Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 2559/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 1462/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. In der Sozialgerichtsbarkeit ist für das der Beschlussfassung nach § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO vorausgehende Überprüfungsverfahren gem. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ausschließlich der Richter zuständig (Anschluss an Beschluss des 13. Senats LSG Baden-Württemberg vom 09.06.2011, Az. L 13 AS 120/11 B).
2. Für die Einleitung des Überprüfungsverfahrens ohne konkreten Anlass im Zuge einer rein routinemäßigen Überprüfung besteht keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage; § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO setzt einen konkreten Anlass für die Einleitung des Überprüfungsverfahrens voraus (Anschluss an Beschluss des 13. Senats LSG Baden-Württemberg vom 09.06.2011, Az. L 13 AS 120/11 B).
3. Die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung über eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 73a SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ist dem bevollmächtigten Rechtsanwalt zuzustellen, der die Kläger insoweit auch nach dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter vertritt (Anschluss an Urteil des BGH vom 08.12.2010, Az. XII ZB 38/09, MDR 2011, 183 f.).
4. Die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung über eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 73a SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO bedarf der Ausgestaltung als Richterbrief; die zugrunde liegende Verfügung und die zu übermittelnde Ausfertigung/beglaubigte Abschrift sind vom Richter mit vollem Namen zu unterzeichnen (vgl. Urteil des BSG zu § 102 Abs. 2 SGG vom 01.07.2010, Az. B 13 R 58/09 R, SozR 4-1500 § 102 Nr. 1).
2. Für die Einleitung des Überprüfungsverfahrens ohne konkreten Anlass im Zuge einer rein routinemäßigen Überprüfung besteht keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage; § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO setzt einen konkreten Anlass für die Einleitung des Überprüfungsverfahrens voraus (Anschluss an Beschluss des 13. Senats LSG Baden-Württemberg vom 09.06.2011, Az. L 13 AS 120/11 B).
3. Die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung über eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 73a SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ist dem bevollmächtigten Rechtsanwalt zuzustellen, der die Kläger insoweit auch nach dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter vertritt (Anschluss an Urteil des BGH vom 08.12.2010, Az. XII ZB 38/09, MDR 2011, 183 f.).
4. Die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung über eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 73a SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO bedarf der Ausgestaltung als Richterbrief; die zugrunde liegende Verfügung und die zu übermittelnde Ausfertigung/beglaubigte Abschrift sind vom Richter mit vollem Namen zu unterzeichnen (vgl. Urteil des BSG zu § 102 Abs. 2 SGG vom 01.07.2010, Az. B 13 R 58/09 R, SozR 4-1500 § 102 Nr. 1).
Der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. März 2011 wird aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger/Beschwerdeführer wenden sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 24.03.2011, mit welchem das SG den Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligenden Beschluss vom 15.04.2008 gestützt auf §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 120 Abs. 4 Satz 1 und 2, 124 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben hat.
Im laufenden Klageverfahren S 8 AS 2559/07 hat der die Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits als Prozessbevollmächtigter vertretende Rechtsanwalt S. aus L. mit Schriftsatz vom 05.03.2008 die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung beantragt.
Mit Beschluss vom 15.04.2008 hat das SG den Klägern antragsgemäß ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten mit der Maßgabe bewilligt, dass Reisekosten aus der Staatskasse bis zu dem Betrag zu erstatten sind, der bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wäre. Beschwerde ist hiergegen weder von den Klägern noch der Staatskasse (Justizfiskus) erhoben worden.
Das Hauptsacheverfahren wurde am 11.07.2008 durch Vergleich erledigt. Die hierauf mit Kostennote vom 17.07.2008, abgeändert durch Schreiben vom 25.07.2008, geltend gemachten Gebühren wurden dem Bevollmächtigten der Kläger gemäß der Festsetzungsanordnung der hierfür zuständigen Kostenbeamtin des SG vom 28.07.2008 (Bl. 19 PKH-Akte) in Höhe von 725,90 Euro überwiesen.
Mit Schreiben vom 26.08.2010 forderte, ohne dass dem ein erkennbarer Anlass oder eine richterliche Verfügung zugrunde lagen, die Kostenbeamtin des SG, welche die Festsetzung der zu erstattenden Kosten vorgenommen hatte, den Kläger Ziff. 1 auf, binnen 4 Wochen nach Erhalt des Schreibens mitzuteilen, ob und ggf. welche Veränderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten seien und zu eingetretenen Änderungen Belege einzureichen. Für den Fall eines Bezuges von Sozialhilfe, "Arbeitslosenhilfe I oder II" sowie Rente wurde der Kläger zur Vorlage des letzten Bewilligungsbescheides in Kopie aufgefordert. Sofern der Kläger Ziff. 1 seiner Mitteilungspflicht nicht nachkomme oder sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten, könne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden. Ein Formular der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war "gegen Rückgabe" beigefügt. Das im Briefkopf mit "Die Kostenbeamtin" als Absenderin gekennzeichnete Schreiben wurde von der Kostenbeamtin unterzeichnet und mit Postzustellungsurkunde (PZU) am 30.08.2010 zugestellt. Nachdem keine Reaktion verzeichnet werden konnte, erinnerte die Unterzeichnerin des Schreibens vom 26.08.2010, nunmehr unter dem Absender "8. Kammer" und der Bezeichnung "Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle", den Kläger Ziff. 1 an die Erledigung des Schreibens vom 26.08.2010 mit dem Zusatz: "Sollte bis zum 20.10.2010 keine Antwort eingehen, müssten Sie mit der Aufhebung des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe rechnen". Eine richterliche Verfügung lag dem Schreiben nicht zugrunde; das Schreiben wurde als einfacher Brief versandt. Auf das im Wortlaut im wesentlichen identische weitere Schreiben vom 10.11.2010, unterzeichnet nunmehr von der laut Organisationsplan (Stand 04/2011) zuständigen Urkundsbeamtin der 8. Kammer und ebenfalls nicht zugestellt, welches den Passus enthielt: "Sollte bis zum 30.11.2010 keine Antwort eingehen, müssten Sie mit der Aufhebung des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe rechnen", erfolgte ebenfalls keine Reaktion. Auch dieses Schrieben wurde als einfacher Brief versandt.
Schließlich legte die Kostenbeamtin die Sache der zuständigen Kammervorsitzenden vor. Diese veranlasste durch mit P. unterzeichnete Verfügung vom 11.01.2011, dass die Kläger Ziff. 2 und 3 angeschrieben wurden, wie dies bereits beim Kläger Ziff. 1 mit Schreiben vom 26.08.2010 erfolgt war (Schreiben vom 12.01.2011, unterzeichnet von der Kostenbeamtin unter dem Briefkopf mit Zusatz "Die Kostenbeamtin" und zugestellt an die Kläger Ziff. 2 und 3 mit PZU).
Die nach fehlender Reaktion der Kläger Ziff. 2 und 3 abgesandten Erinnerungsschreiben vom 24.02.2011 waren verfügt von der Kostenbeamtin und unterschrieben von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. Sie enthielten den Passus: "Sollte bis zum 15.03.2011 keine Antwort eingehen, müssen Sie mit der Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechnen. Die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 725,90 EUR wären dann in einem Betrag fällig."
Nachdem auch hierauf keine Reaktion erfolgt ist, hat das SG den Beschluss vom 15.04.2008 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss von 24.03.2011 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger seien mehrfach unter Fristsetzung über ihre Mitwirkungspflicht belehrt bzw. daran erinnert worden, hätten auf die Schreiben jedoch nicht reagiert. Nachdem die Kläger sich auf mehrfache Aufforderung nicht erklärt hätten, ob eine Veränderung in ihren Verhältnissen eingetreten sei, sei es dem Gericht nicht möglich zu überprüfen, ob der Beschluss vom 15.04.2008 abzuändern sei. Deshalb sei die Bewilligung aufzuheben. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 29.03.2011 zugestellt.
Am 07.04.2011 ging beim SG die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss ein. Dieser beigefügt war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ein Kontoauszug zum Beleg der monatlich zu entrichtenden Miete sowie ein Bewilligungsbescheid des Jobcenters des Landkreises L. vom 14.02.2011 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II in Höhe von insgesamt 1.278,88 EUR monatlich vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 an die aus den Klägern bestehende Bedarfsgemeinschaft.
II.
Die Beschwerde ist, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde sowie statthaft ist, zulässig.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG); ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn die Kläger und Beschwerdeführer sich gegen die Aufhebung bewilligter PKH wenden (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 09.06.2011, Az. L 13 AS 120/11 B, zitiert nach (juris), dort Rn. 7 m.w.N.). Auch der erkennende Senat vertritt die Auffassung, dass § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG weder unmittelbar noch analog auf Fälle wie den vorliegenden anwendbar ist. Für eine Analogie fehlt es bereits am Erfordernis des Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke; die Ablehnung eines Antrages auf PKH ist mit einer Aufhebung einer zuvor erfolgten Bewilligung, mit welcher eine zuvor erworbene Rechtsposition entzogen wird, nicht vergleichbar.
Die Beschwerde der Kläger ist auch begründet.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über PKH im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend. Gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben; eine Änderung der nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 2 ZPO maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. Gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Gemäß § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat.
Vorliegend lagen weder die Voraussetzungen für die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens vor noch wurde das Überprüfungsverfahren verfahrensfehlerfrei durchgeführt. Der als Ergebnis dieses Überprüfungsverfahrens erlassene Beschluss ist rechtswidrig und war aufzuheben.
1. Das SG war - insoweit schließt sich der erkennende Senat den zutreffenden Gründen der bereits in Bezug genommenen Entscheidung des 13. Senats (a.a.O. Rn. 8 m.w.N.) an - schon nicht berechtigt, eine Aufforderung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ohne jeden konkreten Anlass im Rahmen einer rein routinemäßigen Überprüfung an die Kläger zu richten. Das folgt bereits aus der Entstehungsgeschichte des § 120 Abs. 4 ZPO: Bereits 1979/1980 war im Zuge der Ablösung des "Armenrechts" durch die Prozesskostenhilfe eine Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige einer Veränderung der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse mit der Möglichkeit zur Abänderung der Bewilligung in den Gesetzentwurf eingefügt worden (§ 121 des Entwurfs eines Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 17.07.1979, BT-Drucks. 8/3068, S. 7 [§ 121], 31 f.). Diese Regelung war schließlich vom Rechtsausschuss "aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung" gestrichen worden, da man einen erheblichen personellen und materiellen Mehraufwand durch die dann erforderliche verwaltungsintensive Überprüfung und ggf. Neufestsetzung befürchtet hatte (Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 22.02.1980, BT-Drucks. 8/3694, S. 17 f.). Auf diesen Vorgang wurde in der Gesetzesbegründung zur Schaffung des § 120 Abs. 4 ZPO (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze vom 18.03.1985, BT-Drucksache 10/3054, Seite 17 f.) ausdrücklich Bezug genommen und u.a. ausgeführt, mit der nunmehr geänderten Fassung und Schaffung einer eingeschränkten Erklärungspflicht nur auf Verlangen des Gerichts und auch nur bei wesentlichen Änderungen habe man den Bedenken des Rechtsausschusses Rechnung getragen. Es werde vermieden, dass während des Prozesses die Höhe der Monatsrate ständig überwacht ( ) werden müsse. Anlass für den neuerlichen Anlauf des Gesetzgebers, welcher in die Schaffung des § 120 Abs. 4 ZPO gemündet ist, sei gewesen, dass das Fehlen einer derartigen Regelung in der Praxis vor allem in den Fällen als unbefriedigend empfunden worden sei, in welchen das Gericht während des Verfahrens davon Kenntnis erhalten habe, dass sich die für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse gebessert hätten (Beendigung einer Arbeitslosigkeit, Wegfall einer Unterhaltspflicht). Hieraus ist zu folgern, dass die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens durch das SG regelmäßig voraussetzt, dass konkrete Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bekannt geworden sind, was regelmäßig im Verfahrensverlauf oder im Rahmen eines Folgeverfahrens geschehen kann. Ohne konkrete Anhaltspunkte für wesentliche Änderungen und damit ohne konkreten Anlass ist das Gericht nicht berechtigt, ein Überprüfungsverfahren einzuleiten.
2. Die Kostenbeamtin des SG war ebenfalls nicht berechtigt, ohne richterliche Anordnung in eigener Zuständigkeit das Überprüfungsverfahren einzuleiten und zunächst eigenständig zu betreiben. Die Prüfung, ob Anhaltspunkte für den Eintritt einer wesentlichen Änderung der persönlichen/wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegen und deshalb ein Überprüfungsverfahren mit Aufforderung zur Erklärung gem. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO einzuleiten ist, darüber hinaus auch die Einleitung des Überprüfungsverfahrens selbst obliegen in der Sozialgerichtsbarkeit ausschließlich dem Richter. In der Sozialgerichtsbarkeit sind weder Rechtspfleger, auf die diese Aufgabe übertragen wäre (vgl. § 20 Nr. 4 Buchstabe c des Rechtspflegergesetzes -RPflG-), tätig, noch besteht eine andere kompetenzübertragende Norm, die diese Aufgabe dem Urkundsbeamten/Kostenbeamten (wie z.B. § 197 SGG oder § 55 Abs. 6 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) überträgt. Damit hat in der Sozialgerichtsbarkeit der Spruchkörper, der über die Bewilligung von PKH entscheidet, nämlich der Richter, das Überprüfungsverfahren nicht nur zu betreiben (vgl. insoweit Beschluss des 13. Senats vom 09.06.2011, a.a.O. Rn. 10 f.), sondern nach dem oben unter 1. Ausgeführten zunächst vorab zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Überprüfungsverfahrens gemäß §§ 120 Abs. 4 Satz 2, 124 Nr. 2 ZPO überhaupt vorliegen und dessen Einleitung nur dann zu veranlassen, wenn er dies bejaht.
Hinsichtlich des Klägers Ziff. 1 fehlt es bereits aus diesem Grund an der in §§ 120 Abs. 4 Satz 2, 124 Nr. 2 ZPO tatbestandlich vorausgesetzten wirksamen Aufforderung zur Abgabe der Erklärung. Wenn schon das Geschäft eines sachlich unabhängigen und nur an Gesetz und Recht gebundenen (§ 9 RPflG) Rechtspflegers gemäß § 8 Abs. 4 RPflG unwirksam ist, wenn es ihm nicht durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes übertragen wurde, muss dies erst recht für das Tätigwerden von sonstigem (angestelltem oder beamtetem) nichtrichterlichem Personal bei Handeln ohne gesetzliche Grundlage gelten.
3. Für die Kläger Ziff. 2 und 3 kann offen bleiben, ob die rechtswidrige Einleitung des Überprüfungsverfahrens durch die Kostenbeamtin des SG, für welche nach dem unter 2. Ausgeführten keine gesetzliche Grundlage besteht, durch die Verfügung der zuständigen Kammervorsitzenden vom 11.01.2011 "geheilt" werden konnte. Denn auch bezüglich der Klägerin Ziff. 2 und dem Kläger Ziff. 3 fehlt es an einer wirksamen Aufforderung zur Abgabe der Erklärung. Die Aufforderungen zur Mitteilung wesentlicher Änderungen wurden an die Kläger Ziff. 2 und 3 und damit die falschen Adressaten gerichtet. Sie hätten gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG an deren Prozessbevollmächtigten gerichtet werden müssen. Gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG sind, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist, Zustellungen und Mitteilungen des Gerichts an diesen zu richten. Sämtliche Aufforderungen - betreffend die Kläger Ziff. 1 bis 3 - sind vorliegend an diese persönlich übermittelt worden, nicht aber an deren Bevollmächtigten, Rechtsanwalt S. Es ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass dieser im Vorfeld des Beschlusses vom 24.03.2011 Kenntnis von den Aufforderungen erlangt hat.
Es bedurfte keiner neuerlichen Bevollmächtigung von Rechtsanwalt S. für das Überprüfungsverfahren. Im vorliegenden Fall war für sämtliche Kläger bereits vor Erlass des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 15.04.2008 der Rechtsanwalt S. aus L. als Bevollmächtigter gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG bestellt und hatte den PKH-Antrag selbst gestellt. Seine Vollmacht ist nicht erloschen, so dass von der Fortdauer der Bestellung zum Prozessbevollmächtigten auszugehen ist (vgl. Urteil des BGH vom 08.12.2010, Az. XII ZB 38/09, MDR 2011, 183 f., zitiert nach (juris), dort Rn. 29). Die ihm von den Klägern erteilte Vollmacht wirkt auch über die Beendigung des Hauptsacheverfahrens hinaus fort. Hieraus wiederum folgt, dass auch nach Abschluss des Verfahrens die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO wirksam nur an den Prozessbevollmächtigten der Kläger gerichtet werden konnte (vgl. - zum Zivilrecht und insbesondere zu § 172 Abs. 1 ZPO - Urteil des BGH a.a.O., Rn. 13 ff.). Dies folgt aus der mit § 172 Abs. 1 ZPO im wesentlichen identischen Regelung des § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG. Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren ist ähnlich wie ein Wiederaufnahmeverfahren ein Annexverfahren zum Ursprungsverfahren (hier: Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe), so dass sich die von den Klägern erteilte Prozessvollmacht auch auf das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren erstreckt (BGH a.a.O. Rn. 16).
Ob es einer Zustellung der Aufforderung an den Prozessbevollmächtigten bedurft hätte, wofür angesichts der mit der Nichtbeantwortung verbundenen gravierenden Rechtsfolgen (§ 124 Nr. 2 ZPO) jedenfalls in analoger Anwendung des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG einiges spricht, kann vorliegend, nachdem die Aufforderung bereits den falschen Adressaten übermittelt worden ist, ebenso offen bleiben wie die Frage, ob der Inhalt der formelhaften und sehr allgemein gehaltenen Aufforderungen für eine wirksame Aufforderung i.S.d. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ausreichend ist (vgl. insoweit Beschluss des 13. Senats, a.a.O., Rn. 14).
4. Nur ergänzend wird ausgeführt, dass der erkennende Senat es wegen der mit der Nichtbeantwortung der Aufforderung gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO verbundenen gravierenden Rechtsfolgen im Sinne eines Eingriffs in zuvor erworbene Rechte (Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, § 124 Nr. 2 ZPO) unter Übertragung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Betreibensaufforderung im Zusammenhang mit § 102 Abs. 2 SGG (Urteil des BSG vom 01.07.2010, Az. B 13 R 58/09 R, SozR 4-1500 § 102 Nr. 1, zitiert nach (juris), dort Rn. 48-50) für erforderlich hält, dass die Aufforderung zur Erklärung über eine Änderung der Verhältnisse als Richterbrief ausgestaltet und nicht nur die zugrunde liegende Verfügung vom Richter mit vollem Namen unterzeichnet wird, sondern auch die zu übermittelnde Ausfertigung/beglaubigte Abschrift den vollen Namen des Richters ausweist und somit erkennen lässt, dass die Aufforderung von ihm stammt, denn wegen des mit der Aufforderung verbundenen Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung handelt es sich keineswegs um einen bloßen Routinevorgang. Auch diesen Anforderungen entsprechen die Schreiben vom 26.08.2010, 06.10.2010, 10.11.2010, 12.01.2011 und 24.02.2011 in keiner Weise. Die Schreiben vom 26.08.2010 (an den Kläger Ziff. 1) bzw. vom 12.01.2011 (an die Kläger Ziff. 2 und 3) sind, was auch aus dem Briefkopf ("Die Kostenbeamtin") ersichtlich ist, von der Kostenbeamtin des SG in eigener Zuständigkeit verfasst und unterzeichnet worden. Das Schreiben vom 06.10.2010 ist von der Kostenbeamtin, nunmehr als "Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle", mit dem Zusatz "auf richterliche Anordnung" unterzeichnet worden, ohne dass diesem tatsächlich eine richterliche Anordnung zugrunde gelegen ist. Die Schreiben vom 10.11.2010 sind schließlich von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verfasst und unterschrieben worden, und zwar - wahrheitsgemäß - ohne den Zusatz "auf richterliche Anordnung". Keines der Schreiben lässt für den jeweiligen Adressaten erkennen, dass sich ein Richter mit dem Vorgang befasst hat und die Aufforderung zur Erklärung vom zuständigen Richter stammt.
5. Eine wesentliche Änderung der dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugrunde liegenden Verhältnisse im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist nicht eingetreten. Die Kläger haben im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht, dass sie weiterhin Arbeitslosengeld II beziehen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
6. Nach alledem war der Beschluss über die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 24.03.2011 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger/Beschwerdeführer wenden sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 24.03.2011, mit welchem das SG den Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligenden Beschluss vom 15.04.2008 gestützt auf §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 120 Abs. 4 Satz 1 und 2, 124 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben hat.
Im laufenden Klageverfahren S 8 AS 2559/07 hat der die Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits als Prozessbevollmächtigter vertretende Rechtsanwalt S. aus L. mit Schriftsatz vom 05.03.2008 die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung beantragt.
Mit Beschluss vom 15.04.2008 hat das SG den Klägern antragsgemäß ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten mit der Maßgabe bewilligt, dass Reisekosten aus der Staatskasse bis zu dem Betrag zu erstatten sind, der bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wäre. Beschwerde ist hiergegen weder von den Klägern noch der Staatskasse (Justizfiskus) erhoben worden.
Das Hauptsacheverfahren wurde am 11.07.2008 durch Vergleich erledigt. Die hierauf mit Kostennote vom 17.07.2008, abgeändert durch Schreiben vom 25.07.2008, geltend gemachten Gebühren wurden dem Bevollmächtigten der Kläger gemäß der Festsetzungsanordnung der hierfür zuständigen Kostenbeamtin des SG vom 28.07.2008 (Bl. 19 PKH-Akte) in Höhe von 725,90 Euro überwiesen.
Mit Schreiben vom 26.08.2010 forderte, ohne dass dem ein erkennbarer Anlass oder eine richterliche Verfügung zugrunde lagen, die Kostenbeamtin des SG, welche die Festsetzung der zu erstattenden Kosten vorgenommen hatte, den Kläger Ziff. 1 auf, binnen 4 Wochen nach Erhalt des Schreibens mitzuteilen, ob und ggf. welche Veränderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten seien und zu eingetretenen Änderungen Belege einzureichen. Für den Fall eines Bezuges von Sozialhilfe, "Arbeitslosenhilfe I oder II" sowie Rente wurde der Kläger zur Vorlage des letzten Bewilligungsbescheides in Kopie aufgefordert. Sofern der Kläger Ziff. 1 seiner Mitteilungspflicht nicht nachkomme oder sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten, könne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden. Ein Formular der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war "gegen Rückgabe" beigefügt. Das im Briefkopf mit "Die Kostenbeamtin" als Absenderin gekennzeichnete Schreiben wurde von der Kostenbeamtin unterzeichnet und mit Postzustellungsurkunde (PZU) am 30.08.2010 zugestellt. Nachdem keine Reaktion verzeichnet werden konnte, erinnerte die Unterzeichnerin des Schreibens vom 26.08.2010, nunmehr unter dem Absender "8. Kammer" und der Bezeichnung "Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle", den Kläger Ziff. 1 an die Erledigung des Schreibens vom 26.08.2010 mit dem Zusatz: "Sollte bis zum 20.10.2010 keine Antwort eingehen, müssten Sie mit der Aufhebung des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe rechnen". Eine richterliche Verfügung lag dem Schreiben nicht zugrunde; das Schreiben wurde als einfacher Brief versandt. Auf das im Wortlaut im wesentlichen identische weitere Schreiben vom 10.11.2010, unterzeichnet nunmehr von der laut Organisationsplan (Stand 04/2011) zuständigen Urkundsbeamtin der 8. Kammer und ebenfalls nicht zugestellt, welches den Passus enthielt: "Sollte bis zum 30.11.2010 keine Antwort eingehen, müssten Sie mit der Aufhebung des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe rechnen", erfolgte ebenfalls keine Reaktion. Auch dieses Schrieben wurde als einfacher Brief versandt.
Schließlich legte die Kostenbeamtin die Sache der zuständigen Kammervorsitzenden vor. Diese veranlasste durch mit P. unterzeichnete Verfügung vom 11.01.2011, dass die Kläger Ziff. 2 und 3 angeschrieben wurden, wie dies bereits beim Kläger Ziff. 1 mit Schreiben vom 26.08.2010 erfolgt war (Schreiben vom 12.01.2011, unterzeichnet von der Kostenbeamtin unter dem Briefkopf mit Zusatz "Die Kostenbeamtin" und zugestellt an die Kläger Ziff. 2 und 3 mit PZU).
Die nach fehlender Reaktion der Kläger Ziff. 2 und 3 abgesandten Erinnerungsschreiben vom 24.02.2011 waren verfügt von der Kostenbeamtin und unterschrieben von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. Sie enthielten den Passus: "Sollte bis zum 15.03.2011 keine Antwort eingehen, müssen Sie mit der Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechnen. Die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 725,90 EUR wären dann in einem Betrag fällig."
Nachdem auch hierauf keine Reaktion erfolgt ist, hat das SG den Beschluss vom 15.04.2008 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss von 24.03.2011 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger seien mehrfach unter Fristsetzung über ihre Mitwirkungspflicht belehrt bzw. daran erinnert worden, hätten auf die Schreiben jedoch nicht reagiert. Nachdem die Kläger sich auf mehrfache Aufforderung nicht erklärt hätten, ob eine Veränderung in ihren Verhältnissen eingetreten sei, sei es dem Gericht nicht möglich zu überprüfen, ob der Beschluss vom 15.04.2008 abzuändern sei. Deshalb sei die Bewilligung aufzuheben. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 29.03.2011 zugestellt.
Am 07.04.2011 ging beim SG die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss ein. Dieser beigefügt war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ein Kontoauszug zum Beleg der monatlich zu entrichtenden Miete sowie ein Bewilligungsbescheid des Jobcenters des Landkreises L. vom 14.02.2011 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II in Höhe von insgesamt 1.278,88 EUR monatlich vom 01.03.2011 bis 31.08.2011 an die aus den Klägern bestehende Bedarfsgemeinschaft.
II.
Die Beschwerde ist, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde sowie statthaft ist, zulässig.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG); ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn die Kläger und Beschwerdeführer sich gegen die Aufhebung bewilligter PKH wenden (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 09.06.2011, Az. L 13 AS 120/11 B, zitiert nach (juris), dort Rn. 7 m.w.N.). Auch der erkennende Senat vertritt die Auffassung, dass § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG weder unmittelbar noch analog auf Fälle wie den vorliegenden anwendbar ist. Für eine Analogie fehlt es bereits am Erfordernis des Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke; die Ablehnung eines Antrages auf PKH ist mit einer Aufhebung einer zuvor erfolgten Bewilligung, mit welcher eine zuvor erworbene Rechtsposition entzogen wird, nicht vergleichbar.
Die Beschwerde der Kläger ist auch begründet.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über PKH im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend. Gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben; eine Änderung der nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 2 ZPO maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. Gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Gemäß § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat.
Vorliegend lagen weder die Voraussetzungen für die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens vor noch wurde das Überprüfungsverfahren verfahrensfehlerfrei durchgeführt. Der als Ergebnis dieses Überprüfungsverfahrens erlassene Beschluss ist rechtswidrig und war aufzuheben.
1. Das SG war - insoweit schließt sich der erkennende Senat den zutreffenden Gründen der bereits in Bezug genommenen Entscheidung des 13. Senats (a.a.O. Rn. 8 m.w.N.) an - schon nicht berechtigt, eine Aufforderung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ohne jeden konkreten Anlass im Rahmen einer rein routinemäßigen Überprüfung an die Kläger zu richten. Das folgt bereits aus der Entstehungsgeschichte des § 120 Abs. 4 ZPO: Bereits 1979/1980 war im Zuge der Ablösung des "Armenrechts" durch die Prozesskostenhilfe eine Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige einer Veränderung der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse mit der Möglichkeit zur Abänderung der Bewilligung in den Gesetzentwurf eingefügt worden (§ 121 des Entwurfs eines Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 17.07.1979, BT-Drucks. 8/3068, S. 7 [§ 121], 31 f.). Diese Regelung war schließlich vom Rechtsausschuss "aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung" gestrichen worden, da man einen erheblichen personellen und materiellen Mehraufwand durch die dann erforderliche verwaltungsintensive Überprüfung und ggf. Neufestsetzung befürchtet hatte (Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 22.02.1980, BT-Drucks. 8/3694, S. 17 f.). Auf diesen Vorgang wurde in der Gesetzesbegründung zur Schaffung des § 120 Abs. 4 ZPO (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze vom 18.03.1985, BT-Drucksache 10/3054, Seite 17 f.) ausdrücklich Bezug genommen und u.a. ausgeführt, mit der nunmehr geänderten Fassung und Schaffung einer eingeschränkten Erklärungspflicht nur auf Verlangen des Gerichts und auch nur bei wesentlichen Änderungen habe man den Bedenken des Rechtsausschusses Rechnung getragen. Es werde vermieden, dass während des Prozesses die Höhe der Monatsrate ständig überwacht ( ) werden müsse. Anlass für den neuerlichen Anlauf des Gesetzgebers, welcher in die Schaffung des § 120 Abs. 4 ZPO gemündet ist, sei gewesen, dass das Fehlen einer derartigen Regelung in der Praxis vor allem in den Fällen als unbefriedigend empfunden worden sei, in welchen das Gericht während des Verfahrens davon Kenntnis erhalten habe, dass sich die für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse gebessert hätten (Beendigung einer Arbeitslosigkeit, Wegfall einer Unterhaltspflicht). Hieraus ist zu folgern, dass die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens durch das SG regelmäßig voraussetzt, dass konkrete Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bekannt geworden sind, was regelmäßig im Verfahrensverlauf oder im Rahmen eines Folgeverfahrens geschehen kann. Ohne konkrete Anhaltspunkte für wesentliche Änderungen und damit ohne konkreten Anlass ist das Gericht nicht berechtigt, ein Überprüfungsverfahren einzuleiten.
2. Die Kostenbeamtin des SG war ebenfalls nicht berechtigt, ohne richterliche Anordnung in eigener Zuständigkeit das Überprüfungsverfahren einzuleiten und zunächst eigenständig zu betreiben. Die Prüfung, ob Anhaltspunkte für den Eintritt einer wesentlichen Änderung der persönlichen/wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegen und deshalb ein Überprüfungsverfahren mit Aufforderung zur Erklärung gem. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO einzuleiten ist, darüber hinaus auch die Einleitung des Überprüfungsverfahrens selbst obliegen in der Sozialgerichtsbarkeit ausschließlich dem Richter. In der Sozialgerichtsbarkeit sind weder Rechtspfleger, auf die diese Aufgabe übertragen wäre (vgl. § 20 Nr. 4 Buchstabe c des Rechtspflegergesetzes -RPflG-), tätig, noch besteht eine andere kompetenzübertragende Norm, die diese Aufgabe dem Urkundsbeamten/Kostenbeamten (wie z.B. § 197 SGG oder § 55 Abs. 6 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) überträgt. Damit hat in der Sozialgerichtsbarkeit der Spruchkörper, der über die Bewilligung von PKH entscheidet, nämlich der Richter, das Überprüfungsverfahren nicht nur zu betreiben (vgl. insoweit Beschluss des 13. Senats vom 09.06.2011, a.a.O. Rn. 10 f.), sondern nach dem oben unter 1. Ausgeführten zunächst vorab zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Überprüfungsverfahrens gemäß §§ 120 Abs. 4 Satz 2, 124 Nr. 2 ZPO überhaupt vorliegen und dessen Einleitung nur dann zu veranlassen, wenn er dies bejaht.
Hinsichtlich des Klägers Ziff. 1 fehlt es bereits aus diesem Grund an der in §§ 120 Abs. 4 Satz 2, 124 Nr. 2 ZPO tatbestandlich vorausgesetzten wirksamen Aufforderung zur Abgabe der Erklärung. Wenn schon das Geschäft eines sachlich unabhängigen und nur an Gesetz und Recht gebundenen (§ 9 RPflG) Rechtspflegers gemäß § 8 Abs. 4 RPflG unwirksam ist, wenn es ihm nicht durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes übertragen wurde, muss dies erst recht für das Tätigwerden von sonstigem (angestelltem oder beamtetem) nichtrichterlichem Personal bei Handeln ohne gesetzliche Grundlage gelten.
3. Für die Kläger Ziff. 2 und 3 kann offen bleiben, ob die rechtswidrige Einleitung des Überprüfungsverfahrens durch die Kostenbeamtin des SG, für welche nach dem unter 2. Ausgeführten keine gesetzliche Grundlage besteht, durch die Verfügung der zuständigen Kammervorsitzenden vom 11.01.2011 "geheilt" werden konnte. Denn auch bezüglich der Klägerin Ziff. 2 und dem Kläger Ziff. 3 fehlt es an einer wirksamen Aufforderung zur Abgabe der Erklärung. Die Aufforderungen zur Mitteilung wesentlicher Änderungen wurden an die Kläger Ziff. 2 und 3 und damit die falschen Adressaten gerichtet. Sie hätten gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG an deren Prozessbevollmächtigten gerichtet werden müssen. Gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG sind, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist, Zustellungen und Mitteilungen des Gerichts an diesen zu richten. Sämtliche Aufforderungen - betreffend die Kläger Ziff. 1 bis 3 - sind vorliegend an diese persönlich übermittelt worden, nicht aber an deren Bevollmächtigten, Rechtsanwalt S. Es ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass dieser im Vorfeld des Beschlusses vom 24.03.2011 Kenntnis von den Aufforderungen erlangt hat.
Es bedurfte keiner neuerlichen Bevollmächtigung von Rechtsanwalt S. für das Überprüfungsverfahren. Im vorliegenden Fall war für sämtliche Kläger bereits vor Erlass des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 15.04.2008 der Rechtsanwalt S. aus L. als Bevollmächtigter gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG bestellt und hatte den PKH-Antrag selbst gestellt. Seine Vollmacht ist nicht erloschen, so dass von der Fortdauer der Bestellung zum Prozessbevollmächtigten auszugehen ist (vgl. Urteil des BGH vom 08.12.2010, Az. XII ZB 38/09, MDR 2011, 183 f., zitiert nach (juris), dort Rn. 29). Die ihm von den Klägern erteilte Vollmacht wirkt auch über die Beendigung des Hauptsacheverfahrens hinaus fort. Hieraus wiederum folgt, dass auch nach Abschluss des Verfahrens die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO wirksam nur an den Prozessbevollmächtigten der Kläger gerichtet werden konnte (vgl. - zum Zivilrecht und insbesondere zu § 172 Abs. 1 ZPO - Urteil des BGH a.a.O., Rn. 13 ff.). Dies folgt aus der mit § 172 Abs. 1 ZPO im wesentlichen identischen Regelung des § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG. Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren ist ähnlich wie ein Wiederaufnahmeverfahren ein Annexverfahren zum Ursprungsverfahren (hier: Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe), so dass sich die von den Klägern erteilte Prozessvollmacht auch auf das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren erstreckt (BGH a.a.O. Rn. 16).
Ob es einer Zustellung der Aufforderung an den Prozessbevollmächtigten bedurft hätte, wofür angesichts der mit der Nichtbeantwortung verbundenen gravierenden Rechtsfolgen (§ 124 Nr. 2 ZPO) jedenfalls in analoger Anwendung des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG einiges spricht, kann vorliegend, nachdem die Aufforderung bereits den falschen Adressaten übermittelt worden ist, ebenso offen bleiben wie die Frage, ob der Inhalt der formelhaften und sehr allgemein gehaltenen Aufforderungen für eine wirksame Aufforderung i.S.d. § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ausreichend ist (vgl. insoweit Beschluss des 13. Senats, a.a.O., Rn. 14).
4. Nur ergänzend wird ausgeführt, dass der erkennende Senat es wegen der mit der Nichtbeantwortung der Aufforderung gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO verbundenen gravierenden Rechtsfolgen im Sinne eines Eingriffs in zuvor erworbene Rechte (Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, § 124 Nr. 2 ZPO) unter Übertragung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Betreibensaufforderung im Zusammenhang mit § 102 Abs. 2 SGG (Urteil des BSG vom 01.07.2010, Az. B 13 R 58/09 R, SozR 4-1500 § 102 Nr. 1, zitiert nach (juris), dort Rn. 48-50) für erforderlich hält, dass die Aufforderung zur Erklärung über eine Änderung der Verhältnisse als Richterbrief ausgestaltet und nicht nur die zugrunde liegende Verfügung vom Richter mit vollem Namen unterzeichnet wird, sondern auch die zu übermittelnde Ausfertigung/beglaubigte Abschrift den vollen Namen des Richters ausweist und somit erkennen lässt, dass die Aufforderung von ihm stammt, denn wegen des mit der Aufforderung verbundenen Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung handelt es sich keineswegs um einen bloßen Routinevorgang. Auch diesen Anforderungen entsprechen die Schreiben vom 26.08.2010, 06.10.2010, 10.11.2010, 12.01.2011 und 24.02.2011 in keiner Weise. Die Schreiben vom 26.08.2010 (an den Kläger Ziff. 1) bzw. vom 12.01.2011 (an die Kläger Ziff. 2 und 3) sind, was auch aus dem Briefkopf ("Die Kostenbeamtin") ersichtlich ist, von der Kostenbeamtin des SG in eigener Zuständigkeit verfasst und unterzeichnet worden. Das Schreiben vom 06.10.2010 ist von der Kostenbeamtin, nunmehr als "Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle", mit dem Zusatz "auf richterliche Anordnung" unterzeichnet worden, ohne dass diesem tatsächlich eine richterliche Anordnung zugrunde gelegen ist. Die Schreiben vom 10.11.2010 sind schließlich von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verfasst und unterschrieben worden, und zwar - wahrheitsgemäß - ohne den Zusatz "auf richterliche Anordnung". Keines der Schreiben lässt für den jeweiligen Adressaten erkennen, dass sich ein Richter mit dem Vorgang befasst hat und die Aufforderung zur Erklärung vom zuständigen Richter stammt.
5. Eine wesentliche Änderung der dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugrunde liegenden Verhältnisse im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist nicht eingetreten. Die Kläger haben im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht, dass sie weiterhin Arbeitslosengeld II beziehen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
6. Nach alledem war der Beschluss über die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 24.03.2011 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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