Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 49 AS 807/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 552/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.02.2011 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe ab Antragstellung bewilligt und Rechtsanwältin L aus E beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Klägerin ist nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhaltes und des Inhaltes der dem Senat vorliegenden Akten hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Zunächst ist dem Sozialgericht (SG) zwar insoweit zuzustimmen, dass der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.12.2009 zu Unrecht als unzulässig verworfen hat. Denn der Fortzahlungsantrag von Dezember 2009 enthält zu "3. Angaben für die Gewährung eines Mehrbedarfs" die handschriftliche Eintragung "wie bis hier (wohl [gemeint wie bisher]/ keine Änderung" und ergänzend auf die Frage, ob ein Mitglied aus der Bedarfsgemeinschaft aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf die Angabe "wie bis hier [gemeint wie bisher]". Ausgehend davon, dass der Klägerin bis Juni 2009 ein Mehrbedarf gewährt wurde, im Fortzahlungsantrag aus Juni 2009 keine Angaben gemacht wurden, der Mehrbedarf mit Bescheid vom 19.06.2009 für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2009 jedoch abgelehnt wurde, ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben im Antrag aus Dezember 2009 als Antrag auf Gewährung des Mehrbedarfs zu werten sind. Diesen Antrag hat der Beklagte im Bescheid vom 15.12.2009 konkludent dadurch abgelehnt, dass Grundsicherung ohne Bewilligung eines Mehrbedarfs gewährt wurde.
Entgegen der Rechtsauffassung des SG ist es jedoch nicht unbeachtlich, dass eine Sachprüfung des Beklagten im Widerspruchsbescheid 27.01.2010 unterblieben ist, weil nach der vom SG durchgeführten materiell-rechtlichen Prüfung kein Anspruch der Klägerin auf einen Mehrbedarf besteht. Das SG kann derzeit nicht in eine Sachprüfung eintreten. Weist eine Widerspruchsbehörde einen Widerspruch als unzulässig zurück und entscheidet somit nicht in der Sache, ist den Gerichten eine sachlich-rechtliche Überprüfung des Klagebegehrens verwehrt (BSG, Urteil vom 30.09.1996 - 10 RKg 20/95 Rn. 29 juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.09.2010 - L 1 AL 122/09 R Rn. 29 juris). Ein Verzicht der Überprüfung der Sach- und Rechtmäßkeit des Anspruchs auf Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) kommt vorliegend auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie (vgl. hierzu LSG, a.a.O., Rn. 31 juris) in Betracht. Denn die Verwaltung soll die Recht- und die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes überprüfen. Zudem ist es auch vorliegend nicht von vorne herein ausgeschlossen, dass es zu einer positiven Entscheidung kommt. Denn zum einen liegt in der Akte der Vordruck "Anlage MEB" incl. "Ärztlicher Bescheinigung" nicht vor, so dass nicht nachgewiesen ist, ob bei der Klägerin die vorgetragene Erkrankung "Hyperlipidämie" weiter vorliegt und inwieweit weitere Erkrankungen, die einen Mehrbedarf begründen könnten, hinzu getreten sind. Denn nach Aktenlage datiert die letzte Bescheinigung des (damals) behandelnden Kinderarztes Dr. O aus September 2008. Zum anderen handelt es sich bei der am 12.05.1993 geborenen Klägerin im hier streitigen Zeitraum nicht um eine Erwachsene, so dass auch zu beachten ist, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins (DV) für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Auflage vom 01.10.2008, www.deutscher.verein.de) sich ausdrücklich auf Erwachsene beziehen; für Minderjährige fehlt es an einer ausreichenden Datenbasis (SG Berlin, Urteil vom 12.11.2010 - S 37 AS 38129/09 Rn. 29; DA der BA zum SGB II, § 21 SGB II, Stand 11.04.2011, 21.23; Münder in LPK-SGB II, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage 2009, § 21 Rn. 31). Das SG wird daher entweder nach rechtlichem Hinweis an den Beklagten den Rechtsstreit nach § 114 SGG analog aussetzen, nachdem der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 27.01.2010 aufgehoben hat oder aber zunächst diesen Widerspruchsbescheid durch Teilurteil (§ 202 i.V.m. § 301 ZPO) aufheben (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rn. 19).
Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Klägerin ist nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhaltes und des Inhaltes der dem Senat vorliegenden Akten hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Zunächst ist dem Sozialgericht (SG) zwar insoweit zuzustimmen, dass der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.12.2009 zu Unrecht als unzulässig verworfen hat. Denn der Fortzahlungsantrag von Dezember 2009 enthält zu "3. Angaben für die Gewährung eines Mehrbedarfs" die handschriftliche Eintragung "wie bis hier (wohl [gemeint wie bisher]/ keine Änderung" und ergänzend auf die Frage, ob ein Mitglied aus der Bedarfsgemeinschaft aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf die Angabe "wie bis hier [gemeint wie bisher]". Ausgehend davon, dass der Klägerin bis Juni 2009 ein Mehrbedarf gewährt wurde, im Fortzahlungsantrag aus Juni 2009 keine Angaben gemacht wurden, der Mehrbedarf mit Bescheid vom 19.06.2009 für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2009 jedoch abgelehnt wurde, ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben im Antrag aus Dezember 2009 als Antrag auf Gewährung des Mehrbedarfs zu werten sind. Diesen Antrag hat der Beklagte im Bescheid vom 15.12.2009 konkludent dadurch abgelehnt, dass Grundsicherung ohne Bewilligung eines Mehrbedarfs gewährt wurde.
Entgegen der Rechtsauffassung des SG ist es jedoch nicht unbeachtlich, dass eine Sachprüfung des Beklagten im Widerspruchsbescheid 27.01.2010 unterblieben ist, weil nach der vom SG durchgeführten materiell-rechtlichen Prüfung kein Anspruch der Klägerin auf einen Mehrbedarf besteht. Das SG kann derzeit nicht in eine Sachprüfung eintreten. Weist eine Widerspruchsbehörde einen Widerspruch als unzulässig zurück und entscheidet somit nicht in der Sache, ist den Gerichten eine sachlich-rechtliche Überprüfung des Klagebegehrens verwehrt (BSG, Urteil vom 30.09.1996 - 10 RKg 20/95 Rn. 29 juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.09.2010 - L 1 AL 122/09 R Rn. 29 juris). Ein Verzicht der Überprüfung der Sach- und Rechtmäßkeit des Anspruchs auf Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) kommt vorliegend auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie (vgl. hierzu LSG, a.a.O., Rn. 31 juris) in Betracht. Denn die Verwaltung soll die Recht- und die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes überprüfen. Zudem ist es auch vorliegend nicht von vorne herein ausgeschlossen, dass es zu einer positiven Entscheidung kommt. Denn zum einen liegt in der Akte der Vordruck "Anlage MEB" incl. "Ärztlicher Bescheinigung" nicht vor, so dass nicht nachgewiesen ist, ob bei der Klägerin die vorgetragene Erkrankung "Hyperlipidämie" weiter vorliegt und inwieweit weitere Erkrankungen, die einen Mehrbedarf begründen könnten, hinzu getreten sind. Denn nach Aktenlage datiert die letzte Bescheinigung des (damals) behandelnden Kinderarztes Dr. O aus September 2008. Zum anderen handelt es sich bei der am 12.05.1993 geborenen Klägerin im hier streitigen Zeitraum nicht um eine Erwachsene, so dass auch zu beachten ist, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins (DV) für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Auflage vom 01.10.2008, www.deutscher.verein.de) sich ausdrücklich auf Erwachsene beziehen; für Minderjährige fehlt es an einer ausreichenden Datenbasis (SG Berlin, Urteil vom 12.11.2010 - S 37 AS 38129/09 Rn. 29; DA der BA zum SGB II, § 21 SGB II, Stand 11.04.2011, 21.23; Münder in LPK-SGB II, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage 2009, § 21 Rn. 31). Das SG wird daher entweder nach rechtlichem Hinweis an den Beklagten den Rechtsstreit nach § 114 SGG analog aussetzen, nachdem der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 27.01.2010 aufgehoben hat oder aber zunächst diesen Widerspruchsbescheid durch Teilurteil (§ 202 i.V.m. § 301 ZPO) aufheben (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rn. 19).
Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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