gesetzlich begründeten Plicht zum Eintritt in die Rechte und Pflichten des bisher örtlich zuständigen Landeswohlfahrtsverbandes tätig geworden. Eine eigene Zusage zur Leistungsgewährung gem. § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII hat sie gegenüber R. nicht getroffen, sondern ist in die durch den LWB begründete Pflicht vorläufig eingetreten. Dies ist im Verhältnis der verschiedenen Sozialhilfeträger untereinander kein Fall, der von § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst ist. Von daher ist der Rückgriff auf §§ 102 ff SGB X zulässig. Der Kostenerstattungsanspruch bei Zweifeln über die Zuständigkeit richtet sich nach § 105 SGB X (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 106 Rn. 8 ).

Nach § 105 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger dem unzuständigen Leistungsträger, der Sozialleistungen erbracht hat, erstattungspflichtig, sofern kein Fall des § 102 Abs. 1 vorliegt und er nicht selber bereits geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

Entgegen der Auffassung des SG liegt kein Fall des § 102 Abs. 1 SGB X vor. Danach ist Voraussetzung, dass die Klägerin auf Grund gesetzlicher Verpflichtung vorläufig Leistungen erbracht hätte. Aus dem oben genannten ergibt sich, dass die Klägerin nicht auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung aus § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII die Leistung vorläufig erbracht hat, sondern weil der Streit über die örtliche Zuständigkeit in Bezug auf die Anknüpfung für den tatsächlichen Aufenthalt nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht geklärt werden konnte.

Die Klägerin hat jedoch aus § 105 Abs. 1 SGB X einen Anspruch auf Kostenerstattung und zwar gegenüber dem Beklagten. Ab 01.01.2005 war nicht die Klägerin der örtlich zuständige Leistungsträger für R., sondern der Beklagte.

Durch die Verwaltungsstrukturreform im Jahre 2004 hat der Landesgesetzgeber die sachliche Zuständigkeit für die Sozialhilfe neu geregelt und vom überörtlichen Träger - den Landeswohlfahrtsverbänden - auf den örtlich zuständigen Stadt- und Landkreis übertragen (vgl. § 97 SGB XII, Art. 177 Verwaltungsstruktur-Reformgesetz (VRG) vom 01.07.2004, Gbl. S. 469). Nach der Übergangsregelung des § 12 WohlfVbdAuflG BW tritt der örtlich ab dem 01.01.2005 zuständige Stadt- und Landkreis in den übergegangenen Leistungsfällen in die Rechte und Pflichten des bisherigen Landeswohlfahrtsverbands ein. Aus der Bezugnahme auf die ab dem 01.01.2005 bestehende örtliche Zuständigkeit ist zu schließen, dass sich diese nach den ab dann geltenden Regelungen, also nach § 98 SGB XII beurteilt. Für stationäre Leistungen richtet sich die Zuständigkeit nach Abs. 2 der Norm. Da an den gewöhnlichen Aufenthalt des R. nicht angeknüpft werden kann (s.o), kommt allein § 98 Abs. 2 Satz 3, 3. Alternative SGB XII in Betracht. Danach hat der nach § 98 Abs. 1 SGB XII - für den tatsächlichen Aufenthaltsort - zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Der tatsächliche Aufenthalt des R. hat bis 14.11.2005 mehrmals gewechselt. Entscheidend ist demnach an welchem Zeitpunkt - Auflösung des Landeswohlfahrtsverbands oder ein früherer Zeitpunkt - sich die Zuordnung des tatsächlichen Aufenthalts zu orientieren hat.

Für die Beurteilung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf das Datum des 01.01.2005 - Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände - abzustellen. Dagegen spricht der mit § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII verfolgte Zweck einer schnellen Verwaltungsentscheidung im Interesse des Leistungsberechtigten. Durch § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII wird sichergestellt, dass im Interesse des Leistungsberechtigten auch in den Fällen der Bedarf unverzüglich gedeckt wird, in denen Unklarheiten bezüglich der (örtlichen) Zuständigkeit bestehen oder – wie in Eilfällen – die Hilfe des zuständigen Trägers zwingend zu spät kommen würde. Eine solche Verwaltungsentscheidung stand aber am 01.01.2005 im Verhältnis zu R. nicht an, weil die Leistungsbewilligung des LWB für den fortdauernden Aufenthalt im St. Anna-Haus über den 31.12.2004 hinaus Geltung hatte (§ 12 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WohlVbdAuflG BW). Von daher gab es keinen Anlass, einen neuen Sachverhalt neu zu beurteilen, sondern durch die Verwaltungsstrukturreform musste ein alter Sachverhalt auf Grund der Änderung der sachlichen Zuständigkeit und der landesgesetzlichen Anknüpfung an die Zeit ab 01.01.2005 nach neuen Regeln - dem SGB XII - neu beurteilt werden. Der Auffassung der Klägerin, dass ein Leistungsfall so zu behandeln sei, als wenn der örtliche Träger der Sozialhilfe am Tage der Entscheidung über die Hilfe schon sachlich zuständig gewesen wäre, ist zu folgen. Für das so gewonnene Ergebnis spricht, dass andernfalls - worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat - im Falle der auswärtigen Unterbringung auch außerhalb des Landes liegende Sozialhilfeträger durch die landesgesetzlichen Regelungen verpflichtet worden wären, was nicht zulässig wäre. Für die Auffassung des Beklagten, dass die Regelungen des SGB XII nicht auf Sachverhalte vor dem 01.01.2005 anzuwenden haben, weil derzeit das BSHG gegolten habe, gibt es keine stichhaltigen Argumente, zumal die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit weitgehend inhaltsgleich waren (vgl. § 97 BSHG).

Zu berücksichtigen ist, dass R. sich bis 14.11.2005 in einer ununterbrochenen Anstaltskette befunden hat. Das hat zur Folge, dass die einmal begründete örtliche Zuständigkeit nicht geändert wurde durch den mehrfachen nahtlosen Wechsel der stationären Einrichtungen. Die Aufrechterhaltung begründet sich durch die entsprechende Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII. Das Tatbestandsmerkmal des gA ist durch das Merkmal des tatsächlichen Aufenthalts bei Einsetzen der stationären Leistungen zu ersetzen (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.05.2005 - 2 LB 68/04). Von daher ist als Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit der tatsächliche Aufenthalt am Anfang der Anstaltskette (Juli 1993) zu suchen (auch wenn erst zu einem späteren Zeitpunkt Leistungen geltend gemacht wurden).

Sofern ein gA vorgelegen hat, ist bei einer Anstaltskette die Aufnahme in die erste Einrichtung bestimmend. Selbst wenn Sozialhilfe erst in der zweiten oder einer weiteren Einrichtung geleistet wird (z.B. der Leistungsberechtigte in der ersten Einrichtung noch Selbstzahler war), ist auf den Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, abzustellen (Schoch in LPK-SGB XII aaO., § 98 Rn 26; W. Schellhorn aaO., § 106 Rn. 15 mit Hinweis auf Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 27.08.1996 - 2 KO 310/95;). Auch stellt § 98 Abs. 2 Satz 1 für die Anknüpfung des Aufenthalts an die Aufnahme in die Einrichtung und nicht etwa die Antragstellung ab. Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht auf die Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII übertragbar, wenn sich - wie hier - gerade bei Antragstellung nicht klären lässt, wo zuletzt vor Eintritt in die stationäre Einrichtung (hier im Juli 1993) der gewöhnliche Aufenthalt war. Der Zweck der Vorschrift, aus einer gewissen Eilbedürftigkeit heraus eine grundsätzlich nur vorläufige Zuständigkeit zu begründen, spricht dagegen. Dagegen spricht weiter die Anknüpfung an den tatsächlichen Aufenthalt, der der körperlichen Anwesenheit des Leistungsberechtigten folgt und daher bei Personen, die sich in Einrichtungen oder Vollzugsanstalten aufhalten, am Ort der Einrichtung bzw. Vollzugsanstalt liegt (Böttiger in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2010, § 106 Rn. 41). Maßgeblich ist daher der Zeitpunkt der Antragstellung am 23.01.1995 während des Aufenthalts in der Fachklinik E.im Gebiet des Beklagten, womit dessen örtliche Zuständigkeit für die vorläufige Leistungserbringung in stationären Einrichtungen gem. § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründet worden ist, die sich über den 01.01.2005 hinaus nicht verändert hat. Denn es ließ sich aus den oben genannten Gründen gerade nicht ein gA für den Zeitpunkt am Anfang der Anstaltskette im Juli 1993 ermitteln

Entgegen der Auffassung des SG braucht und kann eine abweichende endgültige Zuständigkeit nicht festgestellt werden. Bereits das Bundesverwaltungsgericht hat zur nahezu inhaltsgleichen Vorschrift des § 97 Abs. 2 BSHG entschieden, dass die durch § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründete Rechtspflicht zur vorläufigen Leistungsgewährung erst dann ende, wenn sich ein in Anwendung des § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe ermitteln lasse und dieser die Leistungsgewährung übernehme. Die Pflicht "vorläufig einzutreten" sei keine nur vorläufige Pflicht. Sie sei vielmehr im Verhältnis zum Hilfeempfänger dann eine dauerhafte, wenn nach § 97 Abs. 2 Satz 1 oder 2 BSHG zuständige Träger nicht rechtzeitig geleistet hätten und deshalb nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten gewesen sei. Gleichwohl bleibe die Leistungserbringung eine vorläufige, weil dem Eintrittspflichtigen die dafür aufgewendeten Kosten von einem anderen - nach § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG von einem anderen örtlichen, nach § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG von dem überörtlichen (vglb. mit § 106 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII) - Träger der Sozialhilfe zu erstatten seien, ihn also nicht endgültig belasteten (BVerwG, Urteil vom 06.02.2003 - 5 C 9.02 -, FEVS 54,385, 387). Diese Rechtsprechung ist auf § 98 SGB XII zu übertragen. Eine Beendigung der Leistungsgewährung scheidet aus, wenn vor Aufnahme in der ersten Einrichtung kein gewöhnlicher Aufenthalt vorhanden war (OVG Schleswig-Holstein, aaO.). Existiert kein maßgeblicher letzter gewöhnlicher Aufenthalt oder kann dieser endgültig nicht ermittelt werden, entfällt der in § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorausgesetzte Zuständigkeitskonflikt. Insoweit wandelt sich die vorläufige Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII in eine endgültige Leistungsverpflichtung um und verfestigt sich zu einer endgültigen Zuweisung der Zuständigkeit an diesen Träger der Sozialhilfe; die Zuständigkeit eines anderen Trägers der Sozialhilfe sieht das SGB XII nicht vor. Damit fällt die Leistungserbringung letztlich (quasi) endgültig in die Zuständigkeit des für den tatsächlichen Aufenthalt zuständigen Trägers der Sozialhilfe i.S.d. § 98 Abs. 1 SGB XII. Als Ausgleich erwächst einem örtlichen Träger der Sozialhilfe dann ein Erstattungsanspruch nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII (Böttiger in: jurisPK-SGB XII, aaO, § 106 SGB XII, Rn. 119). Auch wenn vorliegend der Kostenerstattungsanspruch nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch § 10 AG SGB XII BW ausgeschlossen ist, belasten auch den Beklagten die Kosten nicht endgültig. Der Landesgesetzgeber hat hierfür den Ausgleich über § 22 FAG getroffen, wonach die den Stadt- und Landkreisen durch die Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände entstehenden Be- und Entlastungen ab dem Jahr 2005 jährlich aufkommensneutral zwischen den Stadt- und Landkreisen ausgeglichen werden ( § 22 Abs. 1 FAG). In der Begründung zum AG SGB XII -BW wird zu § 10 ausgeführt, dass ein weiterer Ausgleichsanspruch ausgeschlossen werden soll, da diese Fälle bereits beim Status-quo-Ausgleich Berücksichtigung finden.

Das Urteil des SG war daher abzuändern und statt dem Beigeladenen zu 2) der Beklagte zur Kostenerstattung zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG bzw. § 193 SGG hinsichtlich der Kosten des Beigeladenen zu 3). Der Streitwert war im Übrigen in Höhe der bislang aufgelaufenen und von der Klägerin getragenen Kosten von 150.795 EUR festzusetzen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved