S 41 (31,36) AS 355/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
41
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 41 (31,36) AS 355/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Kosten für die Durchführung einer Weiterbildung des Klägers zum Fachinformatiker – Systemintegration - streitig.

Der 1979 geborene Kläger bezieht seit Juni 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Beklagten. Er verfügt nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung.

Nach Abbruch der höheren Handelsschule und einer ebenfalls abgebrochenen Ausbildung zum Bürokaufmann durchlief der Kläger in 1999 erfolgreich eine halbjährige Ausbildung zum Webdesigner, die von der Bundesagentur für Arbeit gefördert wurde. In 2004 erlangte der Kläger die Fachoberschulreife. Im gleichen Jahr gestaltete er im Rahmen eines dreimonatigen Praktikums die Webseiten der Diakonie Duisburg. Eine anschließend begonnene Ausbildung zum Bekleidungstechnischen Assistenten brach der Kläger wiederum ab.

Nachdem seine Eltern im Juni 2007 die Unterstützung einstellten, beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Dem hierbei bekundeten Interesse des Klägers an einer Vermittlung im IT-Bereich ging die Beklagte zunächst nicht nach. Die Beklagte unternahm vielmehr zunächst allgemeine Vermittlungsbemühungen.

Am 30.11.2007 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bildungsgutscheins für die Ausbildung zum IT-Fachinformatiker im Bereich Systemintegration mit sog. MSCA-Zertifikat. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 05.12.2007 mit der Begründung ab, es sei nicht gesichert, dass der Kläger nach Abschluss der Ausbildung eine entsprechende Anstellung finde. Die Arbeitsmarktlage spreche nicht dafür. Die angestrebte Ausbildung sei auch nicht Bestandteil der für 2008 vorgenommenen Bildungszielplanung der Beklagten.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Beklagte habe die anstehende Entwicklung des IT-Arbeitsmarktes in den nächsten Jahren nicht ausreichend berücksichtigt. Auch habe sie nur den Duisburger, nicht aber den bundesweiten Arbeitsmarkt geprüft. Ein Bekannter habe im Übrigen für die angestrebte Maßnahme einen Bildungsgutschein erhalten. Schließlich interessiere er sich für den IT-Bereich in besonderem Maße.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 21.12.2007 zurück. Die Entscheidung stehe in ihrem Ermessen. Die Analyse des Arbeitsmarktes im Rahmen der Bildungszielplanung habe auf dem lokalen Arbeitsmarkt keinen Weiterbildungsbedarf für das angestrebte Bildungsziel des Fachinformatikers ergeben. Im Tagespendelbereich hätten 69 Stellen 100 gemeldete Bewerber gegenüber gestanden, die mehrheitlich schon über einschlägige Berufserfahrung und zum Teil auch – gemessen an dem vom Kläger angestrebten Bildungsziel - über höhere Qualifikationen (z.B. ein abgeschlossenes Informatikstudium) verfügt hätten.

Hiergegen erhob der Kläger am 16.01.2008 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg (S 3 AS 18/08) und begann am 30.01.2008 die von ihm angestrebte Weiterbildung bei dem Bildungsträger ComIn genius.

Der Kläger begründete die Klage damit, dass das Ermessen der Beklagten in seinem Fall auf null reduziert sei. Er sei für die angestrebte Maßnahme ausreichend qualifiziert. Er habe einen Fachoberschulabschluss und habe bereits das Bewerbungsgespräch und den Eignungstest beim Bildungsträger erfolgreich absolviert. Seinem Bekannten sei ein Bildungsgutschein für die gleiche Maßnahme bei dem gleichen Träger erteilt worden, obwohl dieser schlechtere Schulnoten habe. Auch sei in den großen Jobbörsen im Internet aktuell eine Vielzahl von Stellen für Fachinformatiker im Bereich Systemintegration ausgeschrieben. Aus den dortigen Anforderungsprofilen lasse sich auch erkennen, dass die von der Beklagten beschriebenen Voraussetzungen der längeren Berufserfahrung bzw. höheren Qualifikation nicht zuträfen.

Auf Nachfrage des Sozialgerichts teilte der Bildungsträger mit, dass in dem zuletzt abgeschlossenen Kurs von 18 Teilnehmern 16 die IHK-Prüfung bestanden und 12 unmittelbar im Anschluss hieran einen Arbeitsplatz gefunden hätten.

Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte am 28.05.2008 nach Vernehmung des Bekannten des Klägers sowie der für die Bildungszielplanung zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten zur Neubescheidung des Antrags. Das Sozialgericht erachtete die Entscheidung der Beklagten als ermessensfehlerhaft und beanstandete im wesentlichen, dass die Beklagte die Qualifikationen des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt und die Prognose hinsichtlich des Arbeitsmarktes auf eine zu enge Datengrundlage gestützt habe. Auch habe die Beklagte sich nicht mit dem konkreten Weiterbildungsträger und dem dort angebotenen Kurs auseinander gesetzt. Der Vortrag, dass einer geringeren Anzahl freier Stellen eine größere Anzahl von Bewerbern mit mehrheitlich längerer Berufserfahrung und/oder höherer Qualifikation gegenüber stehe, habe sich nicht ausreichend erhärten lassen. Schließlich habe die Beklagte mit dem Bekannten des Klägers einen Leistungsempfänger gefördert, der von seiner Ausgangqualifikation her dem Kläger in etwa entspreche. Die erweiterten Ermessenserwägungen der Beklagten während des Klageverfahrens hätten keine Berücksichtigung bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung mehr finden können.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll und den Inhalt des Urteils im Verfahren S 3 AS 18/08 verwiesen.

Die Beklagte griff das Urteil nicht mit Rechtsmittel an, sondern lehnte mit Bescheid vom 17.07.2008 den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Bildungsgutscheins erneut ab. Auch nach erneuter Prüfung sei die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass der Arbeitsmarkt für Fachinformatiker regional wie überregional rückläufig sei, wenngleich der IT-Bereich insgesamt eine gewisse Erholung erfahre. Auch mit der angestrebten Qualifikation könne der Kläger nicht mit der erforderlichen Erfolgsaussicht um die entsprechenden Stellen konkurrieren. Dass an andere Absolventen der Weiterbildung Bildungsgutscheine ausgegeben wurden, liege daran, dass die betroffenen Personen – anders als der Kläger - mehrheitlich bereits über erhebliche Vorerfahrungen in dem angestrebten Bereich aufgewiesen hätten. Dies habe eine Bewilligung im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen lassen.

Hiergegen erhob der Kläger am 04.08.2008 Widerspruch und verwies darauf, dass die Ausführungen der Beklagten nach wie vor zu allgemein gehalten seien. Die Aussichten für Fachinformatiker im Bereich Systemintegration seien günstig. Auch habe der bereits im vorangegangenen Klageverfahren vernommene Bekannte gerade keine höhere Vorqualifikation als der Kläger besessen.

Mit Bescheid vom 10.09.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hierbei stützte sie sich im wesentlichen auf drei Erwägungen.

Zum ersten sei der aktuellen Fachliteratur zwar zu entnehmen, dass sich die IT-Branche wieder erhole. Diese Erholung werde aber weitgehend durch Outsourcing-Projekte der Wirtschaft und einem ausreichenden Bestand an akademischen Absolventen ausgeglichen. Die Auswertung der Recherchesysteme der Bundesagentur für Arbeit und der großen Suchmaschinen monster.de und stepstone.de ließen erkennen, dass die Nachfrage nach wie vor deutlich größer sei als die Menge der Arbeitsangebote. Es bestehe auf der anderen Seite keine maßgebliche Nachfrage von Arbeitgeberseite hinsichtlich des vom Kläger angestrebten Bildungsziels. Ein Weiterbildungsbedarf bestehe damit nicht.

Zweitens spreche auch die statistische Auswertung der in der Vergangenheit von dem konkreten Bildungsträger durchgeführten Maßnahmen nicht für die Bewilligung eines Bildungsgutscheins. Von den 40 Teilnehmern des gleichen Kurses aus 2007 hätten lediglich 17 erfolgreiche Abschlüsse erzielt. 25 Teilnehmer seien weiterhin hilfebedürftig.

Man könne dem Kläger Maßnahmen vorschlagen, die mit Blick auf die Eingliederung prognostisch erfolgversprechender seien, z.B. als Mechatroniker im Bereich Kältetechnik oder als Elektriker im Bereich Gebäude- und Energietechnik. Man habe den Kläger aber bislang nicht an der - tatsächlich weiterhin erfolgenden - Kursteilnahme durch abweichende Vorschläge gehindert.

Drittens seien zwar drei Teilnehmer von dem am 30.01.2008 gestarteten Kurs durch die Beklagte gefördert worden. Diese hätten aber nach Aktenlage alle über ein Studium oder eine kaufmännische Ausbildung oder einschlägige Berufspraxis verfügt.

Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger für die Maßnahme erkennbar motiviert sei und diese auch laufend erfolgreich absolviere, sei die Beklagte daher zu dem Ergebnis gekommen, dass die Förderung nicht erforderlich sei.

Mit der hiergegen am 29.09.2008 erhobenen, zunächst wiederum auf Neubescheidung gerichteten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte habe die vom Sozialgericht im Urteil vom 28.05.2008 monierten Ermessensfehler nicht ausgeräumt. Die Aussichten für Fachinformatiker der Fachrichtung Systemintegration seien auch dann günstig, wenn die Bewerber nicht über ein Informatikstudium und mehrjährige Berufserfahrung verfügen würden.

Zwischenzeitlich hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Weiterbildung am 12.01.2010 erfolgreich mit einer Prüfung vor der IHK mit dem Gesamtergebnis "befriedigend" abgeschlossen habe.

Im Erörterungstermin vom 12.10.2010 hat der Kläger beschrieben, dass er zunächst ab dem 01.07.2010 bei einem Umzugsunternehmen in Duisburg auf der Basis einer geringfügigen Beschäftigung tätig geworden sei. Ab dem 01.10.2010 habe er dort ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen und ein paar Tage auch gearbeitet. Er sei aber offenbar einem Schwindler aufgesessen. Er habe bereits rückständigen Lohn einklagen müssen. Sein Vater habe ihm die Lehrgangskosten von insgesamt 14.197,20 EUR vorgestreckt. Diese würde er gerne zurückzahlen, da der Vater derzeit das Geld benötige.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2008 zu verurteilen, an ihn 14.197,20 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich mit der Klageänderung einverstanden erklärt, sieht aber einen Zahlanspruch des Klägers nicht als gegeben an. Ihre erneute Ermessensentscheidung gehe weit über die übliche Begründungsdichte hinaus und sei nicht zu beanstanden.

Das Gericht hat den Maßnahmeträger erneut hinsichtlich der persönlichen Eignung des Klägers und der allgemeinen Erfolgsaussichten der Kursabsolventen befragt. Insoweit wird auf Bl. 48-49 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte des Sozialgerichts Duisburg mit dem Aktenzeichen S 3 AS 18/08 sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand des Erörterungstermins vom 12.11.2010 sowie der Entscheidungsfindung ohne mündliche Verhandlung gewesen sind.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben, § 124 Abs. 2 SGG

Die Klage ist zulässig.

Die Kammer geht davon aus, dass nach erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung zum Fachinformatiker das Rechtschutzbedürfnis für eine Neubescheidung des Antrags auf Erteilung eines Bildungsgutscheins entfallen ist. Das Klagebegehren ist vielmehr auf die Erstattung der aufgewendeten Lehrgangskosten gerichtet. Da diese Kosten Anspruchsinhalt des § 77 Abs. 1 Satz 1 1. Teilsatz i.V.m. § 79 Abs. 1 Nr. 1 SGB III sind, erachtet die Kammer die unmittelbare Anfechtungs- und Leistungsklage auf die Kostenerstattung als zulässig und eine entsprechende Klageänderung als sachdienlich.

Die Klage ist aber unbegründet.

Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II (in der Fassung bis zum 31.12.2008) kann die Beklagte als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit u.a. alle im Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III geregelten Leistungen erbringen. Soweit das SGB II für die einzelnen Leistungen keine abweichenden Voraussetzungen regelt, gelten diejenigen des SGB III (Abs. 1a). Dementsprechend kann die Beklagte nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III als Leistung der Eingliederung in Arbeit bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten eine Förderung erbringen, wenn (1.) die Weiterbildung notwendig ist, etwa, um den Geförderten bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern oder weil bei ihm wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, (2.) vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und (3.) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Die Leistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 77 SGB III stehen, da sie nach dem Wortlaut des Gesetzes erbracht werden "können", im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten (LSG NRW Urt.v. 20.10.2008 – L 20 AS 19/07 - m.w.N.).

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte ihr Ermessen bei der erneuten Entscheidung über die Förderung des Klägers - aus der hier maßgeblichen ex-ante-Sicht - nicht fehlerhaft ausgeübt hat. Erst recht ist das Ermessen der Beklagten vorliegend nicht auf null reduziert. Das wäre nur der Fall, wenn eine andere Entscheidung als die Bewilligung der Tragung der Weiterbildungskosten nicht in Betracht käme.

a) Die Beklagte stützt sich bei der ablehnenden Entscheidung zunächst auf die Behauptung, dass den offenen Stellen im Bereich Fachinformatik – Systemintegration – auch in den zwei auf ihre Entscheidung folgenden Jahren ein erheblicher Bewerberüberhang gegenüberstehe. Darüber hinaus werde von den Bewerbern mehrheitlich ein über die von dem Kläger angestrebte Qualifikation hinaus gehendes Ausbildungsniveau erwartet. Die Beklagte beschreibt insoweit zwar eine Erholung der IT-Branche insgesamt, diese sei aber nicht mit dem vielfach postulierten Fachkräftemangel gleichzusetzen. Der von der Beklagten zitierte – in der Fachzeitschrift c´t in 2007 veröffentlichte - Artikel "Gefühlter Mangel" beschreibt in 2007 noch ein Verhältnis von rund 31.000 arbeitsuchenden Datenverarbeitungsfachleuten zu rund 7.600 offenen Stellen. Die Erholung sei, so die Darstellung des Autors, auch nicht von Dauer; das Ende des Aufschwungs werde bereits für 2009 erwartet.

Aus dem zitierten Artikel ergibt sich auch, dass aus Qualifizierungsmaßnahmen kommende Quereinsteiger nur zu einem geringen Prozentsatz von Arbeitgeberseite nachgefragt werden. Diese Einschätzung wird in der 2008 überarbeiteten und in der c´t veröffentlichten Fassung des Artikels "Traumwelten" bestätigt, in der die Nachfrage nach Quereinsteigern ebenfalls als gering darstellt wird.

Soweit der Kläger hier sinngemäß entgegnet, dass es sich bei dem Weiterbildungslehrgang Fachinformatiker – Systemintegration – um eine Nische mit geringeren Anforderungen und damit günstigeren Aussichten handelt, ist dies für die Kammer nicht ersichtlich. Das Informationsportal "berufenet" der Bundesagentur für Arbeit verweist zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten ausdrücklich darauf, dass (auch) für diesen speziellen Berufsbereich überwiegend Hochschulabsolventen eingestellt werden. Dies entspricht der im Artikel "Traumwelten" angesprochen Erwägung, dass durch steigende Komplexität und schnelllebige Trends das erforderliche Qualifikationsniveau für Fachinformatiker immer weiter steigt. Es erscheint nachvollziehbar, dass diese Entwicklung entweder durch ein höheres Ausbildungsniveau oder durch längere Berufserfahrung kompensiert werden muss.

Diese generellen Erwägungen finden ihre Bestätigung in den Ermittlungsergebnissen des Verfahrens S 3 AS 18/08. Insoweit ist dem Kläger zwar zuzugestehen, dass nicht alle von der Beklagten dort vorlegten exemplarischen Stellenangebote ausdrücklich entweder einen Hochschulabschluss oder langjährige spezifische Berufserfahrung erfordern. Die Zeugin Degener hat aber aus ihrer langjährigen beruflichen Erfahrung im Vermittlungsbereich heraus bekundet, dass sich auch hinter dem Begriff der "praktischen Erfahrung" z.B. im Umgang mit bestimmten Datenbanken das Erfordernis einer längeren Berufserfahrung verbirgt. Die Kammer hatte keinen Anlass, an dieser Darstellung zu zweifeln. Insoweit findet die Behauptung, dass arbeitgeberseitig vornehmlich Bewerber mit höherem Qualifikationsniveau (durch Bildungsabschluss oder Berufserfahrung) nachgefragt werden, auch bei der exemplarischen Betrachtung des Arbeitsmarkts eine Bestätigung.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht behauptet hat, dass der Kläger mit der angestrebten Qualifikation überhaupt keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat. Sie hat lediglich die ungünstige Prognose dargestellt und diese in berechtigter Weise in die Ermessensabwägung eingestellt.

Die von dem Kläger entgegengestellte allgemeine Behauptung, er habe aus mehreren Bewerbungsgesprächen und sonstigen Medieninformationen die Überzeugung gewonnen, dass die Berufsaussichten für ihn günstig seien, hat die Kammer nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst.

b) Auch die Erfolgsquote des Maßnahmeträgers hat die Beklagte zutreffend nicht als für den Kläger günstiges Kriterium gewertet. Die von der Kammer eingeholten Auskünfte stellen sich so dar, dass in der Zeit von 2004 bis 2008 rund 82 % der Teilnehmer die Prüfung vor der IHK bestanden haben und hiervon 65 % innerhalb von 6 Monaten einen Arbeitsplatz gefunden haben. Dies ergibt eine Quote für die (primär) erfolgreiche Eingliederung von rund 53 %. Die von der Beklagten ausschließlich für das Jahr 2007 erfragten (und im Ausgangsbescheid näher dargestellten) Zahlen beschreiben eine Eingliederungsquote von rund 37 %. Dies spiegelt den unter a) beschriebenen erschwerten Marktzutritt für Teilnehmer von Weiterbildungsmaßnahmen wieder. Auch hier hat die Beklagte zutreffend den Erfolg einer Eingliederung des Klägers lediglich in Frage gestellt, ohne ihn von vorne herein auszuschließen, und hat dies in ihre Ermessensabwägung eingestellt. Dies wäre allenfalls dann zu beanstanden, wenn es sich - bei der vergleichenden Betrachtung einer Vielzahl von Eingliederungsmöglichkeiten – bereits um eine besonders günstige Quote handeln würde. Die Beklagte hat aber ausgeführt, dass z.B. im Bereich der Mechatronik eine viel günstigere Erfolgschance bestehe, da es in diesem Berufsfeld zu einem Nachfrageüberhang auf Arbeitgeberseite kommt. Dem technischen Interesse des Klägers werde mit einem solchen Beruf ebenfalls Rechnung getragen. Die Kammer hatte keinen Anlass, an der Darstellung der Beklagten zu zweifeln. Auch der Kläger ist diesen Erwägungen nicht inhaltlich entgegen getreten.

c) Dass von dem am 30.01.2008 begonnenen Kurs drei Teilnehmer durch die Beklagte gefördert wurden, ist ebenfalls unschädlich. Zwar ist mit dem Bekannten des Klägers, dem Zeugen Dornia, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Verfahren S 3 AS 18/08 eine Person gefördert worden, deren Qualifikation nicht über diejenigen des Klägers hinausging. Durch eine solche Entscheidung ist allerdings noch keine Selbstbindung der Verwaltung erfolgt, die durch ausführliche andere Ermessenserwägungen nicht korrigierbar wäre. Der Grundsatz, dass der Bürger keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung hat ("keine Gleichheit im Unrecht"), ist auch im vorliegenden Fall anwendbar.

d) Dass die Beklagte bei ihrer neuerlichen Ermessensentscheidung wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt hätte, ist für die Kammer nicht ersichtlich.

Sie hat insbesondere den Umstand berücksichtigt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung an der Maßnahme bereits erfolgreich und in erkennbarer Weise besonders motiviert teilnahm, diesem Aspekt aber in der Abwägung kein entscheidendes Gewicht beigemessen. Dies stellt keinen Ermessensfehlgebrauch dar.

e) Schließlich hat die Beklagte die individuelle Motivation und Ausgangsqualifikation des Klägers bei ihrer erneuten Widerspruchsentscheidung nicht mehr in Frage gestellt. Sie ist insoweit nicht (mehr) von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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