S 1 SO 4882/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 4882/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Schulbegleiter haben keine Aufgaben im Bereich der Pädagogik oder Sonderpädagogik zu erfüllen. Vielmehr haben sie (nur) die Dienstleistungen und Maßnahmen zu erbringen, die im Einzelfall erforderlich sind, damit der behinderte Mensch das pädagogische Angebot seiner Schule überhaupt wahrnehmen kann. Pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrags fallen demgegenüber grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der Schule.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für eine Schulbegleitung des Klägers durch eine pädagogische Fachkraft anstelle einer qualifizierten Hilfskraft aus Mitteln der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den Bestimmungen des Sechsten Kapitels des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) im Schuljahr 2009/2010.

Der am 17.08.2002 geborene Kläger leidet an einer kryptogenen Epilepsie mit Zustand nach BNS-Anfällen, einer psychomotorischen und sprachlichen Entwicklungsretardierung, einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus und an einer Intelligenzminderung (vgl. Berichte der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Städtischen Klinikums K. vom 11.08.2008 und des Dipl.-Psych. und Psychologischen Psychotherapeuten S. vom 15.11.2008 und Schreiben der Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. Sch. vom 08.06.2009). Er besuchte von September 2007 bis August 2008 den Integrationskindergarten "xxxxxxx". Durch Bescheid vom 02.07.2008 stellte das Staatliche Schulamt K. fest, der Kläger gehöre zum Kreis der Schüler, die am besten in einer Sonderschule zu fördern seien. Die geeignete Förderart für den Kläger sei die Schule für Geistigbehinderte. Zuständig für ihn sei die A.-Schule K ... Auf Wunsch der Eltern des Klägers setzte das Schulamt die Beschulung des Klägers in der P.-Schule - Schule für seelenpflegebedürftige Kinder und Jugendliche -, K., zunächst aus. Vom 08.09.2008 bis zum 29.07.2009 besuchte der Kläger den P.-Schulkindergarten, einen Sonderschulkindergarten in freier Trägerschaft, als Integrationskind. Die Beklagte übernahm die hierfür anfallenden Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe (Bescheid vom 25.11.2008).

Seit dem Schuljahr 2009/2010 besucht der Kläger die ebenfalls in freier Trägerschaft geführte P.-Schule - Schule für seelenpflegebedürftige Kinder und Jugendliche -, K ...

Am 25.03.2009 beantragte der Kläger über seine Eltern als seinen gesetzlichen Vertretern bei der Beklagten die Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB XII in Form einer pädagogischen Fachkraft ab September 2009. Nach weiterer Sachaufklärung (u.a. Bericht des Dipl.-Psych. S. vom 15.11.2008, pädagogische Stellungnahme der Ansprechpartnerin Autismus Kr. beim Staatlichen Schulamt K. vom 13.06.2009, Schreiben der Ergotherapeutin W. vom 09.04.2009, Arztbriefe der Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. Sch. vom 05.03. und vom 08.06.2009) und aufgrund des Ergebnisses eines sog. Runden Tisches am 19.05.2009, demzufolge aufgrund der Auswirkungen der Gesundheitsstörungen für den Kläger im ersten Schuljahr eine qualifizierte begleitende Hilfe in möglichst großem Umfang (ca. 30 Stunden) erforderlich sein werde, gab die Beklagte dem Antrag statt und bewilligte dem Kläger für das Schuljahr 2009/2010 als Leistung der Eingliederungshilfe eine Schulbegleitung durch eine Hilfskraft im Umfang von wöchentlich 30 Stunden zu einen Zeitstundensatz von 20,60 EUR zzgl. der Aufwendungen für die Fahrtkosten der Einsatzkraft für eine 2-Zonen-Straßenbahnmonatskarte des K-Verkehrsverbunds (Bescheid vom 06.08.2009).

Den dagegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger die Gewährung einer Schulbegleitung durch eine pädagogische Fachkraft begehrte, wies die Beklagte zurück: die vom Kläger geforderte "eins zu eins"-Betreuung durch eine solche Fachkraft sei weder angemessen im Sinne des SGB XII noch falle sie unter den Leistungskatalog der Eingliederungshilfe. Pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrags seien nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, sondern zählten zum Verantwortungsbereich der Schule. Der angemessene Stundensatz für eine "einfache" Hilfskraft (Zivildienstleistender oder Absolvent eines freiwilligen sozialen Jahres), die im Fall des Kläger aber wegen des häufigen Wechsels der Bezugsperson nicht geeignet sei, betrage 10,60 EUR. Mit der Zuerkennung eines Stundensatzes in nahezu doppelter Höhe für den Einsatz einer qualifizierten Hilfskraft biete sie eine angemessene Alternative, mit der sich eine geeignete Hilfskraft finden und finanzieren lasse (Widerspruchsbescheid vom 06.10.2009).

Deswegen hat der Kläger am 03.11.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er die Übernahme der Kosten für die Schulbegleitung durch eine qualifizierte pädagogische Fachkraft begehrt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, eine qualifizierte Hilfeleistung sei zu dem von der Beklagten bewilligten Stundensatz nicht zu erhalten. Mit der von der Beklagten bewilligten Hilfe sei es daher nicht möglich, ihm eine angemessene Schulbildung zu vermitteln. Sein Hilfebedarf übersteige die Möglichkeiten einer unqualifizierten Hilfskraft. Die erforderliche Hilfe durch eine pädagogische Fachkraft sei mangels Rechtsgrundlage von der Schulverwaltung bzw. der Schule nicht zu erlangen. Deshalb habe die Beklagte den auch nach ihrer Auffassung notwendigen Bedarf im Rahmen der Eingliederungshilfe zu decken. Aufgrund des tatsächlichen Einsatzes einer pädagogischen Fachkraft habe er bereits erhebliche Fortschritte gemacht. Zur Stützung seines Begehrens legt der Kläger Arztbriefe der Dr. Sch. vom 16.12.2009 und der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kinder- und Jugendalter der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik des Universitätsklinikums F. vom 20.04.2010 sowie die Stellungnahme des Dipl.-Psych. S. vom 29.01.2010 vor.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 06. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm die im Schuljahr 2009/2010 angefallenen Kosten für die Schulbegleitung durch eine pädagogische Fachkraft anstelle einer qualifizierten Hilfskraft zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Die pädagogische Betreuung bzw. Förderung des Klägers im Rahmen seiner gesetzlichen Schulpflicht habe die Schule bzw. der Schulträger durch entsprechendes Fachpersonal sicher zu stellen. Als Leistung der Eingliederungshilfe komme darüber hinaus im Einzelfall eine zusätzliche integrative begleitende Hilfe in Betracht, nicht jedoch für eine pädagogische Fachkraft. Zu dem von ihm bewilligten Stundensatz von 20,60 EUR seien z.B. bei der R. langfristige Hilfskräfte vorhanden. Bei der Betreuung autistischer Kinder erfolge eine enge Begleitung und Schulung der Hilfskräfte durch die Praxis Autismus des Dipl.-Psych. S ... Damit sei eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen der Schulbegleitung und der Fachpraxis gewährleistet. Soweit die Schulbegleitung - wie im Fall des Klägers - regelmäßig als pädagogische Fachkraft insbesondere bei der Vermittlung und individuellen Gestaltung des Unterrichtsstoffes tätig werde, falle dies nicht in den Aufgabenbereich des Sozialhilfeträgers. Im Übrigen habe der Kläger die bisher gewährte Eingliederungshilfe in Höhe von mehr als 30.000,- EUR nicht sach- und zweckgerecht verwendet, nachdem er auch Einzelförderstunden und die Begleitung bei Freizeitaktivitäten abgerechnet und die Eingliederungshilfe bis auf einen Betrag von 1.000,- EUR nicht bzw. erst verspätet an die Schulbegleiterin Frau G. weitergeleitet habe.

Den im Verlauf des Klageverfahrens am 08.12.2009 gestellten Antrag des Klägers, die Beklagte im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zur vorläufigen Gewährung der begehrten Leistungen zu verpflichten, hat das Gericht durch Beschluss vom 16.12.2009 (S 1 SO 5373/09 ER) abgelehnt. Die deswegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhobene Beschwerde blieb erfolglos, weil der Kläger jedenfalls einen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht habe (Beschluss vom 11.08.2010 - L 7 SO 420/10 ER - B -).

Während des Beschwerdeverfahrens sind u.a. der Schulbericht des P.-Schulzentrums K. vom 16.03.2010, der pädagogische Bericht der A.-Schule K. - Schule für Geistigbehinderte - vom 04.05.2010 sowie der nicht den Kläger betreffende Bericht des Medizinisch-Pädagogischen Dienstes des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg vom 09.03.2010 zu den Verwaltungsakten gelangt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)). Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Schulbegleitung durch eine pädagogische Fachkraft anstelle der bewilligten Schulbegleitung durch eine qualifizierte Hilfskraft als Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.

1. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Sache nach der Bescheid vom 06.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2009 (§ 95 SGG). Dieser Bescheid umfasst in zeitlicher Hinsicht allein das Schuljahr 2009/2010, d.h. die Zeitspanne vom Beginn des Schuljahrs am 14.09.2009 bis zum Ende des Schuljahrs am 28.07.2010 (vgl. hierzu u.a. LSG Baden-Württemberg vom 09.10.2008 - L 7 AS 3709/08 ER-B -, vom 27.10.2009 - L 7 AS 2618/09 ER-B -, vom 09.11.2009 - L 7 AS 2456/09 ER-B - und vom 11.08.2010 - L 7 SO 420/10 ER-B -, ferner LSG Berlin-Brandenburg vom 27.03.2009 - L 14 AS 274/09 B ER - (juris) sowie VGH Baden-Württemberg, FEVS 54, 213, VG Karlsruhe vom 29.04.2003 - 2 K 2983/02 -, VG Würzburg vom 29.11.2004 - W 3 E 04.1434 - und VG München vom 23.02.2009 - M 18 E 09.148 - (jeweils juris) sowie Urteile des erkennenden Gerichts vom 20.01.2011 - S 1 SO 3481/10 - und vom 21.04.2011 - S 1 SO 3289/10 -).

2. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es nach Abs. 3 Satz 1 der genannten Bestimmung, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 53 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht; die Bestimmung über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt.

Die aufgrund der Ermächtigung in § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) ergänzt die genannten Vorschriften. Danach umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung können auch die Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers als sonstige Maßnahmen des § 12 Nr. 1 EinglHV sein (vgl. BVerwGE 36, 1 ff, 123, 316 ff. und 130, 1 ff.; LSG Baden-Württemberg, FEVS 58, 285 und ZFSH/SGB 2010, 162 ff; OVG Rheinland-Pfalz, ZFSH/SGB 2003, 614 ff sowie Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 54, Rand-Nr. 34). Dies gilt grundsätzlich auch beim Besuch einer auf die Behinderung des Kindes zugeschnittenen Sonderschule, denn auch dort ist ein ergänzender sozialhilferechtlicher Eingliederungsbedarf nicht ausgeschlossen (vgl. Thür. LSG vom 30.09.2008 - L 8 SO 801/08 ER - und LSG Baden-Württemberg vom 28.06.2007 - L 7 SO 414/07 - (jeweils Juris)).

3. Die Notwendigkeit eines Integrationshelfers, um dem Kläger im Schuljahr 2009/2010 den Besuch der P.-Schule und die Teilnahme am dortigen Schulunterricht zu ermöglichen, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Auch der zeitliche Umfang der Inanspruchnahme der Schulbegleitung durch den Kläger ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht umstritten. Weiter sind sich die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits aufgrund des Ergebnisses des sogenannten Runden Tisches vom 19.05.2009 darüber einig, dass der Kläger wegen des Ausmaßes und der Auswirkungen seiner Behinderung insbesondere aufgrund der autistischen Erkrankung eine gewisse Beständigkeit in der Person des Schulbegleiters benötigt und deshalb hierfür Zivildienstleistende oder Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres nicht in Betracht kommen. Dementsprechend hat die Beklagte den Kläger auch nicht auf die Inanspruchnahme solcher einfachen Hilfskräfte verwiesen, für die Kosten lediglich im Umfang von 10,60 EUR je Stunde angefallen wären, sondern sich bereit erklärt, im Rahmen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung des Klägers die durch die Schulbegleitung entstehenden Kosten für eine qualifizierte Hilfskraft im Umfang von 20,60 EUR je Stunde zu übernehmen.

a) Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine pädagogische Fachkraft als Schulbegleiter hat der Kläger dagegen nicht. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 EinglHV umfasst zwar auch heilpädagogische und sonstige Maßnahmen, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen. Die für das Schuljahr 2009/2010 von der Beklagten gewährten Hilfe im Umfang einer qualifizierten Hilfskraft stellt in diesem Sinne eine geeignete und erforderliche Hilfe dar. Geeignet in diesem Sinne ist daher zwar auch die Schulbegleitung durch eine höher qualifizierte pädagogische Fachkraft. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens ist indes nicht zur Überzeugung der Kammer erwiesen, dass die Übernahme von Kosten für eine solche qualifizierte Fachkraft auch erforderlich waren, weil dem Kläger nur in diesem Fall der Besuch der P.-Schule und die Teilnahme am Schulunterricht im hier maßgebenden Schuljahr möglich gewesen wäre.

b) Die mit dem ehemaligen Leiter eines Trägervereins eines heilpädagogischen Zentrums Frühförderung als ehrenamtlicher Richter sachkundig besetzte Kammer verkennt vorliegend nicht, dass der Kläger wegen der Auswirkungen seiner Autismus-Erkrankung mit u.a. ausgeprägter Beeinträchtigung von Kommunikation und Interaktion (vgl. den Arztbrief der Universitätsklinik F. vom 20.04.2010) und seines erheblichen Potentials zu Eigen- und Fremdaggressionen (vgl. die pädagogische Stellungnahme des Staatlichen Schulamts K. vom 13.06.2009 und den pädagogischen Bericht der A.-Schule K. vom 04.05.2010) einen erhöhten Betreuungsbedarf hatte. Insbesondere benötigte er nach der pädagogischen Stellungnahme vom 13.06.2009 individuelle Unterstützung bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens wie dem An- und Auskleiden, dem Einnehmen der Mahlzeiten, dem Toilettengang, beim Raumwechsel im Tagesverlauf, in Form körperlicher Führung verbaler Arbeitsaufträge und Anweisungen, zur Verhinderung von Weglauftendenzen insbesondere in nicht vertrauter Umgebung sowie für das Zurücklegen der Wege zur und von der Schule.

Im Rahmen der Leistungspflicht der Beklagten ist indes strikt zwischen dem sonderpädagogischen Bedarf des Klägers und dessen behinderungsbedingtem - zusätzlichen - Eingliederungsbedarf zu trennen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen vom 05.12.2006 - L 8 SO 176/06 ER - (Juris) und LSG Baden-Württemberg, FEVS 58, 285 sowie ZFSH/SGB 2010, 162 ff). Die von der Fachberaterin Kr. im pädagogischen Bericht des Staatlichen Schulamtes K. vom 13.06.2009 wie auch im pädagogischen Bericht der A.-Schule K. vom 04.05.2010 angesprochenen qualifizierten pädagogischen Begleitmaßnahmen während des Schulunterrichts, insbesondere die Bearbeitung des Unterrichtsstoffs, die Umsetzung des Unterrichtsplans, die Einübung des Unterrichtsstoffs oder gar erst dessen Vermittlung, gehören jedoch nicht zum Aufgabenbereich eines Schulbegleiters. Vielmehr handelt es sich hierbei um die typischen Aufgaben des Lehrpersonals einer Förderschule. Denn pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrages fallen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der Schule (vgl. LSG Baden-Württemberg, ZFSH/SGB 2010, 162ff und SG Berlin vom 02.03.2011 - S 49 SO 109/11 ER - (Juris)). Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 1. Halbsatz des Schulgesetzes Baden-Württemberg (SchG). Danach dient die Sonderschule der Erziehung, Bildung und Ausbildung von behinderten Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in den allgemeinen Schulen nicht die ihnen zukommende Erziehung, Bildung und Ausbildung erfahren können. Sie gliedert sich in Schulen oder Klassen, die dem besonderen Förderbedarf der Schüler entsprechen und nach sonderpädagogischen Grundsätzen arbeiten. Eine Sonderschule hat demgemäß nach ihrer persönlichen und sachlichen Ausstattung und nach ihrer pädagogischen Ausrichtung der Eigenart ihrer jeweiligen Schüler Rechnung zu tragen. Die pädagogische Arbeit im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule wird dabei durch das Lehrpersonal gesichert.

Schulbegleiter haben dem gegenüber keine Aufgaben im Bereich der Pädagogik oder Sonderpädagogik zu erfüllen, wie der Medizinisch-Pädagogische Dienst des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg in seinem in anderer Sache erstellten Bericht vom 09.03.2010 zutreffend dargestellt hat. Insbesondere gehört zum Aufgabenbereich eines Schulbegleiters nicht die im Schulbericht des P.-Schulzentrums Karlsruhe vom 16.03.2010 angesprochene fachspezifische Unterstützung im Unterricht und die Vertiefung der Unterrichtsinhalte in Einzelförderungsstunden, ebenso nicht die im pädagogischen Bericht der A.-Schule vom 04.05.2010 erwähnte Bearbeitung des Unterrichtsstoffes mit dem Kläger entsprechend einem vorgegebenen Plan der Klassenlehrerin. Vielmehr hat der Schulbegleiter (nur) die Dienstleistungen und Maßnahmen zu erbringen, die im Einzelfall erforderlich sind, damit der betreffende Schüler das pädagogische Angebot überhaupt wahrnehmen kann (vgl. Bay. VGH vom 25.10.2001 - 12 CE 01.1734 - (Juris)). Der Schulbegleiter leistet mithin allein Assistenzdienste im Sinne begleitender Hilfe durch eine schulfremde Person und hat ausschließlich flankierende, den Unterricht sicherstellende Hilfestellung zu geben und Tätigkeiten auszuführen. Es ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, die sonderpädagogische Förderung behinderter Kinder in die eigene Hand zu nehmen (vgl. VGH Baden-Württemberg, FEVS 48, 228 bzgl. der Kosten für eine zur Unterstützung eines behinderten Kindes im Unterricht engagierte Kraft, deren Aufgabe im Wesentlichen in der Hilfestellung beim Aufgabenlösen, der Aufmunterung zum Weiterarbeiten und der Überwachung der Aufgabenlösung bestand, und LSG Baden-Württemberg, FEVS 58, 285).

Eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Übernahme von Kosten ist daher für Maßnahmen ausgeschlossen, die zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit der an der Schule tätigen Lehrkräfte gehören. Denn es kann grundsätzlich nicht Sache des Sozialhilfeträgers sein, das für die sonderpädagogische Förderung schulpflichtiger Kinder erforderliche fachlich qualifizierte Personal zu stellen bzw. die Kosten hierfür zu tragen (vgl. LSG Baden-Württemberg, ZFSH/SGB 2010, 162 ff). Selbst wenn - entsprechend der Stellungnahme des Dipl.-Psych. S. vom 29.01.2010 - die Schulbegleiterin G. aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation über das normale Aufgabenfeld einer Integrationshelferin hinaus im ersten Schuljahr (sonder)pädagogische Leistungen erbracht und dadurch den Kläger besonders gefördert hat, begründet dies keinen Anspruch auf Übernahme der für die Tätigkeit einer Fachkraft anfallenden Mehrkosten aus Mitteln der Eingliederungshilfe. Denn der pädagogische Bedarf ist von der Schule zu decken und fällt in die Zuständigkeit des Schulträgers. Überdies ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens auch nicht ersichtlich, weshalb der Kläger zum Beispiel für das An- und Auskleiden, die Einnahme von Mahlzeiten, den Toilettengang, die Begleitung bei einem Raumwechsel innerhalb des Schulgebäudes, die allgemeine Aufsicht zur Unterbindung von Weglauftendenzen oder zur Vermeidung von Gefahrensituationen etwa im öffentlichen Verkehrsraum gerade eine Begleitung durch eine pädagogische Fachkraft benötigt.

c) Mit der von der Beklagten für das Schuljahr 2009/2010 zur Verfügung gestellten Eingliederungshilfe in Form der Übernahme von Kosten für eine Schulbegleitung in Höhe von 20,60 EUR je Stunde konnte der Kläger die Aufwendungen für eine qualifizierte Hilfskraft in vollem Umfang decken. Denn nach dem aktenkundigen Aktenvermerk der Beklagten vom 22.02.2010 wie auch den in dessen Schriftsatz vom 14.04.2010, eingereicht im Beschwerdeverfahren L 7 SO 420/10 ER-B vor dem LSG Baden-Württemberg, enthaltenen Angaben, an deren Richtigkeit zu zweifeln die Kammer keinen Anlass sieht, stehen zu diesem Stundensatz bei der R. langfristig ergänzende Hilfskräfte als Schulbegleiter zur Verfügung. Zwar verfügen diese ergänzenden Hilfskräfte über keine (sonder-)pädagogische Fachausbildung. Sie werden jedoch für den Einsatz bei - wie hier - autistischen Kindern durch den Dipl.-Psych. S., der als psychologischer Psychotherapeut in K. eine therapeutische Praxis für Menschen mit autistischer Behinderung betreibt, geschult und begleitet. Damit ist zum einen eine enge Zusammenarbeit zwischen der Schulbegleitung und der Fachpraxis gewährleistet, zum anderen aber auch die Vermittlung und Kontinuität besonderer Kenntnisse und Fertigkeiten des Schulbegleiters im Umgang mit autistischen Kindern, die über diejenigen eines Zivildienstleistenden oder Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres hinausgehen. Wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, bedurfte der Kläger im Schuljahr 2009/2010 neben der sonderpädagogischen Förderung während des Schulalltags einer persönlichen Assistenz insbesondere für das Einüben von Alltagssituationen. Dieses Einüben kann auch von einem Integrationshelfer ohne sonderpädagogische Ausbildung nach vorangegangener Anleitung durch eine ausgebildete Fachkraft vorgenommen werden (vgl. OVG Bremen vom 09.12.2009 - S 3 A 443/06 - (Juris)).

Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden.

4. Anders ist auch nicht aufgrund des Arztbriefes der Ärztin Dr. Sch. vom 16.12.2009 und der Stellungnahme des Dipl.-Psych. S. vom 29.01.2010 zu entscheiden. Soweit Dr. Sch. ausgeführt hat, der Kläger müsse aufgrund seiner Verhaltensauffälligkeiten und seiner Aggressivität sehr vorsichtig und rücksichtsvoll, gleichzeitig sehr gut strukturiert geführt werden, was extrem schwierig und in der Schule nur durch Autismus-geschultes Personal möglich sei, lässt sich hiermit eine Schulbegleitung gerade durch eine sonderpädagogische Fachkraft nicht begründen. Der Dipl.-Psych. S. räumt dem gegenüber in seiner Stellungnahme vom Januar 2010 ausdrücklich ein, dass die Schulbegleitung durch die tatsächlich zum Einsatz kommende Begleitperson über eine ergänzende Hilfe weit hinaus geht. Gleiches gilt für den Schulbericht des P.-Schulzentrums K. vom März 2010. Denn auch das darin für erforderliche erachtete systematische verhaltenstherapeutische Training wie auch die fachspezifische Unterstützung im Unterricht und in Einzelförderungsstunden geht deutlich über den Aufgabenbereich eines Schulbegleiters hinaus.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger weiter auf den pädagogischen Bericht der A.-Schule Karlsruhe vom Mai 2010. Denn dieser erachtet eine Unterstützung des Klägers durch eine pädagogisch geschulte Fachkraft im Wesentlichen deshalb für erforderlich, weil anzunehmen sei, dass jährlich wechselnde Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres mit der umfangreichen Hilfestellung überfordert sein könnten. Letzteres räumt allerdings auch die Beklagte aufgrund des Ergebnisses des Runden Tisches vom 19.05.2009 ein. Der Bericht der A.-Schule Karlsruhe lässt indes mit keinem Wort erkennen, weshalb eine Schulbegleitung des Klägers durch eine ergänzende Hilfskraft mit entsprechender Schulung und Begleitung durch die auf die Behandlung von Autismus-erkrankten Menschen ausgerichtete Praxis S. nicht ausreichend sein soll. Überdies vermischt auch dieser Bericht die Verpflichtung der Schule bzw. des Schulträgers, die sonderpädagogische Förderung behinderter Schüler in eigener Verantwortung durch entsprechend qualifiziertes Personal sicherzustellen (§ 15 Abs. 1 SchG), und die lediglich begleitenden Dienstleistungen und Maßnahmen eines Schulbegleiters, damit der betreffende Schüler das pädagogische Angebot wahrnehmen kann.

5. Schließlich stehen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 28.04.2005 - 5 C 20/04 - (= BVerwGE 123, 316) und vom 26.10.2007 - 5 C 35/06 - (= BVerwGE 130, 1 ff.), auf das LSG Baden-Württemberg in seiner Beschwerdeentscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 11.08.2010 (L 7 SO 420/10 ER-B -) hingewiesen hat, dem vorstehenden Ergebnis nicht entgegen. Insbesondere hat das BVerwG in diesen Urteilen keine von der Ansicht des erkennenden Gerichts abweichende Zuständigkeit der Deckung des sonderpädagogischen Förderbedarfs autistischer Kinder durch die Schule bzw. den Schulträger einerseits und die hierzu erforderlichen flankierenden Maßnahmen durch den Schulbegleiter als Integrationshelfer andererseits vorgenommen. Vielmehr war in beiden Verfahren die Übernahme von Kosten für einen Integrationshelfer aus Mitteln der Eingliederungshilfe bereits dem Grunde nach umstritten. Damit lag den vom BVerwG entschiedenen Rechtsstreitigkeiten ein im Vergleich zum vorliegenden Verfahren jeweils anders gelagerter Sachverhalt zugrunde.

6. Die Kammer erlaubt sich abschließend erneut den Hinweis, dass ggf. auch ernsthaft über einen Schulwechsel nachgedacht werden sollte, sofern die P.-Schule dem sonderpädagogischen Förderbedarf des autistischen Klägers nicht ausreichend Rechnung tragen kann. Denn nach dem Bescheid des Staatlichen Schulamts K. vom 02.07.2008 ist geeigneter Förderort für den Kläger eine Schule für Geistigbehinderte, konkret die A.-Schule, K ... Dort wird nach den Erkenntnissen der Kammer aus anderen Verfahren die pädagogische Betreuung auch autistischer Kinder durch entsprechend fachlich ausgebildetes und geschultes Lehrpersonal umfassend sichergestellt.

Aus eben diesen Gründen musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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